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Das Thema - Zeitschrift für Umweltrecht - Nomos

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ZUR<br />

<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong><br />

Immissionsschutz<br />

Gewässerschutz<br />

Kreislaufwirtschaft<br />

Naturschutz<br />

Bodenschutz<br />

Energiewirtschaft<br />

Gentechnik<br />

Chemikaliensicherheit<br />

Klimaschutz<br />

2 /2004<br />

Jahrgang 15 · Seiten 65 – 128 · E 10882<br />

NOMOS Verlagsgesellschaft<br />

Baden-Baden<br />

<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

Windenergieparks<br />

<strong>Das</strong> Forum <strong>für</strong><br />

Umwelt und Recht<br />

Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in<br />

der AWZ an das Netz<br />

Rainer Wolf<br />

Konsequenzen aus den neuen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts<br />

zur raumordnerischen Steuerung von Windenergieanlagen<br />

Helmuth von Nicolai<br />

Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen<br />

Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks<br />

Christian Kahle<br />

Aufsatz<br />

Artenschutz und Eingriffsregelung<br />

Martin Gellermann<br />

Rechtsprechung<br />

BVerwG<br />

Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben<br />

in der Raumordnung<br />

Mit einer Anmerkung von Wolfgang Köck/Jana Bovet<br />

BVerwG<br />

Lärmschutz <strong>für</strong> Hochhäuser an Schienenwegen<br />

BVerwG<br />

Formell und materiell illegal errichtetes Gewässer<br />

BGH<br />

Freizeitlärm: Rockkonzert<br />

OVG Lüneburg<br />

Befahrensbeschränkung <strong>für</strong> unter Schutz gestellten Wasserlauf<br />

OVG Münster<br />

Abfallablagerungsverordnung setzt sich gegen abweichende<br />

Deponiezulassungen durch<br />

OVG Mannheim<br />

Zur Vereinbarkeit der Abfallablagerungsverordnung mit dem EG-Recht<br />

VG Düsseldorf<br />

Abfallbegriff und gebrauchte Kompressoren<br />

Gesetzgebung<br />

Neueste Entwicklungen im Europäischen <strong>Umweltrecht</strong><br />

Josef Falke<br />

Neueste Entwicklungen im Bundesumweltrecht<br />

Malte Kohls / Moritz Reese / Peter Schütte<br />

Rechtsprechung in Leitsätzen, Tagungsberichte,<br />

Buchneuerscheinungen, <strong>Zeitschrift</strong>enschau, Termine


Flexibilisierung<br />

von Umweltstandards<br />

Flexibilität in der Umweltstandardsetzung ist nötig. Ziel<br />

dieser Untersuchung ist es, Ansätze zur schnelleren Anpassung<br />

und beweglicheren Anwendung der Standards aufzuzeigen.<br />

Im ersten Teil stehen Richtwerte als flexible Form<br />

der Standardsetzung und deren Definition im Vordergrund.<br />

Der zweite Teil befaßt sich mit den Auswirkungen von<br />

Wahl und Gestaltung der Rechtsform auf die Flexibilität<br />

der Umweltstandardsetzung. Schließlich gilt es im dritten<br />

Teil, Alternativen zur derzeitigen Regelungstechnik zu finden,<br />

und den Bereich festzulegen, der nach einer Standardsetzung<br />

durch Richtwerte verlangt. <strong>Das</strong> Werk richtet sich<br />

an alle, die mit Umweltstandards befaßt sind. Für den Bereich<br />

der Normsetzung zeigt es auf, wie sich die derzeitige<br />

Begriffsvielfalt systematisieren und reduzieren läßt und<br />

welche alternativen Gestaltungsformen überlegenswert<br />

sind. Dem Rechtsanwender werden Kriterien benannt, anhand<br />

derer die Bedeutung eines Standards erfaßt und eröffnete<br />

Spielräume genutzt werden können. Die Autorin<br />

war als wissenschaftliche Mitarbeiterin und während ihrer<br />

Tätigkeit in einer Rechtsabteilung mit Fragen der Umweltstandardsetzung<br />

befaßt und ist derzeit als Richterin tätig.<br />

Bitte bestellen Sie bei Ihrer<br />

Buchhandlung oder bei:<br />

<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />

76520 Baden-Baden<br />

Telefax 0 72 21/21 04-43<br />

E-Mail: horn@nomos.de<br />

www.nomos.de<br />

Vogt-Beheim<br />

Flexibilisierung<br />

von Umweltstandards<br />

2004, 282 S., brosch., 54,– €,<br />

ISBN 3-8329-0584-7<br />

Frankfurter Schriften zum <strong>Umweltrecht</strong><br />

Carmen Vogt-Beheim<br />

Flexibilisierung von<br />

Umweltstandards<br />

<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />

Baden-Baden<br />

<strong>Nomos</strong><br />

76520 Baden-Baden<br />

Flexibilisierung<br />

von Umweltstandards<br />

Von Carmen Vogt-Beheim<br />

2004, 282 S., brosch., 54,– €,<br />

ISBN 3-8329-0584-7<br />

(Frankfurter Schriften zum <strong>Umweltrecht</strong>,<br />

Bd. 35)<br />

Name<br />

Straße<br />

PLZ, Wohnort<br />

E-Mail<br />

Datum, Unterschrift<br />

35<br />

Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2<br />

Wochen nach Lieferung ohne Begründung an<br />

Ihre Buchhandlung oder an den <strong>Nomos</strong> Verlag,<br />

Waldseestr. 3-5, 76530 Baden-Baden, zurückzusenden,<br />

wobei die rechtzeitige Absendung genügt.<br />

Kosten und Gefahr der Rücksendung trägt<br />

der Empfänger.


Schriftleitung<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Koch,<br />

Universität Hamburg<br />

Prof. Dr. Wolfgang Köck,<br />

Universität Leipzig/<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle<br />

Dr. Moritz Reese,<br />

Umweltrat Berlin<br />

Dr. Sabine Schlacke,<br />

Universität Rostock<br />

Redaktion:<br />

Dr. Katja Böttger<br />

Prof. Dr. Christian Calliess<br />

Priv. Doz. Dr. Andreas Fisahn<br />

RA Dr. Harald Ginzky<br />

Carola Glinski<br />

Dr. Ekkehard Hofmann<br />

Jan Karstens<br />

Dr. Malte Kohls<br />

Dr. Silke R. Laskowski<br />

Christian Maaß<br />

RA Dr. Peter Schütte<br />

Prof. Dr. Bernhard Wegener<br />

RA Dr. Cornelia Ziehm<br />

Verantwortlich im Sinne<br />

des Presserechts:<br />

Prof. Dr. Wolfgang Köck<br />

Redaktionsbeirat<br />

RA Prof. Dr. Martin Beckmann,<br />

Münster<br />

Prof. Dr. Monika Böhm,<br />

Phillipps-Universität-Marburg<br />

Prof. Dr. Michael Bothe,<br />

Johann Wolfgang Goethe Universität,<br />

Frankfurt am Main<br />

Prof. Dr. Martin Führ,<br />

Fachhochschule Darmstadt<br />

RA Dr. Reiner Geulen,<br />

Berlin<br />

Dr. Werner Görtz,<br />

Umweltamt Düsseldorf<br />

Prof. Dr. Günter Heine,<br />

Universität Bern<br />

Dr. Günther-Michael Knopp,<br />

Bayer. Staatsministerium, München<br />

Prof. Dr. Ludwig Krämer,<br />

Europäische Kommission<br />

Dr. Hans-Heinrich Lindemann,<br />

Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz<br />

und Reaktorsicherheit<br />

Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff,<br />

Universität Bielefeld<br />

Dr. Stefan Paetow,<br />

Bundesverwaltungsgericht, Berlin<br />

RA Ursula Philipp-Gerlach,<br />

Frankfurt am Main<br />

Helmut Röscheisen,<br />

Deutscher-Naturschutz-Ring, Bonn<br />

Prof. Dr. Alexander Roßnagel,<br />

Universität-Gesamthochschule Kassel<br />

Dr. Karsten Sach,<br />

Bundesumweltministerium<br />

Dr. Alexander Schink,<br />

Landkreistag NRW, Düsseldorf<br />

Peter Vonnahme,<br />

Bayer. VGH, München<br />

Beate Weber,<br />

Oberbürgermeisterin von Heidelberg<br />

Prof. Dr. Gerd Winter,<br />

Universität Bremen<br />

<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Umweltrecht</strong><br />

<strong>Das</strong> Forum <strong>für</strong> Umwelt und Recht<br />

15. Jahrgang, S. 65 - 128<br />

ZUR 2/2004<br />

ZUR 2/2004<br />

DAS THEMA<br />

TAGUNGEN<br />

11. Rostocker Seerechtsgespräch<br />

Maxi Keller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118<br />

27. umweltrechtliche Fachtagung der Gesellschaft <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong><br />

Christian Au/Björn Dietrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120<br />

BUCHREZENSION<br />

Inhalt<br />

Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz<br />

Rainer Wolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

Konsequenzen aus den neuen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts zur raumordnerischen<br />

Steuerung von Windenergieanlagen<br />

Helmuth von Nicolai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />

Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am<br />

Beispiel der Offshore Windparks<br />

Christian Kahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />

AUFSATZ<br />

Artenschutz und Eingriffsregelung<br />

Martin Gellermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

RECHTSPRECHUNG<br />

� BVerwG<br />

Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in der Raumordnung<br />

Urteil vom 15. Mai 2003 – 4 CN 9.01 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

Mit einer Anmerkung von Wolfgang Köck/Jana Bovet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />

� BVerwG<br />

Lärmschutz <strong>für</strong> Hochhäuser an Schienenwegen<br />

Urteil vom 24. September 2003 – 9 A 69.02 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .98<br />

� BVerwG<br />

Formell und materiell illegal errichtetes Gewässer<br />

Beschluss vom 16. Juli 2003 – 7 B 61.03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99<br />

� BGH<br />

Freizeitlärm: Rockkonzert<br />

Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .100<br />

� OVG Lüneburg<br />

Befahrensbeschränkung <strong>für</strong> unter Schutz gestellten Wasserlauf<br />

Urteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2072/01 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102<br />

� OVG Münster<br />

Abfallablagerungsverordnung setzt sich gegen abweichende Deponiezulassungen durch<br />

Urteil vom 28. Oktober 2003 – 20 D 116/01.AK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107<br />

� OVG Mannheim<br />

Zur Vereinbarkeit der Abfallablagerungsverordnung mit dem EG-Recht<br />

Beschluss vom 4. November 2003 – 8 B 11220/03.OVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110<br />

� VG Düsseldorf<br />

Abfallbegriff und gebrauchte Kompressoren<br />

Beschluss vom 5. September 2003 – 17 L 2542/03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111<br />

Rechtsprechung in Leitsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />

Rudolf Kiesewetter, Eine fahrleistungsabhängige Lkw-Maut zur Verlagerung des Güterverkehrs<br />

von der Straße auf die Schiene und die Wasserstraße<br />

Gisela Günter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122<br />

GESETZGEBUNG<br />

Neueste Entwicklungen im Europäischen <strong>Umweltrecht</strong><br />

Josef Falke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />

Neueste Entwicklungen im Bundesumweltrecht<br />

Malte Kohls/Moritz Reese/Peter Schütte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .117<br />

RUBRIKEN<br />

Buchneuerscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123<br />

<strong>Zeitschrift</strong>enschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127<br />

Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI


<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Europäisches Umwelt- und Planungsrecht<br />

Herausgeber:<br />

Prof. Siegbert Alber<br />

Generalanwalt am EuGH a.D., Saarbrücken<br />

Prof. Dr. Chris W. Backes<br />

Universität Utrecht<br />

Prof. Dr. Martin Beckmann<br />

Rechtsanwalt, Münster<br />

Prof. Dr. Christian Calliess<br />

Universität Göttingen<br />

Prof. Dr. Marcello Clarich<br />

Rechtsanwalt, Rom<br />

Prof. Dr. Pawel Czechowski<br />

Universität Warschau<br />

Prof. Dr. Astrid Epiney<br />

Universität Freiburg (Schweiz)<br />

Dr. Jürgen Fluck<br />

Rechtsanwalt, BASF AG, Ludwigshafen<br />

Dr. Ludger Giesberts<br />

Rechtsanwalt, Köln<br />

Prof. Dr. Hans D. Jarass<br />

Universität Münster<br />

Prof. Dr. Ludwig Krämer<br />

Europäische Kommission, Brüssel<br />

Pascale Kromarek<br />

Total, Paris<br />

Dr. Stefan Paetow<br />

Bundesverwaltungsgericht, Leipzig<br />

Dr. Norbert Pelzer<br />

Universität Göttingen<br />

Prof. Dr. Eckard Rehbinder<br />

Universität Frankfurt (Main)<br />

MinR Dr. Peter Rösgen<br />

Bundesumweltministerium, Berlin<br />

Dr. Frank Andreas Schendel<br />

Bayer Industrie Service, Leverkusen<br />

Dr. Alexander Schink<br />

Landkreistag NRW, Düsseldorf<br />

Bestell-Coupon<br />

EurUP – Europäisches <strong>Umweltrecht</strong><br />

praxisnah und aktuell<br />

Die <strong>Zeitschrift</strong> EurUP ist ein europäisches Forum <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong>:<br />

EurUP berichtet über die vielseitigen Probleme der<br />

Umsetzung und Ausgestaltung des europäischen <strong>Umweltrecht</strong>s,<br />

auch und gerade in den Beitrittsländern. Zur Zielgruppe zählen<br />

Praktiker in Unternehmen, Anwaltskanzleien sowie europarechtliche<br />

Lehrstühle und Institute, <strong>für</strong> die die EurUP eine wichtige<br />

Informationsquelle geworden ist.<br />

EurUP<br />

Beiträge der Ausgabe Februar 2004(1/2004):<br />

• Die Umsetzung der EU-Emissionshandels-Richtlinie<br />

aus der Perspektive eines globalen Energie-Konzerns<br />

• Emissionshandel in Deutschland<br />

• Emissionshandel: Der deutsche Allokationsplan<br />

• The UK Emissions Trading Scheme:<br />

Vom Prototyp zum Auslaufmodell?<br />

• Der deutsch-schweizerische Fluglärmstreit<br />

• Luftqualität und Straßenplanung<br />

Überzeugen Sie sich<br />

mit einem Test-Abo!<br />

2 Ausgaben <strong>für</strong> nur € 30,–<br />

Erscheinungsweise:<br />

zweimonatlich<br />

Jahresabonnement<br />

einschließlich Nutzung der<br />

Online-Datenbank<br />

„LexxionPro/EurUP“:<br />

€ 155,– (inkl. MwSt. und<br />

zzgl. Versandkosten)<br />

Heftumfang:<br />

ca. 48 Seiten<br />

ISSN 16 12-42 43<br />

Ja, ich bestelle ein Test-Abo der <strong>Zeitschrift</strong><br />

EurUP<br />

<strong>für</strong> nur € 30,– inkl. MwSt.<br />

zzgl. Versandkosten (2 Ausgaben)*<br />

Name / Firma<br />

Straße<br />

PLZ/Ort<br />

E-Mail<br />

Datum/Unterschrift<br />

Lexxion Verlagsgesellschaft mbH<br />

Lützowstraße 102–104 · 10785 Berlin<br />

Tel.: 030-81 45 06-0 · Fax: 030-81 45 06-22<br />

www.lexxion.de<br />

* Wenn ich nach Erhalt der 2. Ausgabe nicht innerhalb von 14 Tagen schriftlich widerrufe, beziehe ich<br />

2-monatlich EurUP zum Jahrespreis von € 155,– zzgl. Versandkosten. <strong>Das</strong> Abonnement kann jederzeit<br />

mit einer Frist von 6 Wochen zum Kalenderhalbjahr gekündigt werden.


„... <strong>für</strong> alle im <strong>Umweltrecht</strong><br />

Tätigen unentbehrlich“.<br />

Ministerialrat Ralph Lemp,<br />

Staatsanzeiger <strong>für</strong> das Land Hessen 18/2001<br />

Landmann/Rohmer<br />

UmweltR<br />

Loseblatt-Kommentar.<br />

Herausgegeben von Dr. Klaus Hansmann.<br />

Bearbeitet von Dr. Thorsten Bartsch, Prof. Dr. Martin Beckmann, Prof. Dr.<br />

Peter Bruckmann, Prof. Dr. Johannes Dietlein, Dr. Matthias Dombert,<br />

Dr. Wolfgang Ewer, Dr. Andreas Gallas, Dr. Martin Gellermann, Prof. Dr.<br />

Günter Hager, Dr. Klaus Hansmann, Georg Kahl, Dr. Andreas Kersting,<br />

Prof. Dr. Ernst Kutscheidt, Franz-Josef Moormann, Volkmar Nies, Dr. Kay<br />

Artur Pape, Prof. Dr. Eckard Rehbinder, Dr. Christof Sangenstedt,<br />

Prof. Dr. Joachim Scherer, Dr. Max-Jürgen Seibert, Dr. Dieter Sellner,<br />

Prof. Dr. Hermann Soell†, Prof. Dr. Peter-Christoph Storm,<br />

Michael Theben, Prof. Dr. Rainer Wahl<br />

41. Auflage. 2004<br />

Rund 7700 Seiten. In 4 Ordnern € 124,–<br />

ISBN 3-406-34327-9<br />

Der umfassende Großkommentar<br />

deckt in vier Bänden alle wesentlichen Teile des<br />

<strong>Umweltrecht</strong>s ab:<br />

• Band I kommentiert ausführlich das Bundes-<br />

Immissionsschutzgesetz.<br />

• Band II bietet insbesondere Erläuterungen der<br />

Durchführungsvorschriften zum BImSchG, etwa<br />

zur VO über genehmigungsbedürftige Anlagen<br />

(4. BImSchV), zur VO über Immissionsschutz- und<br />

Störfallbeauftragte (5. BImSchV), zur StörfallVO<br />

(12. BImSchV) sowie zur TA Lärm und zur TA Luft.<br />

FAX-COUPON Ja, ich bestelle<br />

Expl. 3-406-34327-9<br />

Landmann/Rohmer<br />

<strong>Umweltrecht</strong><br />

41. Auflage. 2004. In 4 Ordnern € 124,–<br />

inkl. MwSt., zzgl. Vertriebskosten<br />

Die Ergänzungslieferungen werden bis auf jederzeit<br />

möglichen Widerruf geliefert<br />

Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2 Wochen nach Lieferung ohne<br />

Begründung an Ihre Buchhandlung oder an den Verlag C.H.Beck, c/o Nördlinger<br />

Verlagsauslieferung, Augsburger Str. 67 a, 86720 Nördlingen<br />

zurückzusenden, wobei die rechtzeitige Absendung genügt. Kosten und<br />

Gefahr der Rücksendung trägt der Empfänger.<br />

Ihr Verlag C.H.Beck oHG, Wilhelmstr. 9, 80801 München.<br />

Außerordentlich<br />

günstiges Preis-<br />

Leistungs-Verhältnis<br />

• Band III enthält Erläuterungen zu sonstigen zentralen<br />

Vorschriften des <strong>Umweltrecht</strong>s, u. a. zum<br />

UmweltverträglichkeitsprüfungsG, zum UmwelthaftungsG,<br />

zum BenzinbleiG, zum ChemG und<br />

zum WasserhaushaltsG.<br />

• In Band IV wird aus dem sonstigen <strong>Umweltrecht</strong><br />

das BBodenSchG, das GenTG mit VO, das BNat-<br />

SchG und das UAG kommentiert. Außerdem sind<br />

zahlreiche Vorschriften des europäischen <strong>Umweltrecht</strong>s<br />

enthalten (z. B. allg. medienübergreifende<br />

Vorschriften, anlagenbezogener Vorschriften, Vorschriften<br />

zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung<br />

von Abfällen).<br />

Name/Firma<br />

Straße<br />

PLZ/Ort<br />

Datum/Unterschrift B/128113<br />

Aktuell mit Stand 1. Oktober 2003:<br />

Im Immissionsschutzrecht wurden die Erläuterungen<br />

zur TA Luft 2002 weiter vervollständigt.<br />

Aktualisiert wurden die Kommentierungen zu<br />

• § 1BImSchG (Zweck des Gesetzes)<br />

• § 2 BImSchG (Geltungsbereich)<br />

• § 9 BImSchV<br />

Neu aufgenommen wurde die 17. BImSchV vom<br />

14.08.2003 mit einer Vorbemerkung<br />

Im Abfallrecht wurden<br />

• § 33 KrW-/AbfG (Zulassung vorzeitigen Beginns)<br />

• § 34 KrW-/AbfG (Planfeststellungsverfahren)<br />

• § 36 KrW-/AbfG (Stilllegung)<br />

neu kommentiert.<br />

Im Bodenschutzrecht wurde § 18 BBodSchG (Sachverständige<br />

und Untersuchungsstellen) neu kommentiert.


<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Stoffrecht<br />

D Chemikalien<br />

D Lebensmittel<br />

StoffR<br />

D Arzneimittel<br />

D Produkthaftung<br />

D Verbraucherschutz<br />

Herausgeber:<br />

H Die aktuelle <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> alle Bereiche<br />

des Stoffrechts<br />

Siegfried Breier<br />

<strong>Das</strong> Stoffrecht erlangt vor dem Hintergrund der EU-<br />

Europäische Kommission, Brüssel<br />

Rechtsetzung und der Rechtsprechung des EuGH immer größe-<br />

Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio<br />

Richter des Bundesverfassungsgerichts<br />

Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn<br />

Dr. Jürgen Fluck<br />

re Bedeutung. Etliche Richtlinien und Verordnungen, derzeit<br />

zum Teil im Entwurfsstadium, werden erhebliche Auswirkungen<br />

auf Hersteller und Verbraucher haben.<br />

<strong>Das</strong> Stoffrecht fasst alle rechtlichen Aspekte der Bereiche<br />

Chemikalien, Pflanzenschutz, Lebensmittel, Futtermittel,<br />

Rechtsanwalt, BASF AG, Ludwigshafen Kosmetika und Arzneimittel zusammen. Die Betrachtung dieser<br />

Dr. Horst von Holleben<br />

Rechtsgebiete ist dabei untrennbar mit produkthaftungs- und<br />

verbraucherschutzrechtlichen Fragen verbunden.<br />

Rechtsanwalt, Berlin<br />

Dietmar Knopp<br />

Rechtsanwalt, Frankfurt/Main<br />

Ulrike Kowalski<br />

Bundesanstalt <strong>für</strong> Arbeitsschutz und<br />

Arbeitsmedizin, Dortmund<br />

NEU!<br />

Prof. Dr. Tobias Lenz<br />

Rechtsanwalt, Köln<br />

Andreas Meisterernst<br />

Rechtsanwalt, München<br />

Jürgen Pauly<br />

Rechtsanwalt, Frankfurt/Main<br />

Prof. Dr. Franz-Joseph Peine<br />

Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder<br />

MinR Dr. Uwe Petersen<br />

Bundesministerium <strong>für</strong> Verbraucherschutz,<br />

Ernährung und Landwirtschaft, Bonn<br />

Dr. Bernd Stroemer<br />

Geschäftsführer Industrieverband Körperpflege<br />

und Waschmittel e.V., Frankfurt/Main<br />

Bestell-Coupon<br />

StoffR<br />

Beiträge der ersten Ausgabe Februar 2004(1/2004):<br />

A Zusatz von Vitaminen und Mineralien:<br />

Entwurf einer EU-Verordnung<br />

A Instruktionshaftung und Tabakprozesse<br />

A Der Nachweis der Ursächlichkeit fehlerhafter<br />

Arzneimittelinformationen<br />

A <strong>Das</strong> europäische Chemikalienrecht im Umbruch –<br />

REACH im Überblick<br />

A The ICCA HPV Chemicals Initiative<br />

A Verbraucherinformation bei Pflanzenschutzmitteln<br />

Überzeugen Sie sich<br />

mit einem Test-Abo!<br />

2 Ausgaben <strong>für</strong> nur € 35,–<br />

Erscheinungsweise:<br />

zweimonatlich<br />

Jahresabonnement<br />

einschließlich Nutzung der<br />

Online-Datenbank<br />

„LexxionPro/StoffR“:<br />

€ 178,– (inkl. MwSt. und<br />

zzgl. Versandkosten)<br />

Heftumfang:<br />

ca. 48 Seiten<br />

ISSN 1613-3919<br />

Ja, ich bestelle ein Test-Abo der <strong>Zeitschrift</strong> StoffR<br />

<strong>für</strong> € 35,– inklusive MwSt. zzgl. Versandkosten<br />

(2 Ausgaben)* / **<br />

Ja, ich bestelle ein Jahres-Abo der <strong>Zeitschrift</strong> StoffR<br />

<strong>für</strong> € 178,– inklusive MwSt. zzgl. Versandkosten**<br />

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PLZ/Ort<br />

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Datum/Unterschrift<br />

Lexxion Verlagsgesellschaft mbH<br />

Lützowstraße 102–104 · 10785 Berlin<br />

Tel.: 030-81 45 06-0 · Fax: 030-81 45 06-22<br />

www.lexxion.de<br />

* Wenn ich nach Erhalt der 2. Ausgabe nicht innerhalb von 14 Tagen schriftlich widerrufe, beziehe ich 2-monatlich<br />

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<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong><br />

<strong>Das</strong> Forum <strong>für</strong> Umwelt und Recht<br />

Herausgeber: Verein <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> e.V.<br />

in Kooperation mit:<br />

Forschungsstelle <strong>Umweltrecht</strong>, Universität Hamburg (Geschäftsführung Prof. Dr. Hans-Joachim Koch)<br />

Forschungsstelle <strong>für</strong> Europäisches <strong>Umweltrecht</strong>, Universität Bremen (Prof. Dr. Gerd Winter)<br />

Institut <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong>, Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld (Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff)<br />

Institut <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> GbR, Bremen (Dr. Hubertus Baumeister und Dr. Niels Griem)<br />

Rainer Wolf<br />

Auf dem Festland sind geeignete Standorte <strong>für</strong> Windkraftanlagen knapp geworden.<br />

Zudem erweist sich dort die Genehmigung von Windkraftanlagen als<br />

zunehmend problematisch und konfliktbeladen 1 . Die damit verbundenen Probleme<br />

sind Anlass, nach Standorten im Offshore-Bereich zu suchen. Windenergieanlagen<br />

in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) bedürfen einer<br />

Genehmigung durch das Bundesamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)<br />

nach § 2 der SeeAnlVO. Dabei ist bei Anlagenkomplexen mit mehr als 20 Anlagen<br />

eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (§ 2a SeeAnlV i. V.<br />

m. Anlage 1 Nr. 1. 6. 1 UVPG). Im Hinblick auf die erforderliche Netzanbindung<br />

ist eine reine Anlagengenehmigung allerdings wenig wert. Die Rechtsgrundlagen<br />

<strong>für</strong> die Zulassung von stromführenden Kabeln in der AWZ sind umstritten.<br />

Während das Schrifttum überwiegend <strong>für</strong> eine Genehmigung auf der<br />

Grundlage des Bergrechts plädiert, präferiert das BSH eine Genehmigung nach<br />

§ 2 SeeAnlV, die getrennt von der Anlagengenehmigung und ohne Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

erteilt werden soll. Der vorliegende Aufsatz zeigt auf, dass<br />

eine integrierte Zulassung von Anlagen und Kabeln mit UVP erforderlich ist und<br />

skizziert die materiell-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen.<br />

A. Potenziale und Störpotenziale<br />

Die Potenziale <strong>für</strong> Windenergie im Offshore-Bereich werden auf 40%<br />

des derzeitigen Stromverbrauchs geschätzt 2 . Die Bundesregierung<br />

strebt einen Anteil von bis zu 15% des gesamten Stromverbrauchs<br />

durch Nutzung von Windkraft aus Offshore-Anlagen an 3 . Sie hat die<br />

Förderung der Windkraftgewinnung im Offshore-Bereich zu einem<br />

zentralen Gegenstand ihrer Energiepolitik gemacht. Durch § 2 Abs. 1<br />

S. 1 EEG kommen auch Anlagen in der AWZ in den Genuss von Abnahme-<br />

und Vergütungsregelungen. Zur Zeit liegen ungefähr 30 Anträge<br />

<strong>für</strong> die Errichtung von Offshore-Windparks im Bereich der<br />

AWZ der Bundesrepublik Deutschland mit einer Kapazität von ca.<br />

60.000 MW vor. Für zwei Vorhaben wurden bereits Anlagengenehmigungen<br />

erteilt. Dabei handelt es sich um den Offshore-Windpark<br />

»Borkum-West« mit zunächst 12 Windkraftanlagen und 208<br />

weiter vorgesehene Anlagen mit einer Leistung zwischen 3,5 und 5<br />

MW – insgesamt ca. 1000 MW – sowie um den Offshore-Windpark<br />

»Butendiek« mit 80 Windkraftanlagen 4 .<br />

Um die auf See erzeugte Energie wirtschaftlich verwerten zu<br />

können, muss der durch Offshore-Anlagen produzierte Strom in die<br />

Hochspannungsnetze der Stromversorger eingespeist werden. Eine<br />

andere Form des Energietransfers von Offshore-Anlagen ist zur Zeit<br />

nicht marktreif. Die Einspeisung erfolgt an Netzeinspeisepunkten,<br />

ZUR 2/2004<br />

22004<br />

15. Jahrgang • Seiten 65- 129<br />

Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks<br />

in der AWZ an das Netz*<br />

die sich auf dem Festland befinden. Zudem müssen die einzelnen<br />

Anlagen eines Windparks mit einer oder mehreren parkinternen<br />

Umspannstation(en) vernetzt werden. Windkraftanlagen auf See<br />

erzeugen nicht nur Energie, sondern benötigen sie auch, um bei<br />

Flaute, Wartungsarbeiten oder Störfällen eine vom Betrieb der Windkraftanlage<br />

unabhängige Energiezufuhr <strong>für</strong> die akustischen und<br />

optischen Warnanlagen sowie <strong>für</strong> andere sicherheits- und versorgungstechnische<br />

Einrichtungen sicherzustellen. Da<strong>für</strong> muss Energie<br />

aus landseitigen Netzen zugeführt werden. Damit ist auch die<br />

Verlegung von energiezuführenden Kabeln erforderlich.<br />

Bau und Betrieb von Windkraftanlagen im Offshore-Bereich können<br />

Auswirkungen auf die natürliche Umwelt haben und sich<br />

störend auf andere Nutzungen auswirken. Der Bund hat zu ihrer Erforschung<br />

eine Begleitforschung aus den Mitteln des Zukunftsinvestitionsprogrammes<br />

mit einem Volumen von 15,4 Mio. € <strong>für</strong> die<br />

Jahre 2001 bis 2003 aufgelegt 5 . Obwohl sie allgemein als bemerkenswert<br />

und international vorbildlich bewertet wird, ist der Umfang<br />

des ökologischen Störpotentials im Einzelnen noch weitgehend<br />

ungeklärt 6 . Dies gilt auch <strong>für</strong> die Risiken der Verlegung und des Betriebs<br />

von stromführenden Kabeln 7 . Ein unter diesen Vorzeichen extrapoliertes<br />

qualitatives Risikoszenario <strong>für</strong> die Bauphase kann mit<br />

* Der vorliegende Aufsatz beruht auf dem Rechtsgutachten »AWZ-Vorhaben:<br />

Rechtliche und naturschutzfachliche Aspekte beim Bau und Betrieb von Stromkabeln«,<br />

das der Verfasser <strong>für</strong> das Bundesamt <strong>für</strong> Naturschutz erstellt hat.<br />

1 Vgl. dazu Wolf, Windenergie als Rechtsproblem, ZUR 2002, 331 ff.<br />

2 Vgl. Wiese/Klatschmitt, Stand und Perspektiven der Windkraftnutzung in<br />

Deutschland, in: Brauch (Hrsg.), Energiepolitik – Stand und Perspektiven der<br />

Windkraftnutzung in Deutschland, 1997, S. 87 ff.<br />

3 Bundesregierung, Strategiepapier der Bundesregierung zur Windenergienutzung<br />

auf See, Januar 2002, S. 7.<br />

4 Vgl. dazu Bundesamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt und Hydrographie, Genehmigungsbescheid<br />

<strong>für</strong> den Windpark »Borkum-West« vom 9.11.2001, Az. 8086.01/Borkum-<br />

West Z1; dass., Genehmigungsbescheid »Offshore-Bürger-Windpark Butendiek«<br />

vom 18.12.2002, Az. 8086.01/Butendiek/Z1.<br />

5 Bundesregierung, 2002, S. 22; davon entfallen allerdings nur 4,2 Mio. € auf die<br />

eigentliche ökologische Risikoforschung.<br />

6 Vgl. Rat von Sachverständigen <strong>für</strong> Umweltfragen (SRU), Windenergienutzung<br />

auf See. Stellungnahme, 2003, S. 1 u. S. 5.<br />

7 Vgl. dazu von Merck/von Nordheim, Technische Eingriffe in marine Lebensräume,<br />

2000 (BfN-Schriften Nr. 29); BMU (Hrsg.), Offshore-Windenergienutzung und<br />

Umweltschutz, 2001; Knust/Heuers/Schröder u. a., Empfehlungen zu Mindestanforderungen<br />

an die projektbezogene Untersuchung möglicher bau- und<br />

betriebsbezogener Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf die<br />

Meeresumwelt der Nord- und Ostsee, 2001; Ehlrich/Hofmann/Kafemann u. a.,<br />

Untersuchungs- und Monitoringkonzept zur Abschätzung der Auswirkungen<br />

von Offshore-Windparks auf die marine Umwelt, 2001.<br />

65


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

dem Befund beginnen, dass durch das Einspülen von Kabeln in den<br />

Meeresboden ökologisch bedeutsame Sandbänke, Seegraswiesen<br />

oder Riffe in Mitleidenschaft gezogen werden können. Auch bei einem<br />

sandigen Untergrund werden die dort befindlichen Lebensgemeinschaften<br />

des Benthos gestört. Zudem entstehen Sedimentfahnen,<br />

die die Qualität des Wassers beeinträchtigen. Auch dies kann<br />

sich schädlich auf die Lebensverhältnisse des Meeres auswirken. Es<br />

werden nicht nur die Lebensgrundlagen <strong>für</strong> standortfeste Arten wie<br />

Muscheln oder Schalentiere beeinträchtigt, sondern im weiteren<br />

auch die von Fischen und Meeressäugern. Als Folgefolge kann sich<br />

eine solche Störung in der Nahrungskette bis hin zu den Lebensbedingungen<br />

von Vögeln auswirken. Im weiteren sind die Verlegungsarbeiten<br />

zusätzlich mit Lärm und anderen Umwelteinwirkungen verbunden.<br />

Die aus ihnen resultierenden Vertreibungseffekte wirken<br />

sich gleichfalls störend auf die marinen Lebensgemeinschaften aus,<br />

wenn ihre Brut-, Rast- und Nahrungsgebiete betroffen sind. Diese Effekte<br />

steigen damit in bestimmten Zeitphasen, sie sind jedoch auch<br />

von den Verlegungstechniken beeinflusst. Entsprechend lassen sich<br />

diese Effekte durch die Wahl der Verlegungstechnik, der Jahreszeit<br />

und der Trassenführung auch mindern.<br />

Während des Betriebs entstehen in den Kabeln elektromagnetische<br />

Felder. Ihre Auswirkungen auf die Kompassmissweisung sind<br />

anerkannt 8 . <strong>Das</strong>s solche Felder beim Menschen schädliche Wirkungen<br />

<strong>für</strong> die Gesundheit wie Kopfschmerzen, Migräne, Schlaflosigkeit,<br />

koronare Herzkrankheiten und sogar Krebs auslösen können, ist auf<br />

dem Festland Gegenstand der Diskussion um den sog. »Elektrosmog«<br />

gewesen 9 . Auch bei relativ geringen Expositionen wurden<br />

biologische Wirkungen bei Zellkulturen und Nagetieren festgestellt<br />

10 . Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass die durch stromführende<br />

Kabel erzeugten elektromagnetischen Felder auch <strong>für</strong> die<br />

marine Lebenswelt negative Auswirkungen, z. B. in der Form von<br />

Verlust des Orientierungs- und Kommunikationsvermögens, haben<br />

können 11 . Andererseits hängen Ausmaß und Umfang der Einwirkung<br />

von technischen Anlagenspezifikationen wie Verlegungstiefe,<br />

Stromart, Stromstärke, Kabelquerschnitt, Ummantelung oder Verlegung<br />

mit anderen Kabeln ab 12 . Auch hier sind technische Verfahren<br />

zur Minderung oder sogar Behebung des Störpotentials denkbar. Im<br />

weiteren erwärmt die durch die Kabel abgeleitete elektrische Energie<br />

die Leitungen. Dies kann zu einer Veränderung der Lebensbedingungen<br />

im Nahbereich der Trasse führen. Art und Umfang hängen<br />

ebenfalls von technischen Spezifikationen ab. Durch Strömung<br />

können schließlich verlegte Kabel wieder freigespült werden. Auch<br />

dies kann sich nicht nur <strong>für</strong> die Schifffahrt, sondern auch <strong>für</strong> den<br />

Meeresboden und die Lebensgemeinschaften des Benthos negativ<br />

auswirken. Die hier benannten Risiken sind daher anlagenbezogen,<br />

sie lassen sich deshalb durch die Wahl des Trassenverlaufs nur wenig<br />

beeinflussen, sie erfordern im wesentlichen anlagespezifische Vorkehrungen.<br />

B. Rechtsgrundlage<br />

Rechtsgrundlage <strong>für</strong> die Verlegung von Transit-Rohrleitungen und<br />

Unterwasserkabeln ist nach § 2 Abs. 3 BBergG das Bergrecht. Nach<br />

§ 133 Abs. 1 BBergG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer<br />

Transit-Rohrleitung in oder auf dem Festlandsockel einer Genehmigung.<br />

§ 133 Abs. 4 BBergG erstreckt die Genehmigungspflicht auch<br />

auf die Verlegung und den Betrieb von Unterwasserkabeln. Damit<br />

scheint die einschlägige Rechtsgrundlage <strong>für</strong> die Anbindung von<br />

Offshore-Windkraftanlagen an das Festlandsnetz gefunden. Dagegen<br />

ist § 133 BBergG nach einhelliger Ansicht nicht <strong>für</strong> Rohrleitungen<br />

anwendbar, die von einer auf dem Festlandsockel befindlichen<br />

Bohrinsel zum Festland führen 13 . Solche betrieblichen Rohrleitungen<br />

sind keine Transit-Rohrleitungen. Darunter werden Rohrleitungen<br />

66<br />

verstanden, die vom Festlandsockel oder vom Gebiet eines anderen<br />

Staates in den Festlandsockel der Bundesrepublik Deutschland<br />

führen oder diesen durchqueren (§ 4 Abs. 10 BBergG). Für Rohrleitungen,<br />

die ihren Ausgang im deutschen Festlandsockel haben,<br />

gilt § 133 BBergG daher nicht. Für die zum Betrieb erforderlichen<br />

Stromzuleitungen wird entsprechend verfahren 14 .<br />

Überträgt man die <strong>für</strong> Rohrleitungen und Stromkabel von Vorhaben<br />

des Meeresbergbaus anerkannte Praxis auf die Betriebskabel,<br />

die von Windkraftanlagen in der deutschen AWZ an das Festland<br />

führen, können Zweifel an der Anwendbarkeit des § 133 Abs. 4<br />

BBergG aufkommen. Während im Schrifttum bisher davon ausgegangen<br />

wurde, dass die Verlegung von solchen Kabeln immer dem<br />

Bergrecht unterliegt 15 , vertritt die Praxis demgegenüber die Ansicht,<br />

die energetische Vernetzung von Offshore-Windkraftanlagen mit<br />

dem Festland sei dem Rechtsregime der Seeanlagenverordnung zuzuordnen<br />

16 . Ihre Betriebskabel sollen danach nicht dem Bergrecht,<br />

sondern der Seeanlagenverordnung unterliegen. Über ihre Genehmigung<br />

wird dabei bisher nicht bei der Zulassung der Windparks<br />

selbst entschieden, sie bleibt vielmehr einer gesonderten Entscheidung<br />

vorbehalten.<br />

I. Optionen<br />

Insgesamt gibt es folgende denkbare Optionen:<br />

– Zulassungsregime nach § 133 BBergG<br />

– Genehmigung im Rahmen der Zulassungsentscheidung zur Anlage<br />

von Windparks nach § 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV<br />

– Eigenständige Genehmigung nach § 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2<br />

SeeAnlV<br />

– Freistellung von der Genehmigungspflicht nach § 10 SeeAnlV<br />

Dabei ist wiederum zwischen energiezuleitenden und energieableitenden<br />

Kabeln sowie vernetzenden Kabeln innerhalb eines<br />

Windparks zu unterscheiden.<br />

§ 133 Abs. 4 BBergG konstituiert <strong>für</strong> Unterwasserkabel eine bergrechtliche<br />

Genehmigungspflicht. Sie ist als gebundene Entscheidung<br />

ohne Ermessensspielraum ausgestaltet. Die Genehmigung darf nach<br />

§ 133 Abs. 2 S. 1 BBergG nur versagt werden, wenn eine Gefährdung<br />

des Lebens oder der Gesundheit von Personen oder von Sachgütern<br />

oder eine Beeinträchtigung überwiegender öffentlicher Interessen zu<br />

8 Vgl. Kramer, Kabelbauarten sowie Verlegungsmethoden und ihre Auswirkungen<br />

auf magnetische und elektromagnetische Felder, in: Bundesamt <strong>für</strong> Naturschutz<br />

(Hrsg.), Technische Eingriffe in marine Lebensräume, 1999, S. 4.<br />

9 Vgl. dazu Rat von Sachverständigen <strong>für</strong> Umweltfragen, Gutachten 1994, Tz 554<br />

u. Gutachten 1995, Tz. 543 ff.; Empfehlungen der Strahlenschutzkommission<br />

vom 16.7./17. 5. 1995 (BAnz v. 8. 8. 1995).<br />

10 Vgl. dazu Kutscheidt, Die Verordnung über elektromagnetische Felder, NJW<br />

1997, 2481, 2484.<br />

11 Vgl. dazu Kullnik/Marhold, Abschätzung direkter und indirekter biologischer<br />

Wirkungen der elektrischen und magnetischen Felder des EuroKabel/Viking Cable<br />

HGÜ-Bipols auf Lebewesen der Nordsee und des Wattenmeers. Zoologisches<br />

Institut der J. W. Goethe-Universität Frankfurt, 1999.<br />

12 Vgl. auch Kramer (Fn.8), S. 4 f.; SRU (Fn.6), S. 3 ff.<br />

13 Boldt/Weller, Bundesberggesetz. Kommentar, 1984, Rn. 3 zu § 133.<br />

14 Gellermann, Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung ökologischer<br />

Auswirkungen bei der Netzanbindung und –integration von Offshore-Windparks,<br />

Manuskript 2003, S. 5.<br />

15 Erbguth, Offshore-Windenergieanlagen – Rechtsfragen, RdE 1996 85, 87; Jenisch,<br />

Windenergieanlagen im Internationalen Seerecht, ZfB 1996, 108, 119; Klinski,<br />

Rechtliche Probleme der Zulassung von Windkraftanlagen in der AWZ, UBA-<br />

Texte 62/01, S. 15; Resthöft/Dreher, Rechtsfragen bei der Genehmigung von Offshore-Windparks<br />

in der deutschen AWZ nach Inkrafttreten des BNatSchGNeuregG,<br />

ZNER 2002, 95, 101; Brandt/Gaßner, Seeanlagenverordnung. Kommentar,<br />

2002, Rn. 52 zu § 2; Brandt/Dreher, Die Genehmigung von Kabeln zur Ableitung<br />

von Strom aus Offshore-Erzeugung, NordÖR 2003, 138, 139; Gellermann<br />

(Fn.14), S. 6; offen gelassen bei Hübner, Offshore-Windenergieanlagen, ZUR<br />

2000, 138; Beckmann, Die Seeanlagenverordnung, NordÖR 2001, 273, 275.<br />

16 Vgl. Erlass des BMVBW vom 15. 1. 2002 – EW 25/52.0104-7/2, zit. nach BM-<br />

VBW Beantwortung der Anfrage der Universität Rostock vom 20. 9. 2002; vgl.<br />

dazu Gellermann (Fn.14), S. 3 ff.; Erbguth, Wahrung möglicher Belange der Bundesraumordnung<br />

in der Ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik<br />

Deutschland – Raumordnung im Küstenmeer – Rechtsgutachten im Auftrag des<br />

BMVBW, 2002, S. 76.<br />

ZUR 2/2004


Wolf, Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz<br />

besorgen ist, die nicht durch eine Befristung, durch Bedingungen<br />

oder Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden kann. Eine Beeinträchtigung<br />

überwiegender öffentlicher Interessen liegt nach § 133<br />

Abs. 2 S. 2 BBergG insbesondere in den in § 132 Abs. 2 Nr. 3 BBergG<br />

genannten Fällen vor. Dazu zählen unter anderem die Beeinträchtigung<br />

der Pflanzen- und Tierwelt in unvertretbarer Weise (§ 132<br />

Abs. 2 Nr. 3 lit. b) sowie die Besorgnis der Verunreinigung des Meeres<br />

(§ 132 Abs. 2 Nr. 3 lit. d). Die Versagensgründe des § 133 Abs. 2 S. 1<br />

BBergG sind abschließend 17 .<br />

Kompetenzrechtlich ist nach § 133 Abs. 1 BBergG bei der Genehmigung<br />

1. in bergbaulicher Hinsicht und<br />

2. hinsichtlich der Ordnung der Nutzung und Benutzung der Gewässer<br />

über dem Festlandsockel und des Luftraumes über diesen<br />

Gewässern<br />

zu unterscheiden. Für die Genehmigung nach § 133 Abs. 1 S. 1<br />

Nr. 1 BBergG sind die Bergbehörden, <strong>für</strong> die Genehmigung nach<br />

§ 133 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BBergG ist das BSH zuständig (§ 133 Abs. 1<br />

S. 2 BBergG). Verfahrensrechtlich handelt es sich dabei nicht um<br />

eine Genehmigung, sondern – ausweislich des Wortlauts des § 133<br />

Abs. 2 S. 1 BBergG – um zwei rechtlich selbständige Genehmigungen<br />

18 . Gleichwohl besteht zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang.<br />

Die Genehmigung nach § 133 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BBergG<br />

darf nur nach Vorliegen einer Genehmigung nach § 133 Abs. 1 S. 1<br />

Nr. 1 BBergG erteilt werden (§ 133 Abs. 1 S. 3 BBergG). Zwischen<br />

beiden Genehmigungen besteht daher Akzessorietät. Daraus resultiert<br />

die Gefahr, dass sich die jeweils zuständigen Behörden gegenseitig<br />

blockieren können 19 . Dies erscheint zumal deswegen<br />

problematisch, weil sie unterschiedlichen föderalen Gewalten zugeordnet<br />

sind. Die Bergbehörden sind Behörden der Länder, das<br />

BSH ist eine Bundesbehörde, die dem Geschäftsbereich des Bundesverkehrsministers<br />

zugeordnet ist. Konflikte, die nicht konsensual<br />

beigelegt werden können, laufen daher auf eine Bund-Länder-<br />

Streitigkeit hinaus. Bereits daraus wird deutlich, dass § 133 BBergG<br />

keine unproblematische Regelung ist.<br />

§ 1 Abs. 2 SeeAnlV erstreckt den sachlichen Geltungsbereich dieser<br />

Verordnung auf »alle festen oder schwimmend befestigten baulichen<br />

oder technischen Einrichtungen, einschließlich Bauwerke und<br />

künstlicher Inseln, die<br />

1. der Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder<br />

2. anderen wirtschaftlichen Zwecken<br />

dienen«. In diesen Tatbestandsmerkmalen wird die Übernahme<br />

der völkerrechtlichen Grundlegungen des Seerechtsübereinkommens<br />

der Vereinten Nationen deutlich (vgl. Art. 56 Abs. 1 lit. a SRÜ).<br />

Die Genehmigungspflicht dient der Abwehr von Gefahren <strong>für</strong> die<br />

Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und <strong>für</strong> die Meeresumwelt<br />

(§ 2 S. 2 SeeAnlV). Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die<br />

Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt oder die<br />

Meeresumwelt gefährdet wird, ohne dass dies durch eine Befristung,<br />

durch Bedingungen oder Auflagen verhütet oder ausgeglichen<br />

werden kann (§ 3 S. 1 SeeAnlV). Als Versagungsgründe kommen in<br />

Hinblick auf den Schutz der marinen Umwelt insbesondere die Verschmutzung<br />

der Meeresumwelt (§ 3 S. 2 Nr. 3 SeeAnlV) und die Gefährdung<br />

des Vogelzugs (§ 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV) in Betracht.<br />

Ordnet man die Verlegung von Kabeln der Entscheidung über die<br />

Anlagengenehmigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV zu, müssten<br />

diese Leitungen auch Gegenstand der durch § 2a SeeAnlV geforderten<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sein, soweit die Windkraftanlagen<br />

ihrerseits UVP-pflichtig sind. <strong>Das</strong> europäische Gemeinschaftsrecht<br />

sieht eine UVP-Pflicht <strong>für</strong> Windfarmen im Rahmen des<br />

Anhanges II <strong>für</strong> Projekte nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RL vor. <strong>Das</strong> deutsche<br />

UVPG verlangt gem. Nr. 1. 6 der Anlage I des UVPG <strong>für</strong> Windfarmen<br />

mit mehr als 20 Anlagen generell eine Umweltverträglichkeitsprüfung.<br />

Bei Windfarmen zwischen sechs und 20 Anlagen wird eine<br />

ZUR 2/2004<br />

UVP nur nach Maßgabe einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls<br />

(screening) nach § 3b UVPG erforderlich. Bei Windfarmen zwischen<br />

drei und sechs Anlagen ist ihr zunächst eine standortbezogene<br />

Vorprüfung vorzuschalten (§ 3c UVPG).<br />

Wird die Eigenschaft von Kabeln als Teil einer Windkraftanlage<br />

verneint, kommt eine Anwendung des § 2 SeeAnlV nur in Frage,<br />

wenn die Kabel als selbständige Anlage i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 See-<br />

AnlV zu betrachten sind. Eine selbständige Genehmigung setzt umgekehrt<br />

voraus, dass die Kabel nicht Teile einer Anlage sind, die nach<br />

§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV genehmigungsbedürftig ist. Die Kabel<br />

müssten darüber hinaus als Anlagen zu werten sein, die »anderen<br />

wirtschaftlichen Zwecken« i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SeeAnlV dienen<br />

und dürften gleichzeitig keine Anlagen des Bergwesens sein (§ 1<br />

Abs. 2 S. 2 SeeAnlV). Für Anlagengenehmigungen nach § 2 i. V. m.<br />

§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV gelten gleichermaßen die materiellen<br />

Genehmigungsvoraussetzungen des § 3 SeeAnlV. In diesem Fall wäre<br />

eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2a der SeeAnlV allerdings<br />

nur dann erforderlich, wenn die Leitungen selbst nach § 3<br />

UVPG der Pflicht der Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen<br />

würden. Dies ist weder nach dem europäischen Gemeinschaftsrecht<br />

noch nach dem deutschen Recht der Fall. UVP-pflichtig sind nach<br />

Nr. 20 des Anhangs I zu Projekten nach Art. 4 Abs. 1 der UVP-RL der<br />

Europäischen Gemeinschaft nur Freileitungen <strong>für</strong> eine Stromstärke<br />

von 220 kV oder mehr und einer Länge von mehr als 15 km. Auf<br />

oder im Boden verlegte Stromkabel fallen auch nicht unter die UVP-<br />

Pflicht nach Anhang II zu Projekten nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RL. Kabel<br />

zur Leitung von elektrischer Energie gehören gleichfalls nicht zu<br />

den UVP-pflichtigen Leitungen des UVPG (vgl. Nr. 19 des Anhangs<br />

zum UVPG). Mit einer solchen Lösung werden zudem zwei getrennte<br />

Verfahren zur Genehmigung der Anlagen zur Windenergieerzeugung<br />

und der von und zu den Anlagen führenden Kabel erforderlich.<br />

Nach § 10 SeeAnlV kann das BSH schließlich einzelne Anlagentypen<br />

einfacher Bauart und Funktion von der Genehmigungspflicht<br />

befreien, wenn sie offensichtlich keine Beeinträchtigung <strong>für</strong> die<br />

Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs oder Gefahr <strong>für</strong> die<br />

Meeresumwelt darstellen. Dies setzt voraus, dass kein vernünftiger<br />

Zweifel an ihrer Ungefährlichkeit besteht 20 . Sie unterliegen dann nur<br />

einer Anzeigepflicht nach § 11 SeeAnlV.<br />

II. Bewertung<br />

Von den vier vorgestellten Zulassungsvarianten erweist sich die Freistellung<br />

von der seeanlagenrechtlichen Genehmigungspflicht von<br />

vornherein nicht nur deshalb als obsolet, weil eine entsprechende<br />

Befreiung <strong>für</strong> Unterwasserkabel vom BSH nicht erteilt worden ist,<br />

sondern auch deshalb, weil eine solche Befreiung aus materiell-rechtlichen<br />

Gründen nicht erteilt werden dürfte. Energiezu- und -abführende<br />

Kabel von Windkraftanlagen in der AWZ bestehen den negativen<br />

Evidenztest der Ungefährlichkeit 21 nicht und sind daher<br />

nicht freistellungsfähig i. S. d. § 10 SeeAnlV. Dies folgt schon daraus,<br />

dass die Gefahr der Beeinträchtigung der Schifffahrt während der<br />

Verlegung offenkundig und das Risiko ihres Freispülens während<br />

ihres sich über Jahre erstreckenden Betriebs augenscheinlich nicht zu<br />

vernachlässigen ist.<br />

Für die Anwendung des Bergrechts spricht zunächst der Wortlaut<br />

des § 133 Abs. 4 BBergG. Er schreibt die entsprechende Anwendung<br />

der Abs. 1 bis 3 <strong>für</strong> »Unterwasserkabel« vor. Dagegen bezieht sich<br />

§ 133 Abs. 1 BBergG nicht auf Rohrleitungen schlechthin, sondern<br />

17 Boldt/Weller (Fn.13), Rn. 6 zu § 133.<br />

18 Vgl. auch Brandt/Gaßner (Fn. 15), Rn. 75 zu § 1.<br />

19 Vgl. zur Gefahr von Zuständigkeitskonflikten bereits Jenisch, Offshore-Windenergieanlagen<br />

im Seerecht, NuR 1997, 373, 377.<br />

20 Vgl. zum Begriff der Offensichtlichkeit BVerfGE 71, 276, 293; BVerwG, NVwZ<br />

1983, 283.<br />

21 Vgl. dazu auch Brandt/Gaßner (Fn. 15), Rn. 7 zu § 10.<br />

67


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

nur auf Transit-Rohrleitungen. Da<strong>für</strong>, dass das Recht die Unterscheidung<br />

zwischen Transit-Rohrleitungen und Rohrleitungen, die von<br />

Bohrinseln vom deutschen Festlandsockel zum deutschen Festland<br />

geführt werden, auch <strong>für</strong> Kabel, die von Windparks in der deutschen<br />

AWZ zum Festland führen, beachtet wissen will, gibt es im Wortlaut<br />

des § 133 Abs. 4 BBergG keinerlei Hinweise 22 . Er bezieht sich auf<br />

Kabel schlechthin. Auch § 2 Abs. 3 und 4 BBergG geben <strong>für</strong> eine<br />

entsprechende Differenzierung nichts her. Andere bergrechtliche<br />

Vorschriften kennen ebenfalls den Begriff des »Transit-Unterwasserkabels«<br />

nicht. Der Verzicht auf den Begriff »Transit« lässt vielmehr<br />

den Schluss zu, dass alle Unterwasserkabel der Regelung des § 133<br />

BBergG unterfallen sollen 23 .<br />

Zweifel am bergrechtlichen Zulassungsregime können nur dann<br />

hinreichend begründet werden, wenn die Kabel als Bestandteil der<br />

Windenergieanlagen selbst betrachtet werden müßten, die nach § 1<br />

Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV zu genehmigen sind 24 , oder die als selbständige<br />

Anlagen »anderen wirtschaftlichen Zwecken« i. S. d. § 1<br />

Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV dienen und keine Anlagen des Bergrechts<br />

sind. Zu erläutern ist daher zum einen der Anlagenbegriff des § 1<br />

Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV und die Bedeutung der »anderen wirtschaftlichen<br />

Zwecke« in § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV, zum anderen<br />

ist auch die Reichweite der Formulierung »Anlagen des Bergwesens«<br />

in § 1 Abs. 2 S. 2 SeeAnlV klärungsbedürftig. Können Kabel als Anlage<br />

nach § 1 Abs. 2 S. 1 SeeAnlV angesehen werden und wird gleichzeitig<br />

das ausschließende Tatbestandsmerkmal »Anlagen des Bergwesens«<br />

verneint, kann der Anwendungsvorrang der SeeAnlV auf<br />

rechtssystematisch plausible Gründe gestützt werden.<br />

Sollen Kabel im Kontext von § 1 Abs. 2 S. 1 SeeAnlV genehmigt<br />

werden, setzt dies zunächst voraus, dass sie Anlagenqualität besitzen.<br />

Zum Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 SeeAnlV zählen ausweislich seines<br />

Wortlauts nicht nur Bauwerke und künstliche Inseln, sondern auch<br />

feste oder schwimmend befestigte technische Einrichtungen. Da eingespült<br />

verlegte Kabel als ortsfeste technische Einrichtungen betrachtet<br />

werden können 25 , kommen sie grundsätzlich als Anlagen<br />

im Sinne der Seeanlagenverordnung in Betracht. Problematisch ist<br />

jedoch, ob sie zu den Anlagen zur Energieerzeugung aus Wasser,<br />

Strömung oder Wind zu zählen sind oder ob sie »anderen wirtschaftlichen<br />

Zwecken« i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV dienen. In § 1<br />

Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV werden drei technische Varianten der Energieerzeugung<br />

genannt, die offenkundig nicht zum Bergwesen<br />

gehören: Wind, Strömung und Wasser 26 . Im Gegensatz zur Energieerzeugung<br />

aus regenerativen Quellen sind die Anlagen des Bergwesens<br />

wie die Förderung von Erdgas und Erdöl, die in Zusammenhang<br />

mit der konventionellen Energieerzeugung stehen, als Ausnahme<br />

von den energiewirtschaftlichen Anlagen des Nr. 1 den spezialgesetzlichen<br />

Regelungen des Bergrechts zugewiesen. Die in Nr. 2 normierte<br />

Alternative des anderen wirtschaftlichen Zweckes kann daher<br />

dahingehend verstanden werden, dass damit Anlagen gemeint sind,<br />

die nicht die energiewirtschaftlichen Zwecke des Nr. 1, sondern andere<br />

nicht-energiewirtschaftliche Zwecke verfolgen. Über diese generalklauselartig<br />

offen gehaltene Norm könnten etwa Anlagen zur<br />

Müllverbrennung oder zur Meerwasserentsalzung, Einrichtungen<br />

der Aquakultur oder Verkaufstellen auf künstlichen Inseln, aber auch<br />

Einrichtungen <strong>für</strong> Sport, Erholung und Freizeit genehmigt werden 27 .<br />

Versteht man das zwischen Nr. 1 und Nr. 2 bestehende Differenzkriterium<br />

als Unterscheidungsmerkmal zwischen energiewirtschaftlichen<br />

und nicht-energiewirtschaftlichen Zwecken, kommt daher § 1<br />

Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV als eigenständige Genehmigungsgrundlage<br />

<strong>für</strong> Kabel zu Offshore-Windkraftanlagen nicht in Betracht. Kabel, die<br />

zu und von Windkraftanlagen führen, dienen ohne Zweifel energiewirtschaftlichen<br />

Zwecken.<br />

Im Gegensatz dazu geht das BMVBW offensichtlich von einem<br />

anderen Bezug aus. Es unterscheidet zwischen Energieerzeugung und<br />

Energieverwertung. Allein die Energieerzeugung aus den regenerati-<br />

68<br />

ven Quellen Wasser, Strömung und Wind soll Gegenstand einer Genehmigung<br />

nach Nr. 1 sein. Unter die »anderen wirtschaftlichen<br />

Zwecke« des Nr. 2 soll danach die Energieverwertung aus diesen Anlagen<br />

subsumiert werden. Für energieabführende Kabel ist es offenkundig,<br />

dass mit ihnen die Energie abgeleitet werden soll, die in der<br />

Windkraftanlage erzeugt wird. So gesehen können sie begrifflich der<br />

Energieverwertung zugeordnet werden und kommen nach diesem<br />

Verständnis als Gegenstand einer eigenständigen Genehmigung<br />

nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV in Betracht. Eine solche Interpretation<br />

muss allerdings zu dem Ergebnis kommen, dass zwischen den<br />

stromzuführenden Kabeln und den stromabführenden Kabeln ein<br />

rechtlich bedeutsamer Unterschied besteht. Da die stromzuführenden<br />

Kabel zur Gewährleistung der Energieversorgung in Notfällen<br />

benötigt werden, sichern sie die Energieerzeugung aus Windkraft. Sie<br />

können daher nicht »anderen wirtschaftlichen Zwecken« i. S. d. § 1<br />

Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV dienen. Entsprechendes gilt auch <strong>für</strong> die<br />

parkinterne Vernetzung. Dies müsste allerdings zu einer Aufspaltung<br />

der materiell-rechtlichen Genehmigungslage führen 28 . Obwohl Erbguth<br />

ebendies kritisiert und der Ansicht ist, es bestehe eine übergreifende<br />

Genehmigungszuständigkeit des BSH <strong>für</strong> Windkraftanlagen<br />

und Stromkabel, be<strong>für</strong>wortet er im Ergebnis offensichtlich eine materiell-rechtlich<br />

dual angelegte Rechtsgrundlage. Er ordnet die energiezuleitenden<br />

und die energieableitenden Stromkabel den Anlagen<br />

zu, die anderen wirtschaftlichen Zwecken dienen 29 .<br />

Diese Ansicht negiert allerdings den physikalisch-technischen<br />

Funktionszusammenhang von Erzeugung und Verwertung von elektrischer<br />

Energie. Die Differenzierung zwischen Energieerzeugung<br />

und Energieverwertung unterstellt einen Produktions- und Verwertungszusammenhang,<br />

wie er <strong>für</strong> die Güterproduktion typisch ist.<br />

Hier lässt sich die Produktion von der Verwertung des Wirtschaftsgutes<br />

produktionstechnisch und logistisch trennen. Im Gegensatz<br />

dazu geht der bildliche Ausdruck vom Wirtschaftsgut »Energie« fehl,<br />

das über die Leitung transportiert werde. Elektrische Energie ist keine<br />

Sache 30 . Die Produktion elektrischer Energie aus Windkraftanlagen<br />

ist nicht ohne gleichzeitige Konsumtion möglich. Würde die Energie<br />

von einer Windkraftanlage nicht abgeleitet, müsste der Generator<br />

schmelzen, wenn die Anlage betrieben wird. Um dies zu vermeiden,<br />

muss der Rotor abgeschaltet werden, d. h. die Anlage ist aus dem Betrieb<br />

zu nehmen, wenn die Stromabführung unterbrochen ist. Elektrische<br />

Energie kann nur unter besonderen Voraussetzungen ihrer<br />

Umwandlung in andere energetische Formen, die hier nicht gegeben<br />

sind, gespeichert und getrennt von dem Prozess der Erzeugung wirtschaftlich<br />

verwertet werden 31 . Da ein Betrieb einer Windkraftanlage<br />

ohne Energieableitung technisch nicht möglich ist, bilden Produktion,<br />

Leitung und Verbrauch von elektrischer Energie eine Funktionseinheit.<br />

22 Brandt/Dreher (Fn.15), NordÖR 2003, 139; Gellermann (Fn.14), S. 7.<br />

23 So auch Brandt/Dreher wie vor.<br />

24 So Erbguth, Rechtsfragen der Planung und Genehmigung von Offshore-Windenergieanlagen<br />

– unter besonderer Berücksichtigung des nationalen Rechts, in:<br />

Erbguth/Ehlers (Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2002, S. 51 ff. sowie<br />

allerdings unter Bezug auf die alte Rechtslage Jenisch (Fn.19).<br />

25 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 52 zu § 1; Gellermann (Fn.14), S. 3.<br />

26 Vgl. zum Stand der Technik ausführlich Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 53 ff. zu § 1.<br />

27 Beckmann (Fn.15); Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 68 ff. zu § 1; vgl. zu den Nutzungsmöglichkeiten<br />

im Weiteren Gündling, Die 200-Seemeilen-Wirtschaftszone,<br />

1983, S. 213 sowie Fitzpatrick, Künstliche Anlagen und Inseln auf See, 1998,<br />

S. 27 ff.<br />

28 Vgl. dazu bereits kritisch Erbguth, RdE 1996, 85, 86; Jenisch, NuR 1997, 373, 377;<br />

Hübner, NordÖR 2001, 137, 138; Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 76 zu § 1; Erbguth<br />

(Fn.16), Gutachten, S. 76.<br />

29 Erbguth wie vor.<br />

30 Vgl. bereits RGSt 86, 14 »Stromdiebstahl«.<br />

31 Diese Argumentation verliert daher ihre technologische Begründung, falls es gelingen<br />

sollte, die erzeugte Energie vor Ort in einem Medium zu speichern, das<br />

transportfähig ist (z. B. Wasserstoff). In diesem Falle müsste jedoch der Anlagenbegriff<br />

gleichfalls diskutiert werden. Geht man von zwei Anlagen aus, bedürfte<br />

die Zulassung eines Windparks mit integrierter Wasserstoffproduktion<br />

zweier getrennter Genehmigungsverfahren.<br />

ZUR 2/2004


Wolf, Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz<br />

Die soeben entwickelten Überlegungen zur Funktionseinheit von<br />

Energieproduktion und -verwertung sind Argumente <strong>für</strong> die Anwendung<br />

des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV. Stromkabel sind danach<br />

Gegenstand der Anlagengenehmigung <strong>für</strong> Offshore-Windenergieanlagen,<br />

weil sie Teil der Anlage selbst sind. Dies setzt wiederum<br />

voraus, dass sie entweder als wesentlicher Bestandteil oder als Zubehör<br />

der Anlage zu betrachten sind. Energiezuleitende und parkinterne<br />

Vernetzungskabel sind keine technisch unbedingt notwendigen<br />

Funktionselemente einer Windkraftanlage. Diese kann<br />

grundsätzlich auch ohne sie in Betrieb gehen. Sie kommen als Zubehör<br />

oder Nebeneinrichtungen in Betracht. Der Zubehörbegriff<br />

verlangt einen direkten Zusammenhang zur Anlage und eine dienende<br />

Funktion 32 . Dies wird etwa <strong>für</strong> Einrichtungen bejaht, die der<br />

Wartung und Instandhaltung von Anlagen dienen. Dazu zählen<br />

Plattformen und Hubschrauberlandeplätze 33 . Entsprechend sind<br />

die energiezuführenden Kabel als Zubehör zu betrachten, weil sie<br />

zur Gewährleistung der erforderlichen Sicherheitseinrichtungen aus<br />

Gründen der Gefahrenabwehr erforderlich sind 34 . Da<strong>für</strong> spricht<br />

auch die Entstehungsgeschichte.<br />

Demgegenüber gibt die Entstehungsgeschichte keine Grundlage<br />

da<strong>für</strong>, dass die energieableitenden Kabel ebenfalls als Zubehör zu betrachten<br />

sind. Aus der Funktionseinheit von Energieerzeugung und<br />

-verwertung ist vielmehr zu folgern, dass die energieabführenden Kabel<br />

ein <strong>für</strong> den Betrieb der Anlagen wesentliches technisches Element<br />

darstellen. Dies spricht da<strong>für</strong>, sie als wesentliche Bestandteile<br />

zu betrachten. Als wesentliche Bestandteile müssen sie Gegenstand<br />

der Anlagengenehmigung nach § 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 See-<br />

AnlV sein. Damit scheiden sie gleichzeitig als Anlagen des Bergwesens<br />

i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 2 SeeAnlV aus. Ein Blick auf die Modalitäten<br />

der Einspeisung in das Netz zeigt im weiteren, dass Produktion und<br />

Verwertung elektrischer Energie auch als wirtschaftliche Funktionseinheit<br />

betrachtet werden. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 EEG besteht eine Abnahmepflicht<br />

der Netzbetreiber <strong>für</strong> aus Wind erzeugte Energie. Sie<br />

trifft den Netzbetreiber, zu dessen Netz die Windkraftanlage die kürzeste<br />

Entfernung besitzt (§ 3 Abs. 1 S. 2 EEG). Nach § 8 EEG ist die Zuleitung<br />

zum Übergabepunkt an das Netz durch den Betreiber der<br />

Windenergieanlage auf seine Kosten einzurichten. Dieser Grundsatz<br />

gilt nicht nur <strong>für</strong> die Förderung erneuerbarer Energien auf dem Festland,<br />

sondern auch <strong>für</strong> Offshore-Anlagen. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise<br />

gehört damit auch das stromabführende Kabel bis<br />

zur Einspeisung in das Netz zum Offshore-Windpark. Folgt man der<br />

technisch-funktionellen und der wirtschaftlichen Betrachtung, ist<br />

über die stromführenden Kabel in der Zulassungsentscheidung über<br />

den Windpark zu befinden.<br />

Eine solche Zuordnung findet jedoch offensichtlich keine Stütze<br />

in der Praxis der Anlagengenehmigung, die auf dem Festland vorherrscht.<br />

Dem lässt sich zwar entgegenhalten, dass das <strong>Umweltrecht</strong><br />

keinen einheitlichen Anlagenbegriff kennt 35 . Gleichwohl erübrigt<br />

sich damit eine Auseinandersetzung mit dem Anlagenbegriff des<br />

BImSchG nicht 36 . Hier besteht zunächst Einigkeit, dass »der Anlagenbegriff<br />

des Immissionsschutzrechts außerordentlich weit gespannt«<br />

37 ist. Für genehmigungsbedürftige Anlagen wird er durch<br />

die 4. BImSchV weiter präzisiert. Dabei lässt sich bereits aus dem Katalog<br />

der nach § 4 BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlagen des<br />

Anhanges zur 4. BImSchV entnehmen, dass der Anlagenbegriff funktionell<br />

differenziert eingesetzt wird. So sind etwa kleinere Feuerungsanlagen<br />

nach Nr. 1. 2 des Anhangs zur 4. BImSchV genehmigungsbedürftig,<br />

ohne dass daraus eine Genehmigungspflicht <strong>für</strong> die<br />

gesamte Betriebsstätte erwachsen würde. Umgekehrt stellt Nr. 1. 1<br />

des Anhangs klar, dass die Genehmigungspflicht bei Kraftwerken die<br />

gesamte Betriebsstätte betrifft. Damit wird der Anlagenbegriff <strong>für</strong> genehmigungsbedürftige<br />

Anlagen ausdifferenziert. Entsprechend stellt<br />

Nr. 1. 6 des Anhangs klar, dass sich die Genehmigungspflicht <strong>für</strong><br />

Windkraftanlagen auf den gesamten Windpark erstreckt. Bereits dar-<br />

ZUR 2/2004<br />

aus lässt sich entnehmen, dass Kabel Gegenstand der immissionsschutzrechtlichen<br />

Genehmigung sind, soweit sie im Windpark<br />

liegen. Für stromabführende Kabel jenseits des Betriebsgeländes<br />

bleibt die Zuordnung allerdings offen. Hier muss der Anlagebegriff<br />

weiter geschärft werden.<br />

Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchG erstreckt sich das Genehmigungserfordernis<br />

auf alle Anlagenteile und Verfahrensschritte, die zum Betrieb<br />

notwendig sind (Nr. 1) und auf Nebeneinrichtungen, die mit<br />

den Anlagenteilen und Verfahrensschritten in einem räumlichen und<br />

betriebstechnischen Zusammenhang stehen und die <strong>für</strong> das Entstehen<br />

schädlicher Umwelteinwirkungen, die Vorsorge oder das Entstehen<br />

sonstiger Gefahren von Bedeutung sein können (Nr. 2). Die<br />

Anlagenteile und Verfahrensschritte, die zum Betrieb notwendig sind,<br />

werden auch als »Haupteinrichtung« bezeichnet 38 . Maßgeblich ist dabei<br />

die Zweckbestimmung der jeweiligen Anlage 39 . Rohrleitungen<br />

werden danach als Teil der Haupteinrichtung betrachtet. Nebeneinrichtungen<br />

sind dagegen durch ihre untergeordnete und dienende<br />

Funktion gekennzeichnet 40 . Dies betrifft etwa Lager, Abfüll- und Verpackungseinrichtungen<br />

oder Verladevorrichtungen. <strong>Das</strong> BVerwG hat<br />

in diesem Zusammenhang ein Rückkühlwerk als Nebeneinrichtung<br />

betrachtet 41 . Daraus lässt sich entnehmen, dass der immissionsschutzrechtliche<br />

Anlagenbegriff zum einen auf den Betrieb der Anlagen<br />

und dabei zum anderen funktionell auf den Schutzzweck des<br />

Gesetzes bezogen ist. Wird eine betriebsbezogene und schutzgutbezogene<br />

Betrachtung nach den Maßstäben des Anlagengenehmigungsrechts<br />

nach § 4 BImSchG vorgenommen, liegt die Zuordnung<br />

der stromabführenden Kabel zur Haupteinrichtung nahe.<br />

<strong>Das</strong>s die auf dem Festland übliche Praxis im Ergebnis dem eben<br />

explizierten Anlagenbegriff nicht folgt, liegt daran, dass im Anlagengenehmigungsrecht<br />

des BImSchG das Kriterium des technisch-funktionellen<br />

Zusammenhangs durch das Kriterium des räumlichen Zusammenhangs<br />

ergänzt wird. Er ist auf das Betriebsgelände bezogen 42 .<br />

Die Genehmigung eines Kraftwerks nach §§ 4 – 6 BImSchG schließt<br />

nicht mehr die Leitungen ein, die über das Anlagengrundstück hinausführen.<br />

Die Differenzierung zwischen der Genehmigung einer energieerzeugenden<br />

Anlage und seinen energieabführenden Leitungen,<br />

die über das Betriebsgelände hinausgehen, ist auf dem Festland auch<br />

rechtlich geboten. Eine Genehmigung nach §§ 4 ff. BImSchG kann<br />

nicht das Recht schaffen, Leitungen über fremde Grundstücke zu<br />

legen. Dies wäre nur auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses<br />

und der an ihn geknüpften Möglichkeiten zur Enteignung<br />

möglich 43 . Weil eine Anlagengenehmigung nicht weiter gehen kann<br />

als das Grundstück des Betreibers reicht, kann sie sich auch nicht auf<br />

die Leitungen erstrecken, die über fremde Grundstücke führen, auch<br />

wenn sie nach dem Anlagenbegriff und den technischen Gegebenheiten<br />

zum betrieblichen Funktionszusammenhang gehören.<br />

In der AWZ gibt es jedoch keine entgegenstehenden Eigentumsrechte<br />

Dritter. Diese beginnen erst im Küstenmeer, das als Seewasserstraße<br />

Eigentum des Bundes ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 WaStrG). Damit<br />

sprechen rechtssystematische Erwägung <strong>für</strong> einen funktionellen An-<br />

32 Vgl. auch Beckmann, NordÖR 2001, 273, 274.<br />

33 Gellermann (Fn.14), S. 3.<br />

34 So auch Erbguth (Fn.24), S. 51.<br />

35 Vgl. Sundermann-Rosenow, Art. »Anlage«, in: Kimminich/von Lersner/Storm<br />

(Hrsg.), Handwörterbuch des <strong>Umweltrecht</strong>s, Bd. 1, 1994, Sp. 112.<br />

36 Vgl. dazu Koch, Immissionsschutzrecht, in: Koch (Hrsg.), <strong>Umweltrecht</strong>, 2002,<br />

Rn. 46 ff. zu § 4.<br />

37 Jarass, Der Umfang einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen<br />

Anlage, NVwZ 1995, 529, 530.<br />

38 Henkel, Der Anlagenbegriff des BImSchG, 1989, S. 115.<br />

39 Jarass, NVwZ 1995, 529, 531.<br />

40 Jarass, NVwZ 1995, 532.<br />

41 BVerwGE 69, 351, 356.<br />

42 Jarass, NVwZ 1995, 529, 533.<br />

43 Entsprechende Regelungen hält das Energiewirtschaftsrecht <strong>für</strong> die Herstellung<br />

und Erweiterung des Netzes durch Freileitungen vor (vgl. § 11a EnWG). Dagegen<br />

ist die Verlegung unterirdischer Stromkabel privatrechtlichen Vereinbarungen<br />

vorbehalten.<br />

69


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

lagenbegriff im Seeanlagenrecht, der nicht durch das zusätzlich<br />

Kriterium des Betriebsgeländes eingeschränkt ist. Damit kann sich das<br />

seeanlagenrechtliche Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 2 S. 1<br />

Nr. 1 i. V. m. § 2 SeeAnlV auf den Windpark selbst und den gesamten<br />

durch die AWZ führenden Trassenverlauf erstrecken. Für das anschließende<br />

Küstenmeer unterliegen die Kabel einem Genehmigungspuzzle<br />

aus Wasser-, Wasserstraßen- und Naturschutzrecht, das<br />

zur Ermittlung einer optimierten Trassenführung dringend der Ergänzung<br />

durch Raumplanung und Raumordnungsverfahren bedarf 44 .<br />

C. Genehmigungsanforderungen<br />

Materiell muss damit die Verlegung von energiezu- und abführenden<br />

sowie von vernetzenden Kabeln im Windpark den Anforderungen des<br />

§ 3 S. 1 u. 2 SeeAnlV entsprechen. Sie sind negativ in der Form der Versagensgründe<br />

der Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des<br />

Verkehrs sowie der Gefährdung der Meeresumwelt formuliert 45 .<br />

Danach darf die Genehmigung nicht versagt werden, wenn keine Versagensgründe<br />

vorliegen (§ 3 S. 3 SeeAnlV). Diese Schutzgutbestimmung<br />

ist abschließend 46 . <strong>Das</strong> Fehlen von Versagungsgründen indiziert<br />

die Pflicht zur Genehmigung. Damit handelt es sich um eine gebundene<br />

Entscheidung. Ein behördliches Versagensermessen besteht<br />

nicht. Die Genehmigung bezieht sich auf die Errichtung und den Betrieb<br />

47 . Sie hat keine Konzentrationswirkung 48 . Es ist daher grundsätzlich<br />

denkbar, dass noch weitere Genehmigungen einzuholen sind.<br />

Da die Kabel als Bestandteil des Windparks selbst zu betrachten<br />

sind, werden sie auch Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />

sofern der Anlagenkomplex nach Maßgabe von § 2a SeeAnlV<br />

UVP-pflichtig ist. Im Rahmen der vom Antragsteller vorzulegenden<br />

Umweltverträglichkeitsstudie sind nach § 2 Abs. 1 S. 2 UVPG allgemeine<br />

Aussagen über die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen<br />

des Vorhabens auf Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser,<br />

Luft, Klima, Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie die<br />

Wechselwirkungen zwischen ihnen zu treffen. Zu einer Offshore-<br />

UVP gehören dabei Angaben über den Meeresboden und -untergrund,<br />

die Wasserqualität und die hydrodynamischen Auswirkungen,<br />

Benthos, Fische und Meeressäuger, die Avifauna sowie<br />

störfallbedingte Auswirkungen auf den Verkehr 49 . Inwieweit auch<br />

das Landschaftsbild und die Erholung einbezogen werden müssen,<br />

hängt davon ab, ob diese Schutzgüter im Einzelfall betroffen sein<br />

können. <strong>Das</strong> Landschaftsbild ist kein rein ökologisches Schutzgut. Es<br />

setzt die Wahrnehmbarkeit durch den Menschen voraus 50 . Außerhalb<br />

der Sichtweite von der Küste dürften diesen Merkmalen nur bedingt<br />

Bedeutung zukommen. Auch die Erholungsfunktion stellt auf<br />

die Erreichbarkeit durch den Menschen ab 51 .<br />

Eine UVP <strong>für</strong> Kabel gibt grundsätzlich auch die Möglichkeit, unterschiedliche<br />

Varianten der Trassenführung zu untersuchen und zu<br />

diskutieren (vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 5 UVPG). Allerdings ist hier einschränkend<br />

der restriktive Zulassungsrahmen des einschlägigen<br />

Fachrechts zu berücksichtigen. § 3 SeeAnlV kennt nur zwei Versagensgründe.<br />

Diese reflektieren eine umfassende Optimierung der<br />

Trassenführung nicht. Deshalb sind hier rechtsstaatliche Grenzen <strong>für</strong><br />

die Zumutbarkeit des Verlangens zu beachten, wenn dem Antragsteller<br />

umfangreiche Untersuchungen über Alternativtrassen im<br />

Rahmen einer UVP aufgegeben werden sollen 52 . Dieser Vorbehalt<br />

kann sich entscheidend relativieren, wenn der Ausgleich von Eingriffen<br />

in Natur und Landschaft als zusätzliches Zulassungselement<br />

in der AWZ zu beachten ist (vgl. dazu 3. 3.).<br />

I. Gefährdung der Meeresumwelt<br />

Ein Grund <strong>für</strong> das Versagen einer Anlagengenehmigung ist gegeben,<br />

wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt<br />

70<br />

wird oder die Meeresumwelt gefährdet wird (§ 3 S. 1 SeeAnlV). Eine<br />

Gefährdung der Meeresumwelt liegt insbesondere vor, wenn eine<br />

Verschmutzung der Meeresumwelt zu besorgen ist (§ 3 S. 2 Nr. 3 See-<br />

AnlV) oder der Vogelflug gefährdet wird (§ 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV).<br />

Diese beiden Konkretisierungen des Schutzgutes »Meeresumwelt«<br />

haben nur exemplarische Bedeutung. Sie sind nicht abschließend<br />

formuliert 53 . In Bezug auf die gegenständliche Reichweite ist der Begriff<br />

der Meeresumwelt damit der umfassendere und auch der maßgebliche<br />

Bezugsrahmen. Er umfasst die gesamten ökologischen Bedingungs-<br />

und Wirkungszusammenhänge im und über dem Meer,<br />

die seine Funktion als Lebensraum <strong>für</strong> Tiere und Pflanzen sowie <strong>für</strong><br />

den Naturhaushalt insgesamt ausmachen 54 . Der Schutz bezieht sich<br />

sowohl auf die Bau- als auch auf die Betriebsphase.<br />

Der exemplarisch erwähnte Tatbestand der Verschmutzung der<br />

Meeresumwelt entspricht der Regelung in § 132 Abs. 2 Nr. 3 lit. d<br />

BBergG. Er ist dabei nach Maßgabe von § 3 S. 2 Nr. 3 SeeAnlV unter<br />

Bezug auf Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 SRÜ zu interpretieren. Eine Meeresverschmutzung<br />

liegt danach vor, wenn sich aus der unmittelbaren oder<br />

mittelbaren Zuführung von Stoffen oder Energie durch den Menschen<br />

in die Meeresumwelt abträgliche Wirkungen ergeben oder ergeben<br />

können. Dazu zählt das SRÜ die Schädigung der lebenden Ressourcen,<br />

der Tier- und Pflanzenwelt des Meeres, die Gefährdung der<br />

menschlichen Gesundheit, die Behinderung der maritimen Tätigkeiten<br />

einschließlich der Fischerei und der sonstigen Nutzungen des<br />

Meeres, die Beeinträchtigung des Gebrauchswertes des Meerwassers<br />

und die Verringerung der Annehmlichkeiten der Umwelt. Eine Meeresverschmutzung<br />

kann danach durch zwei Aktivitäten herbeigeführt<br />

werden: Zuführung von Stoffen und von Energie. Ortsfeste Anlagen<br />

können dabei nicht als zuführbare Stoffe i. S. d. § 3 S. 2 Nr. 3<br />

SeeAnlV betrachtet werden 55 . Dies gilt auch <strong>für</strong> Kabel 56 . Allerdings<br />

kommen Kabel insoweit als Verursacher einer Meeresverschmutzung<br />

in Betracht, als von ihnen Energie in der Form von Wärme oder elektromagnetischen<br />

Wellen abgegeben wird. Die Erwärmung der Umgebung<br />

der Kabel dürfte dabei allerdings eher gering und kleinräumig<br />

ausfallen, so dass es wenig wahrscheinlich erscheint, dass sich<br />

daraus eine Versagung rechtfertigen kann. Elektromagnetische Wellen<br />

besitzen abträgliche Wirkungen <strong>für</strong> die marine Lebenswelt, wenn<br />

sie das Orientierungs- und Kommunikationsvermögen der Lebewesen<br />

stören, zur Vertreibung und Desorientierung führen oder ihre<br />

Nahrungsgrundlagen und Laichgründe beeinträchtigen 57 . Ob da<strong>für</strong><br />

aus der 26. BImSchV einschlägige Maßstäbe zu gewinnen sind, ist<br />

fraglich. Die sog. »Elektrosmog-Verordnung« zielt auf den Schutz des<br />

Menschen. Sie berücksichtigt möglicherweise sensiblere Tiere nicht.<br />

Im weiteren ist das Tatbestandselement der Abträglichkeit nicht nur<br />

auf die Ökologie des Meeres beschränkt, es schließt auch die marinen<br />

Tätigkeiten des Menschen wie den Fischfang und andere Nutzungen<br />

der natürlichen Ressourcen ein 58 .<br />

44 Vgl. dazu Brandt/Dreher, NordÖR 2003, 138, 140 ff.<br />

45 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 6 zu § 3; Dahlke, Genehmigungsverfahren <strong>für</strong> Offshore-Windenergieanlagen<br />

nach der Seeanlagenverordnung, NuR 2002, 472,<br />

473 ff..<br />

46 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 33 zu § 2; Beckmann, NordÖR 2001, 273, 275.<br />

47 Vgl. auch Beckmann, NordÖR 2001, 273.<br />

48 Erbguth, RdE 1996, 85, 86; Jenisch, NuR 1997, 373, 377; Beckmann, NordÖR 2001,<br />

273, 275.<br />

49 Vgl. dazu ausführlich Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 46 ff. zu § 2a.<br />

50 Vgl. insoweit auch OVG Münster, NuR 1994, 95.<br />

51 BVerwGE 85, 348, 359.<br />

52 Vgl. dazu allgemein auch Haneklaus, in: Hoppe (Hrsg.), UVPG. Kommentar,<br />

2002, Rn. 20 zu § 6.<br />

53 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 8 zu § 3.<br />

54 Vgl. dazu Gellermann (Fn.14), S. 16; Klinski (Fn.15), S. 54 ff.<br />

55 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 39 zu § 3; Klinski (Fn.15), S. 51; Dahlke (Fn.45), NuR<br />

2002, 472, 474.<br />

56 So auch Gellermann (Fn.14), S. 13.<br />

57 Vgl. dazu ausführlich Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 44 ff. zu § 3.<br />

58 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 36 zu § 3.<br />

ZUR 2/2004


Wolf, Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz<br />

Der Versagensgrund der Gefährdung des Vogelzugs verdeutlicht die<br />

Bedeutung des Meeres als Futter-, Rast- und Durchzugsgebiet <strong>für</strong><br />

Vögel 59 . Schutzziel ist damit der Erhalt der Zugrouten und Wanderwege<br />

60 . Offenkundig ist hier das Störpotential während der Verlegung<br />

der Kabel. Es ist jedoch zeitlich begrenzt und wird daher nicht ohne<br />

weiteres als Versagensgrund betrachtet werden können. Umso mehr<br />

verdienen Maßnahmen zur zeitlichen Begrenzung der Verlegung und<br />

zur technischen Minimierung der Eingriffe Beachtung. Im Gegensatz<br />

zu den Anlagen zur Erzeugung von Windenergie dürfte vom Betrieb<br />

von Unterwasserkabeln keine unmittelbare Gefahr <strong>für</strong> Vögel ausgehen.<br />

Kollisionen sind nicht denkbar, auch Scheuchwirkungen sind<br />

kaum vorstellbar. Nicht von der Hand zu weisen sind allerdings mittelbare<br />

Wirkungen. Verlieren Fische im Meer ihre Lebensgrundlage<br />

durch die Einwirkungen, die von Kabeln ausgehen, so kann mittelbar<br />

auch die Nahrungsbasis von Seevögeln beeinträchtigt werden. Auch<br />

dies stellt eine Gefährdung des Vogelzuges dar.<br />

Im Gegensatz zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 lit. b BBergG, der auf die gesamte<br />

Pflanzen- und Tierwelt abstellt, scheint der Schutzbereich des<br />

§ 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV kleiner geschnitten zu sein. Mit dieser Vorschrift<br />

wird jedoch nur exemplarisch auf eine unter mehreren Gefahren<br />

<strong>für</strong> die Meeresumwelt hingewiesen. Nach § 3 S. 1 SeeAnlV<br />

kommen neben der Meeresverschmutzung und dem Vogelzug auch<br />

andere Gefährdungen der Meeresumwelt wie die Veränderung der<br />

Sedimentverhältnisse und der Wasserqualität oder schädliche Einwirkungen<br />

auf die Tier- und Pflanzenwelt als Versagensgründe in Betracht.<br />

Dies betrifft nicht nur die Folgen der von den Kabeln ausgehenden<br />

elektromagnetischen Wellen und Wärme <strong>für</strong> Fische und<br />

Meeressäuger, sondern auch die Störung ihrer Futter-, Rast- und Aufzuchtgebiete<br />

während der Verlegung. Damit bleibt der Schutzbereich<br />

nicht hinter dem Bergrecht zurück.<br />

Offen geblieben ist damit allerdings das gesetzliche Schutzniveau.<br />

§ 3 S. 1 SeeAnlV spricht von Gefahren <strong>für</strong> die Meeresumwelt. Entsprechend<br />

stellt § 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV auf die Gefährdung des<br />

Vogelzugs ab. Von einer Gefahr ist nach dem Polizei- und Ordnungsrecht<br />

auszugehen, wenn sie sich ohne Abwehrmaßnahmen<br />

mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an einem<br />

Schutzgut verdichten wird 61 . Dagegen verwendet § 3 S. 2 Nr. 3 See-<br />

AnlV den Begriff der Besorgnis einer Verschmutzung der Meeresumwelt.<br />

Der Begriff der Besorgnis gehört zu den prägenden Elementen<br />

des deutschen Wasserrechts (vgl. §§ 19b Abs. 1, 19c Abs. 1 S. 2, 19g<br />

Abs. 1 S. 1, 26 Abs. 2 S. 1, 32b S. 1 u. 36b Abs. 6 WHG). Er ist im Vorfeld<br />

der polizeilichen Gefahr angesiedelt 62 . Überträgt man diese Bedeutung<br />

auf die Meeresverschmutzung, ist es zur Versagung einer<br />

Genehmigung nicht erforderlich, dass die abträglichen Wirkungen<br />

eindeutig feststehen 63 . Es reicht aus, wenn nach dem aktuellen<br />

Wissensstand bestimmte Kausalverläufe weder bejaht noch ausgeschlossen<br />

werden können 64 . Aus dem gesetzlichen Besorgnispotential<br />

resultiert die Pflicht, konservative Annahmen zugrunde zu<br />

legen 65 . Der Schadenseintritt muss »praktisch« ausgeschlossen sein.<br />

Damit stellt sich die Frage, ob der Gefährdung der Meeresumwelt<br />

i. S. d. § 3 SeeAnlV ein einheitliches Schutzniveau der polizeilichen<br />

Gefahrenabwehr zugrunde liegt oder eine Erweiterung der Gefahrenabwehr<br />

in Richtung auf eine Gefahrenvorsorge <strong>für</strong> die marine<br />

Umwelt gefordert ist oder gar eine umfassende Vorsorge im Sinne<br />

einer nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung zum Gegenstand hat.<br />

Die unklare Regelungslage wird allgemein beklagt 66 . Sicherlich ist<br />

aus ihr keine umfassende Vorsorgeverpflichtung ableitbar. § 3 See-<br />

AnlV gibt keinen Ansatz <strong>für</strong> ein umfassendes Ressourcenmanagement.<br />

Er enthält insbesondere keinen Raum <strong>für</strong> ein Bewirtschaftungsermessen<br />

67 . Entsprechendes gilt auch im Grundsatz <strong>für</strong> die<br />

planerische Vorsorge. Eine vorsorgende Koordination konkurrierender<br />

Nutzungen mit dem Ziel der räumlichen Optimierung mehrerer<br />

Alternativen ist im Rahmen des § 3 SeeAnlV nur sehr einschränkt<br />

möglich. Die Einflussnahme auf den Trassenverlauf beschränkt sich<br />

ZUR 2/2004<br />

auf das Ausräumen von Gefahren <strong>für</strong> die Meeresumwelt. Die positive<br />

Steuerung der Standorte ist bislang der Gebietsplanung nach § 3a<br />

SeeAnlV vorbehalten, eine – begrenzte – räumliche Ausschlusswirkung<br />

könnte von der Einrichtung von geschützten Meeresflächen<br />

nach § 38 BNatSchG ausgehen. Da allerdings bereits Art. 194 Abs. 1<br />

SRÜ nicht nur zur Abwehr von Gefahren, sondern ausdrücklich zur<br />

Verhütung verpflichtet, ist auch das Zulassungsrecht <strong>für</strong> Anlagen auf<br />

vorgelagerte Elemente der Gefahrenvorsorge auszurichten 68 .<br />

§ 3 SeeAnlV kann sich schließlich schon deshalb nicht mit der hergebrachten<br />

polizeilichen Gefahrenabwehr begnügen, weil deren<br />

kognitive Grundvoraussetzung – hinreichendes Erfahrungswissen –<br />

nicht gegeben ist. Die Errichtung von Offshore-Anlagen erfolgt trotz<br />

vielfältiger Forschungsvorhaben zur Zeit noch immer unter den<br />

Hypotheken unzureichender praktischer Erfahrungen, manifester<br />

empirischer Wissensdefizite, ungeklärter Wirkungszusammenhänge<br />

und offenkundiger Prognoselücken 69 . Angesichts dieser kognitiven<br />

Defizite erübrigt sich jeder ins Einzelne gehende normative Diskurs<br />

über die Grenzlinie zwischen Gefahrenabwehr und Vorsorge 70 . Vielmehr<br />

zwingt bereits die Verantwortung zur Abwehr von Gefahren zu<br />

vorverlegten und begleitenden Maßnahmen der Gefahrenerforschung.<br />

Die Hauptaufgabe eines Risikomanagements besteht daher<br />

darin, belastbares Wissen über die Folgen der Errichtung von Anlagen<br />

und der Verlegung von Kabeln zu generieren 71 . Hier kommt der Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />

dem Monitoring während des Betriebs<br />

und anderen Maßnahmen der Überwachung eine zentrale Rolle zu.<br />

<strong>Das</strong> vorhabenbegleitende Monitoring ist daher auch zu einem Kernelement<br />

der behördlichen Anforderungen bei der Zulassung von Anlagen<br />

geworden 72 . Im weiteren ist durch den Modus der Zulassungsentscheidung<br />

selbst da<strong>für</strong> Sorge zu tragen, dass auch nach Zulassung<br />

Maßnahmen zur Abwehr von nunmehr als Gefahren erkannten Einwirkungen<br />

auf die Umwelt mit dem Zuwachs an belastbarem Wissen<br />

durchsetzbar bleiben. Dies ermöglicht § 4 Abs. 3 SeeAnlV, der die<br />

nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen<br />

vorsieht. Auch in einer Temporalisierung der Zulassungsentscheidung<br />

können sich Besorgnispotentiale manifestieren. In der Befristung der<br />

Genehmigung (§ 4 Abs. 1 SeeAnlV) liegt eine wichtige Gestaltungsmöglichkeit,<br />

auf eine Verminderung des Störpotenzials hinzuwirken.<br />

II. Beseitigung von Anlagen<br />

Den Genehmigungsinhaber trifft nach § 12 Abs. 1 SeeAnlV noch<br />

eine weitere Pflicht. Nach Erlöschen der Genehmigung sind die Anlagen<br />

zu beseitigen, wenn sie ein Hindernis <strong>für</strong> den Verkehr oder den<br />

Fischfang darstellen oder es der Schutz der Meeresumwelt erfordert.<br />

Diese Verpflichtung findet ihre völkerrechtliche Referenznorm in<br />

Art. 60 Abs. 3 S. 2 – 4 SRÜ. Da die zu einer Anlage zur Windkrafterzeugung<br />

führenden Kabel nach § 2 SeeAnlV genehmigungsbedürftig<br />

sind, fallen auch sie grundsätzlich unter die Pflicht zur Beseitigung<br />

59 Vgl. auch Dahlke (Fn.45), NuR 2002, 472, 474.<br />

60 Gellermann (Fn.14), S. 15.<br />

61 Vgl. nur BVerwGE 45, 51, 61.<br />

62 Vgl. dazu Kloepfer, <strong>Umweltrecht</strong>, 1998, Rn. 132 zu § 13.<br />

63 Beckmann, NordÖR 2001, 273, 277.<br />

64 BVerwGE 72, 300, 315.<br />

65 BVerwGE 72, 300, 316.<br />

66 Vgl. dazu kritisch bereits Erbguth, RdE 1996, 85, 86; ihm folgend Brandt/Gaßner<br />

(Fn.15), Rn. 29 ff. zu § 3; Resthöft/Dreher, ZNER 2002, 95, 97.<br />

67 So aber offensichtlich Jenisch, NuR 1997, 373, 377.<br />

68 Resthöft/Dreher, ZNER 2002, 95, 97.<br />

69 Vgl. auch Dahlke, NuR 2002, 472, 474.<br />

70 Vgl. dazu Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 27 ff. zu § 3.<br />

71 Vgl. zum Vorsichtsprinzip bei Kenntnisdefiziten Erbguth, Raumbedeutsames<br />

<strong>Umweltrecht</strong>, 1986, S. 82; ihm folgend <strong>für</strong> den marinen Umweltschutz,<br />

Czybulka, Naturschutzrecht im Küstenmeer und der Ausschließlichen Wirtschaftszone,<br />

NuR 1999, 562, 563.<br />

72 Vgl. dazu Bundesamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt und Hydrographie, Standarduntersuchungskonzept<br />

<strong>für</strong> die Untersuchung und Überwachung der Auswirkungen<br />

von Offshore-Windenergieanlagen (WEA) auf die Meeresumwelt, 2001.<br />

71


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

nach § 12 Abs. 1 SeeAnlV. Allerdings enthält § 12 SeeAnlV keine kategorische,<br />

sondern lediglich eine begrenzte Beseitigungspflicht. 73 Sie<br />

greift nur, wenn Kabel ein Hindernis <strong>für</strong> den Verkehr oder den Fischfang<br />

darstellen oder der Schutz der Meeresumwelt es erfordert.<br />

III. Ausgleich von Eingriffen<br />

Auf dem Festland wird die Zulassung von Eingriffen in Natur und<br />

Landschaft durch die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach<br />

Maßgabe der §§ 18 ff. BNatSchG flankiert. Ob das BNatSchG in der<br />

AWZ anzuwenden ist, war bisher umstritten. Nach der vom Vorverständnis<br />

einer territorial fixierten Staatsgewalt geprägten Ansicht verlangt<br />

die Anwendung eines Gesetzes in der AWZ und auf dem Festlandsockel<br />

eine ausdrückliche Erstreckungsklausel wie etwa in § 2<br />

Abs. 1 EEG 74 . Die Gegenmeinung verweist auf die durch Art. 192<br />

und 194 SRÜ völkerrechtlich normierten sowie die durch Art. 20a GG<br />

verfassungsrechtlich vorgegebenen Schutzpflichten des Staates 75 .<br />

Zwar können in der AWZ nationalstaatliche Regelungen grundsätzlich<br />

Geltung beanspruchen, soweit sie den durch das SRÜ gesetzten<br />

funktionellen Beschränkungen entsprechen, und verlangt das<br />

Grundgesetz auch jenseits des deutschen Hoheitsgebietes Beachtung<br />

durch die dort handelnden deutschen Behörden, daraus ergibt sich<br />

jedoch keine automatische Geltungserstreckung von Gesetzen kraft<br />

Völker- oder Verfassungsrecht 76 . Maßgeblich <strong>für</strong> den Einzelfall ist<br />

vielmehr, ob das jeweilige Gesetz eine Anwendung zulässt 77 . Da<strong>für</strong><br />

bedarf es nicht notwendigerweise einer förmlichen Geltungserstreckung,<br />

wohl aber eines rechtssystematisch trifftigen Grundes 78 .<br />

Da sich das Naturschutzrecht auch mit der Regelung von Naturschutzbelangen<br />

im Meer befasst, deren Probleme der Sache nach<br />

auch <strong>für</strong> den Festlandsockel und die AWZ einschlägig sein können,<br />

gibt es keinen sachlichen Grund gegen seine Anwendbarkeit 79 . Nach<br />

dem Inkrafttreten des neuen BNatSchG ist es eindeutig, dass das<br />

BNatSchG mit seinen Vorschriften über geschützte Meeresflächen in<br />

§ 38 BNatSchG Aussagen zum marinen Umweltschutz enthält. Es<br />

bleibt allerdings offen, ob auch andere Regelungen des BNatSchG in<br />

der AWZ zur Anwendung kommen können 80 . Für die naturschutzrechtliche<br />

Eingriffsregelung sind die Anwendungshürden zusätzlich<br />

erhöht, weil die maßgeblichen §§ 18 und 19 BNatSchG als rahmenrechtliche<br />

Regelungen keine unmittelbare Geltung besitzen.<br />

Allerdings konnte bereits vor der Novellierung des BNatSchG die<br />

Kontroverse über die Anwendbarkeit der Eingriffsregelung <strong>für</strong> planfeststellungsbedürftige<br />

Vorhaben auf dem Festlandsockel nach § 52<br />

Abs. 2a BBergG vermieden werden 81 . In diesen Fällen muss eine bergrechtliche<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden.<br />

Sie verlangt wiederum eine Beschreibung der Maßnahmen, mit denen<br />

erhebliche Beeinträchtigungen der Umwelt vermieden, vermindert<br />

oder soweit möglich ausgeglichen werden, sowie der Ersatzmaßnahmen<br />

bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen<br />

in Natur und Landschaft (§ 57a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BBergG). Daraus lässt<br />

sich ein deutlicher Hinweis auf die Anwendbarkeit des naturschutzrechtlichen<br />

Grundsatzes der Vermeidung, Verminderung und<br />

des Ausgleichs von Eingriffen im Bereich des Festlandsockels entnehmen<br />

82 . Entsprechendes gilt auch <strong>für</strong> die Genehmigung nach § 2<br />

SeeAnlV. Sofern hier gem. § 2a SeeAnlV eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

nach Maßgabe des UVPG erforderlich ist, gehört dazu auch<br />

die Beschreibung der Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung<br />

von Beeinträchtigungen der Umwelt sowie zum Ausgleich und<br />

Ersatz von Eingriffen in Natur und Landschaft (§ 6 Abs. 3 Nr. 3<br />

UVPG). Im Falle der integrierten Anlagengenehmigung <strong>für</strong> Windpark<br />

und Kabel erstreckt sich diese Pflicht auch auf die Kabel. Im<br />

Rahmen der Untersuchung von Möglichkeiten zur Vermeidung und<br />

Minderung von Eingriffen können hier auch alternative Trassenführungen<br />

diskutiert werden, die etwa Riffe, Sandbänke, Seegraswiesen<br />

oder andere besonders wichtige Lebensräume umgehen.<br />

72<br />

Streng genommen handelt es sich bei § 6 Abs. 3 Nr. 3 UVPG allerdings<br />

nur um eine Darstellungspflicht, sie verlängert sich jedoch<br />

nach § 12 UVPG in eine Pflicht zur Bewertung und zur Berücksichtigung<br />

im Rahmen der Gesetze 83 . Da § 3 SeeAnlV ausdrücklich den Erlass<br />

von Bedingungen und Auflagen zum Ausgleich von Gefährdungen<br />

der Meeresumwelt zulässt, kann die Genehmigungsbehörde<br />

grundsätzlich auch Maßnahmen zur Verminderung und zur Kompensation<br />

von Eingriffen verlangen. Die Genehmigungsbehörde ist<br />

dabei wohl nicht an das Regime des § 19 BNatSchG im Einzelnen<br />

gebunden, kann aber auch <strong>für</strong> die Verlegung und den Betrieb von<br />

Stromkabeln Maßnahmen verlangen, mit denen die Folgen eines<br />

Eingriffs vermindert oder kompensiert werden 84 . In diesem Rahmen<br />

kann auch Einfluss auf die Trassenführung genommen werden.<br />

Streitig kann allenfalls sein, ob sie im Falle von nichtkompensierbaren<br />

Eingriffen anstelle der Naturalkompensation auch eine finanzielle<br />

Kompensation verlangen darf. Ersatzzahlungen sind weder im<br />

UVPG noch in § 3 SeeAnlV vorgesehen.<br />

IV. Standortplanung und Trassenkoordination<br />

Ausweislich der vorgelegten energiepolitischen Konzeptionen zur<br />

Förderung der Windkraftnutzung und der Planungen der Anlagenbetreiber<br />

werden Anlagen im Offshore-Bereich kein Unikat bleiben,<br />

sondern sich zum »Massenphänomen« entwickeln 85 . Mit zunehmendem<br />

Nutzungsdruck auf die AWZ entsteht die Herausforderung,<br />

konkurrierende Nutzungen planerisch zu koordinieren. Dies betrifft<br />

nicht nur die potentiell konfligierenden Belange von Schifffahrt,<br />

Fischerei, Bergbau, Windenergie und Naturschutz, sondern auch<br />

gleichgerichtete Nutzungsansprüche von verschiedenenen Vorhaben<br />

gleicher Nutzungstypik, also der Nutzung der Windenergie<br />

selbst. Hier geht es insbesondere um die Optimierung der Trassen,<br />

die von und zu den verschiedenen Windparks führen. Gemeinsame<br />

Trassenkorridore oder gar gemeinsame Trassen können die Konflikte<br />

mit anderen Nutzungen mindern. Eine räumliche und zeitliche<br />

Koordination der Verlegung von Kabeln käme insbesondere den<br />

Schutzbedürfnissen der marinen Umwelt entgegen.<br />

Im Rahmen einer einheitlichen Genehmigung eines Windparks<br />

mit den dazu gehörigen Leitungen können auch bei Durchführung<br />

einer UVP und unter Beachtung des Ausgleichs von Eingriffen die<br />

planerischen Anforderungen einer räumlich optimierten Trassenführung<br />

nicht hinreichend berücksichtigt werden. Es gibt zur Zeit<br />

keine rechtlichen Instrumente <strong>für</strong> eine übergreifende planerische<br />

Koordination von Trassen mehrerer Betreiber. Die Zulassungsentscheidung<br />

muss daher planerisch unterfüttert werden. Nach § 3a<br />

SeeAnlV kann der Bundesminister <strong>für</strong> Verkehr besondere Eignungsgebiete<br />

<strong>für</strong> Windkraftanlagen festlegen. Damit soll die Möglichkeit<br />

zur räumlichen Steuerung der Einrichtung von Windparks in der<br />

73 Vgl. auch Jenisch, NuR 1997, 373, 377; Hübner, NordÖR 2000, 137, 139.<br />

74 Vgl. etwa Jenisch, NuR 1997, 373, 377; Hübner, NordÖR 2001, 137, 138; Lagoni, Die<br />

Errichtung von Schutzgebieten in der ausschließlichen Wirtschaftszone aus völkerrechtlicher<br />

Sicht, NuR 2002, 121, 124; Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 60 zu § 30.<br />

75 Gündling (Fn.27), S. 221; Czybulka, NuR 1999, 562, 564 ff.; ders., <strong>Das</strong> Rechtsregime<br />

der Ausschließlichen Wirtschaftszone, NuR 2001, 367, 369; Resthöft/Dreher,<br />

ZNER 2002, 95 .<br />

76 Krieger, Die Anwendbarkeit nationaler und internationaler Regelungen auf die<br />

Erdgasgewinnung aus dem deutschen Festlandsockel, DVBl. 2002, 300, 304.<br />

77 Vgl. auch Erbguth, Gutachten, S. 41 f.<br />

78 Vgl. dazu <strong>für</strong> die Gewinnung von Bodenschätzen überzeugend Krieger, DVBl.<br />

2002, 300, 303 ff.<br />

79 Cybulka, NuR 1999, 562, 563; Krieger, DVBl. 2002, 300, 304.<br />

80 Vgl. ablehnend Klinski (Fn.15), S. 21; Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 60 zu § 3;<br />

Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, 2003, Rn. 14 zu § 30.<br />

81 Vgl. dazu Wolf, Der Schutz der Umwelt beim Bau von Bohrinseln, UPR 1998,<br />

281, 288.<br />

82 So auch Krieger, DVBl. 2002, 300, 305.<br />

83 So bereits Wolf, UPR 1998, 281, 288.<br />

84 So im Ergebnis auch Gellermann (Fn.14), S. 25.<br />

85 Gellermann (Fn.14), S. 98.<br />

ZUR 2/2004


Wolf, Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz<br />

AWZ geschaffen werden. Diese Regelung verfolgt einerseits das Ziel,<br />

den Wildwuchs von Anlagen in der AWZ zu verhindern und eine<br />

strukturierte Entwicklung zu fördern, andererseits soll auch Rechtssicherheit<br />

<strong>für</strong> die Investoren geschaffen werden 86 . Sie kann daher als<br />

der erste Schritt <strong>für</strong> eine planerische Bewältigung der raumrelevanten<br />

Koordinationsprobleme der Windenergie in der AWZ betrachtet<br />

werden. Entsprechend kann der Bundesumweltminister nunmehr<br />

geschützte Meeresflächen festlegen, die bestimmte Nutzungen einschränken<br />

oder ausschließen (§ 38 BNatSchG).<br />

<strong>Das</strong>s mit § 3a SeeAnlV tatsächlich eine strukturierte Standortplanung<br />

möglich wird, ist in der Literatur bezweifelt worden 87 .<br />

Zunächst wird kritisiert, dass von § 3a SeeAnlV nicht nur standortbezogene<br />

Kriterien (Schifffahrt, Meeresschutzgebiete, Vogelzugrouten),<br />

sondern auch das anlagenbezogene Kriterium der Meeresverschmutzung<br />

benannt werden. Darin wird eine inkonsistente<br />

Vermischung von gebietsbezogener Planung und Anlagenzulassung<br />

gesehen 88 . Im Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die standortbezogenen<br />

Kriterien des § 3a SeeAnlV eine darüber hinausgehende<br />

integrierte Raumordnungsplanung nicht zulassen 89 . Insbesondere<br />

wird jedoch bemängelt, dass die Festlegung von besonderen Eignungsgebieten<br />

die Errichtung von Anlagen außerhalb dieser Gebiete<br />

nicht nach dem Muster von § 7 Abs. 4 Nr. 3 ROG ausschließt 90 .<br />

Vielmehr ist die Errichtung von Windkraftanlagen auch außerhalb<br />

dieser Gebiete grundsätzlich möglich und sogar in geschützten Meeresflächen<br />

i. S. d. § 38 BNatSchG unter der Voraussetzung zulässig,<br />

dass sie den Verträglichkeitsanforderungen des § 34 BNatSchG gerecht<br />

werden (§ 38 Abs. 1 Nr. 4 u. Nr. 5 BNatSchG) 91 . Solche Gebiete<br />

kommen daher schon deswegen nicht ernsthaft <strong>für</strong> eine »Negativplanung«<br />

gegenüber unwillkommenen Kabeltrassen in Betracht 92 .<br />

Eine Festlegung besonderer Eignungskorridore <strong>für</strong> Kabel mit der<br />

Funktion eines bindenden raumordnerischen Surrogates ist daher<br />

de lege lata nicht möglich 93 . Da sich Konkurrenzen gegensätzlicher<br />

Nutzungen in der AWZ häufen, soll jedoch nach der von der Bundesregierung<br />

am 15. 10. 2003 beschlossenen Gesetzesinitiative zur<br />

Änderung des ROG die Raumordnung Aufgabe des Bundes werden<br />

(vgl. § 18a ROGE). Dies ist völkerrechtlich zulässig 94 . Mit der Einführung<br />

der Raumordnungsplanung in der AWZ könnte nicht nur<br />

das planerische Steuerungspotential <strong>für</strong> die Zuordnung von gebietsspezifischen<br />

Nutzungen, sondern auch <strong>für</strong> Trassen steigen. Es<br />

ist im Rahmen einer Raumordnungsplanung grundsätzlich zulässig,<br />

vorzugswürdige Trassen oder Trassenkorridore vorzusehen. Dies<br />

könnte auch ohne Rückgriff auf die Instrumente der Festlegung von<br />

Vorbehalts-, Vorrang oder Eignungsgebieten dadurch geschehen,<br />

dass Grundsätze <strong>für</strong> die Trassenführung als Ziele der Raumordnung<br />

formuliert werden. Denkbar wäre es etwa, den Grundsatz der räumlichen<br />

Trennung konkurrierender Nutzungen (§ 50 BImSchG) auch<br />

<strong>für</strong> die Trassen zu bestätigen, eine Präferenz <strong>für</strong> die räumliche<br />

Bündelung von Kabeln einzuführen oder eine zeitliche Koordination<br />

bei der Verlegung der Kabeltrassen vorzugeben.<br />

D. Zusammenfassung<br />

Die Errichtung eines Windparks in der AWZ und die Verlegung seiner<br />

stromführenden Kabel stellten in funktioneller Betrachtung die<br />

Errichtung einer Anlage zur Erzeugung von Energie aus Wind i. S. d.<br />

§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV dar. Für ihre Errichtung und ihren Betrieb<br />

ist eine seeanlagenrechtliche Genehmigung nach § 2 SeeAnlV<br />

erforderlich. Die Entscheidung über die Genehmigung setzt nach<br />

Maßgabe von § 2a SeeAnlV die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

voraus, die sich sowohl auf den Windpark als auch<br />

die Stromleitungen beziehen muss, die ihn an das Stromnetz des<br />

Festlands anbinden. Die Genehmigung des Windparks und der Kabeltrassen<br />

hat daher durch das Bundesamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt und<br />

ZUR 2/2004<br />

Hydrographie nach den gleichen formell- und materiell-rechtlichen<br />

Anforderungen in einem zusammenhängenden Verfahrenskontext<br />

zu erfolgen. Ganz im Gegensatz dazu bleibt die Genehmigungslage<br />

zur Verlegung von Kabeln im Küstenmeer disparat.<br />

Die Genehmigung darf aus Gründen des Umweltschutzes nur versagt<br />

werden, wenn die Meeresumwelt gefährdet wird (§ 3 SeeAnlV).<br />

Der Begriff der Meeresumwelt ist dabei umfassend zu verstehen. Er<br />

umfasst nicht nur den Schutz des Meeres vor stofflichen oder energetischen<br />

Belastungen sowie den Vogelzug, sondern das gesamte Bedingungs-<br />

und Wirkungsgefüge mariner Ökosysteme. <strong>Das</strong> Schutzniveau<br />

ist dabei nicht auf die polizeiliche Gefahrenabwehr beschränkt.<br />

§ 3 SeeAnlV verlangt eine Vorsorge, die das Entstehen von Schädigungen<br />

der marinen Lebenszusammenhänge nach dem aktuellen<br />

Stand der Erkenntnisse praktisch ausschließt. Daraus rechtfertigt sich<br />

allerdings weder eine ressourcenökologische Bewirtschaftung noch<br />

eine umfassende umweltplanerische Vorsorge. Wo die Belastbarkeitsschwelle<br />

im Einzelnen anzusetzen, ist in Bezug auf die von den<br />

Stromleitungen ausgehenden Einwirkungen zur Zeit noch mit erheblichen<br />

Ungewissheiten belastet. Es ist vordringliche Aufgabe der<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung, Störpotential und Verletzlichkeit<br />

der Meeresumwelt in Bezug auf Verlegung und Betrieb der stromführenden<br />

Leitungen herauszuarbeiten. <strong>Das</strong> Recht verlangt hier vordringlich<br />

die Schließung von Wissenslücken und die Verringerungen<br />

von Ungewissheiten durch umfassende Risikoanalysen und ein vorhabenbegleitendes<br />

Monitoring.<br />

Die Möglichkeiten der SeeAnlV zur einer Standortplanung und<br />

Trassenkoordination sind de lege lata beschränkt. Sie werden mit Erhöhung<br />

der Nutzungsdichte und der Verstärkung der Nutzungskonkurrenz<br />

<strong>für</strong> die AWZ immer bedeutsamer werden. Der Festlegung<br />

von besonderen Eignungsgebieten <strong>für</strong> Windkraftanlagen nach § 3a<br />

SeeAnlV kann ebenso wie der zur Zeit eingeleiteten Festsetzung von<br />

geschützten Meeresflächen nach § 38 BNatSchG keine kategorische<br />

räumliche Ausschlußwirkung zukommen. Dies gilt zumal <strong>für</strong> die<br />

Verlegung von Kabeln. Die geplante Einführung einer Raumplanung<br />

des Bundes <strong>für</strong> die AWZ (§ 18a ROGE) könnte die planerischen Koordinationspotentiale<br />

deutlich verbessern. Eine noch erheblich wirksamere<br />

räumliche Steuerungswirkung dürfte allerdings von der am<br />

17. 12. 2003 im Bundeskabinett beschlossenen Änderung des EEG<br />

ausgehen 95 . Nach § 10 Abs. 7 des Entwurfs soll die Förderung von<br />

Windkraftanlagen im Bereich geschützter Meeresflächen entfallen.<br />

86 Vgl. BT-Drs. 14/7490, S. 55.<br />

87 Resthöft/Dreher, ZNER 2002, 95, 99.<br />

88 Vgl. dazu Resthöft/Dreher wie vor.<br />

89 Erbguth (Fn.16), Gutachten S. 72.<br />

90 SRU (Fn.6), S. 10 f.; Resthöft/Dreher (Fn.87).<br />

91 Vgl. dazu kritisch Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 19 u. 20 zu § 3a; zu den völkerrechtlichen<br />

Grundlagen Lagoni, NuR 2002, 121 ff., Jaras, Naturschutz in der Ausschließlichen<br />

Wirtschaftszone, 2002.<br />

92 A. A. Gellermann (Fn.14), S. 85. Eine solche Negativplanung wäre allerdings<br />

ohnehin als planerisches Konzept rechtlich nicht haltbar (vgl. auch BVerwGE<br />

40, 258, 262).<br />

93 So auch Gellermann (Fn.14), S. 85.<br />

94 Vgl. dazu Erbguth (Fn.16), Gutachten, S. 56 ff.<br />

95 Vgl. FAZ vom 18. 12. 2003.<br />

Prof. Dr. Rainer Wolf<br />

TU Bergakademie Freiberg, Professur <strong>für</strong> Öffentliches Recht, Lessingstr. 45,<br />

09596 Freiberg.<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Umwelt- und Naturschutzrecht, Bau- und Planungsrecht.<br />

Aktuelle Veröffentlichungen: Jacob/Ring/Wolf (Hrsg.), Freiberger<br />

Handbuch zum Baurecht, Bonn 2003; Roma locuta – causa finita...causa<br />

non finita. Zum Urteil des EuGH vom 24.7.2003 in Sachen ÖPNV, Verkehr<br />

und Technik 2003, 359-363; Blochmann/Jacob/Wolf, Kooperation mittelständischer<br />

Bauunternehmen. Zur Erschließung neuer Marktfelder bei der<br />

Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Wiesbaden 2003.<br />

73


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

Helmuth von Nicolai<br />

Konsequenzen aus den neuen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts<br />

zur raumordnerischen Steuerung von<br />

Windenergieanlagen<br />

– Oder: was ist der Unterschied zwischen einem Ziel? –<br />

Die Ansiedlung von Windenergieanlagen wird in den Ländern zunehmend<br />

raumordnerisch gesteuert. Wenngleich das verwendete Instrumentarium von<br />

Regionalplänen nicht neu ist, so führt diese erweiterte Gestaltungsmöglichkeit<br />

<strong>für</strong> einzelne Außenbereichsvorhaben in der Praxis zu Problemen, insbesondere<br />

auch deshalb, weil dabei vielfach juristisches Neuland beschritten<br />

worden ist. Der Aufsatz setzt sich mit der Frage auseinander, welche<br />

Konsequenzen <strong>für</strong> die Planungspraxis aus der neusten Rechtsprechung des<br />

Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), das selbst den Grundsatzcharakter<br />

der Entscheidungen betont, zu ziehen sind und welche Widersprüche die<br />

Rechtsprechung enthält.<br />

A. Ausgangslage<br />

Nach einer in den Obergerichten zunehmend auseinanderdriftenden<br />

Rechtsprechung zu den Folgen des Windenergieprivilegierungsgesetzes<br />

vom 30.7.1996 und der damit korrespondierenden<br />

Änderung im Bau- und Raumordnungsgesetz (BauROG 1998), hat<br />

sich nun das BVerwG der <strong>Thema</strong>tik mit richtungsweisenden Aussagen<br />

angenommen 1 . Es geht um die Frage, ob auch die Regionalplanung<br />

eine effektive Steuerung des Baugeschehens im Außenbereich<br />

bewerkstelligen kann 2 . Hatte nun die Praxis gehofft, dass<br />

die vielen offenen Fragen handhabbar beantwortet worden sind,<br />

so ist festzustellen, dass mehr angerissen als beantwortet worden<br />

ist und dass sich die nun gewählten Formulierungen eher zu Jobmaschinen<br />

<strong>für</strong> Rechtsanwälte und <strong>für</strong> die (ohnehin überlastete)<br />

Verwaltungsgerichtsbarkeit entwickeln werden. Vielleicht muss<br />

man sich aber auch einfach nur daran gewöhnen, dass bei knapper<br />

werdenden Standorten <strong>für</strong> Windenergieanlagen angesichts des<br />

hohen Flächenverbrauchs die Auseinandersetzungen härter werden<br />

3 und die Planung sich zu allererst daran zu orientieren hat, ob<br />

sie Rechtsbeständigkeit gewährleisten kann (und nicht so sehr, ob<br />

sie gut ist oder einen wirksamen und sinnvollen Beitrag zur regenerativen<br />

Energieerzeugung leistet). Hinzu kommt, dass die Privilegierungsnovelle<br />

1996 in vielen Dingen (mutiger als es dem<br />

Gesetzgeber bewusst gewesen sein mag!) Neuland beschritten hat,<br />

weshalb die Rechtsprechung sich nun erstmalig zu ganz grundsätzlichen<br />

Rechtsfragen äußern muss. Dabei muss eine Rechtsprechung,<br />

die alles ganz anders sieht, als die Praxis die Neuregelung<br />

verstanden hat, entsprechend überzeugend in der Argumentation<br />

sein. Die Bewertung, ob dem BVerwG das gelungen ist, bleibt dem<br />

Leser überlassen. Erkennbar ist das Bemühen des Gerichts, nicht<br />

ohne Not Hürden aufzubauen, doch gibt es auch Anforderungen,<br />

die zumindest in der Vergangenheit nicht immer erfüllt worden<br />

sind. Man fühlt sich ein wenig erinnert an die Zeit in den 70er<br />

Jahren, als die Verwaltungsgerichte die nach dem neuen Bundesbaugesetz<br />

(BBauG 1960) zustande gekommenen Bebauungspläne<br />

»aufmischten« 4 . Auf der Strecke bleiben könnte heute die Investitionssicherheit<br />

<strong>für</strong> den Ausbau dieser so wichtigen erneuerbaren<br />

Energieerzeugung und vielfach Vorstellungen betroffener Anwohner,<br />

was sich bei nicht integrierten Standorten mit zunehmendem<br />

Widerstand der Bevölkerung rächt 5 . Keiner sollte erwarten, dass<br />

74<br />

das Beachten der neuen Erkenntnisse aus der Rechtsprechung bereits<br />

zur Prozessvermeidung ausreiche.<br />

B. Neue konzeptionelle Planungsdirektiven des BVerwG<br />

Zur Frage, wie die Ansiedlung von Windenergieanlagen im<br />

Außenbereich planerisch zu bewerkstelligen ist, führt das BVerwG<br />

im Urteil vom 13.3.2003 aus, dass § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die Errichtung<br />

von Windenergieanlagen im Außenbereich unter einen<br />

Planungsvorbehalt stellt, der sich sowohl an die Gemeinden als<br />

Träger der Flächennutzungsplanung als auch an die Träger der<br />

Raumordnungsplanung richte. Der Planungsvorbehalt werde aber<br />

nur erfüllt, wenn die diesbezügliche Festlegung des Plangebers<br />

über die Konzentration von Windenergieanlagen an bestimmten<br />

Standorten erfüllt werden, durch die zugleich ein Ausschluss der<br />

Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben<br />

wird. Erstmals anerkennt das BVerwG sodann, dass es<br />

bei dieser Art der Planung nicht nur eine positive Komponente der<br />

festgelegten Konzentrationszone gibt, sondern auch eine Art von<br />

Negativplanung, nämlich der Ausschluss der Anlagen außerhalb<br />

der Konzentrationszone. Diese Form der Positiv-/ Negativplanung<br />

lässt sich nach Auffassung des BVerwG aber nur dann rechtfertigen,<br />

wenn der Plan sicherstelle, dass sich die betroffenen Vorhaben<br />

an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen<br />

durchsetzten. Die Abwägung aller beachtlichen Belange müsse sich<br />

nicht nur auf die ausgeschlossenen Standorte erstrecken, sondern<br />

auch auf die positiv festgelegten. Dies sei nur möglich, wenn dem<br />

Plan ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde<br />

liege, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen<br />

Abwägungsgebotes gerecht werde.<br />

<strong>Das</strong> BVerwG treibt erkennbar die Sorge um, dass der weite<br />

planerische Gestaltungsspielraum, den der Gesetzgeber über § 7<br />

Abs. 4 ROG und § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB der Regionalplanung eingeräumt<br />

hat, dazu genutzt werden könnte, die Ansiedlung von<br />

1 BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 (- 4 C 15.01 -) zur Bauleitplanung u.a. in: BauR 2003,<br />

828; UPR 2003, 188; NuR 2003, 365; ZUR 2003, 280 u. zwei Urteile v. 13.3.2003<br />

zur Raumordnungsplanung (- 4 C 4.02 -) u.a. in: NVwZ 2003, 738; BauR 2003,<br />

1165; UPR 2003 309; NuR 2003, 493; ZfBR 2003, 464 und (- 4 C 3.02 -) u.a. in<br />

NVwZ 2003, 1261; NuR 2003, 615. Gesetz v. 30.7.1996, BGBl. I S. 1189; Bau-<br />

ROG, BGBl. I 1997, S. 2141 u. 1998, S. 137. OVG’s z.B. Bautzen, Urt. v. 18.5.2000,<br />

SächsVBl. 2000, 245; Urt. v. 26.11.2002, LKV 2003, 333; Greifswald, Urt. v.<br />

19.1.2001, NVwZ 2001, 1063; Koblenz, Urt. v. 06.03.2002, NuR 2002, 422 u. Urt.<br />

v. 20.2.2003, NVwZ-RR 2003, 619; München, Urt. v. 22.5.2002, ZfBR 2002, 590.<br />

2 Der Aufsatz ergänzt insofern die Ausführungen von Wolf, Windenergie als<br />

Rechtsproblem, ZUR 2002, 331, 334, der die Regionalplanung nur kurz anschneidet<br />

und dabei die unmittelbare Steuerungswirkung von § 35 Abs. 3 S. 3<br />

BauGB übersieht; ausführlich Anders / Jankowski, Konzentrationszonen als Ziele<br />

der Raumordnung, ZUR 2003, 86.<br />

3 Angesichts der vom BVerwG anerkannten Kontingentierung von Standorten ist<br />

es zwangsläufig, dass mangels frei verfügbarer Konzentrationszonen man sich<br />

nun in Standorte einklagen muss; das wird auch literarisch vorbereitet (z.B.<br />

Anders / Jankowski, wie vor; Maslaton LKV 2003, 318; Tigges, ZNER 2002, 87).<br />

4 Vom 23.6.1960, BGBl. I S. 341.<br />

5 Schon heute beträgt die durch Windenergieanlagen verlärmte Fläche ca. 2/3 der<br />

mit Verkehrsanlagen überbauten Fläche Deutschlands; vgl. zum Immissionsschutzproblem<br />

Ohms, DVBl. 2003, 958, 960.<br />

ZUR 2/2004


von Nicolai, Raumordnerische Steuerung von Windenergieanlagen<br />

Windenergieanlagen zu behindern 6 . <strong>Das</strong> BVerwG vermutet offenbar,<br />

dass die Planung im Wesentlichen im Sinne einer Verhinderungsplanung<br />

betrieben werde. Sachangemessener wäre es jedoch<br />

davon auszugehen, dass es gerade Aufgabe der Regionalplanung<br />

ist, angesichts der umfangreichen konfligierenden Interessen geeignete<br />

Standorte zu finden und so da<strong>für</strong> Sorge zu tragen, dass an<br />

konfliktarmen Standorten zügig Windenergieanlagen errichtet<br />

werden können, ohne dass es zu massiven Auseinandersetzungen<br />

sowohl mit Anwohnern, als auch zu Störungen beeinträchtigter<br />

Belange kommt. Denn dies schafft auch Rechts- und Investitionssicherheit<br />

und fördert die Ansiedlung regenerativer Energieerzeugung.<br />

Zwar ist nachvollziehbar, dass das BVerwG zu solchen<br />

Überlegungen gelangt, denn es ist nun mal so, dass Bürger gelegentlich<br />

in Fällen klagen müssen, in denen sich tatsächlich unter<br />

Umständen die Behörde nicht ganz ordnungsgemäß verhalten<br />

hat. Insbesondere das zweite Urteil vom 13.3.2003 (- 4 C 3.02 -) ist<br />

ein beredtes Beispiel <strong>für</strong> diese Annahme. Zur Eindämmung der<br />

Verhinderungsplanung sind nun vom BVerwG im Wesentlichen<br />

drei Kriterien hervorgearbeitet worden, die in Präzisierung und<br />

Weiterführung zu den Aussagen im Urteil vom 17.12.2002 <strong>für</strong> die<br />

Regionalplanung zu beachten sind. Dies sind<br />

– ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept (I.),<br />

– eine Planung, die sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben<br />

innerhalb der Konzentrationszone gegenüber konkurrierenden<br />

Nutzungen durchsetzen (II.) und<br />

– ein in »substantieller Weise der Windenergienutzung im Plangebiet<br />

Raum schaffen« (III.).<br />

Was bedeutet das nun im Einzelnen?<br />

I. Schlüssiges Planungskonzept<br />

Aus der ex-post-Betrachtung eines Gerichtes, insbesondere eines<br />

obersten Gerichtes, ist es einfach, besonders hohe Anforderungen<br />

an ein Planungskonzept zu stellen. Stellenweise waren die Obergerichte<br />

damit beschäftigt, hier in einem gegenseitigen Wettlauf<br />

immer neue Anforderungen aufzustellen; besonders profiliert haben<br />

sich hier die OVGs in Lüneburg und Magdeburg 7 . Wie das Urteil<br />

des BVerwG vom 17.12.2002 zeigt 8 , sind die Anforderungen<br />

hier allerdings nicht zu hoch. Damit hat das BVerwG zu Recht anerkannt,<br />

dass der Gesetzgeber <strong>für</strong> die Planung nur zwei Jahre vorgesehen<br />

hatte (§ 245b BauGB 1996, »Überleitungsvorschrift <strong>für</strong><br />

Entscheidungen über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen« =<br />

§ 245b Abs. 1 BauGB 1998, Frist offenbar zu kurz, da nun wiederbelebt<br />

in § 15 Abs. 4 BauGB-E 2004 9 ) und bereits deshalb die Anforderungen<br />

nicht in den Himmel wachsen können und dürfen,<br />

weil man davon ausgehen muss, dass gesetzliche Anforderungen<br />

auch vom Adressaten erfüllbar sein müssen (zumal es in den zwei<br />

Jahren 1997/98 kaum mehr möglich war, überhaupt noch ein<br />

qualifiziertes Planungsbüro mit freien Kapazitäten zu finden). <strong>Das</strong><br />

Gericht lässt es ausreichen, dass im Wege einer »normalen« planerischen<br />

Konfliktbewältigung Flächen herausgearbeitet bzw. verworfen<br />

werden dürfen. Auf Flächennutzungsplanebene ist dabei<br />

ein wichtiges Indiz ein in sich schlüssiges gesamträumliches Entwicklungskonzept.<br />

Dieses Konzept müsse die Erwägungen erkennen<br />

lassen, die zur Ausweisung eines Positivstandortes geführt<br />

hätten und auch verdeutlichen, welche Gründe es rechtfertigen,<br />

den Planungsraum <strong>für</strong> Windenergieanlagen zu schließen. <strong>Das</strong><br />

könne nur gesamträumlich begründet werden. Dies müsse sich<br />

aus den örtlichen Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten lassen,<br />

wobei die Abwägung in Form des § 1 Abs. 6 BauGB (also frei)<br />

zu erfolgen habe. Aber nicht beliebige Gründe rechtfertigten einen<br />

Ausschluss, sie müssten vielmehr städtebaulich legitimiert sein.<br />

Auch müsse bei der Planung nicht lediglich das umgesetzt werden,<br />

was sich unbesehen an Grenzabständen etwa aus der TA-<br />

ZUR 2/2004<br />

Lärm ergebe; das sei dann keine städtebauliche Planung mehr. Es<br />

sei nicht erforderlich, sämtliche Flächen auszuweisen, die überhaupt<br />

nach objektiven Kriterien nur geeignet erschienen. Die<br />

Argumente müssten sich lediglich aus den konkreten örtlichen<br />

Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten lassen.<br />

Vor dem Hintergrund der geächteten Verhinderungsplanung ist<br />

es von großer Bedeutung, die Ausweisung von Eignungsgebieten<br />

strategisch und konzeptionell zu erfassen. Dabei muss sich die<br />

Flächennutzungsplanung (gem. § 5 Abs. 1 BauGB) auf das gesamte<br />

Gemeindegebiet erstrecken. Die Gründe sowohl <strong>für</strong> Ausschluss,<br />

als auch <strong>für</strong> die Ausweisung müssen städtebaulicher Art sein und<br />

<strong>für</strong> den Außenstehenden (= das Gericht!) objektiv nachvollziehbar<br />

sein. <strong>Das</strong> können sie übrigens nur, wenn sie umfassend dokumentiert<br />

sind. Es nützt also die beste Planung nichts, wenn sie<br />

nicht entsprechend schriftlich niedergelegt worden ist.<br />

Die vorstehenden Ausführungen gelten mit gewissen Modifikationen<br />

auch <strong>für</strong> die raumordnerische Steuerung. Bei der Regionalplanung<br />

sind die zugelassenen Argumente raumordnerisch, auch<br />

die Begründung, warum eine solche Strategie gefahren wird. Da<br />

beide Steuerungsmodelle vom Gesetz gleichrangig zugelassen worden<br />

sind, bedarf es jedoch nicht der inneren Rechtfertigung, warum<br />

raumordnerisch und nicht bauleitplanerisch gesteuert wird.<br />

Da bei der raumordnerischen Steuerung das erfasste Gebiet größer<br />

ist als bei der Bauleitplanung, bedarf es eines besonders gut begründeten<br />

Konzeptes. Denn es kann dazu führen, dass es Gemeinden<br />

ganz ohne eine Konzentrationszone gibt. Da das Gericht<br />

anerkennt, dass diese Arbeit vom Planungsträger (gem. § 245b<br />

BauGB 1996) innerhalb von zwei Jahren geleistet werden musste,<br />

sind die Anforderungen an die Untersuchungstiefe nicht zu überspannt.<br />

Die Tiefe der Abwägung kann auch nur dem regionalplanerischen<br />

Maßstab entsprechen. Es ist eine Konzeption zu<br />

erarbeiten und zugrunde zu legen, die in sich logisch und nachvollziehbar<br />

aufgebaut ist, die von einer generell abstrakten Ebene<br />

zu klaren Entscheidungen im Einzelfall kommt und zu sich nicht<br />

widersprechenden Ergebnissen führt. Die planerische Stringenz ist<br />

dabei besonders wichtig, eine Abwägungsentscheidung gerade in<br />

der Raumordnung zu schaffen, die sich der eigenen Konsequenzen<br />

bewusst ist und nicht so zu argumentieren, dass noch Hintertürchen<br />

offen bleiben. Der Eindruck, den die Fälle vom 13.3.2003<br />

machen, dass die Raumplanung selbst nicht so genau wusste,<br />

worauf sie sich einließ, muss unbedingt vermieden werden. Je<br />

mehr objektive (= <strong>für</strong> den Juristen nachvollziehbare) Faktoren<br />

aufgeführt werden (wie eine Windhöffigkeitsanalyse, Bestandsaufnahme<br />

der naturräumlichen Ausstattung, Netzanschlussmöglichkeiten),<br />

desto eher dürfen auch wertende Belange (wie<br />

Landschaftsbildanalyse, Erholungsfunktion der freien Landschaft,<br />

Sichtbeziehungen) und programmatische (wie Bündelung zu<br />

großen, leistungsstarken Parks, generell einzuhaltende Mindestabstände)<br />

einfließen. Problematisch sind Fälle, in denen die<br />

Privateigentumsverhältnisse am Grund und Boden eine auffällige<br />

Rolle spielen, wenn beispielsweise die Ausweisung eines Eignungsgebietes<br />

davon abhängig gemacht wird, dass zunächst einmal<br />

eine landeseigene Immobiliengesellschaft die Flächen entwickelt<br />

bzw. Flächen nur dann ausgewiesen werden, wenn zuvor<br />

ein einheimischer Hersteller von Windenergieanlagen diese<br />

6 Damit scheint sich das BVerwG einig zu sein mit vielen Stimmen in der Literatur,<br />

z.B. das Vorurteil, Regionalplanung sei »politischer« als die Flächennutzungsplanung<br />

der Gemeinde, Mitschang, ZfBR 2003, 431, 433.<br />

7 Lüneburg Beschlüsse v. 20.12.2001, ZfBR 2002, 268 u. 17.1.2002, NUR 2002,<br />

429; Magdeburg Beschl. v. 29.8.2001 – 2 M 130/01 – n.v.<br />

8 Oben Fn. 1; der Fall spielt in NRW, das fast als einziges Land nicht flächendeckend<br />

raumordnerisch steuert bzw. zu steuern beabsichtigt; zur Situation in<br />

NRW: Greiving / Schröder, UPR 2003, 13.<br />

9 Europarechtsanpassungsgesetz – EAG Bau – mit 52 Änderungswünschen des<br />

Bundesrats, BR-Drs. 756/03 oder Homepage www.bmvbw.de .<br />

75


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

Flächen erworben bzw. gepachtet hat. Die Interessen der Grundeigentümer<br />

sollten in der Planung vielmehr dergestalt einfließen,<br />

dass die Ausweisung eines Eignungsgebietes (gerade in Gegenden,<br />

deren Bodenwertzahlen gering sind) eine optimale Wertsteigerung<br />

des Grundstückes bedeutet und jeder diese Chance gerne nutzen<br />

möchte.<br />

II. Positivfestlegungen<br />

Der Plangeber muss sicherstellen, dass sich nach der Planungskonzeption<br />

auch innerhalb der Konzentrationszonen die Windenergienutzung<br />

gegenüber anderen konkurrierenden Nutzungen<br />

durchsetzt. Die Ausführungen des BVerwG werden derart interpretiert,<br />

dass eine Eignungsgebietsfestsetzung auch im Inneren ein<br />

Ziel der Raumordnung sei. Diese Interpretation hat allerdings ein<br />

Problem: Was ist dann nämlich der Unterschied zwischen einem<br />

Ziel gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 ROG 10 ? Auch lässt sich<br />

mit so einer Interpretation § 7 Abs. 4 S. 2 ROG nicht mehr erklären,<br />

denn eine Kombinationsmöglichkeit wäre dann gar nicht erforderlich,<br />

wenn ein Eignungsgebiet im Inneren dieselben Wirkungen<br />

hätte wie ein Vorranggebiet. Es muss hier einen Unterschied geben.<br />

<strong>Das</strong> BVerwG löst diesen Widerspruch in der Begründung nicht. Obwohl<br />

der Bundesgesetzgeber in § 3 Nr. 2 ROG ein Ziel der Raumordnung<br />

einheitlich definiert, worauf gerade das BVerwG hinweist,<br />

kann man nun ein Ziel erster und zweiter Klasse erfinden und ihm<br />

unterschiedliche Bedeutung beimessen, je nach dem, ob es sich um<br />

ein Vorrang- oder um ein Eignungsgebiet handelt.<br />

Schaut man sich den Wortlaut des Gesetzes an, so bietet § 7<br />

Abs. 4 S. 1 ROG dazu auch einen Ansatz. Denn dort wird wortreich<br />

beschrieben, was die verschiedenen Gebiete leisten sollen, ohne<br />

dass das überhaupt klar in die Kategorisierung Ziel = unabwägbar<br />

und Grundsatz = abwägbar eingeordnet wird. Vielmehr heißt es in<br />

Nr. 1, ... »soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen<br />

oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind«. Dies bedeutet,<br />

dass <strong>für</strong> ein Vorranggebiet schon weniger als die Unvereinbarkeit<br />

mit den Zielen der Raumordnung ausreicht, also auch<br />

vorrangige Funktionen und Nutzungen. Wenn man nun noch bedenkt,<br />

dass § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB in der heutigen Version im Juli<br />

1996 geschaffen worden ist, während § 7 Abs. 4 S. 1 ROG (maßgeschneidert)<br />

erst im August 1997 erfunden worden ist, dann<br />

wundert man sich, warum es bei der Auslegung solche Schwierigkeiten<br />

geben soll. Runkel, als maßgeblicher Gestalter des Systems,<br />

schreibt: »Eignungsgebiete sind Ziele der Raumordnung. Zulässig<br />

ist, den innergebietlichen Vorrang von Vorranggebieten mit dem<br />

außergebietlichen Ausschluss von Eignungsgebieten zu verbinden.<br />

Vorranggebiete begründen damit primär einen innergebietlichen<br />

Vorrang einer bestimmten Funktion oder Natur mit Zielqualität,<br />

Eignungsgebiete dagegen primär einen außergebietlichen<br />

Ausschluss raumbedeutsamer Maßnahmen/Vorhaben« 11 . Mit diesen<br />

Ausführungen wird deutlich, wie der Gesetzestext zu verstehen<br />

ist: Der Terminus »Ziel der Raumordnung« in § 35 Abs. 3 S. 3<br />

BauGB bezieht sich auf die Steuerung der privilegierten Anlagen<br />

im Außenbereich und zwar in den beiden Varianten einer Gebietszuweisungszielsteuerung<br />

(Vorranggebiet) und einer Zielsteuerung,<br />

wo keine privilegierten Anlagen entstehen sollen (Eignungsgebiet).<br />

Hinzu kommt die Kombination von beidem in § 7<br />

Abs. 4 S. 2 ROG. Der Begriff »Ziel« fordert also eine letztabgewogene<br />

Entscheidung, unabhängig davon, auf welches der beiden<br />

Territorien es sich bezieht (Innengebiets- oder Außengebietssteuerung).<br />

Damit wird nichts über das Schicksal und den Charakter<br />

des nichterfassten Bereichs ausgesagt. Denn <strong>für</strong> diese Art der Zielsteuerung<br />

benötigt der Gesetzgeber die Aussage nicht. Nur so<br />

macht die Steuerung auch Sinn, denn wenn man den Begriff »Ziel<br />

der Raumordnung« ausschließlich auf die innergebietliche Fläche<br />

76<br />

fokussiert, bedeutete das, dass durch ausschließliche Ausweisung<br />

eines Vorranggebietes eine Sperrwirkung nach § 35 Abs. 3 S. 3<br />

BauGB <strong>für</strong> Flächen außerhalb des Vorranggebietes erreicht würde<br />

– genau das ist jedoch nicht der Fall. Die Betonung des Zielcharakters<br />

legt den Verdacht nahe, dass das BVerwG meint, nur so<br />

könne von Verfassungs wegen dem Gewicht der privilegierten<br />

Nutzung entsprochen werden. <strong>Das</strong> ergibt sich aber nicht aus dem<br />

Gesetz. Auch im Wege einer verfassungskonformen Auslegung bedarf<br />

es solcher Wendung nicht. Denn dann würde doppelt genäht,<br />

da die Formel von der Ausweisung mit substantiellem Gewicht<br />

allemal verfassungsrechtliche Bedenken vollstens abfedert. Ziel<br />

und substantielles Gewicht ist nicht erforderlich, weil das Art. 28<br />

Abs. 2 S. 1 GG missachtet. Denn die Steuerung der Zulassung baulicher<br />

Anlagen kann auch erfolgen, wenn man nur definiert, wo<br />

sie nicht zugelassen werden dürfen. Und diese Auslegung passt<br />

sehr gut in den Gesamtkontext der Rechtsprechung des BVerwG.<br />

Denn natürlich dürfen die so <strong>für</strong> die gesteuerte Außenbereichsnutzung<br />

übrig gebliebenen Flächen nicht ungeeignet sein. <strong>Das</strong><br />

wäre der typische Fall von Verhinderungsplanung! Gleichzeitig<br />

heißt das aber nicht, dass die herausgearbeiteten Flächen mit<br />

Zielcharakter im Sinne einer Letztabwägung hervorgearbeitet werden<br />

müssen. Denn diese strengste Form der Determinierung ist<br />

nach § 7 Abs. 4 S. 2 ROG nur der Kombinationsmöglichkeit vorbehalten,<br />

die auch unter dem Gesetzesvorbehalt steht und mit<br />

Blick auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG selbst gerechtfertigt sein muss.<br />

Hingegen eröffnet das Eignungsgebiet im Inneren dergestalt der<br />

Bauleitplanung einen Spielraum, als kommunale Belange, die<br />

nicht auf regionalplanerischer Ebene in das Konzept miteingeflossen<br />

sind (weil sie eine der Bauleitplanung von Verfassungs<br />

wegen vorbehaltene Feinsteuerung darstellen), dort umgesetzt<br />

werden dürfen. Dabei kann es zu Abweichungen hinsichtlich der<br />

Größe und weiteren Bebaubarkeit des Eignungsgebiets kommen,<br />

denn ein Erfordernis nach sklavischer Umsetzung ist nicht erkennbar<br />

12 . Auch Versuche, die Zielbindung dadurch abzuschwächen,<br />

dass Gestaltungsmöglichkeiten aus der Transformation der unterschiedlichen<br />

Maßstäblichkeit hergeleitet werden, gehen an der<br />

Wirklichkeit der handhabbaren Umsetzung vorbei. Ein einmal abgewogener<br />

Belang ist endgültig abgewogen und kann nicht mehr<br />

von der Gemeinde in der Bauleitplanung modifiziert werden. <strong>Das</strong><br />

gilt nicht nur <strong>für</strong> die Fläche, sondern auch <strong>für</strong> Belange wie Eingriffe<br />

in Natur und Landschaft oder Landschaftsbildanalyse.<br />

Analysiert man den Wortlaut der Vorschrift, § 7 Abs. 4 S. 1 ROG,<br />

so muss man feststellen, dass er nicht die Präzision hat, die man<br />

aus Sicht des BauGB erwarten würde und sich auch nur interpretatorisch<br />

in das Schema von § 3 Nrn. 1 bis 4 ROG einfügt. Die<br />

große Frage, hier letztabgewogenes verbindliches Ziel mit totaler<br />

Determinierungswirkung, dort Grundsatz bzw. sonstige Erfordernisse<br />

lässt sich nicht zweifelsfrei beantworten. Wenn man noch<br />

bedenkt, dass § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ROG über ein Jahr später extra<br />

<strong>für</strong> die Steuerungswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB geschaffen<br />

worden ist, so kann man fast verärgert darüber sein, dass der<br />

Gesetzestext so viele Interpretationen zulässt. Es scheint so, dass<br />

die Konsequenzen aus der weitreichenden, der Regionalplanung<br />

gleichberechtigt zugebilligten Steuerungsmöglichkeit in § 35<br />

Abs. 3 S. 3 BauGB nicht hinreichend umgesetzt worden sind.<br />

Gleichzeitig wird deutlich, dass die eigentliche raumordnerische<br />

Steuerungsnorm <strong>für</strong> § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB das Eignungsgebiet<br />

nach Nr. 3 ist. Denn das Besondere, das Neue an dem Steuerungs-<br />

10 Dazu ausführlich Erbguth, Eignungsgebiete als Ziele der Raumordnung?<br />

DVBl. 1998, 209; das BVerwG lässt es offen, was der Unterschied zwischen<br />

einem Ziel ist!<br />

11 Steuerung von Vorhaben der Windenergienutzung im Außenbereich durch<br />

Raumordnungspläne, DVBl. 1997, 275, 276.<br />

12 Runkel a.a.O., S. 277.<br />

ZUR 2/2004


von Nicolai, Raumordnerische Steuerung von Windenergieanlagen<br />

system ist doch die Nichtzulassung gewesen, dass man also bei der<br />

Planung prüft, wo etwas nicht zugelassen werden soll. Bisher ist<br />

immer nur geprüft worden, wo etwas geplant wird, aber nicht das<br />

Gegenteil. Anstatt wie das BVerwG zu argumentieren, das mehr<br />

vom Zielcharakter des Vorranggebietes ausgehend aufbaut, könnte<br />

man sagen, dass ohne Eignungsgebietsausweisung keine Steuerung<br />

nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bewirkt wird 13 . Denn der bundesrechtlich<br />

(BauGB) entscheidende Aspekt ist doch die Ausschlusswirkung,<br />

die das gesetzgeberische Ziel der Schonung des<br />

Außenbereichs bewirken soll. Wenn dabei die Regionalplanung<br />

eine neue Kompetenz bekommt, so anerkennt der Gesetzgeber,<br />

dass aufgrund der sehr rauminanspruchnehmenden Vorhaben das<br />

System: »Jeder Gemeinde ihre Konzentrationszone« nicht überall<br />

funktioniert (vor allem nicht bei Kleinstgemeinden wie in Schleswig-Holstein<br />

und in den neuen Ländern).<br />

Unbeantwortet ist damit nur noch die Frage, was eigentlich im<br />

Inneren des Eignungsgebietes raumordnerisch festgelegt ist. <strong>Das</strong><br />

Gebiet soll <strong>für</strong> bestimmte (in § 35 Abs. 1 Nrn. 2-6 BauGB aufgeführte)<br />

Maßnahmen geeignet sein. Unter Maßnahmen sind als<br />

wichtigster Fall Vorhaben i.S.v. § 29 Abs. 1 BauGB gemeint 14 .<br />

Wenn man nun entgegen des Urteils des BVerwG davon ausgeht,<br />

dass § 7 Abs. 4 S. 2 ROG Sinn macht, dann muss geeignet weniger<br />

sein als Vorrang. Dann bleibt die Frage, ob es mehr oder weniger<br />

darstellt, als das Vorabwägen beim Vorbehaltsgebiet nach Nr. 2.<br />

Dabei sei klar gestellt, dass die Schlussfolgerung des BVerwG, eine<br />

bloße Vorbehaltsgebietsausweisung genüge nicht, zutreffend ist,<br />

weil die Zielsteuerung über das Eignungsgebiet fehlt. Über den inneren<br />

Charakter (die Abwägungstiefe) des Eignungsgebiets wird<br />

damit nichts ausgesagt. Wenn man im Inneren des Gebiets keine<br />

Funktion zur weiteren Determinierung der nachfolgenden Bauleitplanung<br />

sieht, dann kann die Frage sogar offen bleiben. Im<br />

Unterschied zum Vorranggebiet ist es eben nicht letztabgewogen,<br />

also lediglich auf einer geringeren Stufe der Prüfintensität abgeprüft<br />

und das Weitere wird dann das zu erfolgende Baugenehmigungsverfahren<br />

ergeben. Blickt man in die Gesetzesmaterialien,<br />

so fällt auf, dass man die Regionalplanung als Alternativplanung<br />

(die nicht weiter unterlegt werden muss) zur Bauleitplanung gesehen<br />

hat 15 . <strong>Das</strong> heißt, dass die Frage der Determinierungswirkung<br />

<strong>für</strong> ein nachfolgendes Bauleitplanverfahren nicht problematisiert<br />

worden ist. Dann bedeutet geeignet, dass Kriterien innerhalb des<br />

Gebietes geprüft worden sind, soweit sie in dem konzeptionellen<br />

Ansatz (s.o. schlüssiges Plankonzept) mitbehandelt worden sind.<br />

<strong>Das</strong> sind insbesondere nutzungstypische Faktoren, wie z.B. Windhöffigkeit,<br />

Flug- oder Radaranlagenhöhenbegrenzungen, Richtfunkstrecken.<br />

Keineswegs kann man von der Prüfungstiefe des<br />

Ausschlussgebietes ausgehen, weil es dort <strong>für</strong> die Abwägung schon<br />

genügen kann, auf ein einziges Ko-Kriterium zu stoßen (z.B. Naturschutzgebiet).<br />

Vom Planungsansatz ist es eben etwas anderes,<br />

ob man prüft, ob es einen entgegenstehenden Belang gibt oder ob<br />

eine Positivzuweisung erfolgt. Hier wird die Interdependenz der<br />

drei vom BVerwG herausgearbeiteten Kriterien deutlich: ein<br />

schlüssiges Plankonzept wird in der Prüfung sowohl des Ausschlusses<br />

als auch der Eignung zu brauchbaren und nachvollziehbaren<br />

Ergebnissen führen, ohne dass alle relevanten Belange an jeder<br />

Stelle abgeprüft werden müssen. Die Kontrollfrage ist dann, ob<br />

auch ausreichend Raum <strong>für</strong> die gesteuerte Nutzung verbleibt, mag<br />

man das nun in substantieller Weise Raum schaffen nennen oder<br />

anders. Vieles spricht also da<strong>für</strong>, dass mit der Eignung gemeint ist,<br />

dass einige nutzungstypische Ko-Kriterien innerhalb des Eignungsgebietes<br />

summarisch vorabgeprüft worden sein müssen,<br />

aber kein Komplettkatalog im Sinne einer Letztabwägung. Dies<br />

bleibt dem Vorranggebiet vorbehalten. Versteht man die Abwägung<br />

in diesem Sinne, so kann das Eignungsgebiet im Inneren ein<br />

Vorbehaltsgebiet insofern sein, als damit deutlich wird, dass nicht<br />

ZUR 2/2004<br />

wie beim Vorranggebiet alle Belange abgeprüft worden sind, dass<br />

jedoch über einen Grundkatalog hinaus im Eignungsgebiet nutzungstypisch<br />

problematische Belange vorabgewogen und damit<br />

einer andersartigen Abwägungsentscheidung der Bauleitplanung<br />

entzogen worden sind. In diesem wohlverstandenen Sinne stellt<br />

die Kombination von Eignungsgebiet und Vorbehaltsgebiet eine<br />

Abwägungssteigerung zugunsten der gesteuerten Nutzung dar. Sie<br />

ist allerdings nur dann relevant, wenn man in der Regionalplanung<br />

eine Stufe der Außenbereichsplanung vor der Bauleitplanung<br />

sieht, also ihr auch Determinierungsfunktion zubilligt. Da<br />

zumindest in den Altländern praktisch jede Gemeinde einen<br />

Flächennutzungsplan hat 16 , dürfte dieses Steuerungsmodell der<br />

Planungswirklichkeit nicht nur am nächsten kommen, sondern vor<br />

allem auch optimal den Sinn und Zweck des Gesetzes umsetzen.<br />

Worin liegen die Vorteile dieses Verständnisses eines Eignungsgebietes<br />

gegenüber der Auslegung des BVerwG? Zum einen harmoniert<br />

es mit dem Wortlaut des Gesetzes, indem auch § 7 Abs. 4<br />

S. 2 ROG erklärt werden kann. Zum anderen passt es zur aktuellen<br />

Rechtsentwicklung, immer mehr Länder gehen zu einer flächendeckenden<br />

regionalplanerischen Steuerung über 17 . Da eine einzige<br />

moderne Windenergieanlage bis zu 20 ha Gelände benötigt<br />

und Bauhöhen bis 220 m beantragt werden, ist es sachangemessen,<br />

die Steuerung dieses raumgreifenden Baugeschehens im<br />

Außenbereich konzeptionell und gemeindegebietsübergreifend<br />

auf regionalplanerischer Ebene zu gestalten, die Transformation in<br />

das örtliche Baugeschehen jedoch durch Bauleitplanung vorzunehmen.<br />

Dort wird der Gemeinde im Inneren sowohl beim Eignungsgebiet,<br />

als auch bei der Kombination mit einem Vorbehaltsgebiet<br />

die Möglichkeit des Einbringens kommunaler und recht<br />

detaillierter Gesichtspunkte eröffnet. Die Gemeinde bekommt <strong>für</strong><br />

Belange der örtlichen Gemeinschaft einen eigenen Abwägungsspielraum<br />

und ist in der Lage, ein Eignungsgebiet optimal zu integrieren,<br />

darf dabei aber das Gesamtkonzept der Regionalplanung<br />

nicht konterkarieren. Lediglich bei der Kombination nach § 7<br />

Abs.4 S. 2 ROG verbleibt der Gemeinde kein planerischer Spielraum<br />

mehr. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie so weitgehend<br />

einzuschränken, bedarf aber einer entsprechenden planerischen<br />

Begründung 18 . Dazu reicht es nicht aus vorzutragen, das<br />

»schlüssige Plankonzept« erfordere eine 1:1 Umsetzung in der<br />

Bauleitplanung, denn sonst werde es unschlüssig.<br />

III. »Der Windenergie in substantieller Weise Raum schaffen«<br />

Was das BVerwG mit dieser Formel konkret meint, bleibt offen. Es<br />

wird auf den Einzelfall ankommen und deshalb wirken solche<br />

höchstrichterlichen Formeln nur auf den ersten Blick griffig und<br />

zukünftige Rechtsstreitigkeiten vermeidend. Gerade bei dieser Formel<br />

dürfte die Wirkung genau in umgekehrte Richtung gehen: Jeder,<br />

der mit einer Planausweisung irgendwo in Deutschland unzufrieden<br />

ist (und das sind viele!), wird behaupten, dass durch die<br />

13 Die Länder haben aber große Vorbehalte gegen Eignungsgebiete, weil der Regelungsgehalt<br />

als überflüssig angesehen wird – man könne eine Ausschlusswirkung<br />

auch ohne gesetzliche Spezialermächtigung erzielen. Die meisten Landesplanungsgesetze<br />

enthalten deshalb diese Kategorie nicht. <strong>Das</strong> BVerwG bestätigt<br />

jetzt diese Zurückhaltung einer neuen Steuerungsidee gegenüber. Vielleicht ist<br />

aber der landesplanerische Zugriff auf einen bundesrechtlichen, von Art. 14 GG<br />

geschützten Zulassungstatbestand – § 35 Abs. 1 BauGB – nur erlaubt, wenn die<br />

da<strong>für</strong> geschaffene Norm angewendet wird, nämlich § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ROG.<br />

14 Runkel, in: Kommentar zum ROG, § 3 Rn. 268.<br />

15 BT-Drs. 13/4978.<br />

16 In den neuen Ländern liegt die Quote immer noch unter 30%.<br />

17 Alle Flächenländer außer NRW, viele sind aber noch in einem Umstellungsprozess,<br />

wie z.B. Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, vgl. Fn 8.<br />

18 Die Kombinationsmöglichkeit in § 7 Abs. 4 S. 2 ROG bestätigt die Vorbehalte gegen<br />

die weitgehende Steuerung durch die Regionalplanung, z.B. Halama, Durchsetzung<br />

und Abwehr von Zielen der Raumordnung und Landesplanung auf der<br />

Gemeindeebene, in: FS <strong>für</strong> Schlichter 1995, S. 201, 220; vgl. BVerfGE 76, 107.<br />

77


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

Planung der Windenergienutzung nicht in substantieller Weise<br />

Raum geschaffen worden ist. Man muss deshalb versuchen, die Formulierung<br />

von irgendwelchen Prozentzahlen bezogen auf die ausgewiesene<br />

Fläche freizumachen, was natürlich der erste Gedanke ist,<br />

wenn man sich bemüht, in der Praxis eine derartige Formulierung<br />

mit Leben zu erfüllen. Denn es darf nicht aus dem Auge verloren<br />

werden, dass die Privilegierung der Windenergienutzung nach Sinn<br />

und Zweck des Gesetzes zur Förderung der regenerativen Energieerzeugung<br />

erfolgt ist, also dazu, die Ergebnisse des Kyotoprotokolls<br />

tatsächlich umzusetzen 19 . Der Schutz des Außenbereiches vor Bebauung,<br />

das Zurücktreten avifaunistischer, landschaftspflegerischer<br />

und sonstiger Belange ist also in der Güterabwägung nur dadurch<br />

zu rechtfertigen, dass Energie regenerativ erzeugt wird. Also ist das<br />

entscheidende Augenmerk darauf zu richten, dass ein effektiver Beitrag<br />

<strong>für</strong> dieses Ziel durch die Flächenausweisung geleistet wird,<br />

nicht so sehr, wie groß die Fläche eigentlich ist.<br />

Als Nachsatz sei bemerkt, dass viele Faktoren bei dieser vermeidlich<br />

griffigen Formel ja überhaupt nicht berücksichtigt worden<br />

sind. So etwa Probleme der Netzauslastung oder auch die<br />

Frage, was in Räumen passieren soll, die überwiegend von Nationalparken,<br />

Seen, Wäldern, FFH- und Vogelschutzgebieten überzogen<br />

sind. Dies bedeutet, dass man mit der Formel nur vordergründig<br />

gut arbeiten kann und sie allenfalls dazu dient, damit<br />

vorhandene Planungskonzeptionen aufzubohren. So erweist sich<br />

die Formel als Rechtsanfechtungsargument, ohne dass der Planungspraxis<br />

brauchbare Kriterien, wie man es in Zukunft besser<br />

machen könnte, an die Hand gegeben werden.<br />

Die Formel vom substantiellen Gewicht soll dazu dienen, der<br />

Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung zu tragen.<br />

Es ist das Korrektiv zur Verhinderungsplanung, mit der das<br />

BVerwG in den wenigen Fällen, die bis zum höchsten Gericht vordringen,<br />

offenbar zu tun hatte. Deshalb erweckt die Entscheidung<br />

den Anschein, als ob das BVerwG sich aufgefordert fühlt, der Privilegierungsentscheidung<br />

des Gesetzgebers gegenüber der obstinaten<br />

– weil einschränkenden Handhabung – von planenden Gemeinden<br />

und Trägern der Regionalplanung die Geltung zu<br />

verschaffen, die der Gesetzgeber ihr beimisst. Nun darf man aber<br />

nicht vergessen, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom<br />

30.7.1996 das bauliche Geschehen im Außenbereich sehr viel stärker<br />

verändert hat, als dies gemeinhin mit dem Schlagwort von der<br />

»Privilegierung der Windenergie« erfasst werden kann. Denn <strong>für</strong><br />

(fast) das gesamte Baugeschehen im Außenbereich wird eine Planungskomponente<br />

eröffnet 20 . Während also früher überall privilegiert<br />

gebaut werden durfte, darf, bei entsprechender Planung,<br />

dieses zukünftig nur noch in den da<strong>für</strong> planerisch vorgesehenen<br />

Bereichen. Geht man von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

zum Eigentumsbegriff aus, der hier durch das einfache<br />

Gesetz definiert wird, so hat eine umfassende Veränderung<br />

stattgefunden. Hier be<strong>für</strong>chtet nun das BVerwG, dass diese weitreichende<br />

Steuerungsmöglichkeit von den Planungsträgern dazu<br />

ausgenutzt werden könnte, die (alte und neue) Privilegierung leer<br />

laufen zu lassen und damit letztendlich zu einer Verletzung von<br />

Art. 14 GG zu kommen. Doch ist die umfangreichere Gestaltungsmöglichkeit<br />

bei der Privilegierung (also weg von der nachvollziehenden<br />

Abwägung zur planerisch-konzeptionellen) verfassungsgemäß,<br />

weil der Gesetzgeber im Gegenzug zur Erweiterung<br />

des Privilegierungskatalogs derart reglementierend das Grundeigentum<br />

im Außenbereich steuern darf: der Außenbereich soll vor<br />

Bebauung grundsätzlich geschützt werden. Dieses gesetzgeberische<br />

Ziel ist auch 1996 beibehalten worden. Darin liegt also die<br />

Rechtfertigung der erweiterten Planungsmöglichkeit, das Rechtsgut<br />

Schutz des Außenbereichs muss bei der regionalen und städtebaulichen<br />

Planung berücksichtigt werden. Der Planungsträger<br />

muss entsprechend der gesetzlichen Wertung den Ausgleich schaf-<br />

78<br />

fen. Den könnte man mit der Formel des BVerwG auch so beschreiben,<br />

dass der Planungsträger verpflichtet ist, dem Schutz des<br />

Außenbereichs substantiell Raum zu verschaffen. Von der gesetzlichen<br />

Aufgabe her ist die Planung zwangsläufig eine Beschränkung<br />

der freien Entfaltung des Grundeigentums. Dabei ist das<br />

Maß schwerlich vom Eigentumsbegriff her zu lösen; letzterer darf<br />

allerdings nicht leer laufen, wenn keine Entfaltungsmöglichkeiten<br />

mehr gegeben sind. Die Entwicklung in Deutschland mit über<br />

14.700 Windenergieanlagen 21 gibt da eigentlich angesichts des damit<br />

einhergehenden Flächenbedarfs keinen Anlass zur Sorge um<br />

die Entfaltungsmöglichkeiten des Eigentums.<br />

C. Weitere Planungsfragen<br />

I. Allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung bei Aufstellung der Pläne<br />

Bisher galt es fast als Credo der Raumordnung, keine allgemeine<br />

Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen (so etwa ein Beschluss<br />

der Ministerkonferenz <strong>für</strong> Raumordnung aus dem Jahre 1983 22 ).<br />

Mit dem BauROG 1998 wurde in § 7 Abs. 7 ROG im Rahmenrecht<br />

überhaupt (zaghaft) die Möglichkeit geschaffen, eine Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

durchzuführen. Die Plan-UP-Richtlinie der EU<br />

zwingt nun den Gesetzgeber, die Öffentlichkeitsbeteiligung <strong>für</strong><br />

alle Raumordnungspläne einzuführen (§ 7 Abs. 6 ROG-E 2004).<br />

Dies bedeutet <strong>für</strong> die Zukunft, dass das <strong>Thema</strong> gesetzgeberisch abgearbeitet<br />

werden wird. Was geschieht jedoch mit den meisten der<br />

vorhandenen Regionalpläne, die ohne allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

zustande gekommen sind? Nach der Entscheidung<br />

des BVerwG vom 19.7.2001 war fraglich 23 , ob die dort zu<br />

§ 35 Abs. 3 S. 2 BauGB 1998 getroffene Feststellung (keine Durchsetzung<br />

der Ziele der Raumordnung ohne Öffentlichkeitsbeteiligung)<br />

auch auf § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB übertragen werden könnte.<br />

<strong>Das</strong> OVG Lüneburg hat denn auch aus dieser Entscheidung gefolgert,<br />

dass ein Regionalplan bereits wegen fehlender Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

ins Leere gehe 24 . <strong>Das</strong> BVerwG ist dem jedoch<br />

nicht gefolgt und lässt es in dem Urteil vom 13.3.2003 - 4 C 4-02 -<br />

ausreichend sein, wenn das Privatinteresse an der Nutzung der<br />

Windenergie auf geeigneten Flächen verallgemeinernd unterstellt<br />

und als typische Größe in die Abwägung eingestellt würde 25 . Die<br />

gegen diese Sichtweise geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken<br />

werden dadurch entkräftet, dass der Ausnahmevorbehalt in §<br />

35 Abs. 3 S. 3 BauGB ein entsprechendes Korrektiv darstelle (»steht<br />

in der Regel entgegen«). <strong>Das</strong> weicht natürlich eine konsequente<br />

und an einem schlüssigen Konzept orientierte Planung auf (s.o.)<br />

und rückt die Norm in die Nähe von § 31 Abs. 2 BauGB, obwohl<br />

hier der entscheidenden Behörde weder ein Ermessen zusteht,<br />

noch ein solcher »Befreiungsumfang« machbar ist. Man muss aber<br />

beachten, dass diese Formel des BVerwG nur <strong>für</strong> die Planungsfälle<br />

gilt, in denen es dem Planungsträger möglich ist, auf der abstrakten<br />

Raumordnungsebene pauschal die Belange der Privaten in die<br />

Planung miteinzubeziehen. <strong>Das</strong> wird ermöglicht, weil der Planungsträger<br />

die Argumente zur maximalen Bodenwertsteigerung<br />

19 Vgl. § 1 Abs. 2 EEG-E 2004: 12,5 % Energie bis 2010 erneuerbar.<br />

20 Lediglich Land- und Forstwirtwirtschaft und zukünftig auch Atomanlagen /<br />

Endlager (EAG-Bau!, s. Fn 9) fallen heraus.<br />

21 Stand 30.9.2003 gem. Statistik des Deutschen Windenergie-Instituts.<br />

22 Anmerkung: auch das BBauG 1960 kam noch ohne Öffentlichkeitsbeteiligung aus.<br />

23 NVwZ 2002, 476.<br />

24 Beschl. v. 20.12.2001, BauR 2002, 592.<br />

25 Anders / Jankowski (Fn 2), stellen den Streitgegenstand zwar sehr ausführlich dar,<br />

unterstellen der jetzt vom BVerwG vorgenommenen Auslegung jedoch, die betroffenen<br />

Eigentümerbelange würden ausgeklammert. <strong>Das</strong> stimmt nicht, denn<br />

der Belang der Eigentümer – die große Bodenwertsteigerung – wird in die Abwägung<br />

eingestellt.<br />

ZUR 2/2004


von Nicolai, Raumordnerische Steuerung von Windenergieanlagen<br />

gut in die Abwägung einstellen kann, ohne sie individuell ermitteln<br />

zu müssen. Die Argumentation ist deshalb sachangemessen<br />

und nachvollziehbar.<br />

II. Raumbedeutsamkeit<br />

Zunächst einmal setzt sich das BVerwG mit der Frage auseinander,<br />

ob § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bei der Regionalplanung überhaupt alle<br />

Windenergieanlagen erfasst oder nur solche, die »raumbedeutsam«<br />

sind, wobei die Raumbedeutsamkeit an der Bauhöhe festgemacht<br />

wird. Wenn man § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB mit Satz 3 vergleicht, so<br />

stellt man fest, dass in Satz 2 von raumbedeutsamen Vorhaben<br />

gesprochen wird, während in Satz 3 nur Vorhaben (ohne die Einschränkung<br />

auf Raumbedeutsamkeit) erwähnt werden. Hier kann<br />

man nun viele Ansätze nehmen, um diese gesetzestechnisch<br />

offenbar vorgenommene Differenzierung aufzulösen. So kann man<br />

sagen, dass in Satz 3 der Begriff Raumbedeutsamkeit fehlt, weil dort<br />

auch von der Steuerung über Bauleitplanung gesprochen wird, die<br />

selbstverständlich nicht an raumbedeutsame Vorhaben anknüpft,<br />

sondern alle Vorhaben erfasst. Ein anderer Lösungsansatz ist der,<br />

dass man die Frage aufwirft, inwieweit Raumbedeutsamkeit überhaupt<br />

mit den klassisch konservativen Mitteln beantwortet werden<br />

kann. Wie die Diskussion um die Ausweisung von Belastungsgebieten<br />

in Raumordnungsplänen (wieder verworfen) und Flächennutzungsplänen<br />

im Rahmen der Aufstellung des EAG-Bau<br />

zeigt (Europarechtsanpassungsgesetz, Regierungsentwurf vom<br />

15.10.2003; neue Nummer in § 5 Abs. 2 BauGB « die Flächen, in<br />

denen wegen Häufung von Vorhaben der in § 35 Abs. 1 Nr. 2 – 6<br />

bezeichneten Art die städtebauliche Entwicklung in der Gemeinde<br />

oder die Funktion des Außenbereichs erheblich beeinträchtigt ist<br />

und die von weiteren Vorhaben freigehalten werden sollen [Belastungsgebiet]«)<br />

26 , geht es bei der Steuerung von baulichen Anlagen<br />

im Außenbereich eigentlich weniger um die Größendimensionierung,<br />

als vielmehr um das Steuern (Kontingentieren, wie es das<br />

BVerwG ausdrückt) des Massenphänomens des Bauens im Außenbereich.<br />

Denn § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ist das Korrelat da<strong>für</strong>, dass der<br />

Katalog der privilegierten Bauvorhaben im Außenbereich erweitert<br />

worden ist. Man will über den Satz 3 erreichen, dass es trotz Erweiterung<br />

des Kataloges bei einem Schutz des Außenbereiches vor allzu<br />

starker Bebauung verbleibt. Ob das durch diese gesetzgeberische<br />

Konstruktion tatsächlich gelungen ist, sei an dieser Stelle einmal<br />

dahingestellt. Sagt man nun, dass es bei Satz 3 um die raumverträgliche<br />

Steuerung eines baulichen Massenphänomens im Außenbereich<br />

geht (insbesondere auch deshalb, weil die meisten der privilegierten<br />

baulichen Anlagen als Einzelvorhaben von vornherein<br />

nicht raumbedeutsam sind), dann könnte man auch auf den Gedanken<br />

kommen, dass der Gesetzgeber hier bewusst in Satz 2 den<br />

Begriff raumbedeutsam verwendet hat und ihn mit Absicht in Satz<br />

3 weggelassen hat, um alle als ein Massenphänomen erscheinenden<br />

Nutzungen auch raumordnerisch steuern zu können. Für solche<br />

Idee konnte das BVerwG sich allerdings nicht öffnen, obgleich<br />

bei präziser Analyse dies der eigentliche Grund ist, warum auch der<br />

Regionalplanung die Steuerung von Einzelvorhaben zugebilligt<br />

worden ist.<br />

Vielmehr weist das BVerwG darauf hin, dass aus dem gesetzessystematischen<br />

Zusammenhang mit dem vorangehenden Satz 2<br />

sich ergebe, dass es sich nur um raumbedeutsame Vorhaben handeln<br />

könne; wieso sich das daraus ergeben soll, wo doch der Wortlaut<br />

gerade unterschiedlich ist, bleibt offen. Als Zweites wird dann<br />

als Argument vorgetragen, dass sich die Raumbedeutsamkeit daraus<br />

ergebe, dass der Begriff ‚Ziele der Raumordnung‘ in Satz 3 verwendet<br />

wird, der nach der Definition in § 3 Nr. 2 ROG 1998 eine<br />

verbindliche Vorgabe »zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung<br />

des Raums« sei. Damit soll angedeutet werden, dass eine raumord-<br />

ZUR 2/2004<br />

nerische Steuerung des Baugeschehens im Außenbereich offenbar<br />

nicht dem Schutzzweck der Norm »Schonung des Außenbereichs<br />

in größtmöglicher Art vor Bebauung« – untergeordnet wird, sondern<br />

dass die Funktion der Steuerung vielmehr darin liegt, zur Entwicklung,<br />

Ordnung und Sicherung des Raums beizutragen. Damit<br />

verbindet das BVerwG offensichtlich die Vorstellung, dass eine<br />

Sicherung des Raums nur einen baugrößenorientierten Begriff beinhaltet.<br />

Hier verkennt das BVerwG möglicherweise die Tatsache,<br />

dass zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes auch<br />

gehört, Schutzzwecke wie beispielsweise Konzentration des Baugeschehens<br />

auf vorhandene Siedlungsflächen und Verhinderung<br />

der Zersiedlung bzw. der Überwölbung der Landschaft mit technischen<br />

Bauten beizutragen. So wird man diese Konsequenz des<br />

BVerwG als nicht zwingend bezeichnen müssen.<br />

<strong>Das</strong> BVerwG fährt fort, dass ein Vorhaben dann raumbedeutsam<br />

sei, wenn dadurch die räumliche Entwicklung oder Funktion eines<br />

Gebietes beeinflusst werde (§ 3 Nr. 6 ROG). <strong>Das</strong> BVerwG führt aus,<br />

dass man hier keine abstrakte Definition, die allgemein verbindlich<br />

ist, herausgeben könne, sondern dass sich diese Beurteilung<br />

nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles zu richten<br />

habe. Danach soll sich die Raumbedeutsamkeit insbesondere aus<br />

der Höhe und dem Rotordurchmesser der Anlage, aber auch aus<br />

ihrem Standort oder aus ihren Auswirkungen auf bestimmte Ziele<br />

der Raumordnung wie Schutz von Natur und Landschaft, Erholung<br />

und Fremdenverkehr ergeben.<br />

Daraus folgert das BVerwG, dass der Begriff »Raumbedeutsamkeit«<br />

ein solcher sei, der zum Tatbestand des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB<br />

dazugehöre und einer planerischen Abwägung mithin nicht zugänglich<br />

sei. Deshalb kann weder der Regionalplan noch ein Erlass<br />

oder Ähnliches die Raumbedeutsamkeit generell abstrakt festlegen,<br />

sondern es kommt immer auf den Einzelfall an, der jeweils von der<br />

Beurteilung des Gerichtes abhängt. Im Klartext bedeutet dies, dass<br />

eine unter Umständen umfangreich begründete und fachkundig<br />

erwogene Überlegung des Planungsträgers de facto durch die<br />

Meinung des Gerichtes ersetzt wird. Da es sich hierbei um eine tatrichterliche<br />

Frage handelt, also eine solche der Gerichte erster und<br />

zweiter Instanz, ist darauf hinzuweisen, dass das jeweils zuständige<br />

OVG des Landes hier die ‚Letztentscheidung‘ trifft. Will sich die<br />

Praxis auf die damit verbundene Unsicherheit 27 , wie im Einzelfall<br />

das OVG entscheiden mag, nicht einlassen, gilt, dass der Regionalplan<br />

mit entsprechenden Ausweisungen im Flächennutzungsplan<br />

umzusetzen und zu unterlegen ist – dann werden alle Windenergieanlagen<br />

erfasst, auch die vom Gericht als nicht raumbedeutsam<br />

eingestuften. Ein Hinweis, der wegen der vielen Angriffe von Windparkinvestoren<br />

auf Regionalpläne auch wegen der höheren Rechtsbeständigkeit<br />

von Flächennutzungsplänen infolge eingespielteren<br />

Rechtsinstrumentariums gilt 28 .<br />

In vielen Windenergieerlassen der Länder wird darüber hinaus<br />

darauf hingewiesen, dass bereits die Ansiedlung einer einzelnen<br />

Anlage deshalb raumbedeutsam sein könne, weil sie die Errichtung<br />

weiterer Anlagen nach sich ziehe und es so über eine negative<br />

Vorbildwirkung zu einer unkontrollierten Ansiedlung von Windenergieanlagen<br />

kommen könnte. Dieser Aussage, im Urteil vom<br />

17.12.2002 noch ausdrücklich offengelassen, hat das BVerwG nun<br />

eine Absage erteilt. Es geht davon aus, dass allein wegen der negativen<br />

Vorbildwirkung eine raumordnungsrechtliche Relevanz<br />

26 Vorrang- und Eignungsflächen werden jetzt in den Katalog des § 5 Abs. 2<br />

BauGB ausdrücklich aufgenommen, ohne dass klar wird, wie diese zur Determinierung<br />

der Bauleitplanung angelegten Raumordnungsbegriffe nun gemeint<br />

sind und was sie voneinander unterscheidet; Fn. 9.<br />

27 Anschaulich zur landschaftlichen Beurteilung einerseits des Elbtals bei Dresden<br />

OVG Dresden, Urt. v. 26.11.2002, Fn. 1 und andererseits des Rheintals im Südschwarzwald<br />

VGH Mannheim, Urt. v. 20.5.2003, ZfBR 2003, 696.<br />

28 So auch Jeromin, Praxisprobleme bei der Zuzahlung von Windenergieanlagen,<br />

BauR 2003, 820, 824.<br />

79


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

einer einzelnen Anlage nicht gegeben sei. Erst dann, wenn weitere<br />

konkrete Anträge zu be<strong>für</strong>chten seien, könne diese Auslegung herangezogen<br />

werden.<br />

Auch diese Argumentation des BVerwG verdeutlicht, dass der<br />

Begriff der Raumbedeutsamkeit nach Sinn und Zweck der gesetzlichen<br />

Regelung hätte durchdacht werden müssen. Denn wenn<br />

eine einzelne Anlage nicht raumbedeutsam ist (weil sie so klein<br />

ist), die Raumbedeutsamkeit aber durch weitere (ebenso kleine)<br />

Windenergieanlagen erzeugt wird, dann wird deutlich, dass es<br />

nicht um die Bauhöhe als entscheidendes Kriterium geht, sondern<br />

um die Mengensteuerung 29 . Also geht es doch letztlich um die Frage,<br />

in welchem Maße über Raumordnungspläne der Außenbereich<br />

generell und ohne Bauhöhenbegrenzung von Bebauung freigehalten<br />

werden soll. Hier hätte man mit guten Gründen zu dem Ergebnis<br />

kommen können, dass es <strong>für</strong> die Raumbedeutsamkeit nicht<br />

auf die Bauhöhe als Merkmal ankomme, und damit der Regionalplanung<br />

die Gleichrangigkeit mit der Bauleitplanung ermöglichen<br />

können (denn »kleine« Anlagen werden jetzt nur bauleitplanerisch<br />

gesteuert).<br />

Am Rande sei bemerkt, dass es nicht verwundert, dass die Rechtsprechung<br />

der Obergerichte in Deutschland hier ebenso uneinheitlich<br />

ist wie die Erlasspraxis. Einige Länder gehen in den Erlassen<br />

von der Regelvermutung von 35 m aus 30 . <strong>Das</strong> macht<br />

deshalb Sinn, weil es in etwa die maximale Höhe von Bäumen in<br />

Deutschland darstellt und somit die Obergrenze natürlicher Landschaftsbildzäsuren<br />

ist. Alle höheren Strukturen sind vom Menschen<br />

geschaffen worden. Diese Höhe findet sich mittlerweile auch in<br />

Christian Kahle<br />

80<br />

Ministerialrat Helmuth von Nicolai<br />

Referatsleiter im Ministerium <strong>für</strong> Arbeit, Bau und Landesentwicklung<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Schloßstraße 6-8, 19048 Schwerin, email:<br />

helmuth.von.nicolai@am.mv-regierung.de.<br />

Aktuelle Veröffentlichungen: Raumordnerische Steuerung von Windenergieanlagen,<br />

NVwZ 2002, 1078; Typische Beanstandungen von Bauleitplänen<br />

in der Genehmigungspraxis und die Bedeutung von § 216<br />

BauGB, NordÖR 2001, 55; v. Nicolai/Wagner/Wecker, Verträge des Baugesetzbuchs,<br />

Kronach 1999.<br />

Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen<br />

Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-<br />

Windparks<br />

Die ausschließliche Wirtschaftszone erlangt durch die Planung von Offshore-<br />

Windkraftanlagen derzeit erhöhte Aufmerksamkeit. Bislang kaum diskutiert<br />

wurden Fragen der nationalen Gesetzgebung und Gesetzgebungskompetenz in<br />

dem Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone, die vorwiegend durch das<br />

Völkerrecht bestimmt wird. Für die Errichtung und den Betrieb von Offshore-<br />

Windkraftanlagen stellt sich nicht nur die Frage der Kompetenzverteilung, sondern<br />

auch der Rechtsgrundlagen zum Schutz der marinen Umwelt in diesem Bereich.<br />

Hierbei spielt insbesondere die Geltung der nationalen Gesetze eine<br />

zentrale Rolle. Dieser Frage wird sich der Beitrag unter Berücksichtigung<br />

völkerrechtlicher Vorgaben und des nationalen Rechts annehmen.<br />

A. Einleitung<br />

Im Bereich des Energie- und <strong>Umweltrecht</strong>s spielen derzeit Offshore-<br />

Windparks eine große Rolle. So hat sich die Literatur bereits mit speziellen<br />

Fragestellungen beschäftigt. 1 Während Ende des Jahres 2000<br />

lediglich zehn Windparks in der Nordsee und fünf in der Ostsee mit<br />

insgesamt mehr als 2.000 Windrädern geplant waren 2 , befinden<br />

sich nunmehr 30 Projekte im Genehmigungsverfahren (24 Nordsee,<br />

6 Ostsee). 3 Am 9.11.2001 wurde ein erstes Pilotprojekt nordwestlich<br />

von Borkum mit 12 Windkraftanlagen durch das zuständige Bundesamt<br />

<strong>für</strong> Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) genehmigt. 4 Als<br />

einem Gesetz wieder, nämlich in der Anlage 1 Nr. 1.6 zum UVPG.<br />

Manches spricht also da<strong>für</strong>, dass hier eine im Prinzip richtige, weil<br />

sachgerecht begründbare Entscheidung getroffen wurde; man<br />

kann dann höchstens eine solche Entscheidung der Exekutive und<br />

der Legislative durch eine richterliche ersetzen. Es bleibt dahingestellt,<br />

ob es dadurch, dass kasuistisch entschieden wird, richtiger<br />

und verlässlicher wird. Der dogmatischen Begründung, dass dies<br />

ein Tatbestandsmerkmal sei, kann sich schließlich niemand entziehen.<br />

29 Wie im Übrigen bei allen anderen privilegierten Nutzungen auch, die selten<br />

als Einzelanlage eine so große Höhe erreichen, dass sie als raumbedeutsam einzustufen<br />

sind.<br />

30 Brandenburg, 16.2.2001, ABl. S. 246; Mecklenburg-Vorpommern, 2.11.1998,<br />

AmtsBl. S. 1345; Rheinland-Pfalz, 18.2.1999, MinBl. S. 148.<br />

zweites Projekt wurde am 18.12.2002 der Windpark »Butendiek«<br />

mit 80 Windkraftanlagen 34 Kilometer westlich von Sylt genehmigt.<br />

Um Offshore-Windparks handelt es sich, wenn Windkraftanlagen<br />

außerhalb des Küstenmeers in dem Bereich der ausschließlichen<br />

Wirtschaftszone (AWZ) entstehen. Bei der AWZ handelt es sich<br />

um einen nicht dem Hoheitsgebiet des Anliegerstaates zugehörigen<br />

Bereich. Daher stellt sich die Frage, in welchem Umfang nationales<br />

<strong>Umweltrecht</strong> im Bereich der AWZ Anwendung finden kann.<br />

Zunächst soll eine Einführung in die Problematik der Windkraftanlagen<br />

gegeben werden (B.). Nach einer Darstellung der Zonierung<br />

1 So z.B. Erbguth, Raumplanung im Meer – unter Berücksichtigung des Natur- und<br />

Umweltschutzrechts, NuR 1999, 491; ders., Rechtsfragen der Planung und<br />

Genehmigung von Offshore-Windenergieanlagen, in: Ehlers/ Erbguth (Hrsg.),<br />

Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2000, S. 47; Jenisch, Offshore-Windenergieanlagen<br />

im Seerecht, NuR 1997, 373; ders.Die Errichtung von Windparks auf<br />

Hoher See und in der ausschließlichen Wirtschaftszone, in: Ehlers/ Erbguth<br />

(Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2000, S. 21; Czybulka, Naturschutzrecht<br />

im Küstenmeer und in der Ausschließlichen Wirtschaftszone, NuR<br />

1999, 562; ders., <strong>Das</strong> Rechtsregime der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ)<br />

im Spannungsfeld von Nutzungs- und Schutzinteressen, NuR 2001, 367;<br />

ders., Meeresschutzgebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftzone (AWZ),<br />

ZUR 2003, 329; Hübner, Offshore- Windenergieanlagen, ZUR 2000, 137; Lagoni,<br />

Die Errichtung von Schutzgebieten in der ausschließlichen Wirtschaftszone<br />

aus völkerrechtlicher Sicht, NuR 2002, 121.<br />

2 BT- Drs. 14/ 6510.<br />

3 www.bsh.de , Pressemitteilung vom 18.12.2002.<br />

4 DIE WELT, 10.11.2001, S. 42.<br />

ZUR 2/2004


Kahle, Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks<br />

der Meere und der daraus resultierenden Rechte und Pflichten <strong>für</strong><br />

den Küstenstaat in der AWZ (C.) sollen die Gesetzgebungskompetenz<br />

(D.) sowie bereits geltende Gesetze im Hinblick auf ihren Anwendungsbereich<br />

auf Offshore-Windparks dargestellt werden sowie<br />

Ansätze zur Verbesserung des Umweltschutzes in diesem Bereich erläutert<br />

werden (E.).<br />

B. Problematik der Windkraftanlagen<br />

Windkraftanlagen sind Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie<br />

aus der Windkraft. Diese Anlagen sind bislang überwiegend aus<br />

dem landwärtigen Küstenbereich bekannt. Erforderlich <strong>für</strong> den Bau<br />

von Windkraftanlagen ist ein möglichst stetiger Wind, der es erlaubt,<br />

gleichbleibend Strom zu erzeugen. Der Standort auf dem Land hat<br />

den Vorteil, dass Windkraftanlagen verhältnismäßig einfach errichtet<br />

sowie schnell und mit vergleichsweise wenig Aufwand gewartet<br />

und gegebenenfalls repariert werden können. Zu den Nachteilen<br />

gehören aus technischer Sicht zum Teil stark schwankende Windgeschwindigkeiten.<br />

Aus umweltrechtlicher Sicht sind sogenannter<br />

Vogelschlag, Schattenreflektionen oder »Discoeffekt« sowie Geräuschbildung<br />

als bekannteste Aspekte 5 zu nennen. Die Abnahme<br />

geeigneter Standorte an Land führte somit zur Suche nach Alternativstandorten,<br />

die im Meer gefunden werden konnten. Für die Standorte<br />

auf See spricht auch, dass die genannten umweltrechtlichen<br />

Probleme hier minimiert oder außer Acht gelassen werden können.<br />

<strong>Das</strong> soll aber nicht heißen, dass durch Offshore-Windkraftanlagen<br />

nicht neue Konflikte entstehen. Zu nennen sind hier beispielsweise<br />

Nutzungskonflikte mit der Schifffahrt, der Fischerei oder der militärischen<br />

Nutzung.<br />

Für die Wahl von Standorten <strong>für</strong> Offshore-Windkraftanlagen sprechen<br />

nicht zuletzt auch pekuniäre Gründe. Nach § 7 Abs. 1 S. 4 Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />

6 wird der Strom aus Windkraft mit mindestens<br />

17,8 Pfennig pro Kilowatt gefördert, soweit der Strom in<br />

Anlagen erzeugt wird, die in einer Entfernung von mindestens drei<br />

Seemeilen, gemessen von den zur Begrenzung der Hoheitsgewässer<br />

dienenden Basislinien aus seewärts errichtet und bis einschließlich<br />

des 31.12.2006 in Betrieb genommen werden. Im Unterschied zu<br />

Neuanlagen auf dem Festland beträgt der Zeitraum, in dem die<br />

Grundvergütung gezahlt wird, unabhängig vom Ertrag der Anlage<br />

neun Jahre bzw. 108 Monate. 7 Daraus folgt nun der starke Ansturm<br />

auf potentielle Standorte in Nord- und Ostsee. Im Folgenden soll <strong>für</strong><br />

die Standortwahl von Offshore-Windkraftanlagen auf die Zonierung<br />

der Meere eingegangen werden.<br />

C. Zonierung der Meere<br />

I. Einteilung der Meere<br />

Eine Einteilung der Meere in verschiedene Zonen wurde insbesondere<br />

durch das Völkerrecht erzielt. Die Meere lassen sich nach<br />

der durch das SRÜ 8 getroffenen Einteilung in fünf verschiedene<br />

Zonen untergliedern: die inneren Gewässer, das Küstenmeer, die<br />

Anschlusszone, die Ausschließliche Wirtschaftszone und schließlich<br />

die Hohe See.<br />

Die inneren Gewässer umfassen die landwärts der Basislinie des<br />

Küstenmeers gelegenen Gewässer (Art. 8 SRÜ). <strong>Das</strong> Küstenmeer beschreibt<br />

die Zone, die sich seewärts an die inneren Gewässer anschließt<br />

und eine Breite von (höchstens) 12 Seemeilen 9 nicht überschreiten<br />

darf (Art. 2 Abs. 1 SRÜ). Die Anschlusszone ist eine an das<br />

Küstenmeer angrenzende Zone, die sich nicht weiter als 24 Seemeilen<br />

über die Basislinien hinaus erstrecken darf, von denen aus<br />

die Breite des Küstenmeeres gemessen wird (Art. 33 SRÜ). Die Bun-<br />

ZUR 2/2004<br />

desrepublik Deutschland hat von der Möglichkeit, eine Anschlusszone<br />

zu bestimmen, keinen Gebrauch gemacht.<br />

Nach Art. 55 SRÜ ist die AWZ ein jenseits des Küstenmeers gelegenes<br />

und an dieses angrenzendes Gebiet. 10 Gemäß Art. 57 SRÜ darf<br />

sich die AWZ nicht weiter als 200 Seemeilen von den Basislinien erstrecken,<br />

von denen aus die Breite des Küstenmeeres gemessen wird.<br />

Da das Küstenmeer eine Breite von 12 Seemeilen hat, ist die AWZ<br />

somit der Bereich des Meeres, der sich von 12 Seemeilen bis 200 Seemeilen<br />

von der Basislinie erstreckt. Die Ausweisung einer AWZ ist<br />

optional, und ihre Existenz hängt von der Geltendmachung eines<br />

Anspruchs durch den Küstenstaat ab. 11 Die Bundesrepublik hat als<br />

Anrainer der Nord- und Ostsee <strong>für</strong> diese eine AWZ im Anschluss an<br />

ihr Küstenmeer festgelegt. 12<br />

Die AWZ, die sich nicht auch auf den Luftraum erstreckt, gehört<br />

weder zum Gebiet des Küstenstaats noch zur Hohen See im engeren<br />

Sinne 13 und ist somit nicht Teil des Hoheitsgebietes des Küstenstaates<br />

14 ; allerdings gelten in ihr Sonderrechte des Küstenstaates. Auf diese<br />

Sonderrechte soll sogleich eingegangen werden.<br />

II. Rechte und Pflichten des Küstenstaates in der AWZ<br />

Art. 56 SRÜ räumt dem Küstenstaat in der AWZ verschiedene Rechte<br />

und Pflichten ein. Einerseits hat der Küstenstaat (souveräne)<br />

Rechte zum Zwecke der Erforschung und Ausbeutung, Erhaltung<br />

und Bewirtschaftung der lebenden und nichtlebenden natürlichen<br />

Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens<br />

und seines Untergrunds sowie hinsichtlich anderer Tätigkeiten zur<br />

wirtschaftlichen Erforschung und Ausbeutung der Zone wie der<br />

Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind. 15 Damit ist<br />

zunächst explizit die Energieerzeugung aus Wind genannt. Weiter<br />

bestehen nach Art. 56 Abs. 1 lit. b SRÜ Hoheitsbefugnisse zur Errichtung<br />

künstlicher Inseln, Anlagen und Bauwerke. Folglich bestehen<br />

Rechte des Küstenstaates, Anlagen zur Winderzeugung im Bereich<br />

der AWZ zu errichten und zu betreiben. Andererseits hat der<br />

Küstenstaat die Aufgabe des Schutzes und der Erhaltung der marinen<br />

Umwelt in der AWZ. 16 Wie die Souveränität (Gebietshoheit)<br />

selbst grundsätzlich umfassende und ausschließliche Kompetenzen<br />

begründet, sind die »souveränen Rechte« ebenfalls grundsätzlich<br />

exklusive Rechte, die der Küstenstaat unter Ausschluss anderer<br />

Staaten ausüben kann. Bei den »Hoheitsbefugnissen« handelt es<br />

sich offensichtlich um ein Minus gegenüber den souveränen Rechten,<br />

wobei sich aus dem SRÜ nicht im Einzelnen ergibt, wie der Begriff<br />

zu verstehen ist und welcher Inhalt ihm zukommt. 17 Es ist da-<br />

5 Aus der umfangreichen Rechtsprechung vgl. nur OVG Hamburg, NuR 2001, 52;<br />

OVG Greifswald NuR 1999, 654; OVG Münster, NuR 1999, 292. Zur Verunstaltung<br />

durch Windkraftanlagen BVerwG, Urt. v. 15.10.2001 – 4 B 69/ 01 –.<br />

6 Gesetz <strong>für</strong> den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) vom 29.3.2000, BGBl. I<br />

2000, S. 305.<br />

7 Brandt/ Reshöft/ Steiner, EEG- Handkommentar 2001, § 7 Rn. 29.<br />

8 Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982/ 1994; Gesetz zu<br />

dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.1994 (Vertragsgesetz<br />

Seerechtsübereinkommen), BGBl. 1994 II S. 1798 ff.<br />

9 Eine Seemeile (sm) entspricht 1, 852 km.<br />

10 Graf Vitzthum, in: ders., Raum, Umwelt und Wirtschaft im Völkerrecht, 2. Auflage<br />

2001, 5. Abschnitt, Rn. 51: »Da die Bundesrepublik sein Küstenmeer auf 12<br />

sm ausgedehnt hat, kommt dem AWZ- Regime erst jenseits der seewärtigen<br />

Küstenmeergrenze Bedeutung zu«; Weiß, Möglichkeiten der Regelung der<br />

Fischerei, des Bergbaus und der Schifffahrt in »Baltic Sea Protected Areas«<br />

(BSPAs) in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der der Bundesrepublik<br />

Deutschland vorgelagerten Ostsee, BfN- Skripten 5, 1999, S. 8.<br />

11 Zitiert nach Brownlie, Principles of Public international law, 5. Auflage 1998,<br />

S. 207.<br />

12 Bekanntmachung der Proklamation der Bundesrepublik Deutschland über die<br />

Errichtung einer ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik<br />

Deutschland in der Nordsee und in der Ostsee vom 29.11.1994, BGBl. 1994 II<br />

S. 3769.<br />

13 Graf Vitzthum (Fn. 10), 5. Abschnitt, Rn. 51.<br />

14 Czybulka, NuR 2001, 367; Weiß (Fn. 10), S. 9.<br />

15 Art. 56 Abs. 1 lit. a.<br />

16 Art. 56 Abs. 1 lit. b. iii.<br />

17 Gloria, in: Ipsen, Völkerrecht, 4. Auflage 1999, § 53 Rn. 20.<br />

81


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

von auszugehen, dass der Begriff der »Hoheitsbefugnisse« die Rechte<br />

und Befugnisse des Küstenstaates im Bereich der AWZ umfasst,<br />

wie sie in den diesbezüglichen Bestimmungen des SRÜ genauer umschrieben<br />

sind. 18<br />

Im Übrigen gelten in der AWZ wichtige Rechte Dritter Staaten:<br />

Freiheit der Schifffahrt, des Überflugs und der Verlegung unterseeischer<br />

Kabel und Rohrleitungen sowie »andere völkerrechtlich zulässige,<br />

mit diesen Freiheiten zusammenhängende Nutzungen des Meeres«<br />

(Art. 58 Abs. 1 SRÜ). <strong>Das</strong> heißt, kein Staat kann das Gebiet seiner<br />

umfassenden Souveränität unterwerfen. 19 Damit handelt es sich bei<br />

der AWZ um einen nicht dem Hoheitsgebiet zugehörigen Bereich.<br />

Inwiefern Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im Bereich der<br />

deutschen AWZ bestehen und welche Gesetze innerhalb der AWZ<br />

Anwendung finden, soll im Folgenden untersucht werden.<br />

D. Gesetzgebungskompetenz im Bereich der deutschen AWZ<br />

Zunächst ist fraglich, ob überhaupt die Kompetenz zum Erlass von<br />

Rechtsvorschriften <strong>für</strong> den Bereich der AWZ besteht. Der bis zum Beitritt<br />

der DDR ausdrücklich in Art. 23 S. 1 GG a.F. durch Aufzählung<br />

der an der Verfassung aktuell beteiligten Länder vorläufig geregelte<br />

räumliche Geltungsbereich des GG (...) ergibt sich nach der Wiedervereinigung<br />

heute endgültig aus der Präambel. 20 Er umfasst das Gebiet<br />

aller in Satz 2 der Präambel des GG aufgeführten Länder und erstreckt<br />

sich im Rahmen des geltenden Völkerrechts auch auf die<br />

deutschen Hoheitsgewässer, den Luftraum über Deutschland sowie<br />

das Erdinnere. 21 Die Souveränität des Küstenstaates umschließt seewärts<br />

somit lediglich das Küstenmeer, den Luftraum darüber und<br />

dessen Meeresgrund und Meeresuntergrund. 22 Die AWZ als Raum<br />

jenseits des Küstenmeeres ist kein Hoheitsgebiet des Küstenstaates,<br />

auch wenn dieser in der AWZ kraft SRÜ Hoheitsbefugnisse und souveräne<br />

Rechte besitzt. Nach der Herrschafts- und Kompetenztheorie<br />

ist das Staatsgebiet der räumliche Geltungsbereich, so dass die Gebietshoheit<br />

kein selbständiger Ausschnitt der Staatsgewalt ist, sondern<br />

die Staatsgewalt unter dem Gesichtspunkt ihrer räumlichen<br />

Ausdehnung. 23 Wenn die Gebietshoheit die Staatsgewalt unter dem<br />

Gesichtspunkt ihrer räumlichen Ausdehnung ist, kann der Küstenstaat<br />

auch nur in dem räumlichen Bereich der Staatsgewalt seine<br />

Rechte ausüben. Ohne völkerrechtliche Erweiterung der Rechte eines<br />

Küstenstaates ist ein Küstenstaat somit nicht befugt, Rechte außerhalb<br />

seines Hoheitsgebietes auszuüben. Im Ergebnis besteht eine Gesetzgebungskompetenz<br />

der Bundesrepublik <strong>für</strong> den Bereich der AWZ<br />

nicht. Somit gelten auch die innerstaatlichen Gesetze in der AWZ<br />

zunächst nicht. Diese Schlussfolgerung ist auch Ausprägung des Territorialitätsprinzips.<br />

I. Verhältnis von Völkerrecht und innerstaatlichem Recht<br />

Dadurch, dass dem Küstenstaat einerseits partiell Hoheitsbefugnisse<br />

eingeräumt werden, die AWZ aber im Übrigen nicht zum Hoheitsgebiet<br />

gehört, ist fraglich, inwiefern innerstaatliches Recht über diese<br />

Hoheitsbefugnisse Geltung in der AWZ erlangen kann. Es geht<br />

hierbei somit um das Verhältnis von Völkerrecht zum innerstaatlichen<br />

Recht. Ein Gebot des Völkerrechts, wonach dieses in den innerstaatlichen<br />

Rechtsordnungen unmittelbar anwendbar sein soll,<br />

besteht nicht, es sei denn, ein spezieller Vertrag gebietet das. 24 Fraglich<br />

ist, wie das Verhältnis ist, wenn sowohl das Völkerrecht als auch<br />

das nationale Recht Regelungen zu der gleichen Materie enthalten.<br />

Grundsätzlich wird das Verhältnis von der dualistischen oder der<br />

monistischen Theorie beschrieben, wobei »Monismus und Dualismus<br />

zu grobe Raster sind, als dass man damit noch einen großen Erklärungswert<br />

<strong>für</strong> die Verflochtenheit der Rechtsordnungen verbinden<br />

könnte« 25 . Daher muss auf die konkrete Rechtsquelle Bezug<br />

82<br />

genommen werden. Nach Art. 25 S. 1 GG sind die allgemeinen Regeln<br />

des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts. Da es sich bei<br />

dem SRÜ nicht um allgemeine Regeln des Völkerrechts handelt, sondern<br />

um Völkervertragsrecht, ist Art. 25 GG nicht anwendbar. Insoweit<br />

ist Art. 59 Abs. 2 GG lex specialis. 26 Somit muss an dieser Stelle<br />

auch nur auf das Verhältnis von Völkervertragsrecht zu innerstaatlichem<br />

Recht eingegangen werden.<br />

1. Verhältnis SRÜ und nationales Recht<br />

Nach der immer noch herrschenden dualistischen Theorie bilden innerstaatliches<br />

Recht und Völkerrecht zwei eigenständige Rechtskreise,<br />

die weitgehend unabhängig voneinander bestehen und prinzipiell<br />

gleichrangig sind. 27 <strong>Das</strong> sonstige Völkerrecht muss durch einen<br />

eigenständigen Vollzugsbefehl bzw. Transformationsakt übernommen<br />

werden. 28<br />

<strong>Das</strong> SRÜ ist ein Vertrag, der sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung<br />

bezieht, da der Bund durch das SRÜ Verpflichtungen<br />

übernimmt, deren Erfüllung allein durch den Erlass eines Bundesgesetzes<br />

möglich ist. Ein solcher Vertrag bedarf nach Art. 59 Abs. 2 S. 1<br />

GG der Zustimmung der Legislative durch ein »Vertragsgesetz«. 29 <strong>Das</strong><br />

Vertragsgesetz zum SRÜ ist das Gesetz zu dem Seerechtsübereinkommen<br />

der Vereinten Nationen vom 10.12.1982 30 , welches der<br />

Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen hat. Durch<br />

den Beitritt der Bundesrepublik zum SRÜ könnte sich somit eine<br />

Ausweitung der Hoheitsgewalt auf die AWZ ergeben haben. <strong>Das</strong> SRÜ<br />

unterstellt die AWZ nicht der territorialen Souveränität des Küstenstaats,<br />

sondern eröffnet ihm lediglich partiell »Hoheitsbefugnisse«<br />

bzw. »souveräne Rechte«. Fraglich ist somit, ob und in welchem Umfang<br />

nationales Recht in der AWZ gilt. Die hierzu bislang vorgetragenen<br />

Argumente sind sehr konträr.<br />

So ist Czybulka der Auffassung, Art. 20a GG lege »nahe«, dass auch<br />

die Umwelt außerhalb der territorialen Grenzen des Staatsgebietes<br />

einzubeziehen sei, wenn man nicht ohnehin der Auffassung ist, dass<br />

die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG ihren Zweck nur dann erfüllen<br />

kann, wenn der Natur- und Umweltschutz nicht an den nationalen<br />

Grenzen halt mache. 31 Nach Czybulka gilt nationales Recht<br />

demzufolge ipso iure, 32 das heißt, nationales Recht gilt Kraft Gesetzes<br />

bzw. unmittelbar.<br />

Lagoni hingegen vertritt die Auffassung, dass es zumindest <strong>für</strong> die<br />

Bestimmung und Einrichtung geschützter Meeresflächen zum<br />

Zwecke des Naturschutzes in der AWZ einer gesetzlichen Grundlage<br />

in dem diesbezüglichen Gesetz bedürfe. 33 Ohne dies ausdrücklich<br />

zu formulieren, setzt Lagoni damit eine Erstreckungsklausel<br />

18 Gloria (Fn. 17).<br />

19 Art. 89 SRÜ i.V.m. Art. 58 Abs. 2 SRÜ; so auch Weiß (Fn. 10), S. 9.<br />

20 Sachs, in: Sachs, Grundgesetz, 2. Auflage 1999, Einführung Rn. 28.<br />

21 Jarass/ Pieroth, Grundgesetz, 5. Auflage 2000, Präambel Rn. 8 u. 10; Huber, in:<br />

Sachs (Fn. 20), Präambel Rn. 32.<br />

22 Vitzthum, in: Isensee/ Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band I, 1987, S. 724<br />

mit Bezug auf Art. 2 Abs. 2 SRÜ.<br />

23 Stern, <strong>Das</strong> Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I, 1984, S. 235.<br />

24 Doehring, Völkerrecht, 1999, § 1 Rn. 29. <strong>Das</strong> SRÜ ist kein solcher Vertrag, da die<br />

Ausübung von souveränen Rechten und Hoheitsbefugnissen nicht fakultativ<br />

ist, sondern von der Inanspruchnahme der AWZ durch den jeweiligen Küstenstaat<br />

abhängt und auch die Ausgestaltung der Rechte nicht präzisiert ist.<br />

25 Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, 2. Auflage, 1994, S. 16 f.<br />

26 Jarass/ Pieroth, Art. 25, Rn. 6; Stern (Fn. 23), S. 498; Kunig, in: Graf Vitzthum<br />

(Fn. 10), 2. Abschnitt Rn. 57; Geiger (Fn.25), S. 131.<br />

27 Stein, Staatsrecht, 15. Auflage, 1995, S. 22.<br />

28 Jarass/ Pieroth, Art. 25, Rn. 2.<br />

29 Pernice- Dreier, Grundgesetz 1998, Art. 59 Rn. 47.<br />

30 Gesetz vom 2.9.1994 zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen<br />

vom 10.12.1982, BGBl. 1994 II S. 1798.<br />

31 Czybulka, NuR 2001, 367, 369 mit Bezug zum UGB.<br />

32 Czybulka, NuR 2001, 367, 370; ders., ZUR 2003, 329, 331 f.; vgl. auch Nachweise<br />

bei Herma, 8. Rostocker Seerechtsgespräche zum Rechtsregime der Ausschließlichen<br />

Wirtschaftszone, NuR 2001, 379, 380.<br />

33 Lagoni, NuR 2002, 121, 125.<br />

ZUR 2/2004


Kahle, Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks<br />

voraus. Darunter ist eine Vorschrift zu verstehen, die das jeweilige<br />

Gesetz ausdrücklich (oder ihrem Sinn und Zweck nach) <strong>für</strong> in der<br />

AWZ anwendbar erklärt. 34 Auch das Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt,<br />

Natur und Reaktorsicherheit scheint die Ansicht von Lagoni<br />

zu vertreten. Da den Küstenstaaten in der AWZ keine souveräne<br />

Gebietshoheit zustehe, sondern nur eine durch völkerrechtlichen<br />

Akt besonders zugewiesene »Funktionshoheit«, könne nicht selbstverständlich<br />

von der Geltung innerstaatlichen Rechts in der AWZ<br />

ausgegangen werden. 35<br />

Klinski schließlich ist der Ansicht, dass andere innerstaatliche<br />

Rechtsvorschriften neben dem Instrumentarium des Seeaufgabengesetzes<br />

und des Bundesberggesetzes <strong>für</strong> die Zulassung von Windkraftanlagen<br />

in der AWZ nur soweit anwendbar seien, wie das innerstaatliche<br />

Recht der Umsetzung einer gemeinschaftsrechtlichen<br />

Richtlinie dient, die ihrerseits auf eine Gültigkeit innerhalb der AWZ<br />

hin angelegt ist. 36 Begründet wird dies mit der richtlinienkonformen<br />

Auslegung deutschen Rechts sowie dem Vorrang und dem mittelbaren<br />

Einfluss des europäischen Gemeinschaftsrechts. Besteht folglich<br />

eine gemeinschaftsrechtliche Richtlinie, die im Bereich der AWZ anwendbar<br />

ist, so müssen nach Klinski auch jene innerstaatlichen Regelungen<br />

in der AWZ anwendbar sein, welche der Umsetzung der<br />

konkreten Richtlinie dienen.<br />

Einer Geltung nationalen Rechts ipso iure ist nicht vorbehaltlos<br />

zuzustimmen. Einer solchen Auffassung stehen die Regelungen des<br />

SRÜ entgegen, die dem Küstenstaat nur partiell Hoheitsbefugnisse<br />

und souveräne Rechte <strong>für</strong> konkrete Zwecke zubilligen. Diese Befugnisse<br />

sind final begründet und begrenzt; sie sind also nicht umfassend.<br />

37 Daraus lässt sich schließen, dass der Küstenstaat auch nur <strong>für</strong><br />

diesen Bereich Regelungen erlassen kann. Verfassungsrechtliche Gebote<br />

können die völkerrechtlichen Hoheitsbefugnisse des Küstenstaates<br />

in seiner AWZ nicht ändern oder gar erweitern. 38 Gegen eine<br />

generelle Geltung nationalen Rechts spricht auch, dass dies der Erweiterung<br />

des Hoheitsbereichs des Küstenstaates gleich käme.<br />

Klinski ist zuzustimmen, dass aus dem Umstand, dass es der Gesetzgeber<br />

innerhalb eines Gesetzes <strong>für</strong> angebracht gehalten hat, eine<br />

Erstreckensklausel zu statuieren, als solchem nicht gefolgert werden<br />

kann, dass dies im gesamten Recht allgemeingültig sein soll. 39 Gegen<br />

die Ansicht von Klinski spricht allerdings, dass das EG- Recht<br />

nicht der Umsetzung des Völkerrechts dient. Eine gemeinschaftsrechtskonforme<br />

Umsetzung ist auch in dem Falle problematisch, in<br />

dem die EG dem völkerrechtlichen Abkommen gar nicht beigetreten<br />

ist. Schließlich wäre das Völkerrecht größtenteils hinfällig,<br />

wenn es keine entsprechende Regelung im (primären oder sekundären)<br />

EG-Recht gäbe. Auch müsste überprüft werden, ob das einschlägige<br />

EG-Recht nicht den Regelungen des SRÜ zuwider läuft.<br />

Anderenfalls würde der Küstenstaat gegen Völkerrecht verstoßen.<br />

Schließlich können gemeinschaftsrechtliche Gebote die völkerrechtlichen<br />

Hoheitsbefugnisse des Küstenstaates in seiner AWZ<br />

nicht ändern oder erweitern. 40<br />

Gleichwohl soll der Vorrang des Gemeinschaftsrechts nicht in Abrede<br />

gestellt werden. Einschlägige Richtlinien könnten hier insbesondere<br />

die Vogelschutzrichtlinie, die FFH- Richtlinie und die UVP-<br />

Richtlinie 41 sein. Der »Krücke« der richtlinienkonformen Auslegung<br />

bedarf es <strong>für</strong> die Geltung völkerrechtlicher Regelungen im nationalen<br />

Recht jedoch nicht.<br />

Allein das Völkerrecht bildet den Maßstab <strong>für</strong> die Geltung des<br />

nationalen Rechts außerhalb des Hoheitsgebietes des Küstenstaates.<br />

<strong>Das</strong> nationale Recht gilt innerhalb der AWZ nur nach Maßgabe des<br />

SRÜ. Im Staatsgebiet besteht eine umfassende Regelungskompetenz<br />

aufgrund der territorialen Souveränität. In der AWZ ist die Regelungskompetenz<br />

auf den Umfang des begrenzten und genau definierten<br />

souveränen Rechts beschränkt. 42 Durch Art. 56 Abs. 1 lit. a<br />

und b SRÜ werden partiell die Rechte des Küstenstaates erweitert.<br />

Nur insoweit dem Küstenstaat durch das SRÜ Rechte zugewiesen<br />

ZUR 2/2004<br />

werden, kann der Küstenstaat Regelungen erlassen. Dies folgt nicht<br />

zuletzt aus der funktionalen Begrenzung der Rechte. 43<br />

Um eine sichere Rechtslage <strong>für</strong> die AWZ zu erlangen, bedarf es der<br />

ausdrücklichen Erstreckung der einschlägigen nationalen Gesetze<br />

auf die AWZ. Dadurch wird eine völkerrechtliche Auslegung nationaler<br />

Vorschriften vermieden. Einer solchen bedarf es jedoch, soweit<br />

eine Erstreckung nicht stattgefunden hat. Hier<strong>für</strong> spricht auch die<br />

Praxis der Bundesregierung, den Anwendungsbereich einzelner Gesetze<br />

ausdrücklich auf die AWZ auszudehnen. 44 Auch wurden diverse<br />

Gesetze zur Umsetzung internationaler Übereinkommen im Bereich<br />

des Seerechts um den Geltungsbereich der AWZ ergänzt. So<br />

wurde z.B. das MARPOL- Gesetz 45 durch das Ausführungsgesetz zum<br />

SRÜ 46 in Art. 1a um den Passus erweitert, dass Hoheitsbereich im<br />

Sinne von Art. 4 Abs. 2 des Übereinkommens hinsichtlich der in<br />

Art. 56 Abs. 1 Buchstabe b des SRÜ bezeichneten Befugnisse auch die<br />

deutsche AWZ ist.<br />

Die angesprochene völkerrechtliche Auslegung nationaler Vorschriften<br />

hat danach zu erfolgen, ob die konkrete Regelung der<br />

Wahrnehmung von souveränen Rechten oder Hoheitsbefugnissen<br />

im Sinne des SRÜ dient. Ist dies der Fall, kann die Vorschrift auf den<br />

Bereich der AWZ angewendet werden. Anderenfalls ist die Ausdehnung<br />

versagt.<br />

Da nach Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ auch Hoheitsbefugnisse in Bezug<br />

auf den Schutz und die Bewahrung der Meeresumwelt bestehen,<br />

kann der Küstenstaat somit <strong>für</strong> den Bereich der AWZ Regelungen<br />

zum marinen Umweltschutz erlassen. Ergänzt wird die Kompetenzvorschrift<br />

des Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ durch Abschnitt 5 des SRÜ.<br />

Dieser enthält Vorschriften über internationale Regeln und innerstaatliche<br />

Rechtsvorschriften zur Verhütung, Verringerung und<br />

Überwachung der Verschmutzung der Meeresumwelt.<br />

Aufgrund des Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ kann der Küstenstaat in<br />

dem Bereich der AWZ die Geltung seiner Gesetze ausweiten. Für die<br />

begrenzte Geltung spricht schließlich die bestehende Kompetenzordnung<br />

nach dem GG. So hat der Bund bereits die konkurrierende<br />

Gesetzgebungsbefugnis z.B. in Bezug auf die Hochseefischerei in<br />

Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 GG oder die Hochseeschifffahrt in Art. 74 Abs. 1<br />

Nr. 21 GG. Es handelt sich hierbei um Regelungsmaterien, die dem<br />

Völkerrechtssubjekt Bundesrepublik aufgrund und nach Maßgabe<br />

des (See-) Völkerrechts (...) außerhalb des Staatsgebietes zustehen. 47<br />

34 Nachweise bei Klinski, Rechtliche Probleme der Zulassung von Windkraftanlagen<br />

in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), UBA- Texte 62/ 01, 2001,<br />

S. 18 Fn. 32.<br />

35 BMU, G II 1 (L), Vermerk vom 18.8.2000, S. 17 (zitiert nach Klinski (Fn. 34),<br />

S. 19).<br />

36 Klinski (Fn. 34), S. 17 ff.<br />

37 Graf Vitzthum (Fn. 10), 5. Abschnitt, Rn. 49.<br />

38 So auch Lagoni, NuR 2002, 121, 125.<br />

39 Klinski (Fn. 34), S. 19 f.<br />

40 Lagoni, NuR 2003, 121, 125.<br />

41 Vogelschutzrichtlinie (79/ 409/ EWG, ABl. L 206, 42), FFH- Richtlinie (92/43/<br />

EWG, ABl. L 206, 7), UVP- Richtlinie (85/337/ EWG, ABl. L 175, 40) mit UVP-<br />

Änderungsrichtlinie (97/11/ EG, ABl. L 73, 5).<br />

42 So auch Weiß (Fn. 10), S. 27. Zur Anwendbarkeit der genannten Richtlinien in<br />

der AWZ vgl. Fouquet, Naturschutz und Offshore- Windenergieanlagen in der<br />

AWZ, Rechtsgutachten 2001, S. 8 ff.<br />

43 Vgl. auch Gündling, Die 200 Seemeilen- Wirtschaftszone, 1983, S. 119; Dahm/<br />

Dehlbrück/ Wolfrum, Völkerrecht, Band I/ 1, 1989, S. 542.<br />

44 Als Beispiel <strong>für</strong> diese Praxis kann das EEG angeführt werden, das in § 2 Abs. 1<br />

eine ausdrückliche Regelung <strong>für</strong> die deutsche AWZ enthält.<br />

45 Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der<br />

Meeresverschmutzung durch Schiffe und zu dem Protokoll von 1978 zu diesem<br />

Übereinkommen vom 23.12.1981, BGBl. 1982 II S. 2, zuletzt geändert durch Artikel<br />

4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet<br />

der Seeschifffahrt vom 17.7.1997 (BGBl. I S. 1832).<br />

46 Gesetz zur Ausführung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen<br />

vom 10.12.1982 sowie des Übereinkommens vom 28.7.1994 zur Durchführung<br />

des Teils XI des Seerechtsübereinkommens (Ausführungsgesetz Seerechtsübereinkommen<br />

1982/ 1994) vom 6.6.1995, BGBl. 1995 I S. 778.<br />

47 Weiß (Fn. 10), S. 27.<br />

83


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

2. Zwischenergebnis<br />

Grundsätzlich gilt innerstaatliches Recht somit nicht in der AWZ,<br />

sondern nur soweit dem Küstenstaat durch das SRÜ – welchem er zugestimmt<br />

haben muss – souveräne Rechte oder Hoheitsbefugnisse in<br />

diesem Bereich zuerkannt worden sind. Da dem Küstenstaat durch<br />

Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ Hoheitsbefugnisse in Bezug auf den marinen<br />

Umweltschutz zugestanden werden, können nationale Umweltschutzgesetze<br />

im Bereich der AWZ anwendbar sein. Nach Art. 56<br />

SRÜ müssen sich umweltrechtliche Regelungen aber auf den Schutz<br />

der marinen Umwelt beziehen. Nur soweit der Anwendungsbereich<br />

dieser Gesetze es zulässt, gelten sie ipso iure. Des Weiteren besteht<br />

eine umfangreiche Gruppe von Gesetzen, die Kraft Natur der Sache<br />

nicht in der AWZ gelten wie beispielsweise das Straßenverkehrsrecht<br />

oder das Bundeswaldgesetz. Nach Art. 60 Abs. 2 SRÜ unterliegen die<br />

Anlagen in der AWZ der ausschließlichen Rechtsordnung des<br />

Küstenstaates. <strong>Das</strong> heißt, es gilt nur die Rechtsordnung des Küstenstaates<br />

und nicht auch die des Flaggen- bzw. Heimatstaates des Bauherren/<br />

Eigentümers der Anlage. 48<br />

Somit besteht keine umfassende, sondern nur eine partiell durch<br />

Völkerrecht übertragene Geltung nationalen Rechts.<br />

II. Mögliche Kompetenztitel im GG<br />

Soweit der Küstenstaat nach Maßgabe des SRÜ Hoheitsbefugnisse in<br />

Bezug auf bestimmte Maßnahmen hat, richtet sich die Gesetzgebungskompetenz<br />

nach den Art. 70 ff. GG.<br />

Der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz unterfällt das<br />

Recht der AWZ nicht. Insbesondere handelt es sich nicht um einen<br />

Bereich der auswärtigen Angelegenheiten gemäß Art. 73 Nr. 1 GG.<br />

Eine ausdrückliche Kompetenz »Recht der AWZ« enthält der Kompetenzkatalog<br />

des Grundgesetzes bis heute nicht, weshalb es einer<br />

Verfassungsänderung bedürfte, wollte man das Recht der AWZ als<br />

eine eigenständige Sachmaterie regeln. 49<br />

Da derzeit keine Bestrebungen erkennbar sind, eine solche Verfassungsänderung<br />

herbeizuführen, verbleibt also lediglich der Kompetenzkatalog<br />

der Art. 74 und 75 GG bezüglich der konkurrierenden<br />

Gesetzgebungskompetenz. Art. 74 Nr. 24 GG zählt <strong>für</strong> den Umweltschutz<br />

partiell Regelungsbereiche auf, ohne eine umfassende Zuständigkeit<br />

des Bundes im Bereich des Umweltschutzes zu eröffnen.<br />

Gleiches gilt <strong>für</strong> Art. 75 Abs. 1 Nr. 3 und 4 GG, die den Bund lediglich<br />

ermächtigen, Rahmenvorschriften <strong>für</strong> den Bereich des Naturschutzes<br />

(Nr. 3), die Raumordnung und den Wasserhaushalt (Nr. 4)<br />

zu erlassen. Eine (gedankliche) »Verlängerung« der bestehenden verfassungsrechtlichen<br />

Kompetenzvorschriften (hier also des Art. 75<br />

Abs. 1 Nr. 3 GG) in die Meereszone AWZ hinein ist zwar naheliegend,<br />

aber juristisch unsauber, weil der AWZ jeder territoriale Bezug<br />

(zum »Staatsgebiet«) fehlt. 50<br />

Betrachtet man die hier anstehenden, dringendsten Probleme aus<br />

der Sicht des Natur- und Umweltschutzes, so ergibt sich zunächst,<br />

dass sich ein Großteil des erforderlichen Schutzes als Konsequenz<br />

wirtschaftlicher Betätigung in der AWZ darstellt, die durch Art. 56<br />

SRÜ ermöglicht wird. 51 Soweit mit Art. 74 Nr. 24 und 75 Abs. 1 Nr. 3<br />

u. 4 GG keine speziellen Kompetenztitel bestehen, könnten die naturschutz-<br />

und umweltrechtlichen Regelungen als Annex-Kompetenz<br />

zu dem Recht der Wirtschaft, <strong>für</strong> die der Bund die konkurrierende<br />

Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Nr. 11 GG besitzt, mit<br />

zu regeln sein. 52 Annex-Kompetenz bedeutet, dass – im konkreten<br />

Fall – mit dem Recht der Wirtschaft andere Regelungsbereich mitgeregelt<br />

werden können, die in einem Sachzusammenhang mit der<br />

Materie stehen.<br />

Fraglich ist, ob die Voraussetzungen <strong>für</strong> eine Annex-Kompetenz<br />

vorliegen. Eine Annexkompetenz des Bundes setzt demnach voraus:<br />

(1.) Bestehen eines Kompetenztitels nach dem GG, der (2.) die frag-<br />

84<br />

liche Kompetenzmaterie nicht ausdrücklich umfasst, (3.) zu dem<br />

diese aber in einer funktionalen Beziehung steht, dergestalt, dass sie<br />

der Vorbereitung und Durchführung dient, <strong>für</strong> den wirksamen Vollzug<br />

erforderlich ist und (4.) hierbei auf diese Funktion beschränkt<br />

bleibt: Die Annexmaterie darf nicht zur Hauptmaterie werden. 53 Wie<br />

bereits genannt, existiert <strong>für</strong> das Recht der Wirtschaft mit Art. 74 Nr.<br />

11 GG ein Kompetenztitel. <strong>Das</strong> Recht der AWZ ist nicht ausdrücklich<br />

umfasst. Da es um den Bereich der wirtschaftlichen Nutzung innerhalb<br />

der AWZ geht, könnte damit der Bereich des Umweltschutzes<br />

funktional mit erfasst sein, da sie die Durchführung der wirtschaftlichen<br />

Nutzung regelt. Der Umweltschutz muss dabei darauf<br />

beschränkt sein, die Durchführung der wirtschaftlichen Nutzung regeln<br />

zu wollen. Reine naturschutz- oder umweltrechtliche Regelungen<br />

sind somit unzulässig, soweit sie sich nicht auf einen in Art. 74<br />

Nr. 24 oder Art. 75 Abs. 1 Nr. 3, 4 GG genannten Kompetenztitel<br />

stützen können. Im Übrigen hat der Bund mit Art. 74 Nr. 11 GG die<br />

Kompetenz, Vorschriften im Bereich der AWZ zu erlassen. Auf welche<br />

Rechtsnormen dies in der Bundesrepublik zutrifft, soll im Folgenden<br />

untersucht werden. Dabei sollen nur die jeweils umweltrelevanten<br />

Gesetze und Verordnungen auf ihre Anwendbarkeit<br />

hinsichtlich Offshore-Windparks betrachtet werden.<br />

E. Geltende nationale Gesetze<br />

I. Seeaufgabengesetz<br />

Maßgebliche Rechtsgrundlage <strong>für</strong> die Aufgaben des Bundes auf dem<br />

Gebiet der Seeschifffahrt ist das Seeaufgabengesetz (SeeAufgG) 54 . Bei<br />

den Offshore-Windparks handelt es sich zwar nicht primär um Belange<br />

der Seeschifffahrt, § 9 Abs. 1 Nr. 4a i.V.m. § 1 Nr. 10a SeeAufgG<br />

enthält jedoch eine Verordnungsermächtigung <strong>für</strong> die Prüfung,<br />

Zulassung und Überwachung von Anlagen seewärts der Begrenzung<br />

des Küstenmeeres. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 SeeAufgG können solche<br />

Verordnungen auch zur Abwehr von Gefahren <strong>für</strong> die Meeresumwelt<br />

erlassen werden. Auf dieser Grundlage wurde die Seeanlagenverordnung<br />

erlassen.<br />

II. Seeanlagenverordnung<br />

Wichtigste Rechtsvorschrift <strong>für</strong> die Errichtung und den Betrieb von<br />

Windkraftanlagen in der AWZ ist die Seeanlagenverordnung (See-<br />

AnlV) von 1997 55 . Sie enthält die zentralen Genehmigungsvoraussetzungen<br />

<strong>für</strong> Offshore-Windkraftanlagen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 See-<br />

AnlV gilt diese Verordnung <strong>für</strong> die Errichtung und den Betrieb von<br />

Anlagen im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Die SeeAnlV gehört damit zu den oben bereits<br />

angesprochenen neueren Rechtsvorschriften, deren Anwendungsbereich<br />

ausdrücklich den Bereich der AWZ umschließt. Nach<br />

§ 1 Abs. 2 SeeAnlV sind Anlagen im Sinne dieser Verordnung alle<br />

festen oder schwimmend befestigten baulichen oder technischen<br />

48 Jenisch, in: Ehlers/ Erbguth (Fn. 1), S. 21.<br />

49 Czybulka, NuR 2001, 367, 370.<br />

50 Czybulka, NuR 1999, 562, 568.<br />

51 Czybulka, NuR 2001, 367, 370.<br />

52 So Vitzthum, in: Isensee/ Kirchhof (Fn. 22), Bd. I, S. 726.<br />

53 Degenhart, in: Sachs (Fn. 21), Art. 70 Rn. 34 m.w.N.<br />

54 Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (Seeaufgabengesetz<br />

– SeeAufgG) in der Fassung der Bekanntmachung vom<br />

18.9.1998 (BGBl. I S. 2986).<br />

55 Verordnung über Anlagen seewärts der Begrenzung des deutschen Küstenmeeres,<br />

BGBl. 1997 I S. 57, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung<br />

des Naturschutzgesetzes und der Landschaftspflege und zur Anpassung anderer<br />

Rechtsvorschriften vom 25.3.2002, BGBl. I S. 1193. Zu den Inhalten der<br />

Seeanlagenverordnung vgl. Beckmann, Die Seeanlagenverordnung, NordÖR<br />

2001, 273 ff. und Brandt/ Gassner, Seeanlagenverordnung Kommentar, 2002.<br />

ZUR 2/2004


Kahle, Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks<br />

Einrichtungen einschließlich Bauwerke und künstlicher Inseln, die<br />

der Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder anderen<br />

wirtschaftlichen Zwecken dienen. Ziel der SeeAnlV ist der Schutz der<br />

Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs sowie der Meeresumwelt.<br />

Dies verdeutlicht § 2 S. 2 SeeAnlV sowie § 3 S. 1 SeeAnlV,<br />

wonach die Genehmigung zu versagen ist, wenn diese Schutzgüter<br />

beeinträchtigt oder gefährdet werden. 56 Anderenfalls ist die Genehmigung<br />

zu erteilen (§ 3 S. 2 SeeAnlV). Nach § 2a SeeAnlV ist <strong>für</strong> die<br />

Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung der Anlagen<br />

oder ihres Betriebs eine UVP durchzuführen. Nach § 3a SeeAnlV legt<br />

das Bundesministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im<br />

Einvernehmen mit dem Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz-<br />

und Reaktorsicherheit besondere Eignungsgebiete <strong>für</strong> Windkraftanlagen<br />

fest. Diese Festlegung hat nach Abs. 2 die Wirkung eines<br />

Sachverständigengutachtens.<br />

Die Zielsetzung der SeeAnlV besteht im Wesentlichen somit aus<br />

zwei Säulen: dem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des<br />

Schiffsverkehrs und dem Schutz der Meeresumwelt. Besondere Bedeutung<br />

<strong>für</strong> die Genehmigung von Windkraftanlagen wird künftig<br />

dem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs zukommen.<br />

57<br />

Für die nachfolgenden Erörterungen soll das Augenmerk auf den<br />

Schutz der Meeresumwelt gelenkt werden. Die Meeresumwelt kann<br />

als Träger von Nahrungs-, Energie- und Rohstoffreserven begriffen<br />

werden, als ein Reservoir <strong>für</strong> menschliche Nutzungen und als Lebensraum<br />

der beherbergten Tier- und Pflanzenwelt. Der Genehmigungstatbestand<br />

des § 2 i.V.m. § 3 SeeAnlV verlangt, dass keine Gefahr<br />

<strong>für</strong> die Meeresumwelt zu erwarten ist. Wann eine solche Gefahr<br />

zu erwarten ist, legt die Verordnung nicht dar. Maßstäbe <strong>für</strong> den<br />

Schutz der Meeresumwelt können unter Umständen anderen umweltrelevanten<br />

Gesetzen entnommen werden. Voraussetzung hier<strong>für</strong><br />

ist, dass diese Gesetze in der AWZ gelten und der Bund hier<strong>für</strong><br />

Kompetenzen hat.<br />

III. Wasserhaushaltsgesetz<br />

Für den Bereich des Gewässerschutzes könnte zunächst das Wasserhaushaltsgesetz<br />

58 <strong>für</strong> die AWZ anwendbar sein. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1<br />

a gilt dieses Gesetz nur <strong>für</strong> das Meer zwischen der Küstenlinie bei<br />

mittlerem Hochwasser oder der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen<br />

Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres<br />

(Küstengewässer) und <strong>für</strong> andere Gewässer. Die als (äußere)<br />

Grenze der Küstengewässer bestimmte »seewärtige Abgrenzung des<br />

Küstenmeeres« entspricht der Hoheitsgrenze Deutschlands und ist in<br />

Ost- und Nordsee die seewärtige Grenze einer durch Bekanntmachung<br />

der Bundesregierung vom 11.11.1994 59 näher umschriebenen,<br />

von grundsätzlich 3 auf 12 Meilen erweiterten Zone. 60 Die<br />

seewärtige Begrenzung des Küstenmeeres der Bundesrepublik<br />

Deutschland in der Nordsee verläuft demnach in einem Abstand<br />

von 12 Seemeilen, gemessen von der Niedrigwasserlinie und den geraden<br />

Basislinien. Für den Bereich der AWZ gilt das WHG folglich<br />

nicht. Eine Ausweitung des räumlichen Geltungsbereichs ist auch<br />

nicht durch das im Entwurf vorliegende Siebte Gesetz zur Änderung<br />

des WHG geplant.<br />

IV. Bundesnaturschutzgesetz<br />

Anwendbar im Bereich der AWZ ist nunmehr auch das Bundesnaturschutzgesetz<br />

61 . Eine räumliche Beschränkung ist dem BNatSchG<br />

zunächst nicht zu entnehmen. Da das BNatSchG vom Anwendungsbereich<br />

keine Begrenzungen enthält, ist nach den zuvor genannten<br />

Voraussetzungen der Geltung nationalen Rechts im Verhältnis<br />

zum Völkerrecht von der Anwendbarkeit des BNatSchG<br />

auszugehen, da zum Bereich der Meeresumwelt – also der natürli-<br />

ZUR 2/2004<br />

chen Lebensgrundlagen des Menschen im marinen Bereich – unstreitig<br />

auch die Natur gehört. Da dem Küstenstaat durch Art. 56<br />

Abs. 1 lit. b iii) SRÜ Hoheitsbefugnisse in Bezug auf den Schutz und<br />

die Bewahrung der Meeresumwelt zugewiesen werden, ist damit das<br />

BNatSchG im Bereich der AWZ anzuwenden. 62<br />

Für die bislang umstrittene Anwendbarkeit des BNatSchG spricht<br />

auch eine europarechtskonforme Auslegung. Zur alten Rechtslage ist<br />

der herrschenden Meinung der Geltung von FFH- Richtlinie und Vogelschutzrichtlinie<br />

in der AWZ 63 zu folgen. Die Novelle des BNat-<br />

SchG 64 enthält nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit, auch in der<br />

AWZ Natur- und Vogelschutzgebiete auszuweisen. Ziel der Novellierung<br />

ist unter anderem die Verbesserung des Meeresnaturschutzes in<br />

der AWZ. 65 Nach § 38 Abs. 1 BNatSchG n. F. sind <strong>für</strong> den Schutz von<br />

Meeresflächen im Bereich der AWZ oder des Festlandsockels im Rahmen<br />

der Vorgaben des SRÜ (vorbehaltlich der Nummern 1 bis 5) die<br />

Vorschriften der §§ 33 und 34 entsprechend anzuwenden. Diese enthalten<br />

Vorschriften über Schutzgebiete nach der FFH- und Vogelschutzrichtlinie<br />

(§ 33) und über die Verträglichkeit und Zulässigkeit<br />

von Projekten (§ 34). Demnach bedarf es nicht mehr der europarechtskonformen<br />

Auslegung. Folglich können auch Schutzgebiete<br />

innerhalb der AWZ ausgewiesen werden. 66<br />

Da nach § 11 S. 1 n. F. BNatSchG 67 auch § 38 BNatSchG unmittelbar<br />

gilt, sind hierüber auch die §§ 33 und 34 unmittelbar anwendbar.<br />

Auf § 11 S. 2 n.F. BNatSchG kommt es damit nicht mehr an. Damit<br />

bedarf es beispielsweise <strong>für</strong> die Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung<br />

mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaftlicher<br />

Bedeutung (FFH- Gebiet) oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes<br />

nicht mehr der Umsetzung durch die Länder.<br />

Während bis zur Novellierung des BNatSchG noch einiges gegen<br />

die Anwendbarkeit des BNatSchG in der AWZ sprach, 68 wurde diese<br />

Problematik durch die Novellierung bereinigt. Nach hiesiger Auffassung<br />

gilt die Anwendbarkeit des BNatSchG in seiner neuen Fassung<br />

aufgrund der völkerrechtlichen Auslegung auch umfassend, jedenfalls<br />

insoweit dies nicht kraft Natur der Sache ausgeschlossen ist.<br />

V. Bundesberggesetz und Festlandsockelbergverordnung<br />

Die Aufstellung der Windkraftanlagen im Meer erfolgt nicht<br />

schwimmend sondern durch den Bau von Betonsockeln. Zu deren<br />

Fixierung auf dem Meeresboden bedarf es tiefer Bohrungen, um die<br />

Standsicherheit zu gewährleisten. Aus diesem Grund könnte das<br />

Bundesberggesetz (BBergG) 69 und die Festlandsockelbergverordnung<br />

56 Beckmann, NordÖR 2001, 273, 275.<br />

57 Vgl. zu den Begriffen der Sicherheit und Leichtigkeit Brandt/ Gassner (Fn. 55),<br />

§ 2 Rn. 34 ff.<br />

58 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) in der<br />

Fassung der Bekanntmachung vom 12.11.1996 (BGBl. I S. 1695).<br />

59 BGBl. I S. 3428.<br />

60 Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, 7. Auflage 1998, § 1 Rn. 36.<br />

61 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege – BNatSchG in der Fassung vom<br />

25.3.2002, verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des<br />

Naturschutzes und der Landschaftspflege und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften<br />

(BNatSchG NeuregG), BGBl. I S. 1193.<br />

62 Im Ergebnis wohl auch Gellermann, <strong>Das</strong> modernisierte Naturschutzrecht, NVwZ<br />

2002, 1025, 1026.<br />

63 Weiß (Fn. 10), S. 23 f.; Czybulka/ Kersandt, Rechtsvorschriften, rechtliche Instrumentarien<br />

und zuständige Körperschaften mit Relevanz <strong>für</strong> marine Schutzgebiete<br />

in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) und auf Hoher See des<br />

OSPAR- Konventionsgebietes, BfN- Skripten 27, 2000, S. 18 m.w.N.<br />

64 <strong>Das</strong> Gesetz wurde am 25.3.2002 vom Bundestag erlassen. Es ist gemäß Art. 5<br />

S. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege<br />

und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften (BNatSchG NeuregG)<br />

am 4.4.2002 in Kraft getreten.<br />

65 BT-Drs. 14/ 7469, S. 2.<br />

66 So im Ergebnis wohl auch schon zuvor Czybulka, Geltung der FFH-Richtlinie in<br />

der Ausschließlichen Wirtschaftszone, NuR 2001, 19, 27; zur alten Rechtslage.<br />

67 Entspricht weitestgehend § 4 S. 3 a. F. BNatSchG.<br />

68 Vgl. Hübner, Offshore-Windkraftanlagen, ZUR 2000, 137, 142 m.w.N.<br />

69 Bundesberggesetz vom 13.8.1980, BGBl. I S. 1310, zuletzt geändert durch Sechstes<br />

Gesetz zur Reform des Strafrechts v. 26.1.1998 (BGBl. I S. 164).<br />

85


<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />

(FlsBergV) 70 im Bereich der AWZ einschlägig sein. Zwar wird der<br />

räumliche Anwendungsbereich durch § 2 Abs. 3 BBergG ausdrücklich<br />

eröffnet. Demnach gilt das Gesetz im Bereich des Festlandsockels,<br />

wobei die völkerrechtlichen Regeln über die Hohe See, die<br />

AWZ und den Festlandsockel unberührt bleiben (§ 2 Abs. 3 S. 2<br />

BBergG). Sowohl das BBergG als auch die FlsBergV gelten ihrem<br />

sachlichen Anwendungsbereich nach aber lediglich <strong>für</strong> das Aufsuchen,<br />

Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen und <strong>für</strong> damit<br />

zusammenhängende Anlagen. Für die Errichtung von Windparks in<br />

der AWZ finden BBergG und FlsBergV somit keine Anwendung. Etwas<br />

anderes gilt jedoch <strong>für</strong> Unterwasserkabel, die von und zu den<br />

Windkraftanlagen führen. Nach § 1 Nr. 10a SeeAufgG obliegt dem<br />

Bund auf dem Gebiet der Seeschifffahrt unbeschadet der Vorschriften<br />

des Bundesberggesetzes die Prüfung, Zulassung und Überwachung<br />

der Anlagen, einschließlich Bauwerke und künstlicher Inseln,<br />

seewärts der Begrenzung des Küstenmeeres auf ihre Eignung im<br />

Hinblick auf den Verkehr und die Abwehr von Gefahren <strong>für</strong> die Meeresumwelt.<br />

Daraus folgt, dass die Genehmigung von Unterwasserkabeln<br />

auf dem Festlandsockel nach Bergrecht erfolgt. Nach §§ 2 Abs. 3,<br />

133 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 BBergG finden grundsätzlich bergrechtliche<br />

Genehmigungsvorschriften Anwendung auf diese Unterwasserkabel<br />

71 . Zuständige Behörde <strong>für</strong> die Genehmigung von Unterwasserkabeln<br />

ist hier die zuständige Bergbehörde (§ 133 Abs. 4 BBergG). Eine<br />

Zuständigkeitsaufspaltung <strong>für</strong> die Genehmigung der energiezu- und<br />

energieableitenden Unterwasserkabel findet nicht statt. 72<br />

VI. Bundesimmissionsschutzgesetz<br />

Als weiteres Gesetz könnte das BImSchG 73 einschlägig sein. Eine<br />

räumliche Einschränkung des BImSchG findet sich nicht. Sachlich<br />

fällt die Errichtung von Windkraftanlagen insbesondere nicht unter<br />

wasserrechtliche Vorschriften im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 2 BImSchG.<br />

Der Genehmigungsbedürftigkeit unterfallen (seit der vollständigen<br />

Neufassung des Anhangs der 4. BImSchV 74 ) heute Windfarmen mit<br />

6 oder mehr Windkraftanlagen (Ziff. 1.6 Spalte 1 Anhang 4.<br />

BImSchV) oder Windfarmen mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen).<br />

Dies könnte da<strong>für</strong> sprechen, dass der Gesetzgeber gerade auch<br />

die Offshore-Windparks bei seiner Neufassung im Auge hatte. Ein<br />

solches Ziel läßt sich der Begründung in den amtlichen Dokumenten<br />

jedoch nicht entnehmen. 75<br />

<strong>Das</strong> BImSchG bezweckt nach § 1 BImSchG Menschen, Tiere und<br />

Pflanzen, den Boden, das Wasser und die Atmosphäre sowie Kulturund<br />

sonstige Sachgüter unter anderem vor schädlichen Umwelteinwirkungen<br />

zu schützen. Aus dem Schutzziel läßt sich zunächst explizit<br />

keine Beschränkung entnehmen. Schutz kann der Staat jedoch<br />

nur <strong>für</strong> die Schutzgüter gewähren, die auf seinem Staatsgebiet liegen.<br />

Wegen des Territorialitätsprinzips sind die im BImSchG niedergelegten<br />

Pflichten nur auf Handlungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes<br />

anwendbar. Vorschriften zur Errichtung und zum Betrieb von<br />

Anlagen gelten also nur <strong>für</strong> im Inland gelegene Anlagen, d.h. auch<br />

die deutschen Hoheitsgewässer. 76 Gleichwohl sind über das Schutzgut<br />

»Wasser« alle stehenden und fließenden, unter- und oberirdischen<br />

Gewässer einschließlich der Meere umschlossen. 77 Soweit der<br />

Schutz vor Schadstoffeinträgen auf dem Luftpfad durch das BIm-<br />

SchG geregelt ist, ist auch das BImSchG ein Instrument des Meeresumweltschutzes.<br />

Für das Anlagenrecht besteht mit der Seeanlagenverordnung<br />

ein Spezialgesetz. Auf Offshore-Windkraftanlagen<br />

findet das BImSchG somit keine Anwendung.<br />

VII. Bau- und Planungsrecht<br />

Zu der Möglichkeit, Bau- und Planungsrecht auf Offshore-Windkraftanlagen<br />

anzuwenden bestehen zahlreiche Ausführungen 78 . Für<br />

den Bereich der AWZ scheidet im Ergebnis die Anwendung von Bau-<br />

86<br />

und Planungsrecht aus. Bei dem Bau- und Planungsrecht handelt es<br />

sich um hoheitliche Planung. Zwar werden dem Küstenstaat mit<br />

Art. 56 Abs. 1 lit. b i) SRÜ Hoheitsbefugnisse in Bezug auf die Errichtung<br />

und Nutzung von künstlichen Inseln, von Anlagen und Bauwerken<br />

zuerkannt, eine planerische Aufgabenzuweisung fehlt jedoch.<br />

So erstreckt sich auch die Aufgabe der Raumordnung nach § 1<br />

Abs. 1 ROG ausdrücklich auf den Gesamtraum der Bundesrepublik<br />

Deutschland und seine Teilräume. Der Bau von Anlagen im Bereich<br />

der AWZ – einschließlich der Planung und Genehmigung – ist zudem<br />

durch die SeeAnlV abschließend geregelt. Der Hauptanwendungsbereich<br />

des Bau- und Planungsrechts im Zusammenhang mit<br />

Offshore-Windkraftanlagen liegt im Bereich des Küstenmeeres und<br />

des Festlandes. Hier bedarf es der planerischen Regelungen bezüglich<br />

der Zu- und Ableitungen zu den Windkraftanlagen. Hierzu zählen<br />

insbesondere die Energiezuführenden und – abführenden Kabel.<br />

VIII. UVP- Gesetz<br />

<strong>Das</strong> UVPG 79 enthält keine räumliche Beschränkung. Aus den Ausführungen<br />

zur SeeAnlV ergibt sich, dass die Errichtung und der Betrieb<br />

von Windkraftanlagen in der AWZ ausdrücklich gestattet ist, soweit<br />

die Voraussetzungen der §§ 2 f. SeeAnlV erfüllt sind. Da nach<br />

§ 2a SeeAnlV <strong>für</strong> diese Anlagen auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

durchzuführen ist, gilt auch das UVPG in dem Bereich der<br />

AWZ. Einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterfallen lediglich<br />

die in der Anlage zu § 3 UVPG genannten Vorhaben. Bislang waren<br />

Windenergieanlagen dort nicht aufgeführt. Durch die Neufassung<br />

des UVPG sind nun auch die Errichtung und der Betrieb von<br />

Windkraftanlagen in die Anlage unter den Ziffern 1.6 bis 1.6.3 aufgenommen.<br />

80 Die unter Ziffer 1.6.1 fallenden Vorhaben sind UVPpflichtig,<br />

die in Ziffer 1.6.2 genannten Vorhaben bedürfen einer allgemeinen<br />

Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 S. 1 UVPG und<br />

die in Ziffer 1.6.3 genannten Vorhaben bedürfen einer standortbezogenen<br />

Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 S. 2 UVPG. Bei<br />

der Einzelfalluntersuchung nach UVPG sind insbesondere die in Anlage<br />

2 genannten Auswahlkriterien zu berücksichtigen. Über § 2a<br />

SeeAnlV, aber auch Ziff. 1.6 der Anlage findet das UVPG somit Anwendung<br />

<strong>für</strong> Offshore-Windkraftanlagen.<br />

70 Bergverordnung <strong>für</strong> den Festlandsockel (Festlandsockel-Bergverordnung) vom<br />

21.3.1989, BGBl. I S. 554, zuletzt geändert durch Verordnung vom 10.8.1998,<br />

BGBl. I S. 2093.<br />

71 So auch Hübner, ZUR 2000, 137, 138.<br />

72 Vgl. Brandt/ Gassner (Fn. 55), § 1 Rn. 75 ff.<br />

73 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen,<br />

Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz)<br />

in der Fassung der Bekanntmachung v. 14.5.1990, BGBl.<br />

I S. 880, zuletzt geändert durch Art. 1 des Fünften ÄndG v. 19.10.1998, BGBl. I<br />

S. 3178.<br />

74 Zuletzt geändert durch Gesetz vom 9.9.2001, BGBl. I 2331.<br />

75 Würde dennoch die Auffassung vertreten, auch Offshore-Windkraftanlagen<br />

wären von dem BImSchG umfasst, würde dies zu deren Genehmigungsbedürftigkeit<br />

führen. Für diese Anlagen würden mithin die Pflichten der §§ 5 ff.<br />

BImSchG gelten. Dies wäre jedoch problematisch, wenn nicht gar abwegig, da<br />

keine schädlichen Umwelteinwirkungen etc. <strong>für</strong> die Allgemeinheit und die<br />

Nachbarschaft hervorgerufen werden dürfen. Im Bereich der AWZ gibt es jedoch<br />

weder eine betroffene Allgemeinheit noch eine Nachbarschaft. Tiere, Pflanzen<br />

oder das Wasser werden hier nicht mehr aufgeführt.<br />

76 Jarass, BImSchG, 4. Auflage 1999, § 2 Rn. 12; Führ, in: Koch/ Scheuing, GK- BIm-<br />

SchG § 2 Rn. 30.<br />

77 Führ, in: Koch/ Scheuing, GK- BImSchG § 1 Rn. 139; Koch, Der Schutz von Nordund<br />

Ostesee vor Schadstoffeinträgen aus der Luft, in: Koch/ Lagoni (Hrsg.)<br />

Meeresumweltschutz <strong>für</strong> Nord- und Ostsee, 1996, S. 241, 244 m.w.N.<br />

78 Vgl. nur Erbguth, in: Ehlers/ Erbguth (Fn. 1), S. 47 ff.; ders., NuR 1999, 491 ff.<br />

79 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung<br />

vom 5.9.2001 (BGBl. I S. 2350).<br />

80 (1.6) Errichtung und Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Höhe von<br />

jeweils mehr als 35 Metern oder einer Leistung von jeweils mehr als 10 KW sowie<br />

mit (1.6.1) 20 oder mehr Windkraftanlagen, (1.6.2) 6 bis weniger als 20<br />

Windkraftanlagen, (1.6.3) 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen.<br />

ZUR 2/2004


Gellermann, Artenschutz und Eingriffsregelung, Anmerkung zum Beitrag von Louis/Weihrich<br />

IX. Sonstige Regelungen<br />

Ergänzt werden die genannten Regelungen durch völkerrechtliche<br />

Verträge, denen die Bundesrepublik beigetreten ist, die teilweise weitergehende<br />

Regelungen treffen. Zu nennen sind beispielsweise das<br />

MARPOL- Übereinkommen, das OSPAR- Übereinkommen oder verschiedene<br />

Übereinkommen zur Schiffssicherheit, die auf Windkraftanlagen<br />

in der AWZ analog anzuwenden sind.<br />

F. Fazit<br />

Die Schaffung eines Kompetenztitels <strong>für</strong> den Bereich der AWZ, wie es<br />

wünschenswert gewesen wäre, ist nicht erfolgt. Dies führt zu einer<br />

gewissen Unsicherheit darüber, ob und welches nationale Recht im<br />

Bereich der AWZ anzuwenden ist. Für den Bereich des <strong>Umweltrecht</strong>s<br />

wird die Bundesrepublik einerseits durch das SRÜ zur Vornahme marinen<br />

Umweltschutzes angehalten, innerstaatlich trifft man jedoch<br />

eine uneinheitliche Gesetzesvielfalt an, die dahingehend ausgelegt<br />

werden muss, ob sie in dem Bereich der AWZ anwendbar sein könnte.<br />

Hilfreich kann die ausdrückliche Erstreckung der jeweiligen Gesetze<br />

sein. Findet sich eine solche Erstreckensklausel nicht, bleibt es<br />

bei der beschriebenen Unsicherheit.<br />

Zur Lösung dieser Problematik bietet sich eine zweistufige Vorgehensweise<br />

an. Zunächst muss überprüft werden, ob eine Materie betroffen<br />

ist, die in Art. 56 Abs. 1 SRÜ genannt wird. Handelt es sich<br />

um eine Maßnahme zum Zwecke der Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung<br />

und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen der Gewässer,<br />

des Meeresbodens und seines Unterbodens in der AWZ (Art.<br />

56 Abs. 1 lit. a)? Oder betrifft der fragliche Komplex die Errichtung<br />

und Nutzung von künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerken oder<br />

die wissenschaftliche Meeresforschung oder den Schutz und die Bewahrung<br />

der Meeresumwelt (Art. 56 Abs. 1 lit. b)? Nur <strong>für</strong> diese Bereiche<br />

kommt überhaupt die Anwendung des nationalen Rechts in<br />

Martin Gellermann<br />

Artenschutz und Eingriffsregelung<br />

ZUR 2/2004<br />

Betracht. Hierüber kann eine erste Einschränkung möglicher Gesetze<br />

erreicht werden.<br />

Entgegen der teilweise vertretenen Auffassung besteht weder eine<br />

generelle Geltung nationalen Rechts ipso iure, noch bietet das Gemeinschaftsrecht<br />

ausreichende Hinweise <strong>für</strong> eine Geltung nationalen<br />

Rechts.<br />

In einem zweiten Schritt muss dann untersucht werden, ob das<br />

nationale Recht nicht durch konkrete Regelungen ausgeschlossen<br />

ist. Solche können sich kraft Natur der Sache oder aus der jeweiligen<br />

Vorschrift ergeben (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1a WHG).<br />

Da dem Küstenstaat nur partiell <strong>für</strong> die in Art. 56 SRÜ genannten<br />

Bereiche souveräne Rechte und Hoheitsbefugnisse zuerkannt werden,<br />

ist darüber hinaus eine Anwendung nationaler Gesetze in der<br />

AWZ nicht möglich.<br />

Da der Schutz und die Bewahrung der Meeresumwelt in Art. 56<br />

Abs. 1 lit. b iii) SRÜ ausdrücklich genannt ist, folgt <strong>für</strong> das <strong>Umweltrecht</strong><br />

weitestgehend eine Öffnung <strong>für</strong> den Bereich der AWZ. Für einen<br />

umfassenden marinen Umweltschutz ist dies ein bedeutsamer Schritt,<br />

insbesondere mit Rücksicht auf die vergleichsweise starke Ausprägung<br />

der wirtschaftlichen Nutzungen in diesem Gebiet. Einen Schritt in<br />

diese Richtung hat der Gesetzgeber durch die SeeAnlV oder die Neuregelung<br />

des BNatSchG getan. Zu fordern ist eine Fortschreibung der<br />

Gesetze nach dem Beispiel des BNatSchG, des EEG oder der SeeAnlV,<br />

die ausdrücklich Regelungen <strong>für</strong> den Bereich der AWZ enthalten.<br />

Christian Kahle LL.M.<br />

Ass. jur.: Mitglied der Forschungsgruppe Energierecht Universität Lüneburg;<br />

Mindermannweg 32, 22609 Hamburg, c-kahle@gmx.de.<br />

Bisherige Tätigkeitsschwerpunkte: Nationales <strong>Umweltrecht</strong>.<br />

Aktuelle Veröffentlichungen: Mitarbeit am Kommentar von Brandt/ Gassner<br />

zur Seeanlagenverordnung, 2002; Tagungsbericht: VCD Workshop »Lärmbekämpfung<br />

durch Stadt- und Verkehrsplanung«, ZUR 2003, 252 f.<br />

Anmerkungen zum Beitrag von Louis/Weihrich, ZUR 2003, 385 ff.<br />

Die im Zuge der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vorgenommenen<br />

Änderungen im Felde der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung<br />

haben der These Vorschub geleistet, die innerstaatliche Verwirklichung der<br />

artenschutzrechtlichen Vorgaben der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL)<br />

und der Vogelschutz-Richtlinie (VRL) vollzöge sich vornehmlich in den durch<br />

§ 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG vorgezeichneten Bahnen und – soweit dies nicht<br />

möglich sei – unter unmittelbarem Rückgriff auf einschlägige Bestimmungen<br />

des europäischen Rechts. Die nachfolgende Betrachtung setzt sich mit diesem<br />

Ansatz kritisch auseinander und ist um den Nachweis bemüht, dass schon das<br />

nationale Artenschutzrecht (§§ 42 ff. BNatSchG) bei zutreffender Handhabung<br />

hinreichende Gewähr <strong>für</strong> eine richtlinienkonforme Durchführung des EG-<br />

Artenschutzrechts bietet.<br />

A. Unterschiedliche Wege zur Verwirklichung des europäischen<br />

Artenschutzrechts<br />

<strong>Das</strong> Artenschutzrecht darf sich in neuerer Zeit verstärkter Aufmerksamkeit<br />

gewiss sein. Verantwortlich zeichnet hier<strong>für</strong> vor allem der<br />

Umstand, dass es im Zuge des fortschreitenden Prozesses der<br />

Europäisierung des staatlichen Rechts in den Einwirkungsbereich<br />

des europäischen Naturschutzrechts geraten ist. Namentlich die in<br />

diesem Kontext einschlägigen Bestimmungen der Art. 12, 13, 16<br />

FFH-RL 1 sowie Art. 5, 9 VRL 2 stellen Anforderungen, die unter der<br />

Ägide des bundesdeutschen Rechts nur mühsam erfüllbar zu sein<br />

scheinen. <strong>Das</strong> gilt namentlich dann, wenn es artenschutzrechtlich<br />

relevante Eingriffe in Natur und Landschaft zu beurteilen gilt. Angesichts<br />

dessen ist es verdienstvoll, wenn sich Hans-Walter Louis und<br />

Dietmar Weihrich in ihrem Beitrag 3 der nicht leicht zu bewältigenden<br />

Aufgabe annehmen, Wege <strong>für</strong> die Einbindung des EG-Arten-<br />

1 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen<br />

Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, ABl. EG<br />

Nr. L 206 S. 7; zuletzt geändert: ABl. EG 1997, Nr. L 305 S. 42.<br />

2 Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wild<br />

lebenden Vogelarten, ABl. EG Nr. L 103 S. 1; zuletzt geändert: ABl. EG 1997<br />

Nr. L 223 S. 9.<br />

3 Louis/Weihrich, <strong>Das</strong> Verhältnis der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung<br />

zu den speziellen Artenschutzregelungen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie,<br />

ZUR 2003, 385 ff.<br />

87


Aufsatz<br />

schutzrechts in die Strukturen des nationalen Rechts aufzuzeigen.<br />

Ausgehend von der Annahme, dass die der Umsetzung des EG-Artenschutzrechts<br />

dienenden Verbote des § 42 BNatSchG bei der Ausführung<br />

eines nach § 19 BNatSchG zugelassenen Eingriffs keine Anwendung<br />

finden, richten sie den Blick auf die im Zuge der Novelle<br />

neu geschaffene Vorschrift des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG 4 und unterziehen<br />

sich der Mühe, diese Vorschrift – soweit als möglich – im<br />

Lichte der Vorgaben des EG-Artenschutzrechts zu interpretieren<br />

und ihren Aussagegehalt zu schärfen. Nur dort, wo sich § 19 Abs. 3<br />

S. 2 BNatSchG den Einflüssen des europäischen Rechts nicht öffnet,<br />

wird <strong>für</strong> eine unmittelbare Anwendung einschlägiger Richtlinienbestimmungen<br />

votiert.<br />

Diese Überlegungen klingen plausibel, sehen sich bei näherer Betrachtung<br />

aber doch Bedenken ausgesetzt. Zum einen bleibt § 19<br />

Abs. 3 S. 2 BNatSchG nämlich derart weitgehend hinter den sich<br />

aus Art. 12, 13, 16 FFH-RL bzw. Art. 5, 9 VRL ergebenden Anforderungen<br />

zurück, dass eine richtliniengetreue Interpretation nicht<br />

einmal in Teilbereichen zur Herstellung gemeinschaftskonformer<br />

Rechtszustände genügt. Zum anderen – und dies ist der eigentlich<br />

entscheidende Aspekt – bedarf es keiner europarechtskonformen<br />

Auslegung des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG, weil schon die in den<br />

§§ 42 ff. BNatSchG verankerten Vorschriften des nationalen Artenschutzrechts<br />

in den meisten Fällen hinreichende Gewähr <strong>für</strong> eine<br />

ordnungsgemäße Durchführung des richtliniengestützten Artenschutzrechts<br />

der EG bieten.<br />

B. § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG als Einfallstor <strong>für</strong> das EG-Artenschutzrecht?<br />

Bevor dieser grundlegend andere Ansatzpunkt eine nähere Begründung<br />

erfährt, gilt das Augenmerk zunächst der Vorschrift des § 19<br />

Abs. 3 S. 2 BNatSchG und ihrer Fähigkeit, einen Beitrag zur korrekten<br />

Umsetzung der in den Naturschutzrichtlinien der EG niedergelegten<br />

Artenschutzbestimmungen zu erbringen. In dieser Hinsicht<br />

ist deutliche Skepsis angebracht. 5<br />

Schon die Überlegungen von Louis/Weihrich zeugen von der Existenz<br />

einzelner im Wege der Auslegung nicht überbrückbarer Defizite,<br />

haben sie doch mit Recht auf die mangelnde Aufnahmefähigkeit<br />

des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG <strong>für</strong> das Störungsverbot des Art. 5 lit. d<br />

VRL verwiesen. 6 Die aus Sicht des europäischen Rechts zu formulierende<br />

Kritik muss aber noch wesentlich grundsätzlicher ansetzen. 7<br />

§ 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG ist in die Strukturen der Eingriffsregelung<br />

eingebunden und bildet daher einen Teil des auf Ebene des Bundesrahmenrechts<br />

dreifach gestuften Folgenbewältigungsprogramms. 8<br />

Danach ist der Verursacher eines Eingriffs i.S.d. § 18 BNatSchG in erster<br />

Linie verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen<br />

(§ 19 Abs. 1 BNatSchG) und – soweit dies nicht möglich oder<br />

rechtlich zumutbar ist – durch Maßnahmen des Naturschutzes und<br />

der Landschaftspflege vorrangig auszugleichen oder in sonstiger Weise<br />

zu kompensieren (§ 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG). Eine Abwägung, die<br />

sich den verschärften Anforderungen des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG<br />

zu fügen hat, kommt immer erst zum Tragen, wenn die auf den vorgelagerten<br />

Ebenen angesiedelten Pflichten nicht oder nicht vollständig<br />

erfüllbar sind. 9 Selbst wenn – wie Louis/Weihrich mit bestens<br />

nachvollziehbarer Begründung annehmen – die in § 19 Abs. 3 S. 2<br />

BNatSchG angesprochene »Ersetzbarkeit des Biotops« nicht durch<br />

Ersatzmaßnahmen i.S.d. § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG bewirkt werden<br />

kann, 10 ändert dies doch nichts daran, dass § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG<br />

seine die Entscheidung steuernde Wirkung nicht zu entfalten vermag,<br />

wenn die negativen Folgen eines artenschutzrechtlich bedeutsamen<br />

Eingriffs in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG<br />

vollen Umfangs ausgeglichen werden können. Um eines der von<br />

Louis/Weihrich gewählten Beispiele aufzugreifen: Wird ein Laichge-<br />

88<br />

wässer der Rotbauchunke (Bombina bombina) durch einen Eingriff<br />

zerstört und ist dies nicht vermeidbar, besteht im Folgenbewältigungsprogramm<br />

der Eingriffsregelung die vorrangige Pflicht zum<br />

Ausgleich. Gelingt dies durch die Neuanlage eines Gewässers und ist<br />

zugleich gewährleistet, dass die Amphibien diesen Ersatzlebensraum<br />

annehmen, wird die Ebene der durch § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG<br />

gesteuerten Abwägung gar nicht erst betreten. Dem EG-Artenschutzrecht<br />

kann damit freilich nicht genügt werden. 11 Wird – wie<br />

im Beispielsfall – die Fortpflanzungsstätte einer in Anhang IV FFH-RL<br />

aufgeführten Art vernichtet, ist dies aus Gründen des Art. 12 lit. d<br />

FFH-RL untersagt und darf nur ausnahmsweise unter den in Art. 16<br />

Abs. 1 FFH-RL bezeichneten Bedingungen zugelassen werden. 12 Eine<br />

sich hierauf gründende Ausnahme setzt die Alternativlosigkeit des<br />

jeweiligen Vorhabens, die Wahrung des günstigen Erhaltungszustandes<br />

der betroffenen Population und das Vorliegen eines der in<br />

Art. 16 Abs. 1 lit. a-e FFH-RL bezeichneten Abweichungsgründe voraus,<br />

zu denen auch die in § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG angesprochenen<br />

»zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses«<br />

zählen. Zu einer Prüfung dieser gemeinschaftsrechtlich strikt beachtlichen<br />

Voraussetzungen aber kommt es gar nicht erst, wenn die<br />

artenschutzrechtlich relevanten Folgen eines Eingriffsaktes vollen<br />

Umfangs in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG ausgeglichen<br />

werden können. Unter dieser Bedingung bereitet die naturschutzrechtliche<br />

Eingriffsfolgenregelung der Zulassung eines Vorhabens<br />

selbst dann kein Hindernis, wenn eine Abweichung vom<br />

EG-Artenschutzrecht aus Gründen des Art. 16 FFH-RL unzulässig ist.<br />

Insoweit ist § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG schon aus Gründen der Normstruktur<br />

der Eingriffsfolgenregelung nicht geeignet, dem europäischen<br />

Artenschutzrecht in der gebotenen Weise zur innerstaatlichen<br />

Verwirklichung zu verhelfen.<br />

Aber selbst in jenen Konstellationen, in denen § 19 Abs. 3 S. 2<br />

BNatSchG zum Tragen kommt, vermag die Vorschrift keine Gewähr<br />

<strong>für</strong> die Vermeidung etwaiger mit dem EG-Artenschutzrecht unvereinbarer<br />

Ergebnisse zu bieten. Während nämlich Art. 16 Abs. 1 FFH-<br />

RL die Vernichtung der durch Art. 12 lit. d FFH-RL geschützten Biotope<br />

nur bei Erfüllung all seiner eben genannten Voraussetzungen<br />

gestattet, lässt § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG es genügen, wenn dies aus<br />

»zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses«<br />

gerechtfertigt ist. Mag die Vorschrift auch Teile des Normtextes des<br />

Art. 16 Abs. 1 lit. c FFH-RL in sich aufnehmen, begegnet sie den<br />

übrigen Bedingungen, von deren Erfüllung Art. 16 Abs. 1 FFH-RL<br />

die Erteilung einer Ausnahme abhängig macht, mit Gleichgültigkeit.<br />

Namentlich trägt sie keine Sorge da<strong>für</strong>, dass relevante Beeinträchtigungen<br />

der Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Arten des<br />

4 Vgl. hierzu Jessel, Die Neufassung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung<br />

nach §§ 18, 19 BNatSchG, Naturschutz und Landschaftsplanung 35<br />

(2003), 119, 121; Albig/Haacks/Peschel, Streng geschützte Arten als neuer Tatbestand<br />

in der Eingriffsplanung, Naturschutz und Landschaftsplanung 35<br />

(2003), 126 ff.<br />

5 Ebenso Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl. 2003,<br />

§ 19 Rn. 45.<br />

6 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 387.<br />

7 Vgl. hierzu bereits Landmann/Rohmer/Gellermann, <strong>Umweltrecht</strong> IV, Stand:<br />

1.5.2003, Nr. 11 § 19 Rn. 29; ders., <strong>Das</strong> modernisierte Naturschutzrecht,<br />

NVwZ 2002, 1031.<br />

8 Zum gestuften Rechtsfolgensystem Anger, Die neue naturschutzrechtliche<br />

Eingriffsregelung gem. §§ 18 ff. BNatSchG, NVwZ 2003, 319 f.<br />

9 Vgl. nur Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2003, § 43 Rn. 21.<br />

10 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 388; ebenso Louis, <strong>Das</strong> Gesetz zur Neuregelung<br />

des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege (BNatSchG<br />

NeuregG), NuR 2002, 385, 388; Jessel (Fn. 4), Naturschutz und Landschaftsplanung<br />

35 (2004), 121.<br />

11 Hierzu bereits Landmann/Rohmer/Gellermann, <strong>Umweltrecht</strong> IV, Nr. 11 § 19 Rn.<br />

29 a.E.; ders. (Fn. 7), NVwZ 2001, 1031.<br />

12 Übersichtliche Beschreibung der Voraussetzungen bei Wirths, Naturschutz<br />

durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2001, S. 219 ff.; zu den Anwendungsproblemen<br />

Gellermann, Artenschutz in der Fachplanung und der kommunalen<br />

Bauleitplanung, NuR 2003, 392 f.<br />

ZUR 2/2004


Gellermann, Artenschutz und Eingriffsregelung, Anmerkung zum Beitrag von Louis/Weihrich<br />

Anhangs IV FFH-RL nur zugelassen werden, wenn es – wie von<br />

Art. 16 Abs. 1 FFH-RL gefordert – »keine anderweitige zufriedenstellende<br />

Lösung gibt« und »die Populationen der betroffenen Arten in<br />

ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung<br />

ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand<br />

verweilen«. <strong>Das</strong> zur Illustration bemühte Laichgewässer der Rotbauchunke<br />

darf daher bei isolierter Betrachtung des § 19 Abs. 3 S. 2<br />

BNatSchG aus »zwingenden Gründen« vernichtet werden, selbst<br />

wenn es hierzu tragfähige Alternativen gibt oder negative Auswirkungen<br />

auf den Erhaltungszustand der betroffenen Population<br />

ernstlich zu besorgen sind. Damit aber werden die Vorgaben des europäischen<br />

Artenschutzrechts deutlich verfehlt.<br />

Vor diesem Hintergrund liegt auf der Hand, dass § 19 Abs. 3 S. 2<br />

BNatSchG zur korrekten innerstaatlichen Verwirklichung des EG-<br />

Artenschutzrechts nichts beizutragen vermag. Versuche einer<br />

Auslegung im Lichte der richtliniengestützten Vorgaben des europäischen<br />

Rechts können daran nichts ändern, weil derart grundlegende<br />

Abweichungen vom europäischen Regelungsprogramm nur<br />

im Wege der Rechtsänderung, nicht aber durch schlichte Interpretationen<br />

des <strong>für</strong> sich unzureichenden nationalen Rechts behoben<br />

werden können. 13<br />

C. Der Weg über das nationale Artenschutzrecht<br />

Kann § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG den gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen<br />

nicht genügen, stellt sich zwangsläufig die Frage nach<br />

den hieraus zu ziehenden rechtlichen Konsequenzen. Louis/Weihrich<br />

halten es <strong>für</strong> ratsam, die einschlägigen Verbots- und Ausnahmebestimmungen<br />

des EG-Artenschutzrechts unmittelbar anzuwenden. 14<br />

<strong>Das</strong> ist fraglos eine nahe liegende Folge, wenn es tatsächlich normative<br />

Umsetzungsdefizite zu beklagen gilt. Dieser Nachweis aber lässt<br />

sich nicht führen, weil zwar nicht die Eingriffsregelung, wohl aber<br />

das nationale Artenschutzrecht (§§ 42 ff. BNatSchG) – von einem<br />

noch zu behandelnden Sonderfall abgesehen – schon aus sich heraus<br />

hinreichende Gewähr da<strong>für</strong> bietet, dass artenschutzrechtlich bedeutsame<br />

Eingriffe in Natur und Landschaft nur zugelassen werden<br />

dürfen, wenn dies mit den Vorgaben des EG-Artenschutzrechts vereinbar<br />

ist.<br />

I. Zur Reichweite der Privilegierung des § 43 Abs. 4 BNatSchG<br />

Vor dem Hintergrund des § 43 Abs. 4 BNatSchG leuchtet diese These<br />

sicherlich nicht unmittelbar ein. Immerhin stellt diese Bestimmung<br />

die »nach § 19 zugelassenen Eingriffe« von der Beachtung der<br />

gerade auch zur Umsetzung des EG-Artenschutzrechts bestimmten<br />

Vorschrift des § 42 Abs. 1 BNatSchG frei, und so kann es nicht verwundern,<br />

wenn Louis/Weihrich annehmen, die artenschutzrechtlichen<br />

Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG könnten zur Gewährleistung<br />

gemeinschaftsrechtskonformer Zustände nichts beitragen. 15<br />

Diese auch ansonsten im Schrifttum anzutreffende Sicht 16 lässt allerdings<br />

unberücksichtigt, dass die Privilegierung des § 43 Abs. 4<br />

BNatSchG einem Eingriffsakt keineswegs in jedem Falle und gleichsam<br />

automatisch, sondern nur unter der einschränkenden Bedingung<br />

zuteil wird, dass »hierbei Tiere, einschließlich ihrer Nist-, Brut-,<br />

Wohn- oder Zufluchtsstätten und Pflanzen der besonders geschützten<br />

Arten nicht absichtlich beeinträchtigt werden«. Geht der Eingriff<br />

dagegen mit absichtlichen Beeinträchtigungen der bezeichneten<br />

Art einher, verbleibt es bei der Geltung des § 42 Abs. 1<br />

BNatSchG. 17 Den dort normierten Verboten zuwiderlaufende Eingriffsakte<br />

sind demnach – unabhängig davon, ob sie den eingriffsbezogenen<br />

Anforderungen des § 19 BNatSchG entsprechen – unzulässig,<br />

soweit ihnen nicht mit Mitteln einer sich auf § 62<br />

BNatSchG stützenden Befreiung zur Realität verholfen werden<br />

ZUR 2/2004<br />

kann. Dieser Weg ist aus Gründen des § 62 Abs. 1 S. 1 BNatSchG<br />

freilich nur gangbar, wenn sich die Befreiung von den artenschutzrechtlichen<br />

Verboten mit den Vorschriften der Art. 12, 13, 16 FFH-<br />

RL sowie Art. 5, 9 VRL vereinbaren lässt. 18<br />

Angesichts dessen hängt die Beachtlichkeit des § 42 Abs. 1 BNat-<br />

SchG und damit zugleich der Beitrag, den das nationale Artenschutzrecht<br />

zur EG-rechtskonformen Zulassung von Eingriffen in<br />

Natur und Landschaft zu erbringen vermag, in maßgeblicher Weise<br />

davon ab, was unter »Absicht« i.S.d. § 43 Abs. 4 BNatSchG zu verstehen<br />

ist. Insoweit gilt es zu bedenken, dass dieses Merkmal Eingang<br />

in das bundesdeutsche Artenschutzrecht fand, um zuvor bestehende<br />

und vom EuGH festgestellte Mängel in der Umsetzung des<br />

EG-Artenschutzrechts zu beheben. 19 Da diese Bestimmungen mit<br />

Ausnahme des Art. 12 lit. d BNatSchG nur absichtsvolle Handlungen<br />

und Aktivitäten untersagt wissen wollen, besteht die Aufgabe<br />

des in § 43 Abs. 4 BNatSchG integrierten Absichtsmerkmals darin,<br />

einzig solche Verhaltensweisen von den Verboten des § 42 Abs. 1<br />

BNatSchG freizustellen, die aus EG-rechtlicher Sicht unbeabsichtigt<br />

sind, als solche von den einschlägigen Verbotsbestimmungen gar<br />

nicht erfasst werden und daher im nationalen Recht ohne Verletzung<br />

gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben freigestellt werden dürfen.<br />

20 Um dieser Funktion genügen zu können, muss das Merkmal<br />

in gleicher Weise verstanden werden wie der Absichtsbegriff des EG-<br />

Artenschutzrechts. Der aber ist – wie sich aus der jüngeren Judikatur<br />

des EuGH ergibt 21 – in einem durchaus weiten Sinne zu verstehen,<br />

zumal es auf die Intention des Handelnden oder die Zielgerichtetheit<br />

seiner Handlung nicht ankommt. Entscheidend ist allein, ob<br />

artenschutzrechtlich relevante Aktivitäten in Kenntnis aller Umstände,<br />

also im Bewusstsein des Vorkommens der geschützten Arten<br />

und der beeinträchtigenden Wirkung des Verhaltens entfaltet werden.<br />

Absicht im Sinne des EG-Artenschutzrechts liegt daher immer<br />

schon dann vor, wenn ein aus Sicht der Art. 12, 13 FFH-RL bzw.<br />

Art. 5 VRL unerwünschter Handlungserfolg vom Handelnden erkannt,<br />

die dies bewirkende Handlung aber dennoch vorgenommen<br />

wird. 22 Da das gleichlautende Merkmal des § 43 Abs. 4 BNatSchG<br />

schon um der Vermeidung gemeinschaftswidriger Ergebnisse willen<br />

in entsprechendem Sinne zu verstehen ist, kann die Vorschrift auch<br />

nur solche Eingriffsakte von der Geltung des § 42 Abs. 1 BNatSchG<br />

freistellen, die in Unkenntnis des Vorkommens bedrohter Arten<br />

13 Zu den Grenzen einer richtlinienkonformen Interpretation Rengeling/Middeke/<br />

Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2.<br />

Aufl. 2003, § 33 Rn. 49 m.w.N.<br />

14 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 387, 389.<br />

15 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 385 [Abstract].<br />

16 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 43 Rn. 27; Louis, Der<br />

Schutz der im Lebensbereich des Menschen lebenden Tiere der besonders geschützten<br />

Arten (z.B. Schwalben, Störche, Fledermäuse, Wespen), NuR 1992,<br />

119, 123; ders., Anmerkung, NuR 2001, 388, 389; Weihrich, Der Entwurf der<br />

Novelle des BNatSchG vom Mai 2001, ZUR 2001, 387; auch der Verfasser ist<br />

dieser Annahme zeitweilig erlegen, vgl. Gellermann (Fn. 7), NVwZ 2002, 1031.<br />

17 Nachdrücklich Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19 Rn. 114; ferner Gellermann,<br />

Biotop- und Artenschutz, in: Rengeling (Hrsg.), Handbuch zum europäischen<br />

und deutschen <strong>Umweltrecht</strong> (EUDUR), Band II, 1. Teilband, 2.<br />

Aufl. 2003, § 78 Rn. 89; ders. (Fn. 12), NuR 2003, 386.<br />

18 Vgl. hierzu Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A 1 § 62 Rn. 8; Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch,<br />

BNatSchG, § 62 Rn. 21; Schumacher/Fischer-<br />

Hüftle, BNatSchG, § 62 Rn. 21.<br />

19 EuGH, Urt. v. 17.9.1987 – Rs. 412/85 (Kommission / Deutschland) – Slg. 1987,<br />

3503 Rn. 12 ff.; hierzu Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, Landschaftspflege,<br />

Stand: 42. Lieferung, 2001, Kennzahl 1158 Rn. 56 ff.<br />

20 Eingehend Gellermann (Fn. 12), NuR 2003, 387.<br />

21 EuGH, Urt. v. 30.1.2002 – Rs. C-103/00 (Kommission / Griechenland) – Slg.<br />

2002, I-1148 Rn. 35 f.; hierzu Gellermann (Fn. 17), EUDUR I, § 78 Rn. 88.<br />

22 In dieser Hinsicht auch Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19 Rn. 114:<br />

»Absichtlich handelt auch derjenige, der weiß, dass beim Abriss eines<br />

Dachstuhls besonders geschützte Tierarten gestört werden.«. Vgl. auch<br />

Schrödter, Städtebaurecht und das Recht des gesetzlichen Biotop- und Artenschutzes,<br />

NdsVBl. 2003, 33, 39.<br />

89


Aufsatz<br />

oder ihrer Lebensstätten zugelassen und ausgeführt werden. 23 Die<br />

Bedeutung des § 43 Abs. 4 BNatSchG und die Reichweite der sich<br />

hiermit verbindenden Freistellung der »nach § 19 BNatSchG zugelassenen<br />

Eingriffe« darf daher nicht überschätzt werden. Mag mit<br />

dieser Vorschrift auch eine gewisse Privilegierung einhergehen,<br />

haben daran doch nur solche Eingriffsakte Anteil, die mit den Verboten<br />

des EG-Artenschutzrechts nicht in Widerstreit geraten.<br />

Stehen dagegen eingriffsbedingte Störungen einer im Anhang IV<br />

FFH-RL bezeichneten Tierart oder die Vernichtung der Niststätte einer<br />

europäischen Vogelart zur Debatte und sind diese Folgen im<br />

Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung bekannt, verbleibt es bei der<br />

Geltung des § 42 Abs. 1 BNatSchG. Die sich hieraus ergebenden<br />

Hürden können zwar durch die Erteilung einer Befreiung überwunden<br />

werden, indessen gelingt dies aus Gründen der klaren Anordnung<br />

des § 62 Abs. 1 S. 1 BNatSchG nur, wenn ein solches Vorgehen<br />

mit den richtliniengestützten Vorgaben des EG-Rechts und namentlich<br />

den zu Abweichungen von einschlägigen Verboten berechtigenden<br />

Bestimmungen der Art. 16 FFH-RL bzw. Art. 9 VRL<br />

vereinbar ist. Insoweit bestätigt sich die eingangs formulierte These,<br />

dass dem Grunde nach schon das nationale Artenschutzrecht <strong>für</strong><br />

eine ordnungsgemäße Durchführung des richtliniengestützten Artenschutzrechts<br />

der EG Sorge trägt.<br />

II. Der Sonderfall einer Beeinträchtigung von Lebensstätten<br />

der Arten des Anhangs IV FFH-RL<br />

<strong>Das</strong> gilt freilich nicht uneingeschränkt, zumal es den Sonderfall einer<br />

eingriffsbedingten Verschlechterung oder Vernichtung der Fortpflanzungs-<br />

und Ruhestätten der in Anhang IV FFH-RL aufgeführten<br />

Tierarten zu beachten gilt. Während § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG solche<br />

Handlungen untersagt, werden dies bewirkende Eingriffe durch<br />

§ 43 Abs. 4 BNatSchG jedenfalls dann privilegiert, wenn diese Folgen<br />

nicht im oben dargelegten Sinne absichtlich herbeigeführt werden.<br />

Mit dem EG-Artenschutzrecht ist dies nicht vereinbar, weil Art. 12 lit.<br />

d FFH-RL abweichend von den sonstigen Verboten nicht nur absichtliche,<br />

sondern jede Verschlechterung und Vernichtung der Fortpflanzungs-<br />

und Ruhestätten geschützter Arten – vorbehaltlich der<br />

sich aus Art. 16 FFH-RL ergebenden Möglichkeiten – unterbunden<br />

wissen will. 24 Da sich dieser Normwiderspruch im Wege einer richtlinienkonformen<br />

Interpretation des § 43 Abs. 4 BNatSchG nicht bewältigen<br />

lässt, scheint der von Louis/Weihrich vorgeschlagene Weg<br />

einer direkten Anwendung der EG-rechtlichen Bestimmungen unausweichlich.<br />

Indessen erweist sich auch hier, dass es eines solchen<br />

Vorgehens zur Gewährleistung gemeinschaftsrechtskonformer Entscheidungen<br />

nicht bedarf. Als unmittelbar wirkende Vorschrift des<br />

EG-Artenschutzrechts setzt sich Art. 12 lit. d FFH-RL zwar kraft des<br />

ihr gebührenden Vorrangs des Gemeinschaftsrechts gegenüber den<br />

anderslautenden Anordnungen des nationalen Rechts durch, 25 dies<br />

bedeutet aber lediglich, dass die den Normwiderspruch hervorrufende<br />

Bestimmung des § 43 Abs. 4 BNatSchG im Vollzug nicht zur Anwendung<br />

gelangen darf, soweit sie den Vorgaben des Art. 12 lit. d<br />

FFH-RL widerspricht. <strong>Das</strong> aber bringt es lediglich mit sich, dass die<br />

durch § 43 Abs. 4 BNatSchG bewirkte Freistellung zugelassener Eingriffe,<br />

die mit unabsichtlichen Beeinträchtigungen der geschützten<br />

Lebensstätten einhergehen, nicht zum Tragen kommen kann. Folglich<br />

muss sich ein dies bewirkender Eingriffsakt schlicht an den Verboten<br />

des § 42 Abs. 1 BNatSchG messen lassen und kann – soweit er<br />

hiermit nicht vereinbar ist – nur auf dem oben bereits beschriebenen<br />

Befreiungswege zugelassen werden. Letztlich ist es daher auch in diesem<br />

Sonderfall das nationale Artenschutzrecht, welches <strong>für</strong> eine korrekte<br />

Verwirklichung der artenschutzrechtlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts<br />

Sorge trägt.<br />

90<br />

D. Fazit<br />

Es darf vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen festgehalten<br />

werden, dass die korrekte Anwendung der §§ 42 ff., 62<br />

BNatSchG vollauf genügt, um in Fällen der Zulassung von Eingriffen<br />

in Natur und Landschaft Ergebnisse zu erzielen, die mit<br />

dem richtliniengestützten Artenschutzrecht der EG vereinbar sind.<br />

Hierzu bedarf es lediglich einer richtlinienkonformen Interpretation<br />

des in § 43 Abs. 4 BNatSchG verankerten Merkmals der Absicht<br />

und einer aus Gründen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts gebotenen<br />

Außerachtlassung dieser Bestimmung in jenen Fällen, in<br />

denen eingriffsbedingte Verschlechterungen oder Zerstörungen<br />

von Lebensstätten in Rede stehen, die Art. 12 lit. d FFH-RL verhindert<br />

wissen willen. Kann den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen<br />

aber bereits im Rahmen des nationalen Artenschutzrechts<br />

zur effektiven Verwirklichung verholfen werden, besteht<br />

keine zwingende Notwendigkeit, die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung<br />

zusätzlich mit dieser Aufgabe zu befrachten. Eine<br />

Interpretation des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG unter Einbezug der<br />

Aussagen des EG-Artenschutzrechts – wie sie von Louis/Weihrich<br />

vorgeschlagen wird – mag zur Schärfung des Profils dieser aus sich<br />

heraus nicht eben sonderlich klaren Bestimmung sinnvoll sein, gemeinschaftsrechtlich<br />

geboten ist sie aber jedenfalls nicht.<br />

23 Soweit das BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 – 4 C 6.00, NuR 2001, 385 davon<br />

spricht, »nicht absichtlich (wären) Beeinträchtigungen, die sich als unausweichliche<br />

Konsequenz rechtmäßigen Verhaltens ergeben«, dürfte dies darauf<br />

zurückzuführen sein, dass das den Absichtsbegriff des Gemeinschaftsrechts<br />

verdeutlichende Urteil des EuGH v. 30.1.2002 – Rs. C-103/00<br />

(Kommission / Griechenland) – Slg. 2002, I-1148 Rn. 35 f. im Zeitpunkt der<br />

Entscheidung noch nicht bekannt war.<br />

24 Ampatzis (DG-ENV), Questions concerning the legal interpretation of Art. 12<br />

of Council Directive 92/43/EEC, Meeting of the Working Group on the<br />

Species Protection Regime of the Habitats Directive, 10.9.2002, nicht veröffentlicht;<br />

Gellermann (Fn. 12), NuR 2003, 388; Stüber, EG-Artenschutz<br />

monitoring und dessen Umsetzung in Bundesrecht, NuR 2000, 245, 247; a.A.<br />

Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A 1 § 43 Rn. 16.<br />

25 Vgl. nur Rengeling/Middeke/Gellermann (Fn. 13), Rechtsschutz, § 34 Rn. 10 f.<br />

m. zahlreichen Nachweisen.<br />

apl. Prof. Dr. Martin Gellermann<br />

Anschrift: Schlesierstraße 14, 49492 Westerkappeln, Rechtsanwalt und<br />

außerplanmäßiger Professor an der Universität Osnabrück.<br />

Aktuelle Veröffentlichungen: Recht der natürlichen Lebensgrundlagen in der<br />

Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) – dargestellt am Beispiel der<br />

Windkraftnutzung, NuR 2004, Heft 2; Artenschutz in der Fachplanung und<br />

der kommunalen Bauleitplanung, NuR 2003, 385 ff.; Zur »Erheblichkeit«<br />

der Beeinträchtigung von Natura-2000-Gebieten und solchen, die es werden<br />

wollen, NuR 2003, 205 ff. (zusammen mit Dr. Matthias Schreiber); Verwaltungsvertragliche<br />

Subventionsverhältnisse im Spannungsfeld zwischen Beihilfekontrolle<br />

und Verwaltungsverfahrensrecht, DVBl. 2003, 481 ff.; Kommentierung<br />

der Art. 250 – 256 EGV und 288 EGV, in: Streinz (Hrsg.),<br />

EUV/EGV, Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der<br />

Europäischen Gemeinschaft, München 2003; Rechtsschutz durch deutsche<br />

Gerichte (§§ 33 – 36), in: Rengeling/Middeke/Gellermann (Hrsg.), Handbuch<br />

des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2. Aufl., München 2003.<br />

ZUR 2/2004


BVerwG, Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in der Raumordnung<br />

BVerwG<br />

Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben<br />

in der Raumordnung<br />

Urteil vom 15. Mai 2003 – 4 CN 9.01<br />

Leitsätze:<br />

1. Die dem Träger der Regionalplanung durch Landesgesetz auferlegte<br />

Verpflichtung, in einem Regionalplan regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />

gebietsscharf auszuweisen, ist mit der Garantie<br />

der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) vereinbar,<br />

wenn diese Ausweisung durch überörtliche Interessen von<br />

höherem Gewicht gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit<br />

wahrt (im Anschluss an BVerfGE 76, 107).<br />

2. Die gebietsscharfe Ausweisung der Standorte <strong>für</strong> die Erweiterung<br />

des Landesflughafens und den Neubau einer Landesmesse im Regionalplan<br />

<strong>für</strong> die Region Stuttgart greift nicht in unverhältnismäßiger<br />

Weise in die städtebauliche Planungshoheit der betroffenen<br />

Gemeinde ein und ist mit dem Raumordnungsrecht des Bundes<br />

vereinbar.<br />

3. Ein Ziel der Regionalplanung, das im landesweiten Raumordnungsplan<br />

nicht ausdrücklich festgelegt ist, verletzt das raumordnungsrechtliche<br />

Entwicklungsgebot (erst), wenn es der landesplanerischen<br />

Gesamtkonzeption widerspricht oder nicht aus ihr abzuleiten ist.<br />

4. Gebietsscharfe Standortausweisungen <strong>für</strong> Infrastrukturvorhaben in<br />

einem Regionalplan, die einen Regionalen Grünzug überplanen,<br />

stellen keinen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne der naturschutzrechtlichen<br />

Eingriffsregelung (§ 18 Abs. 1 BNatSchG) dar.<br />

Vorinstanz: VGH Mannheim vom 19.12.2000 – 8 S 2477/99<br />

Aus den Gründen:<br />

I. Die Antragstellerin, die in der südlichen Nachbarschaft von Stuttgart<br />

gelegene Stadt Leinfelden-Echterdingen, wendet sich im Wege<br />

der Normenkontrolle gegen die vom Antragsgegner am 21.7.1999<br />

beschlossene Teiländerung des Regionalplans <strong>für</strong> die Region Stuttgart<br />

von 1989, die auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin jeweils<br />

einen Standort <strong>für</strong> die Erweiterung des Flughafens Stuttgart<br />

und <strong>für</strong> den Bau einer neuen Landesmesse ausweist. (...) Die überplanten<br />

Flächen waren im Regionalplan 1989 als Teile eines Regionalen<br />

Grünzuges ausgewiesen und werden überwiegend landwirtschaftlich<br />

genutzt. Die Planänderung weist einen etwa 26 ha<br />

großen, westlich an das Flughafengelände grenzenden Bereich gebietsscharf<br />

(Maßstab 1:50 000) als »Standort <strong>für</strong> regionalbedeutsame<br />

Infrastrukturvorhaben – Flughafenerweiterung« aus, an den<br />

sich weiter nach Westen eine bis zur B 27 reichende Grünzäsur<br />

anschließt. Nach Plansatz 4.5.3. (Z) ist dieser Erweiterungsbereich<br />

»<strong>für</strong> den landseitigen Ausbau der regional- und landesbedeutsamen<br />

Infrastruktureinrichtung Landesflughafen zu sichern und von konkurrierenden<br />

Planungen und Nutzungen freizuhalten«. Der Bereich<br />

nördlich des Flughafens bis zum »Lachengraben« ist gebietsscharf<br />

als »Standort <strong>für</strong> regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />

– Messe« ausgewiesen. Plansatz 4.5.1. (Z) bestimmt, dass der Standort<br />

»<strong>für</strong> den Ausbau der Landesmesse einschließlich der Nebeneinrichtungen,<br />

die mit ihr in einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang<br />

stehen, und <strong>für</strong> die innere Erschließung zu sichern<br />

und von konkurrierenden Planungen und Nutzungen freizuhalten<br />

(ist)«. Ein kleiner Teil dieses etwa 70 ha großen Bereichs ist zugleich<br />

als Fläche <strong>für</strong> die Flughafenerweiterung ausgewiesen. Der Bereich<br />

nordwestlich des »Lachengrabens« ist Teil eines sich nördlich fortsetzenden<br />

Regionalen Grünzugs.<br />

In dem 1995 eingeleiteten Teiländerungsverfahren machte die<br />

Antragstellerin geltend, dass die Standortausweisungen ihren bereits<br />

verfestigten städtebaulichen Zielvorstellungen zuwiderliefen<br />

und zusammen mit den Vorbelastungen durch die auf ihrem Gebiet<br />

bereits vorhandenen großräumigen Infrastruktureinrichtun-<br />

ZUR 2/2004<br />

gen (A 8, B 27, Landesflughafen) die Grenze des Zumutbaren überschritten.<br />

Mit ihrem Normenkontrollantrag vom 18.10.1999, die<br />

Satzung über die Teiländerung des Regionalplans (Messe/Flughafen)<br />

<strong>für</strong> nichtig zu erklären, hat die Antragstellerin ihr bisheriges<br />

Vorbringen vertieft und ergänzt.<br />

<strong>Das</strong> Normenkontrollgericht hat den Antrag mit Urteil vom<br />

19.12.2000 (VBlBW 2001, 266) abgelehnt. (...)<br />

II. Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. <strong>Das</strong> Normenkontrollurteil<br />

steht mit Bundesrecht in Einklang.<br />

<strong>Das</strong> Normenkontrollgericht hat zu Recht entschieden, dass die<br />

gebietsscharfe Ausweisung der Standorte <strong>für</strong> die Landesmesse und<br />

die Erweiterung des Flughafens Stuttgart in der angegriffenen<br />

Teiländerung des Regionalplans ihre Rechtsgrundlage in § 8 Abs. 3<br />

S. 1 Nr. 3 LplG findet. Die Auffassung der Vorinstanz, dass die angefochtene<br />

Teiländerung des Regionalplans weder zwingende Vorgaben<br />

des Bundesrechts noch das raumordnungsrechtliche Abwägungsgebot<br />

verletzt, ist revisionsgerichtlich ebenfalls nicht zu<br />

beanstanden.<br />

1. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG berechtigt und verpflichtet den zuständigen<br />

Träger der Regionalplanung, im Regionalplan <strong>für</strong> die Region<br />

Stuttgart Standorte <strong>für</strong> regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />

gebietsscharf auszuweisen. Entgegen der Revision verletzt<br />

diese Vorschrift höherrangiges Recht nicht.<br />

1.1. Nach den Ausführungen der Vorinstanz richtet sich die Vorschrift<br />

an die nachgeordneten Träger der Bauleitplanung und der<br />

Fachplanung. Mit diesem Inhalt ist sie dem Raumordnungsrecht<br />

zuzuordnen (Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG). Sie greift nicht in die vom<br />

Bundesgesetzgeber abschließend normierte Materie des Bodenrechts<br />

(Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) hinüber, zu der nur solche Vorschriften<br />

gehören, welche die rechtlichen Beziehungen des Menschen<br />

zum Grund und Boden unmittelbar regeln (vgl. BVerfGE 3,<br />

407, 424). An diese Auslegung des irrevisiblen Landesrechts ist das<br />

Revisionsgericht gebunden (§ 173 VwGO, § 560 ZPO).<br />

1.2. Die gesetzliche Verpflichtung zur gebietsscharfen Ausweisung<br />

regionalbedeutsamer Infrastrukturvorhaben im Regionalplan<br />

<strong>für</strong> die Region Stuttgart verletzt nicht die kommunale Selbstverwaltungsgarantie<br />

in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, die auch die Bauleitplanung<br />

<strong>für</strong> das Gemeindegebiet umfasst.<br />

Der Revision ist zwar einzuräumen, dass gebietsscharfe Standortausweisungen,<br />

die wie hier Ziele der Raumordnung bilden (vgl. § 3<br />

Nr. 2 ROG 1998), konkrete Eingriffe in die gemeindliche Planungshoheit<br />

darstellen. Die Gemeinden haben diese Ausweisungen bei<br />

ihren raumbedeutsamen Planungen zu beachten und ihre Bauleitpläne<br />

an sie anzupassen (§ 4 Abs. 1 S. 1 ROG 1998, § 6 Abs. 3 S. 2<br />

i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 2 LplG, § 1 Abs. 4 BauGB). <strong>Das</strong> Normenkontrollgericht<br />

spricht zutreffend von einem »Verbot der zielwidrigen<br />

Bauleitplanung«. Die von einer gebietsscharfen Ausweisung betroffene<br />

Gemeinde in der Region Stuttgart darf in die Standortfläche<br />

nicht »hineinplanen«, sie muss die Fläche planerisch freihalten.<br />

Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG steht der gemeindlichen Bindung an Ziele<br />

der Raumordnung und Landesplanung indes nicht prinzipiell entgegen.<br />

<strong>Das</strong> Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung<br />

nur, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes<br />

bestimmen. Der regionalplanerische »Durchgriff« auf Gemeindegebietsteile<br />

ist allerdings an verfassungsrechtliche Voraussetzungen<br />

gebunden, die auch <strong>für</strong> Normen des Landesplanungsrechts gelten,<br />

die wie § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG den Träger der Regionalplanung<br />

zu gebietsscharfen Eingriffen in die Planungshoheit der Gemeinden<br />

einer bestimmten Region berechtigen und verpflichten. Die<br />

verfassungsrechtlichen Bedenken der Revision gegen diese Norm<br />

sind jedoch unbegründet.<br />

1.2.1. Schränkt die Regionalplanung die Planungshoheit einzelner<br />

Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem<br />

Gewicht den Eingriff rechtfertigen. Verpflichtet der Landes-<br />

91


Rechtsprechung<br />

gesetzgeber die Regionalplanung unter bestimmten Voraussetzungen<br />

zu Eingriffen in die kommunale Planungshoheit, ist der allgemeine<br />

verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit<br />

zu beachten und eine Güterabwägung vorzunehmen (BVerfGE 56,<br />

298, 313 f.; 76, 107, 119 f.; 103, 332, 365 ff.; zu den strengeren Anforderungen<br />

bei einer gesetzlichen Aufgabenentziehung siehe hingegen<br />

BVerfGE 79, 127, 153). Der Eingriff in die Planungshoheit<br />

der einzelnen Gemeinde muss gerade angesichts der Bedeutung<br />

der kommunalen Selbstverwaltung verhältnismäßig sein. Ob diese<br />

Voraussetzung erfüllt ist, ist anhand der konkreten Gegebenheiten<br />

im Wege der Güterabwägung zu ermitteln. Je stärker eine<br />

Gemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem sonstigen<br />

Ausstattungspotential her einer Situationsgebundenheit<br />

unterliegt, desto eher sind ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen,<br />

zumutbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 – 4 NB<br />

20.91, BVerwGE 90, 329, 336; Urteil vom 14.12.2000 – 4 C 13.99,<br />

BVerwGE 112, 274, 291, im Anschluss an BVerfGE 76, 107, 119,<br />

123). Die Gemeinde ist ferner bei der Aufstellung des Regionalplans<br />

zu beteiligen. Ihr muss die substantielle Möglichkeit verbleiben,<br />

ihre städtebaulichen Interessen rechtzeitig und ausreichend<br />

in den Entscheidungsprozess einzubringen (vgl. BVerfGE<br />

76, 107, 122; BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 a.a.O., S. 335; Urteil<br />

vom 14.12.2000 a.a.O., S. 289; Urteil vom 182.1994 – 4 C 4.92<br />

– BVerwGE 95, 123, 131).<br />

Unter diesen Voraussetzungen können auch gebietsscharfe Standortausweisungen<br />

<strong>für</strong> Infrastrukturvorhaben mit Art. 28 Abs. 2 S. 1<br />

GG vereinbar sein (vgl. BVerfGE 76, 107, 121 zu Zielen eines<br />

Raumordnungsprogramms, die ein Drittel des Gemeindegebiets als<br />

»Vorrangstandort <strong>für</strong> großindustrielle Anlagen« festlegen). Die Auffassung<br />

der Revision, solche Ausweisungen verletzten wegen ihres<br />

hohen Konkretisierungsgrades grundsätzlich das kommunale<br />

Selbstverwaltungsrecht, wird der gesetzlichen Aufgabenstellung<br />

der Regionalplanung nicht gerecht. Es gehört zu den herkömmlichen<br />

Mitteln überörtlicher Koordination, Raumfunktionen zu<br />

sichern, die an besondere Lagevorteile oder Standortbedingungen<br />

geknüpft sind. So hat der erkennende Senat bereits entschieden,<br />

dass die regionalplanerische Ausweisung standortspezifischer Nutzungsarten<br />

(z.B. Vorranggebiet <strong>für</strong> Erholung) in der Regel naturräumlichen<br />

Zäsuren (Straßen, Schienenwege oder Flussläufe) folgt<br />

(BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 a.a.O., S. 336 f.), und nicht in<br />

Frage gestellt, dass solche Flächenfunktionszuweisungen »aus der<br />

Natur der Sache« gebietsscharf sein können.<br />

Auch Standortausweisungen <strong>für</strong> Infrastrukturvorhaben sind wegen<br />

ihrer Raum freihaltenden Zielrichtung auf einen hohen Konkretisierungsgrad<br />

angewiesen. Sie können ihre Steuerungsfunktion auf<br />

nachgeordneten Planungsstufen nur bei hinreichender räumlicher<br />

Bestimmtheit entfalten. Die jeweilige Aussageschärfe einer Standortausweisung<br />

(übergemeindlich, gemeindescharf oder gebietsscharf)<br />

hängt davon ab, welchen Koordinierungsbedarf das Vorhaben<br />

im Hinblick auf überörtliche und damit raumbedeutsame<br />

Belange auslöst und ob die planerische Kraft einer oder mehrerer<br />

Gemeinden ausreicht, diesen Bedarf zu bewältigen (vgl. auch<br />

BVerwG, Urteil vom 4.5.1988 – 4 C 22.87, BVerwGE 79, 318, 320,<br />

zum Begriff der Vorhaben von überörtlicher Bedeutung in § 38<br />

BBauG/BauGB). Entscheidend sind die raumordnerischen Rahmenbedingungen<br />

und die raumstrukturellen Erfordernisse in der<br />

jeweiligen Planungsregion. Regionalplanerische Standortfestlegungen<br />

in einem großstädtischen Ballungsraum mit hoher baulicher<br />

Verdichtung erfordern im Allgemeinen ein höheres Maß an Planungskoordination<br />

und räumlicher Bestimmtheit als Standortausweisungen<br />

in dünn besiedelten ländlichen Räumen. Ein Landesgesetzgeber,<br />

der (abstrakt-generell) zur gebietsscharfen Ausweisung<br />

von Standorten <strong>für</strong> Infrastrukturmaßnahmen in einer Region verpflichtet,<br />

muss diesen Eingriff in die kommunale Planungshoheit<br />

92<br />

allerdings aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf solche Vorhaben<br />

begrenzen, die typischerweise aus überörtlichen, raumordnerischen<br />

Gründen schwerer wiegen als das Interesse der Gemeinden,<br />

von der Standortausweisung verschont zu bleiben.<br />

1.2.2. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG genügt diesen Anforderungen.<br />

Die Beteiligung der betroffenen Gemeinden an der Ausarbeitung<br />

des Regionalplans ist sichergestellt (vgl. § 9 Abs. 2 LplG).<br />

§ 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG verpflichtet nur zur Ausweisung<br />

»regionalbedeutsamer« Infrastrukturvorhaben. <strong>Das</strong> Erfordernis der<br />

Regionalbedeutsamkeit wird in § 8 Abs. 2 LplG näher definiert. Danach<br />

setzt die gebietsscharfe Standortausweisung in einem Regionalplan<br />

voraus, dass das Vorhaben erforderlich ist, um eine geordnete,<br />

mit den Verkehrs- und Versorgungsnetzen abgestimmte<br />

Entwicklung der Siedlungs-, Freiraum- und Wirtschaftsstruktur der<br />

Region sicherzustellen. Die Regionalbedeutsamkeit knüpft somit<br />

an überörtliche Belange von hohem Gewicht an. Die Verpflichtung<br />

zur gebietsscharfen Standortausweisung gilt zudem nur <strong>für</strong> die Region<br />

Stuttgart. Die Eingrenzung auf die Region der Landeshauptstadt<br />

verschafft der Regelung in § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG eine zusätzliche<br />

Rechtfertigung.<br />

In der von der Vorinstanz in Bezug genommenen Begründung<br />

<strong>für</strong> das Gesetz über die Stärkung der Zusammenarbeit in der Region<br />

Stuttgart vom 7.2.1994 (GBl. 1994, 92), das § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3<br />

in das Landesplanungsgesetz eingefügt hat, wird näher ausgeführt,<br />

dass der Gesetzgeber die Position der Region Stuttgart als bevölkerungsreichste<br />

und wirtschaftsstärkste Region des Landes im europäischen<br />

und internationalen Wettbewerb habe stärken wollen.<br />

Entscheidend <strong>für</strong> die Standortentscheidung der Unternehmen sei<br />

neben der Verfügbarkeit von Gewerbe- und Industrieflächen in attraktiven<br />

Lagen vor allem auch eine optimale Infrastrukturausstattung.<br />

In dieser Hinsicht sei die gegenwärtige Lage in der Region<br />

Stuttgart als hochbelastete Stadtregion defizitär und die Bedeutung<br />

der Region als Wirtschaftsstandort gefährdet. Die regionale Standortsicherung<br />

und -vorsorge bilde daher eine dringende raumordnerische<br />

Zukunftsaufgabe (vgl. LTDrucks. 11/3067, S. 1, 26 f.). Für<br />

großräumig bedeutsame Einrichtungen (wie Güterverkehrszentren,<br />

Frachtzentren oder ein Messegelände u.ä.) sei es äußerst schwierig,<br />

geeignete Standorte zu finden. Die Akzeptanz bei den Gemeinden<br />

<strong>für</strong> solche Vorhaben sei insbesondere dann gering, wenn von diesen<br />

nur ein geringer finanzieller Gewinn, wenige zusätzliche Arbeitsplätze<br />

oder eine Steigerung des Verkehrsaufkommens zu erwarten<br />

sei und Gewerbeflächen <strong>für</strong> die gemeindliche Entwicklung<br />

nicht mehr zur Verfügung stünden (a.a.O., S. 27).<br />

Vor diesem Hintergrund ist dem Normenkontrollgericht darin<br />

zuzustimmen, dass der mit der gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben<br />

verbundene und hier umstrittene Eingriff in<br />

die kommunale Planungshoheit durch überörtliche Interessen von<br />

höherem Gewicht gerechtfertigt ist. <strong>Das</strong> gilt zunächst im Hinblick<br />

auf den hohen Konkretisierungsgrad einer gebietsscharfen Standortentscheidung,<br />

der durch die enge Verflechtung örtlicher und<br />

überörtlicher Belange in dem großstädtischen Ballungsraum und<br />

durch die Erfordernisse einer wirkungsvollen planerischen Gesamtkoordination<br />

auf begrenztem Raum bedingt ist (vgl. dazu auch<br />

Kilian/Müllers, VerwArch 1998, 25, 61 ff. m.w.N. zur Regionalplanung<br />

bei Stadt-Umland-Problemen in großstädtischen Verdichtungsräumen).<br />

Die vorgenannten Erwägungen des Gesetzgebers tragen auch die<br />

dem Träger der Regionalplanung in der Region Stuttgart gesetzlich<br />

auferlegte Verpflichtung zur Standortausweisung. Die Ausweisungspflicht<br />

beschränkt zunächst den planerischen Abwägungsspielraum,<br />

der dem Träger der Regionalplanung eingeräumt ist<br />

(vgl. nunmehr ausdrücklich § 7 Abs. 7 ROG 1998). Die gesetzliche<br />

Planungspflicht nimmt ihm die Wahlmöglichkeit, von der gebietsscharfen<br />

Ausweisung eines als regionalbedeutsam bewerteten In-<br />

ZUR 2/2004


BVerwG, Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in der Raumordnung<br />

frastrukturvorhabens in der Region Stuttgart aus Gründen, die er<br />

<strong>für</strong> gewichtiger hält, Abstand zu nehmen. Mittelbar kann sich die<br />

Planungspflicht auch zum Nachteil potenzieller Standortgemeinden<br />

in der Region auswirken, die sich gegen eine gebietsscharfe<br />

Standortfestlegung auf ihrer Gemarkung wenden. <strong>Das</strong> rechtfertigt<br />

sich jedoch ebenfalls aus den in der Gesetzesbegründung angeführten<br />

überörtlichen Planungsinteressen und begegnet im Hinblick<br />

auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG keinen Bedenken. Der besondere<br />

raumordnerische Planungsbedarf im Umfeld der Landeshauptstadt<br />

entkräftet schließlich auch den Einwand der Revision, die gesetzliche<br />

Ausweisungspflicht stelle eine gleichheitswidrige, willkürliche<br />

Sonderbelastung der Region Stuttgart im Verhältnis zu den anderen<br />

Regionen des Landes dar.<br />

1.2.3. Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der Revision, § 8<br />

Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG verpflichte den Träger der Regionalplanung zur<br />

Ausweisung von Standorten <strong>für</strong> Infrastrukturvorhaben in der Region<br />

Stuttgart ohne Rücksicht auf einen entsprechenden Bedarf. <strong>Das</strong> Normenkontrollgericht<br />

hat die Vorschrift <strong>für</strong> das Revisionsgericht bindend<br />

dahin ausgelegt, dass sie nicht zur Planung von Vorhaben verpflichte,<br />

<strong>für</strong> die es keinen Bedarf gebe. Die Ausweisung müsse aus<br />

raumordnerischen Gründen erforderlich sein; dazu gehöre auch,<br />

dass es <strong>für</strong> das Vorhaben selbst überhaupt einen Bedarf gebe. Der<br />

Landesgesetzgeber hat also nicht, wie die Revision aus der Ausweisungspflicht<br />

schließt, auf eine Bedarfsprüfung »gesetzlich verzichtet«.<br />

Ein derartiger Verzicht wäre mit den Grundsätzen einer rechtsstaatlichen<br />

Planung auch nicht vereinbar und könnte einen Eingriff<br />

in die gemeindliche Planungshoheit nicht rechtfertigen.<br />

1.3. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG ist mit dem Raumordnungsgesetz in<br />

der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung (ROG 1993) ebenso vereinbar<br />

wie mit dem Raumordnungsgesetz in der ab 1.1.1998 geltenden<br />

Fassung (ROG 1998). Beide Gesetzesfassungen ermächtigen den<br />

Landesgesetzgeber zwar nicht ausdrücklich dazu, den Träger der Regionalplanung<br />

zur gebietsscharfen Ausweisung regionalbedeutsamer<br />

Infrastrukturvorhaben zu verpflichten. Sie stehen einer entsprechenden<br />

landesrechtlichen Regelung aber auch nicht entgegen.<br />

Zulässigkeit und Grenzen gebietsscharfer Standortentscheidungen<br />

beurteilen sich stets nach der Aufgabenstellung der Raumordnungsplanung<br />

sowie – im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit<br />

(Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) – nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit<br />

und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in mehrstufigen<br />

Planungsprozessen. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens<br />

darf der Landesgesetzgeber einen Träger der Regionalplanung zur gebietsscharfen<br />

Ausweisung von Infrastrukturvorhaben ermächtigen,<br />

soweit die vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Grenzen<br />

nicht überschritten werden.<br />

Die von der Revision angegriffene Pflicht zur Ausweisung von<br />

Infrastrukturvorhaben steht auch nicht im Widerspruch zur rahmenrechtlichen<br />

Vorschrift des § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ROG 1998, die<br />

vorsieht, dass Raumordnungspläne die zu sichernden Standorte<br />

und Trassen <strong>für</strong> Infrastruktur festlegen »sollen«. <strong>Das</strong> Normenkontrollgericht<br />

verweist zu Recht auf § 6 ROG 1998, nach dem die<br />

Länder Rechtsgrundlagen <strong>für</strong> die Raumordnung auf ihrem Gebiet<br />

im Rahmen der §§ 7 bis 16 ROG 1998 zu schaffen haben, weitergehende<br />

und ins Einzelne gehende landesrechtliche Vorschriften<br />

jedoch zulässig sind, soweit diese den §§ 7 bis 16 ROG 1998 nicht<br />

widersprechen (vgl. auch § 3 Abs. 2 S. 4 ROG 1993). § 7 Abs. 2 ROG<br />

1998 umschreibt den Mindestinhalt, den Raumordnungspläne im<br />

Regelfall enthalten sollen, und schließt die landesrechtliche Einführung<br />

einer Ausweisungspflicht <strong>für</strong> regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />

in einer Region nicht aus, soweit die Aufgaben<br />

der Regionalplanung nach der Wertung des Landesgesetzgebers<br />

dies erfordern. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Träger<br />

der Regionalplanung die darin liegende Beschränkung seines Abwägungsspielraums<br />

hinzunehmen.<br />

ZUR 2/2004<br />

1.4. Zurückzuweisen ist schließlich das Vorbringen der Revision,<br />

die in § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG enthaltene Verpflichtung zur gebietsscharfen<br />

Ausweisung eines Messestandorts im Regionalplan<br />

sei mit den bundesrechtlichen Vorschriften der §§ 1 und 9 BauGB<br />

sowie § 11 Abs. 2 BauNVO nicht vereinbar. Diese Vorschriften behielten<br />

die Ausweisung eines Messegebiets einem von der Gemeinde<br />

aufzustellenden Bebauungsplan vor; über den »Umweg«<br />

der Regionalplanung dürfe kein »Schatten«-Bodennutzungsrecht<br />

entstehen.<br />

Nach § 11 Abs. 2 BauNVO gehören zwar Gebiete <strong>für</strong> Messen,<br />

Ausstellungen und Kongresse zu den (sonstigen) Sondergebieten,<br />

die eine Gemeinde im Bebauungsplan darstellen und festsetzen<br />

kann. Diese Planungsmöglichkeit steht jedoch unter dem Vorbehalt,<br />

dass Ziele der Raumordnung nicht entgegenstehen. Nach § 1<br />

Abs. 4 BauGB sind Bebauungspläne den Zielen der Raumordnung<br />

anzupassen. Eine Gemeinde darf sich bei der Planung eines Messegebiets<br />

nicht in Widerspruch zur gebietsscharfen Standortausweisung<br />

im Regionalplan setzen, sie ist an die regionalplanerische<br />

Standortentscheidung gebunden. Die Standortfestlegung schafft jedoch<br />

nur einen Rahmen, der im Hinblick auf ein konkretes Vorhaben<br />

auszufüllen ist. Die Planung eines Messegebiets (§ 11 Abs. 2<br />

BauNVO) durch die Standortgemeinde bildet einen Weg der<br />

Konkretisierung. Insoweit schließen sich regionalplanerische<br />

Standortentscheidung und kommunale Bauleitplanung nicht aus,<br />

sondern ergänzen sich.<br />

Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass das Landesmessegesetz<br />

vom 15.12.1998 (GBl S. 666) die Errichtung der<br />

Landesmesse einem Fachplanungsvorbehalt unterwirft (§ 3 LandesmesseG)<br />

und damit der kommunalen Planungshoheit der Antragstellerin<br />

vollständig entzieht. Dieser Umstand ist jedoch nicht<br />

geeignet, verfassungsrechtliche Zweifel an der Regelung des § 8<br />

Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG auszulösen. Rechtsgrundlage des Fachplanungsvorbehalts<br />

ist, wie das Normenkontrollgericht ausführt,<br />

nicht das Landesplanungsgesetz, sondern das Landesmessegesetz,<br />

das den in § 38 BauGB geregelten Vorrang der Fachplanung <strong>für</strong><br />

Vorhaben von überörtlicher Bedeutung <strong>für</strong> sich in Anspruch<br />

nimmt.<br />

2. Der Einwand der Revision, der Antragsgegner habe § 8 Abs. 3<br />

S. 1 Nr. 3 LplG – seine Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht unterstellt<br />

– hinsichtlich der gebietsscharfen Ausweisung des Messestandorts<br />

jedenfalls unter Verletzung zwingender Normen des<br />

Raumordnungsrechts umgesetzt, bleibt ebenfalls erfolglos. Soweit<br />

die Antragstellerin Einwände dieser Art bereits gegenüber dem Normenkontrollgericht<br />

erhoben hat, werden sie im angefochtenen Urteil<br />

ohne Verstoß gegen Bundesrecht zurückgewiesen. Die in diesem<br />

Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen der Revision<br />

greifen nicht durch.<br />

(...)<br />

2.3. Die Revision rügt ferner, das Normenkontrollgericht habe<br />

übersehen, dass die Standortausweisung <strong>für</strong> die Landesmesse dem<br />

raumordnungsrechtlichen Entwicklungsgebot widerspreche. Regionalpläne<br />

seien aus dem Raumordnungsplan <strong>für</strong> das Landesgebiet<br />

zu entwickeln. Der Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg<br />

weise einen Messestandort nicht aus. Er beschäftige sich gar<br />

nicht mit dem »Messethema«. Die angegriffene Zielvorgabe 4.5.1<br />

»Standortsicherung Landesmesse« sei daher nichtig.<br />

Auch mit diesem Vorbringen kann die Revision nicht durchdringen.<br />

Es kann dahin stehen, ob das Raumordnungsgesetz 1993<br />

die Träger der Regionalplanung unmittelbar verpflichtete, den Regionalplan<br />

aus dem Raumordnungsplan <strong>für</strong> das Landesgebiet zu<br />

entwickeln (vgl. nunmehr die Rahmenvorschrift des § 9 Abs. 2 S. 1<br />

ROG 1998). <strong>Das</strong> raumordnungsrechtliche Entwicklungsgebot ist<br />

jedenfalls nicht schon dann verletzt, wenn ein konkretes regionalplanerisches<br />

Ziel formal keine Entsprechung im landesweiten<br />

93


Rechtsprechung<br />

Raumordnungsplan findet. Der Gehalt des Entwickelns besteht<br />

auch hier in einer inhaltlichen, nämlich planerisch-konzeptionellen<br />

Ableitung (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.10.1984 – 4 N 4.84, BVerwGE<br />

70, 171, 177, zum Entwicklungsgebot in § 8 Abs. 2 S. 1<br />

BBauG/BauGB). Der Träger der Regionalplanung hat dabei die Ziele<br />

der Raumordnung im landesweiten Raumordnungsplan zu beachten<br />

(§ 3 Nr. 7, § 4 Abs. 1 S. 1 ROG 1998) und die Grundsätze der<br />

Raumordnung nach Maßgabe der landesweiten Grundkonzeption<br />

zu konkretisieren (vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 2 ROG 1993,<br />

§ 7 Abs. 1 S. 1 ROG 1998).<br />

Weist der landesweite Raumordnungsplan keinen Standort <strong>für</strong><br />

eine Landesmesse aus, ist dies noch kein Indiz da<strong>für</strong>, dass die Ausweisung<br />

eines Messestandorts in einem Regionalplan die Grundsätze<br />

der Raumordnung verletzt. Diese übergeordneten Grundsätze<br />

gebieten u.a., die Infrastruktur mit der Siedlungs- und Freiraumstruktur<br />

in Übereinstimmung zu bringen und verdichtete Räume<br />

als Wohn-, Produktions- und Dienstleistungsschwerpunkte zu<br />

sichern (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 5 ROG 1993, § 2 Abs. 2 Nr. 4 und<br />

5 ROG 1998). Sie richten sich auch an die Regionalplanung und ermächtigen<br />

diese auch zur Ausweisung von Infrastrukturvorhaben,<br />

die im landesweiten Raumordnungsplan (Landesentwicklungsplan)<br />

noch keinen Niederschlag gefunden haben. Ein einzelnes<br />

Ziel der Regionalplanung verletzt das so verstandene Entwicklungsgebot<br />

erst, wenn es der landesplanerischen Gesamtkonzeption<br />

widerspricht oder nicht aus ihr abzuleiten ist (vgl. auch Runkel,<br />

in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und<br />

Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand Juli 2002,<br />

Rn. 150 zu K § 3).<br />

3. Die Ausführungen des Normenkontrollgerichts zur Planrechtfertigung<br />

und zur regionalplanerischen Abwägung des Antragsgegners<br />

stehen ebenfalls mit Bundesrecht in Einklang.<br />

3.1. (…)<br />

3.2. Die Revision erhebt eine Reihe von Einwänden, welche die<br />

Kriterien der Standortwahl und die Prüfung von Standortalternativen<br />

betreffen. Sie sind unbegründet.<br />

3.2.1. – 3.2.3 (…)<br />

3.2.4. Die Revision rügt schließlich, der Antragsgegner habe den<br />

Messestandort Böblingen vorzeitig ausgeschieden. Ein Standortvergleich<br />

hätte ergeben, dass das Ziel der Messeansiedlung weniger<br />

eingreifend am Standort Böblingen zu verwirklichen sei, zumal diese<br />

Stadt mit dem Neubau der Messe auf ihrem Gebiet einverstanden<br />

sei. Auch mit diesem Einwand dringt die Revision nicht durch.<br />

Der Träger der Regionalplanung ist zwar nach allgemeinen Abwägungsgrundsätzen<br />

verpflichtet, ernsthaft in Betracht kommende<br />

Alternativstandorte einer vergleichenden Prüfung aus raumordnerischer<br />

Sicht zu unterziehen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, die<br />

Prüfung der Standortalternativen bis zuletzt offen zu halten und<br />

alle zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen<br />

detailliert und umfassend zu untersuchen. Er braucht<br />

den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies <strong>für</strong> eine sachgerechte<br />

Standortwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens<br />

erforderlich ist. Einen Alternativstandort, der ihm auf der<br />

Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, darf<br />

er in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Verfährt er in<br />

dieser Weise, handelt er nicht abwägungsfehlerhaft, wenn sich später<br />

herausstellt, dass eine von ihm verworfene Alternative ebenfalls<br />

mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst dann,<br />

wenn sich ihm die ausgeschiedene Lösung als die vorzugswürdige<br />

hätte aufdrängen müssen (zu vergleichbaren Fragen der Alternativenprüfung<br />

im Fachplanungsrecht vgl. BVerwG, Urteil vom<br />

25.1.1996 – 4 C 5.95, BVerwGE 100, 238, 249 f. m.w.N.).<br />

(…)<br />

3.3. Entgegen der Revision hat das Normenkontrollgericht auch<br />

die Auswirkungen der angegriffenen Standortentscheidungen auf<br />

94<br />

die kommunale Planungshoheit der Antragstellerin ohne Verstoß<br />

gegen Bundesrecht gewürdigt und eine Verletzung ihres kommunalen<br />

Selbstverwaltungsrechts verneint.<br />

3.3.1. Die Antragstellerin rügt, das Normenkontrollgericht habe<br />

es sich insoweit bei der Überprüfung der regionalplanerischen Abwägung<br />

»zu einfach gemacht«. Im Einzelnen trägt sie vor: Auf<br />

ihrem Gebiet seien mit der A 8, der B 27 und dem Internationalen<br />

Verkehrsflughafen bereits drei große und überregional bedeutsame,<br />

raumgreifende Infrastrukturmaßnahmen angesiedelt; mit dem (geplanten)<br />

»Filderbahnhof« (ICE-Bahnhof am Flughafen) und der<br />

»Gäubahn« kämen zwei weitere Vorhaben dieser Größenordnung<br />

hinzu. Damit sei die Grenze einer noch hinnehmbaren Gesamtbelastung<br />

überschritten. Die Standortentscheidungen <strong>für</strong> die Messe<br />

und die Flughafenerweiterung durchkreuzten auch ihre eigenen<br />

planerischen Vorstellungen, die auf der Grundlage eines Aufstellungsbeschlusses<br />

vom 12.12.1995 im Bebauungsplanentwurf<br />

»Lachenäcker« bis zur Planreife gediehen seien. Die Ansiedlung der<br />

Landesmesse werde den Fahrzeuglärm, die Luftverschmutzung und<br />

den Grad der Bodenversiegelung erheblich erhöhen. Der Stadt werde<br />

ein »städtebaulich nicht integrierbarer und siedlungsstrukturell<br />

nicht wieder gutzumachende Schäden anrichtender Fremdkörper«<br />

aufgezwungen. Der Verlust von Flächen <strong>für</strong> eine »Freiluftnutzung«<br />

werde den Betrieb zahlreicher öffentlicher Einrichtungen in Echterdingen<br />

und im gesamten Stadtgebiet (»Schulen, Kindergärten,<br />

Spiel- und Bolzplätze, Sportanlagen, Altenheime, Gemeindehallen,<br />

Rathaus, Stadtbücherei, Festplätze und Friedhöfe«) beeinträchtigen.<br />

Hinsichtlich der planerischen Auswirkungen auf die Umwelt<br />

(Verkehrsbelastungen und Immissionen), die gemeindliche Infrastruktur<br />

und den messebedingten Siedlungsdruck zeige die Planung<br />

des Antragsgegners eine »bedenkliche Konzeptionslosigkeit«.<br />

Die negativen Folgen der Standortentscheidungen seien regionalplanerisch<br />

nicht bewältigt worden.<br />

3.3.2. Der damit verbundene Vorwurf, das Normenkontrollgericht<br />

habe die kommunalen Belange der Antragstellerin ebenso wie<br />

der Antragsgegner objektiv fehlgewichtet, gibt Anlass zu folgender<br />

Vorbemerkung:<br />

Standortentscheidungen der Regionalplanung sind den Aufgaben<br />

und Leitvorstellungen einer nachhaltigen Raumentwicklung<br />

verpflichtet; sie dienen dem Ausgleich sozialer, wirtschaftlicher<br />

und ökologischer Ansprüche an die Raumnutzung. Nutzungsansprüche<br />

und ökologische Schutzansprüche sind räumlich in Einklang<br />

zu bringen. Diese Steuerungsfunktion prägt Gegenstand und<br />

Inhalt des regionalplanerischen Abwägungsprogramms. Die Anforderungen<br />

an Ermittlungstiefe und Abwägungsdichte der Standortplanung<br />

hängen zwar maßgeblich vom Konkretisierungsgrad<br />

der jeweiligen Zielaussage ab (vgl. bereits Senatsbeschluss vom<br />

20.8.1992 a.a.O., S. 334). Je konkreter die Festlegungen eines Regionalplans<br />

sind, umso schärfer sind die Raumverhältnisse im Umfeld<br />

des Standorts in den Blick zu nehmen. <strong>Das</strong> gilt insbesondere<br />

<strong>für</strong> die gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in<br />

Verdichtungsräumen, die Lärmbelastungen, Luftverunreinigungen,<br />

Überlastungen der Verkehrsnetze oder andere nachteilige<br />

Auswirkungen auf die Lebensbedingungen und die bestehenden<br />

Wirtschafts- und Sozialstrukturen be<strong>für</strong>chten lassen. Auch die gebietsscharfe<br />

Standortfestlegung in einem Regionalplan beschränkt<br />

sich jedoch (nur) auf die Aussage, dass der ausgewählte Standort<br />

aus raumordnerischer Sicht geeignet ist, konkurrierende Raumnutzungen<br />

und Raumfunktionen in einen dauerhaften, großräumig<br />

ausgewogenen Ausgleich zu bringen. Dieses Ausgleichsziel bestimmt<br />

die Zusammenstellung und Gewichtung des Abwägungsmaterials.<br />

Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung der<br />

spezifisch fachgesetzlichen Anforderungen bleibt der Entscheidung<br />

über die Zulässigkeit des Vorhabens in der Planfeststellung oder –<br />

gegebenenfalls nach einer bauleitplanerischen Konkretisierung –<br />

ZUR 2/2004


BVerwG, Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in der Raumordnung<br />

durch Genehmigung vorbehalten, in der dem Träger des Vorhabens<br />

auch die erforderlichen (baulichen, technischen oder betrieblichen)<br />

Schutzvorkehrungen aufzuerlegen sind.<br />

3.3.3. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Normenkontrollgericht<br />

zu Recht entschieden, dass die Standortausweisungen<br />

und deren mittelbaren Auswirkungen auf das Gemeindegebiet<br />

nicht in unverhältnismäßiger oder unzumutbarer Weise in das<br />

Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin eingreifen.<br />

(…)<br />

<strong>Das</strong> Normenkontrollgericht würdigt ferner die städtebaulichen<br />

Zielvorstellungen der Antragstellerin, die im »Leitbild zur räumlichen<br />

Entwicklung« vom September 1996 sowie im Vorentwurf des<br />

Bebauungsplans »Lachenäcker« vom November 1996 konkretisiert<br />

worden sind. Angesichts der verfestigten Planungsabsichten der<br />

Antragstellerin überzeugt der Hinweis der Revision auf den anteiligen<br />

Verlust von Siedlungsraum nicht. Die Standortausweisungen<br />

beseitigen keine potentiellen Siedlungsflächen. Die Vorinstanz<br />

führt hierzu aus, dass das zwischen der A 8, der B 27 und dem Flughafen<br />

Stuttgart gelegene Plangebiet nach den Vorstellungen der<br />

Antragstellerin als Fläche <strong>für</strong> die Landwirtschaft bzw. als öffentliche<br />

Grünfläche mit wichtigen Funktionen <strong>für</strong> Ökologie, Siedlungsgefüge<br />

und Landwirtschaft ausgewiesen werden solle. Die<br />

Standortflächen lägen nicht in der Mitte des Gemeindegebiets,<br />

sondern in einem Randbezirk in der Nähe der Gemarkungsgrenze,<br />

der bereits jetzt durch die A 8 und den Flughafen vorbelastet sei.<br />

Bei dieser Sachlage war die Vorinstanz nicht gehalten, den standortbedingten<br />

Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt einer Verkleinerung<br />

gemeindlicher Siedlungsreserven weiter nachzugehen.<br />

Die Vorinstanz stellt ferner fest, dass der Neubau der Landesmesse<br />

am vorgesehenen Standort angesichts der tatsächlichen<br />

Gegebenheiten keine wesentliche Abkehr von der geplanten »polyzentralen<br />

Siedlungsstruktur« (Untergliederung der Gesamtstadt<br />

in räumlich eigenständige Stadtteile) bedeute. Auch nach dem Bau<br />

der Landesmesse bleibe zwischen dem Stadtteil Echterdingen und<br />

dem – von der Antragstellerin als fünften Stadtteil bezeichneten –<br />

Flughafen ein Freiraum von etwa 400 m. Im Einklang mit der<br />

Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt die Vorinstanz<br />

auch, dass sich die besonders günstige Verkehrslage des<br />

Messestandorts insgesamt im Sinne einer gewissen »Situationsgebundenheit«<br />

schutzmindernd zu Lasten der Antragstellerin auswirkt<br />

(vgl. die Nachweise oben unter 1.2.1).<br />

Nicht einschränkungslos zuzustimmen ist hingegen der Erwägung<br />

der Vorinstanz, es dürfe zu Lasten der Antragstellerin nicht<br />

außer Acht gelassen werden, dass sie ihre städtebaulichen Vorstellungen<br />

zur Messefläche erst entwickelt habe, nachdem das Verfahren<br />

zur Teiländerung des Regionalplans eingeleitet worden sei und<br />

der Messestandort sich auf Grund der Standortanalyse »Internationale<br />

Messe Stuttgart« vom Dezember 1993 bereits abgezeichnet<br />

habe. <strong>Das</strong> Abwägungskriterium der zeitlichen Priorität, das zum<br />

Verhältnis der Fachplanung zur Bauleitplanung entwickelt worden<br />

ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.3.1996 – 4 C 26.94, BVerwGE 100,<br />

388, 394 m.w.N.), stellt keine formale Vorrangregel des Inhalts dar,<br />

dass sich die frühere Planung stets gegenüber der späteren durchsetzt.<br />

<strong>Das</strong> Kriterium der Priorität soll auch sicherstellen, dass diejenige<br />

Planung grundsätzlich Rücksicht auf die andere nimmt, die<br />

den zeitlichen Vorsprung hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.3.1996<br />

a.a.O. m.w.N.). <strong>Das</strong> Gewicht gemeindlicher Planungsvorstellungen<br />

in der regionalplanerischen Abwägung wird zwar in der Regel<br />

umso größer sein, je frühzeitiger, konkreter und rechtlich verfestigter<br />

sie sich bei Einleitung des regionalplanerischen Verfahrens<br />

darstellen. Auch eine Gemeinde, die sich bisher auf Teilflächen<br />

ihres Gebiets planerisch zurückgehalten hat, weil sie angesichts<br />

einer regionalplanerischen Zielaussage (z.B. Regionaler Grünzug,<br />

Vorranggebiet <strong>für</strong> Erholung) keinen aktuellen Planungsbedarf ge-<br />

ZUR 2/2004<br />

sehen hat, darf jedoch beanspruchen, dass ihre aus Anlass einer geplanten<br />

Regionalplanänderung intensivierten städtebaulichen Planungen<br />

vom Träger der Regionalplanung zur Kenntnis genommen<br />

und unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Rücksichtnahme<br />

gewürdigt werden. Nach den Ausführungen der Vorinstanz ist dies<br />

im Streitfall ausreichend und ohne Abwägungsfehler geschehen.<br />

(…)<br />

3.4. <strong>Das</strong> Normenkontrollgericht ist der Ansicht, die Standortausweisungen<br />

seien auch nicht deshalb abwägungsfehlerhaft, weil der<br />

Antragsgegner sich »keine ins Einzelne gehenden Gedanken« darüber<br />

gemacht habe, auf welche Weise und an welcher Stelle die mit<br />

dem Bau der Landesmesse und der Flughafenerweiterung unvermeidlich<br />

verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft ausgeglichen<br />

werden könnten. Dagegen richtet sich ein weiterer Angriff<br />

der Revision:<br />

Die Standortausweisungen des Regionalplans verschlechterten<br />

den Zustand von Natur und Landschaft in mehrfacher Hinsicht.<br />

Rechtlich lägen zwei Eingriffe vor, die es nach dem Grundgedanken<br />

des (hier noch anzuwendenden) § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F. zu<br />

vermeiden bzw. auszugleichen gelte. Ein Eingriff in Natur und<br />

Landschaft bestehe darin, dass die Standortentscheidungen den im<br />

früheren Regionalplan auf den Standortflächen ausgewiesenen Regionalen<br />

Grünzug »Nr. 41 Filderebene – westl. Neckartal« teilweise<br />

beseitigten. Der zweite Eingriff liege darin, dass die Standortfestschreibungen<br />

den Bau der Landesmesse und die Erweiterung<br />

des Flughafens vorbereiteten. Der zweite Eingriff sei nach den Ausführungen<br />

im angefochtenen Urteil nach Maßgabe des § 8 Abs. 1<br />

BNatSchG a.F. (erst) in den nachfolgenden Planfeststellungsverfahren<br />

(§ 3 LandesmesseG, § 8 Abs. 1 S. 1 LuftVG) auszugleichen;<br />

insoweit nimmt die Revision das Normenkontrollurteil hin. Den<br />

ersten Eingriff müsse jedoch der Regionalplan selbst ausgleichen.<br />

Der Regionale Grünzug habe überregional und regional bedeutsame<br />

Funktionen erfüllt, die durch die Standortentscheidungen unwiederbringlich<br />

verloren gingen. Die Notwendigkeit, diesen Verlust<br />

bereits auf der Ebene der Regionalplanung zu kompensieren,<br />

folge auch aus dem Gebot der planerischen Konfliktbewältigung.<br />

Ein Konflikttransfer in die Planfeststellungsverfahren sei nicht<br />

möglich, da entsprechende Ausgleichsflächen im stark beanspruchten<br />

»Filderraum« nicht verfügbar seien.<br />

Dieses Vorbringen verknüpft die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung<br />

zunächst in unzulässiger Weise mit regionalplanerischen<br />

Standortausweisungen. Standortfestschreibungen <strong>für</strong> Infrastrukturvorhaben<br />

im Wege der Regionalplanung stellen keine Eingriffe in<br />

Natur und Landschaft im Sinne des § 8 Abs. 1 bis 3 BNatSchG a.F.<br />

(§ 18 Abs. 1 BNatSchG 2002) dar. Die Eingriffsregelung ergänzt die<br />

fachrechtlichen Zulassungstatbestände. Sie enthält zusätzliche Anforderungen,<br />

die zu den fachgesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />

hinzutreten. Die mit der Eingriffsregelung verbundenen<br />

Rechtsfolgen werden überhaupt erst dadurch ausgelöst, dass das<br />

Fachrecht den Weg <strong>für</strong> die Zulassung des Vorhabens, das den Tatbestand<br />

des § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F. erfüllt, frei macht. <strong>Das</strong> hat der<br />

Senat in seinem Urteil vom 7.3.1997 – 4 C 10.96 (BVerwGE 104,<br />

144, 147 f.) aus dem Wortlaut und der Systematik des § 8 Abs. 2 S. 1<br />

und Abs. 3 BNatSchG a.F. abgeleitet. Danach ist es das Ziel der Eingriffsregelung,<br />

den fachgesetzlichen Zulässigkeitstatbeständen ein<br />

auf die Bedürfnisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege zugeschnittenes<br />

»Folgenbeseitigungssystem« als »sekundärrechtliches«<br />

Instrument zur Seite zu stellen (BVerwG, Urteil vom 7.3.1997<br />

a.a.O. S. 148). Die Standortausweisung <strong>für</strong> ein Infrastrukturvorhaben<br />

in der Form eines Ziels der Regionalplanung bildet keinen fachrechtlichen<br />

Zulassungstatbestand im dargelegten Sinne.<br />

(…)<br />

95


Rechtsprechung<br />

Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 AZ: 4 CN 9.01<br />

Rechtliche Anforderungen an regionalplanerische Standortausweisungen<br />

I.<br />

<strong>Das</strong> BVerwG hatte sich in dem vorstehendem Urteil mit einer Besonderheit<br />

des Landesplanungsgesetzes Baden-Württemberg zu befassen,<br />

die mittlerweile gar nicht mehr in Geltung ist 1 , nämlich der<br />

landesgesetzlich festgelegten Pflicht des Trägers der Regionalplanung,<br />

»im Regionalplan <strong>für</strong> die Region Stuttgart« u. a. »Standorte<br />

<strong>für</strong> regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben« gebietsscharf<br />

auszuweisen (siehe § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW a. F.). Die Entscheidung<br />

des BVerwG ist aber trotz dieses besonderen Ausgangspunktes von<br />

großem allgemeinem Interesse, weil sie nicht nur die Frage der<br />

Rechtmäßigkeit einer landesgesetzlichen Ermächtigung bzw. Verpflichtung<br />

<strong>für</strong> den Träger der Regionalplanung betrifft, sondern<br />

sich auch und gerade mit der Frage der Rechtmäßigkeit der auf der<br />

Grundlage der landesgesetzlichen Regelung erfolgten regionalplanerischen<br />

Standortausweisung befasst. In beiden Bereichen werden<br />

wichtige Voraussetzungen und Grenzen <strong>für</strong> Eingriffe in die kommunale<br />

Planungshoheit bestimmt.<br />

II.<br />

Nach Auffassung des BVerwG verstößt die mittlerweile vom Landesgesetzgeber<br />

aufgehobene Vorschrift des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW nicht<br />

gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie. <strong>Das</strong> Gericht misst<br />

den gesetzlichen Eingriff in die kommunale Planungshoheit an den<br />

Maßstäben, die das BVerfG in seiner Wilhelmshaven-Entscheidung<br />

entwickelt hat 2 , und orientiert sich damit an der bisherigen Rechtsprechung,<br />

die auch <strong>für</strong> konkrete Ausweisungen durch den Träger<br />

der Regionalplanung gilt, soweit diese die Planungshoheit der Gemeinden<br />

einschränken 3 . Demgemäß darf auf räumlich bestimmte<br />

Gemeindegebietsteile nur dann planerisch durchgegriffen werden,<br />

wenn dies durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt,<br />

insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt<br />

und die Kommune an dem höherstufigen Planungsprozess beteiligt<br />

worden ist.<br />

<strong>Das</strong> Kriterium der »überörtlichen Interessen von höherem Gewicht«,<br />

das im Verhältnismäßigkeitsprinzip, dem alle Eingriffe in die<br />

kommunale Planungshoheit genügen müssen, wurzelt 4 , verlangt,<br />

dass bereits auf der landesplanerischen (regionalplanerischen) Ebene<br />

eine überörtliche und überfachliche gesamtplanerische Interessenabwägung<br />

und Konfliktklärung stattgefunden hat 5 . Soweit eine (landes-)gesetzliche<br />

Regelung den Träger der Regionalplanung dazu verpflichtet,<br />

den Kommunen <strong>für</strong> spezifische Zwecke gebietsscharfe<br />

Vorgaben <strong>für</strong> die Flächennutzung zu machen, betont das Gericht,<br />

dass es sich um solche Zwecke handeln muss, die typischerweise aus<br />

überörtlichen, raumordnerischen Gründen schwerer wiegen als das<br />

Interesse der Gemeinden, von der Ausweisung verschont zu bleiben<br />

6 . In diesem Zusammenhang hebt das Gericht auch hervor, dass<br />

gebietsscharfe Standortausweisungen in besonderem Maße in die<br />

kommunale Planungshoheit eingreifen, weil durch die gebietsscharfe<br />

Festlegung die i. d. R. erforderliche nachfolgende kommunale Planungsentscheidung<br />

in stärkerem Maße berührt wird.<br />

Für die Interessenabwägung bzw. Verhältnismäßigkeitsprüfung auf<br />

der Ebene der gesetzlichen Festlegung sind die besonderen Lagevorteile<br />

oder Standortbedingungen bedeutsam, weil aus der geographischen<br />

Lage eine gewisse Situationsgebundenheit resultiert, aus der<br />

sich Funktionszuweisungen gleichsam »aus der Natur der Sache« ergeben<br />

können 7 . Dies gilt etwa <strong>für</strong> gemeindliche Räume mit besonderem<br />

naturschutzfachlichem Potenzial, aber auch <strong>für</strong> gemeindliche<br />

Räume, in denen sich gemäß ihrer Lage spezifische Standortsicherungen<br />

aufdrängen. Im vorstehenden Fall sah das Gericht das Kriterium<br />

der »überörtlichen Interessen von höherem Gewicht« und die spezi-<br />

96<br />

fischen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit als erfüllt an, weil<br />

durch die Verpflichtungsnorm des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW die Standortausweisungspflicht<br />

sachlich nur auf »regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben«<br />

beschränkt, und weil die Pflicht örtlich nur auf den<br />

Regionalplan der »Region Stuttgart« begrenzt worden sei 8 . Gerade in<br />

der Begrenzung auf die »Region Stuttgart« sah das BVerwG eine zusätzliche<br />

Rechtfertigung <strong>für</strong> die gesetzliche Regelung, weil die Region<br />

Stuttgart als bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Region des<br />

Landes zur Sicherung ihrer Stellung auf eine optimale Infrastrukturausstattung<br />

angewiesen sei und die regionale Standortsicherung daher<br />

eine dringende raumordnerische Zukunftsaufgabe bilde 9 .<br />

Zu Recht betont das BVerwG darüber hinaus, dass die Standortausweisung<br />

im Regionalplan nur dann erfolgen dürfe, wenn feststehe,<br />

dass es <strong>für</strong> die Standortausweisung einen Bedarf gebe. Die landesgesetzliche<br />

Vorschrift des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW dürfe also nicht<br />

so gelesen werden, dass der zuständige Träger der Regionalplanung<br />

von einer entsprechenden Prüfung dispensiert sei 10 .<br />

III.<br />

Eine landesgesetzliche Regelung, die bestimmte Träger der Regionalplanung<br />

dazu ermächtigt und verpflichtet, regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />

gebietsscharf auszuweisen, stellt den Träger der<br />

Regionalplanung nicht von vorn herein von Prüfungen frei. Auch<br />

die konkrete Standortausweisung im Regionalplan muss durch<br />

überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sein.<br />

Mag die gesetzliche Regelung diesen Maßstab erfüllen, so bedeutet<br />

das noch nicht, dass auch die konkrete Ausweisung im Regionalplan<br />

diesen Anforderungen genügt, weil mit der Konkretisierung der Ausweisung<br />

die Ermittlungstiefe und Abwägungsdichte zunimmt und<br />

die Interessenabwägung und Konfliktklärung sehr viel dezidierter<br />

ausfallen kann. Neben der bereits erwähnten Bedarfsprüfung analog<br />

der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht 11 sind nun auch<br />

Planungsalternativen <strong>für</strong> den Infrastrukturstandort zu prüfen 12 . Und<br />

auch die betroffenen kommunalen Belange, insbesondere die entgegenstehenden<br />

städtebaulichen Zielvorstellungen sowie die Umweltauswirkungen,<br />

lassen sich auf dieser Ebene sehr viel konkreter erfassen<br />

und gewichten. <strong>Das</strong> BVerwG bringt in seinem Urteil deutlich<br />

zum Ausdruck, dass »Standortentscheidungen der Regionalplanung<br />

den Aufgaben und Leitvorstellungen einer nachhaltigen Raumentwicklung<br />

verpflichtet (sind)« 13 und führt in diesem Zusammenhang<br />

aus: »Je konkreter die Festlegungen eines Regionalplanes sind, umso<br />

schärfer sind die Raumverhältnisse in den Blick zu nehmen. <strong>Das</strong> gilt<br />

insbesondere <strong>für</strong> die gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben<br />

in Verdichtungsräumen, die Lärmbelastungen, Luftverunreinigungen,<br />

Überlastungen der Verkehrsnetze oder andere nachteilige<br />

Auswirkungen auf die Lebensbedingungen und die bestehenden<br />

Wirtschafts- und Sozialstrukturen be<strong>für</strong>chten lassen« 14 .<br />

Im konkreten Fall akzeptierte das Gericht die Standortausweisung,<br />

weil der Bedarf <strong>für</strong> einen Messestandort gegeben war, andere Gemeinden<br />

in der Region entsprechend der Vorgaben des Alterna-<br />

1 Im Jahre 2003 ist das Landesplanungsgesetz Baden-Württemberg novelliert worden.<br />

Die Regelung des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW wurde aufgehoben (GBl. I, S. 385).<br />

2 BVerfG, Beschl. v. 23.6.1987, BVerfGE 76, 107 ff.<br />

3 Siehe VerfGH NW, DVBl. 1990, 417; BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992, BVerwGE<br />

90, 329 ff.<br />

4 Siehe die Wilhelmshaven-Entscheidung des BVerfG, in der das Gericht das<br />

Kriterium der überörtlichen Interessen von höherem Gewicht aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip<br />

entwickelt hat; vgl. BVerfGE 76, 107, 119 f.<br />

5 Vgl. BVerwGE 90, 329, 333.<br />

6 Vgl. BVerwG, in diesem Heft, S. 92.<br />

7 Siehe insoweit BVerwGE 90, 329, 336.<br />

8 BVerwG, in diesem Heft, S. 92.<br />

9 BVerwG, in diesem Heft, S. 92.<br />

10 BVerwG, in diesem Heft, S. 93.<br />

11 BVerwG, in diesem Heft, S. 93.<br />

12 BVerwG, in diesem Heft, S. 94.<br />

13 BVerwG, in diesem Heft, S. 94.<br />

14 BVerwG, in diesem Heft, S. 94.<br />

ZUR 2/2004


Anmerkung Bovet/Köck zum Urteil des BVerwG<br />

tivenprüfungsgebotes aus der weiteren Prüfung ausgeschlossen werden<br />

durften, die städtebaulichen Zielvorstellungen der betroffenen<br />

Stadt nur randständig berührt waren und keine erheblichen Umweltmehrbelastungen<br />

prognostiziert worden sind.<br />

IV.<br />

Die umstrittene Festlegung »Der in der Raumnutzungskarte gebietsscharf<br />

ausgewiesene `Standort <strong>für</strong> regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />

– Messe´ ist <strong>für</strong> den Bau der Landesmesse (…) zu sichern<br />

und von entgegenstehenden Planungen und Nutzungen freizuhalten«<br />

war als Ziel der Raumordnung in die Teiländerung des Regionalplans<br />

<strong>für</strong> die Region Stuttgart aufgenommen worden. Mit einer<br />

solchen regionalplanerischen Standortfestlegung wird die raumordnerische<br />

Entscheidung bezüglich eines Vorhabens getroffen, d. h.<br />

allein die Standortfrage wird räumlich und sachlich geklärt. Die<br />

Zulässigkeit des konkreten Vorhabens unter bau- und fachplanungsrechtlichen<br />

Aspekten klärt erst das nachfolgende Planungsverfahren<br />

(hier ein Planfeststellungsverfahren, § 3 Landesmessegesetz 15 ).<br />

Zielformulierungen in Raumordnungsplänen haben einen Letztentscheidungscharakter<br />

und entziehen sich daher einer weiteren Abwägung,<br />

müssen aber ihrerseits dem Abwägungsgebot genügen 16 ;<br />

deshalb sind die kommunalen Bauleitpläne diesen Zielen anzupassen,<br />

wie es § 1 Abs. 4 BauGB formuliert. Inhaltlich müssen Ziele der<br />

Raumordnung in sachlicher und räumlicher Hinsicht (vgl. § 3 Nr. 2<br />

ROG) so konkret sein, dass <strong>für</strong> die Adressaten erkennbar ist, was im<br />

Einzelnen Gegenstand der an sie gerichteten Pflichten ist. <strong>Das</strong> Ziel<br />

muss sich daher geographisch auf einen bestimmten Raum beziehen<br />

und inhaltlich eine Aussage treffen, der sich eindeutig entnehmen<br />

lässt, welche konkrete Maßnahme bzw. welcher konkreter Zweck<br />

verfolgt wird 17 .<br />

Die Besonderheit in der vorliegenden Entscheidung liegt darin,<br />

dass die Stadt Leinfelden-Echterdingen mit einer gebietsscharfen<br />

Standortentscheidung konfrontiert wurde; mithin die räumliche<br />

Konkretheit sehr hoch war. Festlegungen in Raumordnungsplänen<br />

müssen grundsätzlich übergemeindlich erfolgen, also ein größeres<br />

Gebiet umfassen. Es muss regelmäßig ein hinreichender Gestaltungsspielraum<br />

<strong>für</strong> eigene, substanzielle gewichtige planerische Entscheidungen<br />

auf gemeindlicher Ebene verbleiben 18 . Raumordnerische<br />

Festlegungen können unter Umständen noch gemeindescharf<br />

erfolgen und sich auf die Kommune als Einheit beziehen, wenn das<br />

aus der Natur der Sache heraus erforderlich ist (z. B. die Festlegung<br />

zur Zentralitätsstufe (Ober-, Mittel oder Unterzentrum)). Bei gebietsscharfen<br />

Festlegungen – wie im vorliegenden Fall – wird jedoch ein<br />

innergemeindlich ausgerichteter Planinhalt formuliert 19 . Eine solche<br />

gebietsscharfe Festlegung ist nur unter den oben genannten ganz<br />

streng formulierten Voraussetzungen zulässig. Unter keinen Umständen<br />

zulässig sind parzellenscharfe Aussagen; diese bleiben der<br />

Bauleitplanung vorbehalten.<br />

Die Festlegung als Standort (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2b 2. Alt. und Nr. 3<br />

ROG) ist als begriffliche Abgrenzung zu einem Gebiet (vgl. § 7 Abs. 4<br />

ROG), Teilraum oder Bereich zu verstehen. Es handelt sich dabei<br />

nicht um rechtlich unterschiedliche Formen der Festlegungen, sondern<br />

betrifft nur die Ausdehnung 20 . Standortausweisungen erfolgen<br />

hauptsächlich bezüglich Windenergie, Handel (Einkaufszentren,<br />

großflächige Einzelhandelsbetriebe, Factory-Outlet-Center) und Freizeiteinrichtungen;<br />

gebietsbezogene Flächenausweisungen sind z. B.<br />

Vorranggebiete <strong>für</strong> Grünzüge und <strong>für</strong> den Hochwasserschutz. Solche<br />

Ausweisungen haben <strong>für</strong> die Gemeinden nur freihaltenden Charakter,<br />

d. h. sie können auf diesen Flächen keine eigenen planerischen<br />

Aktivitäten durchführen.<br />

V.<br />

Träger der Regionalplanung ist im vorliegenden Fall ein Verband 21 .<br />

Dies ist <strong>für</strong> die Ausweisung einer gebietsscharfen Standortauswei-<br />

ZUR 2/2004<br />

sung aber nicht zwingend. Es ist nur so, dass sich Planungsverbände<br />

(z. B. Verband Region Stuttgart, Raumordnungsverband Rhein-Neckar,<br />

Zweckverband Großraum Braunschweig, Region Hannover) dort<br />

konstituieren, wo es einen erhöhten Planungsbedarf gibt, etwa in<br />

Verdichtungsräumen. Die von der Rechtsprechung <strong>für</strong> eine gebietsscharfe<br />

Standortausweisung erforderliche Situationsgebundenheit<br />

(dichte Besiedlung, großstädtischer Ballungsraum mit hoher baulicher<br />

Verdichtung) liegt in diesen Gebieten offensichtlicher vor als<br />

in anderen Gebieten.<br />

Die Träger der Regionalplanung können solche gebietsscharfen<br />

Ausweisungen in einem neu zu erstellenden Regionalplan aufnehmen;<br />

sie können aber auch einen Teilplan erstellen. Sowohl <strong>für</strong><br />

Regionalpläne als auch <strong>für</strong> Teilpläne gilt über § 1 Abs. 3 ROG die<br />

wechselseitige Beziehung raumordnerischer Planungen (Gegenstromprinzip).<br />

Bei Regionalplänen wird über § 9 Abs. 2 S. 2 ROG dieses<br />

Gebot auf die Berücksichtigung von Flächennutzungsplänen und<br />

beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planungen erweitert. Gleiches<br />

muss auch <strong>für</strong> Teilpläne gelten, auch wenn dies nicht ausdrücklich<br />

erwähnt wird, da ansonsten der Träger der Regionalplanung<br />

durch Aufstellen von Teilplänen die bei Regionalplänen erforderliche<br />

Berücksichtigung bauleitplanerischer Planungen umgehen könnte.<br />

Bebauungspläne und Leitbilder sind bei einer regionalplanerischen<br />

Standortentscheidung in die Abwägung einzustellen 22 ; im vorliegenden<br />

Fall war auch ein Bebauungsplan einzubeziehen, der sich<br />

noch im Stadium des Entwurfes befand, weil das damals geltende baden-württembergische<br />

Landesplanungsgesetz die Berücksichtigung<br />

vorschrieb. Im aktuellen Landesplanungsgesetz wird demgegenüber<br />

– wie auch sonst in den Raumordnungsgesetzen – eine Berücksichtigung<br />

lediglich beschlossener städtebaulicher Planungen verlangt<br />

(vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 LPlG BW und § 9 Abs. 2 S. 2 ROG). »Leitbilder«<br />

sind eine informelle Planung, mit der eine Kommune Zielvorstellungen<br />

und Visionen zu der räumlichen Stadtentwicklung festlegt.<br />

Mit der Pflicht zur Berücksichtigung städtebaulicher Leitbilder in der<br />

regionalplanerischen Abwägung werden die kommunalen Belange<br />

gestärkt und die Bedeutung des Gegenstromprinzips hervorgehoben.<br />

Dieses in § 1 Abs. 3 ROG geregelte Prinzip verlangt, dass sich Entwicklung,<br />

Ordnung und Sicherung von Teilräumen in die Gegebenheiten<br />

und Erfordernisse des Gesamtraumes einfügen müssen und<br />

die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraumes die Gegebenheiten<br />

und Erfordernisse der Teilräume berücksichtigen sollen.<br />

Eine Stärkung der Regionalplanung stellt die Entscheidung insofern<br />

dar, als das Urteil unterstreicht, dass regionalplanerische Ziele nicht<br />

zwingend Entsprechungen im Landesraumordnungsplan haben<br />

müssen. Ein Widerspruch zwischen Landes- und Regionalplanung<br />

liege erst dann vor, wenn das regionalplanerische Ziel der landesplanerischen<br />

Gesamtkonzeption widerspreche. Die Regionalplanung<br />

kann also eigene Entscheidungen treffen; die Landesplanung muss,<br />

wenn sie Vorgaben machen will, diese ausdrücklich formulieren, sei<br />

es durch einzelne Festlegungen oder im Rahmen des Gesamtkonzeptes.<br />

Auch Teiländerungen des Regionalplanes sind zulässig, wenn<br />

der Träger der Regionalplanung eine revidierende Entscheidung gefällt<br />

hat und eine in einem früheren Regionalplan bestimmte Festlegung<br />

ändern möchte.<br />

Wolfgang Köck/ Jana Bovet<br />

15 Landesmessegesetz vom 15.12.1998, abgedruckt GBl. I, S.666.<br />

16 Dazu auch VGH Kassel, Urt. v. 16.8.2002, NVwZ – RR 2003, 229, 231.<br />

17 BVerwGE 68, 311, 316 f.; 68, 319, 320 ff.; Hoppe, DVBl. 1999, 1457, 1458;<br />

Runkel, in: Bielenberg u. a., Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, K § 3<br />

Rn. 30 ff., K § 4 Rn. 66 ff.<br />

18 Runkel, in: Bielenberg u. a., Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, K § 3<br />

Rn. 109.<br />

19 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung, S. 54; Erbguth/ Schoeneberg, Raumordnungs-<br />

und Landesplanungsrecht, Rn. 53 f.; Brohm, DVBl. 1980, 653, der den<br />

Begriff der Bereichsschärfe vorzieht.<br />

20 Brohm, DVBl. 1980, 653 f.<br />

21 Vgl. dazu: Groß, VBlBW 1994, 429, 430.<br />

22 BVerwG, in diesem Heft, S. (UA, Punkt 3.3.3).<br />

97


Rechtsprechung<br />

BVerwG<br />

Lärmschutz <strong>für</strong> Hochhäuser an Schienenwegen<br />

Urteil vom 24. September 2003 – 9 A 69.02<br />

Leitsätze:<br />

1. Bei der Wiederertüchtigung der Anhalter Bahn in Berlin als Hauptverbindung<br />

im transeuropäischen Eisenbahnnetz ist der Bahn auf<br />

dem vorhandenen Bahndamm eine Flächenbewirtschaftung zuzugestehen,<br />

die dem im öffentlichen Interesse liegenden Ziel Rechnung<br />

trägt, das Streckennetz nach Bedarf zukünftigen Entwicklungen anzupassen.<br />

(nur LS, die Red.)<br />

2. Auch bei mit Schienenverkehrslärm vorbelasteten Hochhäusern darf<br />

nicht davon ausgegangen werden, dass der <strong>für</strong> die niedrigere Umgebungsbebauung<br />

angestrebte Schutzstandard ausreicht, um dem von<br />

§ 41 Abs. 2 BImSchG geforderten Vorrang des aktiven Lärmschutzes<br />

Rechnung zu tragen. <strong>Das</strong> mit einer Hochhausbebauung einhergehende<br />

Lärmschutzproblem ist vielmehr auf der Grundlage einer<br />

differenzierten Kosten-Nutzen-Analyse einer ausgewogenen Lösung<br />

zuzuführen.<br />

Aus den Gründen:<br />

I. Die Klägerin, eine Berliner Wohnungsgesellschaft, wendet sich<br />

mit der Forderung nach verbessertem Lärm- und Erschütterungsschutz<br />

gegen die Planfeststellung <strong>für</strong> den zweigleisigen Wiederaufbau<br />

und die Elektrifizierung eines Streckenabschnitts der in Berlin als<br />

»Anhalter Bahn« bezeichneten Eisenbahnstrecke. (...)<br />

II. Die Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin kann beanspruchen,<br />

dass die Beklagte über die von der Klägerin geforderte Verbesserung<br />

des aktiven Schallschutzes unter Beachtung der Rechtsauffassung<br />

des erkennenden Senats erneut entscheidet. Der Senat billigt<br />

zwar im Grundsatz das planfestgestellte Lärmschutzkonzept (nachfolgend<br />

1. bis 3.). Er hält es aber dennoch <strong>für</strong> rechtlich fehlerhaft, wie<br />

der Planfeststellungsbeschluss zu dem Ergebnis gelangt ist, im Bereich<br />

der Gebäude C und R sei aus Kostengründen eine weitere Erhöhung<br />

der Lärmschutzwände verzichtbar (nachfolgend 4.). (...)<br />

4. Erfolg hat die Klage mit der Rüge, dass bei der Entscheidung, im<br />

Falle der Häuser R und C auf eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwände<br />

zu verzichten, der von § 41 Abs. 2 BImSchG geforderte<br />

Vorrang des aktiven Lärmschutzes vor Maßnahmen des passiven<br />

Lärmschutzes nicht beachtet worden ist. Auch unter Berücksichtigung<br />

der Erläuterungen, die von der Beklagten und der Beigeladenen<br />

im Klageverfahren zu dem mit der Planfeststellung verfolgten Lärmschutzkonzept<br />

gegeben worden sind, können die insoweit im Planfeststellungsbeschluss<br />

zum Ausdruck kommenden Erwägungen<br />

nicht als tragfähig angesehen werden. Die Frage, ob eine weitere<br />

Erhöhung der Lärmschutzwände unterbleiben darf, weil »die Kosten<br />

der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten<br />

Schutzzweck stehen würden«, bedarf einer erneuten Oberprüfung<br />

durch die Planfeststellungsbehörde.<br />

a) Seine Auslegung der Vorschrift des § 41 Abs. 2 BImSchG hat der<br />

Senat in den zum Fall »Aumühle« ergangenen Entscheidungen (u.a.<br />

BVerwG, Urteil vom 15.3.2000 – 11 A 42.97, BVerwGE 110, 370, 380<br />

ff.) verlautbart. Der Senat hat darin insbesondere an seiner schon<br />

früher geäußerten Auffassung festgehalten, dass der Planfeststellungsbehörde<br />

im Rahmen ihrer Verhältnismäßigkeitsprüfung ein<br />

Abwägungsspielraum verbleibt, der es gestattet, neben dem – in der<br />

Norm ausdrücklich benannten – Kostengesichtspunkt auch andere<br />

Belange zu berücksichtigen, die einer weiteren Wanderhöhung entgegenstehen<br />

(vgl. BVerwG, Urteil vom 5.3.1997 – 11 A 25.95, BVerwGE<br />

104, 123, 139). Bei dem Gebäude wird die Planfeststellungsbehörde<br />

deswegen darauf abheben dürfen, dass die östliche<br />

Lärmschutzwand nicht beliebig erhöht werden kann, ohne dass dadurch<br />

ein städtebaulich nicht vertretbarer Zustand geschaffen wird.<br />

Da die Eisenbahntrasse hier in einer Dammlage verläuft, die von der<br />

98<br />

Hausfront nur durch eine als Feuerwehrzufahrt dienende Zuwegung<br />

getrennt ist, wird von der Klägerin selbst geltend gemacht, dass<br />

schon die jetzt planfestgestellte Wand mit 3,5 m das Gebäude angesichts<br />

des geringen Abstands unzumutbar verschatten würde. Der<br />

Planfeststellungsbeschluss hat dies zwar mit vertretbaren Erwägungen<br />

verneint. Es steht aber fest, dass an dieser Stelle <strong>für</strong> eine weitere<br />

Wanderhöhung – unabhängig von der Kostenfrage – nur ein sehr geringer<br />

Spielraum verbleibt. Nach Aktenlage kann der Senat allerdings<br />

nicht ausschließen, dass etwa auch eine 4 m hohe Lärmschutzwand<br />

unter städtebaulichen Gesichtspunkten noch hinnehmbar wäre,<br />

weil die Verschattungswirkung bei einer Wanderhöhung von 0,5 m<br />

nur unwesentlich gesteigert würde. In der mündlichen Verhandlung<br />

hat die Klägerin jedenfalls nicht zu erkennen gegeben, dass von ihr<br />

– unter Beibehaltung der planfestgestellten Trasse – jede weitere<br />

Wanderhöhung von vornherein als unzumutbar abgelehnt wird.<br />

Einer Wanderhöhung zum Schutz des Hauses R.-Str. werden aller<br />

Voraussicht nach städtebauliche oder landschaftspflegerische Gründe<br />

nicht entgegenstehen. <strong>Das</strong> zuständige Bezirksamt Schönefeld hat<br />

in seiner Stellungnahme jedenfalls mitgeteilt, dass eine Wanderhöhung<br />

»auch bei schwieriger städtebaulicher Anpassung« im Interesse<br />

eines verbesserten aktiven Lärmschutzes bewusst hingenommen<br />

werde (PFB S. 66).<br />

b) Der Planfeststellungsbeschluss geht – im Anschluss an die Stellungnahme<br />

der Beigeladenen (PFB S. 68 f.) – davon aus, dass die<br />

Lärmschutzwände längs der Anhalter Bahn so hoch sein werden,<br />

dass unter Berücksichtigung des Verfahrens BüG im Planfeststellungsabschnitt<br />

die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16.<br />

BImSchV eingehalten werden. <strong>Das</strong> gilt aber nicht <strong>für</strong> die beiden<br />

Hochhäuser R.-Str. und C.-Str.. Für diese Hochhäuser wird ein »Vollschutz«<br />

aus Kostengründen nicht angestrebt. Die hier festgesetzten<br />

Wandhöhen bieten den Hochhäusern vielmehr lediglich so viel<br />

Schutz, wie er sich aus dem angestrebten Schallschutz <strong>für</strong> die niedrigere<br />

Umgebungsbebauung ableitet.<br />

Grundlage <strong>für</strong> diese Entscheidung war eine Untersuchung von<br />

Höhenvarianten der Schallschutzwände vom 28.11.1997 (Ergänzung<br />

zu Anlage 10.1 des PFB). Zweck der Untersuchung war es, durch<br />

eine stufenweise Erhöhung der vorgesehenen Lärmschutzwände<br />

bzw. durch Betrachtung zusätzlicher Lärmschutzwände abzuschätzen,<br />

in welchem Umfang sich die Lärmsituation verbessern<br />

würde und welche Kosten hier<strong>für</strong> aufzuwenden wären. Für das Gebäude<br />

C.-Str., das im untersuchten Bereich 2 (Tabellen Anhang 1.6<br />

bis 1.11) liegt, wird danach ein »Vollschutz« erst bei Errichtung von<br />

fünf Wänden mit Höhen bis zu 9,5 m erreicht. Die hier<strong>für</strong> aufzuwendenden<br />

Kosten werden mit ca. 4 400 TDM beziffert, während die<br />

planfestgestellten Lärmschutzwände nur ca. 2 000 TDM kosten sollen,<br />

wozu Kosten <strong>für</strong> den passiven Schallschutz hinzukommen, die<br />

unter 100 TDM liegen. <strong>Das</strong> Gebäude R.-Str. fällt in den untersuchten<br />

Bereich 1 (Tabellen Anhang 1.1 bis 1.5). Insoweit zeigt sich, dass erst<br />

bei einer Wandhöhe von 5 m <strong>für</strong> drei Wände (Anhang 1.4) die Immissionsgrenzwerte<br />

eingehalten werden. Ein gleicher Schutzstandard<br />

könnte mit einer Kombination von einer 6 m hohen Wand<br />

mit zwei 3 m hohen Wänden erreicht werden (Anhang 1.5). Die<br />

Kosten <strong>für</strong> diesen »Vollschutz« werden mit 4 200 TDM bzw. mit<br />

ca. 3 400 TDM geschätzt, während die planfestgestellten Lärmschutzwände<br />

nur ca. 1 800 TDM kosten sollen, wozu Kosten <strong>für</strong> den<br />

passiven Lärmschutz in Höhe von ca. 250 TDM hinzukommen.<br />

Nach Aussage der Beigeladenen sollen die sich daraus errechnenden<br />

Zusatzkosten zumindest bei größeren Wandhöhen (etwa ab 4 m) die<br />

untere Grenze der Kostenbelastung markieren, weil Verteuerungen<br />

durch spezielle statische Anforderungen nicht in die Schätzung eingegangen<br />

seien.<br />

Diese Erwägungen, auf denen das von den Planungsträgern verfolgte<br />

Lärmschutzkonzept beruht, werden nicht den Anforderungen<br />

gerecht, die der Senat in seiner bereits zitierten Rechtsprechung<br />

ZUR 2/2004


BVerwG, Formell und materiell illegal errichtetes Gewässer<br />

an eine hinreichend differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse gestellt<br />

hat. Die von der Klägerin gegen die Variantenuntersuchung erhobenen<br />

Einwände mögen zwar nichts daran ändern, dass eine Grobanalyse<br />

– mehr ist nicht zu fordern (vgl. BVerwG, Urteil vom<br />

15.3.2000, a.a.O., S. 388) – eine Kostensteigerung in einer Größenordnung<br />

erwarten lässt, die es angesichts der plangegebenen Vorbelastung<br />

des Gebiets, die schutzmindernd zu berücksichtigen ist,<br />

rechtfertigt, auf einen »Vollschutz« der Hochhäuser in sämtlichen<br />

Stockwerken zu verzichten. Nicht abschließend zu beantworten ist<br />

auf der Grundlage der bisher vorliegenden Variantenuntersuchung<br />

aber die Frage, warum die Lärmschutzwände nicht mit noch verhältnismäßigem<br />

Aufwand so erhöht werden können, dass zumindest<br />

das eine oder andere Stockwerk zusätzlich »Vollschutz« erlangt.<br />

Hierzu findet sich im Planfeststellungsbeschluss nur die Aussage<br />

(PFB S. 234), dass es dann – trotz nicht unerheblicher Mehrkosten –<br />

bei passiven Lärmschutzmaßnahmen bleiben würde, weil die <strong>für</strong><br />

die Nachtzeit geltenden Immissionsgrenzwerte weiterhin nicht<br />

eingehalten werden könnten. Damit wird aber nicht nachvollziehbar<br />

begründet, warum bereits mit dem von der Planfeststellung eingeräumten<br />

»Minimalschutz« der Hochhäuser diejenige »Verhältnismäßigkeitsschwelle«<br />

erreicht ist, die einen Verzicht auf eine weitere<br />

Wanderhöhung rechtfertigt.<br />

Fehl geht auch der von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung<br />

gegen eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwände erhobene<br />

Einwand, durch die erforderliche »Oberstandslänge« der<br />

Wände würde unvermeidlich <strong>für</strong> die Umgebungsbebauung ein<br />

aktiver Lärmschutz erreicht, dessen Wirkung über das rechtlich gebotene<br />

Maß hinausgehe. <strong>Das</strong>s Lärmbetroffene, die in der Nachbarschaft<br />

der Hochhäuser wohnen, keinen Rechtsanspruch auf eine<br />

weitergehende Verbesserung der Lärmsituation haben, schließt<br />

nämlich nicht aus, dass die Klägerin auf der Grundlage von § 41<br />

Abs. 2 BImSchG eine Erhöhung der Lärmschutzwände fordern kann<br />

(vgl. zum »überschießenden« Lärmschutz auch BVerwG, Urteil vom<br />

9.2.1995 – 4 C 26.93, BVerwGE 97, 367, 275 f).<br />

Hochhäuser dürfen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />

auch nicht von vornherein als »hoffnungslose« Fälle eingestuft werden.<br />

Die Gebäudehöhe ist unter dem Blickwinkel der anzustrebenden<br />

Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen kein Kriterium, das allein<br />

ausschlaggebend da<strong>für</strong> sein kann, weitergehenden aktiven<br />

Lärmschutz zu versagen. Sie ist zunächst lediglich ein Erschwernis,<br />

das sich – ähnlich wie ungünstige topographische Verhältnisse –<br />

kostensteigernd auf aktive Lärmschutzmaßnahmen auswirkt. Im<br />

Übrigen sind Wohnzwecken dienende Hochhäuser als ein Sonderfall<br />

der »stark verdichteten Bebauung« mit der Folge einzuordnen, dass<br />

näher zu prüfen ist, ob durch eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwand<br />

deswegen ein nennenswerter Schutzeffekt erzielt werden<br />

kann, weil die Zahl der Lärmbetroffenen besonders hoch sein kann<br />

(vgl. BVerwG, Urteil vom 15.3.2000, a.a.O., S. 383).<br />

Für eine differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse, die eine Grundlage<br />

da<strong>für</strong> schaffen soll, dass das mit einer Hochhausbebauung einhergehende<br />

Lärmschutzproblem einer ausgewogenen Lösung zugeführt<br />

wird, reicht es somit nicht aus, wenn – wie hier geschehen – die trassenabgewandte<br />

Lage der Balkone im Rahmen der Lärmschutzkonzeption<br />

schutzmindernd berücksichtigt wird. Darüber hinaus<br />

muss die Zahl der lärmbetroffenen Wohnungen ermittelt werden,<br />

die nicht bereits durch die konstruktive Gestaltung des Hochhauses<br />

(z.B. durch sog. Lärmschutzgrundrisse) hinreichend geschützt sind.<br />

Erst wenn sich nämlich die Zahl der im Wohnbereich potenziell<br />

Lärmbetroffenen auf dieser Grundlage zumindest grob abschätzen<br />

lässt, kann die weitere Frage beantwortet werden, ob der Aufwand,<br />

der erforderlich ist, um durch eine Erhöhung der Lärmschutzwände<br />

ein weiteres Stockwerk oder auch mehrere Stockwerke zusätzlich mit<br />

»Vollschutz« oder zumindest mit vollständigem »Tagschutz« zu versehen,<br />

bereits unverhältnismäßig ist.<br />

ZUR 2/2004<br />

Auch unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung<br />

<strong>für</strong> die Hochhäuser genannten Wohnungszahlen lässt sich<br />

aus der vorliegenden Untersuchung von Höhenvarianten der<br />

Schallschutzwände nicht die Kosten-Nutzen-Relation herleiten, die<br />

<strong>für</strong> die Verhältnismäßigkeitsprüfung ausschlaggebend sein kann.<br />

Insofern wirkt sich nachteilig aus, dass die Variantenuntersuchung<br />

nicht von einer Betrachtung der Kosten einer Erhöhung der planfestgestellten<br />

Lärmschutzwände ausgeht, sondern von vornherein<br />

die Kosten zusätzlicher Lärmschutzwände einbezieht. Die<br />

Variantenuntersuchung kann aus diesem Grunde zwar einerseits<br />

plausibel darauf verweisen, dass die geschätzten Kosten eine »Untergrenze«<br />

markieren, weil Kostensteigerungen, die beim Bau von<br />

mehr als 4 m hohen Lärmschutzwänden regelmäßig zu erwarten<br />

wären, außer Ansatz geblieben sind. Andererseits entfällt aber die<br />

– sich gerade beim Lärmschutz von Hochhäusern aufdrängende –<br />

Möglichkeit, die »Verhältnismäßigkeitsschwelle« <strong>für</strong> die Kosten einer<br />

weiteren Wanderhöhung aus dem Auftreten von sog. Sprungkosten<br />

abzuleiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1998 – 11 A<br />

44.97, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 24, S. 76; Urteil vom<br />

15.3.2000, a.a.O., S. 391). Erst eine Orientierung an den »Sprungkosten«<br />

erlaubt es außerdem, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />

die Kosten <strong>für</strong> den Bau zusätzlicher Lärmschutzwände<br />

zutreffend einzuordnen. Unter diesem Aspekt ist nämlich dann<br />

der Frage nachzugehen, ob sich mit dieser Variante eine Lärmschutzkonzeption<br />

verwirklichen lässt, die das Auftreten von<br />

Sprungkosten vermeidet oder ob damit im Gegenteil eine weitere<br />

Kostensteigerung verbunden ist.<br />

<strong>Das</strong> Auftreten von Sprungkosten ist zwar nicht das einzige<br />

Kostenargument, mit dem im Einzelfall das Ergebnis begründet<br />

werden kann, dass <strong>für</strong> – mit Schienenverkehrslärm vorbelastete –<br />

Hochhäuser der Vorrang des aktiven Lärmschutzes teilweise nicht<br />

zum Tragen kommt. Ein Lärmschutzkonzept, das die Wandhöhen<br />

im Bereich von Hochhäusern noch unterhalb der Schwelle begrenzen<br />

will, die sich aus den »Sprungkosten« ergibt, unterliegt<br />

aber einem gesteigerten Rechtfertigungsbedarf. Da es Ziel der Lärmschutzkonzeption<br />

auch sein muss, dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung<br />

der Lärmbetroffenen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG,<br />

Urteil vom 15.3.2000, a.a.O., S. 382), mag etwa durch eine<br />

vergleichende Gegenüberstellung aufgezeigt werden können, dass<br />

die <strong>für</strong> den Schutz einer ähnlich »stark verdichteten Bebauung«<br />

aufzuwendenden Kosten in anderen Bereichen des Planfeststellungsabschnitts<br />

erheblich geringer ausfallen bzw. bei gleich hohen<br />

Kosten der aktiven Lärmschutzmaßnahmen nur noch unbedeutende<br />

Lärmminderungseffekte eintreten. Dies leistet die von der<br />

Beigeladenen beigebrachte Variantenuntersuchung jedoch nicht.<br />

(...)<br />

BVerwG<br />

Formell und materiell illegal errichtetes Gewässer<br />

Beschluss vom 16. Juli 2003 – 7 B 61.03<br />

Leitsatz:<br />

Für die Eigenschaft als oberirdisches Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1<br />

S. 1 Nr. WHG ist es ohne Belang, ob das Gewässer formell und materiell<br />

illegal hergestellt worden ist.<br />

Vorinstanz: OVG Berlin vom 26.3.2003 – 1 B 7.03<br />

Aus den Gründen:<br />

Die Klägerin wendet sich gegen eine wasserrechtliche Ordnungsverfügung<br />

des Beklagten, durch die ihr der Beklagte aufgegeben<br />

99


Rechtsprechung<br />

hat, eine Absperrvorrichtung zu beseitigen, welche die Klägerin in<br />

einem Kanal angebracht hat, der ihr Grundstück durchschneidet.<br />

Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des Beklagten, ihr eine<br />

wasserrechtliche Genehmigung <strong>für</strong> die streitige Absperrvorrichtung<br />

zu erteilen. <strong>Das</strong> Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen,<br />

das Oberverwaltungsgericht ihre Berufung zurückgewiesen. Es<br />

hat unter anderem angenommen, der Kanal, der das Grundstück<br />

der Klägerin durchschneide, sei ein oberirdisches Gewässer selbst<br />

dann, wenn er rechtswidrig angelegt worden sein sollte. <strong>Das</strong> Oberverwaltungsgericht<br />

hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.<br />

Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.<br />

Die Rechtssache hat nicht die allein geltend gemachte grundsätzliche<br />

Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).<br />

Die Klägerin möchte die Frage geklärt wissen, ob ein formell und<br />

materiell illegal errichtetes Gewässer unter den Schutz- und Anwendungsbereich<br />

des Wasserhaushaltsgesetzes fällt.<br />

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil<br />

sich die Antwort auf sie unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Nach<br />

§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WHG gilt das Wasserhaushaltsgesetz <strong>für</strong> oberirdische<br />

Gewässer. Oberirdisches Gewässer ist nach der gesetzlichen<br />

Begriffsbestimmung das ständig oder zeitweilig in Betten fließende<br />

oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser. Darunter<br />

fallen sowohl natürlich entstandene als auch künstlich angelegte<br />

Gewässer. <strong>Das</strong> Gesetz verlangt nicht, ein künstlich<br />

angelegtes Gewässer müsse legal hergestellt sein, damit es dem<br />

Wasserhaushaltsgesetz unterfalle. Es kommt ausschließlich darauf<br />

an, ob Wasser ständig oder zeitweilig in einem Bett fließt oder<br />

steht. Allein diese funktionsbezogene, an die tatsächlichen Gegebenheiten<br />

anknüpfende Betrachtung entspricht dem Zweck des<br />

Wasserhaushaltsgesetzes. <strong>Das</strong> Wasserhaushaltsgesetz schafft eine<br />

wasserwirtschaftliche Benutzungsordnung <strong>für</strong> das Wasser, das in einem<br />

unmittelbaren Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserhaushalt<br />

steht. Gewässer sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in<br />

den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden sind. Solange dieser<br />

Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserhaushalt besteht, ist<br />

es <strong>für</strong> die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Gewässers<br />

gleichgültig, ob es legal oder illegal entstanden ist.<br />

Allerdings müssen Gewässer eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweisen.<br />

Gelegentliche Ansammlungen von Wasser werden vom<br />

Begriff des Gewässers nicht erfasst. Der Senat kann offen lassen, ob<br />

es an dem Erfordernis der Dauerhaftigkeit im Einzelfall fehlt,<br />

wenn ein Gewässer illegal angelegt wird und die zuständige<br />

Behörde gegen das Vorhaben sogleich einschreitet. Denn einen<br />

solchen Sachverhalt hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt.<br />

Der von der Klägerin behauptete Anspruch auf behördliches<br />

Einschreiten gegen den Stichkanal nimmt diesem nicht das Merkmal<br />

der Dauerhaftigkeit.<br />

BGH<br />

Freizeitlärm: Rockkonzert<br />

Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03<br />

Leitsatz:<br />

Von einem Rockkonzert ausgehende Lärmimmissionen, die die Richtwerte<br />

der sog. LAI-Hinweise überschreiten, können unwesentlich im<br />

Sinne des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB sein, wenn es sich um eine Veranstaltung<br />

von kommunaler Bedeutung handelt, die an nur einem Tag des<br />

Jahres stattfindet und weitgehend die einzige in der Umgebung<br />

bleibt. Dies gilt in aller Regel aber nur bis Mitternacht.<br />

100<br />

Aus dem Tatbestand:<br />

Die Kläger wenden sich gegen Lärmbelästigungen, die von einem alljährlich<br />

stattfindenden Sommerfest eines Sportvereins und dabei<br />

insbesondere von einem Rockkonzert ausgehen.<br />

Die Kläger sind Eigentümer eines in einem allgemeinen Wohngebiet<br />

gelegenen Grundstücks. Auf dem Nachbargrundstück, das der<br />

beklagten Stadt gehört, befinden sich ein Bolzplatz, eine Sporthalle<br />

und ein Fußballfeld. Die Beklagte hat das Gelände einem Sportverein<br />

<strong>für</strong> Vereinsaktivitäten überlassen. Einmal im Jahr veranstaltet der<br />

Sportverein ein Sommerfest. Dabei finden in einem Festzelt Musikveranstaltungen<br />

statt, darunter ein Rockkonzert. Für das bis weit<br />

nach Mitternacht dauernde Rockkonzert wurden <strong>für</strong> das Grundstück<br />

der Kläger in den Jahren 2001 und 2002 Mittelungspegel von 55,9<br />

bis 70,5 dB(A) und 53,3 bis 66 dB(A) gemessen. (...)<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

I. <strong>Das</strong> Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beeinträchtigung der<br />

Kläger durch den von dem Sommerfest und hier insbesondere von<br />

dem Rockkonzert ausgehenden Lärm sei wesentlich im Sinne von<br />

§ 906 Abs. 2 S. 1 BGB. Dies folge aus der vor allem zur Nachtzeit ab<br />

22 Uhr gravierenden Überschreitung der in der LAI-Freizeitlärmrichtlinie<br />

festgesetzten Lärmgrenzwerte; die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung<br />

werde dadurch indiziert. Diese Werte seien zwar<br />

nicht schematisch anzuwenden und erlaubten bei einem einmaligen<br />

Ereignis eine großzügigere Handhabung. Ein einmaliges Ereignis liege<br />

aber nicht vor, weil das Fest an drei Tagen stattfinde und auch die<br />

weiteren Veranstaltungen Lärm verursachten. Zudem seien die festgestellten<br />

Überschreitungen von 22 Uhr bis weit nach Mitternacht<br />

so gravierend, dass sie nicht hingenommen werden müssten.<br />

II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Auf der Grundlage seiner<br />

Feststellungen bejaht das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen<br />

Unterlassungsanspruch der Kläger (§§ 1004, 906 BGB).<br />

1. Nach § 906 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks von einem<br />

anderen Grundstück ausgehende Immissionen insoweit nicht<br />

verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nur<br />

unwesentlich beeinträchtigt. Ob Geräuschimmissionen wesentlich<br />

sind oder nicht, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen<br />

Durchschnittsmenschen und danach, was ihm unter Würdigung<br />

anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist<br />

(BGHZ 148, 261, 264 – Hammerschmiede; Senatsurt. v. 20.11.1998<br />

– V ZR 411/97, NJW 1999, 1029, 1030). Die Grenze der im Einzelfall<br />

zumutbaren Lärmbelästigung kann nicht mathematisch exakt, sondern<br />

nur aufgrund wertender Beurteilung festgesetzt werden (BGHZ<br />

148, 261, 264). Dabei sind wesentliche Immissionen identisch mit<br />

erheblichen Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG (BGHZ<br />

122, 76, 78).<br />

Wann Lärmimmissionen im Einzelfall die Schwelle zur Wesentlichkeit<br />

überschreiten, unterliegt weitgehend tatrichterlicher Wertung.<br />

Revisionsrechtlich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die<br />

nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und<br />

bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte<br />

zugrunde gelegt hat (BGHZ 121, 248, 252 – Jugendzeltplatz). Dieser<br />

Nachprüfung hält das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht stand.<br />

2. a) <strong>Das</strong> Berufungsgericht orientiert sich an den Hinweisen des<br />

Länderausschusses <strong>für</strong> Immissionsschutz zur Beurteilung der durch<br />

Freizeitanlagen verursachten Geräusche (sog. LAI-Hinweise oder<br />

Freizeitlärm-Richtlinie, abgedruckt in: NVwZ 1997, 469). <strong>Das</strong> ist<br />

nicht zu beanstanden. Die LAI-Hinweise gelten <strong>für</strong> Freizeitanlagen,<br />

und zwar insbesondere <strong>für</strong> Grundstücke, auf denen Volksfeste,<br />

Platzkonzerte, Lifemusik-Darbietungen und ähnliche Veranstaltungen<br />

im Freien stattfinden. Sie sind ungeachtet der generellen Nutzung<br />

des Grundstücks der Beklagten als Sportplatz einschlägig,<br />

denn die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) regelt<br />

nur Immissionen, die von einer Sportanlage bei ihrer bestim-<br />

ZUR 2/2004


BGH, Freizeitlärm: Rockkonzert<br />

mungsgemäßen Nutzung, der Sportausübung, ausgehen (§ 1 Abs. 1<br />

der 18. BImSchV).<br />

Die von Sachverständigen ausgearbeiteten und von allen Ländern<br />

mitgetragenen LAI-Hinweise unterfallen zwar nicht § 906<br />

Abs. 1 S. 2 u. 3 BGB (Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rn. 193),<br />

können den Gerichten aber gleichwohl als Entscheidungshilfe dienen<br />

(vgl. BGHZ 111, 63, 67 – Volksfestlärm; 120, 239, 256 f. –<br />

Froschlärm; 121, 248, 253 – Jugendzeltplatz; BVerwG, DVBl. 2001,<br />

1451, 1453). Sie ersetzen nicht die Prüfung und Würdigung der<br />

konkreten Umstände des Einzelfalls, geben dieser Würdigung aber<br />

eine Orientierung. Werden die Richtwerte überschritten, so indiziert<br />

dies eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906<br />

Abs. 1 BGB (vgl. BGHZ 111, 63, 67; 121, 248, 251). Der Tatrichter<br />

muss allerdings auch in diesem Fall berücksichtigen, dass es sich<br />

bei den technischen Regelwerken nur um Richtlinien handelt, die<br />

nicht schematisch angewendet werden dürfen.<br />

b) Für die Frage der Wesentlichkeit von Lärmimmissionen sind<br />

Dauer und Häufigkeit der Einwirkung von erheblicher Bedeutung.<br />

<strong>Das</strong> Berufungsgericht vertritt daher zu Recht die Ansicht, dass bei einem<br />

einmaligen Ereignis eine großzügigere Handhabung der Richtwerte<br />

geboten, eine Überschreitung im Einzelfall also hinzunehmen<br />

sein kann. Rechtsfehlerhaft geht es jedoch davon aus, dass hier ein<br />

einmaliges Störereignis deswegen nicht vorliege, weil das Sommerfest<br />

an drei aufeinanderfolgenden Wochenendtagen stattfindet.<br />

Denn dass von den übrigen Veranstaltungen eine wesentliche Einwirkung<br />

auf das Grundstück der Kläger ausginge, hat es nicht festgestellt.<br />

Mithin ist revisionsrechtlich nur das Rockkonzert von Bedeutung<br />

und die weitergehende Klage schon nicht schlüssig.<br />

Richtig ist allerdings, dass die LAI-Hinweise der Seltenheit eines Ereignisses<br />

durch eine Sonderregelung in Ziff. 4.4. Rechnung tragen, in<br />

der <strong>für</strong> Veranstaltungen, die an nicht mehr als zehn Tagen oder<br />

Nächten im Kalenderjahr stattfinden (sog. seltene Störereignisse),<br />

höhere Richtwerte vorgegeben werden. Auch insoweit gibt die Richtlinie<br />

jedoch nur eine Orientierung und lässt Raum <strong>für</strong> die Berücksichtigung<br />

der Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG, DVBl. 2001,<br />

1451, 1453 »Entscheidungshilfe mit Indizcharakter«). Hierzu gehört<br />

auch die Zahl der Störereignisse. Denn die Sonderregelung in Ziff.<br />

4.4. der LAI-Hinweise erfasst Ereignisse, die bis zu zehn Tagen oder<br />

Nächten eines Jahres auftreten und einen relevanten Beitrag zur<br />

Überschreitung der Immissionsrichtwerte verursachen.<br />

In dem der Entscheidung des Senats vom 23.3.1990 (BGHZ 111,<br />

63 – Volksfestlärm) zugrunde liegenden Fall wurde ein an das Grundstück<br />

des Klägers angrenzendes Gelände mehrmals im Jahr als Kirmes-<br />

und Festplatz genutzt. Für das Jahr 1987 waren beispielsweise<br />

<strong>für</strong> die Monate Juni, Juli und August vier jeweils über das ganze Wochenende,<br />

einmal sogar drei Tage dauernde Veranstaltungen angekündigt.<br />

Vorliegend ist dagegen mangels anderweitiger Feststellungen<br />

des Berufungsgerichts zugunsten der Revision davon<br />

auszugehen, dass das an nur einem Abend des Sommerfestes stattfindende<br />

Rockkonzert, gegen dessen Immissionen sich die Kläger in<br />

erster Linie wenden, weitgehend das einzige Ereignis ist, welches unter<br />

deutlicher Überschreitung der in den LAI-Hinweisen in Ziffer 4.4.<br />

<strong>für</strong> die Nachtzeit aufgestellten Richtwerte auf das Grundstück der<br />

Kläger einwirkt.<br />

c) <strong>Das</strong> Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung ferner nicht bedacht,<br />

dass bei seltenen Störereignissen auch die Bedeutung der Veranstaltung<br />

nicht unberücksichtigt bleiben kann. Nach der neueren<br />

Rechtsprechung des Senats richtet sich die Beurteilung, ob eine Immission<br />

wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, nicht nur nach dem<br />

Maß der objektiven Beeinträchtigung. Im Interesse der Harmonisierung<br />

zivilrechtlicher und öffentlichrechtlicher Beurteilungsmaßstäbe<br />

hat der Senat eine Angleichung an die verwaltungsgerichtliche<br />

Rechtsprechung vollzogen, die als erhebliche Belästigung alles ansieht,<br />

was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter<br />

ZUR 2/2004<br />

Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise<br />

nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BGHZ 120, 239, 255 – Froschlärm;<br />

148, 261, 264 – Hammerschmiede). Demgemäß können bei der<br />

Prüfung der Erheblichkeit oder Wesentlichkeit von Lärm auch<br />

schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit und gesetzliche Wertungen<br />

eine Rolle spielen (vgl. BGHZ 121, 248, 255 – Jugendzeltplatz;<br />

111, 63, 68 – Volksfestlärm).<br />

aa) Volks- und Gemeindefeste, Feiern örtlicher Vereine, traditionelle<br />

Umzüge und ähnliche Veranstaltungen gehören zu den herkömmlichen,<br />

allgemein akzeptierten Formen gemeindlichen und<br />

städtischen Lebens. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass sie<br />

oftmals in der Nähe zur Wohnbebauung durchgeführt werden<br />

müssen und zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft<br />

führen. Da solche Veranstaltungen <strong>für</strong> den Zusammenhalt<br />

der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung sein können,<br />

dabei auch die Identität dieser Gemeinschaft stärken und <strong>für</strong> viele<br />

Bewohner einen hohen Stellenwert besitzen, werden die mit ihnen<br />

verbundenen Geräuschentwicklungen von einem verständigen<br />

Durchschnittsmenschen bei Würdigung auch anderer Belange in<br />

der Regel in höherem Maß akzeptiert werden als sonstige Immissionen.<br />

<strong>Das</strong> kann bei der Beurteilung, ob eine Lärmeinwirkung als<br />

wesentlich anzusehen ist, vor allem dann nicht unberücksichtigt<br />

bleiben, wenn es sich um ein sehr seltenes Ereignis handelt, das<br />

weitgehend das einzige in der Umgebung bleibt. In einem solchen<br />

Fall können auch Lärmimmissionen, die die Richtwerte der LAI-<br />

Hinweise überschreiten, ausnahmsweise noch unwesentlich sein<br />

(so auch VGH Kassel, GewArch 1997, 162).<br />

Die kommunale Bedeutung kann einem Ereignis nicht deshalb abgesprochen<br />

werden, weil Veranstalter nicht die Gemeinde, sondern<br />

ein privater Verein ist. Maßgeblich ist, dass das Ereignis von einem<br />

Großteil der Ortsbevölkerung getragen und akzeptiert wird. Unerheblich<br />

<strong>für</strong> die Frage der Wesentlichkeit der Immissionen ist ferner,<br />

ob der Nutzung eines Grundstücks als Festplatz eine langjährige<br />

Übung zugrunde liegt. Bei der vom Tatrichter vorzunehmenden<br />

Würdigung, ob Geräuschimmissionen wesentlich sind, kann zwar<br />

dem Traditionscharakter einer Veranstaltung besonderes Gewicht<br />

zukommen. Umgekehrt steht der Annahme einer nur unwesentlichen<br />

Beeinträchtigung aber nicht entgegen, dass eine Veranstaltung<br />

erst seit kurzer Zeit stattfindet. Andernfalls würden Gemeinden gehindert,<br />

eine kommunale Festivität zu begründen, wo Traditionsveranstaltungen<br />

fehlen, oder die Abläufe bei Festen zu ändern, die<br />

auf eine langjährige Übung zurückgehen. Demgemäß können auch<br />

die mit Gemeinde- und Vereinsfesten untrennbar verbundenen<br />

Musik- und Tanzveranstaltungen Änderungen in Art und Ausrichtung<br />

erfahren. Erlangen sie im Einzelfall überregionale Bedeutung,<br />

nimmt ihnen das die kommunale Bedeutung nicht, solange die jeweilige<br />

Veranstaltung weiterhin auch <strong>für</strong> die örtliche Bevölkerung<br />

bestimmt ist und von ihr angenommen wird.<br />

bb) Bei nur einmal jährlich stattfindenden Veranstaltungen von<br />

kommunaler Bedeutung können selbst Lärmeinwirkungen unwesentlich<br />

sein, welche die <strong>für</strong> die Abend- und Nachtzeit aufgestellten<br />

Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten. Zwar gebührt nach 22<br />

Uhr dem Schutz der ungestörten Nachtruhe grundsätzlich der Vorrang<br />

vor dem Interesse der Bevölkerung, Volksfeste und ähnliche<br />

Veranstaltungen zu besuchen (vgl. BGHZ 111, 63, 70 – Volksfestlärm).<br />

Insbesondere in Krankenhäusern oder sonstigen Kliniken,<br />

aber auch dort, wo die Bewohner der Umgebung bereits tagsüber<br />

einem höheren Lärmpegel als üblich ausgesetzt sind, ist eine Störung<br />

der Nachtruhe meist eine erhebliche Einwirkung auf die Gesundheit<br />

oder das Wohlbefinden und damit eine wesentliche Immission. Zu<br />

berücksichtigen ist aber auch, dass die Nachtruhe nicht generell geschützt<br />

wird. Dort, wo ruhestörende Tätigkeiten zur Nachtzeit durch<br />

landesrechtliche Normen ausdrücklich verboten sind, hat der Gesetzgeber<br />

zugleich Ausnahmen <strong>für</strong> den Fall vorgesehen, dass ein Vor-<br />

101


Rechtsprechung<br />

haben im Einzelfall Vorrang vor den schutzwürdigen Belangen Dritter<br />

hat (z.B. § 5 der LärmVO Hamburg, § 8 der LärmVO Berlin). Vorrang<br />

kann insbesondere Volksfesten und ähnlichen Veranstaltungen<br />

zukommen, wenn sie auf historischen oder kulturellen Umständen<br />

beruhen oder sonst von kommunaler Bedeutung sind, und deshalb<br />

das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung<br />

gegenüber dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft überwiegt<br />

(vgl. § 9 Abs. 3 LImSchG Nordrhein-Westfalen, § 4 Abs. 4 LImSchG<br />

Rheinland-Pfalz, § 10 Abs. 4 LlmSchG Brandenburg).<br />

Eine solche Abwägung der widerstreitenden Interessen sieht auch<br />

das Gaststättengesetz vor. Nach § 12 Abs. 1 GaststG kann aus besonderem<br />

Anlass der Betrieb eines Gaststättengewerbes unter erleichterten<br />

Voraussetzungen vorübergehend gestattet werden. Die »erleichterten<br />

Voraussetzungen« beziehen sich auch auf den Schutz vor<br />

schädlichen Umweiteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG<br />

(§ 4 Abs. 1 Nr. 3 GaststG), und gelten damit beispielsweise <strong>für</strong> die Lärmimmissionen,<br />

die von einer aus Anlass eines Volksfests betriebenen<br />

Außengastronomie ausgehen (vgl. VGH München NVwZ 1999,<br />

555). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass bei besonderem<br />

Anlass und nur vorübergehendem Betrieb die bei der Erteilung<br />

der Erlaubnis zu beachtenden Vorschriften weniger streng zu<br />

handhaben sind als bei einem Dauerbetrieb. Immissionsschutzrechtliche<br />

Gesichtspunkte dürfen zwar nicht vernachlässigt werden,<br />

sie sind jedoch zu Art und Dauer des Betriebs in Beziehung zu setzen<br />

(vgl. Michel/Kienzle/Pauly, <strong>Das</strong> Gaststättengesetz, 14. Aufl. 2003, § 12<br />

Rn. 5). Dies führt im Fall von Lärmbeeinträchtigungen dazu, dass bei<br />

der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 BImSchG die<br />

Seltenheit des Anlasses und seine Bedeutung in die Würdigung einzubeziehen<br />

sind (VGH München a.a.O., S. 556). Die Berücksichtigung<br />

dieser Kriterien ist nicht auf die gastronomischen Betriebe beschränkt,<br />

sondern gilt <strong>für</strong> den verständigen Durchschnittsmenschen<br />

gleichermaßen in Bezug auf das besondere Ereignis, an das sie anknüpfen.<br />

Insoweit hängt die Beurteilung der Beeinträchtigung als<br />

wesentlich auch von einer Interessenabwägung ab (BGHZ 111, 63,<br />

68 – Volksfestlärm; a.A. Roth, in: Anm. JR 1991, 149).<br />

cc) In welchem Umfang Lärmbeeinträchtigungen von Veranstaltungen<br />

mit besonderer historischer, kultureller oder kommunaler<br />

Bedeutung noch als unwesentlich angesehen werden können, ist<br />

weitgehend eine Frage des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere<br />

Bedeutung und Charakter der Veranstaltung, ihr Ablauf,<br />

Dauer und Häufigkeit, die Nutzungsart und Zweckbestimmung sowie<br />

die Gesamtbelastung des beeinträchtigten Grundstücks während<br />

der Veranstaltung und durch andere seltene Störereignisse, ferner die<br />

zeitlichen Abstände dieser Ereignisse. Je gewichtiger der Anlass <strong>für</strong><br />

die Gemeinde oder Stadt ist, desto eher ist der Nachbarschaft zuzumuten,<br />

an wenigen Tagen im Jahr Ruhestörungen hinzunehmen.<br />

Bei Festveranstaltungen von kommunaler Bedeutung, die nur einmal<br />

im Jahr <strong>für</strong> wenige Tage stattfinden, ist dabei auch eine deutliche<br />

Überschreitung der in den LAI-Hinweisen <strong>für</strong> seltene Störereignisse<br />

festgelegten Richtwerte denkbar. Hiervon ist selbst die Nachtzeit<br />

nicht generell ausgenommen, zumal es im Sommer noch bis gegen<br />

22 Uhr hell bleibt und es dem Charakter bzw. der Tradition vieler<br />

Veranstaltungen entspricht, dass sie bis in die Nachtstunden andauern<br />

(so auch VGH Mannheim NVwZ-RR 1994, 633, 635). Im Einzelfall<br />

kann von den Anliegern jedenfalls an einem Tag bis Mitternacht<br />

ein deutlich höherer Beurteilungspegel hinzunehmen sein. Eine<br />

über Mitternacht hinausgehende erhebliche Überschreitung der<br />

Richtwerte wird demgegenüber in aller Regel nicht mehr als unwesentlich<br />

zu qualifizieren sein. (...)<br />

Für die Beurteilung durch einen verständigen Durchschnittsmenschen<br />

von Bedeutung kann schließlich sein, ob sich die Veranstaltung<br />

an einen ebenso geeigneten, Anwohner insgesamt aber deutlich<br />

weniger beeinträchtigenden Standort innerhalb der Gemeinde<br />

bzw. des Ortsteils verlegen lässt. Können unter Wahrung des Cha-<br />

102<br />

rakters der Veranstaltung die Lärmimmissionen <strong>für</strong> Anwohner deutlich<br />

reduziert werden, unterbleibt aber ein Standortwechsel, so verringert<br />

sich das Maß dessen, was einem Anwohner an Geräuscheinwirkungen<br />

zuzumuten ist; in der Regel werden dann die Richtwerte<br />

der LAI-Hinweise maßgebend sein.<br />

III. <strong>Das</strong> angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Da weitere<br />

tatsächliche Feststellungen nicht zu treffen sind, hat der Senat in der<br />

Sache selbst entschieden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Angesichts der Unterstützung,<br />

die das Sommerfest und das Rockkonzert seitens der<br />

Gemeinde erfahren, kann der Veranstaltung die kommunale Bedeutung<br />

nicht abgesprochen werden. Gleichwertige alternative Standorte<br />

<strong>für</strong> das Festzelt sind nicht ersichtlich. Durch die von den Klägern<br />

vorgeschlagene Verlegung des Rockkonzerts in die benachbarte<br />

Sporthalle bliebe der Charakter der Veranstaltung nicht gewahrt. Er<br />

ist davon geprägt, dass das Konzert als Teil eines Sommerfestes weitgehend<br />

im Freien stattfindet.<br />

Die Kläger müssen am Abend des Rockkonzerts allerdings nicht<br />

jegliche Lärmeinwirkung hinnehmen, sondern nur das nach dem<br />

Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zumutbare<br />

Maß. Die Zumutbarkeit ist durch eine Begrenzung der Immissionen<br />

zu wahren. Hier<strong>für</strong> geben die Richtwerte, die die LAI-Hinweise bei<br />

seltenen Störereignissen tagsüber außerhalb der Ruhezeiten vorsehen,<br />

eine Orientierung. Im vorliegenden Fall bietet es sich an, die Tageszeit<br />

im Sinne der LAI-Hinweise bis 24 Uhr auszudehnen. Damit<br />

ist <strong>für</strong> das Rockkonzert ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) mit einer<br />

Geräuschspitze von 90 dB(A) maßgeblich. Eine Verlängerung über<br />

24 Uhr hinaus kommt dagegen mit Rücksicht auf die schutzwürdigen<br />

Belange der Kläger nicht in Betracht. Um ihnen eine ausreichende<br />

Nachtruhe zu ermöglichen, ist vielmehr von Mitternacht bis<br />

8 Uhr des auf das Rockkonzert folgenden Tages der <strong>für</strong> die Nachtzeit<br />

vorgegebene Beurteilungspegel von 55 dB(A) einzuhalten.<br />

OVG Lüneburg<br />

Befahrensbeschränkung <strong>für</strong> unter Schutz gestellten Wasserlauf<br />

Urteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2072/01<br />

Leitsätze:<br />

1. <strong>Das</strong> Befahren eines als Landschaftsbestandteil unter Schutz gestellten<br />

Wasserlaufs mit Flößen und anderen großen Wasserfahrzeugen<br />

gefährdet den Landschaftsbestandteil, wenn es geeignet<br />

ist, den Wasserlauf als Lebensraum schutzwürdiger Tiere und Pflanzen<br />

zu beeinträchtigen und die natürliche Entwicklung der Flora<br />

und Fauna zu stören. Diese Gefährdung kann ein Befahrensverbot<br />

<strong>für</strong> Flöße und andere Wasserfahrzeuge von mehr als 6 m Länge<br />

oder 1 m Breite rechtfertigen.<br />

2. <strong>Das</strong> Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wird<br />

durch das Befahrensverbot nicht berührt, weil die vom Boots- und<br />

Floßtourismus profitierenden Betriebe lediglich Erwerbschancen<br />

genutzt haben, deren Fortbestand eigentumsrechtlich nicht geschützt<br />

ist.<br />

3. Eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der<br />

Abwägung zu berücksichtigenden Umstände zieht die Nichtigkeit<br />

einer nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnung<br />

nicht nach sich.<br />

Die Antragsteller wenden sich gegen die Verordnung zum Schutz der<br />

Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup, die das Befahren der<br />

Hunte mit Wasserfahrzeugen beschränkt.<br />

<strong>Das</strong> Huntetal zwischen Wildeshausen und Astrup ist im Landes-<br />

Raumordnungsprogramm und im Regionalen Raumordnungsprogramm<br />

des Antragsgegners streckenweise als Vorranggebiet <strong>für</strong> Natur<br />

ZUR 2/2004


OVG Lüneburg, Befahrensbeschränkung <strong>für</strong> unter Schutz gestellten Wasserlauf<br />

und Landschaft dargestellt. Es liegt darüber hinaus im Landschaftsschutzgebiet<br />

»Mittlere Hunte«, das seit 1976 besteht. Die Hunte zwischen<br />

Wildeshausen und Astrup wird seit langem zum Bootsfahren<br />

benutzt. Im Laufe der 90er Jahre nahm der Bootsverkehr erheblich<br />

zu. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre boten auch Fremdenverkehrsbetriebe<br />

organisierte Floßfahrten auf der Hunte an, die insbesondere<br />

bei Gruppenreisenden auf großen Zuspruch stießen. Die<br />

Flöße, die dabei eingesetzt wurden, bestanden aus festen Holzplattformen,<br />

unter denen Auftriebskörper angebracht waren. Sie hatten<br />

eine Größe von ca. 2,50 m x 4,00 m und verfügten über feste Sitzbänke,<br />

die bis zu 16 Personen Platz boten.<br />

Der Boots- und Floßtourismus wurde von den Gemeinden, durch<br />

deren Gebiet die Hunte fließt, erheblich gefördert. So warb die Gemeinde<br />

F. mit einer im April 2000 in Auftrag gegebenen Werbebroschüre<br />

<strong>für</strong> Kanu- und Floßfahrten auf der Hunte. Außerdem förderte<br />

sie die Errichtung einer Anlegestelle <strong>für</strong> Floßfahrer mit ca.<br />

25.000,– DM. Darüber hinaus engagierte sie Gästeführerinnen <strong>für</strong> organisierte<br />

Floßfahrten, an denen jährlich bis zu 1.500 Personen teilnahmen.<br />

Die Antragstellerin zu 1) hat in ihrem Hotel in F. in der Vergangenheit<br />

zahlreiche Reisegruppen beherbergt, die an den von ihr organisierten<br />

Floßfahrten auf der Hunte teilgenommen haben. Im Jahr<br />

2000 haben mehr als 500 Personen bei ihr einen Wochenendaufenthalt<br />

inklusive Floßfahrt gebucht. Der Antragsteller zu 2) hat ebenfalls<br />

an Floßfahrten auf der Hunte zwischen Wildeshausen und<br />

Astrup teilgenommen.<br />

Der Antragsgegner erließ am 16.10.2000 die Verordnung zum<br />

Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup – VO -. Diese<br />

Verordnung, die im Amtsblatt <strong>für</strong> den Regierungsbezirk Weser-Ems<br />

vom 17.11.2000 bekannt gemacht wurde, hat folgenden Wortlaut:<br />

§ 1 Unterschutzstellung<br />

Der in § 3 genannte Gewässerabschnitt der Hunte wird zum geschützten<br />

Landschaftsbestandteil erklärt und der Gemeingebrauch<br />

daran eingeschränkt. Die Verordnung vom 4.11.1976 zum Schutze<br />

von Landschaftsteilen im Gebiet der Stadt Oldenburg und der Landkreise<br />

Oldenburg und Vechta – Landschaftsschutzgebiet Mittlere<br />

Hunte – Nr. OL 141 bleibt unberührt.<br />

§ 2 Schutzzweck<br />

Die Einschränkung des Gemeingebrauchs dient dem Schutz, dem<br />

Erhalt und der weiteren Entwicklung des in § 3 genannten Gewässerabschnitts<br />

als Lebensraum <strong>für</strong> seltene und teilweise in ihrem<br />

Bestand bedrohte, fließgewässertypische Tier- und Pflanzenarten.<br />

§ 3 Räumlicher Geltungsbereich<br />

Diese Verordnung gilt <strong>für</strong> den Abschnitt des Gewässers »Hunte«<br />

zwischen dem Kraftwerk in Wildeshausen und der Überführung der<br />

Kreisstraße 235 »Sandkruger Straße« in Astrup.<br />

§ 4 Schutzbestimmungen<br />

In dem in § 3 genannten Gewässerabschnitt ist das Befahren<br />

ganzjährig mit Wasserfahrzeugen mit mehr als 6 m Länge oder mehr<br />

als 1 m Breite verboten.<br />

In der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juni eines jeden Jahres ist das<br />

Befahren des in § 3 genannten Gewässerabschnitts mit Wasserfahrzeugen<br />

jeder Art verboten.<br />

§ 5 Freistellungen<br />

Freigestellt ist das Befahren im Rahmen der Gewässer- und<br />

Brückenunterhaltung.<br />

§ 6 Befreiungen<br />

Auf Antrag kann der Landkreis von den Verboten des § 4, nach<br />

Maßgabe des § 53 NNatSchG, eine Befreiung erteilen.<br />

Die Befreiung kann mit Bedingungen und Auflagen versehen und<br />

befristet werden.<br />

§ 7 Ordnungswidrigkeiten<br />

Ordnungswidrig gem. § 64 Abs. 1 Nr. des Nieders. Naturschutzgesetzes<br />

handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig, ohne im Besitz einer<br />

ZUR 2/2004<br />

Befreiung zu sein, den in § 3 genannten Gewässerabschnitt entgegen<br />

§ 4 befährt.<br />

Die Ordnungswidrigkeit kann gem. § 65 des Nieders. Naturschutzgesetzes<br />

mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 DM geahndet werden.<br />

§ 8 Inkrafttreten<br />

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in<br />

Kraft.<br />

Am 12.6.2001 haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag<br />

gestellt und beantragt, die Verordnung des Antragsgegners zum<br />

Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup vom<br />

16.10.2000 <strong>für</strong> nichtig zu erklären. Darüber hinaus haben sie beantragt,<br />

§ 4 der Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen<br />

und Astrup bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag<br />

vorläufig außer Vollzug zu setzen. Diesen Antrag hat der<br />

erkennende Senat durch Beschluss vom 24.6.2002 (- 8 MN 42/02 -)<br />

abgelehnt.<br />

Aus den Gründen:<br />

Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber unbegründet.<br />

Der Antrag ist statthaft, weil die Verordnung des Antragsgegners<br />

zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup – VO –<br />

vom 16.10.2000 nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 7 Nds. VwGG<br />

der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.<br />

Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.<br />

Die Antragsteller haben den Normenkontrollantrag innerhalb der 2-<br />

Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO und damit rechtzeitig gestellt.<br />

Sie sind außerdem nach § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO antragsbefugt, weil<br />

sie geltend machen können, durch die Verordnung oder deren Anwendung<br />

in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit<br />

verletzt zu werden.<br />

Für die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne des § 47<br />

Abs. 2 S. 1 VwGO genügt es, wenn die Antragsteller hinreichend substantiiert<br />

Tatsachen vortragen, die es als möglich erscheinen lassen,<br />

dass sie durch die zur Prüfung gestellte Norm in ihren subjektiven<br />

Rechten verletzt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98,<br />

DVBl. 1999 S. 100; Urt. v. 17.12.1998 – 1 CN 1.98, BVerwGE 108,<br />

182, 184; Beschl. v. 17.5.2000 – 6 CN 3.99 -). <strong>Das</strong> ist im vorliegenden<br />

Fall geschehen.<br />

Die Antragstellerin zu 1) hat vorgetragen, in den Jahren vor dem<br />

Inkrafttreten der umstrittenen Verordnung Aufenthalte in ihrem Hotel<br />

einschließlich der Teilnahme an von ihr organisierten Floßfahrten<br />

auf der Hunte angeboten zu haben. Dieses Angebot sei im Jahre<br />

2000 von 28 Gruppen mit mehr als 500 Personen in Anspruch genommen<br />

worden. Daher erscheint es als möglich, dass die Antragstellerin<br />

zu 1) durch die Verordnung in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 GG<br />

geschützten Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit verletzt<br />

wird, das auch die Organisation und Durchführung von Floßfahrten<br />

umfasst (Senatsbeschl. v. 24.6.2002 – 8 MN 42/02 -). Dem kann der<br />

Antragsgegner nicht entgegenhalten, dass die Verordnung lediglich<br />

deklaratorischen Charakter habe, soweit sie das gewerbliche Befahren<br />

der Hunte mit Flößen betreffe. Die Schutzbestimmungen des § 4<br />

VO geben nämlich nichts da<strong>für</strong> her, dass sie sich nicht auch auf gewerblich<br />

organisierte Floßfahrten auf der Hunte erstrecken.<br />

Der Antragsteller zu 2) kann ebenfalls einen Verstoß gegen Art. 2<br />

Abs. 1 GG geltend machen, weil er vor Inkrafttreten der umstrittenen<br />

Verordnung an Floßfahrten auf der Hunte zwischen Wildeshausen<br />

und Astrup teilgenommen hat und beabsichtigt, dies auch in<br />

Zukunft zu tun.<br />

Der Normenkontrollantrag ist indessen unbegründet, weil die Verordnung<br />

zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup<br />

mit höherrangigem Recht im Einklang steht.<br />

Anhaltspunkte da<strong>für</strong>, dass die Verordnung wegen formeller Mängel<br />

nichtig sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die<br />

Verordnung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.<br />

103


Rechtsprechung<br />

Der Antragsgegner hat die Hunte zwischen Wildeshausen und<br />

Astrup nach § 28 Abs. 1 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes<br />

– NNatSchG – vom 20. 3.1981 (Nds. GVBl. S. 31), zuletzt geändert<br />

durch Gesetz vom 27.1.2003 (Nds. GVBl. S. 39), zum geschützten<br />

Landschaftsbestandteil erklärt. Diese Unterschutzstellung begegnet<br />

keinen rechtlichen Bedenken.<br />

Nach § 28 Abs. 1 NNatSchG können Bäume, Hecken, Wasserläufe<br />

und andere Landschaftsbestandteile einzeln oder allgemein in einem<br />

bestimmten Gebiet geschützt werden, wenn sie 1.) das Orts- oder<br />

Landschaftsbild beleben oder gliedern, 2.) zur Leistungsfähigkeit des<br />

Naturhaushalts beitragen oder 3.) das Kleinklima verbessern oder<br />

schädliche Einwirkungen abwehren. Diese Voraussetzungen liegen<br />

hier vor.<br />

Bei dem in § 3 VO bezeichneten Abschnitt der Hunte handelt es<br />

sich um einen Teil eines Wasserlaufs und damit um einen Landschaftsbestandteil<br />

im Sinne des § 28 Abs. 1 NNatSchG (vgl. Louis,<br />

Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Kommentar, § 28 Rn. 2). Dieser<br />

Landschaftsbestandteil ist auch schützwürdig, weil er das Landschaftsbild<br />

belebt (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 NNatSchG) und zur Leistungsfähigkeit<br />

des Naturhaushalts beiträgt (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 NNatSchG).<br />

<strong>Das</strong>s ein Fluss wie die Hunte, der auch heute noch relativ naturnah<br />

ist und teilweise stark mäandriert, das Landschaftsbild belebt, liegt<br />

auf der Hand und bedarf daher keiner näheren Begründung. Die<br />

Hunte trägt aber auch zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts bei,<br />

weil sie einer schutzwürdigen und schutzbedürftigen Flora und Fauna<br />

Lebensraum bietet.<br />

Die Hunte ist nach den Angaben des Gewässerkundlichen Landesdienstes<br />

des Niedersächsischen Landesbetriebs <strong>für</strong> Wasserwirtschaft<br />

und Küstenschutz – Betriebsstelle Brake – in seiner vom Antragsgegner<br />

überreichten Stellungnahme vom 24.6.2003 zwischen<br />

Wildeshausen und Oldenburg ein relativ naturnahes Gewässer. Sie<br />

ist durchschnittlich ca. 15 m breit, wegen der Ufergehölze und umgestürzter<br />

Bäume aber streckenweise nur auf einer Breite von 5 m befahrbar.<br />

<strong>Das</strong> Totholz, das ein wertvolles Siedlungs- und Eiablagesubstrat<br />

<strong>für</strong> viele Wasserorganismen darstellt, wird im Sommer<br />

regelmäßig nur sehr flach überströmt. Gleiches gilt <strong>für</strong> die zahlreichen<br />

Kies- und Sandbänke in der Hunte, die von gefährdeten Fließwasser-Wirbellosen,<br />

die sehr arten- und individuenreich sind, besiedelt<br />

werden. Die Stein- und Kiesbänke stellen auch wertvolle Laichund<br />

Lebensräume <strong>für</strong> gefährdete Fließwasserfische, insbesondere<br />

Kieslaicher wie Lachs, Meerforelle, Meer-, Fluss- und Bachneunauge<br />

sowie Koppe dar.<br />

<strong>Das</strong>s die Hunte einer schutzwürdigen und schutzbedürftigen<br />

Fauna Lebensraum bietet, belegt auch die »Limnologische Studie<br />

zur Sanierung der Hunte unterhalb von Wildeshausen« des Staatlichen<br />

Amtes <strong>für</strong> Wasser und Abfall Brake vom Dezember 1991.<br />

Nach dieser Studie wird der Fließbereich der Hunte von einer sehr<br />

artenreichen Fauna besiedelt. Dazu gehören u. a. 230 Wirbellosenarten<br />

wie Schnecken, Muscheln, Libellen und Fliegen, von denen<br />

43 in der »Roten Liste der gefährdeten oder vom Aussterben bedrohten<br />

Tierarten« aufgeführt sind. Außerdem haben gefährdete<br />

Fische und Vögel wie Koppe, Eisvogel und Wasseramsel dort ihren<br />

Lebensraum. Der Studie ist auch zu entnehmen, dass die Siedlungsdichte<br />

der aus ökologischer Sicht besonders bedeutsamen<br />

und gefährdeten Arten in der Hunte sehr hoch ist.<br />

Der Abschlussbericht zum BMFT-Forschungsvorhaben »Modellhafte<br />

Erarbeitung eines ökologisch begründeten Sanierungskonzeptes<br />

kleiner Fließgewässer am Beispiel der Hunte«, der sich u. a. auf einen<br />

Abschnitt des Gewässers nördlich der Bundesautobahn A 1<br />

erstreckt, bestätigt ebenfalls das Vorkommen der in der »Roten Liste«<br />

aufgeführten Fischarten Steinbeißer, Koppe und Bachneunauge (Abschlussbericht<br />

Nr. 3.1) und verschiedener Libellenarten wie der gefährdeten<br />

Gemeinen Keiljungfer (Abschlussberichte Nr. 5.1 und<br />

Nr. 5.2). Nach dem Abschlussbericht Nr. 7 kommt der Hunte auch er-<br />

104<br />

hebliche Bedeutung <strong>für</strong> die Vogelfauna zu, da dort 69 Vogelarten<br />

anzutreffen sind. Der Bericht bestätigt, dass die Strecke der Hunte<br />

nördlich der Bundesautobahn A 1 insbesondere während der Fortpflanzungsperiode<br />

u. a. Flussregenpfeifern, Flussuferläufern und Eisvögeln,<br />

die auf der »Roten Liste« stehen, einen Lebensraum bietet,<br />

weil die Hunte dort wegen der starken Flussdynamik zahlreiche Abbruchkanten<br />

und trockenliegende Sandbänke aufweist und mäandriert.<br />

Darüber hinaus ist dem Abschlussbericht Nr. 2.1 zu entnehmen,<br />

dass die Wasservegetation nördlich der Bundesautobahn A 1<br />

arten- und wuchsformenreich ist und eine hervorragende Basis <strong>für</strong><br />

die Besiedlung flussabwärts gelegener Gewässerabschnitte darstellt.<br />

<strong>Das</strong>s der gefährdete Eisvogel im Bereich der mittleren Hunte<br />

brütet, belegt auch die Stellungnahme von Dr. G. vom Institut <strong>für</strong><br />

Naturschutz und Umweltbildung der Hochschule Vechta zu den<br />

»Auswirkungen der Befahrensregelung auf den Eisvogelbestand an<br />

der mittleren Hunte zwischen Wildeshausen und dem Barneführer<br />

Holz« vom 14.6.2003. Nach den Beobachtungen von Dr. G. sind<br />

am Hunte-Mittellauf auch Flussuferläufer, Grünspechte, Kleinspechte,<br />

Gartenrotschwänze und Nachtigallen als Brut- und Gastvogelarten<br />

anzutreffen.<br />

Die Stellungnahme der Bezirksregierung Weser-Ems zur Befahrensregelung<br />

aus der Sicht des Artenschutzes vom 21.2.2000 bestätigt<br />

ebenfalls, dass in der Hunte zwischen Wildeshausen und<br />

Astrup zahlreiche in ihrem Bestand gefährdete Tierarten vorkommen.<br />

Danach sind dort u. a. Bachneunaugen, die zu den nach der<br />

Bundesartenschutzverordnung besonders geschützten Fischarten<br />

gehören, Koppen, Steinbeißer, verschiedene nach der Bundesartenschutzverordnung<br />

geschützte Libellenarten, Eintagsfliegen, Steinfliegen<br />

und Süßwassermuscheln, die an Mikrohabitate des Sohl- und<br />

Ufersubstrats und das Vorkommen einer krautreichen Ufervegetation<br />

gebunden sind, nachgewiesen worden.<br />

Diese Feststellungen stellen eine ausreichende Grundlage <strong>für</strong> die<br />

Beurteilung der Schutzwürdigkeit der Flora und Fauna in der Hunte<br />

dar. Sie sind zwar teilweise mehr als 10 Jahre alt. Es bestehen jedoch<br />

keine begründeten Anhaltspunkte da<strong>für</strong>, dass sich die Verhältnisse<br />

an der Hunte, die seit 1967 unter Landschaftsschutz steht, seitdem<br />

nennenswert verändert haben. Außerdem belegen die Stellungnahmen<br />

des Gewässerkundlichen Landesdienstes des Niedersächsischen<br />

Landesbetriebs <strong>für</strong> Wasserwirtschaft und Küstenschutz vom<br />

24.6.2003 und der Bezirksregierung Weser-Ems vom 21.2.2000 das<br />

Vorhandensein einer schutzwürdigen Flora und Fauna. <strong>Das</strong>s sich der<br />

mit der erforderlichen Sachkunde ausgestattete Gewässerkundliche<br />

Landesdienst auch auf Erfassungen des Tierbestands in den Jahren<br />

1988 und 1989 bezieht, bestätigt ebenfalls, dass diese Feststellungen<br />

nicht überholt sind. Außerdem liegen bezüglich der Vogelfauna Erkenntnisse<br />

aus den Jahren 2002 und 2003 vor (vgl. die Stellungnahme<br />

von Dr. G. vom 14.6.2003), die im Normenkontrollverfahren zu<br />

berücksichtigen sind, weil die Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen<br />

Entscheidung <strong>für</strong> die Rechtmäßigkeit der Verordnung maßgeblich<br />

ist (vgl. Senatsurt. v. 25.9.2003 – 8 KN 2044/01 -; Eyermann,<br />

VwGO, Kommentar, 11. Aufl., § 47 Rn. 11; Kopp/Schenke, VwGO,<br />

Kommentar, 13. Aufl., § 47 Rn. 117).<br />

Demzufolge war der Antragsgegner befugt, die Hunte nach § 28<br />

Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 NNatSchG zum geschützten Landschaftsbestandteil<br />

zu erklären.<br />

Die in § 4 VO enthaltenen Verbote sind ebenfalls mit höherrangigem<br />

Recht vereinbar.<br />

§ 4 Abs. 1 VO verbietet das ganzjährige Befahren der Hunte zwischen<br />

Wildeshausen und Astrup mit Wasserfahrzeugen von mehr als<br />

6 m Länge oder mehr als 1 m Breite. Dieses Verbot, das insbesondere<br />

Floßfahrten betrifft, wird durch § 28 Abs. 3 S. 1 NNatSchG gedeckt,<br />

der die Naturschutzbehörde ermächtigt, alle Handlungen zu<br />

untersagen, die den geschützten Landschaftsbestandteil schädigen,<br />

gefährden oder verändern. Denn das Befahren der Hunte mit Flößen<br />

ZUR 2/2004


OVG Lüneburg, Befahrensbeschränkung <strong>für</strong> unter Schutz gestellten Wasserlauf<br />

oder anderen großen Wasserfahrzeugen gefährdet den geschützten<br />

Landschaftsbestandteil, weil es geeignet ist, die Hunte als Lebensraum<br />

schutzwürdiger Tiere und Pflanzen zu beeinträchtigen und die<br />

natürliche Entwicklung der Flora und Fauna zu stören. Wie bereits<br />

ausgeführt bietet die Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup<br />

zahlreichen gefährdeten Tierarten wie z. B. den Vogelarten Flussuferläufer,<br />

Eisvogel und Wasseramsel, der Libellenart Gemeine Keiljungfer<br />

und den Fischarten Steinbeißer, Koppe und Bachneunauge<br />

einen Lebensraum. Dieser Lebensraum wird durch das Befahren des<br />

Gewässers mit größeren Wasserfahrzeugen wie Flößen gefährdet und<br />

beeinträchtigt.<br />

Der Antragsgegner hat zutreffend dargelegt, dass Flöße über keine<br />

Antriebs- und Steuerungseinrichtungen verfügen, Strömungen und<br />

Strudeln ausgesetzt sind und daher mit Stangen auf Kurs gehalten<br />

werden müssen. <strong>Das</strong> hat zur Folge, dass die Gewässersohle beim Befahren<br />

der Hunte mit Flößen immer wieder berührt wird. Außerdem<br />

sind Grundberührungen bei niedrigem Wasserstand oder in<br />

flachen Wasserzonen zu erwarten, weil Flöße, die mit Auftriebskörpern<br />

versehen und in der Regel mit vielen Personen besetzt sind, einen<br />

nicht unerheblichen Tiefgang haben. Darüber hinaus kommt<br />

es immer wieder zu Uferberührungen, weil Flöße insbesondere in<br />

der Querströmung der Kurvenbereiche kaum zu manövrieren sind<br />

und die Hunte in dem unter Schutz gestellten Abschnitt relativ<br />

schmal ist, zahlreiche Hindernisse aufweist und teilweise stark<br />

mäandriert. Durch die mechanischen Einwirkungen der Bootskörper,<br />

Stangen und Paddel auf den Gewässergrund und die damit verbundene<br />

Aufwirbelung von Feinsand und Schlamm werden nicht<br />

nur die Wirbellosen, die in den flachen Wasserzonen und auf den<br />

zahlreichen Sandbänken in der Hunte vorkommen, sondern auch<br />

die Fischarten, die wie Lachs, Meerforelle, Bachneunauge und Koppe<br />

das Kiesbett des Gewässers zur Aufzucht ihrer Brut nutzen, geschädigt.<br />

Darüber hinaus kommt es zu Schädigungen der Wasserpflanzen<br />

im Gewässerbett. Außerdem wird die Ufervegetation<br />

geschädigt und damit der Lebensraum der Vögel, die dort brüten,<br />

rasten oder Nahrung suchen, beeinträchtigt. Schädigungen der<br />

Ufervegetation und der Gewässersohle sind auch zu erwarten, wenn<br />

die Flöße zu Wasser gelassen und aus dem Wasser gezogen werden.<br />

Außerdem werden die Tiere, die sich an den Sandbänken und Uferböschungen<br />

der Hunte aufhalten, durch den Lärm gestört, der von<br />

den Benutzern größerer Wasserfahrzeuge wie Flöße erfahrungsgemäß<br />

ausgeht.<br />

Derartige Störungen werden durch die Stellungnahme des Gewässerkundlichen<br />

Landesdienstes des Niedersächsischen Landesbetriebs<br />

<strong>für</strong> Wasserwirtschaft und Küstenschutz – Betriebsstelle Brake – vom<br />

24.6.2003 bestätigt. Ihr ist zu entnehmen, dass die Hunte in dem hier<br />

interessierenden Abschnitt aufgrund der geringen und stark schwankenden<br />

Wasserspiegelbreite, der vielen Hindernisse und der oft sehr<br />

engen Kurvenradien mit größeren Fahrzeugen wie z. B. Flößen nur<br />

unter erheblichen Schäden an den Uferböschungen und deren Vegetation<br />

sowie an den ökologisch und flussmorphologisch besonders<br />

wertvollen Kies- und Steinbänken und Totholzstrukturen befahren<br />

werden kann. Die Stellungnahme der Bezirksregierung Weser-Ems zur<br />

Befahrensregelung vom 21.2.2000 bestätigt ebenfalls, dass bei Floßfahrten<br />

Beeinträchtigungen der Ufervegetation und der in der Hunte<br />

lebenden gefährdeten Tierarten nicht vermieden werden können.<br />

Diese Gefährdungen und Beeinträchtigungen der Flora und Fauna<br />

rechtfertigen das Befahrensverbot <strong>für</strong> Flöße und <strong>für</strong> andere Wasserfahrzeuge,<br />

die die in § 4 Abs. 1 VO aufgeführte Größe überschreiten.<br />

Dem können die Antragsteller nicht entgegenhalten, dass allenfalls<br />

ein präventives Verbot des Floßfahrens mit Erlaubnisvorbehalt<br />

angemessen wäre. Den Antragstellern ist zwar einzuräumen, dass<br />

repressive Verbote ohne Erlaubnisvorbehalt nur dann zulässig sind,<br />

wenn von vornherein feststeht, dass die verbotenen Maßnahmen<br />

den geschützten Landschaftsbestandteil schädigen, gefährden oder<br />

ZUR 2/2004<br />

verändern, da landschaftsschutzrechtliche Verbote nicht weiterreichen<br />

dürfen, als es im Interesse der gesetzlich anerkannten Schutzgüter<br />

erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.7.1956 – 1 C 61.54,<br />

Buchholz 406.40, § 24 NNatSchG Nr. 3, m.w.N.; Senatsurt. v.<br />

25.4.2002 – 8 KN 230/01, NVwZ-RR 2002, 568; Senatsurt. v.<br />

24.8.2001 – 8 KN 41/01, NVwZ-RR 2002, 343.; Bay.VGH, Urt. v.<br />

1.8.1988 – 9 N 87.01708, NuR 1988, 182; Blum/Agena/Franke, § 26<br />

Rn. 10 a, m.w.N.). <strong>Das</strong> Befahren der Hunte mit Wasserfahrzeugen,<br />

die die in § 4 Abs. 1 VO genannte Größe überschreiten und daher<br />

nur schwer zu steuern sind, führt aber generell zu einer Gefährdung<br />

des unter Schutz gestellten Gewässerabschnitts als Lebensraum<br />

einer schutzbedürftigen Flora und Fauna. Daher kann nicht<br />

beanstandet werden, dass die Verordnung keine präventiven Verbote<br />

mit Erlaubnisvorbehalt, sondern repressive Verbote enthält.<br />

Die Antragsteller können auch nicht einwenden, dass Beeinträchtigungen<br />

der Uferböschungen nicht zu berücksichtigen seien, weil<br />

der Antragsgegner nur das Gewässerbett der Hunte geschützt habe.<br />

Denn diese Annahme ist unzutreffend. Der Antragsgegner hat einen<br />

Abschnitt der Hunte zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt<br />

und damit das gesamte Gewässer in diesem Abschnitt unter Schutz<br />

gestellt. Dieses umfasst aber nicht nur die Gewässersohle, sondern<br />

auch das Ufer bis zur Böschungsoberkante, d. h. bis zu der Linie, an<br />

der die Eintiefung der Erdoberfläche beginnt (vgl. Haupt/Reffken/Rhode,<br />

Niedersächsisches Wassergesetz, Kommentar, § 98 Rn. 3). Daher<br />

sind auch die Uferböschungen der Hunte geschützt.<br />

§ 4 Abs. 2 VO, der das Befahren des Gewässerabschnitts zwischen<br />

dem 1. April und dem 15. Juni eines jeden Jahres mit Wasserfahrzeugen<br />

jeder Art untersagt, ist ebenfalls von § 28 Abs. 3 S. 1 NNat-<br />

SchG gedeckt. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen,<br />

dass die Tiere, die in der Hunte ihren Lebensraum haben, in der Brutund<br />

Setzzeit, die in den o. g. Zeitraum fällt, wegen der erhöhten<br />

Störanfälligkeit auch durch das Befahren mit kleinen Wasserfahrzeugen<br />

gefährdet werden. <strong>Das</strong> gilt nicht nur <strong>für</strong> die Vögel, die wie z.<br />

B. der Eisvogel und die Wasseramsel in dieser Zeit in den Uferböschungen<br />

der Hunte brüten, sondern auch <strong>für</strong> die Fische, die wie<br />

Bachneunauge, Flussneunauge, Koppe und Steinbeißer zwischen<br />

dem 1. April und dem 15. Juni auf den Sand- und Kiesbänken der<br />

Hunte laichen. Daher findet auch das Verbot des § 4 Abs. 2 VO in<br />

§ 28 Abs. 3 S. 1 NNatSchG seine Rechtsgrundlage.<br />

Die Verbote der Verordnung sind zur Erreichung des Schutzzwecks<br />

auch geeignet, weil die Einschränkung des Befahrens der Hunte zwischen<br />

Wildeshausen und Astrup ein taugliches Mittel ist, den Gewässerabschnitt<br />

als Lebensraum von Tier- und Pflanzenarten zu<br />

schützen. Dem können die Antragsteller nicht entgegenhalten, dass<br />

das Befahrensverbot <strong>für</strong> große Wasserfahrzeuge zur Folge habe, dass<br />

vermehrt kleine Wasserfahrzeuge genutzt würden. Denn dieses Verbot<br />

dient ausschließlich dazu, die Beeinträchtigungen des Gewässers,<br />

die das Befahren mit großen Wasserfahrzeugen zur Folge hat, zu verhindern.<br />

Daher lassen sich Zweifel an der Eignung des in § 4 Abs. 1<br />

VO enthaltenen Verbots nicht damit begründen, dass es zu einer<br />

stärkeren Nutzung kleinerer Wasserfahrzeuge komme. Die Verbote<br />

sich auch erforderlich, weil mildere Mittel, die ebenso geeignet sind,<br />

den Schutzzweck zu verwirklichen, nicht zur Verfügung stehen. Entgegen<br />

der Annahme der Antragsteller stellt ein auf bestimmte Tageszeiten<br />

beschränktes Befahrensverbot kein gleichermaßen taugliches<br />

Mittel dar. Die Befahrensverbote lassen sich auch nicht durch eine<br />

Registrierungs- und Kennzeichnungspflicht der Wasserfahrzeuge,<br />

eine Kontingentierung der Fahrzeuge, eine Pflicht zum Mitführen<br />

von geschulten Begleitpersonen bei Floßfahrten, Befahrensverbote<br />

bei niedrigem Wasserstand, Anlegeverbote in bestimmten Bereichen<br />

oder die Verpflichtung, nur an gekennzeichneten Anlegestellen die<br />

Wasserfahrzeuge zu besteigen bzw. zu verlassen, gleichwertig ersetzen.<br />

Diese Maßnahmen würden die zu erwartenden Gefährdungen<br />

und Beeinträchtigungen der Flora und Fauna allenfalls einschrän-<br />

105


Rechtsprechung<br />

ken, aber nicht ausschließen.<br />

Die Verbote erweisen sich auch als verhältnismäßig, weil die Belange<br />

des Naturschutzes, denen sie Rechnung tragen, den Interessen<br />

der Boots- und Floßfahrer, der vom Boots- und Floßtourismus profitierenden<br />

Betriebe und der Gemeinden vorgehen. Dabei ist zu<br />

berücksichtigen, dass die zuletzt genannten Interessen nur teilweise<br />

zurückstehen müssen, weil die Verbote der Verordnung die Wassersportler<br />

und Touristen nicht daran hindern, die Hunte während des<br />

größten Teils des Jahres mit kleinen Wasserfahrzeugen zu befahren.<br />

Da viele derjenigen, die die Hunte in der Vergangenheit mit Flößen<br />

oder anderen großen Wasserfahrzeugen befahren haben, auf kleine<br />

Wasserfahrzeuge umsteigen können, sind auch die Auswirkungen<br />

der Verbote auf die vom Bootstourismus profitierenden Betriebe begrenzt.<br />

Abgesehen davon haben deren Belange ohnehin nicht das<br />

Gewicht, das ihnen die Antragstellerin zu 1) beimisst. Ihr Recht am<br />

eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wird durch das teilweise<br />

Befahrensverbot nämlich nicht berührt, weil die vom Bootstourismus<br />

profitierenden Betriebe lediglich Erwerbschancen genutzt<br />

haben, deren Fortbestand eigentumsrechtlich nicht geschützt ist<br />

(vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.5.1988 – 2 BvR 579/81, BVerfGE 78, 205,<br />

211; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 7.9.1994 – 5 S 2108/94, NVwZ-RR<br />

1995, 323).<br />

Weiterhin lässt sich kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz<br />

des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Die vom Antragsgegner vorgenommene<br />

Differenzierung zwischen Wasserfahrzeugen von mehr<br />

als 6 m Länge oder mehr als 1 m Breite und kleineren Wasserfahrzeugen<br />

ist bei der hier nur möglichen generalisierenden und typisierenden<br />

Betrachtungsweise nicht zu beanstanden. <strong>Das</strong> Befahren der<br />

Hunte mit kleinen Wasserfahrzeugen wie z. B. Kanus hat bei weitem<br />

nicht so negative Auswirkungen auf die dort vorkommende Flora<br />

und Fauna wie das Befahren mit großen Wasserfahrzeugen wie z. B.<br />

Flößen, weil kleine Wasserfahrzeuge leichter und genauer gesteuert<br />

werden können, weniger anfällig <strong>für</strong> Berührungen der Uferböschungen<br />

sind und seltener den Grund berühren. Daher besteht ein<br />

sachlicher Grund <strong>für</strong> eine unterschiedliche Behandlung kleiner und<br />

großer Wasserfahrzeuge. <strong>Das</strong>s der Antragsgegner die Grenze bei 6 m<br />

Länge oder 1 m Breite gezogen hat, begegnet ebenfalls keinen Bedenken,<br />

da Fahrzeuge, die diese Maße überschreiten, im allgemeinen<br />

schwer steuerbar sind.<br />

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt auch<br />

nicht darin, dass der Antragsgegner andere Nutzungen der Hunte,<br />

wie z. B. das Schwimmen, die Jagd und die Fischerei, nicht untersagt<br />

hat. Denn die Auswirkungen dieser Betätigungen auf die Flora und<br />

Fauna in der Hunte sind mit denen, die auf das Befahren des Gewässers<br />

mit Wasserfahrzeugen zurückzuführen sind, nicht vergleichbar.<br />

Daher kann von einer willkürlichen Ungleichbehandlung keine<br />

Rede sein.<br />

Die Schutzbestimmungen des § 4 VO sind ferner nicht deshalb zu<br />

beanstanden, weil sie nach § 2 VO nicht nur dem Schutz und dem<br />

Erhalt, sondern auch der weiteren Entwicklung des Gewässerabschnitts<br />

als Lebensraum <strong>für</strong> bestimmte Tier- und Pflanzenarten dienen.<br />

Den Antragstellern ist zwar einzuräumen, dass eine Verordnung<br />

nach § 28 NNatSchG nur zum Schutz von Landschaftsbestandteilen<br />

erlassen werden kann. Der Schutz eines Landschaftsbestandteils als<br />

Lebensraum bestimmter Tier- und Pflanzenarten fördert aber auch<br />

dessen weitere Entwicklung, so dass dagegen, dass § 2 VO auch die<br />

weitere Entwicklung des Gewässerabschnitts erwähnt, nichts zu erinnern<br />

ist. Abgesehen davon werden die Verbote der Verordnung allein<br />

durch den Zweck gedeckt, den Gewässerabschnitt als Lebensraum<br />

<strong>für</strong> bestimmte Tier- und Pflanzenarten zu schützen und zu<br />

erhalten.<br />

Die Befahrensverbote sind auch nicht deshalb rechtswidrig, weil<br />

sie den durch § 73 Abs. 1 S. 1 des Niedersächsischen Wassergesetzes<br />

– NWG – garantierten Gemeingebrauch an natürlichen fließenden<br />

106<br />

Gewässern teilweise einschränken. Denn nach § 28 c NNatSchG<br />

können in Verordnungen nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG auch Regelungen<br />

über den Gemeingebrauch an Gewässern getroffen werden.<br />

Von dieser Möglichkeit hat der Antragsgegner Gebrauch gemacht,<br />

da er den Gemeingebrauch zum Schutz, zum Erhalt und zur<br />

weiteren Entwicklung der Hunte als Lebensraum <strong>für</strong> teilweise in<br />

ihrem Bestand bedrohte Tier- und Pflanzenarten eingeschränkt hat.<br />

Daher steht § 73 Abs. 1 S. 1 NWG den Verboten des § 4 VO nicht entgegen.<br />

Die Antragsteller können der Verordnung weiterhin nicht entgegenhalten,<br />

dass diese ihren räumlichen Geltungsbereich nicht hinreichend<br />

eindeutig bezeichne. Nach § 3 VO gilt die Verordnung <strong>für</strong><br />

den Abschnitt der Hunte zwischen dem Kraftwerk in Wildeshausen<br />

und der Überführung der Kreisstraße 235 in Astrup. Dadurch werden<br />

der Anfangs- und der Endpunkt des geschützten Gewässerabschnitts<br />

hinreichend konkret bestimmt. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf<br />

hingewiesen, dass die Verordnung den Gewässerabschnitt, der<br />

zwischen den baulichen Anlagen des Kraftwerks in Wildeshausen<br />

und der Brücke in Astrup liegt, schützt. Daher ist es den von der Verordnung<br />

Betroffenen möglich, die Grenze des unter Schutz gestellten<br />

Gebiets vor Ort zweifelsfrei zu bestimmen.<br />

Der Einwand der Antragsteller, dass die Verordnung möglicherweise<br />

deshalb rechtswidrig sei, weil die Ausdehnung des Gewässers<br />

aufgrund der Instabilität der Uferböschungen nicht unwesentlichen<br />

Veränderungen unterliege, ist ebenfalls unbegründet. Da sich die<br />

Verordnung auf das Gewässer erstreckt, ist deren Geltungsbereich<br />

hinreichend bestimmt. Kommt es zu Uferabbrüchen, kann sich der<br />

Geltungsbereich der Verordnung zwar geringfügig verändern, weil<br />

das zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärte Gewässer nicht<br />

nur die Gewässersohle, sondern auch das Ufer bis zur Böschungsoberkante<br />

umfasst. Derartige geringfügige Veränderungen liegen<br />

aber in der Natur der Sache und stellen die Rechtmäßigkeit der Verordnung<br />

nicht in Frage, weil es ansonsten entgegen § 28 Abs. 1<br />

NNatSchG nicht möglich wäre, Wasserläufe als Landschaftsbestandteile<br />

unter Schutz zu stellen.<br />

Die Antragsteller können auch nicht mit Erfolg geltend machen,<br />

dass der Antragsgegner beim Erlass der Verordnung ihre Belange<br />

nicht berücksichtigt habe. § 28 Abs. 1 NNatSchG knüpft die Unterschutzstellung<br />

von Landschaftsbestandteilen an bestimmte normativ<br />

vorgegebene Voraussetzungen, deren Vorliegen die Naturschutzbehörde<br />

zu prüfen hat. Der ihr danach verbleibende<br />

Handlungsspielraum ist in erster Linie durch eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz<br />

verpflichtete Würdigung der Interessen des<br />

Natur- und Landschaftsschutzes auf der einen und der gegenläufigen<br />

Interessen auf der anderen Seite geprägt (vgl. Senatsurt. v.<br />

24.8.2001 – 8 KN 209/01, NuR 2002, 99). Eine derartige Würdigung<br />

der sich gegenüberstehenden Interessen hat der Antragsgegner vorgenommen.<br />

Ausweislich der Verwaltungsvorgänge hat er die Interessen<br />

der Boots- und Floßfahrer, der vom Boots- und Floßtourismus<br />

profitierenden Betriebe und der Gemeinden in seine Erwägungen<br />

einbezogen und bei der Abwägung berücksichtigt. Daher kann keine<br />

Rede davon sein, dass die Interessen der Antragsteller beim Erlass<br />

der Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und<br />

Astrup keine Berücksichtigung gefunden hätten.<br />

Die Verordnung über den Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen<br />

und Astrup wäre schließlich auch dann nicht zu beanstanden,<br />

wenn die Behauptung der Antragsteller zuträfe, dass der Antragsgegner<br />

den abwägungsrelevanten Sachverhalt nicht umfassend ermittelt<br />

habe. Eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung<br />

der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände zieht die<br />

Nichtigkeit einer nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnung<br />

nicht nach sich (vgl. Senatsurt. v. 24.8.2001, a.a.O.). <strong>Das</strong><br />

wäre nur dann der Fall, wenn die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit<br />

planerischer Entscheidung gestellt werden (vgl. dazu<br />

ZUR 2/2004


OVG Münster, Abfallablagerungsverordnung<br />

BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 – 4 C 79.76 u.a., BVerwGE 56, 110, 122 f.),<br />

auch <strong>für</strong> Verordnungen, die nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassen<br />

werden, gelten würden. <strong>Das</strong> ist jedoch zu verneinen, weil die<br />

dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der<br />

sich gegenüberstehenden Interessen, die den Handlungsspielraum<br />

der Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 – 4 B<br />

102/88, NVwZ 1988, 1020), mit der Abwägung aller in Betracht kommenden<br />

Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch ist<br />

(BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urt. v.<br />

14.12.2000 – 3 K 4802/99 –). Daher kommt es ausschließlich darauf<br />

an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die<br />

Unterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden<br />

ist (Senatsurt. v. 24.8.2001, a.a.O.). <strong>Das</strong> ist hier aus den bereits<br />

dargelegten Gründen aber nicht der Fall.<br />

OVG Münster<br />

Abfallablagerungsverordnung setzt sich gegen abweichende Deponiezulassungen<br />

durch<br />

Urteil vom 28. Oktober 2003 – 20 D 116/01.AK<br />

Sachverhalt der Redaktion:<br />

Die Klägerin betreibt eine Siedlungsabfalldeponie. Mit Änderungsbescheid<br />

zum Planfeststellungsbeschluss vom Mai 1999 legte die Beklagte<br />

auf Antrag der Klägerin die sog. Zuordnungswerte, die den<br />

zulässigen – problematischen – Organikgehalte der Abfälle begrenzen,<br />

deutlich höher fest, als es die seinerzeit allein einschlägigen Bestimmungen<br />

der TA Siedlungsabfall und nunmehr die entsprechenden<br />

Regelungen der Abfallablagerungsverordnung vorsehen. Unter<br />

Verweis auf eben diese Regelungen lehnte die Beklagte einen Antrag<br />

der Klägerin vom Mai 2001 ab, weitere, bisher nicht von der Planfeststellung<br />

umfasste Abfallarten zur Ablagerung unter Anwendung<br />

der erhöhten Zuordnungswerte zuzulassen. Ferner bestimmte sie im<br />

November 2001 gegen die Klägerin, dass ab dem 1.6.2005 insgesamt<br />

die Zuordnungskriterien der Deponieklasse II nach Anhang 1 der Abfallablagerungsverordnung<br />

einzuhalten seien. Die Klägerin begehrt<br />

daraufhin die Feststellung, dass sie auch nach diesem Zeitpunkt berechtigt<br />

bleibe, gemäß den höheren Zuordnungswerten des Änderungsbescheides<br />

vom Mai 1999 abzulagern.<br />

Aus den Gründen:<br />

(...) Die Feststellungsklage ist unbegründet. Die von der Klägerin <strong>für</strong><br />

maßgeblich gehaltenen, auf die zur Ablagerung freigegebenen Abfälle<br />

bezogenen Kriterien aus dem Planfeststellungsbeschluss vom<br />

29.8.1995 nebst den dazu ergangenen bestandskräftigen Änderungsbescheiden<br />

sind durch das – die Anforderungen des Kreislaufwirtschafts-<br />

und Abfallgesetzes an die Gemeinwohlverträglichkeit<br />

der Abfallablagerung konkretisierende – normative Regelungssystem<br />

der Abfallablagerungsverordnung und der Deponieverordnung<br />

(DepV) überholt, und die von der Klägerin <strong>für</strong> weiterhin maßgeblich<br />

erachteten Kriterien des Abfalls erfordern eine Ablagerung auf einer<br />

Deponie, an die Anforderungen zu stellen sind, denen die Deponie<br />

der Klägerin nicht vollständig genügt.<br />

Die Zulässigkeit der Ablagerung von Abfällen auf der Deponie<br />

der Klägerin unter Ausschöpfung der in dem Bescheid vom<br />

11.5.1999 genehmigten Zuordnungskriterien bestimmt sich nach<br />

dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, wonach Abfälle, die<br />

nicht verwertet werden, gemeinwohlverträglich zu beseitigen<br />

sind, § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG, und nach den zur Festlegung der<br />

konkreten Anforderungen an eine gemeinwohlverträgliche Abfallablagerung<br />

erlassenen Verordnungen. Die Deponieverordnung<br />

ZUR 2/2004<br />

und die Abfallablagerungsverordnung ergeben im Zusammenspiel;<br />

vgl. zur sachlichen Zusammengehörigkeit der Verordnungen:<br />

BR-Drs. 231/02, S. 52 .<br />

ein in sich geschlossenes System, das mit Blick auf jede denkbare<br />

Abfallablagerung Deponieklassen vorgibt sowie in den jeweiligen<br />

Anforderungen umschreibt und <strong>für</strong> die einzelnen Deponieklassen<br />

spezifische Abfallkriterien bezeichnet. Die Verordnungen setzen zugleich<br />

die europarechtlichen Vorgaben der Richtlinie 1999/31/EG<br />

des Rates vom 26.4.1999 über Abfalldeponien (im Folgenden: Deponierichtlinie),<br />

die in ihrem Artikel 4 die Zuordnung jeder Deponie<br />

zu einer der Klassen »Deponien <strong>für</strong> gefährliche Abfälle«, »Deponien<br />

<strong>für</strong> nicht gefährliche Abfälle« und »Deponien <strong>für</strong> Inertabfälle« vorgibt<br />

und in Art. 6 bestimmt, auf welchen Deponien welche Abfälle<br />

deponiert werden dürfen, in Bundesrecht um.<br />

<strong>Das</strong> Zusammenspiel von Abfallablagerungsverordnung und Deponieverordnung<br />

mag sich, was auch die Forderung des Bundesrates,<br />

den Entwurf einer neuen Deponieverordnung »zeitnah nach dem<br />

1.6.2005« vorzulegen, die sämtliche deponie- und ablagerungsspezifischen<br />

Belange in einer einzigen Verordnung zusammenfasst (vgl.<br />

BR-Drs. 231/02, S. 53), widerspiegelt, etwas kompliziert darstellen,<br />

doch ist – unbeschadet insbesondere der durch das zeitlich gestaffelte<br />

Inkrafttreten der beiden Verordnungen aufgeworfenen und auch<br />

von der Klägerin gesehenen Frage des Unterfallens einer Deponie<br />

entweder unter das Regime der Abfallablagerungs- oder der Deponieverordnung<br />

– insgesamt eindeutig und hinreichend klar verständlich,<br />

dass die Verordnungen <strong>für</strong> jeden denkbaren Ablagerungsfall<br />

spezifische Anforderungen an die da<strong>für</strong> konkret in den Blick<br />

genommene Deponie aufstellen, die zwingend eingehalten werden<br />

müssen, um die beabsichtigte Abfallablagerung gemeinwohlverträglich<br />

zu gestalten. Der Ansatz der Klägerin, ihre Deponie unterfalle<br />

nicht der Abfallablagerungsverordnung, orientiert sich nicht hinreichend<br />

an dem Ziel der Gemeinwohlverträglichkeit der Ablagerung,<br />

<strong>für</strong> die danach zu fragen ist, ob die <strong>für</strong> die konkrete Abfallablagerung<br />

in den Blick genommene Deponie die sich nach der Gefährlichkeit<br />

des abzulagernden Abfalls im Einzelfall bestimmenden Anforderungen<br />

der jeweils einschlägigen Deponieklasse erfüllt.<br />

Die von der Klägerin zur Ablagerung vorgesehenen Abfälle dürfen<br />

aufgrund ihres deutlich über den Zuordnungskriterien <strong>für</strong> Deponien<br />

der Deponieklasse II (Anhang 1 zur AbfAblV) liegenden Schadstoffgehaltes<br />

nur auf einer Deponie der Deponieklasse III abgelagert werden;<br />

die Ablagerungsfähigkeit der Abfälle richtet sich deshalb allein<br />

nach den – u.a. die Anforderungen an diese Deponieklasse normierenden<br />

– Bestimmungen der Deponieverordnung.<br />

Die von der Klägerin bei Klageerhebung in den Vordergrund gestellte<br />

Frage, ob die von ihr betriebene Deponie dem Regime der Abfallablagerungsverordnung<br />

unterfällt, stellt sich nach Inkrafttreten<br />

der Deponieverordnung und der damit einhergehenden umfassenden<br />

normativen Bestimmung der Anforderungen der Gemeinwohlverträglichkeit<br />

der Abfallablagerung nicht (mehr). Wie die Rechtslage<br />

vor Inkrafttreten der Deponieverordnung – mithin auch im<br />

Zeitpunkt der Klageerhebung – zu beurteilen war, ob also schon und<br />

allein aus der Abfallablagerungsverordnung zu schließen war, dass<br />

die im Planfeststellungsbeschluss und in den nachfolgenden bestandskräftigen<br />

Änderungsbescheiden enthaltenen Regelungen zu<br />

den abzulagernden Abfällen keine Geltung mehr beanspruchen<br />

konnten, weil es sich bei der Deponie der Klägerin – wie die Beklagte<br />

meint und was die Klägerin unter Hinweis darauf, dass es nie um<br />

die Ablagerung von Siedlungsabfällen gegangen sei, bestreitet – um<br />

eine dem Regelungsbereich der Abfallablagerungsverordnung unterfallende<br />

Deponie handelte, bedarf keiner Entscheidung (mehr), weil<br />

<strong>für</strong> die Beurteilung des Feststellungsbegehrens der Klägerin die<br />

Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich ist.<br />

Hiernach ist die Ablagerung von Abfall der bislang zugelassenen<br />

Art, soweit sie über die Vorgaben der Deponieklasse II nach Anhang<br />

107


Rechtsprechung<br />

1 zur AbfAblV hinausgeht, auf der Deponie der Klägerin nicht gemeinwohlverträglich,<br />

weil es der Deponie an einer geologischen Barriere<br />

ermangelt und diese damit den Anforderungen der Deponieverordnung<br />

an eine Deponie der Klasse III nicht entspricht. Abfälle<br />

der beschriebenen Art dürfen deshalb jedenfalls ab dem 1. Juni 2005<br />

– und nur das ist in Anbetracht des Bescheides der Beklagten vom<br />

6.11.2001 im Streit – auf der von der Klägerin betriebenen Deponie<br />

nicht mehr abgelagert werden.<br />

<strong>Das</strong>s eine geologische Barriere fehlt, räumt die Klägerin ein. Die<br />

Deponie gründet nicht auf den am Standort vorhandenen Tonschichten,<br />

sondern auf der darüber lagernden Kies-Sand-Schicht, die<br />

eine unterschiedliche Mächtigkeit von 1,5 bis 4,6 Metern besitzt und<br />

zudem selbst Grundwasserleiter ist. Diese Kies-Sand-Schicht kommt<br />

als geologische Barriere auch nicht etwa deshalb in Betracht, weil die<br />

Kationenaustauschkapazität der Sande – nach der Behauptung der<br />

Klägerin – Werte <strong>für</strong> technische Barrieren erreicht. Die dahingehende<br />

Argumentation berücksichtigt nicht, dass das angesprochene<br />

Rückhaltevermögen der Sande nur eine der Komponenten der geologischen<br />

Barriere beschreibt, und greift zudem in der Sache nicht,<br />

weil die Kies-Sand-Schicht die Anforderung der Mindestmächtigkeit<br />

bei weitem nicht erreicht, ferner bereits selbst teilweise Grundwasser<br />

führende Schicht ist und damit von vornherein und ungeachtet<br />

des Rückhaltevermögens der Sande offensichtlich keine geologische<br />

Barriere zur Verhinderung des Einsickerns von Schadstoffen in das<br />

Grundwasser sein kann. Auf die zwischen den Parteien streitigen Fragen<br />

der Verwertbarkeit der gutachterlichen Annahme zur Kationenaustauschkapazität<br />

der Schicht kommt es deshalb nicht an.<br />

Auf die geologische Barriere kann nicht verzichtet werden. Ihr<br />

Fehlen wird insbesondere nicht durch die Qualität der eingebauten<br />

mineralischen Dichtungsschicht kompensiert. Die Klägerin hat<br />

zwar eine mineralische Dichtungsschicht eingebaut, die die Anforderungen<br />

der Deponieverordnung an diese künstliche Barriere übertrifft;<br />

das Vorbringen zu einer dadurch bewirkten Entbehrlichkeit<br />

der geologischen Barriere verkennt jedoch, dass die mineralische<br />

Dichtung Komponente des Basisabdichtungssystems ist und wegen<br />

des nach § 3 Abs. 1 S. 1 DepV erforderlichen kumulativen Gegebenseins<br />

des Standortfaktors einer geologischen Barriere einerseits<br />

und der Basisabdichtung andererseits das Fehlen der geologischen<br />

Barriere nicht ausgleichen kann. Schwächen einzelner Komponenten<br />

der jeweiligen Barriere können vielmehr nur innerhalb der jeweils<br />

betroffenen Barriere aufgefangen werden (vgl. Ziffer 1 Nr. 1 des<br />

Anhangs 1 zur DepV).<br />

Ein Verzicht ist ferner auch nicht im Hinblick darauf möglich,<br />

dass es sich bei der Deponie der Klägerin um eine Altdeponie im<br />

Sinne des § 14 DepV handelt, weil sie sich am 1.8.2002 in der Ablagerungsphase<br />

befand. Für Altdeponien ist zwar ein Verzicht auf<br />

die geologische Barriere nicht generell ausgeschlossen (siehe insbesondere<br />

§ 14 Abs. 3 S. 1 DepV), <strong>für</strong> die Deponie der Klägerin<br />

greift jedoch keine Ausnahmemöglichkeit. Begünstigt sind nach<br />

§ 14 Abs. 2 S. 1 DepV mit dem Verweis auf Nr. 11 TA Abfall nur<br />

solche Deponien, die bereits nach der TA Abfall als Altanlagen von<br />

diesem Erfordernis freigestellt waren. Nach Nr. 11.2 Buchstabe g TA<br />

Abfall aber gelten, wenn auf der Deponie im Zeitpunkt des Inkrafttretens<br />

der TA Abfall – 1.4.1991 – noch keine Abfälle abgelagert<br />

wurden, die Anforderungen an den Untergrund nach Nr. 9.3.2<br />

TA Abfall. § 14 Abs. 2 DepV normiert damit – in Anwendung von<br />

Vertrauensschutzgesichtspunkten ersichtlich den Gedanken, dass<br />

Abfall, der schon nach Maßgabe der Bestimmungen der TA Abfall<br />

nicht hätte abgelagert werden dürfen, auch nach der Deponieverordnung<br />

nicht soll abgelagert werden können. Auf der Deponie der<br />

Klägerin wurden vor dem 1.4.1991 noch keine Abfälle abgelagert,<br />

sodass die tatbestandlichen Voraussetzungen <strong>für</strong> einen Weiterbetrieb<br />

trotz Fehlens einer geologischen Barriere – unbeschadet der<br />

Frage, ob die nach § 14 Abs. 2 S. 3 DepV erforderliche und nur bis<br />

108<br />

zum 1.8.2003 mögliche Antragstellung überhaupt erfolgt ist –<br />

nicht gegeben sind. Damit entfällt auch die Möglichkeit einer weiteren<br />

Ablagerung der in Rede stehenden Abfälle – bis zum Ende der<br />

Ablagerungsphase – nach § 25 Abs. 2 S. 1 DepV; diese Vorschrift<br />

stellt lediglich sicher, dass besonders überwachungsbedürftige Abfälle<br />

auf Deponien, die den Anforderungen der Deponieverordnung<br />

– seien es auch Übergangsregelungen – entsprechen, bis zum<br />

Ende der Ablagerungsphase deponiert werden können, und gelangt<br />

deshalb hier von vornherein nicht zur Anwendung.<br />

<strong>Das</strong>s die Deponieverordnung das kumulative Vorhandensein von<br />

geologischer Barriere und Basisabdichtungssystem fordert, § 3 Abs.<br />

1 S. 1 DepV, ist ebenso wie die vorerörterte Behandlung von Altdeponien<br />

in Anbetracht des dem Verordnungsgeber zukommenden<br />

Gestaltungsspielraums im Bereich der Schadensvorsorge rechtlich<br />

unbedenklich.<br />

Mit dem Multibarrierenkonzept wird auch dem Gedanken der<br />

Diversifikation Rechnung getragen, der verlangt, dass bei Versagen<br />

einer Barriere (zumindest) eine weitere intakte und andersartige<br />

Barriere zur Verfügung steht, in deren Beständigkeit gerade deshalb<br />

Vertrauen gesetzt werden kann, weil sie nicht der Art der durchbrochenen<br />

Barriere entspricht. Dabei wird davon ausgegangen,<br />

dass alle künstlichen Maßnahmen (hier also die mineralische Dichtungsschicht)<br />

zur Beherrschung der Emissionen einer Deponie auf<br />

Dauer ganz oder zumindest teilweise versagen, mithin von endlicher<br />

Funktion sind. <strong>Das</strong> der Deponierichtlinie wie der Deponieverordnung<br />

und der Abfallablagerungsverordnung zugrunde<br />

liegende Multibarrierenkonzept erfordert deshalb einen Deponiestandort,<br />

der auch im Falle des Versagens der künstlichen Basisabdichtung<br />

garantiert, dass die Emissionen, die von dem abgelagerten<br />

Abfall dann möglicherweise ausgehen, jedenfalls schadlos<br />

bleiben, weil eine weitere (geologische/natürliche) Barriere vorhanden<br />

ist. Die Sachgerechtigkeit des Konzepts wird nachhaltig dadurch<br />

unterstrichen, dass die in der Deponieverordnung normierten<br />

technischen Anforderungen mit den Bestimmungen der<br />

Deponierichtlinie übereinstimmen, nach der der Schutz des Bodens,<br />

des Grundwassers und des Oberflächenwassers während der<br />

Betriebs-/aktiven Phase durch eine Kombination aus geologischer<br />

Barriere und Basisabdichtungssystem zu erreichen ist (Nr. 3.1 S. 2<br />

des Anhangs I zur Deponierichtlinie), und deren Forderungen in<br />

Bundesrecht umsetzen. Europarechtlich vorgegeben ist, dass sich<br />

die geologische Barriere durch geologische und hydrogeologische<br />

Bedingungen in dem Gebiet unterhalb und in der Umgebung eines<br />

Deponiestandortes bestimmt, wobei ein ausreichendes Rückhaltevermögen<br />

gegeben sein muss, um einer Gefährdung <strong>für</strong> Boden und<br />

Grundwasser vorzubeugen. Die Deponiesohle und die Deponieböschungen<br />

müssen aus einer mineralischen Schicht bestehen, die<br />

bestimmte Anforderungen an Durchlässigkeit und Mächtigkeit erfüllt.<br />

Für den Fall, dass die geologische Barriere aufgrund ihrer<br />

natürlichen Beschaffenheit den genannten Anforderungen nicht<br />

entspricht, kann sie mit anderen Mitteln künstlich vervollständigt<br />

und verstärkt werden, sodass sie einen gleichwertigen Schutz gewährleistet,<br />

wobei die so geschaffene künstliche geologische Barriere<br />

mindestens einen halben Meter dick sein sollte (Nr. 3.2 des<br />

Anhangs I zur Deponierichtlinie). Indem die Deponierichtlinie in<br />

Kenntnis der Tatsache, dass in den Mitgliedsstaaten nur wenige Deponiestandorte<br />

über die erforderliche natürliche Beschaffenheit<br />

verfügen (vgl. BR-Drs. 231/02, S. 80) darauf abstellt, dass den genannten<br />

Mindestanforderungen nicht genügende geologische Barrieren<br />

nachgebessert werden können, eröffnet sie die Abfallablagerung<br />

auch in diesen Fällen; nicht vorgesehen ist jedoch die<br />

Möglichkeit der Kompensierung einer nicht vorhandenen geologischen<br />

Barriere durch ein Übertreffen der Voraussetzungen des – kumulativ<br />

erforderlichen – Basisabdichtungssystems.<br />

<strong>Das</strong>s die Grenzen des dem Verordnungsgeber zukommenden Ge-<br />

ZUR 2/2004


OVG Münster, Abfallablagerungsverordnung<br />

staltungsspielraums mit den in der Deponieverordnung <strong>für</strong> den Weiterbetrieb<br />

von Altanlagen aufgestellten Anforderungen überschritten<br />

wären, ist durchgreifend weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.<br />

Der Verordnungsgeber hat in § 14 DepV die Problematik bereits<br />

bestehender Deponien aufgegriffen und die Lösung in einer differenzierten<br />

Regelung an Vertrauensschutzerwägungen ausgerichtet.<br />

Mit der Möglichkeit der Zulassung des Weiterbetriebs von Anlagen,<br />

die den Anforderungen der Deponieverordnung nicht genügen, aber<br />

alle entsprechenden Anforderungen der Nr. 11 TA Abfall erfüllen,<br />

§ 14 Abs. 2 S. 1 DepV, werden unbillige Härten in hinreichendem<br />

Umfange vermieden. Denn den Deponiebetreibern musste bereits<br />

unter der Geltung der TA Siedlungsabfall und der TA Abfall bewusst<br />

sein, dass Abfall bestimmter Gefährlichkeit nach dem weiter entwickelten<br />

Stand der Bewertung nur auf Deponien bestimmter Qualität<br />

– insbesondere mit geologischer Barriere – abgelagert werden<br />

darf. Dieses Problembewusstsein musste sich zudem mit Erlass der<br />

Deponierichtlinie im Jahre 1999 bzw. der Abfallablagerungsverordnung<br />

im Jahre 2001 verstärken, sodass der Erlass der Deponieverordnung<br />

im Jahre 2002 nicht unerwartet sein konnte. Soweit die Deponieverordnung<br />

nicht auch diejenigen begünstigt, die darauf<br />

setzten, Abfälle einer bestimmten Gefährlichkeit auf einer Deponie<br />

abzulagern, die den bereits bekannten regelmäßigen Anforderungen<br />

der TA Abfall von Beginn an nicht entsprach, wird angesichts der<br />

aufgezeigten Entwicklung des Abfallrechts keine schutzwürdige, insbesondere<br />

keine eigentumsrelevante (Art. 14 Abs. 1 GG) Vertrauensposition<br />

vernachlässigt; vielmehr handelten entsprechende Deponiebetreiber<br />

von vornherein auf eigenes bzw. des Gebührenzahlers<br />

Risiko.<br />

Dies zeigt auch und gerade der vorliegende Fall. Der Klägerin war<br />

das Fehlen der geologischen Barriere von Anfang an als ein Mangel<br />

bewusst. Sie konnte die Zulassung der Abfallablagerung nur unter<br />

Betrachtung der Deponie als Altanlage i.S. der TA Siedlungsabfall<br />

und damit <strong>für</strong> die zugehörigen Abfallkriterien erreichen und<br />

bemühte sich sodann – mit Erfolg – um eine Erhöhung der zunächst<br />

planfestgestellten Zuordnungskriterien im Wege der Ausnahme, um<br />

– wie sie selbst vorträgt – die von vornherein in den Blick genommenen<br />

Abfälle annehmen zu können. Sie ist damit das Risiko eingegangen,<br />

die Erhöhung der Zuordnungskriterien entweder überhaupt<br />

nicht oder nicht auf Dauer erreichen zu können. Mit<br />

Inkrafttreten der Deponieverordnung hat sich dieses Risiko realisiert;<br />

ein etwaiges Vertrauen der Klägerin, die bisherige Ablagerungspraxis<br />

fortsetzen zu dürfen, ist vor diesem Hintergrund nicht<br />

schutzwürdig.<br />

Auch sonstige Bedenken gegen die Gültigkeit und Anwendbarkeit<br />

der Deponieverordnung bestehen nicht; die gesetzliche Grundlage<br />

der Rechtsverordnung findet sich (im Wesentlichen und bezogen auf<br />

die hier interessierenden Fragen) in §§ 12 und 36 c KrW-/AbfG; das<br />

Gesetz selbst bestimmt Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung,<br />

vgl. Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG. Ebenso ist nichts ersichtlich<br />

oder vorgetragen, was gegen die Vereinbarkeit der Deponieverordnung<br />

mit den europarechtlichen Vorgaben, der Deponierichtlinie<br />

spräche; vgl. zur Abfallablagerungsverordnung: VG Koblenz, Beschluss<br />

vom 4.12.2002 – 7 K 1389/01.KO.<br />

Insbesondere kann auch nach der Deponierichtlinie <strong>für</strong> den Weiterbetrieb<br />

bereits vorhandener Deponien nicht auf eine geologische<br />

Barriere verzichtet werden (vgl. Art. 14 Buchst. a und Buchst. c S. 2<br />

i.V.m. Anhang I Nrn. 1 und 3 zur Deponierichtlinie). Die Deponieverordnung<br />

basiert in ihren Aussagen zu Altanlagen auf § 36 c Abs.<br />

2 KrW-/AbfG, der in Anlehnung an § 7 Abs. 2 BImSchG eine Regelung<br />

zur Umsetzung von Vorsorgeanforderungen <strong>für</strong> bestehende Deponien<br />

enthält. Die Pflicht zur Vorsorge gegen Beeinträchtigungen<br />

der in § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG genannten Schutzgüter ist Bestandteil<br />

der <strong>für</strong> alle Deponien geltenden allgemeinen Verpflichtung, Beeinträchtigungen<br />

des Wohls der Allgemeinheit zu vermeiden. Danach<br />

ZUR 2/2004<br />

können in die Deponieverordnung unmittelbar verbindliche Übergangs-<br />

und Schließungsfristen <strong>für</strong> bestehende Deponien aufgenommen<br />

werden, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, wobei<br />

es § 36 c Abs. 2 KrW-/AbfG dem Verordnungsgeber ermöglicht, den<br />

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf bestehende Deponien<br />

zu konkretisieren. Zugleich macht § 36 c Abs. 2 KrW-/AbfG<br />

deutlich, dass etwaiger Bestandsschutz zeitlich begrenzt ist. (Vgl. Gesetzentwurf<br />

der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen –<br />

BT-Drs. 14/4599, S. 151.)<br />

Die Klägerin kann sich nicht mehr auf den Planfeststellungsbeschluss<br />

vom 29.8.1995 und nachfolgende bestandskräftige Änderungsbescheide<br />

berufen. Der Beschluss und die genannten Bescheide<br />

sind – soweit sie in den Bestimmungen über die zur Ablagerung<br />

freigegebenen Abfälle wegen der tatsächlichen Gegebenheiten der<br />

Deponie dem Zuordnungssystem aus Abfallablagerungsverordnung<br />

und Deponieverordnung widersprechen, also Abfälle zulassen, die<br />

eine Deponie der bei der Klägerin gerade nicht gegebenen Klasse III<br />

erfordern – überholt und <strong>für</strong> den weiteren Betrieb der Deponie nicht<br />

mehr beachtlich.<br />

Die Verordnungen sind materielle Gesetze mit unmittelbarem Geltungsanspruch<br />

und haben Vorrang auch gegenüber entgegenstehenden<br />

älteren Regelungen in Verwaltungsakten. Sie unterwerfen<br />

aufgrund ihres – sie insbesondere von der Technischen Anleitungen<br />

abhebenden – normativen Charakters in Verbindung mit ihrer Konkretheit,<br />

die in den Grundregelungen keinen Raum <strong>für</strong> die Gestaltung<br />

des Einzelfalls durch Verwaltungsakt lässt, den Weiterbetrieb aller<br />

Deponien den Maßgaben materieller Annahmekriterien<br />

hinsichtlich des Abfalls einerseits und bestimmter Anforderungen an<br />

die Deponieklassen andererseits. (Vgl. Petersen/Krohn, AbfallR 2003,<br />

60 ff.; Siederer/Nicklas, AbfallR 203, 66 ff.; siehe auch BT-Drs. 14/8435,<br />

Seite 1.)<br />

Ihre unmittelbare Geltung ist in den Verordnungen eindeutig angelegt.<br />

Sie enthalten klare Verhaltensanweisungen – »(Siedlungs-)Abfälle...<br />

dürfen nur abgelagert werden«, § 6 DepV, § 3 AbfAblV -, die<br />

sich u.a. an die Deponiebetreiber richten, § 1 Abs. 2 Nr. 2 DepV, § 1<br />

Abs. 2 Nr. 1 AbfAblV, und bußgeldbewehrt sind, § 24 DepV, § 7 AbfAblV.<br />

Die Loslösung des weiteren Betriebs der bereits laufenden und<br />

demgemäß grundsätzlich mit Zulassungsentscheidungen versehenen<br />

Deponien von den Befugnissen, die eben diese Zulassungsentscheidungen<br />

geben, wird durch die Regelungen in § 14 DepV und § 6<br />

AbfAblV belegt; danach bedarf es einer Antragstellung und neuen<br />

Zulassungsentscheidung, damit auch nach Inkrafttreten der jeweiligen<br />

Verordnung Ablagerungen vorgenommen werden dürfen, die<br />

nach den neuen Normen so nicht zulässig wären, jedoch – so jedenfalls<br />

im typischen Fall – nach der bisherigen Gestaltung der Anlagenzulassung<br />

zulässig waren.<br />

Gegen die rechtliche Möglichkeit, im Wege der Normsetzung Befugnisse<br />

zu entziehen, die im Wege der Einzelfallentscheidung durch<br />

Verwaltungsakt gewährt worden sind, bestehen im vorliegenden Zusammenhang<br />

schon deshalb keine rechtlichen Bedenken, weil die<br />

abfallrechtlichen Zulassungsentscheidungen angesichts der weitgehenden<br />

gesetzlichen Möglichkeiten späterer Änderung bei sich entwickelndem<br />

Stand, § 32 Abs. 4 S. 2 und 3 KrW-/AbfG, keine nicht<br />

durch Übergangsregelungen aufzufangenden schützenswerten Vertrauenspositionen<br />

entstehen lassen können und zur Rechtsklarheit<br />

und Rechtssicherheit eine im Einzelfall vorzunehmende Modifizierung<br />

einzelner Zulassungsentscheidungen nicht geboten ist; denn<br />

die Verordnungen sind so gefasst, dass die Deponiebetreiber den<br />

Rahmen des ihnen Erlaubten verlässlich erkennen können.<br />

Sonstige Umstände, die der Wirksamkeit und auch der Durchsetzung<br />

der Deponieverordnung im Fall der Klägerin entgegenstehen<br />

könnten, sind nicht ersichtlich. (...)<br />

109


Rechtsprechung<br />

OVG Mannheim<br />

Zur Vereinbarkeit der Abfallablagerungsverordnung mit dem EG-<br />

Recht<br />

Beschluss vom 4. November 2003 – 8 B 11220/03.OVG<br />

Aus den Gründen:<br />

I. Der Antragsteller betreibt als kommunaler Zweckverband eine Abfalldeponie,<br />

auf der er gemäß bestandskräftiger Auflage in einer Planänderungsgenehmigung<br />

nur noch bis 31.5.2005 lediglich mechanisch<br />

vorbehandelte (zerkleinerte) Siedlungsabfälle einbauen darf.<br />

Im Hauptsacheverfahren klagt der Antragsteller auf Verlängerung<br />

der Erlaubnis zum Einbau derartiger Abfälle, was der Antragsgegner<br />

unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abfallablagerungsverordnung<br />

– AbfAblV – vom 20.2.2001 (BGBl. I S. 305) abgelehnt<br />

hat. (...)<br />

Der Antrag (bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes<br />

zuzüglich der erforderlichen Zeit <strong>für</strong> die Planung, Errichtung und Inbetriebnahme<br />

einer den Anforderungen der AbfAblV genügenden<br />

Abfallbehandlungsanlage dem Antragsteller durch einstweilige Anordnung<br />

die weitere Endverfüllung lediglich mechanisch zerkleinerten<br />

Abfalls zu gestatten, Anm. d. R.) kann nur dann Erfolg haben,<br />

wenn die AbfAblV unanwendbar ist. Ob diese Voraussetzung gegeben<br />

ist, erscheint jedoch eher zweifelhaft:<br />

Nach Ansicht des Senats sprechen gute Gründe da<strong>für</strong>, dass die AbfAblV<br />

mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Dabei berücksichtigt er<br />

neben den Rechtsausführungen der Beteiligten und dem Vorabentscheidungsersuchen<br />

des Verwaltungsgerichts auch die hierzu eingereichten<br />

Stellungnahmen der Europäischen Kommission und der<br />

Mitgliedstaaten. Auch wenn der Europäische Gerichtshof an solche<br />

Stellungnahmen weder rechtlich gebunden ist noch ihnen tatsächlich<br />

ausnahmslos folgt, sind die darin enthaltenen Rechtsausführungen<br />

bei der dem nationalen Richter im Eilverfahren erlaubten<br />

Beurteilung Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens von<br />

Bedeutung. Dies gilt insbesondere <strong>für</strong> die Rechtssauffassung der<br />

Kommission, die zur Hüterin des europäischen Interesses berufen ist<br />

(s. EuGH, Urteil vom 11.8.1995 – Rs. C-431/92, Slg. 1995 I-2189; st.<br />

Rspr.).<br />

Was die erstinstanzlichen Zweifel an der Vereinbarkeit der AbfAblV<br />

mit Art. 176 EGV anlangt, reduziert zwar die AbfAblV den Deponierungsumfang<br />

nicht nur <strong>für</strong> Siedlungsabfälle sondern auch <strong>für</strong><br />

ähnliche gewerbliche Abfälle und das früher, stärker und mit anderen<br />

Methoden, als in der DepRL vorgesehen. Die Zulässigkeit dieses<br />

Vorgehens wird aber seitens der Niederländischen Regierung (s. S. 11<br />

der Stellungnahme) und der Österreichischen Regierung (S. 6 der<br />

Stellungnahme) mit überzeugenden Argumenten unmittelbar aus<br />

der DepRL selbst abgeleitet, sodass schon die Anwendbarkeit des<br />

vom Verwaltungsgericht herangezogenen Art. 176 EGV fraglich erscheint<br />

(s. auch S. 8 der Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland).<br />

Die Stellungnahme der Europäischen Kommission verdeutlicht<br />

im Übrigen, warum die Regelungen der AbfAblV auch dann,<br />

wenn sie als Maßnahmen im Sinne von Art. 176 EGV anzusehen<br />

wären, nicht zu beanstanden sein dürften. Insbesondere sieht die<br />

Kommission keinen Qualitätsunterschied hinsichtlich der Schutzmaßnahmen<br />

und attestiert Zielkonformität mit der Richtlinie. Dies<br />

erscheint dem Senat überzeugend. Denn die Behandlungsverfahren,<br />

die aufgrund der AbfAblV erforderlich werden, sind in Art. 6 Buchst.<br />

a Satz 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. h DepRL ausdrücklich vorgesehen. Zudem<br />

besteht das Strategieziel gemäß Art. 5 Abs. 1 DepRL allgemein<br />

in der »Verringerung der zur Deponierung bestimmten, biologisch<br />

abbaubaren Abfälle«. Es spricht insoweit wenig da<strong>für</strong>, dass die Zeitund<br />

Massevorgaben in Art. 5 Abs. 2 DepRL die Mitgliedstaaten beim<br />

Ansteuern des Strategieziels »bremsen« sollen. Eher dürfte es sich um<br />

eine Art »Mindestbeschleunigung« auf dem Weg zum Ziel handeln.<br />

Berücksichtigt man zudem, dass die Niederländische Regierung (S.<br />

110<br />

10 der Stellungnahme) das vom Verwaltungsgericht (Beschluss vom<br />

4.12.2002, S. 25 BA) unter Hinweis auf deutsche Kommentatoren angenommene<br />

Erfordernis der Qualitätsgleichheit von verstärkten<br />

Schutzmaßnahmen begründet in Frage stellt, verlieren die erstinstanzlichen<br />

Bedenken weiter an Gewicht.<br />

Soweit das Verwaltungsgericht im Vorabentscheidungsersuchen<br />

eine gemeinschaftsrechtliche Unverhältnismäßigkeit der AbfAblV in<br />

Betracht zieht, weil sie den Antragsteller lange vor Ablauf der in Art.<br />

5 Abs. 2 DepRL genannten Fristen an jeglicher Ablagerung von biologisch<br />

abbaubaren Abfällen hindere, die Umweltauswirkungen der<br />

Überlagerung unbehandelter Abfälle mit behandelten Abfällen unklar<br />

seien und die Verordnung keine Kompensation bei Gleichwertigkeitsnachweis<br />

zulasse, erscheint auch dies angesichts der eingegangenen<br />

Stellungnahmen durchaus zweifelhaft. Zum einen setzt<br />

sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht mit der Anwendbarkeit<br />

des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit<br />

auf verstärkte Schutzmaßnahmen auseinander, die von<br />

der Europäischen Kommission unter eingehender Auseinandersetzung<br />

mit Art. 176 EGV und der Rechtsprechung des Europäischen<br />

Gerichtshofes verneint wird (S. 8 bis 11 der Stellungnahme). Zum<br />

anderen halten sowohl die Kommission als auch die Österreichische<br />

Regierung die Regelungen der AbfAblV auch bei Anwendbarkeit dieses<br />

Grundsatzes <strong>für</strong> verhältnismäßig. Die Kommission begründet<br />

dies – aus der Sicht des Senats wiederum überzeugend – mit dem angesichts<br />

des komplexen Sachverhalts weiten Ermessen des nationalen<br />

Normgebers.<br />

Auch aus dem vom Antragsteller in der Beschwerdeerwiderung behaupteten<br />

Verstoß der AbfAblV gegen verfassungs- und europarechtliche<br />

Zitiergebote ergeben sich keine überwiegenden Erfolgsaussichten<br />

in der Hauptsache.<br />

<strong>Das</strong>s die AbfAblV keinen Hinweis auf europarechtliche Ermächtigungsgrundlagen<br />

enthält, verstößt nicht gegen Art. 80 Abs. 1 S. 3<br />

GG. Den Argumenten, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem<br />

Urteil vom 20.3.2003 (DVBl. 2003, 731) gegen die Erstreckung des<br />

Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG auf gemeinschaftsrechtliche Ermächtigungsgrundlagen<br />

entwickelt hat, schließt sich der Senat an.<br />

Soweit die AbfAblV der Umsetzung von Vorschriften der DepRL<br />

dient (s. dazu die Begründung des Kabinettsbeschlusses, BR-Drs.<br />

596/00, S. 46 und auch Zacharias, Die Zukunft der Siedlungsabfallentsorgung,<br />

UPR 2001, 95), aber entgegen Art. 18 Abs. 1 S. 2 DepRL<br />

keine Bezugnahme auf diese Richtlinie enthält, führt dieser formale<br />

Mangel nicht zur. Unanwendbarkeit der AbfAblV wegen Verstoßes<br />

gegen Gemeinschaftsrecht. Der Verstoß gegen das in einer Richtlinie<br />

enthaltene gemeinschaftsrechtliche Zitiergebot bedeutet lediglich,<br />

dass insoweit die Umsetzungspflicht nicht erfüllt worden ist, was in<br />

einem Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof<br />

festgestellt werden kann (s. z.B. EuGH, Urteil vom<br />

18.12.1997, Rs. C-361/95, Slg. 1997 I-7351 Rn. 15). Gegenteiliges<br />

folgt auch nicht aus der vom Antragsteller zitierten Rechtsprechung<br />

des Europäischen Gerichtshofs zum Verstoß gegen Notifizierungspflichten,<br />

die sich aus einer Richtlinie ergeben (s. Urteil vom<br />

30.4.1996,- Rs. C-1994/94, Slg. I-2201 ff). Anders als ein Zitiergebot<br />

diente die der Entscheidung zugrunde liegende Notifizierungspflicht<br />

dazu, der Europäischen Kommission einen präventiven Schutz gegen<br />

Behinderungen der Warenverkehrsfreiheit durch nationale technische<br />

Normen zu ermöglichen. Nur aus diesem Zweck leitete der<br />

EuGH die Unanwendbarkeit der unter Verstoß gegen die Notifizierungspflicht<br />

erlassenen technischen Normen ab.<br />

ZUR 2/2004


VG Düsseldorf, Abfallbegriff und gebrauchte Kompressoren<br />

VG Düsseldorf<br />

Abfallbegriff und gebrauchte Kompressoren<br />

Beschluss vom 5. September 2003 – 17 L 2542/03<br />

Leitsatz:<br />

Gebrauchte Kompressoren aus alten Kühlgeräten, die zum Zwecke<br />

der Wiederverwendung ausgebaut und verkauft werden, sind kein<br />

Abfall und unterfallen nicht dem Abfall(verbringungs)recht.<br />

Gründe:<br />

I.(Tatbestand redaktionell bearbeitet) Der Antragsteller, handelnd<br />

unter der Firma N, kauft in Deutschland Kompressoren, die aus Altkühlschränken<br />

ausgebaut und von einer Drittfirma zum Transport<br />

und zum Wiedereinbau vorbereitet worden sind. Diese Kompressoren,<br />

welche sehr langlebig sind, verkauft er an Abnehmer in Nigeria.<br />

Die Geräte werden über den Seeweg an ihren Bestimmungsort transportiert.<br />

Der Antragsteller setzt sich gegen eine ihm aufgegebene<br />

Rückführung der Kompressoren nach Deutschland zur Wehr. (...)<br />

Nach dem unwiderlegten Vortrag des Antragstellers werden den<br />

Kompressoren noch vor dem Ausbau aus den Kühlgeräten das Kompressorenöl<br />

und das Kältemittel abgesaugt. Nach dem Ausbau der<br />

Kompressoren tropfen diese das restliche Öl ab. Es verbleiben rund<br />

25 g Restöl im Kompressor, welches ihn auch vor Korrosion schützt.<br />

Schließlich werden die Flüssigkeitsleitungen zugedrückt; (...)<br />

Der Antragsteller kauft lediglich die weitestgehend flüssigkeitsentleerten<br />

Kühlkompressoren, nicht die Kühlgeräte selbst. Die Kühlgeräte,<br />

aus denen die Kompressoren ausgebaut wurden, werden von<br />

dem Unternehmen, das die Kompressoren ausbaut und vorbereitet,<br />

entsorgt.<br />

Der Schrottwert (Altmetallwert) der Kompressoren in Deutschland<br />

liegt bei 90 bis 100 Euro je Tonne. Der vom Antragsteller in<br />

Deutschland gezahlte Ankaufspreis beträgt etwa 230 Euro je Tonne<br />

vorbehandelter Kompressoren. Der Verkaufspreis – Transport inbegriffen<br />

– in Nigeria liegt nach unwidersprochenem Vortrag des Antragstellers<br />

bei 525 Euro je Tonne. Die Botschaft der Bundesrepublik<br />

Deutschland in der Hauptstadt Nigerias (Abuja) bestätigt mit elektronischer<br />

Post vom 3.7.2003, dass wiederverwendbare Kompressoren<br />

in Nigeria ein »normales Handelsprodukt« sind. In Nigeria werden<br />

die Kompressoren nach Auskunft der übernehmenden Firma G,<br />

Lagos/Nigeria – sofern im Einzelfall nötig (v.a. an elektronischen<br />

Bauteilen) – repariert und dann in Kühlschränke eingebaut. (...)<br />

Gestützt auf § 6 des Abfallverbringungsgesetzes gab die Antragsgegnerin<br />

dem Antragsteller mit Bescheid vom 7.3.2003 auf, die auf<br />

dem Weg nach Nigeria befindlichen Container mit den darin enthaltenen<br />

Abfällen (Kühlgerätekompressoren) vollständig in die Bundesrepublik<br />

Deutschland zurück zu bringen, die Kompressoren einer<br />

ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und dies nachzuweisen.<br />

Gleichzeitig ordnete sie – trotz § 6 Abs. 2 S. 2 AbfVerbrG – die sofortige<br />

Vollziehung an. (...)<br />

Der Antragsteller beantragt die Wiederherstellung der aufschiebenden<br />

Wirkung seiner Klage. Er ist der Auffassung, es handele sich<br />

bei den Kompressoren nicht um Abfälle.<br />

II. Der Antrag ist zulässig und begründet. (...)<br />

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist überwiegend<br />

wahrscheinlich, dass die Wiedereinfuhranordnung des Antragsgegners<br />

rechtswidrig ist, weil es sich bei den Kühlkompressoren<br />

nicht um Abfall im Sinne des Abfallverbringungsgesetzes bzw. der<br />

Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1.2.1993 zur Überwachung<br />

und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die<br />

und aus der Europäischen Gemeinschaft, ABl. Nr. L 30 S. 1, ber. ABl.<br />

1994 Nr. L 18 S. 38, zuletzt geändert durch VO (EG) 2557/2001 vom<br />

28.12.2001 (ABl. Nr. L 349 S.1) – EGAbfVerbrV – handelt.<br />

Art. 2a EGAbfVerbrV verweist zur Definition des verbringungsrechtlichen<br />

Abfallbegriffs auf Art. 1 a der EG-Abfallrahmenrichtlinie,<br />

ZUR 2/2004<br />

Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15.7.1975 über Abfälle, ABl.<br />

Nr. L 194 S. 47, zuletzt geändert durch Art. 1 Entscheidung zur Anpassung<br />

der Anhänge IIA und IIB der RL 75/442/EWG vom<br />

24.5.1996 (ABl. Nr. L 135 S. 32) – EGAbfRRL -.<br />

Danach sind Abfälle »alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in<br />

Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer<br />

entledigt, entledigen will oder entledigen muss.« Da der Anhang I<br />

mit der Gruppe Ql6 »Stoffe und Produkte, die nicht einer der oben<br />

erwähnten Gruppen angehören« eine umfassende Auffanggruppe<br />

bereitstellt, haben die vorhergehenden Gruppen Ql bis Q15 keine<br />

eingrenzende Wirkung. Sie können höchstens als Indiz <strong>für</strong> die Frage<br />

der Abfalleigenschaft einer Sache herangezogen werden. Entscheidend<br />

<strong>für</strong> die Frage, ob eine Sache dem Abfallbegriff unterfällt, sind<br />

demnach die drei Entledigungstatbestände, vgl. EuGH, Urteil vom<br />

18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 828 Tz. 22;<br />

zum insofern gleich lautenden § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG statt aller<br />

Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz,<br />

2. Auflage (2003) § 3 Rn. 17 mit Nachweisen aus der Literatur.<br />

Maßgeblich abzustellen ist dabei auf den Abfallbegriff der EG-Abfallrahmenrichtlinie,<br />

nicht auf die Definition in § 2 Abs. 1 bis 4<br />

AbfVerbrG. Denn die EG-Abfallverbringungsverordnung gilt als Verordnung<br />

gemäß Art. 249 Abs. 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen<br />

Gemeinschaft vom 7.2.1992 (»Vertrag von Maastricht«)<br />

BGBl. 1992 II S. 1253 in der Fassung vom 26.2.2001 (»Vertrag von<br />

Nizza«) BGBl. 2002 II S. 1666 – EGV – unmittelbar und allgemein in<br />

allen Mitgliedsstaaten. Indem die Abfallverbringungsverordnung zur<br />

Begriffsbestimmung unmittelbar auf die Abfalldefinition in Art. la<br />

EGAbfRRL verweist, wird dieser Teil der Verordnung und ist (ausnahmsweise)<br />

unmittelbar anwendbar. Da sich das europäische Recht<br />

durchsetzen würde, wenn sich das deutsche Abfallverbringungsgesetz<br />

zu ihm in Widerspruch setzte, wird maßgeblich jenes und nicht<br />

§ 2 Abs. 1 bis 4 AbfVerbrG herangezogen, vgl. BVerwG, Urteil vom<br />

13.3.2003 – 7 C 1.02, DVBl. 2003, 743, 744: »Der VGH ist zutreffend<br />

davon ausgegangen, dass der Sachbereich der grenzüberschreitenden<br />

Abfallverbringung durch Gemeinschaftsrecht, insbesondere die<br />

EG-AbfVerbrVO und die von ihr in Bezug genommene AbfRRL,<br />

bestimmt wird. Die Rüge ... der VGH hätte ... anhand ... § 4 Abs. 3<br />

KrW-/AbfG einstufen müssen, ist unbegründet; eine solche Konkretisierung<br />

des Gemeinschaftsrechts durch nationales Recht ist gemeinschaftsrechtswidrig«.<br />

Europäische Rechtsquellen werden letztverbindlich nicht von den<br />

nationalen Gerichten ausgelegt, sondern vom EuGH (Art. 220 ff.<br />

EGV). Deswegen kommt dessen Verständnis des Abfallbegriffs entscheidende<br />

Bedeutung zu.<br />

Nach der Rechtsprechung des EuGH hängt der Anwendungsbereich<br />

des Begriffes »Abfall« von der Bedeutung des Ausdrucks »sich<br />

entledigen« ab, EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin<br />

Granit), DVBl. 2002, 827, 828 Tz. 22; EuGH, Urteil vom<br />

18.12.1997 – Rs. C-129/96 (Inter-Environment Wallonie), Slg.<br />

1997,I-7411 Tz. 26.<br />

Im Lichte der dritten Begründungserwägung der EG-Abfallrahmenrichtlinie<br />

und von Art. 174 Abs. 2 EGV kann der so verstandene<br />

Abfallbegriff nicht eng ausgelegt werden. Zur Beurteilung sind<br />

sämtliche Umstände zu berücksichtigen. Insbesondere ist gefestigte<br />

Rechtsprechung, dass der Begriff Abfall auch solche Stoffe erfasst, die<br />

zur wirtschaftlichen Wiederverwendung geeignet sind, EuGH, Urteil<br />

vom 25.6.1997 – Rs. C-304/94 u. a. (Tombesi), Slg. 1997,I-3561 Tz.<br />

52; EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin Granit), DVBl.<br />

2002, 827, 829 Tz. 29.<br />

Auch wenn der EuGH sich bislang einer (rechtfortbildenden) positiven<br />

Definition enthält, benennt er Anhaltspunkte zur Beurteilung<br />

der Gesamtumstände, welche besonderes Gewicht erlangen. Einer<br />

dieser maßgeblichen Anhaltspunkte ist die Frage, ob der Stoff ein<br />

Produktionsrückstand ist, also ein Erzeugnis, das nicht als solches<br />

111


Rechtsprechung<br />

zum Zweck einer späteren Verwendung angestrebt worden ist. Bei<br />

der Beantwortung dieser Frage hat sich der EuGH ausdrücklich auf<br />

den »gesunden Menschenverstand« gestützt; EuGH, Urteil vom<br />

18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 829 Tz. 31;<br />

EuGH, Urteil vom 15.6.2000 – Rs. C-418/97 u. a. (LUWA Bottoms/Holzspäne),<br />

ZfW 2001, 106, 115 Tz. 83-87.<br />

Nach diesen Kriterien handelt es sich bei den vom Antragsteller<br />

exportierten Kühlkompressoren nicht um Abfall, denn er will sich<br />

der Kompressoren nicht (als Last) entledigen, sondern verkauft diese<br />

als Produkte, nämlich »gebrauchte Kühlkompressoren«, mit Gewinn<br />

weiter.<br />

In den vom EuGH behandelten Fällen ging es stets um Begleiterzeugnisse<br />

aus einem laufenden Produktionsprozess, der hauptsächlich<br />

auf die Herstellung eines anderes Erzeugnisses gerichtet war.<br />

Hiervon unterscheidet sich jedoch der streitgegenständliche Sachverhalt.<br />

Es geht um ein wiederverwendbares Bauteil aus einem Gegenstand<br />

(Alt-Kühlgerät), der insgesamt gesehen nach hiesiger Verkehrsauffassung<br />

als Abfall einzustufen ist. Dieses Bauteil wird nicht<br />

vom Antragsteller selbst, sondern von einem Dritten aufwendig ausgebaut<br />

und zum Transport und zum späteren Wiedereinbau vorbereitet.<br />

Erst danach gelangt es durch Erwerb in die Verfügungsgewalt<br />

des Antragstellers. Mit dem Ausbau und der Vorbereitung zu Transport<br />

und Wiedereinbau ist der Kompressor zum Produkt »umgewidmet«<br />

und der vorangegangene, dem abfallrechtlichen Regime unterliegende<br />

Verwertungsvorgang abgeschlossen, vgl. ebenso zu<br />

abgefahrenen Autoreifen, die <strong>für</strong> den Export ins Ausland bestimmt<br />

sind, Fluck, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutzrecht,<br />

Loseblatt (Stand: Mai 2003) § 3 Rn. 190; Kunig, in: Kunig/<br />

Paetow/Versteyl, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 2. Auflage<br />

(2003) § 3 Rn. 42.<br />

Der Abfall (= Kompressor als Teil des Altkühlgeräts) ist in seinen<br />

ursprünglichen Zustand zurückversetzt worden, um <strong>für</strong> einen<br />

Zweck verwendet zu werden, der mit seinem ursprünglichen Zweck,<br />

nämlich der Erzeugung von Kühlkälte, identisch ist, vgl. EuGH,<br />

Urteil vom 19.6.2003 – Rs. C-444/00 (Mayer Parry/EA), DVBl.<br />

2003,1047,1049 (Tz. 63-69) m. Anm. Kropp zum Ende der Abfalleigenschaft<br />

bei der stofflichen Verwertung von metallischen Verpackungsabfällen.<br />

Deswegen ist <strong>für</strong> die Beurteilung der Frage der Abfalleigenschaft lediglich<br />

auf die ausgebauten und vorbereiteten Kompressoren abzustellen,<br />

die sich im Besitz des Antragstellers befinden. Es ist nicht bedeutsam,<br />

ob sie zuvor unter den Abfallbegriff fielen, weil sie als Teil<br />

des Gesamtgeräts »Alt-Kühlgerät« dessen Schicksal teilten. Der vom<br />

Kühlgerät getrennte Kompressor selbst ist der zu beurteilende Gegenstand.<br />

Ausgangspunkt der Beurteilung ist nach Art. 2 a EG-<br />

AbfVerbrV i.V.m. Art. 1 a EGAbfRRL der konkrete zu verbringende<br />

»Gegenstand«. Mit anderen Worten ist zu fragen, ob ein gebrauchter,<br />

aber funktionstüchtiger bzw. mit geringem Aufwand instandsetzungsfähiger<br />

Kühlkompressor Abfall ist oder nicht. Damit stellt sich<br />

die Frage, inwieweit wiederverwendbare Gebrauchtwaren dem Abfallbegriff<br />

unterliegen. Sie gewinnt im Rahmen des Handels mit Ländern,<br />

die nicht das technisch-wirtschaftliche Niveau von Industrieländern<br />

erreichen (z. B. die sogenannten »Entwicklungsländer«),<br />

besondere Bedeutung, weil Gegenstände, die nach hiesigem Verständnis<br />

unnütz geworden sind und entsorgt werden müssen/sollen,<br />

dort durchaus noch als wirtschaftlich wertvolles Gut eingeschätzt<br />

werden (vgl. sehr alte Gebrauchtwagen in Osteuropa).<br />

Nach dem vom EuGH ausdrücklich zu Grunde gelegten gesunden<br />

Menschenverstand (s. o.), dessen sich das beschließende Gericht jedenfalls<br />

<strong>für</strong> das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz bedient,<br />

handelt es sich bei den Kompressoren nicht um Abfälle. Die Kompressoren<br />

werden zielgerichtet ausgebaut und vorbereitet. Sie als verkaufsfähige<br />

Gegenstände aus den Altkühlschränken herauszulösen<br />

und einen über dem Schrottwert liegenden Kaufpreis zu erzielen, ist<br />

112<br />

der einzige Zweck des Produktionsvorgangs. Nach dem Ankauf entledigt<br />

sich der Antragsteller ihrer nicht, sondern er verkauft sie mit<br />

Gewinn nach Nigeria, und zwar nach dem im summarischen Verfahren<br />

nicht anzuzweifelnden Zweck, diese dort wieder in Kühlgeräte<br />

einzubauen. Es handelt sich um eine »Wiederverwendung« eines<br />

Bauteils zu dem gleichen Zweck, zu dem es entworfen wurde, im Sinne<br />

von Art. 2 Nr. 6 EGAltautoRL bzw. Art. 3 d EGEIAltGerRL, Richtlinie<br />

des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.9.2000<br />

über Altfahrzeuge (2000/53/EG), ABl. Nr. L 269 S. 34 geändert durch<br />

Entscheidung der Kommission vom 27.6.2002, ABl. Nr. L 170 S. 81<br />

– EGAltautoRL; Richtlinie 2002/96/EG des europäischen Parlaments<br />

und des Rates vom 27.1.2003 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte,<br />

ABl. Nr. L 37 S. 24 – EGElAltGerRL -.<br />

Mit dem Ausbau und der Vorbereitung der Kompressoren sind<br />

diese umgewidmet zu dem<br />

Produkt »Gebrauchtkompressor« und damit dem Abfallrecht (wieder)<br />

entzogen.<br />

Die Kompressoren haben in Deutschland einen Altmetallwert von<br />

bis zu 100 Euro/t. Die Möglichkeit, sie im Inland <strong>für</strong> mehr als den<br />

doppelten Preis an einen Exporteur zu veräußern, spricht bereits indiziell<br />

dagegen, dass es sich in dieser Konstellation um Abfall handelt.<br />

Weiter spricht dagegen, dass der antragstellende Exporteur die<br />

Kompressoren zum Zwecke des Wiedereinbaus in Kühlgeräte mit einem<br />

erheblichen Preisaufschlag nach Nigeria verkaufen kann. Für<br />

den Antragsteller stellen die – extra erworbenen – Kompressoren keine<br />

Last dar, deren er sich zu »entledigen« sucht, sondern sie haben<br />

als echtes Erzeugnis zu gelten, vgl. EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs.<br />

C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 829 Tz. 34.<br />

Die Kammer verkennt nicht, dass die Verbringung von in<br />

Deutschland praktisch wertlosen bzw. nur kostenpflichtig zu entsorgenden<br />

Gegenständen in Entwicklungsländer stets die Gefahr<br />

der illegalen (und billigen) Abfallentsorgung in sich trägt. Bei den<br />

Kompressoren liegt diese Gefahr allerdings nicht nahe, da sie auch<br />

in Deutschland noch einen positiven Marktwert besitzen. Nach den<br />

im vorläufigen Rechtsschutz beschränkten summarischen Erkenntnismöglichkeiten<br />

sieht die Kammer darüber hinaus keinen Anlass,<br />

den Angaben des Antragstellers zur weiteren Verwendung der Kompressoren<br />

zu misstrauen. Die Antragsgegnerin hat auch keine Anhaltspunkte<br />

da<strong>für</strong> vorgetragen, dass die nigerianischen Bestätigungen<br />

unzutreffend seien, sondern er hat lediglich pauschal und ohne<br />

sachliche Begründung ihren Beweiswert bestritten. Für die Glaubhaftigkeit<br />

der Angaben des Antragstellers spricht zudem die Auskunft<br />

der Deutschen Botschaft in Nigeria, dass Kühlkompressoren<br />

dort als allgemeines Wirtschaftsgut gehandelt werden. Weiterhin<br />

hat die Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland Pfalz<br />

mbH (SAM) noch am 14.4.2003 festgestellt, dass im Internet der Anund<br />

Verkauf von gebrauchten Kompressoren in afrikanische und<br />

arabische Länder beworben wird, Beiakte Heft 2 zum Verfahren 17<br />

K 4565/03 Bi. 60.<br />

Die Kammer hat sich durch eigene Internetrecherchen am heutigen<br />

Tage davon überzeugt, dass solche Angebote weiterhin existieren,<br />

z. B. unter http://www.treffpunktkaelte.de/kaelte/de/html/wwwboard/messages/747.html.<br />

Der Umstand, dass sich aus der exportierten Gesamtmenge ein gewisser<br />

Anteil von Kompressoren als funktionsunfähig herausstellt,<br />

macht die gesamte Charge noch nicht zu Abfall. Im Wirtschaftsverkehr<br />

mit technischem Gerät ist es üblich, dass ein gewisser Prozentsatz<br />

der beim Käufer eintreffenden Geräte nicht die gewünschte<br />

Funktion hat, sei es, dass sie anfänglich fehlt, sei es, dass es sich um<br />

Transportschäden handelt. Im summarischen Verfahren ist nicht erkennbar,<br />

dass die Ausschussquote über die angegebenen 2-3 % hinausgeht.<br />

Eine »billige Entsorgung« im Ausland unter dem vorgeschobenen<br />

Etikett der Wiederverwendung, die bei einem besonders<br />

hohen Ausschussanteil zu vermuten wäre, ist nicht erkennbar.<br />

ZUR 2/2004


Auch der Transport der Kompressoren in loser Schüttung in den<br />

Seecontainern spricht nicht da<strong>für</strong>, dass es sich um Abfall handelt.<br />

Der Antragsteller hat unwiderlegt vorgetragen, dass die Metallgehäuse<br />

mehr als 2 mm dick sind und den losen Transport<br />

grundsätzlich schadlos überstehen bzw. mit geringem Aufwand wie<br />

einem neuen Anstrich den Anforderungen seines Abnehmers in Nigeria<br />

genügen. Selbst wenn der von der Antragsgegnerin reklamierte<br />

Transport in aufrecht stehenden Versandkartons noch besser geeignet<br />

wäre als die lose Schüttung, steht es im freien Belieben des<br />

Antragstellers, sich entweder <strong>für</strong> geringere Transportkosten oder <strong>für</strong><br />

eine höhere Ausschussquote zu entscheiden.<br />

Auf die Frage, welche Restölmengen in den Kompressoren noch<br />

enthalten sind, und ob diese ggfs. <strong>für</strong> Boden und Grundwasser gefährlich<br />

sein könnten, kommt es <strong>für</strong> die Einstufung als Abfall oder<br />

Nicht-Abfall nicht an. Die Gefährlichkeit eines Stoffes/Gegenstandes<br />

ist <strong>für</strong> die Frage, ob es sich bei ihm um Abfall handelt oder nicht,<br />

ohne Bedeutung, vgl. beispielhaft EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs.<br />

C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 830 Tz. 47 ff.<br />

Im Übrigen hat der Antragsteller glaubhaft – durch Lichtbilder der<br />

Polizei in Spanien bestätigt – dargelegt, dass die Transportcontainer<br />

mit aufsaugenden Materialien ausgelegt sind, um Verschmutzungsgefahren<br />

vorzubeugen. <strong>Das</strong>s diese Vorsichtsmaßnahmen wirkungslos<br />

sind, ist weder erkennbar noch dargelegt. Sollten hiervon dennoch<br />

Gefahren ausgehen, wäre ihnen nach transport- oder<br />

allgemeinen ordnungsrechtlichen Vorschriften zu begegnen, nicht<br />

jedoch abfallrechtlichen. Ob die auch korrosionshemmende Restölmenge<br />

möglicherweise unter Art. 6 Abs. 1 S. 2 EGElAltGerRL (»Entfernung<br />

aller Flüssigkeiten«) fällt, kann offen bleiben, weil dies erstens<br />

keine Bedeutung <strong>für</strong> die Einstufung der Kompressoren als<br />

Abfall hat und zweitens die Richtlinie gemäß ihres Art. 17 Abs. 1 erst<br />

ab dem 13.8.2004 umzusetzen ist; eine unmittelbare Anwendung im<br />

Anwendungsbereich der EG-Abfallverbringungsverordnung ist auch<br />

nicht vorgesehen.<br />

VGH Mannheim<br />

Allgemeinverfügung gem. § 25 a NatSchG Bad-Württ.<br />

Beschluss vom 8. September 2003 – 5 S 1274/03<br />

Leitsätze der Redaktion:<br />

1. Anordnungen nach § 25 a NatSchG Bad-Württ., also Schutzgebietsregeln,<br />

die Verhaltensweisen im Schutzgebiet untersagen,<br />

können auch in der Form einer Allgemeinverfügung erfolgen.<br />

2. Die Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 2 NatSchG Bad.-Württ. befasst<br />

sich ausschließlich mit dem Verhältnis des gesetzlichen Biotopschutzes<br />

zur gemeindlichen Bauleitplanung. Daraus folgt, dass<br />

zwar <strong>für</strong> die gemeindliche Planung der gesetzliche Biotopschutz<br />

keine Wirkung entfaltet, wenn das Gebiet vor dem Stichtag als<br />

Flächennutzungsplan dargestellt war. Dritte können sich auf diese<br />

Wirkung jedoch nicht berufen.<br />

VGH München<br />

Zur Mitwirkungspflicht des überlassungspflichtigen Abfallerzeugers<br />

Urteil vom 14. Oktober 2003 – 20 B 03.637<br />

Leitsätze:<br />

1. In einem beplanten Gebiet mit engen (durch Großfahrzeuge nicht<br />

oder nur schwer befahrbaren) Erschließungsanlagen obliegt dem<br />

Erzeuger von Abfällen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht bei deren<br />

Verbringung an einen Sammelplatz.<br />

ZUR 2/2004<br />

Rechtsprechung in Leitsätzen<br />

2 Ob Unfallverhütungsvorschriften die Modalitäten der Müllabfuhr<br />

abschließend festzulegen vermögen, kann offen bleiben.<br />

3. Aus Gründen der Kostenersparnis kann der Entsorgungsträger davon<br />

absehen, kleinere Müllfahrzeuge zum Einsatz zu bringen.<br />

4. Der Entsorgungsträger hat bauplanerische Konzepte einer Gemeinde<br />

hinzunehmen, die aus Gründen der Verkehrsberuhigung<br />

oder zur Vermeidung von übermäßiger Inanspruchnahme von<br />

Grund und Boden davon absehen, breite Erschließungsanlagen mit<br />

Wendeplatten anzulegen.<br />

Vorinstanz: VG Regensburg, Entscheidung vom 5. Dezember 2002 – RN 7 K 00.363<br />

OVG Lüneburg<br />

Bauvorbescheid <strong>für</strong> eine Windenergieanlage<br />

Urteil vom 25. September 2003 – 1 LC 276/02<br />

Leitsätze:<br />

1. Zur sukzessiven Erweiterung eines vorhandenen Windparks und deren<br />

Beurteilung nach BImSchG.<br />

2. Zum Zeitpunkt, in dem sich die Unwirksamkeit eines Flächennutzungsplanes<br />

herausstellt, und zum Eingreifen der Unbeachtlichkeitsregel<br />

des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB.<br />

3. Zur Teilunwirksamkeit eines Flächennutzungsplanes.<br />

4. »Zaunwerte« <strong>für</strong> Lärm und Schlagschatten in Flächennutzungsplänen.<br />

5. Zur Entwicklung eines Bebauungsplanes aus einem Flächennutzungsplan,<br />

der teilweise unwirksam ist.<br />

6. Zur Festsetzung eines Emissionspegels <strong>für</strong> Windkraftanlagen in einem<br />

Sondergebiet.<br />

7. Die Festsetzung der Größe der Grundfläche und der überbaubaren<br />

Grundstücksfläche muss über den Standort des Schaftes der Windkraftanlage<br />

auch die Fläche einschließen, die der Rotor überstreicht.<br />

OVG Lüneburg<br />

Satzung über einen geschützten Landschaftsbestandteil<br />

Urteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2044/01<br />

Leitsätze:<br />

1. Eine leichte Bodensenke, die nur zeitweise mit Wasser gefüllt ist,<br />

stellt keinen Landschaftsbestandteil im Sinne des § 28 Abs. 1 NNat-<br />

SchG dar.<br />

2. Fehlerhafte Annahmen des Normgebers ziehen die Nichtigkeit einer<br />

nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnung oder Satzung<br />

nicht nach sich. Vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, ob die<br />

aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung<br />

und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden ist.<br />

OVG Lüneburg<br />

Antragsbefugnis einer Gemeinde im Normenkontrollverfahren<br />

Urteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2073/01<br />

Leitsatz:<br />

Eine Gemeinde, die durch den Erlass einer Verordnung zum Schutz<br />

eines Landschaftsbestandteils durch die Naturschutzbehörde daran<br />

gehindert wird, eine gemeindliche Satzung zum Schutz desselben<br />

Landschaftsbestandteils zu erlassen, ist im Normenkontrollverfahren<br />

antragsbefugt.<br />

113


Europäisches <strong>Umweltrecht</strong><br />

Josef Falke<br />

Neueste Entwicklungen im Europäischen <strong>Umweltrecht</strong><br />

A. Vorschlag einer Richtlinie<br />

über Batterien<br />

Die Kommission hat eine neue Richtlinie<br />

über Batterien vorgeschlagen. 1 Mit der<br />

Sammlung und dem Recycling sämtlicher<br />

in der EU in Verkehr gebrachter Batterien<br />

soll erreicht werden, dass Altbatterien<br />

nicht in Verbrennungsanlagen oder auf<br />

Mülldeponien landen, sondern die in den<br />

Batterien verwendeten Metalle der Wiederverwertung<br />

zugeführt werden. Mit der<br />

Richtlinie soll ein Rechtsrahmen <strong>für</strong> einzelstaatliche<br />

Sammel- und Rücknahmesysteme<br />

geschaffen und das reibungslose<br />

Funktionieren des Binnenmarktes <strong>für</strong> Batterien<br />

besser gewährleistet werden.<br />

Jährlich werden in der EU etwa 800.000 t<br />

Autobatterien, 190.000 t Industriebatterien<br />

und 160.000 t Gerätebatterien in Verkehr<br />

gebracht. In ihnen werden zahlreiche verschiedene<br />

Metalle verwendet. Besonders<br />

von Quecksilber, Blei und Cadmium, aber<br />

auch von Zink, Kupfer, Mangan, Lithium<br />

und Nickel können bei der Verbrennung<br />

oder Deponierung von Batterien erhebliche<br />

Umweltgefahren ausgehen, 2 abgesehen<br />

davon, dass Batterien unter dem Gesichtspunkt<br />

der Ressourcenbewirtschaftung eine<br />

Fundgrube <strong>für</strong> wertvolle sekundäre Rohstoffe<br />

sind.<br />

Die <strong>für</strong> Batterien geltenden gemeinschaftlichen<br />

Rechtsvorschriften 3 haben die<br />

von Batterien im Abfallstrom ausgehenden<br />

Risiken nicht wirksam eingedämmt und<br />

keinen einheitlichen Rechtsrahmen <strong>für</strong> die<br />

Sammlung und das Recycling von Altbatterien<br />

geschaffen. Da sie nur auf Batterien<br />

Anwendung finden, die bestimmte Mengen<br />

Cadmium, Quecksilber oder Blei enthalten,<br />

erfassen sie nur 7 % der jährlich<br />

insgesamt in der EU in Verkehr gebrachten<br />

Gerätebatterien. Wegen des begrenzten Anwendungsbereiches<br />

arbeiten die einzelstaatlichen<br />

Sammel- und Rücknahmesysteme,<br />

die zudem unterschiedlich ausgestaltet<br />

sind, nicht optimal.<br />

Die vorgeschlagene Richtlinie soll auf<br />

Art. 95 Abs. 1 und Art. 175 Abs. 1 EG gestützt<br />

werden und zwei Ziele verfolgen: Sie<br />

soll erstens <strong>für</strong> alle Batterien ein geschlossenes<br />

Kreislaufsystem schaffen, um die Verbrennung<br />

und Deponierung am Ende ihres<br />

Lebenszyklus zu vermeiden; dazu müssen<br />

sämtliche Batterien gesammelt, recycelt und<br />

die in ihnen enthaltenen Metalle in dem<br />

Wirtschaftskreislauf rückgeführt werden. Sie<br />

soll zweitens Mindestvorschriften <strong>für</strong> die Ar-<br />

beitsweise der einzelstaatlichen Sammelund<br />

Rücknahmesysteme festlegen, um das<br />

reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts<br />

<strong>für</strong> diese Produkte und gleiche<br />

Ausgangsbedingungen <strong>für</strong> alle am Lebenszyklus<br />

von Batterien beteiligten Akteure zu<br />

gewährleisten. Industrie- und Autobatterien<br />

werden bereits heute aufgrund des Werts der<br />

in ihnen enthaltenen Rohstoffe zu einem<br />

sehr großen Anteil gesammelt. Um eine<br />

Sammelquote von 100 % zu gewährleisten,<br />

soll die Deponierung und Verbrennung dieser<br />

Batterien verboten werden. Eine derartige<br />

Sammel- und Recyclingquote ist <strong>für</strong><br />

Gerätebatterien aufgrund ihrer geringen<br />

Größe und ihres breiten Spektrums an<br />

Nutzern nicht vorstellbar. Für sie sollen die<br />

Mitgliedstaaten Sammelsysteme schaffen,<br />

damit die Verbraucher Altbatterien aus<br />

Geräten kostenfrei zurückgeben können.<br />

Als Zielgröße <strong>für</strong> die Sammelsysteme von<br />

Gerätebatterien soll spätestens vier Jahre<br />

nach dem Zeitpunkt der Umsetzung der<br />

Richtlinie mindestens ein Durchschnittswert<br />

von 160 Gramm pro Einwohner und<br />

Jahr erzielt werden. Wegen des erhöhten<br />

Gefahrenpotentials von Nickel-Cadmium-<br />

Batterien soll <strong>für</strong> sie das zusätzliche<br />

Sammelziel von 80 % der in den einzelnen<br />

Mitgliedstaaten jährlich anfallenden Gesamtmenge<br />

an solchen Gerätebatterien festgelegt<br />

werden. Der Richtlinienvorschlag<br />

sieht hohe Recyclingziele vor, nämlich<br />

100 % bei Auto- und Industriebatterien und<br />

mindestens 90 % bei Gerätebatterien. Im<br />

Ausland stattfindende Recyclingmaßnahmen<br />

werden bei der Prüfung berücksichtigt,<br />

ob der exportierende Mitgliedstaat seine<br />

Recyclingverpflichtungen erfüllt hat.<br />

Bei allen Batterietypen sollen die Hersteller<br />

<strong>für</strong> die Kosten von Sammlung, Behandlung<br />

und Recycling aufkommen. Für<br />

Industrie- und Autoaltbatterien sollen die<br />

Hersteller mit den Nutzern Finanzierungsvereinbarungen<br />

abschließen können. An<br />

den Systemen <strong>für</strong> Sammlung, Behandlung<br />

und Recycling sollen sich alle Wirtschaftsbeteiligten<br />

in den betroffenen Sektoren<br />

und alle zuständigen öffentlichen Behörden<br />

beteiligen können. In diese Systeme sollen<br />

unter nicht diskriminierenden Bedingungen<br />

auch aus Drittländern eingeführte Produkte<br />

einbezogen werden; sie sind so zu<br />

konzipieren, dass Handelshemmnisse und<br />

Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.<br />

Zu den Kosten <strong>für</strong> die Bewirtschaftung<br />

von Altbatterien, die vor Inkrafttreten der<br />

Richtlinie in Verkehr gebracht wurden, den<br />

»historischen Abfällen«, werden besondere<br />

Übergangsregelungen vorgesehen. Die jährlichen<br />

Kosten <strong>für</strong> die vorgeschlagenen<br />

Sammel- und Recyclingsysteme werden auf<br />

bis zu zwei Euro pro Haushalt geschätzt.<br />

B. Kontrolle radioaktiver Strahlenquellen<br />

Der Rat hat im Dezember 2003 eine Richtlinie<br />

zur Kontrolle hoch radioaktiver umschlossener<br />

Strahlenquellen und herrenloser<br />

Strahlenquellen verabschiedet. 4 Sie soll<br />

verhindern, dass es aufgrund einer unzureichenden<br />

Überwachung hoch radioaktiver<br />

umschlossener Strahlenquellen und<br />

herrenloser Strahlenquellen 5 zu einer Exposition<br />

von Arbeitnehmern und der<br />

Öffentlichkeit gegenüber ionisierenden<br />

Strahlungen kommt. Dazu harmonisiert sie<br />

die in den Mitgliedstaaten bereits eingeführten<br />

Kontrollen, indem sie spezifische<br />

Anforderungen festlegt, durch die eine<br />

fortlaufende Kontrolle jeder einzelnen der<br />

genannten Quellen sichergestellt wird. Die<br />

Mitgliedstaaten können Strahlenquellen,<br />

deren Werte unter die in der Richtlinie<br />

96/29/Euratom 6 festgelegten Freigrenzen<br />

gefallen sind, aus dem Geltungsbereich<br />

ausnehmen.<br />

1 Vorschlag <strong>für</strong> eine Richtlinie des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates über Batterien und Akkumulatoren<br />

sowie Altbatterien und Altakkumulatoren,<br />

KOM (2003) 723 endg. v. 21.11.2003.<br />

Weitere Informationen zu dem Vorschlag sind abrufbar<br />

unter http://europa.eu.int/comm/environment/waste/batteries_index.htm.<br />

2 In der Entscheidung 2000/532/EG über ein Abfallverzeichnis,<br />

ABl. L 226 v. 6.9.2000, 3-24 hat die<br />

Kommission Batterien, die Blei, Cadmium oder<br />

Quecksilber enthalten, als gefährlichen Abfall eingestuft.<br />

3 Richtlinie 91/157/EWG des Rates v. 18.3.1991<br />

über gefährliche Stoffe enthaltende Batterien und<br />

Akkumulatoren, ABl. L 78 v. 26.3.1991, 38-41,<br />

geändert durch die Richtlinie 98/101/EG der Kommission,<br />

ABl. L 1 v. 5.1.1999, 1 f., und ergänzt<br />

durch die Richtlinie 93/86/EWG der Kommission,<br />

ABl. L 264 v. 23.10.1993, 51 f.<br />

4 Richtlinie 2003/122/Euratom des Rates v.<br />

22.12.2003 zur Kontrolle hoch radioaktiver umschlossener<br />

Strahlenquellen und herrenloser<br />

Strahlenquellen, ABl. L 346 v. 31.12.2003, 57-64.<br />

5 Sie werden auch »Orphan-Strahler« genannt. <strong>Das</strong><br />

sind solche Strahlenquellen, die keiner gesetzlichen<br />

Kontrolle unterliegen, entweder weil sie nie<br />

einer solchen Kontrolle unterstellt waren oder<br />

weil die Quelle aufgegeben wurde, verloren gegangen<br />

ist oder verlegt, entwendet oder ohne eine<br />

ordnungsgemäße Benachrichtigung der zuständigen<br />

Behörde oder ohne Unterrichtung des Empfängers<br />

an einen neuen Besitzer weitergegeben<br />

wurde.<br />

6 Richtlinie 96/29/Euratom des Rates v. 13.5.1996<br />

zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen<br />

<strong>für</strong> den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte<br />

und der Bevölkerung vor Gefahren durch ionisierende<br />

Strahlungen, ABl. L 159 v. 29.6.1996, 1-114.<br />

114 ZUR 2/2004


Ohne dass dieser Begriff ausdrücklich im<br />

Text auftaucht, ist die Richtlinie am Konzept<br />

der »Rückverfolgbarkeit« ausgerichtet.<br />

Für die Verwendung einer hoch radioaktiven<br />

Strahlenquelle ist eine vorherige Genehmigung<br />

zwingend vorgeschrieben. Sie<br />

darf nur dann erteilt werden, wenn der Besitzer<br />

7 nachweist, dass die erforderlichen<br />

Maßnahmen <strong>für</strong> eine sichere Handhabung<br />

der Strahlenquelle getroffen wurden. Jede<br />

radioaktive Strahlenquelle ist ordnungsgemäß<br />

zu kennzeichnen; in Begleitunterlagen<br />

ist zu erfassen, wer zu welchem Zeitpunkt<br />

und an welchem Ort in Besitz<br />

welcher Strahlenquelle ist. Der zuständigen<br />

Behörde ist sofort jeder Vorfall oder Unfall<br />

zu melden, der zu einer unbeabsichtigten<br />

Exposition eines Arbeitnehmers oder einer<br />

Einzelperson geführt hat. Die Hersteller,<br />

bei Importen aus Drittländern die Einführer<br />

haben <strong>für</strong> jede Strahlenquelle eine unverwechselbare<br />

Identifizierungsnummer<br />

zuzuteilen und auf der Strahlenquelle einzugravieren.<br />

Zur lückenlosen Kontrolle von Strahlenquellen<br />

sieht die Richtlinie weiter zweierlei<br />

Maßnahmen vor:<br />

– Prävention durch Kontrollen an den Orten,<br />

an denen das Auftauchen von Orphan-Strahlern<br />

am wahrscheinlichsten<br />

ist, sowie Kampagnen zur Wiederauffindung<br />

radioaktiver Strahlenquellen aus<br />

zurückliegenden Tätigkeiten;<br />

– <strong>für</strong> Notfälle klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten<br />

und Festlegung der einzuleitenden<br />

Maßnahmen sowie Bestimmungen<br />

über die Anlastung von Kosten.<br />

Die Mitgliedstaaten haben unverzüglich<br />

mit anderen betroffenen Mitgliedstaaten<br />

oder Drittländern sowie mit den zuständigen<br />

internationalen Organisationen Informationen<br />

im Zusammenhang mit dem<br />

Verlust, der Beseitigung, dem Diebstahl<br />

und der Entdeckung von Strahlenquellen<br />

und den entsprechenden Folgemaßnahmen<br />

oder Untersuchungen auszutauschen<br />

und mit ihnen zusammenzuarbeiten.<br />

C. Sicherheit der Seeschifffahrt<br />

Die Kommission hat im November 2003 ein<br />

Jahr nach der folgenreichen Havarie der<br />

»Prestige« vor der spanischen Küste eine<br />

Schwarze Liste der Schiffe im Amtsblatt veröffentlicht,<br />

denen zwischen dem 22.7.2003,<br />

dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen<br />

der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle<br />

im Rahmen des Pakets Erika-II,<br />

und dem 1.11.2003 das Einlaufen in die<br />

Häfen der EU verweigert wurde. 8 Gemäß<br />

Art. 7b Abs. 1 der Richtlinie 95/21/EG über<br />

die Kontrolle der Schiffe durch den Hafenstaat<br />

9 wird Schiffen, die mehrfach festgehal-<br />

ZUR 2/2004<br />

ten wurden, der Zugang zu den Häfen der<br />

Mitgliedstaaten verweigert. Es handelt sich<br />

um sieben Massengutfrachter, zwei Chemikalientankschiffe<br />

und ein Öltankschiff im<br />

Alter zwischen 25 bis 46 Jahren, die sieben<br />

verschiedenen Flaggenstaaten zuzuordnen<br />

sind.<br />

Zur Warnung hat die Kommission zugleich<br />

eine vorläufige Liste von 143 Schiffen<br />

veröffentlicht, die Gefahr laufen, den Zugang<br />

verweigert zu bekommen, sollten sie<br />

wegen Sicherheitsmängeln erneut in<br />

einem Hafen der EU festgehalten werden. 10<br />

Darunter befinden sich 99 Massengutfrachter,<br />

17 Öltankschiffe und 12 Chemikalientankschiffe.<br />

96 Schiffe bergen ein<br />

sehr hohes, 19 ein hohes Risiko. Von den<br />

betreffenden 18 Flaggenstaaten sind folgende<br />

mit mehr als zehn Eintragungen vertreten:<br />

Türkei: 41, St. Vincent und die Grenadinen:<br />

17, Kambodscha: 15, Panama: 15,<br />

Algerien: 11. Die Untersuchungen in den<br />

Hafenstaaten zielen darauf, dass die Schiffe<br />

den internationalen Umweltschutz- und<br />

Sicherheitsvorschriften entsprechen und<br />

dass den Besatzungen angemessene Lebens-<br />

und Arbeitsbedingungen gewährt<br />

werden.<br />

Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation<br />

(IMO) hat am 4.12.2003 mit einer<br />

Änderung des MARPOL-Übereinkommens 11<br />

<strong>für</strong> Öltankschiffe Bestimmungen eingeführt,<br />

die mit den neuen verschärften Gemeinschaftsbestimmungen<br />

12 vergleichbar<br />

sind. Die neuen Vorschriften treten erst<br />

16 Monate nach ihrer Verabschiedung,<br />

also am 5.4.2005, in Kraft. Folgende Regelungen<br />

sind vorgesehen:<br />

– Die gefährlichsten Erdölerzeugnisse dürfen<br />

nur noch in Doppelhüllen-Öltankschiffen<br />

befördert werden.<br />

– Jeder Küstenstaat kann Einhüllen-Öltankschiffen,<br />

die die neu festgelegten Altersgrenzen<br />

überschritten haben oder die<br />

neuen Anforderungen des MARPOL-<br />

Übereinkommens bezüglich der technischen<br />

Überwachung nicht erfüllen, den<br />

Zugang zu seinen Häfen oder zu den unter<br />

seiner Gerichtsbarkeit stehenden Gebieten<br />

verweigern.<br />

– Bis auf wenige Ausnahmen wird der Betrieb<br />

von Einhüllen-Öltankschiffen ab<br />

dem Jahr 2010 untersagt. Die ausgenommenen<br />

Schiffe müssen neuen und strengeren<br />

wiederkehrenden Inspektionen<br />

unterzogen werden.<br />

– Die Vorschriften zur Überprüfung von<br />

Öltankschiffen zur Bewertung der Struktur<br />

von Einhüllen-Öltankschiffen, die älter<br />

als 15 Jahre sind, werden ausgeweitet<br />

und finden früher als vorgesehen Anwendung.<br />

13<br />

Der IMO-Ausschuss <strong>für</strong> den Schutz der<br />

Meeresumwelt hat alle MARPOL-Vertrags-<br />

Gesetzgebung<br />

parteien aufgefordert, die neuen Vorschriften<br />

über die Seebeförderung der am stärksten<br />

verschmutzenden Ölsorten so schnell<br />

wie möglich anzuwenden.<br />

Der Internationale Code <strong>für</strong> Maßnahmen<br />

zur Organisation eines sicheren<br />

Schiffsbetriebs und die Verhütung von<br />

Meeresverschmutzung (»ISM-Code«) der<br />

IMO soll die Entwicklung einer umfassenden<br />

Sicherheitskultur und des Umweltbewusstseins<br />

in der Seeschifffahrt fördern.<br />

<strong>Das</strong> Sicherheitskonzept des ISM-Code ist<br />

auf alle Arten von Schiffen ausgerichtet.<br />

Nach der »Estonia«-Katastrophe hatte die<br />

EG den ISM-Code zunächst nur <strong>für</strong> alle Ro-<br />

Ro-Fahrgastfährschiffe verbindlich vorgeschrieben.<br />

14 Der ISM-Code sollte in einer<br />

nächsten Stufe entsprechend dem von der<br />

IMO festgelegten Zeitplan <strong>für</strong> alle Unternehmen,<br />

die andere Arten von Schiffen betreiben,<br />

verbindlich vorgeschrieben werden.<br />

Der ISM-Code ist Bestandteil des<br />

Internationalen Übereinkommens zum<br />

Schutz des menschlichen Lebens auf See<br />

(SOLAS). Als Vertragsparteien des SOLAS-<br />

Übereinkommens haben alle EG-Mitgliedstaaten<br />

den ISM-Code akzeptiert und sind<br />

7 Jede natürliche oder juristische Person, die gemäß<br />

dem einzelstaatlichen Recht <strong>für</strong> eine Strahlenquelle<br />

verantwortlich ist; hierzu zählen Hersteller,<br />

Lieferanten und Nutzer von Strahlenquellen,<br />

nicht jedoch Einrichtungen, die <strong>für</strong> die langfristige<br />

Lagerung oder Entsorgung bzw. <strong>für</strong> die Zwischenlagerung<br />

von Strahlenquellen zugelassen<br />

sind.<br />

8 Liste der Schiffe, denen zwischen dem 22.7.und<br />

dem 1.11. 2003 in Anwendung von Artikel 7b der<br />

Richtlinie 95/21/EG vom 19.6.1995 über die Kontrolle<br />

der Schiffe durch den Hafenstaat der Zugang<br />

zu den Häfen der Mitgliedstaaten verweigert wurde,<br />

ABl. C 272 v. 13.11.2003, 16.<br />

9 Richtlinie 95/21/EG des Rates v. 19.6.1995 zur<br />

Durchsetzung internationaler Normen <strong>für</strong> die<br />

Schiffssicherheit, die Verhütung der Verschmutzung<br />

und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an<br />

Bord von Schiffe, die Gemeinschaftshäfen anlaufen<br />

und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten<br />

fahren (Hafenstaatkontrolle), ABl. L 157 v.<br />

7.7.1995, 1-19, zuletzt geändert durch die Richtlinie<br />

2001/106/EG des Europäischen Parlaments<br />

und des Rates v. 19.12.2001, ABl. L 19 v. 22.1.2002,<br />

17-31.<br />

10 Die Liste kann unter http://europa.eu.int/comm/<br />

transport/maritime/safety/index_en.htm eingesehen<br />

werden.<br />

11 Internationales Übereinkommen zur Verhütung<br />

der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MAR-<br />

POL 73/78).<br />

12 Verordnung (EG) Nr. 1726/2003 des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates v. 22.7.2003 zur Änderung<br />

der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 zur beschleunigten<br />

Einführung von Doppelhüllen oder<br />

gleichwertigen Konstruktionsanforderungen <strong>für</strong><br />

Einhüllen-Öltankschiffe, ABl. L 249 v. 1.10.2003, 1-<br />

4. Weitere Angaben unter http://europa.eu.int/<br />

comm/transport/maritime/safety/prestige_en.htm.<br />

13 Vgl. den Überblick unter http://www.imo.org/<br />

Safety/mainframe.asp?topic_id=155 und die<br />

Pressemitteilung über die 50. Sitzung der IMO<br />

vom 1.-4.12.2003 unter http://www.imo.org/<br />

Newsroom/mainframe.asp?topic_id=758&doc_id<br />

=3341.<br />

14 Verordnung (EG) Nr. 3051/95 des Rates v.<br />

8.12.1995 über Maßnahmen zur Organisation<br />

eines sicheren Schiffsbetriebs von Ro-Ro-Fahrgastfährschiffen,<br />

ABl. L 320 v. 30.12.1995, 14-24.<br />

115


Europäisches <strong>Umweltrecht</strong><br />

verpflichtet, ihn auf ihre Schiffe auf Auslandsfahrt<br />

anzuwenden. Die Kommission<br />

hat im Dezember 2003 eine Verordnung<br />

vorgeschlagen, 15 derzufolge der ISM-Code<br />

<strong>für</strong> alle Schiffe verbindlich wird, die die<br />

Flagge eines Mitgliedstaates führen. Ausgenommen<br />

sollen lediglich Kriegs- und Truppentransportschiffe,<br />

Vergnügungsjachten<br />

und Sport- sowie Fischereifahrzeuge sein.<br />

Die vorgeschlagene Verordnung soll eine<br />

ordnungsgemäße, strenge und harmonisierte<br />

Umsetzung des ISM-Codes in allen<br />

EG-Mitgliedstaaten erleichtern. Der ISM-<br />

Code verpflichtet die Schifffahrtsunternehmen,<br />

sichere Betriebsverfahren <strong>für</strong> Vorfälle<br />

und Unfälle einzurichten und eine Meeresverschmutzung<br />

zu verhindern. Der ISM-<br />

Code ist außerdem ein wichtiger Maßstab<br />

<strong>für</strong> die Anerkennung durch die Klassifikationsgesellschaften<br />

und bei den im Rah-<br />

Verordnung (EG) Nr. 2003/2003 des<br />

Europäischen Parlaments und des Rates<br />

v. 13.10.2003 über Düngemittel, ABl. L<br />

304 v. 21.11.2003, 1-194.<br />

Verordnung (EG) Nr. 2032/2003 der<br />

Kommission v. 4.11.2003 über die zweite<br />

Phase des Zehn-Jahres-Arbeitsprogramms<br />

gemäß Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie<br />

98/8/EG des Europäischen Parlaments<br />

und des Rates über das Inverkehrbringen<br />

von Biozid-Produkten und zur Änderung<br />

der Verordnung (EG) Nr. 1896/2000, ABl.<br />

L 307 v. 24.11.2003, 1-8.<br />

Schlussfolgerungen des Rates v.<br />

27.10.2003 zur einer Europäischen Strategie<br />

<strong>für</strong> Umwelt und Gesundheit, ABl.<br />

C 268 v. 7.11.2003, 2-5.<br />

Richtlinie 2003/108/EG des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates v.<br />

8.12.2003 zur Änderung der Richtlinie<br />

2002/96/EG über Elektro- und Elektronikaltgeräte,<br />

ABl. L 345 v. 31.12.2003,<br />

106 f.<br />

Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates v.<br />

16.12.2003 zur Änderung der Richtlinie<br />

96/82/EG des Rates zur Beherrschung<br />

der Gefahren bei schweren Unfällen mit<br />

gefährlichen Stoffen, ABl. L 345 v.<br />

31.12.2003, 97-105.<br />

Entscheidung der Kommission v.<br />

16.12.2003 über die von den Niederlanden<br />

nach Artikel 95 Absatz 4 EG-Vertrag<br />

notifizierten einzelstaatlichen Bestimmungen<br />

zur Verwendung kurzkettiger<br />

Chlorparaffine, ABl. L 1 v. 3.1.2004, 20-<br />

36.<br />

men der Hafenstaatkontrolle regelmäßig<br />

durchgeführten Inspektionen. Die zuständigen<br />

Behörden können einem Schiff die<br />

Ein- und Ausfahrt verweigern, das nicht<br />

über die erforderlichen ISM-Zeugnisse verfügt.<br />

Die vorgeschlagene Verordnung soll<br />

es auch der Europäischen Agentur <strong>für</strong> die<br />

Sicherheit des Seeverkehrs erleichtern,<br />

Maßnahmen zur technischen Zusammenarbeit<br />

im ISM-Bereich durchzuführen.<br />

D. Maßnahmen zur Steigerung<br />

der Energieeffizienz<br />

Die Kommission hat am 1.12.2003 ein Paket<br />

neuer Rechtsvorschriften zur Förderung von<br />

Investitionen zur Förderung der Energieinfrastruktur<br />

16 und der Versorgungssicherheit<br />

sowie zur Energieeinsparung vorgeschlagen.<br />

SONSTIGE RECHTSAKTE, PROGRAMMATISCHE PAPIERE UND MITTEILUNGEN<br />

Verordnung (EG) Nr. 2327/2003 des<br />

Europäischen Parlaments und des Rates<br />

v. 22.12.2003 zur Einrichtung einer auf<br />

Punkten basierenden Übergangsregelung<br />

<strong>für</strong> Schwerlastkraftwagen im Transit<br />

durch Österreich <strong>für</strong> das Jahr 2004 im<br />

Rahmen einer nachhaltigen Verkehrspolitik,<br />

ABl. L 345 v. 31.12.2003, 30-33.<br />

Sonderbericht Nr. 11/2003 über das Finanzierungsinstrument<br />

<strong>für</strong> die Umwelt<br />

(LIFE), zusammen mit den Antworten<br />

der Kommission, ABl. C 292 v.<br />

2.12.2003, 1-27.<br />

Vorschlag <strong>für</strong> eine Richtlinie des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates<br />

über Abfälle (kodifizierte Fassung), KOM<br />

(2003) 731 endg. v. 27.11.2003.<br />

Vorschlag <strong>für</strong> eine Verordnung des<br />

Rates über ein Gemeinschaftsprogramm<br />

zur Erhaltung, Charakterisierung, Sammlung<br />

und Nutzung genetischer Ressourcen<br />

in der Landwirtschaft, KOM (2003)<br />

817 endg. v. 22.12.2003.<br />

Bericht der Kommission an das Europäische<br />

Parlament und den Rat, Zwischenbewertung<br />

der Verordnung (EG)<br />

Nr. 1655/2000 LIFE, KOM (2003) 668<br />

endg. v. 5.11.2003.<br />

Mitteilung der Kommission an den<br />

Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen<br />

Wirtschafts- und Sozialausschuss<br />

und den Ausschuss der Regionen,<br />

Grundlinien zur Nachhaltigkeit des<br />

europäischen Tourismus, KOM (2003)<br />

716 endg. v. 21.11.2003.<br />

Bericht der Kommission gemäß der<br />

Entscheidung Nr. 93/389/EWG des Rates<br />

Der Vorschlag einer Richtlinie des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates zur Endenergieeffizienz<br />

und zu Energiedienstleistungen<br />

17 zielt auf eine jährliche Energieeinsparung<br />

in Höhe von 1 % in allen<br />

Mitgliedstaaten und schafft dazu einen Rahmen<br />

mit gemeinsamen Begriffsbestimmun-<br />

15 Vorschlag <strong>für</strong> eine Verordnung des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates zur Umsetzung des<br />

Internationalen Codes <strong>für</strong> Maßnahmen zur Organisation<br />

eines sicheren Schiffsbetriebs innerhalb<br />

der Gemeinschaft, KOM (2003) 767 endg. v.<br />

11.12.2003.<br />

16 Vorschlag <strong>für</strong> eine Richtlinie des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur<br />

Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung<br />

und von Infrastrukturinvestitionen,<br />

KOM (2003) 740 endg. v. 10.12. 2003; vgl. auch<br />

Mitteilung der Kommission an das Europäische<br />

Parlament und an den Rat, Energieeffizienz und<br />

Versorgungssicherheit, KOM (2003) 743 endg. v.<br />

10.12.2003.<br />

17 KOM (2003) 739 endg. v. 10.12.2003.<br />

über ein System zur Beobachtung von<br />

Treibhausgasen in der Gemeinschaft,<br />

geändert durch die Entscheidung Nr.<br />

99/296/EG, KOM (2003) 735 endg. v.<br />

28.11.2003.<br />

Mitteilung der Kommission an den<br />

Rat und das Europäische Parlament,<br />

Überprüfung der Umweltpolitik 2003.<br />

Konsolidierung der Umweltdimension<br />

nachhaltiger Entwicklung, KOM (2003)<br />

745 endg. v. 3.12.2003.<br />

Bericht der Kommission an den Rat,<br />

Überprüfung der Europäischen Umweltagentur<br />

(EUA), KOM (2003) 800<br />

endg. v. 22.12.2003.<br />

Mitteilung der Kommission an das<br />

Europäische Parlament und den Rat,<br />

Umsetzung der »Bonner Leitlinien«<br />

über den Zugang zu genetischen Ressourcen<br />

und die gerechte und ausgewogene<br />

Beteiligung an den Vorteilen aus<br />

ihrer Nutzung im Rahmen des Übereinkommens<br />

über die biologische Vielfalt,<br />

KOM (2003) 821 endg. v. 23.12. 2003.<br />

Mitteilung der Kommission an den<br />

Rat und das Europäische Parlament, Ein<br />

Jahr nach dem Weltgipfel <strong>für</strong> nachhaltige<br />

Entwicklung: den Verpflichtungen<br />

Taten folgen lassen, KOM (2003)<br />

829 endg. v. 23.112.2003.<br />

Bericht über die Umsetzung der<br />

Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung<br />

der natürlichen Lebensräume sowie der<br />

wild lebenden Tiere und Pflanzen, KOM<br />

(2003) 845 endg. v. 5.1.2004.<br />

116 ZUR 2/2004


gen, Instrumenten sowie methodischen<br />

Zielen und Verpflichtungen <strong>für</strong> den öffentlichen<br />

und privaten Sektor. Pro Jahr ist 1 % des<br />

Energievolumens, das in den vergangenen<br />

fünf Jahren an Endkunden verteilt und/oder<br />

verkauft wurde, einzusparen. Diese Einsparungen<br />

sollen durch Kumulation der Zielvorgaben<br />

der Folgejahre bis einschließlich<br />

2012, längstens jedoch sechs Jahre lang, zunehmen.<br />

Sie müssen in folgenden Sektoren<br />

vorgenommen werden: Haushalte, Landwirtschaft,<br />

gewerblicher und öffentlicher<br />

Sektor, Verkehr und Industrie. Ausgenommen<br />

sind die in Anhang I der Emissionshandelsrichtlinie<br />

2003/87/EG 18 genannten<br />

Anlagen und die in Anhang I der<br />

IVVU-Richtlinie 1996/61/EG 19 genannten<br />

industriellen Aktivitäten sowie die Verkehrsmittel<br />

der Luft- und Seefahrt. Für den öffentlichen<br />

Sektor soll eine erhöhte Einsparquote<br />

von jährlich 1,5 % gelten. Es soll vor allem<br />

durch eine energieeffiziente öffentliche Beschaffung<br />

erreicht werden; da<strong>für</strong> können die<br />

Mitgliedstaaten besondere Leitlinien <strong>für</strong><br />

energieeffiziente Beschaffung anwenden.<br />

Alle Energiearten werden berücksichtigt. Um<br />

bei der Anrechnung auf die Energieeinsparziele<br />

berücksichtigt zu werden, müssen<br />

die Aktivitäten zu überprüf- und messbaren<br />

BUNDESUMWELTRECHT<br />

Malte Kohls / Moritz Reese / Peter Schütte<br />

ZUR 2/2004<br />

Ergebnissen führen, ohne die Umweltauswirkungen<br />

zu erhöhen. Die Kosten der<br />

Energieeinsparmaßnahmen sollen deren<br />

Nutzen nicht übersteigen. Eine nicht abschließende<br />

indikative Liste nennt zahlreiche<br />

<strong>für</strong> Energieeinsparmaßnahmen in Frage<br />

kommende Bereiche und Maßnahmen.<br />

Die Energieversorger und/oder Energieeinzelhandelsunternehmen,<br />

die Elektrizität,<br />

Gas, Fernwärme und/oder Heizöl verkaufen,<br />

müssen Energiedienstleistungen als integralen<br />

Bestandteil der Verteilung und/oder des<br />

Verkaufs von Energie an Kunden anbieten<br />

und aktiv fördern. Sie dürfen die Durchführung<br />

von Energiedienstleistungen und<br />

Energieeffizienzmaßnahmen nicht behindern<br />

und das Entstehen entsprechender<br />

Märkte nicht beeinträchtigen. Die Mitgliedstaaten<br />

sollen sicherstellen, dass geeignete<br />

Qualifikations-, Akkreditierungs- und/oder<br />

Zertifizierungssysteme <strong>für</strong> Marktbeteiligte,<br />

die Energiedienstleistungen erbringen, eingerichtet<br />

werden; Zertifikate sind gegenseitig<br />

anzuerkennen. Die Mitgliedstaaten<br />

haben zu gewährleisten, dass es unabhängige<br />

und qualitativ hochwertige Energieauditsysteme<br />

gibt. In Tarifsystemen enthaltene<br />

Anreize <strong>für</strong> die Erhöhung des Volumens<br />

übertragener Energie sind zu beseitigen. Ver-<br />

Bundesumweltrecht<br />

sorgungsunternehmen ist eine Refinanzierung<br />

<strong>für</strong> Energieeffizienzinvestitionen, die<br />

sie in den Endeinrichtungen ihrer Kunden<br />

vornehmen, zu gestatten. Es ist sicherzustellen,<br />

dass der tatsächliche Energieverbrauch<br />

genau und häufig genug gemessen und die<br />

Abrechnungen informativ und ausreichend<br />

häufig sind. Unbeschadet des gemeinschaftlichen<br />

Beihilferechts soll den Mitgliedstaten<br />

gestattet werden, Fonds einzurichten, die<br />

die Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen<br />

subventionieren und die Entwicklung<br />

eines Marktes <strong>für</strong> Energiedienstleistungen<br />

fördern.<br />

18 ABl. L 275 v. 25.10.2003, 32-46.<br />

19 ABl. L 257 v. 10.10.1996, 26-40.<br />

PD Dr. Josef Falke,<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum <strong>für</strong><br />

Europäische Rechtspolitik an der Universität<br />

Bremen; Anschrift: Universitätsallee, GW 1,<br />

28359 Bremen; jfalke@zerp.uni-bremen.de.<br />

Neueste Entwicklungen im Bundesumweltrecht<br />

Berichtsperiode 1.11.2003. -31.12. 2004<br />

Die Bundes-Umweltgesetzgebung hat in<br />

der Berichtsperiode September/Oktober<br />

2003 kaum wesentliche Neuerungen in<br />

Kraft gesetzt (s. Zusammenstellung im<br />

grauen Kasten). Beherrschendes <strong>Thema</strong> der<br />

Vorbereitungsebene war die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes<br />

(EEG), die<br />

vom Bundeskabinett am 17.12.2003 beschlossen<br />

wurde 1 . Ein erster Schritt zur Novellierung<br />

des EEG wurde durch die seit<br />

dem 1.1.2004 geltende neue Sonnenstrom-<br />

Vergütung getan:<br />

Durch das sog. »Photovoltaik-Vorschaltgesetz«<br />

2 wird die Vergütung <strong>für</strong> Strom aus<br />

solarer Strahlungsenergie in § 8 EEG <strong>für</strong> Anlagen,<br />

die ab dem 1.1.2004 in Betrieb genommen<br />

werden oder die in der Fläche eines<br />

Bebauungsplanes errichtet worden sind,<br />

neu geregelt 3 . Sämtliche Anlagen erhalten<br />

gemäß § 8 Abs. 1 EEG eine Grundvergütung<br />

von 45,7 Cent pro Kilowattstunde. Dies bedeutet<br />

zwar eine Verminderung der Grundvergütung<br />

um etwa fünf Cent gegenüber<br />

der bisherigen Regelungslage in § 8 Abs. 1<br />

EEG a.F.. Allerdings enthält § 8 Abs. 2 EEG<br />

n.F. eine Reihe von Tatbeständen, bei deren<br />

Vorliegen eine Erhöhung der Grundvergütung<br />

eintritt:<br />

– bis zu 11,7 Cent pro Kilowattstunde, wenn<br />

eine Anlage ausschließlich an oder auf<br />

einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand<br />

angebracht ist, und<br />

– ggf. nochmals um fünf Cent pro Kilowattstunde,<br />

wenn eine Solaranlage fassadenintegriert<br />

ist.<br />

Ab dem 1.1.2005 ist die Vergütung de-<br />

gressiv ausgestaltet. Die Mindestvergütungen<br />

vermindern sich dann jährlich um jeweils<br />

fünf Prozent.<br />

1 Gesetzentwurf und Begründung können unter<br />

www.erneuerbare-energien.de/1024 heruntergeladen<br />

werden. Der Gesetzentwurf wird nunmehr<br />

dem Bundesrat zugeleitet. Zum Referentenentwurf<br />

vgl. ZUR 2003, 438.<br />

2 Zweites Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes,<br />

BGBl. I 2003, 3074.<br />

3 Dies ergibt sich aus der Übergangsvorschrift im<br />

neuen § 13 EEG. Satz 1 dieser Vorschrift ist allerdings<br />

etwas kryptisch, da dieser einer Übergangsregelung<br />

<strong>für</strong> Strom aus Anlagen, die »bis zum 31.<br />

Dezember 2003 in Betrieb genommen worden<br />

sind« nach bestimmten Maßgaben regelt, »sofern<br />

die Anlage nach dem 31. Dezember 2003 in Betrieb<br />

genommen worden ist.«<br />

117


Tagungsbericht<br />

Verordnung über Kosten <strong>für</strong> Amtshandlungen<br />

der Bundesanstalt <strong>für</strong> Landwirtschaft<br />

und Ernährung nach § 2 Abs. 2<br />

des Öko-Landbaugesetzes (BLE-ÖLG-Kostenverordnung<br />

– BLEÖLGKostV), BGBl.<br />

I 2003, 2358<br />

Vierte Verordnung zur Änderung der<br />

Verordnung zu den Internationalen Regeln<br />

von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen<br />

auf See, BGBl. I 2003,<br />

2370<br />

Verordnung über das Inverkehrbringen<br />

von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen,<br />

TAGUNGSBERICHT<br />

11. Rostocker Seerechtsgespräch<br />

Nutzungs- und Schutzkonflikte in der Ausschließlichen Wirtschaftszone<br />

(AWZ) – rechtliche Steuerungsmöglichkeiten –<br />

Bereits zum 11. Mal jährte sich am 14.11.2003 das Rostocker Seerechtsgespräch,<br />

das in bewährter Kooperation vom Ostseeinstitut<br />

<strong>für</strong> Seerecht und <strong>Umweltrecht</strong> (OSU) der Universität Rostock, dem<br />

Bundesamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), dem Deutschen<br />

Verein <strong>für</strong> Internationales Seerecht und dem Förderverein<br />

des Ostseeinstituts veranstaltet wurde. Aufgrund der aktuellen<br />

<strong>Thema</strong>tik erfreute sich das diesjährige Seerechtsgespräch unter<br />

dem Aspekt der Nutzungs- und Schutzkonflikte in der Ausschließlichen<br />

Wirtschaftzone (AWZ) mit 140 Teilnehmern wiederum hohen<br />

Interesses in Wissenschaft, Justiz, Verwaltung und Rechtsanwaltschaft.<br />

Der Geschäftsführende Direktor des OSU, Prof. Dr. W. Erbguth,<br />

Universität Rostock, begrüßte in seiner Ansprache die angereisten<br />

Teilnehmer und gab einleitend einen Überblick über den rechtlichen<br />

Gegenstand der Veranstaltung.<br />

Der hieran anschließende erste Vortrag von Prof. Dr. P. Ehlers,<br />

Präsident des BSH, Hamburg, zeigte äußerst anschaulich vor dem<br />

Hintergrund divergierender Nutzungsinteressen wie der Seeschifffahrt,<br />

der Seefischerei, dem Meeresbergbau, der Errichtung von<br />

Anlagen, der Verlegung von Rohrleitungen und Unterwasserkabeln,<br />

der Meeresforschung, der Abfallbeseitigung sowie der militärischen<br />

Nutzung das Nutzungsregime der AWZ auf. Zur Vergegenständlichung<br />

des Ordnungsrahmens untersuchte Ehlers,<br />

inwieweit die jeweilige Nutzung innerhalb der AWZ und des deutschen<br />

Festlandsockels ordnenden Regelungen unterworfen sei.<br />

Die dem Küstenstaat vornehmlich durch das Seerechtsübereinkommen<br />

(SRÜ) eingeräumten funktional begrenzten souveränen<br />

Rechte und Hoheitsbefugnisse fänden ihre Beschränkung in den<br />

so genannten Kommunikationsfreiheiten, d. h. der Freiheit der<br />

Schifffahrt, des Überflugs und der Verlegung von Rohrleitungen<br />

und Kabeln, die innerhalb des nationalen Rechts zu beachten<br />

wären. Sodann legte Ehlers jeweils den völkerrechtlichen Hinter-<br />

118<br />

IN KRAFT GETRETEN:<br />

Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln<br />

(Düngemittelverordnung – DüMV), BGBl. I<br />

2003, 2373<br />

Vierte Verordnung zur Änderung pflanzenschutzrechtlicher<br />

Vorschriften, BGBl. I<br />

2003, 2438<br />

Sechste Schiffssicherheitsanpassungsverordnung,<br />

BGBl. I 2003, 2465<br />

Ausführungsgesetz zu dem Übereinkommen<br />

vom 9.9.1996 über die Sammlung, Abgabe<br />

und Annahme von Abfällen in der<br />

Rhein- und Binnenschifffahrt, BGBl. I 2003,<br />

2642<br />

Verordnung zur Erhebung von Gebühren<br />

bei notifizierungsbedürftigen<br />

Verbringungen von Abfällen durch die<br />

Bundesrepublik Deutschland (Abfallverbringungsgebührenverordnung<br />

– AbfVerbrGebV),<br />

BGBl. I 2003, 2749<br />

Zweites Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes,<br />

BGBl. I<br />

2003, 3074<br />

Zwölftes Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes,<br />

BGBl. I 2003, 3093<br />

grund der einzelnen Nutzungsarten dar, deren Umsetzung in nationales<br />

Recht und zeigte abschließend etwaige Konflikte zu anderen<br />

Nutzungen sowie bestehende Lösungsansätze auf. Resümierend<br />

konstatierte er, dass Prioritätensetzung und Steuerung gerade<br />

bei Nutzungskonflikten allenfalls schwach ausgeprägt seien und<br />

bemängelte weiter, dass es an einem Gesamtkonzept <strong>für</strong> die AWZ<br />

fehle. Im Vordergrund solle nicht der Wettlauf zwischen den verschiedenen<br />

Nutzungs- und Schutzinteressen stehen, als vielmehr<br />

ein übergreifendes Ordnungsinstrument. Dem sei die Bundesregierung<br />

mit der Ausweitung des Raumordungsgesetzes (ROG) auf<br />

die AWZ durch den Gesetzentwurf zum Europarechtsanpassungsgesetz-Bau<br />

(EAG-Bau) ein Stück näher gerückt.<br />

Prof. Dr. M. Gellermann, Osnabrück, beschäftigte sich im Anschluss<br />

mit dem Recht der natürlichen Lebensgrundlagen in der AWZ. Anhand<br />

des von großer Aktualität gekennzeichneten Beispiels der Errichtung<br />

von Offshore-Windparks arbeitete er heraus, welche Vorschriften<br />

im Bereich der AWZ da<strong>für</strong> Gewähr böten, um auf etwaige<br />

Bedrohungslagen zu reagieren oder bestehende Schutzaufgaben zu<br />

erfüllen. Zunächst näherte sich Gellermann mit der Seeanlagenverordnung<br />

(SeeAnlV) dem <strong>für</strong> Offshore-Windenergieanlagen maßgeblichen<br />

Genehmigungsregime. Er rekurrierte vornehmlich auf die<br />

Vorschrift § 3 SeeAnlV, welche in abschließender Weise die <strong>für</strong> Offshore-Windkraftanlagen<br />

zu stellenden materiell-rechtlichen Anforderungen<br />

umschreibe. Um den Schlüsselbegriff der »Gefährdung der<br />

Meeresumwelt« in § 3 S. 1 SeeAnlV einer Konkretisierung zuzuführen,<br />

widmete sich Gellermann den Regelbeispielen des § 3 S. 2 See-<br />

AnlV. Sein Blick ging dabei zum einen auf § 3 S. 2 Nr. 3 SeeAnlV, wonach<br />

einem Windpark die Genehmigung dann zu versagen sei,<br />

wenn sich mit seiner Errichtung die Besorgnis einer »Verschmutzung<br />

der Meeresumwelt« i.S.d. Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 SRÜ verbinde und zum<br />

anderen auf § 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV, wonach die Gefährdung des Vogelzuges<br />

einer Genehmigung entgegenstünde. Der Referent zeigte<br />

ZUR 2/2004


auf, dass die einzelnen Schutzgüter keine klare Umschreibung erfahren<br />

hätten und deshalb den Schlüsselbegriff der »Gefährdung der<br />

Meeresumwelt« nur wenig ausschöpften. Im weiteren Verlauf des<br />

Vortrags wendete er sich dem europäischen Habitatschutz zu. Mit<br />

§ 38 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) habe der Bundesgesetzgeber<br />

eine Vorschrift geschaffen, die zur Unterschutzstellung zu sichernder<br />

Meeresflächen verpflichte. Neben der Pflicht zur FFH-Verträglichkeitsprüfung<br />

begründe die Vorschrift ein Verbot erheblicher<br />

Gebietsbeeinträchtigungen. Gellermann bemängelte jedoch, dass der<br />

Gesetzgeber es versäumt habe, das Verhältnis von Seeanlagenverordnung<br />

und Habitatschutz zueinander zu klären. In Bezug auf das<br />

Artenschutzrecht und die Eingriffsregelung konstatierte er, dass eine<br />

Erstreckung jener Vorschriften auf die AWZ im Zuge der Novellierung<br />

des BNatSchG aus dem Jahre 2002 nicht nachvollzogen wurde.<br />

Im Hinblick auf den Artenschutz könne indes auf Art. 12, 16 FFH-RL<br />

sowie Art. 5, 9 VRL zurückgegriffen werden. Zudem bedürfe mit Einführung<br />

des § 2 a SeeAnlV die Errichtung von Offshore-Windenergieanlagen<br />

einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), sodass unter<br />

Heranziehung von § 6 Abs. 3 Nr. 2 UVPG eine Eingriffsregelung »eigener<br />

Art« zur Anwendung gelange. Zum Abschluss hielt er fest, dass<br />

dem Korrespondenzverhältnis zwischen Nutzung und Schutz des<br />

Meeres im Hinblick auf die Offshore-Windenergienutzung trotz aufgezeigter<br />

Mängel gerade durch die Offenheit und Weite des Schlüsselbegriffs<br />

der »Gefährdung der Meeresumwelt« hinreichend Rechnung<br />

getragen werden könne.<br />

Im Anschluss wandte sich Prof. Dr. K. Ott, Mitglied des Rates von<br />

Sachverständigen <strong>für</strong> Umweltfragen (SRU), Universität Greifswald,<br />

unter dem Aspekt widerstreitender Konfliktsituationen den zentralen<br />

Inhalten der Stellungnahme des SRU zur »Windenergienutzung<br />

auf See« von April diesen Jahres zu. Ott unterstrich zunächst,<br />

dass Wissenschaftler wie Ehlers und Czybulka einen großen Anteil<br />

daran genommen hätten, das Bild von einem unendlichen Meer<br />

aus den Köpfen der Menschen zu verbannen. Insoweit komme<br />

niemand umhin, sich der nüchternen Wahrheit einer bestehenden<br />

Knappheitssituation aufgrund unterschiedlichster Nutzungsarten<br />

zu stellen. Es gelte die Konflikte der Klimaschutzziele auf der<br />

einen und der Naturschutzbelange auf der anderen Seite, im Rahmen<br />

einer Art praktischen Konkordanz entsprechend auszutarieren.<br />

In diesem Zusammenhang wies der Referent schlagwortartig<br />

auf den Atomausstieg, die streitige Zukunft der Kohlenutzung, die<br />

Förderung erneuerbarer Energiequellen durch das Erneuerbare Energiengesetz<br />

(EEG) und die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der<br />

Bundesregierung hin. Die Offshore-Windenergienutzung stelle<br />

eine moderne Konfliktsituation der Umweltpolitik dar, die sich<br />

durch ein legitimes Ziel, den Ehrgeiz eines zügigen Ausbaus, damit<br />

in Zusammenhang stehendem hohen Zeitdruck, aber auch wissenschaftliche<br />

Forschungslücken und Kontroversen auszeichne.<br />

Rechtliche, planerische und ökonomische Dissense seien bei solchen<br />

Vorhaben regelmäßig die Folge. Ott lobte insoweit das abgestufte<br />

Vorgehen des Bundesministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz<br />

und Reaktorsicherheit (BMU), da ein gewichtiges Ziel in der Konfliktminimierung<br />

und –entschärfung zu sehen sei. Um dieser Zielsetzung<br />

weitere Schritte entgegen zu gehen, verwies der Referent<br />

auf die im Rahmen der Stellungnahme des SRU zur Bewertung der<br />

derzeitigen Rechtslage getätigten vier Empfehlungen. Hiernach<br />

solle die Seeanlagenverordnung dahingehend novelliert werden,<br />

dass dem BSH ein Planungs- und Bewirtschaftungsermessen eingeräumt<br />

würde, darüber hinaus sollten die umfänglichen wissenschaftlichen<br />

Begleitforschungen in Verwaltungsvorschriften gebündelt<br />

werden. Zudem sei neben der Ersetzung der<br />

Beschleunigungsregelung durch sanktionsbewehrte Beteiligungsrechte<br />

die Etablierung eines Raumordnungsregimes <strong>für</strong> die AWZ<br />

zu fordern. Positiv hob Ott die Negativplanung durch Ausweisung<br />

von Meeresschutzgebieten hervor und machte auf die am<br />

ZUR 2/2004<br />

Tagungsbericht<br />

12.11.2003 durch den Bundesumweltminister Trittin vorgeschlagenen<br />

zehn Schutzgebiete in den küstenfernen Bereichen von<br />

Nord- und Ostsee aufmerksam, welche im Dezember 2003 in<br />

öffentlichen Anhörungen in Bremen, Stralsund und Rendsburg<br />

erörtert werden sollen. Am Ende seines Vortrages verwies er auf<br />

die Möglichkeit der Ausweisung von Eignungsgebieten <strong>für</strong> Offshore-Windenergieanlagen,<br />

ließ indes offen, ob eine weitergehende<br />

Planung erforderlich werde.<br />

Den Abschluss des Vortragsabends bildete Prof. Dr. W. Erbguth,<br />

Universität Rostock, mit seinen Ausführungen zur Raumordnung<br />

in der AWZ, die insbesondere den jüngst vorgelegten Gesetzesentwurf<br />

zur Änderung des Raumordnungsgesetzes (ROG) betrafen.<br />

Erbguth konstatierte, dass vor dem Hintergrund konfligierender<br />

Nutzungsinteressen zu klären bliebe, was an vorausschauender<br />

räumlicher (Gesamt-)Planung in der AWZ völkerrechtlich zulässig<br />

sei und welche Instrumente die deutsche Rechtsordnung insoweit<br />

bereithielte. Hier<strong>für</strong> richtete er den Blick zunächst auf die völkerrechtlichen<br />

Vorschriften des SRÜ und stellte heraus, dass sich unter<br />

den funktional beschränkten Hoheitsrechten, die den Küstenstaaten<br />

in der AWZ nach dem SRÜ zuständen, keine fänden, die<br />

explizit gesamtplanerische Gestaltungsmöglichkeiten im geographischen<br />

Raum AWZ eröffneten. Im Gefolge des völkerrechtlichen<br />

Auslegungsgrundsatzes der »necessary implication«, demzufolge<br />

eine Vertragspartei zur Erfüllung eines Vertrages erforderliche<br />

Rechte aus dem Vertrag ergänzend herleiten könne, selbst wenn<br />

jene nicht ausdrücklich im Vertragstext statuiert seien, spräche<br />

vieles da<strong>für</strong>, dass den Küstenstaaten eine derartige Kompetenz zukomme.<br />

<strong>Das</strong> SRÜ gestatte jedoch nur eine (gesamt)planerische<br />

Vorabentscheidung, die sich gegenüber den funktional beschränkten<br />

Hoheitsrechten der Küstenstaaten artikuliere. Daran<br />

anschließend widmete sich Erbguth den Handlungsmöglichkeiten<br />

des Bundes und der Länder <strong>für</strong> eine räumliche Gesamtplanung in<br />

der AWZ nach deutschem Recht. In diesem Zusammenhang problematisierte<br />

er zunächst die Anwendbarkeit nationaler Regelungen<br />

innerhalb des Funktionshoheitsraumes, wobei er darlegte,<br />

dass jene Vorschriften solange Geltung beanspruchten, wie sie den<br />

durch das SRÜ limitierten funktionellen Beschränkungen entsprächen.<br />

Sodann problematisierte der Referent die Geltung der<br />

grundgesetzlichen Kompetenzverteilung und stellte heraus, dass<br />

die Zuordnung von legislativen und exekutiven Befugnissen in der<br />

AWZ denselben Regeln folge wie die Kompetenzverteilung innerhalb<br />

des deutschen Staatsgebiets. Rückgriff nehmend auf die<br />

durch das Baurechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts<br />

(BVerfG) aus dem Jahre 1954 getroffenen Voraussetzungen <strong>für</strong><br />

eine Bundesraumordnung müsse sich die zu regelnde Aufgabe im<br />

Zuge einer Kompetenz kraft Natur der Sache zum einen auf das<br />

Bundesgebiet als Ganzes beziehen und zum anderen die Selbstkoordinierung<br />

der Länder keine praktikable Alternative zur Bewältigung<br />

der Aufgabe darstellen. Beide Voraussetzungen sah der Referent<br />

als nicht gegeben an und ging noch einen Schritt weiter,<br />

indem er die Raumordnung in der AWZ nur den Küstenbundesländern<br />

zuschrieb. Im letzten Teil seines Vortrags widmete er sich<br />

den Änderungen des Raumordnungsgesetzes durch den Gesetzentwurf<br />

zum Europarechtsanpassungsgesetz-Bau (EAG-Bau) vom<br />

15.10.2003. Dieser füge neben einer die deutsche AWZ betreffenden<br />

Erstreckungsregelung in § 1 Abs. 1 ROG und einer Ergänzung<br />

des die Umwelt betreffenden Raumordnungsgrundsatzes in<br />

§ 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG um »Meeresgebiete« einen neuen § 18a ROG<br />

ein. Der Vortragende unterstrich, dass der durch Art. 2 Nr. 7 EAG-<br />

BauE in § 18a ROG neu eingeführten Bundesraumordnung eine<br />

vom Vorstehenden grundsätzlich abweichende Sichtweise zugrunde<br />

liege. Der Entwurf nehme nicht nur die gesetzliche Regelung<br />

der Raumordnung in der AWZ <strong>für</strong> den Bund in Anspruch,<br />

sondern weise sie zugleich Bundesstellen zu, nämlich dem Bun-<br />

119


Tagungsbericht<br />

desministerium <strong>für</strong> Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen und dem<br />

ihm nachgeordneten Bundesamt <strong>für</strong> Bauwesen und Raumordnung.<br />

Erbguth kritisierte vor allem die bundeseinheitliche Regelung<br />

vor dem Hintergrund der strengen Voraussetzungen des<br />

Art. 75 Abs. 2 GG und im Speziellen die Neuregelung des<br />

§ 18a Abs. 3 ROG, welcher das Verhältnis der raumordnerischen<br />

Festsetzungen in der AWZ zur Seeanlagenverordnung regele. Er<br />

hielt insoweit die geplante Regelung zur Bundesraumordnung in<br />

der AWZ verfassungsrechtlich <strong>für</strong> nicht haltbar. Trotz dieser Kritik<br />

verwies Erbguth darauf, dass es sich um planerisches Neuland<br />

handele, welches eine sachlich notwendige und vorausschauende<br />

Koordinierung der sich aus der absehbaren Nutzungsintensivierung<br />

in der AWZ ergebenden Konfliktsituationen und Flächenkonkurrenzen<br />

erfordere.<br />

In der sich anschließenden lebhaften Podiumsdiskussion unter<br />

der Leitung von Dr. S. Schlacke, Universität Rostock, bildete vor allem<br />

wegen der anstehenden Novellierung des Raumordnungsgesetzes<br />

der Vortrag von Erbguth hervorragenden »Zündstoff«. Alle<br />

Beteiligten waren sich einig, dass die aufgrund der Begrenztheit<br />

des Raumes »Meer« bestehenden Nutzungskonflikte einer endgültigen<br />

Lösung zugeführt werden müssen. Zum Teil wurde das<br />

Novellierungsvorhaben des Raumordnungsgesetzes durch die<br />

Bundesregierung in seiner derzeitigen Form als ein willkommener<br />

Lösungsansatz begrüßt. Die Parallelproblematik stelle sich ebenso<br />

im Rahmen von § 38 BNatSchG, wo der Bund beispielhaft eine<br />

Vorbildfunktion auch vor dem Hintergrund der desaströsen Ausweisungssituation<br />

von Schutzgebieten im terrestrischen Bereich<br />

27. umweltrechtliche Fachtagung der Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> am 7./8. November<br />

2003 in Leipzig<br />

Zur Eröffnung der 27. umweltrechtlichen Fachtagung der Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> (GfU) begrüßte ihr Vorsitzender Prof. Dr.<br />

Klaus-Peter Dolde die Teilnehmer im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.<br />

Er bedankte sich zunächst beim Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts<br />

Dr. Eckart Hien da<strong>für</strong>, dass auch diesmal die Tagung an<br />

diesem Ort stattfinden dürfe. Dolde wies auch auf die neu gestaltete<br />

Homepage der Gesellschaft (www.gesellschaft-fuer-umweltrecht.de)<br />

sowie auf den neuen Umweltpreis hin, den die Gesellschaft ausgeschrieben<br />

hat (nähere Informationen dazu finden sich auf der o.g.<br />

Webseite).<br />

Der Bundesminister <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />

Jürgen Trittin hob in seiner Grußrede die zentrale Bedeutung der<br />

Themen, insbesondere der Aarhus-Konvention hervor. Der Zugang zu<br />

Umweltinformationen habe eine wesentliche Bedeutung bei der Lösung<br />

von Konflikten. Zum <strong>Thema</strong> Umweltprobleme bei der Zulassung<br />

von Flughäfen verwies er als Beispiel auf die Flughäfen Tempelhof<br />

und Schöneberg, die unter den heutigen Gesichtspunkten nicht<br />

mehr genehmigungsfähig wären.<br />

Im Hinblick auf die von den Wirtschaftsverbänden geforderte Flexibilisierung<br />

des Ordnungsrechts verwies Herr Trittin auf die Querelen<br />

bei der »Neueinführung« z. B. der Emissions-Zertifizierung und des<br />

Dosenpfands. Die durch diese Verbände propagierten Selbstverpflichtungen<br />

seien nicht immer das primär bessere Instrument zur<br />

Zielerreichung und dürften in der Folge nicht zum Abbau der Rechtsstaatlichkeit<br />

führen. Es liege häufig nicht an den Möglichkeiten, sondern<br />

an dem »Wollen« Einzelner. Insofern sollten Selbstverpflichtungen<br />

immer eine klare, rechtsverbindliche Zielsetzung aufweisen,<br />

120<br />

der einzelnen Bundesländer einnehme. Dem wurde jedoch entgegengehalten,<br />

dass der hinter der Novellierung des Raumordnungsgesetzes<br />

stehende gesetzgeberische Wille zwar positiv zu<br />

bewerten sei, die geschaffenen Regelungen aber auf keinen Fall der<br />

Konfliktsituation hinreichend Rechnung getragen hätten. Am<br />

Ende der Diskussion wurde sich dahingehend geeinigt, dass den<br />

bestehenden Kompetenzstreitigkeiten durch Schaffung einer Bundeskompetenz<br />

entgegengewirkt werden könne.<br />

Die Vorträge werden in der Rostocker Schriftenreihe zum Seeund<br />

<strong>Umweltrecht</strong> (<strong>Nomos</strong>-Verlagsgesellschaft) dokumentiert.<br />

Maxi Keller<br />

Maxi Keller<br />

Wiss. Mitarbeiterin am Ostseeinstitut <strong>für</strong> Seerecht und <strong>Umweltrecht</strong> (OSU),<br />

Universität Rostock – Juristische Fakultät, Richard-Wagner-Str. 31, 18119<br />

Rostock-Warnemünde, E-Mail: maxi.keller@jurfak.uni-rostock.de.<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: (See-)Völkerrecht sowie europäisches und nationales<br />

<strong>Umweltrecht</strong> insbesondere Meeresumweltrecht.<br />

Aktuelle Veröffentlichung: Rechtliche Probleme bei der Planung und Genehmigung<br />

von Offshore-Windenergieanlagen im Küstenmeer und der Ausschließlichen<br />

Wirtschaftszone, Traditio et Innovatio 2003, 38f. (zusammen mit<br />

Michael Bohnhoff).<br />

einen Überprüfungsmechanismus enthalten und gesicherte Rechtsfolgen<br />

im Konfliktfall ausweisen. Er stellte dar, dass die Verbände die<br />

Anstrengungen der Regierung zum Klimaschutz unterstützen würden,<br />

insbesondere im Hinblick auf ein Gutachten im Auftrag des BDI,<br />

welches gezeigt habe, dass die Reduzierung von Treibhausgasen nicht<br />

ohne weitere Anstrengungen erreicht werden würde. Insofern verwundere,<br />

dass die Wirtschaftsverbände die Möglichkeiten der Emissions-Zertifizierung<br />

nicht haben wollen.<br />

In seinem Referat »Aarhus-Konvention – Umweltinforationen, Öffentlichkeitsbeteiligung,<br />

Zugang zu den Gerichten« hob Prof. Dr. Thomas<br />

von Dankwitz, Universität Köln, die Steigerung des partizipativen<br />

Demokratieempfindens der Bevölkerung und die Schaffung von<br />

Transparenz hervor. Im Folgenden beschrieb er das »Drei-Säulen-Modell«<br />

der Konvention. Diese stütze sich auf die Säulen »Information«,<br />

»Beteiligung« und »Rechtsschutz«.<br />

Er stellte heraus, dass der durch die erste Säule vermittelte Informationsanspruch<br />

ein Populär-Anspruch sei. Der Anspruch sei<br />

denkbar weit gefasst und erlaube den Zugang zu nahezu sämtlichen<br />

Umweltdaten. Die zweite (»Beteiligungs«-)Säule sehe eine obligatorische<br />

Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit sowie der Öffentlichkeit<br />

mit einem Interesse an der Entscheidung vor. Für Umweltschutzverbände<br />

werde ein solches Interesse nach Art. 2 Nr. 5 der<br />

Konvention aus ihrem Verbandszweck gefolgert. Art. 9 der Konvention<br />

befasse sich mit der dritten Säule, also dem Rechtsschutz bei<br />

Verletzung der Informations- oder Beteiligungsrechte. Nach Art. 9<br />

Abs. 3 richte sich der Zugang zu gerichtlichen Überprüfungsverfahren<br />

wegen einer Verletzung des <strong>Umweltrecht</strong>s der Vertragsparteien<br />

ZUR 2/2004


nach den Bedingungen ihrer internen Rechtsordnungen. Die Europäische<br />

Kommission habe am 24.10.2003 einen Vorentwurf <strong>für</strong><br />

eine Richtlinie zur Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 vorgelegt.<br />

Von Dankwitz hob hervor, dass eine partizipative Demokratie und<br />

ein effektiver Umweltschutz eng miteinander verbunden seien. Die<br />

Transparenz der Umweltinformationen führe zu einer größeren Akzeptanz<br />

gegenüber behördlichen Entscheidungen. Eine ordnungsgemäße<br />

Umsetzung der Aarhus-Konvention lasse erwarten, dass die<br />

häufig nur schwer nachweisbaren Defizite im Umweltbereich künftig<br />

reduziert werden. Er plädierte da<strong>für</strong>, zunächst nur die zwingende<br />

Umsetzung aufgrund der Europäischen Richtlinien anzugehen<br />

und zu einem späteren Zeitpunkt nach ersten Erfahrungen mit den<br />

neuen Regelungen weitere Schritte zu gehen. Mit § 42 Abs. 2 VwGO<br />

verfüge das deutsche Verwaltungsrecht über einen subjektiven<br />

Rechtsschutz, der eine Umsetzung der vorgeschlagenen Richtlinie<br />

zu Art. 9 Abs. 3 der Konvention entbehrlich mache, bzw. diese Umsetzung<br />

bereits vollzogen habe. Die Regelungen der Verbandsklage<br />

erachtete er als ausreichend und sprach sich insofern gegen ihre<br />

Ausweitung aus.<br />

Die Umweltprobleme bei der Zulassung von Flughäfen thematisierte<br />

Prof. Dr. Ulrich Ramsauer, Universität Hamburg. Die Bewältigung<br />

der Umweltprobleme gerade bei Ausbau und Erweiterung vorhandener<br />

Flughäfen vollziehe sich in einem Dickicht von Planungs-, Prüfungs-<br />

und Zulassungsentscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen.<br />

Aus diesem Grund gliederte er seinen Vortrag in die drei Ebenen<br />

Raumordungsplanung, Zulassungsentscheidung und nachfolgende<br />

Entscheidungen.<br />

Wegen ihrer Raumbedeutsamkeit sollten nach seiner Auffassung<br />

die Neuanlage und die wesentliche Änderung von Flughäfen Gegenstand<br />

der landesweiten Raumordnungsplanung sein. Ein Anspruch<br />

bestehe indessen nicht. Eine UVP sei im Raumordnungsverfahren<br />

nicht obligatorisch. Die Durchführung der Anforderungen der SUP-<br />

RL könne angenommen werden. Im Rahmen der Raumordnungsplanung<br />

könnten auch Alternativenstandorte untersucht werden. Regelungen<br />

über eine bundesweite Flughafennetzplanung fehlten bislang.<br />

Auf der Ebene der Zulassungsentscheidungen unterlägen Errichtung<br />

und Betrieb sowie die wesentliche Änderung und Erweiterung<br />

einem Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG. Zur Beurteilung der<br />

Wesentlichkeit sei ein Vergleich des angestrebten Zustandes mit<br />

demjenigen, der aufgrund der bisherigen Genehmigung bestehe oder<br />

zulässig sei, durchzuführen. Die Genehmigung verlaufe in einem<br />

zweispurigen Zulassungsverfahren, wobei sich Prüfungs- und Regelungsumfang<br />

von Genehmigung und Planfeststellung überschneiden<br />

könnten. Jedoch sei die Planfeststellung als Instrument der Anlagenplanung<br />

nicht <strong>für</strong> betriebliche Detailregelungen vorgesehen. Isolierte<br />

Genehmigungen könnten angefochten werden; ein umfassender<br />

Rechtsschutz bestehe nur gegen den Planfeststellungsbeschluss. Die<br />

Planfeststellung habe Konzentrationswirkung, soweit keine betrieblichen<br />

Detailregelungen (z.B. Flugrouten) geregelt würden. Eine Alternativenprüfung<br />

im Rahmen der Planfeststellung komme nur insofern<br />

in Betracht, als dass sich nach Lage der Dinge diese Alternative aufdränge.<br />

<strong>Das</strong> Recht der Zulassung ist nach Auffassung von Ramsauer<br />

stark reformbedürftig. Eine klare Trennung von Regelungen über die<br />

Anlagen und solchen über den Betrieb wäre sinnvoll.<br />

Im Planungsverfahrem kämen als Planungsleitsätze in Frage der besondere<br />

Gebietsschutz gem. §§ 22 ff. BNatSchG, die Bestimmungen<br />

der FFH- und Vogelschutz-RL, die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung<br />

gem. §§ 18 ff. BNatSchG sowie die Umweltverträglichkeitsprüfung.<br />

Im Grundsatz gelte ferner, dass jegliche Beeinträchtigungen<br />

von subjektiven Rechten Dritter zu vermeiden sind. Die Überschreitung<br />

der Erheblichkeitsschwelle insbesondere im Immissionsschutz<br />

sei dabei nach dem Kriterium der immissionsschutzrechtlichen<br />

Zumutbarkeit und nicht an der absoluten Grenze der<br />

Sozialpflichtigkeit des Eigentums auszurichten. Bei Überschreitung<br />

ZUR 2/2004<br />

Tagungsbericht<br />

der Schwelle seien die Eingriffe entschädigungspflichtig. Ein Abwehranspruch<br />

Betroffener komme nur in Frage, soweit ihre Belange in der<br />

Abwägung oder bei der Entscheidung der Schutzvorkehrungen nicht<br />

hinreichend berücksichtigt worden seien. Von der enteignungsrechtlichen<br />

Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses betroffene<br />

Personen könnten insoweit mit einer Anfechtungsklage eine umfassende<br />

Rechtmäßigkeitsprüfung mit dem Ziel der Planergänzung<br />

oder eines ergänzenden Verfahrens erreichen. Naturschutzverbände<br />

könnten auf die Rechtsbehelfe im Rahmen ihrer Verbandsklagemöglichkeit<br />

nach § 61 BNatSchG zurückgreifen.<br />

Neben den Zulassungsfragen von Flughäfen sind in der Praxis die<br />

materiellen Schutzstandards insbesondere die des Immissions- und<br />

des Naturschutzes von übergeordneter Bedeutung. Diesem <strong>Thema</strong><br />

widmete sich Dr. Ulrich Storost, Richter am Bundesverwaltungsgericht,<br />

Leipzig. Provokativ leitete Herr Storost sein Referat ein, indem<br />

er dem Gesetzgeber vorhielt, dass dieser die Gerichte und die dort<br />

rechtsuchenden Bürger bewusst ohne materiellen Maßstab ließe<br />

(Flughäfen sind vom Geltungsbereich des BImSchG ausgeschlossen<br />

und weder das Fluglärmschutzgesetz noch das Luftverkehrsgesetz<br />

sehen besondere Lärmgrenzwerte <strong>für</strong> die Errichtung und Änderung<br />

von Flughäfen vor).<br />

<strong>Das</strong> Bundesverwaltungsgericht habe aus diesem Grund versucht,<br />

einen materiellen Maßstab zu entwickeln. Als Grundlage diene da<strong>für</strong><br />

insbesondere das in § 9 Abs. 2 LuftVG normierte Gebot, dem Unternehmer<br />

im Planfeststellungsbeschluss die Errichtung und Unterhaltung<br />

der Anlagen aufzuerlegen, die <strong>für</strong> das öffentliche Wohl oder zur<br />

Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren<br />

notwendig sind. Dieses der Abwägung entzogene Gebot lasse<br />

keine unzumutbaren Lärmbelastungen durch den Flugbetrieb zu. Die<br />

Zumutbarkeit könne allerdings nur im Einzelfall durch tatrichterliche<br />

Würdigung der individuellen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit<br />

jedes einzelnen betroffenen Grundstücks und seiner Nutzung auf<br />

der Grundlage von Sachverständigengutachten bestimmt werden.<br />

Ein absoluter, genereller Schutzstandard lasse sich dagegen justiziell<br />

nicht begründen<br />

<strong>Das</strong> Fehlen eines gesetzlichen materiellen Schutzstandards im Bereich<br />

des Lärm- und Naturschutzes führe von daher zu erheblicher<br />

Rechtsunsicherheit.<br />

Am Abend lud der Sächsische Staatsminister <strong>für</strong> Umwelt und Landwirtschaft,<br />

Steffen Flath, zu einem Empfang im Bundesverwaltungsgericht<br />

ein.<br />

Am folgenden Tag wurden die Ergebnisse der zuvor fortgesetzten<br />

Fachdiskussionen durch die Moderatoren in Berichten zusammengefasst.<br />

Prof. Dr. Friedhelm Hufen, Universität Mainz, übernahm dieses<br />

<strong>für</strong> den Arbeitskreis »Aarhus-Konvention – Umweltinformation, Öffentlichkeitsbeteiligung,<br />

Zugang zu den Gerichten«. Er stellte dar, dass<br />

der Arbeitskreis ein besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen der<br />

Konvention auf die Verbandsklage gelegt habe. Es bleibe abzuwarten,<br />

wie sich dieses klassische Instrument des Naturschutzrechtes in andere<br />

Umweltmaterien einordnen ließe. Die Konvention sei auf eine<br />

Mobilisierung der Bürger zum Zwecke der Information und Partizipation<br />

gerichtet. Im Rahmen der Diskussion sei auch auf die Bedeutung<br />

der Öffentlichkeitsbeteiligung auf dem Gebiete des Umweltschutzes<br />

in den osteuropäischen Ländern hingewiesen worden.<br />

Dieses wäre ein wichtiges Element bei der Heranführung dieser<br />

Länder an europäische Standards und Rechtsordnungen im Hinblick<br />

auf die Osterweiterung der Europäischen Union. Der Arbeitskreis<br />

habe sich <strong>für</strong> ein »Zerreißen des Netzes des deutschen Verfahrensrechts«<br />

ausgesprochen. Schließlich sei von Diskussionsteilnehmern<br />

vorgetragen worden, dass Länder mit einer umfassenden Verbandsklage<br />

eine hohe Effizienz bei der Umsetzung von Umweltstandards<br />

bei einer geringen Anzahl von Klagen erreicht hätten.<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Koch, Universität Hamburg, hob in seinem<br />

Bericht über die Diskussion im Arbeitskreis »Umweltprobleme bei<br />

121


Buchrezension<br />

der Zulassung von Flughäfen« drei Themenbereiche hervor: Der erste<br />

Themenbereich betrifft die Frage der Alternativenprüfung bzw.<br />

der Bedarfsplanung von Flughäfen. Hier sei einhellig der Wunsch<br />

nach einer stärkeren Partizipation des Bundes laut geworden. Der<br />

Bund müsse – ähnlich der Verkehrswegeplanung – eine Flughafennetzplanung<br />

auf einem hohen Planungsniveau initiieren. Der Planungsgedanke<br />

müsse sich in allen nachgelagerten Planungsebenen<br />

widerspiegeln. Eine Alternativenprüfung auf der Ebene der Planfeststellung<br />

sei nicht sinnvoll. Wie ein solches System im Einzelnen<br />

auszusehen habe, blieb offen.<br />

Der zweite Themenkreis drehte sich um die Frage des Verhältnisses<br />

Planfeststellung und Plangenehmigung. Die Parallelisierung der<br />

beiden Genehmigungsstränge trage nicht zur Vereinfachung bei.<br />

Ein dritter, insbesondere <strong>für</strong> Anwälte interessanter Themenkreis<br />

betraf die Berücksichtigung der Lärmvorbelastung in der Planfeststellung<br />

und insbesondere die Frage, ob es gerechtfertigt ist, wenn belasteten<br />

Nachbarn eines Flughafenprojekts, die schon einem<br />

Grundpegel an Lärm ausgesetzt sind, wegen der bestehenden Vor-<br />

BUCHREZENSION<br />

Rudolf Kiesewetter<br />

Eine fahrleistungsabhängige Lkw-Maut zur Verlagerung des Güterverkehrs<br />

von der Straße auf die Schiene und die Wasserstraße<br />

Entwicklung und rechtliche Begutachtung einer lenkungswirksamen<br />

Straßenbenutzungsabgabe<br />

Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2003, 227 S., 34.- €<br />

Der Dissertation Kiesewetters liegt ein politikgestaltender Ansatz<br />

zu Grunde. Um die Überlastung der Straßen durch den schweren<br />

Güterverkehr und die damit einhergehende Umweltbelastung zu<br />

reduzieren, wird im ersten Teil der Untersuchung eine nach Einschätzung<br />

des Autors verkehrs- und umweltpolitisch lenkungswirksame<br />

Lkw-Maut entworfen. Eine vertiefte ökonomische Herleitung<br />

der lenkungswirksamen Abgabenhöhe wird nicht vorgenommen.<br />

Im Ergebnis be<strong>für</strong>wortet Kiesewetter eine Lkw-Maut auf Bundesfernstraßen<br />

<strong>für</strong> Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht<br />

von mindestens 12 t in Höhe von 0,40 bis 0,60 €/km. Unter umweltpolitischen<br />

Lenkungsgesichtspunkten hätte sich daneben<br />

eine Einbeziehung von Lkws mit einem zulässigen Gesamtgewicht<br />

von unter 12 t angeboten.<br />

Im zweiten Teil der Arbeit wird die Vereinbarkeit der entwickelten<br />

Lkw-Maut mit den verfassungs- und EG-rechtlichen Vorgaben<br />

geprüft. Ausführlich wird die Maut finanzverfassungsrechtlich als<br />

Gebühr eingeordnet, wobei als individuell zurechenbare Leistung<br />

sowohl der Bau, Betrieb und Ausbau der Bundesfernstraßen bzw.<br />

die Duldung der Nutzung dieser Straßen als auch die durch den<br />

Güterverkehr hervorgerufenen externen Kosten erwogen werden.<br />

Der Spielraum <strong>für</strong> die zulässige Gebührenhöhe wird nach gebührenrechtlichen<br />

Grundsätzen aufgezeigt. Der Frage der Verwendung<br />

des Gebührenaufkommens wird in den Varianten einer<br />

Zweckbindung zur Förderung alternativer Verkehrsarten durch<br />

den Haushaltsgesetzgeber, einer Zweckbindung aufgrund des<br />

Fachgesetzes und der Einrichtung eines Sonderfonds nachgegangen.<br />

Daneben wird die Vereinbarkeit der Lkw-Maut mit den<br />

122<br />

belastung weniger Lärmschutz zugestanden wird, als solchen Betroffenen,<br />

die zuvor keine Vorbelastung hinnehmen mussten. Als<br />

Maßstab gelte hier nach ständiger Rechtsprechung, dass dort, wo<br />

Vorbelastungen vorhanden seien, diese bis zur Schwelle des Erträglichen<br />

ausgereizt werden könnten.<br />

Christian Au/Björn Dietrich<br />

Dipl.-Biol. Björn Dietrich, M.S.E.L.<br />

Stipendiat und Doktorand an der Universität Lüneburg, Große Straße 30,<br />

21380 Artlenburg, e-mail: BD@BoekPlan.de<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Landschaftsschutz, Artenschutz, Europäisches <strong>Umweltrecht</strong>.<br />

Christian Au, LL.M.<br />

Rechtsreferendar, Haselnußweg 53, 22175 Hamburg,<br />

e-mail: Christian.Au@hamburg.de<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Abfallrecht, Europäisches <strong>Umweltrecht</strong>, Wasserrecht.<br />

Grundrechten bejaht (Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1<br />

GG). Schließlich werden die sekundärrechtlichen Vorgaben <strong>für</strong><br />

eine Lkw-Maut nach der Verkehrsabgabenrichtlinie (1999/62/EG)<br />

in ihren Grundzügen erörtert und eine beihilfenrechtliche Einordnung<br />

der Verwendung des Gebührenaufkommens <strong>für</strong> alternative<br />

Verkehrsträger vorgenommen.<br />

Die Arbeit Kiesewetters zeigt die Handlungsmöglichkeiten und<br />

-grenzen zur Fortentwicklung der Lkw-Maut auf Grundlage des<br />

geltenden Rechts pragmatisch auf. Der erste Teil der Untersuchung<br />

lässt allerdings eine umweltökonomische Begründung der Lenkungswirksamkeit<br />

der entwickelten Lkw-Maut vermissen. Im zweiten Teil<br />

der Arbeit wird in der Darstellung ein Schwerpunkt auf die jeweilige<br />

Rechtsprechung gelegt und dieser zumeist gefolgt. Hier hätte sich<br />

vielfach eine dogmatische Vertiefung der behandelten Fragen angeboten.<br />

So formuliert Kiesewetter etwa im Rahmen der Diskussion<br />

um die Zulässigkeit von Umweltabgaben keine eigene Position zur<br />

Geltung der Steuerstaatsdoktrin und setzt sich daneben beispielsweise<br />

nicht abstrakt mit der Sperrwirkung von europarechtlichen<br />

Richtlinien auseinander. Dennoch leistet die Untersuchung Kiesewetters<br />

aufgrund ihrer interdisziplinären Ausrichtung und der umfassenden<br />

Prüfung des relevanten Verfassungs- und Europarechts<br />

einen wertvollen Beitrag zur Fortentwicklung des Konzepts der Lkw-<br />

Maut.<br />

Gisela Günter<br />

Regierungsrätin z.A. Gisela Günter<br />

Anschrift: Bundesministerium <strong>für</strong> Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft,<br />

Rochusstr. 1, 53123 Bonn.<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: <strong>Umweltrecht</strong>, Europäische Verkehrspolitik.<br />

Aktuelle Veröffentlichungen: Kfz-Steuer <strong>für</strong> ausländische Lkw – europarechtlich<br />

zulässig?, TransportR 2002, S. 438 f.; Externe Kosten des Straßenverkehrs<br />

und europarechtliches Verursacherprinzip, Diss. 2004 (im Erscheinen).<br />

ZUR 2/2004


BUCHNEUERSCHEINUNGEN<br />

Die nachfolgende Übersicht erfasst, soweit verfügbar,<br />

die umweltrechtliche Literatur des Erscheinungszeitraums<br />

vom 16.10.03 bis zum 15.12.03.<br />

EG- UND INTERNATIONALES<br />

UMWELTRECHT<br />

Bree, Axel:<br />

Harmonization of the Dispute Settlement<br />

Mechanism of the Multilateral Environmental<br />

Agreements and the World Trade<br />

Agreements<br />

2003, 564 S., 58,– €, Erich Schmidt Verlag,<br />

ISBN 2-503-07429-5<br />

In dieser Veröffentlichung wird das Verhältnis<br />

von multilateralen Umweltabkommen und<br />

Welthandelsrecht unter besonderer Berücksichtigung<br />

der Streitbeilegungsmechanismen<br />

untersucht und Vorschläge zur Problemlösung<br />

unterbreitet.<br />

Der erste Teil enthält eine Analyse der bestehenden<br />

materiellen Regelungen und Streitbeilegungsmechanismen<br />

der WTO und der<br />

multilateralen Umweltabkommen sowie der<br />

daraus resultierenden Überschneidungen.<br />

Im zweiten Teil werden insgesamt neun<br />

Streitfälle betrachtet, die den Grenzbereich<br />

Umwelt und Gesundheit/Handel betreffen<br />

und von dem WTO-Streitbeilegungsgremium<br />

entschieden worden sind. Zudem wird ein hypothetischer<br />

Fall dargestellt, der das Verhältnis<br />

der Streitbeilegungsmechanismen im Fall<br />

einer Klage gegen eine durch ein multilaterales<br />

Umweltabkommen vorgeschriebene Maßnahme<br />

illustrieren soll.<br />

Im dritten Teil werden Vorschläge gemacht<br />

und beurteilt, die auf eine Änderung der WTO-<br />

Vereinbarung über Streitbeilegung (DSU) abzielen,<br />

um Umweltbelange besser berücksichtigen<br />

zu können. Schließlich werden Überlegungen<br />

präsentiert, wie das Internationale Umweltregime,<br />

insbesondere dessen Streitbeilegungsmechanismen<br />

und das Verhältnis zwischen WTO<br />

und dem internationalen Umweltregime reformiert<br />

werden kann, um eine Harmonisierung<br />

dieser beiden Bereiche zu erzielen.<br />

Puth, Sebastian:<br />

WTO und Umwelt<br />

Die Produkt-Prozess-Doktrin<br />

2003, 408 S., 89,80 €, Duncker&Humblot,<br />

ISBN 3-428-11150-8<br />

Errata/Amn. der Redaktion: Als Verfasser dieser<br />

Neuerscheinung wurden in ZUR, Heft 1/04,<br />

versehentlich die Herausgeber der Schriftenreihe<br />

angegeben, in der das Werk erschienen ist<br />

(Hamburger Studien zum europäischen und<br />

Internationalen Recht). Zum Inhalt wird auf<br />

die Darstellung in Heft 1/04 verwiesen.<br />

ZUR 2/2004<br />

ALLGEMEINES UMWELTRECHT<br />

Franz, Thorsten:<br />

<strong>Umweltrecht</strong> <strong>für</strong> Sachsen-Anhalt<br />

2003, 310 S., 24,– €,<br />

<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft,<br />

ISBN 3-8329-0250-3<br />

<strong>Das</strong> Lehrbuch ist die bislang einzige Darstellung<br />

des <strong>Umweltrecht</strong>s in Sachsen-Anhalt. Es richtet<br />

sich in erster Linie an Studierende, die etwa als<br />

angehende Juristen, Geografen, Landwirte oder<br />

Umwelttechniker mit dem <strong>Umweltrecht</strong> im<br />

Verlauf ihres Studiums in Berührung kommen.<br />

Den unterschiedlichen Anforderungen dieser<br />

Gruppen an die Tiefe der Darstellung des <strong>Umweltrecht</strong>s<br />

versucht das Buch vor allem dadurch<br />

Rechnung zu tragen, dass die großgedruckten<br />

Textteile einem Kurzkompendium entsprechen<br />

und zusammen mit den kleingedruckten Textteilen<br />

einen Grundriss des gesamten <strong>Umweltrecht</strong>s<br />

ergeben. Dargestellt werden das Allgemeine<br />

sowie das Besondere <strong>Umweltrecht</strong>,<br />

wobei die Kerngebiete Abfall-, Boden-, Gewässer-,<br />

Immissions- und Naturschutzrecht im Vordergrund<br />

stehen, während sonstige Bereiche<br />

nur skizziert werden. Die konsequente Einbeziehung<br />

des sachsen-anhaltinischen Landesrechts<br />

in die Darstellung schließt eine Lücke im<br />

Lehrbuchangebot, da sich die Rechtslage oft<br />

nach Landesumweltrecht beurteilt. In einigen<br />

<strong>Umweltrecht</strong>sbereichen, wie im Gewässer- oder<br />

Naturschutzrecht, sind die unmittelbar vollzugsfähigen<br />

Regelungen weitgehend Landesrecht<br />

oder es gelten, wie im Abfallrecht, zahlreiche<br />

ergänzende Landesregelungen. Zudem<br />

ist der Vollzug von Bundesumweltrecht meist<br />

Ländersache.<br />

Hansmann, Klaus/ Paetow, Stefan/<br />

Rebentisch, Manfred:<br />

<strong>Umweltrecht</strong> und richtliche Praxis.<br />

Festschrift <strong>für</strong> Ernst Kutscheidt<br />

zum 70. Geburtstag<br />

2003, 421 S., 86,– €, Verlag C.H. Beck,<br />

ISBN 3-406-51016-7<br />

Professor Ernst Kutscheidt, Präsident des Verwaltungsgerichts<br />

Köln a.D., ist als Herausgeber<br />

und Autor zahlreicher Publikationen zum <strong>Umweltrecht</strong><br />

hervorgetreten. Hervorzuheben ist<br />

vor allem seine langjährige Tätigkeit als Mitherausgeber<br />

und Autor des Landmann/Rohmer.<br />

Zu Ehren seines 70. Geburtstages am<br />

9.9.2003 versammelt diese Festschrift Beiträge<br />

von 28 namhaften Autoren aus Wissenschaft<br />

und Praxis. Ihre Darstellungen zeichnen ein<br />

Bild des Menschen Ernst Kutscheidt und würdigen<br />

sein wissenschaftliches Werk sowie sein<br />

Wirken als Richterpersönlichkeit. Darüber hinaus<br />

bieten sie ein facettenreiches Bild aktueller<br />

Buchneuerscheinungen<br />

Entwicklungen des deutschen und europäischen<br />

<strong>Umweltrecht</strong>s.<br />

Newig, Jens:<br />

Symbolische Umweltgesetzgebung<br />

Rechtssoziologische Untersuchungen am Beispiel<br />

des Ozongesetzes, des Kreislaufwirtschafts-<br />

und Abfallgesetzes sowie der Großfeuerungsanlagenverordnung<br />

2003, 330 S., 89,80 €, Duncker & Humblot,<br />

ISBN 3-428-11008-0<br />

Anstatt ökologisch relevante Probleme nachhaltig<br />

zu lösen, belässt es der Gesetzgeber oft bei<br />

formelhaften Kompromissen oder Alibi-Vorschriften.<br />

Indem solche »symbolische Gesetzgebung«<br />

ökonomisch ineffizient und umweltpolitisch<br />

wie verfassungsrechtlich fragwürdig<br />

bleibt, wird sie selbst zum Problem. Wie aber<br />

lässt sich dieses empirisch offenlegen? Unter<br />

welchen Voraussetzungen kommt es dazu und<br />

wann nicht?<br />

Ausgehend von der rechtssoziologischen<br />

Unterscheidung »symbolischer« und »instrumenteller«<br />

Dimensionen von Gesetzgebung<br />

legt Jens Newig eine eigene Theorie zur Erklärung<br />

symbolischer Gesetzgebung vor. Sie<br />

stützt sich auf Arbeiten zur Ökonomischen<br />

Theorie der Politik und erlaubt es, empirisch<br />

überprüfbare Hypothesen aufzustellen. Kernbehauptung<br />

ist, dass es umso eher zu symbolischer<br />

Gesetzgebung kommt, je konträrer<br />

sich die gesellschaftlichen Interessen in Bezug<br />

auf die rechtliche Regulierung eines Umweltproblems<br />

verhalten, je höher die Kosten zur<br />

Lösung des Problems liegen und je komplexer<br />

sich der Regelungsgegenstand darstellt. Indem<br />

der Autor den Rational-Choice-Ansatz<br />

zur Erklärung von Gesetzgebungsprozessen<br />

fruchtbar macht, beschreitet er rechtssoziologisches<br />

Neuland.<br />

Im Rahmen seiner empirischen Analyse,<br />

die auch den gesetzgeberischen Intentionen<br />

nachgeht, untersucht der Verfasser das Ozongesetz<br />

und das Gebot zur Abfallvermeidung<br />

im KrW-/AbfG als mutmaßlich symbolische<br />

Gesetzgebungsakte sowie die 13. BImSchV als<br />

Referenzbeispiel mutmaßlich nicht symbolischer<br />

Gesetzgebung. Die Ergebnisse untermauern<br />

die hier vorgeschlagene Theorie symbolischer<br />

Umweltgesetzgebung.<br />

123


Buchneuerscheinungen<br />

Roll, Sebastian:<br />

Zugang zu Umweltinformationen und Freedom<br />

of Information<br />

Überschießende Tendenzen des europäischen<br />

Rechts am Beispiel der Umsetzung der EG-Umweltinformationsrichtlinie<br />

in das englische und<br />

deutsche Recht<br />

2003, 216 S., 62,– €, Duncker & Humblot,<br />

ISBN 3-428-10825-6<br />

Zum Zeitpunkt der Umsetzung der Richtlinie<br />

des Rates der europäischen Gemeinschaften<br />

vom 7.6.1990 über den freien Zugang zu Informationen<br />

über die Umwelt (90/313/EWG)<br />

in die Environmental Information Regulations<br />

1992 und das Umweltinformationsgesetz<br />

war das Verwaltungsverfahren in England<br />

und Deutschland grundsätzlich geheim. Für<br />

das englische und das deutsche Recht hatte<br />

die Transformation dieser Richtlinie demnach<br />

einen Systemwechsel im Umweltbereich zur<br />

Folge, wodurch in der Verwaltungspraxis<br />

beider Länder naturgemäß Abgrenzungsprobleme<br />

auftraten.<br />

Die rechtsvergleichende Untersuchung der<br />

einzelnen Probleme zeigt, dass die mittlerweile<br />

durch die EuGH-Rechtsprechung präzisierten<br />

Vorgaben der Umweltinformationsrichtlinie<br />

derart weitreichend sind, dass sie<br />

auf das allgemeine Verwaltungsrecht ausstrahlen.<br />

Aufgrund dieser überschießenden<br />

Tendenzen stellt sich die Frage, ob nur ein<br />

allgemeines, nicht auf den Umweltbereich beschränktes<br />

Recht auf Zugang zu Verwaltungsinformationen<br />

eine funktionsadäquate Umsetzung<br />

der Umweltinformationsrichtlinie<br />

garantiert. In England wurde mittlerweile der<br />

Freedom of Information Act 2000 erlassen,<br />

der einen Anspruch auf Verwaltungsinformationen<br />

gewährt und im Jahr 2005 in Kraft<br />

treten wird. Die Untersuchung des in der Gesetzesvorlage<br />

Freedom of Information Bill<br />

enthaltenen Regelungsmodells macht deutlich,<br />

dass bereits ein zurückhaltender Paradigmenwechsel<br />

die im englischen Umweltinformationsrecht<br />

bestehenden Probleme<br />

weitgehend entschärft.<br />

Stede, Birgit/ Winter, Stephan:<br />

<strong>Umweltrecht</strong> kompakt: Von der Abwasserverordnung<br />

bis zur Zulassung von Anlagen<br />

Erläuterungen, Fließbilder und Übersichten<br />

2000, 232 S., 39,– €, Fachhochschulverlag,<br />

ISBN 3-931297-41-1<br />

Die sechs Kapitel dieses Buches führen in Form<br />

von Graphiken, Fließbildern und Übersichten<br />

in die Systematik der umweltrechtlichen Vorgaben<br />

ein, einschließlich der Ausnahmeregelungen<br />

in den jeweiligen Vorschriften.<br />

<strong>Das</strong> Buch ermöglicht eine systematische<br />

Einarbeitung in das <strong>Umweltrecht</strong>. Mittels<br />

Hinweisen und Verweisen werden bestimmte<br />

Problembereiche und Auslegungsfragen angesprochen;<br />

die in den Gesetzen bestehenden<br />

124<br />

Querverweise zwischen den einzelnen Rechtsgebieten<br />

werden miteinander verknüpft.<br />

IMMISSIONSSCHUTZRECHT<br />

Franke, Sonja:<br />

Lärmgrenzwerte <strong>für</strong> die Planung<br />

von Verkehrsflughäfen<br />

2003, 265 S., 68,– €, Duncker & Humblot,<br />

ISBN 3-428-11052-8<br />

Die Autorin überprüft kritisch den rechtlichen<br />

Schutz vor Fluglärm an Verkehrsflughäfen.<br />

Kernproblem ist dabei, dass Verkehrsflughäfen<br />

nach dem Luftverkehrsrecht zwar<br />

keinen unzumutbaren Fluglärm verursachen<br />

dürfen, die Zumutbarkeitsschwelle jedoch gesetzlich<br />

nicht normiert ist. Sie muss von<br />

Behörden und Gerichten im Einzelfall festgelegt<br />

werden, was zu Konflikten im Hinblick<br />

auf Rechtssicherheit und –gleichheit führt.<br />

Sonja Franke regt daher an, Lärmgrenzwerte<br />

<strong>für</strong> die Planung von Verkehrsflughäfen zu<br />

schaffen. Sie stellte dabei zunächst die<br />

grundsätzlichen Probleme des Fluglärmschutzes<br />

dar, die in der Komplexität des Lärmphänomens<br />

und der starken politisch-wirtschaftlichen<br />

Komponente des Lärmschutzes<br />

liegen. Unter kritischer Auseinandersetzung<br />

mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts<br />

zur Zumutbarkeitsschwelle<br />

werden dann <strong>für</strong> die Grenzwertsetzung Wertungs-<br />

und Differenzierungskriterien entwickelt,<br />

die einen umfassenden Lärmschutz<br />

unter Ausgleich der widerstreitenden Interessen<br />

ermöglichen sollen.<br />

ATOM- UND ENERGIERECHT<br />

Baur, Jürgen F.:<br />

Aktuelle Entwicklungen im deutschen und<br />

europäischen Energiewirtschaftsrecht<br />

- Problemfelder und Lösungsansätze –<br />

2003, 198 S., 49,– €,<br />

<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft,<br />

ISBN 3-8329-0276-7<br />

Seit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes<br />

1998 ist die Zahl der klärungsbedürftigen<br />

Rechtsfragen um ein Vielfaches gestiegen.<br />

Auf nationaler Ebene stehen zur Zeit vor<br />

allem die Verrechtlichung der Verbändevereinbarungen<br />

und die Novellierung der allgemeinen<br />

Versorgungsbedingungen im Mittelpunkt<br />

der Diskussion. Aber auch die Frage der<br />

Einführung eines Durchleitungstatbestandes<br />

<strong>für</strong> Gas in der Energiewirtschaft ist jüngst in<br />

das Zentrum vertiefter Erörterung gerückt.<br />

Auf europäischer Ebene haben vor allem die<br />

Bestrebungen zu einem gesellschaftsrechtlichen<br />

Unbundling <strong>für</strong> Energieversorgungsunternehmen<br />

zu einer kontrovers und leidenschaftlich<br />

geführten Diskussion geführt. Der<br />

Entwicklung und den aktuellen Problemen<br />

im deutschen und europäischen Energiewirtschaftsrecht<br />

widmen sich die Referenten und<br />

Diskussionsteilnehmer, namhafte Fachleute<br />

aus Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft,<br />

der 31. Jahrestagung des Instituts <strong>für</strong> Energierecht<br />

an der Universität zu Köln. Der vorliegende<br />

Band gibt die auf der Veranstaltung<br />

gehaltenen Vorträge sowie die sich hieran<br />

anschließenden Beiträge aus dem Plenum<br />

wieder und zeichnet ein ausgewogenes Bild<br />

der gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskussion.<br />

BODENSCHUTZ –UND ALTLASTENRECHT<br />

Becker, Bernd:<br />

Bundes-Bodenschutzgesetz<br />

Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen<br />

und zur Sanierung von Altlasten –<br />

BBodSchG –<br />

Loseblattwerk in einem Ordner, 10. Ergänzungslieferung,<br />

Stand: 9/2003, ca. 1.000 S., 81,– €,<br />

Verlag R.S. Schulz,<br />

ISBN 3-796-20464-3<br />

Infolge einiger obergerichtlicher Entscheidungen<br />

musste der gesamte behördliche Zugriff<br />

auf Altlasten oder schädliche Bodenveränderungen<br />

neu erläutert werden, und zwar:<br />

– Klarstellung und Erweiterungen der Zusammenhänge<br />

mit den Sanierungsuntersuchungen<br />

und der Sanierungsplanung nach<br />

§ 13 BBodSchG<br />

– Neubearbeitung der Kostentragungspflichten<br />

der Verantwortlichen nach § 24 Abs. 1<br />

BBodSchG sowie<br />

– Ergänzungen zum Ausgleich in einer<br />

Störermehrheit nach § 24 Abs. 2 BBodSchG.<br />

Weitere Neuerungen in der vorliegenden Ergänzungslieferung<br />

sind:<br />

– Ergänzungen zum Ausgleich von Sonderopfern<br />

der Eigentümer und Inhaber der<br />

tatsächlichen Gewalt nach § 10 Abs. 2<br />

BBodSchG;<br />

– neue Hinweise zu speziellen Methoden und<br />

Verfahren der Ermittlung und Bewertung<br />

von Schadstoffen (in Rn. 66 zu § 2 BBod-<br />

SchG);<br />

– Erläuterungen zum Auf- und Einbringen<br />

von Materialien auf oder in den Boden (§ 6<br />

BBodSchG) erweitert werden und<br />

– Hinweise auf Literatur zur guten fachlichen<br />

Praxis der Landwirtschaft (§ 17 BBodSchG).<br />

ZUR 2/2004


Franzius, Volker/ Wolf, Klaus/ Brandt, Edmund/<br />

Altenbockum, Michael:<br />

Handbuch Altlastensanierung und<br />

Flächenmanagement<br />

Loseblattwerk in 5 Ordnern, 35. Ergänzungslieferung,<br />

Stand 09/2003, 5.686 S., 148,– €,<br />

Hüthig Fachverlage,<br />

ISBN 3-8114-9700-6<br />

Die 35. Ergänzungslieferung dokumentiert die<br />

Aquifersanierung mit durchströmten Reinigungswänden<br />

(Birke/Burmeier/Rosenau), die<br />

monetäre Bewertung von ökologischen Lasten<br />

auf Grundstücken (Großmann/Hilse/Grunewald/Lauerwald)<br />

und das Positionspapier des<br />

Deutschen Städtetages: Strategisches Flächenmanagement<br />

und Bodenwirtschaft (Deutscher<br />

Städtetag).<br />

WASSERRECHT<br />

Erbguth, Wilfried:<br />

Änderungsbedarf im Wasserrecht – zur Umsetzung<br />

europarechtlicher Vorgaben –<br />

Rostocker <strong>Umweltrecht</strong>stag 2002<br />

2003, 79 S., 18,– €, <strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft,<br />

ISBN 3-8329-0113-2<br />

Die Umsetzung der EG-Wasserrahmen-Richtlinie<br />

sowie Privatisierung und Liberalisierungstendenzen<br />

stellen das deutsche Wasserrecht<br />

vor grundlegende Herausforderungen.<br />

Der Band dokumentiert den 10. Rostocker<br />

<strong>Umweltrecht</strong>stag, der vom Ostseeinstitut <strong>für</strong><br />

Seerecht und <strong>Umweltrecht</strong>, Universität Rostock,<br />

und seinem Förderverein unter Schirmherrschaft<br />

des Umweltministers von Mecklenburg-Vorpommern<br />

am 19.4.2002 veranstaltet<br />

wurde. Namhafte Referenten aus der ganzen<br />

Bundesrepublik bezogen vor mehr als 130<br />

Teilnehmern Stellung zu Fragen des Sustainability-Konzepts<br />

im künftigen Wasserrecht<br />

und diesbezügliche Managementregeln, zu<br />

Einschränkungen des gewässerrechtlichen<br />

Bewirtschaftungsermessens, zur Stärkung -<br />

zivilistischer Abwehrrechte, zum Begriff des<br />

Flussgebiets, zur bundesland- und mitgliedstaatenübergreifendenVerwaltungskooperation,<br />

zur Einstufung von Gewässern, zur<br />

Festlegung von Zielen <strong>für</strong> den qualitätsorientierten<br />

Gewässerschutz durch Pflegeund<br />

Entwicklungspflichten, zur Auslegung<br />

der gemeinschaftsrechtlichen Begriffe »erheblich<br />

veränderte Gewässer«, »künstliche<br />

Gewässer« und »Wasserkörper« sowie zur<br />

Liberalisierung der Wasserwirtschaft.<br />

ZUR 2/2004<br />

Moss, Timothy:<br />

<strong>Das</strong> Flussgebiet als Handlungsspielraum<br />

Institutionenwandel durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie<br />

aus raumwissenschaftlichen Perspektiven<br />

2003, 368 S., 25,90 €, Lit Verlag,<br />

ISBN 3-8258-6818-4<br />

Dieser Sammelband beleuchtet Prozesse der<br />

Institutionalisierung von Flussgebietsmanagement<br />

in Gegenwart und Vergangenheit aus<br />

unterschiedlichen raumwissenschaftlichen<br />

Perspektiven und macht auf den weitreichenden<br />

Änderungsbedarf bestehender institutioneller<br />

Arrangements auf lokaler und regionaler<br />

Ebene aufmerksam. Er richtet sich an alle,<br />

die mit strategischen Fragen der Umsetzung<br />

der Wasserrahmenrichtlinie befasst sind oder<br />

regionale Institutionen erforschen.<br />

Sander, Thomas:<br />

Ökonomie der Abwasserbeseitigung<br />

Wirtschaftlicher Betrieb von kommunalen Abwasseranlagen<br />

2003, 320 S., 69,95 €, Springer-Verlag,<br />

ISBN 3-540-00675-3<br />

In diesem Buch werden die relevanten ökonomischen<br />

Fragestellungen der Abwasserbeseitigung<br />

in einheitlicher und praxisbezogener<br />

Form dargestellt. Dies ermöglicht sowohl<br />

dem Anwender in Ingenieurbüro oder Behörde<br />

als auch dem Studierenden, sich in die teilweise<br />

als kompliziert empfundene <strong>Thema</strong>tik<br />

einzuarbeiten bzw. damit umzugehen. Viele<br />

Abbildungen und Rechenbeispiele tragen<br />

zum Verständnis bei. Zur Anwendung kommen<br />

aktuelle Kostendaten, die dem Planer als<br />

konkrete Entscheidungshilfe dienen. Bestandteil<br />

des Buches ist ein Rechenprogramm<br />

auf Excel-Basis, mit dem der Anwender eine<br />

Entscheidungshilfe bei der häufigen Fragestellung<br />

erhält, ob im Bereich der Kanalsanierung<br />

eine Renovierung oder eine Erneuerung<br />

wirtschaftlich vorteilhaft ist.<br />

NATURSCHUTZ- UND<br />

LANDSCHAFTSPFLEGERECHT<br />

Battelfeld, Klaus-Ulrich/ Bornemann, Heino/<br />

Stecher-Löbig, Christine/ Stock, Ernst-Heinrich/<br />

Stühlinger, Peter/ Szymanski, Detlef/<br />

Thiel, Sandra/ Weitzel, Wolfgang:<br />

Hessisches Naturschutzrecht HENatR<br />

Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Naturschutz<br />

und Landschaftspflege in Hessen.<br />

Rechtssammlung und Kommentar<br />

Loseblattwerk in einem Ordner, 12. Ergänzungslieferung,<br />

Stand 09/2003, 1.312 S., 86,– €,<br />

Hüthig Fachverlage,<br />

ISBN 3-8114-0966-2<br />

Die 12. Ergänzungslieferung umfasst eine<br />

Kommentierung des HENatG; neu eingefügt<br />

wurden die Einführung, die Eingriffsregelung,<br />

Buchneuerscheinungen<br />

die Kompensation im Wald und die Muster-<br />

Grünschutz-Satzung.<br />

Marzik, Ulf/ Wilrich, Thomas:<br />

Bundesnaturschutzgesetz<br />

Kommentar<br />

2004, 800 S., 59,- €, <strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft,<br />

ISBN 3-7890-8316-X<br />

Der Kommentar orientiert sich strikt an der<br />

neuen Systematik des umfassend novellierten<br />

Bundesnaturschutzgesetzes. Die Autoren<br />

setzen dabei Schwerpunkte <strong>für</strong> die Praxis der<br />

einzelnen Bundesländer u.a. in den Bereichen<br />

Verhältnis des Naturschutzes zur Land- und<br />

Forstwirtschaft, Biotopverbund, Vertragsnaturschutz,<br />

Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung,<br />

Schutzgebietsausweisungen und<br />

europäisches Netz »Natura 2000«, Verträglichkeitsprüfung<br />

nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie,<br />

Vereinsbeteiligung und –klage und<br />

greifen damit bereits die Umsetzungsverpflichtung<br />

der Länder bis zum Jahr 2005 auf.<br />

Berücksichtigt sind auch die von den Bundesund<br />

Länderministerien, den Landesämtern<br />

<strong>für</strong> Natur- und Umweltschutz sowie die von<br />

den Verbänden herausgegebenen Arbeitshilfen,<br />

Leitfäden und Praxishinweise.<br />

Meßerschmidt, Klaus:<br />

Bundesnaturschutzrecht – Kommentar und<br />

Entscheidungen<br />

Loseblattwerk in 5 Ordnern, 57. Ergänzungslieferung,<br />

Stand 09/2003, 6.238 S., 168,– €, Hüthig<br />

Fachverlage,<br />

ISBN 3-8114-3870-0<br />

Die 57. Ergänzungslieferung enthält eine<br />

Kommentierung von § 21 BNatSchG, eine<br />

Neufassung des Landesnaturschutzgesetzes<br />

Schleswig-Holstein, die VO/EG Nr. 349/2003<br />

sowie aktuelle Entscheidungen.<br />

FACHPLANUNGSRECHT<br />

Jarass, Hans D.:<br />

Die Planfeststellung privater Vorhaben –<br />

Zugleich ein Beitrag zu den Grundlagen der<br />

Planrechtfertigung, der Schutzmaßnahmen<br />

und der Ausgleichsentschädigung<br />

2003, 73 S., 12,– €, Zentralinstitut <strong>für</strong> Raumplanung<br />

an der Universität Münster,<br />

ISBN 3-88497-190-5<br />

Vorhaben, die einer Planfeststellung bedürfen,<br />

werden traditionell zumeist von der öffentlichen<br />

Hand getragen. Dies prägt den juristischen<br />

Umgang mit dem Institut der<br />

Planrechtfertigung. Gerade in jüngerer Zeit<br />

nimmt aber die Bedeutung privater Vorhabensträger<br />

ständig zu. <strong>Das</strong> führt zu Problemen<br />

und Unsicherheiten, weil die juristische<br />

Analyse des Instituts der Planfeststellung sich<br />

immer noch an öffentlichen Trägern orientiert.<br />

Gelten bei privaten Trägern die gleichen<br />

Vorgaben und Anforderungen wie bei Vorha-<br />

125


Buchneuerscheinungen<br />

ben der öffentlichen Hand oder sind Abweichungen<br />

geboten? Vor Ausgleichsentschädigung<br />

stellt sich diese Frage. Generell ist<br />

klärungsbedürftig, welche Rolle die Unterscheidung<br />

privatnütziger und anderer Vorhaben<br />

spielt. Um eine gesicherte Antwort zu finden,<br />

analysiert die Studie Bedeutung und<br />

Voraussetzungen der Planrechtfertigung, der<br />

Schutzmaßnahmen und der Ausgleichsentschädigung<br />

in allgemeiner Form. Dabei werden<br />

auch Erkenntnisse gewonnen, die <strong>für</strong> die<br />

Planfeststellung öffentlicher Träger bedeutsam<br />

sind. Daneben werden naturgemäß die<br />

Sonderfragen der privaten Träger behandelt.<br />

Schoen, Hendrik:<br />

Die Planfeststellung zwischen Kontrollerlaubnis<br />

und Planungsentscheidung – Zur Dogmatik<br />

eines janusköpfigen Rechtsinstituts<br />

2003, 398 S., 31,– €, Zentralinstitut <strong>für</strong> Raumplanung<br />

an der Universität Münster,<br />

ISBN 3-88497-188-3<br />

Kaum ein anderes Rechtsgebiet wird so durch<br />

die Rechtsprechung geprägt wie das Planfeststellungsrecht.<br />

Neben der jedenfalls ursprünglich<br />

geringen Dichte der gesetzlichen Regelungen<br />

lassen sich als Gründe hier<strong>für</strong><br />

insbesondere die immensen Auswirkungen<br />

von planfestgestellten Großvorhaben auf die<br />

Menschen, auf die Bodennutzung sowie auf<br />

Natur und Landschaft anführen. Diese Auswirkungen<br />

führen dazu, dass Planfeststellungsbeschlüsse<br />

gerade mit Blick auf das Eigentumsgrundrecht<br />

oder auch das Naturschutzrecht<br />

immer wieder den Gegenstand von Entscheidungen<br />

des Bundesverwaltungsgerichts bilden.<br />

Der dogmatische Ausgangspunkt der Rechtsprechung,<br />

der allen diesen Entscheidungen zu<br />

Grunde liegt, ist in einem fundamentalen bundesverwaltungsgerichtlichen<br />

Urteil aus dem<br />

Jahr 1975 zum Neubau eines Teilabschnitts der<br />

Bundesstraße 42 zu finden. In diesem Urteil<br />

wird ausgeführt, dass der Planfeststellungsbehörde<br />

eine sogenannte planerische Gestaltungsfreiheit<br />

zustehe. Begründet wird dieser<br />

Ansatz im Wesentlichen mit einer Parallele zu<br />

der bereits zuvor entwickelten Dogmatik des<br />

Bauplanungsrechts.<br />

Noch ein weiteres Spezifikum des Planfeststellungsrechts<br />

hat die Rechtsprechung der<br />

Dogmatik des Bauplanungsrechts entliehen,<br />

nämlich die These, dass sich die planerische<br />

Gestaltungsfreiheit wesensmäßig vom herkömmlichen<br />

Rechtsfolgenermessen unterscheide.<br />

Während das Rechtsfolgenermessen<br />

durch einen konditionalen Normaufbau gekennzeichnet<br />

werde, herrsche im gesamten<br />

Planungsrecht – und damit auch im Planfeststellungsrecht<br />

– eine finale Normstruktur vor.<br />

Trotz vereinzelter Kritik in der Literatur<br />

sind die Kernaussagen zur rechtlichen Stellung<br />

der Planfeststellungsbehörde und zum<br />

Wesen der planerischen Gestaltungsfreiheit<br />

126<br />

in der Rechtsprechung weitgehend unverändert<br />

geblieben. Nur ganz gelegentlich klingt<br />

in gerichtlichen Entscheidungen an, dass es<br />

eigentlich der Vorhabenträger sei, dem die so<br />

genannte planerische Gestaltungsfreiheit zustehe.<br />

In der vorliegenden Untersuchung wird anhand<br />

eines grundlegenden Vergleichs herausgearbeitet,<br />

wie sich die Planfeststellung und<br />

die Plangenehmigung einerseits von anderen<br />

Zulassungsentscheidungen und andererseits<br />

von vorgelagerten Planungsentscheidungen,<br />

mit denen keine unmittelbare Vorhabenzulassung<br />

einhergeht, unterscheiden. Dabei wird<br />

deutlich, dass eine an sich gebundene Zulassung<br />

wie zum Beispiel die immissionsschutzrechtliche<br />

Genehmigung weitaus mehr Parallelen<br />

zur Planfeststellung aufweist, als das<br />

bisherige dogmatische Verständnis der Rechtsprechung<br />

vermuten lässt. Umgekehrt werden<br />

wesentliche Divergenzen zwischen dem Bauplanungs-<br />

und dem Planfeststellungsrecht<br />

sichtbar, so dass auch der ursprüngliche Begründungsansatz<br />

des Bundesverwaltungsgerichts<br />

<strong>für</strong> die Einordnung der Planfeststellung<br />

ins Wanken gerät. Auf diese Weise nimmt die<br />

Untersuchung der Planfeststellung viel von<br />

ihrem vermeintlichen Zauber.<br />

SONSTIGES<br />

Jänicke, Martin/ Kunig, Philip/ Stitzel, Michael:<br />

Lern- und Arbeitsbuch Umweltpolitik<br />

Politik, Recht und Management des Umweltschutzes<br />

in Staat und Unternehmen<br />

2003, 456 S., 15,20 €, Verlag J.H.W. Dietz<br />

Nachf. GmbH,<br />

ISBN 3-8012-0319-0<br />

<strong>Das</strong> vorliegende Buch ist eine profunde interdisziplinäre<br />

Einführung in alle Fragen zum<br />

<strong>Thema</strong> Umwelt aus den Bereichen Politik,<br />

Recht, Wirtschaft und Management. Es geht<br />

von den umweltpolitischen Verhältnissen in<br />

Deutschland aus und stellt sie in die Zusammenhänge<br />

einer globalisierten Welt. Die Autoren<br />

analysieren die rechtlichen Grundlagen,<br />

Optionen und Perspektiven und zeigen<br />

dabei die Bedingungen, Chancen und Grenzen<br />

einer Umweltorientierung von Unternehmen<br />

auf. <strong>Das</strong> Lern- und Arbeitsbuch Umweltpolitik<br />

ist leicht verständlich geschrieben<br />

und richtet sich an ein breites Publikum.<br />

Schaubilder, Übersichten, Querverweise, typographisch<br />

hervorgehobene Begriffsdefinitionen<br />

sowie ein Glossar im Anhang ergänzen<br />

das informative Werk.<br />

Stoll, Tobias:<br />

Sicherheit als Aufgabe von Staat und Gesellschaft<br />

Verfassungsordnung, Umwelt- und Technikrecht<br />

im Umgang mit Unsicherheit und Risiko<br />

2003, 560 S., 109,– €, Mohr Siebeck,<br />

ISBN 3-16-147871-1<br />

Tobias Stoll untersucht das Verfassungs-, Umwelt-<br />

und Technikrecht mit Blick auf das Risiko-<br />

und Risikoverwaltungsrecht und auf die<br />

Frage, wie die Aufgabe der Gewährleistung<br />

von Sicherheit zwischen Staat und Gesellschaft<br />

verteilt ist. Er untersucht den Bereich<br />

der inneren Sicherheit, den Arbeitsschutz, das<br />

Anlagen-, Atom- und Gentechnikrecht sowie<br />

das Recht der Produktsicherheit mit dem Lebensmittel-<br />

und Arzneimittelrecht. Dabei<br />

geht er von zwei aktuellen sich schneidenden<br />

verfassungsrechtlichen Diskussionslinien aus.<br />

Einerseits werden mit einem als Staatsaufgabe<br />

formulierten Begriff der Sicherheit Pflichten<br />

und Befugnisse des Staates akzentuiert. Andererseits<br />

werden Zweifel an der Steuerungsund<br />

Leistungsfähigkeit des Staates laut. Sie<br />

führen zur Forderung nach einer Verlagerung<br />

von Aufgaben auf die Gesellschaft und ihre<br />

Mitglieder.<br />

ZUR 2/2004


ZEITSCHRIFTENSCHAU<br />

Die nachfolgende Übersicht erfasst die umweltrechtliche<br />

Aufsatzliteratur des Erscheinungszeitraumes<br />

bis zum 15.12.2003. Sie schließt unmittelbar<br />

an die <strong>Zeitschrift</strong>enschau in ZUR 1/04 an.<br />

Einzelne Abweichungen sind durch die Erscheinungsweise<br />

und Erreichbarkeit der <strong>Zeitschrift</strong>en<br />

bedingt. (Siehe hierzu die Liste auf der letzten Seite<br />

des Heftes)<br />

In folgenden Rubriken wurden keine Veröffentlichungen<br />

im Berichtszeitraum nachgewiesen:<br />

Gefahrstoff- und Produktrecht.<br />

Verfahrens- und Verfassungsrecht<br />

Bodewig, Thomas: Die offene Methode der Koordinierung<br />

in der EU, der Lissabon-Prozess und der<br />

Verfassungskonvent. EuZW 2003, S. 513.<br />

Bönsel, André/Hönig, Dietmar: Kritische Analyse<br />

der Klagemöglichkeiten der Naturschutzvereine.<br />

NuR 2003, S. 677-679.<br />

Huber, Peter M.: <strong>Das</strong> institutionelle Gleichgewicht<br />

zwischen Rat und Europäischem Parlament in der<br />

künftigen Verfassung <strong>für</strong> Europa. EuR 2003, S. 574-<br />

599.<br />

Meyer, Jürgen/Hölscheidt, Sven: Die Europäische<br />

Verfassung des Europäischen Konvents. EuZW<br />

2003, S. 613-621.<br />

Schwarze, Jürgen: Ein pragmatischer Verfassungsentwurf<br />

– Analyse und Bewertung des Entwurfs eines<br />

Vertrages über eine Verfassung <strong>für</strong> Europa. EuR<br />

2003, S. 535-573.<br />

Tettinger, Peter J.: Ein Schritt in die richtige Richtung,<br />

aber... – Anmerkungen zum Konventsentwurf<br />

eines Vertrages über eine Verfassung <strong>für</strong> Europa.<br />

NWVBl. 2003, S. 414-417.<br />

Wägenbaur, Bertrand: Die Europäische Verfassung,<br />

(k)ein Platz <strong>für</strong> abendländliche Werte? EuZW 2003,<br />

S. 609.<br />

Wuermeling, Joachim: Europa neu verfassen – Zum<br />

Stand der Arbeiten des EU-Verfassungskonvents.<br />

BayVBl. 2003, S. 193-195.<br />

Recht der UVP<br />

Schink, Alexander: Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

– Verträglichkeitsprüfung – naturschutzrechtliche<br />

Eingriffsregelung – Umweltprüfung. NuR 2003, S.<br />

647-654.<br />

Stollmann, Frank: Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

im Bauplanungsrecht. NuR 2003, S. 596-592.<br />

EG- und Internationales<br />

<strong>Umweltrecht</strong><br />

Delvaux, Bram: Shout to the Top: Environmental<br />

Liability of Companies and Directors under Belgian<br />

and UK Law. EELR 2003, S. 273-283.<br />

Jans, Jan H./von der Heide, Ann-Kathrin: Lückenhafter<br />

Individualrechtschutz im Europäischen <strong>Umweltrecht</strong><br />

– Eine Bestandsaufnahme der Rechtssprechung<br />

des EuGH. ZUR 2003, S. 390-394.<br />

Meißner, Christian/Köppel, Johann: Umwelt .und<br />

Naturschutz in Russland – Recht und Umsetzung im<br />

Transformationsprozess. NuL 2003, S. 468-475.<br />

ZUR 2/2004<br />

Peine, Franz-Joseph/Samsel, Anna: Die Europäisierung<br />

des <strong>Umweltrecht</strong>s und seine deutsche Umsetzung.<br />

EWS 2003, S. 297-308.<br />

Seiichi, Tomako/Gakuin, Seinan: Zu den Entwicklungstendenzen<br />

des japanischen <strong>Umweltrecht</strong>s.<br />

UPR 2003, S. 411-415.<br />

Unnerstall, Herwig: Der Schutz von Auen nach der<br />

EU-Wasserrahmenrichtlinie und dem Bundesnaturschutzgesetz<br />

– ein Vergleich. NuR 2003, S. 667-<br />

677.<br />

Umweltprivatrecht<br />

Agena, Carl-August: Verkehrssicherungspflichten in<br />

der freien Landschaft. NuR 2003, S. 654-663.<br />

Nickel, Thomas/Kopf, Hannes: Abwasserbeseitigung<br />

in privater Hand? ZUR, S. 401-407.<br />

Umweltstrafrecht<br />

Beckemper, Katharina/Wegner, Carsten: Der Anfallbegriff<br />

– Geltung des § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrW-<br />

/AbfG im Abfallstrafrecht. wistra 2003, S. 281-285.<br />

Hager, Günter: Haftung <strong>für</strong> reine Umweltschäden.<br />

NuR 2003, S. 581-585.<br />

Leifer, Christoph: Der Richtlinienentwurf zur Umwelthaftung:<br />

internationaler Kontext, Entstehung<br />

und öffentlich-rechtliche Dimension. NuR 2003, S.<br />

598-605.<br />

Mackenthun, Matthias/Jaeschke, Lars: Der sorglose<br />

Umgang mit Asbest und dessen strafrechtliche<br />

Sanktion. ZUR 2003, S. 408-410.<br />

Allgemeines <strong>Umweltrecht</strong><br />

App, Michael: Neue Rechtsentwicklungen zur Anerkennung<br />

von Rückstellungen <strong>für</strong> umweltgerechtes<br />

Verhalten von Gewerbebetrieben. GewArch<br />

2003, S. 417.<br />

Hendler, Reinhard: Die bundesverwaltungsgerichtliche<br />

Rechtsprechung zur regionalplanerischen<br />

Steuerung der Windkraftnutzung. UPR 2003, S.<br />

401-406.<br />

Reinbolz, Andreas/Plieninger, Tobias/Konold, Werner:<br />

Wald oder Weidfeld? Einfache Feld- und Archivmethoden<br />

zur Analyse der Landschaftsgeschichte<br />

des Schwarzwalds. NuL 2003, S. 463-467.<br />

Sieben, Peter: Was bedeutet Nachhaltigkeit als<br />

Rechtsbegriff? NVwZ 2003, S. 1173-1176.<br />

Welge, Axel: Aktiver Umweltschutz verbessert die<br />

Lebensqualität. Städtetag 2003, Heft 10, S. 43-46.<br />

Winkler, Martin: Die neue Betreiberpflicht, Klimaschutz<br />

und Emissionshandel. ZUR, S. 395-400.<br />

Immissionsschutzrecht<br />

Möckel, Stefan: Möglichkeiten Deutschlands zur<br />

Reduzierung der Rußemissionen von Dieselfahrzeugen.<br />

UPR 2003, S. 377-382.<br />

Reuter, Alexander: Grund- und Grundrechtsmängel<br />

des CO2-Emissionshandels in der EU. RdE 2003, S.<br />

262-268.<br />

Vierhaus, Hans-Peter/Körner, Raimund: Handel mit<br />

Treibhausgasemissionsrechten: EU-Richtlinienent-<br />

<strong>Zeitschrift</strong>enschau<br />

wurf, Umsetzung und Problemschwerpunkte. DB<br />

2003, S. 2587-2589-<br />

Atom- und Energierecht<br />

Herrmanns, Caspar David: Planungssicherheit im<br />

Energiewirtschaftsrecht. DVBl. 2003, S. 1255-1256.<br />

Kühne, Gunther: Versagungsermessen und Atomausstieg.<br />

DVBl. 2003, S. 1361-1365.<br />

Kuxenko, Michael: Zum Verhältnis von Wettbewerb<br />

und Gemeinwohlzielen im Energiewirtschaftsgesetz.<br />

UPR 2003, S. 373-377.<br />

Lecheler, Helmut/Gundel, Jörg: Ein weiterer Schritt<br />

zur Vollendung des Energie-Binnenmarktes: Die Beschleunigungs-Rechtsakte<br />

<strong>für</strong> den Binnenmarkt <strong>für</strong><br />

Strom und Gas. EuZW 2003, S. 621-628.<br />

Gentechnikrecht<br />

Dederer, Hans-Georg: Verfahrenskonkretisierung<br />

im Verfassungsneuland: das Stammzellengesetz. JZ<br />

2003, S. 986-994.<br />

Enders, Christoph: Würde- und Lebensschutz im<br />

Konfliktfeld von Biotechnologie und Fortpflanzungsmedizin.<br />

Jura 2003, S. 666-674.<br />

Verkehrsrecht<br />

Koch, Hans-Joachim/Wieneke, Annette: Umweltprobleme<br />

des Luftverkehrs. NVwZ 2003, S. 1153-<br />

1168.<br />

Abfallrecht<br />

Beckmann, Martin/Gesterkamp, Stefan: Vergaberechtliche<br />

Aspekte der kommunalen Gemeinschaftsarbeit<br />

in der Abfallwirtschaft (2). AbfallR<br />

2003, S. 279-284.<br />

Dörr, Oliver: Zu den gesetzlichen Grenzen gewerblicher<br />

Hausmüllverwertung (§ 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 3<br />

KrW-/AbfG). DÖV 2003, S. 838-846.<br />

Krahnefeld, Lutz: Anforderungen des Abfallrechts<br />

an die Stilllegung von Siedlungsabfalldeponien. AbfallR<br />

2003, S. 262-269.<br />

Lenz, Carl Otto/Ebsen, Peter: Die Abfallwirtschaft in<br />

der Rechtssprechung des Gerichtshofes der Europäischen<br />

Gemeinschaften. EWS 2003, S. 345-355.<br />

Lepsius, Oliver: Vom Abfall zum Produkt. NVwZ<br />

2003, S. 1182-1188.<br />

Neun, Andreas/ Stevens, Berthold: Nebenerzeugnisse<br />

und Produktionsrückstände des Kraftwerks-<br />

Betriebs – Produkte oder Abfälle? AbfallR 2003,<br />

S. 292-298.<br />

Oexle, Anno: <strong>Das</strong> Verhältnis von EG-Abfallverbringungsverordnung<br />

und EG-Vertrag nach der Entscheidung<br />

DaimlerChrysler. AbfallR 2003, S. 284-<br />

289.<br />

Queitsch, Peter: Die Gewerbeabfall-Verordnung im<br />

Blickwinkel der Rechtssprechung. AbfallR 2003,<br />

S. 289-292.<br />

Siederer, Wolfgang/Nicklas, Cornelia: Vollzugsprobleme<br />

der Abfallablagerungsverordnung und der<br />

Deponieverordnung. AbfallR 2003, S. 269-274.<br />

Spengler, Peter: Flexibilisierung der Anforderungen<br />

an die Oberflächenabdichtung von Hausmülldeponien.<br />

AbfallR 2003, S. 274-279.<br />

127


<strong>Zeitschrift</strong>enschau<br />

Werres, Stefan: Der Vorladebeschluss des OVG<br />

Rheinland-Pfalz zur grenzüberschreitenden Verbringung<br />

von Abfällen zur Verwertung: Gemeinschaftsrechtliche<br />

Analyse. UPR 2003, S. 424-426.<br />

Bodenschutz- und Altlastenrecht<br />

Peine, Franz-Joseph: Die Kritik am Bundes-Bodenschutzgesetz<br />

– nach fünf Jahren revisited. UPR<br />

2003, S. 406-410.<br />

Wrede, Sabine: Die bodenschutzrechtliche Konzernhaftung<br />

nach BBodSchG im Lichte der »Bremer<br />

Vulkan«-Entscheidung des BGH. NuR 2003, S. 593-<br />

598.<br />

Wasserrecht<br />

Ehlers, Peter: Grundgesetz und Meer. NordÖR<br />

2003, S. 385-391.<br />

Reinhardt, Michael: Retentionsflächen und Eigentum<br />

– Zur wasserrechtlichen Planfeststellung von<br />

Deichverlegungen. ZfW 2003, S. 193-212.<br />

Naturschutz- und Landschaftspflegerecht<br />

Frenz, Walter: Naturschutzrechtliche Rahmenbedingungen<br />

der Wismut-Sanierung. LKV 2003,<br />

S. 441-446.<br />

Ausgewertete <strong>Zeitschrift</strong>en<br />

AcP = Archiv <strong>für</strong> die civilistische Praxis 5/03 – AbfallR = Abfallrecht 6/03<br />

AfK = Archiv <strong>für</strong> Kommunalwissenschaften 3/03 – AgrarR = Agrarrecht<br />

11/03 – AKP = Alternative Kommunalpolitik 6/03 – altlasten-spektrum<br />

5/03 – AnwBl = Anwaltsblatt 11/03 – AöR = Archiv des öffentlichen<br />

Rechts 3/03 – ARSP = Archiv <strong>für</strong> Rechts- und Sozialphilosophie 4/03 –<br />

AVR = Archiv des Völkerrechts 3/03 – BauR = Baurecht 11/03 – BayVBl. =<br />

Bayerische Verwaltungsblätter 22/03 – BB = Betriebs-Berater 48/03 –<br />

BodSch = Bodenschutz 4/03 – CMLR = Common Market Law Review<br />

6/03 – DB = Der Betrieb 49/03 – DÖV = Die öffentliche Verwaltung<br />

22/03 – DVBl. = Deutsches Verwaltungsblatt 22/03 – DVP = Deutsche<br />

Verwaltungspraxis 12/03 – DZWiR = Deutsche <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Wirtschaftsrecht<br />

10/03 – EELR = European Environmental Law Review<br />

12/03 – EJIL = European Journal of International Law 4/03 – ELNI = ELNI-<br />

Newsletter 2/03 – ELR = European Law Review 5/03 – et = Energiewirtschaftliche<br />

Tagesfragen 12/03 – EuGRZ = Europäische Grundrechte-<strong>Zeitschrift</strong><br />

17-20/03 – EuR = Europarecht 4/03 – EuZW = Europäische<br />

<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Wirtschaftsrecht 23/03 – EWS = Europäisches Wirtschafts-<br />

& Steuerrecht 11/03 – GewArch = Gewerbearchiv 10/03 – ImmSch =<br />

Immissionsschutz 3/03 – JA = Juristische Arbeitsblätter 11/03 – JEL = Journal<br />

of European Law — Winter 03 – JEPP = Journal of European Public<br />

Policy 5/03 – JR = Juristische Rundschau 11/03 – Jura = Juristische Ausbildung<br />

11/03 – JuS = Juristische Schulung 11/03 – JZ = Juristenzeitung<br />

22/03 – KA = KA-Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall 12/03 – KGVR =<br />

KGV-Rundbrief 3/03 – KJ = Kritische Justiz 3/03 – KritV = Kritische Vierteljahresschrift<br />

<strong>für</strong> Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 2/03 – LKV =<br />

Landes- und Kommunalverwaltung 10/03 – MDR = Monatsschrift <strong>für</strong><br />

Deutsches Recht 22/03 – MM = Müllmagazin 3/03 – Müll&Abf = Müll<br />

und Abfall 11/03 – NdsVBl. = Niedersächsische Verwaltungsblätter<br />

10/03 – NJ = Neue Justiz 11/03 – NJW = Neue Juristische Wochenschrift<br />

49/03 – NordÖR = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> norddeutsches öffentliches Recht<br />

10/03 – NStZ = Neue <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Strafrecht 11/03 – NuL = Natur und<br />

Landschaft 12/03 – NuR = Natur und Recht 11/03 – NVwZ = Neue Zeit-<br />

128<br />

Hönes, Ernst-Rainer: Denkmalpflege und Naturschutz<br />

am Beispiel historischer Gärten in Nordrhein-Westfalen.<br />

VR 2003, S. 375-382.<br />

Jessel, Beate/Szaramowicz, Martin: Methodische<br />

Bausteine zur Umsetzung naturschutzfachlicher Anforderungen<br />

in regionalen Flächenpools. NuL<br />

2003, S. 516-526.<br />

Kracht, Volker/Morissey, Christoph/Schenk, Winfried:<br />

Naturschutz und historische Kulturlandschaft – zur<br />

Integration geschichtlicher Aspekte in Planung und<br />

Management von Naturschutzgebieten. NuL 2003,<br />

S. 527-533.<br />

Louis, Hans Walter/Weihrich, Dietmar: <strong>Das</strong> Verhältnis<br />

der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung zu<br />

den speziellen Artenschutzverordnungen der FFHund<br />

der Vogelschutzrichtlinie. ZUR 2003, S. 385-<br />

398.<br />

Meyer, Frank/Brozio, Fritz/Ghasche, Jan/ Münch<br />

Albrecht: Naturschutz und Teichwirtschaft –<br />

Bewertungs- und Planungsansätze des Naturschutzgroßprojekts<br />

« Teichgebiete Niederspree-<br />

Hammerstadt« (Sachsen). NuL 2003, S. 445-454.<br />

Netz, Joachim: <strong>Das</strong> Grundstückverkehrsgesetz und<br />

Flächenansprüche des Naturschutzes und Umweltschutzes.<br />

NuR 2003, S. 663-667.<br />

Piechocki, Reinhard: Die »Stiftung Naturschutzgeschichte«<br />

auf dem Drachenfels. NuL 2003, S. 534-<br />

540.<br />

Rosenthal, Gert: Bedeutung evolutionsbiologischer<br />

Prozesse <strong>für</strong> Landschaftsplanung und Naturschutz.<br />

NuL 2003, S. 497-506.<br />

Fachplanungsrecht<br />

Repkewitz, Ulrich: Kettenkonzentration – ein Phantom?<br />

– Zur Reichweite der Konzentrationswirkung<br />

in der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung (§ 9<br />

Abs. 1 LuftVG). UPR 2003,S. 420-423.<br />

Sonstiges<br />

Glinski, Carola/Rott, Peter: Umweltfreundliches<br />

und ethisches Konsumverhalten im harmonisierten<br />

Kaufrecht. EuZW 2003, S. 649-654.<br />

Jeinsen, Ulrich: Die Agrarreform 2003 – Konsequenzen<br />

<strong>für</strong> die Vertragsgestaltung. AgrarR 2003,<br />

S. 293-297.<br />

Jung, Steffen: Planänderungsabsicht als Ermessenserwägung<br />

im Rahmen der Befreiungsentscheidung.<br />

BauR 2003, S. 1509-1512.<br />

Kukk, Alexander: Über den Antennen ist Ruh´ –<br />

Hilflosigkeit kommunaler Planung gegenüber<br />

Mobilfunk-Antennenwäldern. BauR 2003, S. 1505-<br />

1509.<br />

Riemer, Boris: Spediteur und Lagerhalter als<br />

Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer. TransportR<br />

2003, S. 332-333.<br />

schrift <strong>für</strong> Verwaltungsrecht 11/03 – NWVBl. = Nordrhein-Westfälische<br />

Verwaltungsblätter 11/03 – NZBau = Neue <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Baurecht und<br />

Vergaberecht 12/03 – NZS = Neue <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Sozialrecht 11/03 –<br />

NZV = Neue <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Verkehrsrecht 11/03 – osteuR = osteuropa-<br />

Recht 5/03 – RdE = Recht der Energiewirtschaft 11/03 – Rechtstheorie<br />

= <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Logik, Methodenlehre, Normentheorie und Soziologie<br />

des Rechts 4/03 – RIW = Recht der internationalen Wirtschaft 6/03 –<br />

RJE = Revue Juridique de l’ environnement 4/03 – Sächs.VBl. = Sächsische<br />

Verwaltungsblätter 11/03 – Staat = Der Staat 3/03 – Städtetag =<br />

Der Städtetag 10/03 – StuG = Stadt und Gemeinde 11/03 – StV = Strafverteidiger<br />

11/03 – ThürVBl. = Thüringische Verwaltungsblätter 11/03<br />

– TransportR = Transportrecht 10/03 – UPR = Umwelt- und Planungsrecht<br />

12/03 – UVP-Report = UVP-report 11/03 – VBlBW = Verwaltungsblätter<br />

Baden-Württemberg 11/03 – VersR = Versicherungsrecht<br />

34/03 – Verw = Die Verwaltung 3/03 – VerwArch. = Verwaltungs-Archiv<br />

4/03 – VR = Verwaltungsrundschau 11/03 – WiRO = Wirtschaft und<br />

Recht in Osteuropa 11/03 – wistra = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Wirtschaft Steuer<br />

Strafrecht 9/03 – WiVerw = Wirtschaft und Verwaltung 4/03 – ZaöRV =<br />

<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 3/03 –<br />

ZAU = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Angewandte Umweltforschung 3/03 – ZEuP = <strong>Zeitschrift</strong><br />

<strong>für</strong> Europäisches Privatrecht 4/03 – ZEuS = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Europarechtliche<br />

Studien 3/03 – ZfB = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Bergrecht 3/03 – ZfBR =<br />

<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> deutsches und internationales Baurecht 8/03 – ZfRS = <strong>Zeitschrift</strong><br />

<strong>für</strong> Rechtssoziologie Juli 03 – ZfU = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Umweltpolitik<br />

und <strong>Umweltrecht</strong> 3/03 – ZfW = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Wasserrecht 4/03 – ZG =<br />

<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Gesetzgebung 3/03 – ZIP = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Wirtschaftsrecht<br />

48/03 – ZLR = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> das gesamte Lebensmittelrecht 3/03 – ZLW<br />

= <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Luft- und Weltraumrecht 3/03 – ZNER = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong><br />

Neues Energierecht 4/03 – ZRP = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Rechtspolitik 11/03 –<br />

ZStW = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> die gesamte Strafrechtswissenschaft 3/03 – ZUR<br />

= <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> Sonderheft 6/03<br />

ZUR 2/2004


Bundesnaturschutzgesetz<br />

Planungsvorhaben und Bauprojekte sind nicht realisierbar, ohne dass widerstreitendes<br />

Naturschutzrecht zu prüfen ist. Die Instrumente zur Verwirklichung von Naturschutz<br />

sind reichhaltig: konkreter Schutz bestimmter Gebiete, allgemeiner Schutz der gesamten<br />

Landschaft, Planungsverfahren, vorsorgliche Einbeziehung von Naturschutzinteressen.<br />

Zum ersten Mal seit seinem Erlass ist wegen der rasch fortschreitenden Rechtsentwicklung<br />

das BNatSchG umfassend novelliert worden. Der Kommentar stellt die<br />

zahlreichen Neuregelungen dar und erläutert die alten Vorschriften unter Heranziehung<br />

der bisher hierzu veröffentlichten Rechtsprechung und Literatur.<br />

Die Autoren setzen dabei Schwerpunkte <strong>für</strong> die Praxis der einzelnen Bundesländer u.a.<br />

in den Bereichen<br />

■ Verhältnis des Naturschutzes zur Land- und Forstwirtschaft<br />

■ Biotopverbund<br />

■ Vertragsnaturschutz<br />

■ Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung<br />

■ Schutzgebietsausweisungen und europäisches Netz »Natura 2000«<br />

■ Verträglichkeitsprüfung nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie<br />

■ Vereinsbeteiligung und -klage<br />

und greifen damit die bis zum April 2005 zu erfüllenden Umsetzungsverpflichtungen<br />

der Länder auf.<br />

Impressum<br />

Herausgeber und Redaktion:<br />

Verein <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> e.V. c Große Fischerstr. 5 c 28195 Bremen c<br />

Tel. 0421/33 54 143 c Fax: 0421/33 54 141 c<br />

E-Mail: zur-bremen@t-online.de<br />

Schriftleitung:<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Koch c Prof. Dr. Wolfgang Köck c<br />

Dr. Moritz Reese c Dr. Sabine Schlacke<br />

Redaktion:<br />

Dr. Katja Böttger – Prof. Dr. Christian Calliess – Priv. Doz. Dr.<br />

Andreas Fisahn – RA Dr. Harald Ginzky – Carola Glinski –<br />

Dr. Ekkehard Hofmann – Jan Karstens – Dr. Malte Kohls –<br />

Dr. Silke R. Laskowski – Christian Maaß – RA Dr. Peter Schütte –<br />

Prof. Dr. Bernhard Wegener – Dr. Cornelia Ziehm<br />

Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Prof. Dr. Wolfgang Köck<br />

Verlag:<br />

<strong>Nomos</strong>-Verlagsgesellschaft c Waldseestr. 3-5 c 76520 Baden-Baden c<br />

Telefon (07221) 2104-0 c Fax: (07221) 2104-27<br />

Satz und Layout: <strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />

Vertrieb und Aboverwaltung: <strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />

Abo-Service: Tel. 07221/2104-39 Fax: 07221/2104-43.<br />

Erscheinungsweise der ZUR: 6 Ausgaben pro Jahr.<br />

Bestellungen und Bezugspreise: Bestellungen richten Sie bitte an die<br />

<strong>Nomos</strong>-Verlagsgesellschaft. <strong>Das</strong> Abo beginnt bei Bestellung. <strong>Das</strong> Abo<br />

ZUR 2/2004<br />

Ulf Marzik / Thomas Wilrich<br />

Bundesnaturschutzgesetz<br />

Kommentar<br />

<strong>Nomos</strong><br />

<strong>Nomos</strong><br />

76520 Baden-Baden<br />

Bundesnaturschutzgesetz<br />

Kommentar<br />

Von Ulf Marzik, Dozent FU Berlin und<br />

RA Dr. Thomas Wilrich<br />

2004, XXX, 770 S., geb., 59,– €,<br />

ISBN 3-7890-8316-X<br />

kann bis zum 30. September eines Jahres gekündigt werden, ansonsten<br />

verlängert es sich um ein Kalenderjahr. Ein ZUR-Jahresabonnement kostet<br />

<strong>für</strong> Mitglieder des Vereins <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> 99,– €, <strong>für</strong> Nichtmitglieder<br />

134,– €. Studenten-Abo: Für Mitglieder des Vereins <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong><br />

49,– €, <strong>für</strong> Nicht-Mitglieder 89,– €. (Bitte Studienbescheinigung einsenden).<br />

Alle Preise verstehen sich incl. MwSt. zzgl. Versand. Preisänderungen<br />

bleiben vorbehalten. Bezahlung bitte nach Rechnungserhalt. Bitte teilen<br />

Sie Adressänderungen mit, da die ZUR nicht von einem postalischen<br />

Nachsendeauftrag erfaßt wird. Bankverbindung: Sparkasse Baden-<br />

Baden, Konto.-Nr. 5002266, BLZ 66250030, Postbank, Konto.-Nr.<br />

73636-751, BLZ 66010075, Volksbank Baden-Baden, Konto.-Nr.<br />

107806, BLZ 66290000 Manuskripte: Einsendungen <strong>für</strong> den Aufsatzund<br />

Berichtsteil werden an die Schriftleitung (Prof. Dr. Wolfgang Köck,<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, Tel.:<br />

0341/235-3140, Email: wolfgang.koeck@ufz.de) oder an die angegebene<br />

Redaktionsadresse erbeten. Für Manuskripte, die unaufgefordert eingesandt<br />

werden, wird keine Haftung übernommen. Die Annahme zur Veröffentlichung<br />

muß schriftlich erfolgen. Copyright: Die ZUR und die darin<br />

enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. <strong>Das</strong> gilt auch <strong>für</strong><br />

die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und Leitsätze, soweit sie vom<br />

Einsender oder von der Redaktion erarbeitet oder redigiert worden sind.<br />

Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist<br />

ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig. <strong>Das</strong> gilt insbesondere <strong>für</strong><br />

Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung<br />

in elektronischen Systemen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />

geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />

V


22. UND 23. MÄRZ 2004<br />

Köln<br />

Liberalisierung in der Wasserwirtschaft?<br />

Fachtagung in Kooperation von:<br />

Deutsches Institut <strong>für</strong> Urbanistik , DST, VKU<br />

Kann die Ressource Wasser liberalisiert werden<br />

wie Strom, Gas oder Telekommunikation?<br />

Sind nicht vielmehr Wasserver- und<br />

Abwasserentsorgung regional gebunden und<br />

auch technische sowie qualitative Aspekte<br />

zu berücksichtigen?<br />

Privatisierungs- und Liberalisierungsbe<strong>für</strong>worter<br />

setzen im Kern bei der kommunalen<br />

Verantwortung an, die bei Wasser und Abwasser<br />

zwar unterschiedlich ausgeprägt ist,<br />

aber als Wettbewerbshemmnis beseitigt<br />

werden soll: Derartige Monopole seien ineffektiv,<br />

sie verhinderten wettbewerbsfördernde<br />

Strukturen und damit Weltmarktchancen<br />

einer deutschen Wasserwirtschaft.<br />

Die Gegner machen dagegen vor allem geltend,<br />

dass Trinkwasser das Lebensmittel<br />

Nr. 1 ist, dessen bisherige Qualitätsstandards<br />

nach der Liberalisierung durch eine staatliche<br />

Regulierung und Kontrolle gesichert<br />

werden müssten. »Wettbewerb im Markt«<br />

und »Wettbewerb um den Markt« erfordern<br />

auch Lösungen ökonomischer und ökologischer<br />

Probleme, die nicht durch pauschale<br />

Verweise auf das Vertrauen in die Marktkräfte<br />

übergangen werden können. Zudem<br />

wird der Zusammenhang zwischen <strong>Das</strong>einsvorsorge,<br />

kommunaler Selbstverwaltung<br />

und kommunalwirtschaftlicher Betätigung<br />

bisher zu wenig beachtet. Folgende Schwerpunkte<br />

sind zu diskutieren:<br />

– Welche Erfahrungen wurden in anderen<br />

europäischen Ländern gemacht? Was<br />

kann Deutschland daraus lernen?<br />

– Inwieweit ist zu be<strong>für</strong>chten, dass durch die<br />

Liberalisierung in Zukunft Gesundheitsund<br />

Umweltbelange privaten Gewinninteressen<br />

untergeordnet werden?<br />

– Welche Anforderungen sind aus Sicht der<br />

Kommunen und kommunalen Unternehmen<br />

an eine Modernisierung der Wasserwirtschaft<br />

zu stellen?<br />

– Können durch die Intensivierung interkommunaler<br />

Kooperationen in den Regionen<br />

Effizienzsteigerungen und damit auch<br />

Kostenvorteile erzielt werden?<br />

– Welche Interessenkonflikte bestehen zwischen<br />

Kommunen und Unternehmen?<br />

Wie können sie gelöst werden?<br />

Anmeldung: Deutsches Institut <strong>für</strong> Urbanistik,<br />

Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin,<br />

Rosa Hackenberg, Tel.: 030/39001-259, email:<br />

hackenberg@difu.de, Bettina Leute,<br />

Tel.: 030/39001-258, e-mail: leute@difu.de.<br />

Weitere Informationen: www.difu.de.<br />

VI<br />

Termine:<br />

22. UND 23. APRIL 2004<br />

Berlin<br />

Die neue Europäische Union und die Umweltpolitik<br />

Die Europäische Union wird größer. Am 1.<br />

Mai 2004 treten zehn neue Länder dem<br />

Staatenbund bei, der damit auf 25 Mitglieder<br />

wächst. Neben Zypern und Malta gehören<br />

acht mittel- und osteuropäische Staaten zu<br />

den Beitrittsländern, weshalb auch von der<br />

Osterweiterung der EU gesprochen wird.<br />

Niemand bezweifelt, dass Europa in vielerlei<br />

Hinsicht Veränderungen bevorstehen. Doch<br />

welche Folgen hat die Erweiterung <strong>für</strong> die<br />

Umweltpolitik in den neuen und den alten<br />

Ländern?<br />

Als das führende unabhängige Umweltforschungsinstitut<br />

widmet sich das Öko-Institut<br />

e.V. bei seiner internationalen Jahrestagung<br />

diesem <strong>Thema</strong>.<br />

WissenschaftlerInnen des Instituts sowie<br />

zahlreiche ReferentInnen werden in Vorträgen,<br />

Workshops und Diskussionen die<br />

Osterweiterung aus umweltpolitischer Sicht<br />

behandeln. Wie entwickelt sich die europäische<br />

Energie- und Klimapolitik? Können die<br />

Beitrittsländer die Umweltstandards der EU<br />

erfüllen? Eines der großen Konfliktfelder ist<br />

der Agrarbereich. Welche Rolle spielt dabei<br />

der Einsatz von Gentechnik? Werden die<br />

Möglichkeiten <strong>für</strong> eine strengere europäische<br />

Umweltpolitik durch die Erweiterung<br />

größer oder ist das Gegenteil der Fall?<br />

Auf diese und viele weitere Fragen erhalten<br />

die TeilnehmerInnen bei der Tagung Antworten.<br />

Der Blick soll dabei nicht nur von<br />

West nach Ost gehen, sondern auch in die<br />

entgegengesetzte Richtung.<br />

Anmeldung: Öko-Institut e.V., Geschäftsstelle<br />

Freiburg, Postfach 6226, 79038 Freiburg,<br />

Romy Klupsch, Tel.: 0761 / 45 2 95 – 0,<br />

Fax: 0761 / 47 54 37, e-mail: event@oeko.de,<br />

Internet: www.oeko.de/veranstaltungen.htm.<br />

22. UND 23. APRIL 2004<br />

Leipzig<br />

9. Leipziger <strong>Umweltrecht</strong>s-Symposion<br />

»Rechtliche Aspekte des vorbeugenden<br />

Hochwasserschutzes«<br />

Am 22. und 23. April 2004 veranstaltet das<br />

Institut <strong>für</strong> Umwelt- und Planungsrecht der<br />

Universität Leipzig zusammen mit dem<br />

Sächsischen Staatsministerium <strong>für</strong> Umwelt<br />

und Landwirtschaft, der Stadt Leipzig, dem<br />

UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-<br />

Halle und dem Hochwasserforschungszentrum<br />

Dresden sein 9. Leipziger <strong>Umweltrecht</strong>ssymposion,<br />

das dem <strong>Thema</strong> »Rechtliche<br />

Aspekte des Hochwasserschutzes«<br />

gewidmet ist. Erörtert werden der aktuelle<br />

Diskussionsstand des Hochwasserschutzrechts<br />

in Bund und Ländern (MinR Dallhammer,<br />

Dresden), umweltrechtliche Fragen<br />

bei der Durchführung des Hochwasserschutzes<br />

(Prof. Dr. Köck und RA Prof. Dr.<br />

Dammert, beide Leipzig), enteignungsrechtliche<br />

und staatshaftungsrechtliche Aspekte<br />

des Hochwasserschutzes (Prof. Dr. Reinhardt,<br />

Trier), fachplanungsrechtliche und<br />

raumordnungsrechtliche Bezüge (RA Prof.<br />

Dr. Stüer, Münster/Osnabrück), Finanzierungsfragen<br />

einschließlich abgabenrechtlicher<br />

Probleme (RA Prof. Dr. Salzwedel,<br />

Köln/Bonn) und Probleme des grenzüberschreitenden<br />

Hochwasserschutzes (MinR<br />

Malek, Bonn). Am zweiten Tagungstag ist<br />

eine Podiumsdiskussion zum <strong>Thema</strong> »Hochwasserschutz<br />

– aber wie?« mit Vertretern<br />

der Hochwasserforschung, der Administration,<br />

der Planungspraxis, der Versicherungswirtschaft,<br />

der Kommunen, der Landwirtschaft<br />

und des Naturschutzes geplant.<br />

<strong>Das</strong> Direktorium des Instituts <strong>für</strong> Umweltund<br />

Planungsrecht der Universität lädt, zugleich<br />

auch im Namen der Mitveranstalter,<br />

sehr herzlich zur Teilnahme an dem Symposion<br />

ein.<br />

Anmeldungen bis zum 13. April 2004 an die<br />

Universität Leipzig, Juristenfakultät, Institut<br />

<strong>für</strong> Umwelt- und Planungsrecht, Prof. Dr.<br />

Martin Oldiges, Postfach 10 09 20, 04009<br />

Leipzig, Fax 0341/9735139, e-mail: upr@unileipzig.de<br />

erbeten.<br />

Weitere Informationen erhalten Sie unter<br />

www.uni-leipzig.de/upr bzw. telefonisch unter<br />

0341/9735130.<br />

7. – 9. JUNI 2004<br />

Berlin<br />

Steuerungsmöglichkeiten kommunaler Umweltpolitik<br />

im »Konzern Stadt«<br />

Kommunale Unternehmen waren und sind<br />

ein wichtiges Instrument zur Umsetzung<br />

politischer Ziele in Kommunen. Insbesondere<br />

mit Unternehmen in den »klassischen«<br />

Aufgabenbereichen kommunaler <strong>Das</strong>einsvorsorge<br />

wie Energie und Wasser sowie<br />

ÖPNV wurden auch umweltpolitische Zielsetzungen<br />

verfolgt. So wären kommunale<br />

Energieversorger wichtige Akteure zur Umsetzung<br />

lokaler Klimaschutzpolitik. Diese<br />

unterliegen seit einigen Jahren jedoch einem<br />

Wandel: Liberalisierung und Privatisierung<br />

öffentlicher Aufgaben sind Ausdruck einer<br />

stärkeren Marktorientierung. Im Zuge von<br />

Ausgliederungen erlangen kommunale Unternehmen<br />

im »Konzern Stadt« mehr Unabhängigkeit<br />

von kommunalpolitischer Ein-<br />

ZUR 2/2004


flussnahme. Zudem stehen Kommunen und<br />

ihre Betriebe heute verstärkt im Wettbewerb<br />

mit privaten Unternehmen. Öffentliche<br />

Ziele wie der Umweltschutz werden so in zunehmendem<br />

Maße wirtschaftlichen untergeordnet.<br />

Somit verändern sich auch die<br />

Handlungsoptionen und Steuerungsmöglichkeiten<br />

<strong>für</strong> die kommunale Umweltpolitik.<br />

Die Kooperation mit lokalen Akteuren<br />

außerhalb der Verwaltung z.B. gewinnt hierbei<br />

ebenso zunehmend an Bedeutung wie<br />

die Beteiligungssteuerung.<br />

In dem Seminar, in dem unter anderem Ergebnisse<br />

aus dem interdisziplinären Forschungsverbund<br />

»networks« präsentiert<br />

werden, sollen die mit den veränderten<br />

umweltpolitischen Handlungsspielräumen<br />

verbundenen Risiken und Chancen aufgezeigt<br />

und mit Vertretern der kommunalen<br />

Praxis diskutiert werden. Folgende Schwerpunkte<br />

sind zu thematisieren:<br />

– Welche veränderten Anforderungen ergeben<br />

sich im »Konzern Stadt« <strong>für</strong> Umweltverwaltungen?<br />

– Welche Erfahrungen bestehen hinsichtlich<br />

der Kooperation mit lokalen Akteuren<br />

aus den Bereichen Umwelt und Wirtschaft?<br />

– Wie lassen sich Umweltaspekte in die strategische<br />

Steuerung kommunaler Beteiligungen<br />

integrieren?<br />

– Wie könnte etwa die Vernetzung zwischen<br />

dem Umweltamt und der Beteiligungssteuerung<br />

funktional organisiert werden?<br />

Anmeldung: Deutsches Institut <strong>für</strong> Urbanistik,<br />

Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin,<br />

Rosa Hackenberg, Tel.: 030/39001-259, email:<br />

hackenberg@difu.de, Bettina Leute,<br />

Tel.: 030/39001-258, e-mail: leute@difu.de.<br />

Weitere Informationen: www.difu.de.<br />

Hinweis:<br />

Im Rahmen seines Projektes »Maßnahmen<br />

gegen Verkehrslärm« hat der Verkehrsclub<br />

Deutschland (VCD) sieben Workshops zu<br />

den verschiedensten Aspekten der Bekämpfung<br />

von Verkehrslärm durchgeführt. Die<br />

über 50 Experten-Vorträge im Rahmen dieser<br />

Tagungen stehen als Download-Angebote auf<br />

der Internet-Seite des VCD (www.vcd.org)<br />

unter dem Pfad »Themen/Verkehrslärm/<br />

Workshopreihe«) zur Verfügung.<br />

Wieviel Rechtsetzungskompetenzen soll die<br />

Union/Gemeinschaft haben? In welchen Sachbereichen<br />

– auch Bildung und Kultur? Für<br />

welche Ziele – auch <strong>für</strong> den Umweltschutz? Soll<br />

sie ganze Sachgebiete erschöpfend regeln<br />

dürfen? Wieviel Einfluss hat das Europäische<br />

Parlament? Hat ein Mitgliedstaat ein Vetorecht?<br />

Die Artikel der Verträge über die Kompetenzen<br />

überschneiden sich vielfach. Daraus<br />

folgende Streitigkeiten in Politik und Rechtsanwendung<br />

muß letztlich der EuGH entscheiden.<br />

Dieses Werk entwickelt ein System<br />

der Kompetenzen und zeigt, warum die bisher<br />

gefundenen Lösungen die berechtigte Forderung<br />

des EuGH, die Kompetenzwahl müsse auf<br />

objektiven, gerichtlich nachprüfbaren Faktoren<br />

beruhen, nicht erfüllen können. Solange das<br />

heutige Kompetenzsystem gilt, sollte stattdessen<br />

die Kompetenzwahl aufgrund einer aus<br />

dem System der Kompetenzen folgenden Kompetenzhierarchie<br />

erfolgen. Die Verfasserin war<br />

an den Universitäten Göttingen, Marburg, East<br />

Anglia (Norwich/England) tätig und ist jetzt<br />

wieder nach Göttingen zurückgekehrt. Sie befasst<br />

sich seit mehr als 10 Jahren wissenschaftlich<br />

vor allem mit europäischem Verfassungsund<br />

Verwaltungsrecht und ist bereits durch<br />

Veröffentlichungen ausgewiesen.<br />

Bitte bestellen Sie bei Ihrer<br />

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Rechtsetzungskompetenzen der<br />

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trägt der Empfänger.


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Jetzt alle Bände lieferbar:<br />

Handbuch zum europäischen<br />

und deutschen <strong>Umweltrecht</strong><br />

Herausgegeben von<br />

Professor Dr. Hans-Werner Rengeling<br />

2. Auflage<br />

Band I: Allgemeines <strong>Umweltrecht</strong><br />

2003. LV, 1.819 Seiten.<br />

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des Umweltschutzes<br />

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und rechtspolitischer Gesamtausblick<br />

2003. LVI, 1.019 Seiten.<br />

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Es besteht Abnahmeverpflichtung <strong>für</strong> das Gesamtwerk.<br />

<strong>Das</strong> Handbuch zum europäischen und deutschen <strong>Umweltrecht</strong><br />

gilt EU-weit als die umfangreichste Darstellung des<br />

europäischen <strong>Umweltrecht</strong>s. Bereits nach Erscheinen der viel<br />

beachteten 1. Auflage ist es zu einem Standardwerk geworden.<br />

Die Entwicklungen und Veränderungen im europäischen<br />

und deutschen <strong>Umweltrecht</strong> haben <strong>für</strong> die nun<br />

erscheinende 2. Auflage umfangreiche Überarbeitungen und<br />

nicht selten auch Neufassungen der Beiträge notwendig<br />

gemacht.<br />

84 renommierte Autoren aus Praxis und Wissenschaft lassen<br />

kein Spektrum des <strong>Thema</strong>s unerwähnt und bieten in gewohnter<br />

Qualität und Vollständigkeit eine Bestandsaufnahme<br />

des <strong>Umweltrecht</strong>s, die in ihrer Breite und Tiefe seinesgleichen<br />

sucht. Aufgrund des starken Anwachsens erfolgt die<br />

Darstellung des ‚Besonderen <strong>Umweltrecht</strong>s’ in zwei Teilbänden.<br />

Die rechtspolitischen Überlegungen und Ausblicke finden<br />

sich jetzt am Ende des letzten Bandes. Ein detailliertes<br />

Sachregister, eine ausführliche Dokumentation der europäischen<br />

Rechtsakte und Dokumente und ein umfangreiches<br />

Rechtsprechungsverzeichnis runden das Werk sinnvoll ab.<br />

Pressestimmen zur Vorauflage:<br />

„Rengeling und seinen Mitautoren ist ein Meisterwerk gelungen,<br />

das <strong>für</strong> jeden am <strong>Umweltrecht</strong> und am europäischen<br />

Recht Interessierten unentbehrlich ist.“<br />

RA Prof. Dr. Klaus-Peter Dolde, in: NVwZ 6/2000<br />

„Mit dem vorliegenden Handbuch ist Herausgeber und Autoren<br />

ohne Übertreibung ein großer Wurf gelungen…Rechtswissenschaft<br />

und Rechtspraxis, Politik und Wirtschaft, Verwaltung<br />

und Verbände sowie alle an Umweltfragen Interessierten<br />

werden gleichermaßen von diesem künftig unverzichtbaren<br />

Grundlagenwerk profitieren.“<br />

Ministerialrat Prof. Dr. Dr. Hans Hablitzel, in:<br />

Agrarrecht 9/1999<br />

Bestellen Sie in Ihrer Buchhandlung oder<br />

bei Carl Heymanns Verlag KG, 50926 Köln<br />

Fax 0221/94373-502<br />

E-Mail: bestellung@heymanns.com<br />

www.heymanns.com<br />

203-03 • Angebotsstand: 11-2003 • 1.5.38883 • Carl Heymanns Verlag KG • 50926 Köln • AG Köln HRA 3666


Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />

»eine wertvolle Hilfe <strong>für</strong> die immissions-<br />

schutzrechtliche Praxis.«<br />

<strong>Das</strong> Bundes-Immissionsschutzgesetz ist das Kerngesetz<br />

des <strong>Umweltrecht</strong>s. Es wird durch zahlreiche Rechtsverordnungen<br />

und wichtige Verwaltungsvorschriften ergänzt<br />

und konkretisiert. Die 22. Auflage des Sammelwerks<br />

(Stand: August 2003) enthält die Texte aller einschlägigen<br />

Vorschriften zum Bundes-Immissionsschutzrecht (einschl.<br />

der neuen 17. BImSchV) sowie eine umfassende Einführung<br />

in die komplexen Regelungen. <strong>Das</strong> Gesetz selbst, die wichtigsten<br />

Durchführungsverordnungen (u. a. die Verordnung<br />

über das Genehmigungsverfahren<br />

und die Störfall-Verordnung) sowie<br />

die TA Luft und die TA Lärm werden<br />

durch knappe, praxisorientierte Anmerkungen<br />

erläutert. Ein Schlag-<br />

Umweltbrief 4/03<br />

wortverzeichnis hilft beim Auffinden<br />

der einschlägigen Regelungen.<br />

<strong>Das</strong> handliche Taschenbuch ist <strong>für</strong> Verwaltungsbehörden,<br />

Rechtsanwälte, Umweltverbände und <strong>für</strong> Unternehmen<br />

von Nutzen. Es eignet sich besonders als Hilfsmittel bei Besprechungen.<br />

Dabei auftretende Fragen können häufig mit<br />

Hilfe der Einführung und der Anmerkungen schnell geklärt<br />

werden.<br />

Der Autor war Vorsitzender des Länderausschusses <strong>für</strong><br />

Immissionsschutz. Er ist Lehrbeauftragter der Universität<br />

Düsseldorf und Mitglied des Arbeitskreises <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong>.<br />

Bitte bestellen Sie bei Ihrer<br />

Buchhandlung oder bei:<br />

<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />

76520 Baden-Baden<br />

Telefax 0 72 21/21 04-43<br />

E-Mail: horn@nomos.de<br />

www.nomos.de<br />

Klaus Hansmann<br />

Bundes-<br />

Immissionsschutzgesetz<br />

22. Auflage mit Erläuterungen<br />

BImSchG<br />

BImSch-Verordnungen<br />

EMASPrivilegV<br />

TA Luft<br />

TA Lärm<br />

Schlagwortverzeichnis<br />

<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />

Baden-Baden<br />

Hansmann<br />

Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />

und ergänzende Vorschriften<br />

Textausgabe mit Einführung und<br />

Anmerkungen<br />

22. Auflage 2003, 814 S., brosch.,<br />

24,– €, ISBN 3-8329-0303-8<br />

<strong>Nomos</strong><br />

76520 Baden-Baden<br />

Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />

und ergänzende Vorschriften<br />

Textausgabe mit Einführung und<br />

Anmerkungen<br />

Von MinR a.D. Dr. Klaus Hansmann<br />

22. Auflage 2003, 814 S., brosch., 24,– €,<br />

ISBN 3-8329-0303-8<br />

Name<br />

Straße<br />

PLZ, Wohnort<br />

E-Mail<br />

Datum, Unterschrift<br />

Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2<br />

Wochen nach Lieferung ohne Begründung an<br />

Ihre Buchhandlung oder an den <strong>Nomos</strong> Verlag,<br />

Waldseestr. 3-5, 76530 Baden-Baden, zurückzusenden,<br />

wobei die rechtzeitige Absendung genügt.<br />

Kosten und Gefahr der Rücksendung trägt<br />

der Empfänger.


<strong>Das</strong> Recht der Tiere und<br />

der Landwirtschaft<br />

Die Verwendung von Tieren zu Lehrzwecken<br />

Historische, verfassungs- und verwaltungsrechtliche<br />

Untersuchung<br />

Von Thomas Cirsovius<br />

2002, 264 S., brosch., 45,– €, ISBN 3-7890-7760-7<br />

(<strong>Das</strong> Recht der Tiere und der Landwirtschaft, Bd. 2)<br />

Seit Tierversuche zu Ausbildungszwecken eingesetzt werden,<br />

stellt sich auch immer wieder die Gewissensfrage. Der<br />

Band erläutert umfassend die Gesetzgebung, welche sich<br />

mit der Verweigerung eines Schülers oder der Suche nach<br />

Alternativen befaßt. Kammerentscheidungen dazu liegen<br />

inzwischen vor.<br />

Zur Stellung des Tieres im Gemeinschaftsrecht<br />

Von Johannes Caspar<br />

2001, 101 S., brosch., 20,– €, ISBN 3-7890-7538-8<br />

(<strong>Das</strong> Recht der Tiere und der Landwirtschaft, Bd. 1)<br />

Die Analyse der rechtlichen Stellung des Tieres im Gemeinschaftsrecht<br />

erfordert die Darstellung der vielfältigen<br />

Tiernutzungs- sowie Tierschutzbestimmungen des Sekundärrechts<br />

und ihrer Auswirkungen auf die nationale Tierschutzpolitik.<br />

Ferner geht es um die Frage nach der Rechtsstellung<br />

des Tieres innerhalb des EG-Vertrags. Ansätze zu<br />

einer Aufwertung des Regelungsanliegens im Rahmen des<br />

Primärrechts der Gemeinschaft schließen die Untersuchung.<br />

Bitte bestellen Sie bei Ihrer<br />

Buchhandlung oder bei:<br />

<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />

76520 Baden-Baden<br />

Telefax 0 72 21/21 04-43<br />

E-Mail: horn@nomos.de<br />

www.nomos.de<br />

Randl<br />

Der Schutz von Tieren<br />

beim Transport<br />

2003, 241 S., brosch., 48,– €,<br />

ISBN 3-8329-0438-7<br />

Cirsovius<br />

Die Verwendung von<br />

Tieren zu Lehrzwecken<br />

2002, 264 S., brosch., 45,– €,<br />

ISBN 3-7890-7760-7<br />

Caspar<br />

Zur Stellung des Tieres<br />

im Gemeinschaftsrecht<br />

2001, 101 S., brosch., 20,– €,<br />

ISBN 3-7890-7538-8<br />

<strong>Das</strong> Recht der Tiere und der Landwirtschaft 3<br />

Heike Randl<br />

Der Schutz von Tieren<br />

beim Transport<br />

<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />

Baden-Baden<br />

NWV<br />

Wien • Graz<br />

Der Schutz von Tieren<br />

beim Transport<br />

<strong>Nomos</strong><br />

76520 Baden-Baden<br />

Von Heike Randl<br />

2003, 241 S., brosch., 48,– €,<br />

ISBN 3-8329-0438-7<br />

(<strong>Das</strong> Recht der Tiere und der Landwirtschaft,<br />

Bd. 3)<br />

Sowohl der Europarat als auch die Europäische<br />

Gemeinschaft haben Bestimmungen<br />

<strong>für</strong> Lebendtiertransporte erlassen.<br />

Am Beispiel Österreichs werden die<br />

Konsequenzen dieser Vorgaben geprüft<br />

sowie Umsetzungsmängel und Lösungsmöglichkeiten<br />

aufgezeigt.<br />

Name<br />

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Datum, Unterschrift<br />

Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2<br />

Wochen nach Lieferung ohne Begründung an<br />

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Waldseestr. 3-5, 76530 Baden-Baden, zurückzusenden,<br />

wobei die rechtzeitige Absendung genügt.<br />

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