Das Thema - Zeitschrift für Umweltrecht - Nomos
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ZUR<br />
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong><br />
Immissionsschutz<br />
Gewässerschutz<br />
Kreislaufwirtschaft<br />
Naturschutz<br />
Bodenschutz<br />
Energiewirtschaft<br />
Gentechnik<br />
Chemikaliensicherheit<br />
Klimaschutz<br />
2 /2004<br />
Jahrgang 15 · Seiten 65 – 128 · E 10882<br />
NOMOS Verlagsgesellschaft<br />
Baden-Baden<br />
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
Windenergieparks<br />
<strong>Das</strong> Forum <strong>für</strong><br />
Umwelt und Recht<br />
Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in<br />
der AWZ an das Netz<br />
Rainer Wolf<br />
Konsequenzen aus den neuen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts<br />
zur raumordnerischen Steuerung von Windenergieanlagen<br />
Helmuth von Nicolai<br />
Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen<br />
Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks<br />
Christian Kahle<br />
Aufsatz<br />
Artenschutz und Eingriffsregelung<br />
Martin Gellermann<br />
Rechtsprechung<br />
BVerwG<br />
Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben<br />
in der Raumordnung<br />
Mit einer Anmerkung von Wolfgang Köck/Jana Bovet<br />
BVerwG<br />
Lärmschutz <strong>für</strong> Hochhäuser an Schienenwegen<br />
BVerwG<br />
Formell und materiell illegal errichtetes Gewässer<br />
BGH<br />
Freizeitlärm: Rockkonzert<br />
OVG Lüneburg<br />
Befahrensbeschränkung <strong>für</strong> unter Schutz gestellten Wasserlauf<br />
OVG Münster<br />
Abfallablagerungsverordnung setzt sich gegen abweichende<br />
Deponiezulassungen durch<br />
OVG Mannheim<br />
Zur Vereinbarkeit der Abfallablagerungsverordnung mit dem EG-Recht<br />
VG Düsseldorf<br />
Abfallbegriff und gebrauchte Kompressoren<br />
Gesetzgebung<br />
Neueste Entwicklungen im Europäischen <strong>Umweltrecht</strong><br />
Josef Falke<br />
Neueste Entwicklungen im Bundesumweltrecht<br />
Malte Kohls / Moritz Reese / Peter Schütte<br />
Rechtsprechung in Leitsätzen, Tagungsberichte,<br />
Buchneuerscheinungen, <strong>Zeitschrift</strong>enschau, Termine
Flexibilisierung<br />
von Umweltstandards<br />
Flexibilität in der Umweltstandardsetzung ist nötig. Ziel<br />
dieser Untersuchung ist es, Ansätze zur schnelleren Anpassung<br />
und beweglicheren Anwendung der Standards aufzuzeigen.<br />
Im ersten Teil stehen Richtwerte als flexible Form<br />
der Standardsetzung und deren Definition im Vordergrund.<br />
Der zweite Teil befaßt sich mit den Auswirkungen von<br />
Wahl und Gestaltung der Rechtsform auf die Flexibilität<br />
der Umweltstandardsetzung. Schließlich gilt es im dritten<br />
Teil, Alternativen zur derzeitigen Regelungstechnik zu finden,<br />
und den Bereich festzulegen, der nach einer Standardsetzung<br />
durch Richtwerte verlangt. <strong>Das</strong> Werk richtet sich<br />
an alle, die mit Umweltstandards befaßt sind. Für den Bereich<br />
der Normsetzung zeigt es auf, wie sich die derzeitige<br />
Begriffsvielfalt systematisieren und reduzieren läßt und<br />
welche alternativen Gestaltungsformen überlegenswert<br />
sind. Dem Rechtsanwender werden Kriterien benannt, anhand<br />
derer die Bedeutung eines Standards erfaßt und eröffnete<br />
Spielräume genutzt werden können. Die Autorin<br />
war als wissenschaftliche Mitarbeiterin und während ihrer<br />
Tätigkeit in einer Rechtsabteilung mit Fragen der Umweltstandardsetzung<br />
befaßt und ist derzeit als Richterin tätig.<br />
Bitte bestellen Sie bei Ihrer<br />
Buchhandlung oder bei:<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />
76520 Baden-Baden<br />
Telefax 0 72 21/21 04-43<br />
E-Mail: horn@nomos.de<br />
www.nomos.de<br />
Vogt-Beheim<br />
Flexibilisierung<br />
von Umweltstandards<br />
2004, 282 S., brosch., 54,– €,<br />
ISBN 3-8329-0584-7<br />
Frankfurter Schriften zum <strong>Umweltrecht</strong><br />
Carmen Vogt-Beheim<br />
Flexibilisierung von<br />
Umweltstandards<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />
Baden-Baden<br />
<strong>Nomos</strong><br />
76520 Baden-Baden<br />
Flexibilisierung<br />
von Umweltstandards<br />
Von Carmen Vogt-Beheim<br />
2004, 282 S., brosch., 54,– €,<br />
ISBN 3-8329-0584-7<br />
(Frankfurter Schriften zum <strong>Umweltrecht</strong>,<br />
Bd. 35)<br />
Name<br />
Straße<br />
PLZ, Wohnort<br />
E-Mail<br />
Datum, Unterschrift<br />
35<br />
Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2<br />
Wochen nach Lieferung ohne Begründung an<br />
Ihre Buchhandlung oder an den <strong>Nomos</strong> Verlag,<br />
Waldseestr. 3-5, 76530 Baden-Baden, zurückzusenden,<br />
wobei die rechtzeitige Absendung genügt.<br />
Kosten und Gefahr der Rücksendung trägt<br />
der Empfänger.
Schriftleitung<br />
Prof. Dr. Hans-Joachim Koch,<br />
Universität Hamburg<br />
Prof. Dr. Wolfgang Köck,<br />
Universität Leipzig/<br />
Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle<br />
Dr. Moritz Reese,<br />
Umweltrat Berlin<br />
Dr. Sabine Schlacke,<br />
Universität Rostock<br />
Redaktion:<br />
Dr. Katja Böttger<br />
Prof. Dr. Christian Calliess<br />
Priv. Doz. Dr. Andreas Fisahn<br />
RA Dr. Harald Ginzky<br />
Carola Glinski<br />
Dr. Ekkehard Hofmann<br />
Jan Karstens<br />
Dr. Malte Kohls<br />
Dr. Silke R. Laskowski<br />
Christian Maaß<br />
RA Dr. Peter Schütte<br />
Prof. Dr. Bernhard Wegener<br />
RA Dr. Cornelia Ziehm<br />
Verantwortlich im Sinne<br />
des Presserechts:<br />
Prof. Dr. Wolfgang Köck<br />
Redaktionsbeirat<br />
RA Prof. Dr. Martin Beckmann,<br />
Münster<br />
Prof. Dr. Monika Böhm,<br />
Phillipps-Universität-Marburg<br />
Prof. Dr. Michael Bothe,<br />
Johann Wolfgang Goethe Universität,<br />
Frankfurt am Main<br />
Prof. Dr. Martin Führ,<br />
Fachhochschule Darmstadt<br />
RA Dr. Reiner Geulen,<br />
Berlin<br />
Dr. Werner Görtz,<br />
Umweltamt Düsseldorf<br />
Prof. Dr. Günter Heine,<br />
Universität Bern<br />
Dr. Günther-Michael Knopp,<br />
Bayer. Staatsministerium, München<br />
Prof. Dr. Ludwig Krämer,<br />
Europäische Kommission<br />
Dr. Hans-Heinrich Lindemann,<br />
Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz<br />
und Reaktorsicherheit<br />
Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff,<br />
Universität Bielefeld<br />
Dr. Stefan Paetow,<br />
Bundesverwaltungsgericht, Berlin<br />
RA Ursula Philipp-Gerlach,<br />
Frankfurt am Main<br />
Helmut Röscheisen,<br />
Deutscher-Naturschutz-Ring, Bonn<br />
Prof. Dr. Alexander Roßnagel,<br />
Universität-Gesamthochschule Kassel<br />
Dr. Karsten Sach,<br />
Bundesumweltministerium<br />
Dr. Alexander Schink,<br />
Landkreistag NRW, Düsseldorf<br />
Peter Vonnahme,<br />
Bayer. VGH, München<br />
Beate Weber,<br />
Oberbürgermeisterin von Heidelberg<br />
Prof. Dr. Gerd Winter,<br />
Universität Bremen<br />
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Umweltrecht</strong><br />
<strong>Das</strong> Forum <strong>für</strong> Umwelt und Recht<br />
15. Jahrgang, S. 65 - 128<br />
ZUR 2/2004<br />
ZUR 2/2004<br />
DAS THEMA<br />
TAGUNGEN<br />
11. Rostocker Seerechtsgespräch<br />
Maxi Keller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118<br />
27. umweltrechtliche Fachtagung der Gesellschaft <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong><br />
Christian Au/Björn Dietrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120<br />
BUCHREZENSION<br />
Inhalt<br />
Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz<br />
Rainer Wolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />
Konsequenzen aus den neuen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts zur raumordnerischen<br />
Steuerung von Windenergieanlagen<br />
Helmuth von Nicolai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />
Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am<br />
Beispiel der Offshore Windparks<br />
Christian Kahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />
AUFSATZ<br />
Artenschutz und Eingriffsregelung<br />
Martin Gellermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />
RECHTSPRECHUNG<br />
� BVerwG<br />
Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in der Raumordnung<br />
Urteil vom 15. Mai 2003 – 4 CN 9.01 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />
Mit einer Anmerkung von Wolfgang Köck/Jana Bovet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />
� BVerwG<br />
Lärmschutz <strong>für</strong> Hochhäuser an Schienenwegen<br />
Urteil vom 24. September 2003 – 9 A 69.02 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .98<br />
� BVerwG<br />
Formell und materiell illegal errichtetes Gewässer<br />
Beschluss vom 16. Juli 2003 – 7 B 61.03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99<br />
� BGH<br />
Freizeitlärm: Rockkonzert<br />
Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .100<br />
� OVG Lüneburg<br />
Befahrensbeschränkung <strong>für</strong> unter Schutz gestellten Wasserlauf<br />
Urteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2072/01 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102<br />
� OVG Münster<br />
Abfallablagerungsverordnung setzt sich gegen abweichende Deponiezulassungen durch<br />
Urteil vom 28. Oktober 2003 – 20 D 116/01.AK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107<br />
� OVG Mannheim<br />
Zur Vereinbarkeit der Abfallablagerungsverordnung mit dem EG-Recht<br />
Beschluss vom 4. November 2003 – 8 B 11220/03.OVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110<br />
� VG Düsseldorf<br />
Abfallbegriff und gebrauchte Kompressoren<br />
Beschluss vom 5. September 2003 – 17 L 2542/03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111<br />
Rechtsprechung in Leitsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />
Rudolf Kiesewetter, Eine fahrleistungsabhängige Lkw-Maut zur Verlagerung des Güterverkehrs<br />
von der Straße auf die Schiene und die Wasserstraße<br />
Gisela Günter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122<br />
GESETZGEBUNG<br />
Neueste Entwicklungen im Europäischen <strong>Umweltrecht</strong><br />
Josef Falke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />
Neueste Entwicklungen im Bundesumweltrecht<br />
Malte Kohls/Moritz Reese/Peter Schütte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .117<br />
RUBRIKEN<br />
Buchneuerscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123<br />
<strong>Zeitschrift</strong>enschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127<br />
Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Europäisches Umwelt- und Planungsrecht<br />
Herausgeber:<br />
Prof. Siegbert Alber<br />
Generalanwalt am EuGH a.D., Saarbrücken<br />
Prof. Dr. Chris W. Backes<br />
Universität Utrecht<br />
Prof. Dr. Martin Beckmann<br />
Rechtsanwalt, Münster<br />
Prof. Dr. Christian Calliess<br />
Universität Göttingen<br />
Prof. Dr. Marcello Clarich<br />
Rechtsanwalt, Rom<br />
Prof. Dr. Pawel Czechowski<br />
Universität Warschau<br />
Prof. Dr. Astrid Epiney<br />
Universität Freiburg (Schweiz)<br />
Dr. Jürgen Fluck<br />
Rechtsanwalt, BASF AG, Ludwigshafen<br />
Dr. Ludger Giesberts<br />
Rechtsanwalt, Köln<br />
Prof. Dr. Hans D. Jarass<br />
Universität Münster<br />
Prof. Dr. Ludwig Krämer<br />
Europäische Kommission, Brüssel<br />
Pascale Kromarek<br />
Total, Paris<br />
Dr. Stefan Paetow<br />
Bundesverwaltungsgericht, Leipzig<br />
Dr. Norbert Pelzer<br />
Universität Göttingen<br />
Prof. Dr. Eckard Rehbinder<br />
Universität Frankfurt (Main)<br />
MinR Dr. Peter Rösgen<br />
Bundesumweltministerium, Berlin<br />
Dr. Frank Andreas Schendel<br />
Bayer Industrie Service, Leverkusen<br />
Dr. Alexander Schink<br />
Landkreistag NRW, Düsseldorf<br />
Bestell-Coupon<br />
EurUP – Europäisches <strong>Umweltrecht</strong><br />
praxisnah und aktuell<br />
Die <strong>Zeitschrift</strong> EurUP ist ein europäisches Forum <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong>:<br />
EurUP berichtet über die vielseitigen Probleme der<br />
Umsetzung und Ausgestaltung des europäischen <strong>Umweltrecht</strong>s,<br />
auch und gerade in den Beitrittsländern. Zur Zielgruppe zählen<br />
Praktiker in Unternehmen, Anwaltskanzleien sowie europarechtliche<br />
Lehrstühle und Institute, <strong>für</strong> die die EurUP eine wichtige<br />
Informationsquelle geworden ist.<br />
EurUP<br />
Beiträge der Ausgabe Februar 2004(1/2004):<br />
• Die Umsetzung der EU-Emissionshandels-Richtlinie<br />
aus der Perspektive eines globalen Energie-Konzerns<br />
• Emissionshandel in Deutschland<br />
• Emissionshandel: Der deutsche Allokationsplan<br />
• The UK Emissions Trading Scheme:<br />
Vom Prototyp zum Auslaufmodell?<br />
• Der deutsch-schweizerische Fluglärmstreit<br />
• Luftqualität und Straßenplanung<br />
Überzeugen Sie sich<br />
mit einem Test-Abo!<br />
2 Ausgaben <strong>für</strong> nur € 30,–<br />
Erscheinungsweise:<br />
zweimonatlich<br />
Jahresabonnement<br />
einschließlich Nutzung der<br />
Online-Datenbank<br />
„LexxionPro/EurUP“:<br />
€ 155,– (inkl. MwSt. und<br />
zzgl. Versandkosten)<br />
Heftumfang:<br />
ca. 48 Seiten<br />
ISSN 16 12-42 43<br />
Ja, ich bestelle ein Test-Abo der <strong>Zeitschrift</strong><br />
EurUP<br />
<strong>für</strong> nur € 30,– inkl. MwSt.<br />
zzgl. Versandkosten (2 Ausgaben)*<br />
Name / Firma<br />
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PLZ/Ort<br />
E-Mail<br />
Datum/Unterschrift<br />
Lexxion Verlagsgesellschaft mbH<br />
Lützowstraße 102–104 · 10785 Berlin<br />
Tel.: 030-81 45 06-0 · Fax: 030-81 45 06-22<br />
www.lexxion.de<br />
* Wenn ich nach Erhalt der 2. Ausgabe nicht innerhalb von 14 Tagen schriftlich widerrufe, beziehe ich<br />
2-monatlich EurUP zum Jahrespreis von € 155,– zzgl. Versandkosten. <strong>Das</strong> Abonnement kann jederzeit<br />
mit einer Frist von 6 Wochen zum Kalenderhalbjahr gekündigt werden.
„... <strong>für</strong> alle im <strong>Umweltrecht</strong><br />
Tätigen unentbehrlich“.<br />
Ministerialrat Ralph Lemp,<br />
Staatsanzeiger <strong>für</strong> das Land Hessen 18/2001<br />
Landmann/Rohmer<br />
UmweltR<br />
Loseblatt-Kommentar.<br />
Herausgegeben von Dr. Klaus Hansmann.<br />
Bearbeitet von Dr. Thorsten Bartsch, Prof. Dr. Martin Beckmann, Prof. Dr.<br />
Peter Bruckmann, Prof. Dr. Johannes Dietlein, Dr. Matthias Dombert,<br />
Dr. Wolfgang Ewer, Dr. Andreas Gallas, Dr. Martin Gellermann, Prof. Dr.<br />
Günter Hager, Dr. Klaus Hansmann, Georg Kahl, Dr. Andreas Kersting,<br />
Prof. Dr. Ernst Kutscheidt, Franz-Josef Moormann, Volkmar Nies, Dr. Kay<br />
Artur Pape, Prof. Dr. Eckard Rehbinder, Dr. Christof Sangenstedt,<br />
Prof. Dr. Joachim Scherer, Dr. Max-Jürgen Seibert, Dr. Dieter Sellner,<br />
Prof. Dr. Hermann Soell†, Prof. Dr. Peter-Christoph Storm,<br />
Michael Theben, Prof. Dr. Rainer Wahl<br />
41. Auflage. 2004<br />
Rund 7700 Seiten. In 4 Ordnern € 124,–<br />
ISBN 3-406-34327-9<br />
Der umfassende Großkommentar<br />
deckt in vier Bänden alle wesentlichen Teile des<br />
<strong>Umweltrecht</strong>s ab:<br />
• Band I kommentiert ausführlich das Bundes-<br />
Immissionsschutzgesetz.<br />
• Band II bietet insbesondere Erläuterungen der<br />
Durchführungsvorschriften zum BImSchG, etwa<br />
zur VO über genehmigungsbedürftige Anlagen<br />
(4. BImSchV), zur VO über Immissionsschutz- und<br />
Störfallbeauftragte (5. BImSchV), zur StörfallVO<br />
(12. BImSchV) sowie zur TA Lärm und zur TA Luft.<br />
FAX-COUPON Ja, ich bestelle<br />
Expl. 3-406-34327-9<br />
Landmann/Rohmer<br />
<strong>Umweltrecht</strong><br />
41. Auflage. 2004. In 4 Ordnern € 124,–<br />
inkl. MwSt., zzgl. Vertriebskosten<br />
Die Ergänzungslieferungen werden bis auf jederzeit<br />
möglichen Widerruf geliefert<br />
Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2 Wochen nach Lieferung ohne<br />
Begründung an Ihre Buchhandlung oder an den Verlag C.H.Beck, c/o Nördlinger<br />
Verlagsauslieferung, Augsburger Str. 67 a, 86720 Nördlingen<br />
zurückzusenden, wobei die rechtzeitige Absendung genügt. Kosten und<br />
Gefahr der Rücksendung trägt der Empfänger.<br />
Ihr Verlag C.H.Beck oHG, Wilhelmstr. 9, 80801 München.<br />
Außerordentlich<br />
günstiges Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis<br />
• Band III enthält Erläuterungen zu sonstigen zentralen<br />
Vorschriften des <strong>Umweltrecht</strong>s, u. a. zum<br />
UmweltverträglichkeitsprüfungsG, zum UmwelthaftungsG,<br />
zum BenzinbleiG, zum ChemG und<br />
zum WasserhaushaltsG.<br />
• In Band IV wird aus dem sonstigen <strong>Umweltrecht</strong><br />
das BBodenSchG, das GenTG mit VO, das BNat-<br />
SchG und das UAG kommentiert. Außerdem sind<br />
zahlreiche Vorschriften des europäischen <strong>Umweltrecht</strong>s<br />
enthalten (z. B. allg. medienübergreifende<br />
Vorschriften, anlagenbezogener Vorschriften, Vorschriften<br />
zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung<br />
von Abfällen).<br />
Name/Firma<br />
Straße<br />
PLZ/Ort<br />
Datum/Unterschrift B/128113<br />
Aktuell mit Stand 1. Oktober 2003:<br />
Im Immissionsschutzrecht wurden die Erläuterungen<br />
zur TA Luft 2002 weiter vervollständigt.<br />
Aktualisiert wurden die Kommentierungen zu<br />
• § 1BImSchG (Zweck des Gesetzes)<br />
• § 2 BImSchG (Geltungsbereich)<br />
• § 9 BImSchV<br />
Neu aufgenommen wurde die 17. BImSchV vom<br />
14.08.2003 mit einer Vorbemerkung<br />
Im Abfallrecht wurden<br />
• § 33 KrW-/AbfG (Zulassung vorzeitigen Beginns)<br />
• § 34 KrW-/AbfG (Planfeststellungsverfahren)<br />
• § 36 KrW-/AbfG (Stilllegung)<br />
neu kommentiert.<br />
Im Bodenschutzrecht wurde § 18 BBodSchG (Sachverständige<br />
und Untersuchungsstellen) neu kommentiert.
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Stoffrecht<br />
D Chemikalien<br />
D Lebensmittel<br />
StoffR<br />
D Arzneimittel<br />
D Produkthaftung<br />
D Verbraucherschutz<br />
Herausgeber:<br />
H Die aktuelle <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> alle Bereiche<br />
des Stoffrechts<br />
Siegfried Breier<br />
<strong>Das</strong> Stoffrecht erlangt vor dem Hintergrund der EU-<br />
Europäische Kommission, Brüssel<br />
Rechtsetzung und der Rechtsprechung des EuGH immer größe-<br />
Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio<br />
Richter des Bundesverfassungsgerichts<br />
Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn<br />
Dr. Jürgen Fluck<br />
re Bedeutung. Etliche Richtlinien und Verordnungen, derzeit<br />
zum Teil im Entwurfsstadium, werden erhebliche Auswirkungen<br />
auf Hersteller und Verbraucher haben.<br />
<strong>Das</strong> Stoffrecht fasst alle rechtlichen Aspekte der Bereiche<br />
Chemikalien, Pflanzenschutz, Lebensmittel, Futtermittel,<br />
Rechtsanwalt, BASF AG, Ludwigshafen Kosmetika und Arzneimittel zusammen. Die Betrachtung dieser<br />
Dr. Horst von Holleben<br />
Rechtsgebiete ist dabei untrennbar mit produkthaftungs- und<br />
verbraucherschutzrechtlichen Fragen verbunden.<br />
Rechtsanwalt, Berlin<br />
Dietmar Knopp<br />
Rechtsanwalt, Frankfurt/Main<br />
Ulrike Kowalski<br />
Bundesanstalt <strong>für</strong> Arbeitsschutz und<br />
Arbeitsmedizin, Dortmund<br />
NEU!<br />
Prof. Dr. Tobias Lenz<br />
Rechtsanwalt, Köln<br />
Andreas Meisterernst<br />
Rechtsanwalt, München<br />
Jürgen Pauly<br />
Rechtsanwalt, Frankfurt/Main<br />
Prof. Dr. Franz-Joseph Peine<br />
Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder<br />
MinR Dr. Uwe Petersen<br />
Bundesministerium <strong>für</strong> Verbraucherschutz,<br />
Ernährung und Landwirtschaft, Bonn<br />
Dr. Bernd Stroemer<br />
Geschäftsführer Industrieverband Körperpflege<br />
und Waschmittel e.V., Frankfurt/Main<br />
Bestell-Coupon<br />
StoffR<br />
Beiträge der ersten Ausgabe Februar 2004(1/2004):<br />
A Zusatz von Vitaminen und Mineralien:<br />
Entwurf einer EU-Verordnung<br />
A Instruktionshaftung und Tabakprozesse<br />
A Der Nachweis der Ursächlichkeit fehlerhafter<br />
Arzneimittelinformationen<br />
A <strong>Das</strong> europäische Chemikalienrecht im Umbruch –<br />
REACH im Überblick<br />
A The ICCA HPV Chemicals Initiative<br />
A Verbraucherinformation bei Pflanzenschutzmitteln<br />
Überzeugen Sie sich<br />
mit einem Test-Abo!<br />
2 Ausgaben <strong>für</strong> nur € 35,–<br />
Erscheinungsweise:<br />
zweimonatlich<br />
Jahresabonnement<br />
einschließlich Nutzung der<br />
Online-Datenbank<br />
„LexxionPro/StoffR“:<br />
€ 178,– (inkl. MwSt. und<br />
zzgl. Versandkosten)<br />
Heftumfang:<br />
ca. 48 Seiten<br />
ISSN 1613-3919<br />
Ja, ich bestelle ein Test-Abo der <strong>Zeitschrift</strong> StoffR<br />
<strong>für</strong> € 35,– inklusive MwSt. zzgl. Versandkosten<br />
(2 Ausgaben)* / **<br />
Ja, ich bestelle ein Jahres-Abo der <strong>Zeitschrift</strong> StoffR<br />
<strong>für</strong> € 178,– inklusive MwSt. zzgl. Versandkosten**<br />
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Straße<br />
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E-Mail<br />
Datum/Unterschrift<br />
Lexxion Verlagsgesellschaft mbH<br />
Lützowstraße 102–104 · 10785 Berlin<br />
Tel.: 030-81 45 06-0 · Fax: 030-81 45 06-22<br />
www.lexxion.de<br />
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<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong><br />
<strong>Das</strong> Forum <strong>für</strong> Umwelt und Recht<br />
Herausgeber: Verein <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> e.V.<br />
in Kooperation mit:<br />
Forschungsstelle <strong>Umweltrecht</strong>, Universität Hamburg (Geschäftsführung Prof. Dr. Hans-Joachim Koch)<br />
Forschungsstelle <strong>für</strong> Europäisches <strong>Umweltrecht</strong>, Universität Bremen (Prof. Dr. Gerd Winter)<br />
Institut <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong>, Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld (Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff)<br />
Institut <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> GbR, Bremen (Dr. Hubertus Baumeister und Dr. Niels Griem)<br />
Rainer Wolf<br />
Auf dem Festland sind geeignete Standorte <strong>für</strong> Windkraftanlagen knapp geworden.<br />
Zudem erweist sich dort die Genehmigung von Windkraftanlagen als<br />
zunehmend problematisch und konfliktbeladen 1 . Die damit verbundenen Probleme<br />
sind Anlass, nach Standorten im Offshore-Bereich zu suchen. Windenergieanlagen<br />
in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) bedürfen einer<br />
Genehmigung durch das Bundesamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)<br />
nach § 2 der SeeAnlVO. Dabei ist bei Anlagenkomplexen mit mehr als 20 Anlagen<br />
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (§ 2a SeeAnlV i. V.<br />
m. Anlage 1 Nr. 1. 6. 1 UVPG). Im Hinblick auf die erforderliche Netzanbindung<br />
ist eine reine Anlagengenehmigung allerdings wenig wert. Die Rechtsgrundlagen<br />
<strong>für</strong> die Zulassung von stromführenden Kabeln in der AWZ sind umstritten.<br />
Während das Schrifttum überwiegend <strong>für</strong> eine Genehmigung auf der<br />
Grundlage des Bergrechts plädiert, präferiert das BSH eine Genehmigung nach<br />
§ 2 SeeAnlV, die getrennt von der Anlagengenehmigung und ohne Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
erteilt werden soll. Der vorliegende Aufsatz zeigt auf, dass<br />
eine integrierte Zulassung von Anlagen und Kabeln mit UVP erforderlich ist und<br />
skizziert die materiell-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen.<br />
A. Potenziale und Störpotenziale<br />
Die Potenziale <strong>für</strong> Windenergie im Offshore-Bereich werden auf 40%<br />
des derzeitigen Stromverbrauchs geschätzt 2 . Die Bundesregierung<br />
strebt einen Anteil von bis zu 15% des gesamten Stromverbrauchs<br />
durch Nutzung von Windkraft aus Offshore-Anlagen an 3 . Sie hat die<br />
Förderung der Windkraftgewinnung im Offshore-Bereich zu einem<br />
zentralen Gegenstand ihrer Energiepolitik gemacht. Durch § 2 Abs. 1<br />
S. 1 EEG kommen auch Anlagen in der AWZ in den Genuss von Abnahme-<br />
und Vergütungsregelungen. Zur Zeit liegen ungefähr 30 Anträge<br />
<strong>für</strong> die Errichtung von Offshore-Windparks im Bereich der<br />
AWZ der Bundesrepublik Deutschland mit einer Kapazität von ca.<br />
60.000 MW vor. Für zwei Vorhaben wurden bereits Anlagengenehmigungen<br />
erteilt. Dabei handelt es sich um den Offshore-Windpark<br />
»Borkum-West« mit zunächst 12 Windkraftanlagen und 208<br />
weiter vorgesehene Anlagen mit einer Leistung zwischen 3,5 und 5<br />
MW – insgesamt ca. 1000 MW – sowie um den Offshore-Windpark<br />
»Butendiek« mit 80 Windkraftanlagen 4 .<br />
Um die auf See erzeugte Energie wirtschaftlich verwerten zu<br />
können, muss der durch Offshore-Anlagen produzierte Strom in die<br />
Hochspannungsnetze der Stromversorger eingespeist werden. Eine<br />
andere Form des Energietransfers von Offshore-Anlagen ist zur Zeit<br />
nicht marktreif. Die Einspeisung erfolgt an Netzeinspeisepunkten,<br />
ZUR 2/2004<br />
22004<br />
15. Jahrgang • Seiten 65- 129<br />
Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks<br />
in der AWZ an das Netz*<br />
die sich auf dem Festland befinden. Zudem müssen die einzelnen<br />
Anlagen eines Windparks mit einer oder mehreren parkinternen<br />
Umspannstation(en) vernetzt werden. Windkraftanlagen auf See<br />
erzeugen nicht nur Energie, sondern benötigen sie auch, um bei<br />
Flaute, Wartungsarbeiten oder Störfällen eine vom Betrieb der Windkraftanlage<br />
unabhängige Energiezufuhr <strong>für</strong> die akustischen und<br />
optischen Warnanlagen sowie <strong>für</strong> andere sicherheits- und versorgungstechnische<br />
Einrichtungen sicherzustellen. Da<strong>für</strong> muss Energie<br />
aus landseitigen Netzen zugeführt werden. Damit ist auch die<br />
Verlegung von energiezuführenden Kabeln erforderlich.<br />
Bau und Betrieb von Windkraftanlagen im Offshore-Bereich können<br />
Auswirkungen auf die natürliche Umwelt haben und sich<br />
störend auf andere Nutzungen auswirken. Der Bund hat zu ihrer Erforschung<br />
eine Begleitforschung aus den Mitteln des Zukunftsinvestitionsprogrammes<br />
mit einem Volumen von 15,4 Mio. € <strong>für</strong> die<br />
Jahre 2001 bis 2003 aufgelegt 5 . Obwohl sie allgemein als bemerkenswert<br />
und international vorbildlich bewertet wird, ist der Umfang<br />
des ökologischen Störpotentials im Einzelnen noch weitgehend<br />
ungeklärt 6 . Dies gilt auch <strong>für</strong> die Risiken der Verlegung und des Betriebs<br />
von stromführenden Kabeln 7 . Ein unter diesen Vorzeichen extrapoliertes<br />
qualitatives Risikoszenario <strong>für</strong> die Bauphase kann mit<br />
* Der vorliegende Aufsatz beruht auf dem Rechtsgutachten »AWZ-Vorhaben:<br />
Rechtliche und naturschutzfachliche Aspekte beim Bau und Betrieb von Stromkabeln«,<br />
das der Verfasser <strong>für</strong> das Bundesamt <strong>für</strong> Naturschutz erstellt hat.<br />
1 Vgl. dazu Wolf, Windenergie als Rechtsproblem, ZUR 2002, 331 ff.<br />
2 Vgl. Wiese/Klatschmitt, Stand und Perspektiven der Windkraftnutzung in<br />
Deutschland, in: Brauch (Hrsg.), Energiepolitik – Stand und Perspektiven der<br />
Windkraftnutzung in Deutschland, 1997, S. 87 ff.<br />
3 Bundesregierung, Strategiepapier der Bundesregierung zur Windenergienutzung<br />
auf See, Januar 2002, S. 7.<br />
4 Vgl. dazu Bundesamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt und Hydrographie, Genehmigungsbescheid<br />
<strong>für</strong> den Windpark »Borkum-West« vom 9.11.2001, Az. 8086.01/Borkum-<br />
West Z1; dass., Genehmigungsbescheid »Offshore-Bürger-Windpark Butendiek«<br />
vom 18.12.2002, Az. 8086.01/Butendiek/Z1.<br />
5 Bundesregierung, 2002, S. 22; davon entfallen allerdings nur 4,2 Mio. € auf die<br />
eigentliche ökologische Risikoforschung.<br />
6 Vgl. Rat von Sachverständigen <strong>für</strong> Umweltfragen (SRU), Windenergienutzung<br />
auf See. Stellungnahme, 2003, S. 1 u. S. 5.<br />
7 Vgl. dazu von Merck/von Nordheim, Technische Eingriffe in marine Lebensräume,<br />
2000 (BfN-Schriften Nr. 29); BMU (Hrsg.), Offshore-Windenergienutzung und<br />
Umweltschutz, 2001; Knust/Heuers/Schröder u. a., Empfehlungen zu Mindestanforderungen<br />
an die projektbezogene Untersuchung möglicher bau- und<br />
betriebsbezogener Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf die<br />
Meeresumwelt der Nord- und Ostsee, 2001; Ehlrich/Hofmann/Kafemann u. a.,<br />
Untersuchungs- und Monitoringkonzept zur Abschätzung der Auswirkungen<br />
von Offshore-Windparks auf die marine Umwelt, 2001.<br />
65
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
dem Befund beginnen, dass durch das Einspülen von Kabeln in den<br />
Meeresboden ökologisch bedeutsame Sandbänke, Seegraswiesen<br />
oder Riffe in Mitleidenschaft gezogen werden können. Auch bei einem<br />
sandigen Untergrund werden die dort befindlichen Lebensgemeinschaften<br />
des Benthos gestört. Zudem entstehen Sedimentfahnen,<br />
die die Qualität des Wassers beeinträchtigen. Auch dies kann<br />
sich schädlich auf die Lebensverhältnisse des Meeres auswirken. Es<br />
werden nicht nur die Lebensgrundlagen <strong>für</strong> standortfeste Arten wie<br />
Muscheln oder Schalentiere beeinträchtigt, sondern im weiteren<br />
auch die von Fischen und Meeressäugern. Als Folgefolge kann sich<br />
eine solche Störung in der Nahrungskette bis hin zu den Lebensbedingungen<br />
von Vögeln auswirken. Im weiteren sind die Verlegungsarbeiten<br />
zusätzlich mit Lärm und anderen Umwelteinwirkungen verbunden.<br />
Die aus ihnen resultierenden Vertreibungseffekte wirken<br />
sich gleichfalls störend auf die marinen Lebensgemeinschaften aus,<br />
wenn ihre Brut-, Rast- und Nahrungsgebiete betroffen sind. Diese Effekte<br />
steigen damit in bestimmten Zeitphasen, sie sind jedoch auch<br />
von den Verlegungstechniken beeinflusst. Entsprechend lassen sich<br />
diese Effekte durch die Wahl der Verlegungstechnik, der Jahreszeit<br />
und der Trassenführung auch mindern.<br />
Während des Betriebs entstehen in den Kabeln elektromagnetische<br />
Felder. Ihre Auswirkungen auf die Kompassmissweisung sind<br />
anerkannt 8 . <strong>Das</strong>s solche Felder beim Menschen schädliche Wirkungen<br />
<strong>für</strong> die Gesundheit wie Kopfschmerzen, Migräne, Schlaflosigkeit,<br />
koronare Herzkrankheiten und sogar Krebs auslösen können, ist auf<br />
dem Festland Gegenstand der Diskussion um den sog. »Elektrosmog«<br />
gewesen 9 . Auch bei relativ geringen Expositionen wurden<br />
biologische Wirkungen bei Zellkulturen und Nagetieren festgestellt<br />
10 . Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass die durch stromführende<br />
Kabel erzeugten elektromagnetischen Felder auch <strong>für</strong> die<br />
marine Lebenswelt negative Auswirkungen, z. B. in der Form von<br />
Verlust des Orientierungs- und Kommunikationsvermögens, haben<br />
können 11 . Andererseits hängen Ausmaß und Umfang der Einwirkung<br />
von technischen Anlagenspezifikationen wie Verlegungstiefe,<br />
Stromart, Stromstärke, Kabelquerschnitt, Ummantelung oder Verlegung<br />
mit anderen Kabeln ab 12 . Auch hier sind technische Verfahren<br />
zur Minderung oder sogar Behebung des Störpotentials denkbar. Im<br />
weiteren erwärmt die durch die Kabel abgeleitete elektrische Energie<br />
die Leitungen. Dies kann zu einer Veränderung der Lebensbedingungen<br />
im Nahbereich der Trasse führen. Art und Umfang hängen<br />
ebenfalls von technischen Spezifikationen ab. Durch Strömung<br />
können schließlich verlegte Kabel wieder freigespült werden. Auch<br />
dies kann sich nicht nur <strong>für</strong> die Schifffahrt, sondern auch <strong>für</strong> den<br />
Meeresboden und die Lebensgemeinschaften des Benthos negativ<br />
auswirken. Die hier benannten Risiken sind daher anlagenbezogen,<br />
sie lassen sich deshalb durch die Wahl des Trassenverlaufs nur wenig<br />
beeinflussen, sie erfordern im wesentlichen anlagespezifische Vorkehrungen.<br />
B. Rechtsgrundlage<br />
Rechtsgrundlage <strong>für</strong> die Verlegung von Transit-Rohrleitungen und<br />
Unterwasserkabeln ist nach § 2 Abs. 3 BBergG das Bergrecht. Nach<br />
§ 133 Abs. 1 BBergG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer<br />
Transit-Rohrleitung in oder auf dem Festlandsockel einer Genehmigung.<br />
§ 133 Abs. 4 BBergG erstreckt die Genehmigungspflicht auch<br />
auf die Verlegung und den Betrieb von Unterwasserkabeln. Damit<br />
scheint die einschlägige Rechtsgrundlage <strong>für</strong> die Anbindung von<br />
Offshore-Windkraftanlagen an das Festlandsnetz gefunden. Dagegen<br />
ist § 133 BBergG nach einhelliger Ansicht nicht <strong>für</strong> Rohrleitungen<br />
anwendbar, die von einer auf dem Festlandsockel befindlichen<br />
Bohrinsel zum Festland führen 13 . Solche betrieblichen Rohrleitungen<br />
sind keine Transit-Rohrleitungen. Darunter werden Rohrleitungen<br />
66<br />
verstanden, die vom Festlandsockel oder vom Gebiet eines anderen<br />
Staates in den Festlandsockel der Bundesrepublik Deutschland<br />
führen oder diesen durchqueren (§ 4 Abs. 10 BBergG). Für Rohrleitungen,<br />
die ihren Ausgang im deutschen Festlandsockel haben,<br />
gilt § 133 BBergG daher nicht. Für die zum Betrieb erforderlichen<br />
Stromzuleitungen wird entsprechend verfahren 14 .<br />
Überträgt man die <strong>für</strong> Rohrleitungen und Stromkabel von Vorhaben<br />
des Meeresbergbaus anerkannte Praxis auf die Betriebskabel,<br />
die von Windkraftanlagen in der deutschen AWZ an das Festland<br />
führen, können Zweifel an der Anwendbarkeit des § 133 Abs. 4<br />
BBergG aufkommen. Während im Schrifttum bisher davon ausgegangen<br />
wurde, dass die Verlegung von solchen Kabeln immer dem<br />
Bergrecht unterliegt 15 , vertritt die Praxis demgegenüber die Ansicht,<br />
die energetische Vernetzung von Offshore-Windkraftanlagen mit<br />
dem Festland sei dem Rechtsregime der Seeanlagenverordnung zuzuordnen<br />
16 . Ihre Betriebskabel sollen danach nicht dem Bergrecht,<br />
sondern der Seeanlagenverordnung unterliegen. Über ihre Genehmigung<br />
wird dabei bisher nicht bei der Zulassung der Windparks<br />
selbst entschieden, sie bleibt vielmehr einer gesonderten Entscheidung<br />
vorbehalten.<br />
I. Optionen<br />
Insgesamt gibt es folgende denkbare Optionen:<br />
– Zulassungsregime nach § 133 BBergG<br />
– Genehmigung im Rahmen der Zulassungsentscheidung zur Anlage<br />
von Windparks nach § 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV<br />
– Eigenständige Genehmigung nach § 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2<br />
SeeAnlV<br />
– Freistellung von der Genehmigungspflicht nach § 10 SeeAnlV<br />
Dabei ist wiederum zwischen energiezuleitenden und energieableitenden<br />
Kabeln sowie vernetzenden Kabeln innerhalb eines<br />
Windparks zu unterscheiden.<br />
§ 133 Abs. 4 BBergG konstituiert <strong>für</strong> Unterwasserkabel eine bergrechtliche<br />
Genehmigungspflicht. Sie ist als gebundene Entscheidung<br />
ohne Ermessensspielraum ausgestaltet. Die Genehmigung darf nach<br />
§ 133 Abs. 2 S. 1 BBergG nur versagt werden, wenn eine Gefährdung<br />
des Lebens oder der Gesundheit von Personen oder von Sachgütern<br />
oder eine Beeinträchtigung überwiegender öffentlicher Interessen zu<br />
8 Vgl. Kramer, Kabelbauarten sowie Verlegungsmethoden und ihre Auswirkungen<br />
auf magnetische und elektromagnetische Felder, in: Bundesamt <strong>für</strong> Naturschutz<br />
(Hrsg.), Technische Eingriffe in marine Lebensräume, 1999, S. 4.<br />
9 Vgl. dazu Rat von Sachverständigen <strong>für</strong> Umweltfragen, Gutachten 1994, Tz 554<br />
u. Gutachten 1995, Tz. 543 ff.; Empfehlungen der Strahlenschutzkommission<br />
vom 16.7./17. 5. 1995 (BAnz v. 8. 8. 1995).<br />
10 Vgl. dazu Kutscheidt, Die Verordnung über elektromagnetische Felder, NJW<br />
1997, 2481, 2484.<br />
11 Vgl. dazu Kullnik/Marhold, Abschätzung direkter und indirekter biologischer<br />
Wirkungen der elektrischen und magnetischen Felder des EuroKabel/Viking Cable<br />
HGÜ-Bipols auf Lebewesen der Nordsee und des Wattenmeers. Zoologisches<br />
Institut der J. W. Goethe-Universität Frankfurt, 1999.<br />
12 Vgl. auch Kramer (Fn.8), S. 4 f.; SRU (Fn.6), S. 3 ff.<br />
13 Boldt/Weller, Bundesberggesetz. Kommentar, 1984, Rn. 3 zu § 133.<br />
14 Gellermann, Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung ökologischer<br />
Auswirkungen bei der Netzanbindung und –integration von Offshore-Windparks,<br />
Manuskript 2003, S. 5.<br />
15 Erbguth, Offshore-Windenergieanlagen – Rechtsfragen, RdE 1996 85, 87; Jenisch,<br />
Windenergieanlagen im Internationalen Seerecht, ZfB 1996, 108, 119; Klinski,<br />
Rechtliche Probleme der Zulassung von Windkraftanlagen in der AWZ, UBA-<br />
Texte 62/01, S. 15; Resthöft/Dreher, Rechtsfragen bei der Genehmigung von Offshore-Windparks<br />
in der deutschen AWZ nach Inkrafttreten des BNatSchGNeuregG,<br />
ZNER 2002, 95, 101; Brandt/Gaßner, Seeanlagenverordnung. Kommentar,<br />
2002, Rn. 52 zu § 2; Brandt/Dreher, Die Genehmigung von Kabeln zur Ableitung<br />
von Strom aus Offshore-Erzeugung, NordÖR 2003, 138, 139; Gellermann<br />
(Fn.14), S. 6; offen gelassen bei Hübner, Offshore-Windenergieanlagen, ZUR<br />
2000, 138; Beckmann, Die Seeanlagenverordnung, NordÖR 2001, 273, 275.<br />
16 Vgl. Erlass des BMVBW vom 15. 1. 2002 – EW 25/52.0104-7/2, zit. nach BM-<br />
VBW Beantwortung der Anfrage der Universität Rostock vom 20. 9. 2002; vgl.<br />
dazu Gellermann (Fn.14), S. 3 ff.; Erbguth, Wahrung möglicher Belange der Bundesraumordnung<br />
in der Ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik<br />
Deutschland – Raumordnung im Küstenmeer – Rechtsgutachten im Auftrag des<br />
BMVBW, 2002, S. 76.<br />
ZUR 2/2004
Wolf, Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz<br />
besorgen ist, die nicht durch eine Befristung, durch Bedingungen<br />
oder Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden kann. Eine Beeinträchtigung<br />
überwiegender öffentlicher Interessen liegt nach § 133<br />
Abs. 2 S. 2 BBergG insbesondere in den in § 132 Abs. 2 Nr. 3 BBergG<br />
genannten Fällen vor. Dazu zählen unter anderem die Beeinträchtigung<br />
der Pflanzen- und Tierwelt in unvertretbarer Weise (§ 132<br />
Abs. 2 Nr. 3 lit. b) sowie die Besorgnis der Verunreinigung des Meeres<br />
(§ 132 Abs. 2 Nr. 3 lit. d). Die Versagensgründe des § 133 Abs. 2 S. 1<br />
BBergG sind abschließend 17 .<br />
Kompetenzrechtlich ist nach § 133 Abs. 1 BBergG bei der Genehmigung<br />
1. in bergbaulicher Hinsicht und<br />
2. hinsichtlich der Ordnung der Nutzung und Benutzung der Gewässer<br />
über dem Festlandsockel und des Luftraumes über diesen<br />
Gewässern<br />
zu unterscheiden. Für die Genehmigung nach § 133 Abs. 1 S. 1<br />
Nr. 1 BBergG sind die Bergbehörden, <strong>für</strong> die Genehmigung nach<br />
§ 133 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BBergG ist das BSH zuständig (§ 133 Abs. 1<br />
S. 2 BBergG). Verfahrensrechtlich handelt es sich dabei nicht um<br />
eine Genehmigung, sondern – ausweislich des Wortlauts des § 133<br />
Abs. 2 S. 1 BBergG – um zwei rechtlich selbständige Genehmigungen<br />
18 . Gleichwohl besteht zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang.<br />
Die Genehmigung nach § 133 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BBergG<br />
darf nur nach Vorliegen einer Genehmigung nach § 133 Abs. 1 S. 1<br />
Nr. 1 BBergG erteilt werden (§ 133 Abs. 1 S. 3 BBergG). Zwischen<br />
beiden Genehmigungen besteht daher Akzessorietät. Daraus resultiert<br />
die Gefahr, dass sich die jeweils zuständigen Behörden gegenseitig<br />
blockieren können 19 . Dies erscheint zumal deswegen<br />
problematisch, weil sie unterschiedlichen föderalen Gewalten zugeordnet<br />
sind. Die Bergbehörden sind Behörden der Länder, das<br />
BSH ist eine Bundesbehörde, die dem Geschäftsbereich des Bundesverkehrsministers<br />
zugeordnet ist. Konflikte, die nicht konsensual<br />
beigelegt werden können, laufen daher auf eine Bund-Länder-<br />
Streitigkeit hinaus. Bereits daraus wird deutlich, dass § 133 BBergG<br />
keine unproblematische Regelung ist.<br />
§ 1 Abs. 2 SeeAnlV erstreckt den sachlichen Geltungsbereich dieser<br />
Verordnung auf »alle festen oder schwimmend befestigten baulichen<br />
oder technischen Einrichtungen, einschließlich Bauwerke und<br />
künstlicher Inseln, die<br />
1. der Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder<br />
2. anderen wirtschaftlichen Zwecken<br />
dienen«. In diesen Tatbestandsmerkmalen wird die Übernahme<br />
der völkerrechtlichen Grundlegungen des Seerechtsübereinkommens<br />
der Vereinten Nationen deutlich (vgl. Art. 56 Abs. 1 lit. a SRÜ).<br />
Die Genehmigungspflicht dient der Abwehr von Gefahren <strong>für</strong> die<br />
Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und <strong>für</strong> die Meeresumwelt<br />
(§ 2 S. 2 SeeAnlV). Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die<br />
Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt oder die<br />
Meeresumwelt gefährdet wird, ohne dass dies durch eine Befristung,<br />
durch Bedingungen oder Auflagen verhütet oder ausgeglichen<br />
werden kann (§ 3 S. 1 SeeAnlV). Als Versagungsgründe kommen in<br />
Hinblick auf den Schutz der marinen Umwelt insbesondere die Verschmutzung<br />
der Meeresumwelt (§ 3 S. 2 Nr. 3 SeeAnlV) und die Gefährdung<br />
des Vogelzugs (§ 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV) in Betracht.<br />
Ordnet man die Verlegung von Kabeln der Entscheidung über die<br />
Anlagengenehmigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV zu, müssten<br />
diese Leitungen auch Gegenstand der durch § 2a SeeAnlV geforderten<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sein, soweit die Windkraftanlagen<br />
ihrerseits UVP-pflichtig sind. <strong>Das</strong> europäische Gemeinschaftsrecht<br />
sieht eine UVP-Pflicht <strong>für</strong> Windfarmen im Rahmen des<br />
Anhanges II <strong>für</strong> Projekte nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RL vor. <strong>Das</strong> deutsche<br />
UVPG verlangt gem. Nr. 1. 6 der Anlage I des UVPG <strong>für</strong> Windfarmen<br />
mit mehr als 20 Anlagen generell eine Umweltverträglichkeitsprüfung.<br />
Bei Windfarmen zwischen sechs und 20 Anlagen wird eine<br />
ZUR 2/2004<br />
UVP nur nach Maßgabe einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls<br />
(screening) nach § 3b UVPG erforderlich. Bei Windfarmen zwischen<br />
drei und sechs Anlagen ist ihr zunächst eine standortbezogene<br />
Vorprüfung vorzuschalten (§ 3c UVPG).<br />
Wird die Eigenschaft von Kabeln als Teil einer Windkraftanlage<br />
verneint, kommt eine Anwendung des § 2 SeeAnlV nur in Frage,<br />
wenn die Kabel als selbständige Anlage i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 See-<br />
AnlV zu betrachten sind. Eine selbständige Genehmigung setzt umgekehrt<br />
voraus, dass die Kabel nicht Teile einer Anlage sind, die nach<br />
§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV genehmigungsbedürftig ist. Die Kabel<br />
müssten darüber hinaus als Anlagen zu werten sein, die »anderen<br />
wirtschaftlichen Zwecken« i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SeeAnlV dienen<br />
und dürften gleichzeitig keine Anlagen des Bergwesens sein (§ 1<br />
Abs. 2 S. 2 SeeAnlV). Für Anlagengenehmigungen nach § 2 i. V. m.<br />
§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV gelten gleichermaßen die materiellen<br />
Genehmigungsvoraussetzungen des § 3 SeeAnlV. In diesem Fall wäre<br />
eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2a der SeeAnlV allerdings<br />
nur dann erforderlich, wenn die Leitungen selbst nach § 3<br />
UVPG der Pflicht der Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen<br />
würden. Dies ist weder nach dem europäischen Gemeinschaftsrecht<br />
noch nach dem deutschen Recht der Fall. UVP-pflichtig sind nach<br />
Nr. 20 des Anhangs I zu Projekten nach Art. 4 Abs. 1 der UVP-RL der<br />
Europäischen Gemeinschaft nur Freileitungen <strong>für</strong> eine Stromstärke<br />
von 220 kV oder mehr und einer Länge von mehr als 15 km. Auf<br />
oder im Boden verlegte Stromkabel fallen auch nicht unter die UVP-<br />
Pflicht nach Anhang II zu Projekten nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RL. Kabel<br />
zur Leitung von elektrischer Energie gehören gleichfalls nicht zu<br />
den UVP-pflichtigen Leitungen des UVPG (vgl. Nr. 19 des Anhangs<br />
zum UVPG). Mit einer solchen Lösung werden zudem zwei getrennte<br />
Verfahren zur Genehmigung der Anlagen zur Windenergieerzeugung<br />
und der von und zu den Anlagen führenden Kabel erforderlich.<br />
Nach § 10 SeeAnlV kann das BSH schließlich einzelne Anlagentypen<br />
einfacher Bauart und Funktion von der Genehmigungspflicht<br />
befreien, wenn sie offensichtlich keine Beeinträchtigung <strong>für</strong> die<br />
Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs oder Gefahr <strong>für</strong> die<br />
Meeresumwelt darstellen. Dies setzt voraus, dass kein vernünftiger<br />
Zweifel an ihrer Ungefährlichkeit besteht 20 . Sie unterliegen dann nur<br />
einer Anzeigepflicht nach § 11 SeeAnlV.<br />
II. Bewertung<br />
Von den vier vorgestellten Zulassungsvarianten erweist sich die Freistellung<br />
von der seeanlagenrechtlichen Genehmigungspflicht von<br />
vornherein nicht nur deshalb als obsolet, weil eine entsprechende<br />
Befreiung <strong>für</strong> Unterwasserkabel vom BSH nicht erteilt worden ist,<br />
sondern auch deshalb, weil eine solche Befreiung aus materiell-rechtlichen<br />
Gründen nicht erteilt werden dürfte. Energiezu- und -abführende<br />
Kabel von Windkraftanlagen in der AWZ bestehen den negativen<br />
Evidenztest der Ungefährlichkeit 21 nicht und sind daher<br />
nicht freistellungsfähig i. S. d. § 10 SeeAnlV. Dies folgt schon daraus,<br />
dass die Gefahr der Beeinträchtigung der Schifffahrt während der<br />
Verlegung offenkundig und das Risiko ihres Freispülens während<br />
ihres sich über Jahre erstreckenden Betriebs augenscheinlich nicht zu<br />
vernachlässigen ist.<br />
Für die Anwendung des Bergrechts spricht zunächst der Wortlaut<br />
des § 133 Abs. 4 BBergG. Er schreibt die entsprechende Anwendung<br />
der Abs. 1 bis 3 <strong>für</strong> »Unterwasserkabel« vor. Dagegen bezieht sich<br />
§ 133 Abs. 1 BBergG nicht auf Rohrleitungen schlechthin, sondern<br />
17 Boldt/Weller (Fn.13), Rn. 6 zu § 133.<br />
18 Vgl. auch Brandt/Gaßner (Fn. 15), Rn. 75 zu § 1.<br />
19 Vgl. zur Gefahr von Zuständigkeitskonflikten bereits Jenisch, Offshore-Windenergieanlagen<br />
im Seerecht, NuR 1997, 373, 377.<br />
20 Vgl. zum Begriff der Offensichtlichkeit BVerfGE 71, 276, 293; BVerwG, NVwZ<br />
1983, 283.<br />
21 Vgl. dazu auch Brandt/Gaßner (Fn. 15), Rn. 7 zu § 10.<br />
67
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
nur auf Transit-Rohrleitungen. Da<strong>für</strong>, dass das Recht die Unterscheidung<br />
zwischen Transit-Rohrleitungen und Rohrleitungen, die von<br />
Bohrinseln vom deutschen Festlandsockel zum deutschen Festland<br />
geführt werden, auch <strong>für</strong> Kabel, die von Windparks in der deutschen<br />
AWZ zum Festland führen, beachtet wissen will, gibt es im Wortlaut<br />
des § 133 Abs. 4 BBergG keinerlei Hinweise 22 . Er bezieht sich auf<br />
Kabel schlechthin. Auch § 2 Abs. 3 und 4 BBergG geben <strong>für</strong> eine<br />
entsprechende Differenzierung nichts her. Andere bergrechtliche<br />
Vorschriften kennen ebenfalls den Begriff des »Transit-Unterwasserkabels«<br />
nicht. Der Verzicht auf den Begriff »Transit« lässt vielmehr<br />
den Schluss zu, dass alle Unterwasserkabel der Regelung des § 133<br />
BBergG unterfallen sollen 23 .<br />
Zweifel am bergrechtlichen Zulassungsregime können nur dann<br />
hinreichend begründet werden, wenn die Kabel als Bestandteil der<br />
Windenergieanlagen selbst betrachtet werden müßten, die nach § 1<br />
Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV zu genehmigen sind 24 , oder die als selbständige<br />
Anlagen »anderen wirtschaftlichen Zwecken« i. S. d. § 1<br />
Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV dienen und keine Anlagen des Bergrechts<br />
sind. Zu erläutern ist daher zum einen der Anlagenbegriff des § 1<br />
Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV und die Bedeutung der »anderen wirtschaftlichen<br />
Zwecke« in § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV, zum anderen<br />
ist auch die Reichweite der Formulierung »Anlagen des Bergwesens«<br />
in § 1 Abs. 2 S. 2 SeeAnlV klärungsbedürftig. Können Kabel als Anlage<br />
nach § 1 Abs. 2 S. 1 SeeAnlV angesehen werden und wird gleichzeitig<br />
das ausschließende Tatbestandsmerkmal »Anlagen des Bergwesens«<br />
verneint, kann der Anwendungsvorrang der SeeAnlV auf<br />
rechtssystematisch plausible Gründe gestützt werden.<br />
Sollen Kabel im Kontext von § 1 Abs. 2 S. 1 SeeAnlV genehmigt<br />
werden, setzt dies zunächst voraus, dass sie Anlagenqualität besitzen.<br />
Zum Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 SeeAnlV zählen ausweislich seines<br />
Wortlauts nicht nur Bauwerke und künstliche Inseln, sondern auch<br />
feste oder schwimmend befestigte technische Einrichtungen. Da eingespült<br />
verlegte Kabel als ortsfeste technische Einrichtungen betrachtet<br />
werden können 25 , kommen sie grundsätzlich als Anlagen<br />
im Sinne der Seeanlagenverordnung in Betracht. Problematisch ist<br />
jedoch, ob sie zu den Anlagen zur Energieerzeugung aus Wasser,<br />
Strömung oder Wind zu zählen sind oder ob sie »anderen wirtschaftlichen<br />
Zwecken« i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV dienen. In § 1<br />
Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV werden drei technische Varianten der Energieerzeugung<br />
genannt, die offenkundig nicht zum Bergwesen<br />
gehören: Wind, Strömung und Wasser 26 . Im Gegensatz zur Energieerzeugung<br />
aus regenerativen Quellen sind die Anlagen des Bergwesens<br />
wie die Förderung von Erdgas und Erdöl, die in Zusammenhang<br />
mit der konventionellen Energieerzeugung stehen, als Ausnahme<br />
von den energiewirtschaftlichen Anlagen des Nr. 1 den spezialgesetzlichen<br />
Regelungen des Bergrechts zugewiesen. Die in Nr. 2 normierte<br />
Alternative des anderen wirtschaftlichen Zweckes kann daher<br />
dahingehend verstanden werden, dass damit Anlagen gemeint sind,<br />
die nicht die energiewirtschaftlichen Zwecke des Nr. 1, sondern andere<br />
nicht-energiewirtschaftliche Zwecke verfolgen. Über diese generalklauselartig<br />
offen gehaltene Norm könnten etwa Anlagen zur<br />
Müllverbrennung oder zur Meerwasserentsalzung, Einrichtungen<br />
der Aquakultur oder Verkaufstellen auf künstlichen Inseln, aber auch<br />
Einrichtungen <strong>für</strong> Sport, Erholung und Freizeit genehmigt werden 27 .<br />
Versteht man das zwischen Nr. 1 und Nr. 2 bestehende Differenzkriterium<br />
als Unterscheidungsmerkmal zwischen energiewirtschaftlichen<br />
und nicht-energiewirtschaftlichen Zwecken, kommt daher § 1<br />
Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV als eigenständige Genehmigungsgrundlage<br />
<strong>für</strong> Kabel zu Offshore-Windkraftanlagen nicht in Betracht. Kabel, die<br />
zu und von Windkraftanlagen führen, dienen ohne Zweifel energiewirtschaftlichen<br />
Zwecken.<br />
Im Gegensatz dazu geht das BMVBW offensichtlich von einem<br />
anderen Bezug aus. Es unterscheidet zwischen Energieerzeugung und<br />
Energieverwertung. Allein die Energieerzeugung aus den regenerati-<br />
68<br />
ven Quellen Wasser, Strömung und Wind soll Gegenstand einer Genehmigung<br />
nach Nr. 1 sein. Unter die »anderen wirtschaftlichen<br />
Zwecke« des Nr. 2 soll danach die Energieverwertung aus diesen Anlagen<br />
subsumiert werden. Für energieabführende Kabel ist es offenkundig,<br />
dass mit ihnen die Energie abgeleitet werden soll, die in der<br />
Windkraftanlage erzeugt wird. So gesehen können sie begrifflich der<br />
Energieverwertung zugeordnet werden und kommen nach diesem<br />
Verständnis als Gegenstand einer eigenständigen Genehmigung<br />
nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV in Betracht. Eine solche Interpretation<br />
muss allerdings zu dem Ergebnis kommen, dass zwischen den<br />
stromzuführenden Kabeln und den stromabführenden Kabeln ein<br />
rechtlich bedeutsamer Unterschied besteht. Da die stromzuführenden<br />
Kabel zur Gewährleistung der Energieversorgung in Notfällen<br />
benötigt werden, sichern sie die Energieerzeugung aus Windkraft. Sie<br />
können daher nicht »anderen wirtschaftlichen Zwecken« i. S. d. § 1<br />
Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV dienen. Entsprechendes gilt auch <strong>für</strong> die<br />
parkinterne Vernetzung. Dies müsste allerdings zu einer Aufspaltung<br />
der materiell-rechtlichen Genehmigungslage führen 28 . Obwohl Erbguth<br />
ebendies kritisiert und der Ansicht ist, es bestehe eine übergreifende<br />
Genehmigungszuständigkeit des BSH <strong>für</strong> Windkraftanlagen<br />
und Stromkabel, be<strong>für</strong>wortet er im Ergebnis offensichtlich eine materiell-rechtlich<br />
dual angelegte Rechtsgrundlage. Er ordnet die energiezuleitenden<br />
und die energieableitenden Stromkabel den Anlagen<br />
zu, die anderen wirtschaftlichen Zwecken dienen 29 .<br />
Diese Ansicht negiert allerdings den physikalisch-technischen<br />
Funktionszusammenhang von Erzeugung und Verwertung von elektrischer<br />
Energie. Die Differenzierung zwischen Energieerzeugung<br />
und Energieverwertung unterstellt einen Produktions- und Verwertungszusammenhang,<br />
wie er <strong>für</strong> die Güterproduktion typisch ist.<br />
Hier lässt sich die Produktion von der Verwertung des Wirtschaftsgutes<br />
produktionstechnisch und logistisch trennen. Im Gegensatz<br />
dazu geht der bildliche Ausdruck vom Wirtschaftsgut »Energie« fehl,<br />
das über die Leitung transportiert werde. Elektrische Energie ist keine<br />
Sache 30 . Die Produktion elektrischer Energie aus Windkraftanlagen<br />
ist nicht ohne gleichzeitige Konsumtion möglich. Würde die Energie<br />
von einer Windkraftanlage nicht abgeleitet, müsste der Generator<br />
schmelzen, wenn die Anlage betrieben wird. Um dies zu vermeiden,<br />
muss der Rotor abgeschaltet werden, d. h. die Anlage ist aus dem Betrieb<br />
zu nehmen, wenn die Stromabführung unterbrochen ist. Elektrische<br />
Energie kann nur unter besonderen Voraussetzungen ihrer<br />
Umwandlung in andere energetische Formen, die hier nicht gegeben<br />
sind, gespeichert und getrennt von dem Prozess der Erzeugung wirtschaftlich<br />
verwertet werden 31 . Da ein Betrieb einer Windkraftanlage<br />
ohne Energieableitung technisch nicht möglich ist, bilden Produktion,<br />
Leitung und Verbrauch von elektrischer Energie eine Funktionseinheit.<br />
22 Brandt/Dreher (Fn.15), NordÖR 2003, 139; Gellermann (Fn.14), S. 7.<br />
23 So auch Brandt/Dreher wie vor.<br />
24 So Erbguth, Rechtsfragen der Planung und Genehmigung von Offshore-Windenergieanlagen<br />
– unter besonderer Berücksichtigung des nationalen Rechts, in:<br />
Erbguth/Ehlers (Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2002, S. 51 ff. sowie<br />
allerdings unter Bezug auf die alte Rechtslage Jenisch (Fn.19).<br />
25 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 52 zu § 1; Gellermann (Fn.14), S. 3.<br />
26 Vgl. zum Stand der Technik ausführlich Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 53 ff. zu § 1.<br />
27 Beckmann (Fn.15); Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 68 ff. zu § 1; vgl. zu den Nutzungsmöglichkeiten<br />
im Weiteren Gündling, Die 200-Seemeilen-Wirtschaftszone,<br />
1983, S. 213 sowie Fitzpatrick, Künstliche Anlagen und Inseln auf See, 1998,<br />
S. 27 ff.<br />
28 Vgl. dazu bereits kritisch Erbguth, RdE 1996, 85, 86; Jenisch, NuR 1997, 373, 377;<br />
Hübner, NordÖR 2001, 137, 138; Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 76 zu § 1; Erbguth<br />
(Fn.16), Gutachten, S. 76.<br />
29 Erbguth wie vor.<br />
30 Vgl. bereits RGSt 86, 14 »Stromdiebstahl«.<br />
31 Diese Argumentation verliert daher ihre technologische Begründung, falls es gelingen<br />
sollte, die erzeugte Energie vor Ort in einem Medium zu speichern, das<br />
transportfähig ist (z. B. Wasserstoff). In diesem Falle müsste jedoch der Anlagenbegriff<br />
gleichfalls diskutiert werden. Geht man von zwei Anlagen aus, bedürfte<br />
die Zulassung eines Windparks mit integrierter Wasserstoffproduktion<br />
zweier getrennter Genehmigungsverfahren.<br />
ZUR 2/2004
Wolf, Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz<br />
Die soeben entwickelten Überlegungen zur Funktionseinheit von<br />
Energieproduktion und -verwertung sind Argumente <strong>für</strong> die Anwendung<br />
des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV. Stromkabel sind danach<br />
Gegenstand der Anlagengenehmigung <strong>für</strong> Offshore-Windenergieanlagen,<br />
weil sie Teil der Anlage selbst sind. Dies setzt wiederum<br />
voraus, dass sie entweder als wesentlicher Bestandteil oder als Zubehör<br />
der Anlage zu betrachten sind. Energiezuleitende und parkinterne<br />
Vernetzungskabel sind keine technisch unbedingt notwendigen<br />
Funktionselemente einer Windkraftanlage. Diese kann<br />
grundsätzlich auch ohne sie in Betrieb gehen. Sie kommen als Zubehör<br />
oder Nebeneinrichtungen in Betracht. Der Zubehörbegriff<br />
verlangt einen direkten Zusammenhang zur Anlage und eine dienende<br />
Funktion 32 . Dies wird etwa <strong>für</strong> Einrichtungen bejaht, die der<br />
Wartung und Instandhaltung von Anlagen dienen. Dazu zählen<br />
Plattformen und Hubschrauberlandeplätze 33 . Entsprechend sind<br />
die energiezuführenden Kabel als Zubehör zu betrachten, weil sie<br />
zur Gewährleistung der erforderlichen Sicherheitseinrichtungen aus<br />
Gründen der Gefahrenabwehr erforderlich sind 34 . Da<strong>für</strong> spricht<br />
auch die Entstehungsgeschichte.<br />
Demgegenüber gibt die Entstehungsgeschichte keine Grundlage<br />
da<strong>für</strong>, dass die energieableitenden Kabel ebenfalls als Zubehör zu betrachten<br />
sind. Aus der Funktionseinheit von Energieerzeugung und<br />
-verwertung ist vielmehr zu folgern, dass die energieabführenden Kabel<br />
ein <strong>für</strong> den Betrieb der Anlagen wesentliches technisches Element<br />
darstellen. Dies spricht da<strong>für</strong>, sie als wesentliche Bestandteile<br />
zu betrachten. Als wesentliche Bestandteile müssen sie Gegenstand<br />
der Anlagengenehmigung nach § 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 See-<br />
AnlV sein. Damit scheiden sie gleichzeitig als Anlagen des Bergwesens<br />
i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 2 SeeAnlV aus. Ein Blick auf die Modalitäten<br />
der Einspeisung in das Netz zeigt im weiteren, dass Produktion und<br />
Verwertung elektrischer Energie auch als wirtschaftliche Funktionseinheit<br />
betrachtet werden. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 EEG besteht eine Abnahmepflicht<br />
der Netzbetreiber <strong>für</strong> aus Wind erzeugte Energie. Sie<br />
trifft den Netzbetreiber, zu dessen Netz die Windkraftanlage die kürzeste<br />
Entfernung besitzt (§ 3 Abs. 1 S. 2 EEG). Nach § 8 EEG ist die Zuleitung<br />
zum Übergabepunkt an das Netz durch den Betreiber der<br />
Windenergieanlage auf seine Kosten einzurichten. Dieser Grundsatz<br />
gilt nicht nur <strong>für</strong> die Förderung erneuerbarer Energien auf dem Festland,<br />
sondern auch <strong>für</strong> Offshore-Anlagen. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise<br />
gehört damit auch das stromabführende Kabel bis<br />
zur Einspeisung in das Netz zum Offshore-Windpark. Folgt man der<br />
technisch-funktionellen und der wirtschaftlichen Betrachtung, ist<br />
über die stromführenden Kabel in der Zulassungsentscheidung über<br />
den Windpark zu befinden.<br />
Eine solche Zuordnung findet jedoch offensichtlich keine Stütze<br />
in der Praxis der Anlagengenehmigung, die auf dem Festland vorherrscht.<br />
Dem lässt sich zwar entgegenhalten, dass das <strong>Umweltrecht</strong><br />
keinen einheitlichen Anlagenbegriff kennt 35 . Gleichwohl erübrigt<br />
sich damit eine Auseinandersetzung mit dem Anlagenbegriff des<br />
BImSchG nicht 36 . Hier besteht zunächst Einigkeit, dass »der Anlagenbegriff<br />
des Immissionsschutzrechts außerordentlich weit gespannt«<br />
37 ist. Für genehmigungsbedürftige Anlagen wird er durch<br />
die 4. BImSchV weiter präzisiert. Dabei lässt sich bereits aus dem Katalog<br />
der nach § 4 BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlagen des<br />
Anhanges zur 4. BImSchV entnehmen, dass der Anlagenbegriff funktionell<br />
differenziert eingesetzt wird. So sind etwa kleinere Feuerungsanlagen<br />
nach Nr. 1. 2 des Anhangs zur 4. BImSchV genehmigungsbedürftig,<br />
ohne dass daraus eine Genehmigungspflicht <strong>für</strong> die<br />
gesamte Betriebsstätte erwachsen würde. Umgekehrt stellt Nr. 1. 1<br />
des Anhangs klar, dass die Genehmigungspflicht bei Kraftwerken die<br />
gesamte Betriebsstätte betrifft. Damit wird der Anlagenbegriff <strong>für</strong> genehmigungsbedürftige<br />
Anlagen ausdifferenziert. Entsprechend stellt<br />
Nr. 1. 6 des Anhangs klar, dass sich die Genehmigungspflicht <strong>für</strong><br />
Windkraftanlagen auf den gesamten Windpark erstreckt. Bereits dar-<br />
ZUR 2/2004<br />
aus lässt sich entnehmen, dass Kabel Gegenstand der immissionsschutzrechtlichen<br />
Genehmigung sind, soweit sie im Windpark<br />
liegen. Für stromabführende Kabel jenseits des Betriebsgeländes<br />
bleibt die Zuordnung allerdings offen. Hier muss der Anlagebegriff<br />
weiter geschärft werden.<br />
Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchG erstreckt sich das Genehmigungserfordernis<br />
auf alle Anlagenteile und Verfahrensschritte, die zum Betrieb<br />
notwendig sind (Nr. 1) und auf Nebeneinrichtungen, die mit<br />
den Anlagenteilen und Verfahrensschritten in einem räumlichen und<br />
betriebstechnischen Zusammenhang stehen und die <strong>für</strong> das Entstehen<br />
schädlicher Umwelteinwirkungen, die Vorsorge oder das Entstehen<br />
sonstiger Gefahren von Bedeutung sein können (Nr. 2). Die<br />
Anlagenteile und Verfahrensschritte, die zum Betrieb notwendig sind,<br />
werden auch als »Haupteinrichtung« bezeichnet 38 . Maßgeblich ist dabei<br />
die Zweckbestimmung der jeweiligen Anlage 39 . Rohrleitungen<br />
werden danach als Teil der Haupteinrichtung betrachtet. Nebeneinrichtungen<br />
sind dagegen durch ihre untergeordnete und dienende<br />
Funktion gekennzeichnet 40 . Dies betrifft etwa Lager, Abfüll- und Verpackungseinrichtungen<br />
oder Verladevorrichtungen. <strong>Das</strong> BVerwG hat<br />
in diesem Zusammenhang ein Rückkühlwerk als Nebeneinrichtung<br />
betrachtet 41 . Daraus lässt sich entnehmen, dass der immissionsschutzrechtliche<br />
Anlagenbegriff zum einen auf den Betrieb der Anlagen<br />
und dabei zum anderen funktionell auf den Schutzzweck des<br />
Gesetzes bezogen ist. Wird eine betriebsbezogene und schutzgutbezogene<br />
Betrachtung nach den Maßstäben des Anlagengenehmigungsrechts<br />
nach § 4 BImSchG vorgenommen, liegt die Zuordnung<br />
der stromabführenden Kabel zur Haupteinrichtung nahe.<br />
<strong>Das</strong>s die auf dem Festland übliche Praxis im Ergebnis dem eben<br />
explizierten Anlagenbegriff nicht folgt, liegt daran, dass im Anlagengenehmigungsrecht<br />
des BImSchG das Kriterium des technisch-funktionellen<br />
Zusammenhangs durch das Kriterium des räumlichen Zusammenhangs<br />
ergänzt wird. Er ist auf das Betriebsgelände bezogen 42 .<br />
Die Genehmigung eines Kraftwerks nach §§ 4 – 6 BImSchG schließt<br />
nicht mehr die Leitungen ein, die über das Anlagengrundstück hinausführen.<br />
Die Differenzierung zwischen der Genehmigung einer energieerzeugenden<br />
Anlage und seinen energieabführenden Leitungen,<br />
die über das Betriebsgelände hinausgehen, ist auf dem Festland auch<br />
rechtlich geboten. Eine Genehmigung nach §§ 4 ff. BImSchG kann<br />
nicht das Recht schaffen, Leitungen über fremde Grundstücke zu<br />
legen. Dies wäre nur auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses<br />
und der an ihn geknüpften Möglichkeiten zur Enteignung<br />
möglich 43 . Weil eine Anlagengenehmigung nicht weiter gehen kann<br />
als das Grundstück des Betreibers reicht, kann sie sich auch nicht auf<br />
die Leitungen erstrecken, die über fremde Grundstücke führen, auch<br />
wenn sie nach dem Anlagenbegriff und den technischen Gegebenheiten<br />
zum betrieblichen Funktionszusammenhang gehören.<br />
In der AWZ gibt es jedoch keine entgegenstehenden Eigentumsrechte<br />
Dritter. Diese beginnen erst im Küstenmeer, das als Seewasserstraße<br />
Eigentum des Bundes ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 WaStrG). Damit<br />
sprechen rechtssystematische Erwägung <strong>für</strong> einen funktionellen An-<br />
32 Vgl. auch Beckmann, NordÖR 2001, 273, 274.<br />
33 Gellermann (Fn.14), S. 3.<br />
34 So auch Erbguth (Fn.24), S. 51.<br />
35 Vgl. Sundermann-Rosenow, Art. »Anlage«, in: Kimminich/von Lersner/Storm<br />
(Hrsg.), Handwörterbuch des <strong>Umweltrecht</strong>s, Bd. 1, 1994, Sp. 112.<br />
36 Vgl. dazu Koch, Immissionsschutzrecht, in: Koch (Hrsg.), <strong>Umweltrecht</strong>, 2002,<br />
Rn. 46 ff. zu § 4.<br />
37 Jarass, Der Umfang einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen<br />
Anlage, NVwZ 1995, 529, 530.<br />
38 Henkel, Der Anlagenbegriff des BImSchG, 1989, S. 115.<br />
39 Jarass, NVwZ 1995, 529, 531.<br />
40 Jarass, NVwZ 1995, 532.<br />
41 BVerwGE 69, 351, 356.<br />
42 Jarass, NVwZ 1995, 529, 533.<br />
43 Entsprechende Regelungen hält das Energiewirtschaftsrecht <strong>für</strong> die Herstellung<br />
und Erweiterung des Netzes durch Freileitungen vor (vgl. § 11a EnWG). Dagegen<br />
ist die Verlegung unterirdischer Stromkabel privatrechtlichen Vereinbarungen<br />
vorbehalten.<br />
69
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
lagenbegriff im Seeanlagenrecht, der nicht durch das zusätzlich<br />
Kriterium des Betriebsgeländes eingeschränkt ist. Damit kann sich das<br />
seeanlagenrechtliche Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 2 S. 1<br />
Nr. 1 i. V. m. § 2 SeeAnlV auf den Windpark selbst und den gesamten<br />
durch die AWZ führenden Trassenverlauf erstrecken. Für das anschließende<br />
Küstenmeer unterliegen die Kabel einem Genehmigungspuzzle<br />
aus Wasser-, Wasserstraßen- und Naturschutzrecht, das<br />
zur Ermittlung einer optimierten Trassenführung dringend der Ergänzung<br />
durch Raumplanung und Raumordnungsverfahren bedarf 44 .<br />
C. Genehmigungsanforderungen<br />
Materiell muss damit die Verlegung von energiezu- und abführenden<br />
sowie von vernetzenden Kabeln im Windpark den Anforderungen des<br />
§ 3 S. 1 u. 2 SeeAnlV entsprechen. Sie sind negativ in der Form der Versagensgründe<br />
der Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des<br />
Verkehrs sowie der Gefährdung der Meeresumwelt formuliert 45 .<br />
Danach darf die Genehmigung nicht versagt werden, wenn keine Versagensgründe<br />
vorliegen (§ 3 S. 3 SeeAnlV). Diese Schutzgutbestimmung<br />
ist abschließend 46 . <strong>Das</strong> Fehlen von Versagungsgründen indiziert<br />
die Pflicht zur Genehmigung. Damit handelt es sich um eine gebundene<br />
Entscheidung. Ein behördliches Versagensermessen besteht<br />
nicht. Die Genehmigung bezieht sich auf die Errichtung und den Betrieb<br />
47 . Sie hat keine Konzentrationswirkung 48 . Es ist daher grundsätzlich<br />
denkbar, dass noch weitere Genehmigungen einzuholen sind.<br />
Da die Kabel als Bestandteil des Windparks selbst zu betrachten<br />
sind, werden sie auch Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />
sofern der Anlagenkomplex nach Maßgabe von § 2a SeeAnlV<br />
UVP-pflichtig ist. Im Rahmen der vom Antragsteller vorzulegenden<br />
Umweltverträglichkeitsstudie sind nach § 2 Abs. 1 S. 2 UVPG allgemeine<br />
Aussagen über die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen<br />
des Vorhabens auf Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser,<br />
Luft, Klima, Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie die<br />
Wechselwirkungen zwischen ihnen zu treffen. Zu einer Offshore-<br />
UVP gehören dabei Angaben über den Meeresboden und -untergrund,<br />
die Wasserqualität und die hydrodynamischen Auswirkungen,<br />
Benthos, Fische und Meeressäuger, die Avifauna sowie<br />
störfallbedingte Auswirkungen auf den Verkehr 49 . Inwieweit auch<br />
das Landschaftsbild und die Erholung einbezogen werden müssen,<br />
hängt davon ab, ob diese Schutzgüter im Einzelfall betroffen sein<br />
können. <strong>Das</strong> Landschaftsbild ist kein rein ökologisches Schutzgut. Es<br />
setzt die Wahrnehmbarkeit durch den Menschen voraus 50 . Außerhalb<br />
der Sichtweite von der Küste dürften diesen Merkmalen nur bedingt<br />
Bedeutung zukommen. Auch die Erholungsfunktion stellt auf<br />
die Erreichbarkeit durch den Menschen ab 51 .<br />
Eine UVP <strong>für</strong> Kabel gibt grundsätzlich auch die Möglichkeit, unterschiedliche<br />
Varianten der Trassenführung zu untersuchen und zu<br />
diskutieren (vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 5 UVPG). Allerdings ist hier einschränkend<br />
der restriktive Zulassungsrahmen des einschlägigen<br />
Fachrechts zu berücksichtigen. § 3 SeeAnlV kennt nur zwei Versagensgründe.<br />
Diese reflektieren eine umfassende Optimierung der<br />
Trassenführung nicht. Deshalb sind hier rechtsstaatliche Grenzen <strong>für</strong><br />
die Zumutbarkeit des Verlangens zu beachten, wenn dem Antragsteller<br />
umfangreiche Untersuchungen über Alternativtrassen im<br />
Rahmen einer UVP aufgegeben werden sollen 52 . Dieser Vorbehalt<br />
kann sich entscheidend relativieren, wenn der Ausgleich von Eingriffen<br />
in Natur und Landschaft als zusätzliches Zulassungselement<br />
in der AWZ zu beachten ist (vgl. dazu 3. 3.).<br />
I. Gefährdung der Meeresumwelt<br />
Ein Grund <strong>für</strong> das Versagen einer Anlagengenehmigung ist gegeben,<br />
wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt<br />
70<br />
wird oder die Meeresumwelt gefährdet wird (§ 3 S. 1 SeeAnlV). Eine<br />
Gefährdung der Meeresumwelt liegt insbesondere vor, wenn eine<br />
Verschmutzung der Meeresumwelt zu besorgen ist (§ 3 S. 2 Nr. 3 See-<br />
AnlV) oder der Vogelflug gefährdet wird (§ 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV).<br />
Diese beiden Konkretisierungen des Schutzgutes »Meeresumwelt«<br />
haben nur exemplarische Bedeutung. Sie sind nicht abschließend<br />
formuliert 53 . In Bezug auf die gegenständliche Reichweite ist der Begriff<br />
der Meeresumwelt damit der umfassendere und auch der maßgebliche<br />
Bezugsrahmen. Er umfasst die gesamten ökologischen Bedingungs-<br />
und Wirkungszusammenhänge im und über dem Meer,<br />
die seine Funktion als Lebensraum <strong>für</strong> Tiere und Pflanzen sowie <strong>für</strong><br />
den Naturhaushalt insgesamt ausmachen 54 . Der Schutz bezieht sich<br />
sowohl auf die Bau- als auch auf die Betriebsphase.<br />
Der exemplarisch erwähnte Tatbestand der Verschmutzung der<br />
Meeresumwelt entspricht der Regelung in § 132 Abs. 2 Nr. 3 lit. d<br />
BBergG. Er ist dabei nach Maßgabe von § 3 S. 2 Nr. 3 SeeAnlV unter<br />
Bezug auf Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 SRÜ zu interpretieren. Eine Meeresverschmutzung<br />
liegt danach vor, wenn sich aus der unmittelbaren oder<br />
mittelbaren Zuführung von Stoffen oder Energie durch den Menschen<br />
in die Meeresumwelt abträgliche Wirkungen ergeben oder ergeben<br />
können. Dazu zählt das SRÜ die Schädigung der lebenden Ressourcen,<br />
der Tier- und Pflanzenwelt des Meeres, die Gefährdung der<br />
menschlichen Gesundheit, die Behinderung der maritimen Tätigkeiten<br />
einschließlich der Fischerei und der sonstigen Nutzungen des<br />
Meeres, die Beeinträchtigung des Gebrauchswertes des Meerwassers<br />
und die Verringerung der Annehmlichkeiten der Umwelt. Eine Meeresverschmutzung<br />
kann danach durch zwei Aktivitäten herbeigeführt<br />
werden: Zuführung von Stoffen und von Energie. Ortsfeste Anlagen<br />
können dabei nicht als zuführbare Stoffe i. S. d. § 3 S. 2 Nr. 3<br />
SeeAnlV betrachtet werden 55 . Dies gilt auch <strong>für</strong> Kabel 56 . Allerdings<br />
kommen Kabel insoweit als Verursacher einer Meeresverschmutzung<br />
in Betracht, als von ihnen Energie in der Form von Wärme oder elektromagnetischen<br />
Wellen abgegeben wird. Die Erwärmung der Umgebung<br />
der Kabel dürfte dabei allerdings eher gering und kleinräumig<br />
ausfallen, so dass es wenig wahrscheinlich erscheint, dass sich<br />
daraus eine Versagung rechtfertigen kann. Elektromagnetische Wellen<br />
besitzen abträgliche Wirkungen <strong>für</strong> die marine Lebenswelt, wenn<br />
sie das Orientierungs- und Kommunikationsvermögen der Lebewesen<br />
stören, zur Vertreibung und Desorientierung führen oder ihre<br />
Nahrungsgrundlagen und Laichgründe beeinträchtigen 57 . Ob da<strong>für</strong><br />
aus der 26. BImSchV einschlägige Maßstäbe zu gewinnen sind, ist<br />
fraglich. Die sog. »Elektrosmog-Verordnung« zielt auf den Schutz des<br />
Menschen. Sie berücksichtigt möglicherweise sensiblere Tiere nicht.<br />
Im weiteren ist das Tatbestandselement der Abträglichkeit nicht nur<br />
auf die Ökologie des Meeres beschränkt, es schließt auch die marinen<br />
Tätigkeiten des Menschen wie den Fischfang und andere Nutzungen<br />
der natürlichen Ressourcen ein 58 .<br />
44 Vgl. dazu Brandt/Dreher, NordÖR 2003, 138, 140 ff.<br />
45 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 6 zu § 3; Dahlke, Genehmigungsverfahren <strong>für</strong> Offshore-Windenergieanlagen<br />
nach der Seeanlagenverordnung, NuR 2002, 472,<br />
473 ff..<br />
46 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 33 zu § 2; Beckmann, NordÖR 2001, 273, 275.<br />
47 Vgl. auch Beckmann, NordÖR 2001, 273.<br />
48 Erbguth, RdE 1996, 85, 86; Jenisch, NuR 1997, 373, 377; Beckmann, NordÖR 2001,<br />
273, 275.<br />
49 Vgl. dazu ausführlich Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 46 ff. zu § 2a.<br />
50 Vgl. insoweit auch OVG Münster, NuR 1994, 95.<br />
51 BVerwGE 85, 348, 359.<br />
52 Vgl. dazu allgemein auch Haneklaus, in: Hoppe (Hrsg.), UVPG. Kommentar,<br />
2002, Rn. 20 zu § 6.<br />
53 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 8 zu § 3.<br />
54 Vgl. dazu Gellermann (Fn.14), S. 16; Klinski (Fn.15), S. 54 ff.<br />
55 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 39 zu § 3; Klinski (Fn.15), S. 51; Dahlke (Fn.45), NuR<br />
2002, 472, 474.<br />
56 So auch Gellermann (Fn.14), S. 13.<br />
57 Vgl. dazu ausführlich Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 44 ff. zu § 3.<br />
58 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 36 zu § 3.<br />
ZUR 2/2004
Wolf, Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz<br />
Der Versagensgrund der Gefährdung des Vogelzugs verdeutlicht die<br />
Bedeutung des Meeres als Futter-, Rast- und Durchzugsgebiet <strong>für</strong><br />
Vögel 59 . Schutzziel ist damit der Erhalt der Zugrouten und Wanderwege<br />
60 . Offenkundig ist hier das Störpotential während der Verlegung<br />
der Kabel. Es ist jedoch zeitlich begrenzt und wird daher nicht ohne<br />
weiteres als Versagensgrund betrachtet werden können. Umso mehr<br />
verdienen Maßnahmen zur zeitlichen Begrenzung der Verlegung und<br />
zur technischen Minimierung der Eingriffe Beachtung. Im Gegensatz<br />
zu den Anlagen zur Erzeugung von Windenergie dürfte vom Betrieb<br />
von Unterwasserkabeln keine unmittelbare Gefahr <strong>für</strong> Vögel ausgehen.<br />
Kollisionen sind nicht denkbar, auch Scheuchwirkungen sind<br />
kaum vorstellbar. Nicht von der Hand zu weisen sind allerdings mittelbare<br />
Wirkungen. Verlieren Fische im Meer ihre Lebensgrundlage<br />
durch die Einwirkungen, die von Kabeln ausgehen, so kann mittelbar<br />
auch die Nahrungsbasis von Seevögeln beeinträchtigt werden. Auch<br />
dies stellt eine Gefährdung des Vogelzuges dar.<br />
Im Gegensatz zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 lit. b BBergG, der auf die gesamte<br />
Pflanzen- und Tierwelt abstellt, scheint der Schutzbereich des<br />
§ 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV kleiner geschnitten zu sein. Mit dieser Vorschrift<br />
wird jedoch nur exemplarisch auf eine unter mehreren Gefahren<br />
<strong>für</strong> die Meeresumwelt hingewiesen. Nach § 3 S. 1 SeeAnlV<br />
kommen neben der Meeresverschmutzung und dem Vogelzug auch<br />
andere Gefährdungen der Meeresumwelt wie die Veränderung der<br />
Sedimentverhältnisse und der Wasserqualität oder schädliche Einwirkungen<br />
auf die Tier- und Pflanzenwelt als Versagensgründe in Betracht.<br />
Dies betrifft nicht nur die Folgen der von den Kabeln ausgehenden<br />
elektromagnetischen Wellen und Wärme <strong>für</strong> Fische und<br />
Meeressäuger, sondern auch die Störung ihrer Futter-, Rast- und Aufzuchtgebiete<br />
während der Verlegung. Damit bleibt der Schutzbereich<br />
nicht hinter dem Bergrecht zurück.<br />
Offen geblieben ist damit allerdings das gesetzliche Schutzniveau.<br />
§ 3 S. 1 SeeAnlV spricht von Gefahren <strong>für</strong> die Meeresumwelt. Entsprechend<br />
stellt § 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV auf die Gefährdung des<br />
Vogelzugs ab. Von einer Gefahr ist nach dem Polizei- und Ordnungsrecht<br />
auszugehen, wenn sie sich ohne Abwehrmaßnahmen<br />
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an einem<br />
Schutzgut verdichten wird 61 . Dagegen verwendet § 3 S. 2 Nr. 3 See-<br />
AnlV den Begriff der Besorgnis einer Verschmutzung der Meeresumwelt.<br />
Der Begriff der Besorgnis gehört zu den prägenden Elementen<br />
des deutschen Wasserrechts (vgl. §§ 19b Abs. 1, 19c Abs. 1 S. 2, 19g<br />
Abs. 1 S. 1, 26 Abs. 2 S. 1, 32b S. 1 u. 36b Abs. 6 WHG). Er ist im Vorfeld<br />
der polizeilichen Gefahr angesiedelt 62 . Überträgt man diese Bedeutung<br />
auf die Meeresverschmutzung, ist es zur Versagung einer<br />
Genehmigung nicht erforderlich, dass die abträglichen Wirkungen<br />
eindeutig feststehen 63 . Es reicht aus, wenn nach dem aktuellen<br />
Wissensstand bestimmte Kausalverläufe weder bejaht noch ausgeschlossen<br />
werden können 64 . Aus dem gesetzlichen Besorgnispotential<br />
resultiert die Pflicht, konservative Annahmen zugrunde zu<br />
legen 65 . Der Schadenseintritt muss »praktisch« ausgeschlossen sein.<br />
Damit stellt sich die Frage, ob der Gefährdung der Meeresumwelt<br />
i. S. d. § 3 SeeAnlV ein einheitliches Schutzniveau der polizeilichen<br />
Gefahrenabwehr zugrunde liegt oder eine Erweiterung der Gefahrenabwehr<br />
in Richtung auf eine Gefahrenvorsorge <strong>für</strong> die marine<br />
Umwelt gefordert ist oder gar eine umfassende Vorsorge im Sinne<br />
einer nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung zum Gegenstand hat.<br />
Die unklare Regelungslage wird allgemein beklagt 66 . Sicherlich ist<br />
aus ihr keine umfassende Vorsorgeverpflichtung ableitbar. § 3 See-<br />
AnlV gibt keinen Ansatz <strong>für</strong> ein umfassendes Ressourcenmanagement.<br />
Er enthält insbesondere keinen Raum <strong>für</strong> ein Bewirtschaftungsermessen<br />
67 . Entsprechendes gilt auch im Grundsatz <strong>für</strong> die<br />
planerische Vorsorge. Eine vorsorgende Koordination konkurrierender<br />
Nutzungen mit dem Ziel der räumlichen Optimierung mehrerer<br />
Alternativen ist im Rahmen des § 3 SeeAnlV nur sehr einschränkt<br />
möglich. Die Einflussnahme auf den Trassenverlauf beschränkt sich<br />
ZUR 2/2004<br />
auf das Ausräumen von Gefahren <strong>für</strong> die Meeresumwelt. Die positive<br />
Steuerung der Standorte ist bislang der Gebietsplanung nach § 3a<br />
SeeAnlV vorbehalten, eine – begrenzte – räumliche Ausschlusswirkung<br />
könnte von der Einrichtung von geschützten Meeresflächen<br />
nach § 38 BNatSchG ausgehen. Da allerdings bereits Art. 194 Abs. 1<br />
SRÜ nicht nur zur Abwehr von Gefahren, sondern ausdrücklich zur<br />
Verhütung verpflichtet, ist auch das Zulassungsrecht <strong>für</strong> Anlagen auf<br />
vorgelagerte Elemente der Gefahrenvorsorge auszurichten 68 .<br />
§ 3 SeeAnlV kann sich schließlich schon deshalb nicht mit der hergebrachten<br />
polizeilichen Gefahrenabwehr begnügen, weil deren<br />
kognitive Grundvoraussetzung – hinreichendes Erfahrungswissen –<br />
nicht gegeben ist. Die Errichtung von Offshore-Anlagen erfolgt trotz<br />
vielfältiger Forschungsvorhaben zur Zeit noch immer unter den<br />
Hypotheken unzureichender praktischer Erfahrungen, manifester<br />
empirischer Wissensdefizite, ungeklärter Wirkungszusammenhänge<br />
und offenkundiger Prognoselücken 69 . Angesichts dieser kognitiven<br />
Defizite erübrigt sich jeder ins Einzelne gehende normative Diskurs<br />
über die Grenzlinie zwischen Gefahrenabwehr und Vorsorge 70 . Vielmehr<br />
zwingt bereits die Verantwortung zur Abwehr von Gefahren zu<br />
vorverlegten und begleitenden Maßnahmen der Gefahrenerforschung.<br />
Die Hauptaufgabe eines Risikomanagements besteht daher<br />
darin, belastbares Wissen über die Folgen der Errichtung von Anlagen<br />
und der Verlegung von Kabeln zu generieren 71 . Hier kommt der Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />
dem Monitoring während des Betriebs<br />
und anderen Maßnahmen der Überwachung eine zentrale Rolle zu.<br />
<strong>Das</strong> vorhabenbegleitende Monitoring ist daher auch zu einem Kernelement<br />
der behördlichen Anforderungen bei der Zulassung von Anlagen<br />
geworden 72 . Im weiteren ist durch den Modus der Zulassungsentscheidung<br />
selbst da<strong>für</strong> Sorge zu tragen, dass auch nach Zulassung<br />
Maßnahmen zur Abwehr von nunmehr als Gefahren erkannten Einwirkungen<br />
auf die Umwelt mit dem Zuwachs an belastbarem Wissen<br />
durchsetzbar bleiben. Dies ermöglicht § 4 Abs. 3 SeeAnlV, der die<br />
nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen<br />
vorsieht. Auch in einer Temporalisierung der Zulassungsentscheidung<br />
können sich Besorgnispotentiale manifestieren. In der Befristung der<br />
Genehmigung (§ 4 Abs. 1 SeeAnlV) liegt eine wichtige Gestaltungsmöglichkeit,<br />
auf eine Verminderung des Störpotenzials hinzuwirken.<br />
II. Beseitigung von Anlagen<br />
Den Genehmigungsinhaber trifft nach § 12 Abs. 1 SeeAnlV noch<br />
eine weitere Pflicht. Nach Erlöschen der Genehmigung sind die Anlagen<br />
zu beseitigen, wenn sie ein Hindernis <strong>für</strong> den Verkehr oder den<br />
Fischfang darstellen oder es der Schutz der Meeresumwelt erfordert.<br />
Diese Verpflichtung findet ihre völkerrechtliche Referenznorm in<br />
Art. 60 Abs. 3 S. 2 – 4 SRÜ. Da die zu einer Anlage zur Windkrafterzeugung<br />
führenden Kabel nach § 2 SeeAnlV genehmigungsbedürftig<br />
sind, fallen auch sie grundsätzlich unter die Pflicht zur Beseitigung<br />
59 Vgl. auch Dahlke (Fn.45), NuR 2002, 472, 474.<br />
60 Gellermann (Fn.14), S. 15.<br />
61 Vgl. nur BVerwGE 45, 51, 61.<br />
62 Vgl. dazu Kloepfer, <strong>Umweltrecht</strong>, 1998, Rn. 132 zu § 13.<br />
63 Beckmann, NordÖR 2001, 273, 277.<br />
64 BVerwGE 72, 300, 315.<br />
65 BVerwGE 72, 300, 316.<br />
66 Vgl. dazu kritisch bereits Erbguth, RdE 1996, 85, 86; ihm folgend Brandt/Gaßner<br />
(Fn.15), Rn. 29 ff. zu § 3; Resthöft/Dreher, ZNER 2002, 95, 97.<br />
67 So aber offensichtlich Jenisch, NuR 1997, 373, 377.<br />
68 Resthöft/Dreher, ZNER 2002, 95, 97.<br />
69 Vgl. auch Dahlke, NuR 2002, 472, 474.<br />
70 Vgl. dazu Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 27 ff. zu § 3.<br />
71 Vgl. zum Vorsichtsprinzip bei Kenntnisdefiziten Erbguth, Raumbedeutsames<br />
<strong>Umweltrecht</strong>, 1986, S. 82; ihm folgend <strong>für</strong> den marinen Umweltschutz,<br />
Czybulka, Naturschutzrecht im Küstenmeer und der Ausschließlichen Wirtschaftszone,<br />
NuR 1999, 562, 563.<br />
72 Vgl. dazu Bundesamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt und Hydrographie, Standarduntersuchungskonzept<br />
<strong>für</strong> die Untersuchung und Überwachung der Auswirkungen<br />
von Offshore-Windenergieanlagen (WEA) auf die Meeresumwelt, 2001.<br />
71
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
nach § 12 Abs. 1 SeeAnlV. Allerdings enthält § 12 SeeAnlV keine kategorische,<br />
sondern lediglich eine begrenzte Beseitigungspflicht. 73 Sie<br />
greift nur, wenn Kabel ein Hindernis <strong>für</strong> den Verkehr oder den Fischfang<br />
darstellen oder der Schutz der Meeresumwelt es erfordert.<br />
III. Ausgleich von Eingriffen<br />
Auf dem Festland wird die Zulassung von Eingriffen in Natur und<br />
Landschaft durch die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach<br />
Maßgabe der §§ 18 ff. BNatSchG flankiert. Ob das BNatSchG in der<br />
AWZ anzuwenden ist, war bisher umstritten. Nach der vom Vorverständnis<br />
einer territorial fixierten Staatsgewalt geprägten Ansicht verlangt<br />
die Anwendung eines Gesetzes in der AWZ und auf dem Festlandsockel<br />
eine ausdrückliche Erstreckungsklausel wie etwa in § 2<br />
Abs. 1 EEG 74 . Die Gegenmeinung verweist auf die durch Art. 192<br />
und 194 SRÜ völkerrechtlich normierten sowie die durch Art. 20a GG<br />
verfassungsrechtlich vorgegebenen Schutzpflichten des Staates 75 .<br />
Zwar können in der AWZ nationalstaatliche Regelungen grundsätzlich<br />
Geltung beanspruchen, soweit sie den durch das SRÜ gesetzten<br />
funktionellen Beschränkungen entsprechen, und verlangt das<br />
Grundgesetz auch jenseits des deutschen Hoheitsgebietes Beachtung<br />
durch die dort handelnden deutschen Behörden, daraus ergibt sich<br />
jedoch keine automatische Geltungserstreckung von Gesetzen kraft<br />
Völker- oder Verfassungsrecht 76 . Maßgeblich <strong>für</strong> den Einzelfall ist<br />
vielmehr, ob das jeweilige Gesetz eine Anwendung zulässt 77 . Da<strong>für</strong><br />
bedarf es nicht notwendigerweise einer förmlichen Geltungserstreckung,<br />
wohl aber eines rechtssystematisch trifftigen Grundes 78 .<br />
Da sich das Naturschutzrecht auch mit der Regelung von Naturschutzbelangen<br />
im Meer befasst, deren Probleme der Sache nach<br />
auch <strong>für</strong> den Festlandsockel und die AWZ einschlägig sein können,<br />
gibt es keinen sachlichen Grund gegen seine Anwendbarkeit 79 . Nach<br />
dem Inkrafttreten des neuen BNatSchG ist es eindeutig, dass das<br />
BNatSchG mit seinen Vorschriften über geschützte Meeresflächen in<br />
§ 38 BNatSchG Aussagen zum marinen Umweltschutz enthält. Es<br />
bleibt allerdings offen, ob auch andere Regelungen des BNatSchG in<br />
der AWZ zur Anwendung kommen können 80 . Für die naturschutzrechtliche<br />
Eingriffsregelung sind die Anwendungshürden zusätzlich<br />
erhöht, weil die maßgeblichen §§ 18 und 19 BNatSchG als rahmenrechtliche<br />
Regelungen keine unmittelbare Geltung besitzen.<br />
Allerdings konnte bereits vor der Novellierung des BNatSchG die<br />
Kontroverse über die Anwendbarkeit der Eingriffsregelung <strong>für</strong> planfeststellungsbedürftige<br />
Vorhaben auf dem Festlandsockel nach § 52<br />
Abs. 2a BBergG vermieden werden 81 . In diesen Fällen muss eine bergrechtliche<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden.<br />
Sie verlangt wiederum eine Beschreibung der Maßnahmen, mit denen<br />
erhebliche Beeinträchtigungen der Umwelt vermieden, vermindert<br />
oder soweit möglich ausgeglichen werden, sowie der Ersatzmaßnahmen<br />
bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen<br />
in Natur und Landschaft (§ 57a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BBergG). Daraus lässt<br />
sich ein deutlicher Hinweis auf die Anwendbarkeit des naturschutzrechtlichen<br />
Grundsatzes der Vermeidung, Verminderung und<br />
des Ausgleichs von Eingriffen im Bereich des Festlandsockels entnehmen<br />
82 . Entsprechendes gilt auch <strong>für</strong> die Genehmigung nach § 2<br />
SeeAnlV. Sofern hier gem. § 2a SeeAnlV eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
nach Maßgabe des UVPG erforderlich ist, gehört dazu auch<br />
die Beschreibung der Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung<br />
von Beeinträchtigungen der Umwelt sowie zum Ausgleich und<br />
Ersatz von Eingriffen in Natur und Landschaft (§ 6 Abs. 3 Nr. 3<br />
UVPG). Im Falle der integrierten Anlagengenehmigung <strong>für</strong> Windpark<br />
und Kabel erstreckt sich diese Pflicht auch auf die Kabel. Im<br />
Rahmen der Untersuchung von Möglichkeiten zur Vermeidung und<br />
Minderung von Eingriffen können hier auch alternative Trassenführungen<br />
diskutiert werden, die etwa Riffe, Sandbänke, Seegraswiesen<br />
oder andere besonders wichtige Lebensräume umgehen.<br />
72<br />
Streng genommen handelt es sich bei § 6 Abs. 3 Nr. 3 UVPG allerdings<br />
nur um eine Darstellungspflicht, sie verlängert sich jedoch<br />
nach § 12 UVPG in eine Pflicht zur Bewertung und zur Berücksichtigung<br />
im Rahmen der Gesetze 83 . Da § 3 SeeAnlV ausdrücklich den Erlass<br />
von Bedingungen und Auflagen zum Ausgleich von Gefährdungen<br />
der Meeresumwelt zulässt, kann die Genehmigungsbehörde<br />
grundsätzlich auch Maßnahmen zur Verminderung und zur Kompensation<br />
von Eingriffen verlangen. Die Genehmigungsbehörde ist<br />
dabei wohl nicht an das Regime des § 19 BNatSchG im Einzelnen<br />
gebunden, kann aber auch <strong>für</strong> die Verlegung und den Betrieb von<br />
Stromkabeln Maßnahmen verlangen, mit denen die Folgen eines<br />
Eingriffs vermindert oder kompensiert werden 84 . In diesem Rahmen<br />
kann auch Einfluss auf die Trassenführung genommen werden.<br />
Streitig kann allenfalls sein, ob sie im Falle von nichtkompensierbaren<br />
Eingriffen anstelle der Naturalkompensation auch eine finanzielle<br />
Kompensation verlangen darf. Ersatzzahlungen sind weder im<br />
UVPG noch in § 3 SeeAnlV vorgesehen.<br />
IV. Standortplanung und Trassenkoordination<br />
Ausweislich der vorgelegten energiepolitischen Konzeptionen zur<br />
Förderung der Windkraftnutzung und der Planungen der Anlagenbetreiber<br />
werden Anlagen im Offshore-Bereich kein Unikat bleiben,<br />
sondern sich zum »Massenphänomen« entwickeln 85 . Mit zunehmendem<br />
Nutzungsdruck auf die AWZ entsteht die Herausforderung,<br />
konkurrierende Nutzungen planerisch zu koordinieren. Dies betrifft<br />
nicht nur die potentiell konfligierenden Belange von Schifffahrt,<br />
Fischerei, Bergbau, Windenergie und Naturschutz, sondern auch<br />
gleichgerichtete Nutzungsansprüche von verschiedenenen Vorhaben<br />
gleicher Nutzungstypik, also der Nutzung der Windenergie<br />
selbst. Hier geht es insbesondere um die Optimierung der Trassen,<br />
die von und zu den verschiedenen Windparks führen. Gemeinsame<br />
Trassenkorridore oder gar gemeinsame Trassen können die Konflikte<br />
mit anderen Nutzungen mindern. Eine räumliche und zeitliche<br />
Koordination der Verlegung von Kabeln käme insbesondere den<br />
Schutzbedürfnissen der marinen Umwelt entgegen.<br />
Im Rahmen einer einheitlichen Genehmigung eines Windparks<br />
mit den dazu gehörigen Leitungen können auch bei Durchführung<br />
einer UVP und unter Beachtung des Ausgleichs von Eingriffen die<br />
planerischen Anforderungen einer räumlich optimierten Trassenführung<br />
nicht hinreichend berücksichtigt werden. Es gibt zur Zeit<br />
keine rechtlichen Instrumente <strong>für</strong> eine übergreifende planerische<br />
Koordination von Trassen mehrerer Betreiber. Die Zulassungsentscheidung<br />
muss daher planerisch unterfüttert werden. Nach § 3a<br />
SeeAnlV kann der Bundesminister <strong>für</strong> Verkehr besondere Eignungsgebiete<br />
<strong>für</strong> Windkraftanlagen festlegen. Damit soll die Möglichkeit<br />
zur räumlichen Steuerung der Einrichtung von Windparks in der<br />
73 Vgl. auch Jenisch, NuR 1997, 373, 377; Hübner, NordÖR 2000, 137, 139.<br />
74 Vgl. etwa Jenisch, NuR 1997, 373, 377; Hübner, NordÖR 2001, 137, 138; Lagoni, Die<br />
Errichtung von Schutzgebieten in der ausschließlichen Wirtschaftszone aus völkerrechtlicher<br />
Sicht, NuR 2002, 121, 124; Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 60 zu § 30.<br />
75 Gündling (Fn.27), S. 221; Czybulka, NuR 1999, 562, 564 ff.; ders., <strong>Das</strong> Rechtsregime<br />
der Ausschließlichen Wirtschaftszone, NuR 2001, 367, 369; Resthöft/Dreher,<br />
ZNER 2002, 95 .<br />
76 Krieger, Die Anwendbarkeit nationaler und internationaler Regelungen auf die<br />
Erdgasgewinnung aus dem deutschen Festlandsockel, DVBl. 2002, 300, 304.<br />
77 Vgl. auch Erbguth, Gutachten, S. 41 f.<br />
78 Vgl. dazu <strong>für</strong> die Gewinnung von Bodenschätzen überzeugend Krieger, DVBl.<br />
2002, 300, 303 ff.<br />
79 Cybulka, NuR 1999, 562, 563; Krieger, DVBl. 2002, 300, 304.<br />
80 Vgl. ablehnend Klinski (Fn.15), S. 21; Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 60 zu § 3;<br />
Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, 2003, Rn. 14 zu § 30.<br />
81 Vgl. dazu Wolf, Der Schutz der Umwelt beim Bau von Bohrinseln, UPR 1998,<br />
281, 288.<br />
82 So auch Krieger, DVBl. 2002, 300, 305.<br />
83 So bereits Wolf, UPR 1998, 281, 288.<br />
84 So im Ergebnis auch Gellermann (Fn.14), S. 25.<br />
85 Gellermann (Fn.14), S. 98.<br />
ZUR 2/2004
Wolf, Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz<br />
AWZ geschaffen werden. Diese Regelung verfolgt einerseits das Ziel,<br />
den Wildwuchs von Anlagen in der AWZ zu verhindern und eine<br />
strukturierte Entwicklung zu fördern, andererseits soll auch Rechtssicherheit<br />
<strong>für</strong> die Investoren geschaffen werden 86 . Sie kann daher als<br />
der erste Schritt <strong>für</strong> eine planerische Bewältigung der raumrelevanten<br />
Koordinationsprobleme der Windenergie in der AWZ betrachtet<br />
werden. Entsprechend kann der Bundesumweltminister nunmehr<br />
geschützte Meeresflächen festlegen, die bestimmte Nutzungen einschränken<br />
oder ausschließen (§ 38 BNatSchG).<br />
<strong>Das</strong>s mit § 3a SeeAnlV tatsächlich eine strukturierte Standortplanung<br />
möglich wird, ist in der Literatur bezweifelt worden 87 .<br />
Zunächst wird kritisiert, dass von § 3a SeeAnlV nicht nur standortbezogene<br />
Kriterien (Schifffahrt, Meeresschutzgebiete, Vogelzugrouten),<br />
sondern auch das anlagenbezogene Kriterium der Meeresverschmutzung<br />
benannt werden. Darin wird eine inkonsistente<br />
Vermischung von gebietsbezogener Planung und Anlagenzulassung<br />
gesehen 88 . Im Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die standortbezogenen<br />
Kriterien des § 3a SeeAnlV eine darüber hinausgehende<br />
integrierte Raumordnungsplanung nicht zulassen 89 . Insbesondere<br />
wird jedoch bemängelt, dass die Festlegung von besonderen Eignungsgebieten<br />
die Errichtung von Anlagen außerhalb dieser Gebiete<br />
nicht nach dem Muster von § 7 Abs. 4 Nr. 3 ROG ausschließt 90 .<br />
Vielmehr ist die Errichtung von Windkraftanlagen auch außerhalb<br />
dieser Gebiete grundsätzlich möglich und sogar in geschützten Meeresflächen<br />
i. S. d. § 38 BNatSchG unter der Voraussetzung zulässig,<br />
dass sie den Verträglichkeitsanforderungen des § 34 BNatSchG gerecht<br />
werden (§ 38 Abs. 1 Nr. 4 u. Nr. 5 BNatSchG) 91 . Solche Gebiete<br />
kommen daher schon deswegen nicht ernsthaft <strong>für</strong> eine »Negativplanung«<br />
gegenüber unwillkommenen Kabeltrassen in Betracht 92 .<br />
Eine Festlegung besonderer Eignungskorridore <strong>für</strong> Kabel mit der<br />
Funktion eines bindenden raumordnerischen Surrogates ist daher<br />
de lege lata nicht möglich 93 . Da sich Konkurrenzen gegensätzlicher<br />
Nutzungen in der AWZ häufen, soll jedoch nach der von der Bundesregierung<br />
am 15. 10. 2003 beschlossenen Gesetzesinitiative zur<br />
Änderung des ROG die Raumordnung Aufgabe des Bundes werden<br />
(vgl. § 18a ROGE). Dies ist völkerrechtlich zulässig 94 . Mit der Einführung<br />
der Raumordnungsplanung in der AWZ könnte nicht nur<br />
das planerische Steuerungspotential <strong>für</strong> die Zuordnung von gebietsspezifischen<br />
Nutzungen, sondern auch <strong>für</strong> Trassen steigen. Es<br />
ist im Rahmen einer Raumordnungsplanung grundsätzlich zulässig,<br />
vorzugswürdige Trassen oder Trassenkorridore vorzusehen. Dies<br />
könnte auch ohne Rückgriff auf die Instrumente der Festlegung von<br />
Vorbehalts-, Vorrang oder Eignungsgebieten dadurch geschehen,<br />
dass Grundsätze <strong>für</strong> die Trassenführung als Ziele der Raumordnung<br />
formuliert werden. Denkbar wäre es etwa, den Grundsatz der räumlichen<br />
Trennung konkurrierender Nutzungen (§ 50 BImSchG) auch<br />
<strong>für</strong> die Trassen zu bestätigen, eine Präferenz <strong>für</strong> die räumliche<br />
Bündelung von Kabeln einzuführen oder eine zeitliche Koordination<br />
bei der Verlegung der Kabeltrassen vorzugeben.<br />
D. Zusammenfassung<br />
Die Errichtung eines Windparks in der AWZ und die Verlegung seiner<br />
stromführenden Kabel stellten in funktioneller Betrachtung die<br />
Errichtung einer Anlage zur Erzeugung von Energie aus Wind i. S. d.<br />
§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV dar. Für ihre Errichtung und ihren Betrieb<br />
ist eine seeanlagenrechtliche Genehmigung nach § 2 SeeAnlV<br />
erforderlich. Die Entscheidung über die Genehmigung setzt nach<br />
Maßgabe von § 2a SeeAnlV die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
voraus, die sich sowohl auf den Windpark als auch<br />
die Stromleitungen beziehen muss, die ihn an das Stromnetz des<br />
Festlands anbinden. Die Genehmigung des Windparks und der Kabeltrassen<br />
hat daher durch das Bundesamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt und<br />
ZUR 2/2004<br />
Hydrographie nach den gleichen formell- und materiell-rechtlichen<br />
Anforderungen in einem zusammenhängenden Verfahrenskontext<br />
zu erfolgen. Ganz im Gegensatz dazu bleibt die Genehmigungslage<br />
zur Verlegung von Kabeln im Küstenmeer disparat.<br />
Die Genehmigung darf aus Gründen des Umweltschutzes nur versagt<br />
werden, wenn die Meeresumwelt gefährdet wird (§ 3 SeeAnlV).<br />
Der Begriff der Meeresumwelt ist dabei umfassend zu verstehen. Er<br />
umfasst nicht nur den Schutz des Meeres vor stofflichen oder energetischen<br />
Belastungen sowie den Vogelzug, sondern das gesamte Bedingungs-<br />
und Wirkungsgefüge mariner Ökosysteme. <strong>Das</strong> Schutzniveau<br />
ist dabei nicht auf die polizeiliche Gefahrenabwehr beschränkt.<br />
§ 3 SeeAnlV verlangt eine Vorsorge, die das Entstehen von Schädigungen<br />
der marinen Lebenszusammenhänge nach dem aktuellen<br />
Stand der Erkenntnisse praktisch ausschließt. Daraus rechtfertigt sich<br />
allerdings weder eine ressourcenökologische Bewirtschaftung noch<br />
eine umfassende umweltplanerische Vorsorge. Wo die Belastbarkeitsschwelle<br />
im Einzelnen anzusetzen, ist in Bezug auf die von den<br />
Stromleitungen ausgehenden Einwirkungen zur Zeit noch mit erheblichen<br />
Ungewissheiten belastet. Es ist vordringliche Aufgabe der<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung, Störpotential und Verletzlichkeit<br />
der Meeresumwelt in Bezug auf Verlegung und Betrieb der stromführenden<br />
Leitungen herauszuarbeiten. <strong>Das</strong> Recht verlangt hier vordringlich<br />
die Schließung von Wissenslücken und die Verringerungen<br />
von Ungewissheiten durch umfassende Risikoanalysen und ein vorhabenbegleitendes<br />
Monitoring.<br />
Die Möglichkeiten der SeeAnlV zur einer Standortplanung und<br />
Trassenkoordination sind de lege lata beschränkt. Sie werden mit Erhöhung<br />
der Nutzungsdichte und der Verstärkung der Nutzungskonkurrenz<br />
<strong>für</strong> die AWZ immer bedeutsamer werden. Der Festlegung<br />
von besonderen Eignungsgebieten <strong>für</strong> Windkraftanlagen nach § 3a<br />
SeeAnlV kann ebenso wie der zur Zeit eingeleiteten Festsetzung von<br />
geschützten Meeresflächen nach § 38 BNatSchG keine kategorische<br />
räumliche Ausschlußwirkung zukommen. Dies gilt zumal <strong>für</strong> die<br />
Verlegung von Kabeln. Die geplante Einführung einer Raumplanung<br />
des Bundes <strong>für</strong> die AWZ (§ 18a ROGE) könnte die planerischen Koordinationspotentiale<br />
deutlich verbessern. Eine noch erheblich wirksamere<br />
räumliche Steuerungswirkung dürfte allerdings von der am<br />
17. 12. 2003 im Bundeskabinett beschlossenen Änderung des EEG<br />
ausgehen 95 . Nach § 10 Abs. 7 des Entwurfs soll die Förderung von<br />
Windkraftanlagen im Bereich geschützter Meeresflächen entfallen.<br />
86 Vgl. BT-Drs. 14/7490, S. 55.<br />
87 Resthöft/Dreher, ZNER 2002, 95, 99.<br />
88 Vgl. dazu Resthöft/Dreher wie vor.<br />
89 Erbguth (Fn.16), Gutachten S. 72.<br />
90 SRU (Fn.6), S. 10 f.; Resthöft/Dreher (Fn.87).<br />
91 Vgl. dazu kritisch Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 19 u. 20 zu § 3a; zu den völkerrechtlichen<br />
Grundlagen Lagoni, NuR 2002, 121 ff., Jaras, Naturschutz in der Ausschließlichen<br />
Wirtschaftszone, 2002.<br />
92 A. A. Gellermann (Fn.14), S. 85. Eine solche Negativplanung wäre allerdings<br />
ohnehin als planerisches Konzept rechtlich nicht haltbar (vgl. auch BVerwGE<br />
40, 258, 262).<br />
93 So auch Gellermann (Fn.14), S. 85.<br />
94 Vgl. dazu Erbguth (Fn.16), Gutachten, S. 56 ff.<br />
95 Vgl. FAZ vom 18. 12. 2003.<br />
Prof. Dr. Rainer Wolf<br />
TU Bergakademie Freiberg, Professur <strong>für</strong> Öffentliches Recht, Lessingstr. 45,<br />
09596 Freiberg.<br />
Tätigkeitsschwerpunkte: Umwelt- und Naturschutzrecht, Bau- und Planungsrecht.<br />
Aktuelle Veröffentlichungen: Jacob/Ring/Wolf (Hrsg.), Freiberger<br />
Handbuch zum Baurecht, Bonn 2003; Roma locuta – causa finita...causa<br />
non finita. Zum Urteil des EuGH vom 24.7.2003 in Sachen ÖPNV, Verkehr<br />
und Technik 2003, 359-363; Blochmann/Jacob/Wolf, Kooperation mittelständischer<br />
Bauunternehmen. Zur Erschließung neuer Marktfelder bei der<br />
Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Wiesbaden 2003.<br />
73
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
Helmuth von Nicolai<br />
Konsequenzen aus den neuen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts<br />
zur raumordnerischen Steuerung von<br />
Windenergieanlagen<br />
– Oder: was ist der Unterschied zwischen einem Ziel? –<br />
Die Ansiedlung von Windenergieanlagen wird in den Ländern zunehmend<br />
raumordnerisch gesteuert. Wenngleich das verwendete Instrumentarium von<br />
Regionalplänen nicht neu ist, so führt diese erweiterte Gestaltungsmöglichkeit<br />
<strong>für</strong> einzelne Außenbereichsvorhaben in der Praxis zu Problemen, insbesondere<br />
auch deshalb, weil dabei vielfach juristisches Neuland beschritten<br />
worden ist. Der Aufsatz setzt sich mit der Frage auseinander, welche<br />
Konsequenzen <strong>für</strong> die Planungspraxis aus der neusten Rechtsprechung des<br />
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), das selbst den Grundsatzcharakter<br />
der Entscheidungen betont, zu ziehen sind und welche Widersprüche die<br />
Rechtsprechung enthält.<br />
A. Ausgangslage<br />
Nach einer in den Obergerichten zunehmend auseinanderdriftenden<br />
Rechtsprechung zu den Folgen des Windenergieprivilegierungsgesetzes<br />
vom 30.7.1996 und der damit korrespondierenden<br />
Änderung im Bau- und Raumordnungsgesetz (BauROG 1998), hat<br />
sich nun das BVerwG der <strong>Thema</strong>tik mit richtungsweisenden Aussagen<br />
angenommen 1 . Es geht um die Frage, ob auch die Regionalplanung<br />
eine effektive Steuerung des Baugeschehens im Außenbereich<br />
bewerkstelligen kann 2 . Hatte nun die Praxis gehofft, dass<br />
die vielen offenen Fragen handhabbar beantwortet worden sind,<br />
so ist festzustellen, dass mehr angerissen als beantwortet worden<br />
ist und dass sich die nun gewählten Formulierungen eher zu Jobmaschinen<br />
<strong>für</strong> Rechtsanwälte und <strong>für</strong> die (ohnehin überlastete)<br />
Verwaltungsgerichtsbarkeit entwickeln werden. Vielleicht muss<br />
man sich aber auch einfach nur daran gewöhnen, dass bei knapper<br />
werdenden Standorten <strong>für</strong> Windenergieanlagen angesichts des<br />
hohen Flächenverbrauchs die Auseinandersetzungen härter werden<br />
3 und die Planung sich zu allererst daran zu orientieren hat, ob<br />
sie Rechtsbeständigkeit gewährleisten kann (und nicht so sehr, ob<br />
sie gut ist oder einen wirksamen und sinnvollen Beitrag zur regenerativen<br />
Energieerzeugung leistet). Hinzu kommt, dass die Privilegierungsnovelle<br />
1996 in vielen Dingen (mutiger als es dem<br />
Gesetzgeber bewusst gewesen sein mag!) Neuland beschritten hat,<br />
weshalb die Rechtsprechung sich nun erstmalig zu ganz grundsätzlichen<br />
Rechtsfragen äußern muss. Dabei muss eine Rechtsprechung,<br />
die alles ganz anders sieht, als die Praxis die Neuregelung<br />
verstanden hat, entsprechend überzeugend in der Argumentation<br />
sein. Die Bewertung, ob dem BVerwG das gelungen ist, bleibt dem<br />
Leser überlassen. Erkennbar ist das Bemühen des Gerichts, nicht<br />
ohne Not Hürden aufzubauen, doch gibt es auch Anforderungen,<br />
die zumindest in der Vergangenheit nicht immer erfüllt worden<br />
sind. Man fühlt sich ein wenig erinnert an die Zeit in den 70er<br />
Jahren, als die Verwaltungsgerichte die nach dem neuen Bundesbaugesetz<br />
(BBauG 1960) zustande gekommenen Bebauungspläne<br />
»aufmischten« 4 . Auf der Strecke bleiben könnte heute die Investitionssicherheit<br />
<strong>für</strong> den Ausbau dieser so wichtigen erneuerbaren<br />
Energieerzeugung und vielfach Vorstellungen betroffener Anwohner,<br />
was sich bei nicht integrierten Standorten mit zunehmendem<br />
Widerstand der Bevölkerung rächt 5 . Keiner sollte erwarten, dass<br />
74<br />
das Beachten der neuen Erkenntnisse aus der Rechtsprechung bereits<br />
zur Prozessvermeidung ausreiche.<br />
B. Neue konzeptionelle Planungsdirektiven des BVerwG<br />
Zur Frage, wie die Ansiedlung von Windenergieanlagen im<br />
Außenbereich planerisch zu bewerkstelligen ist, führt das BVerwG<br />
im Urteil vom 13.3.2003 aus, dass § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die Errichtung<br />
von Windenergieanlagen im Außenbereich unter einen<br />
Planungsvorbehalt stellt, der sich sowohl an die Gemeinden als<br />
Träger der Flächennutzungsplanung als auch an die Träger der<br />
Raumordnungsplanung richte. Der Planungsvorbehalt werde aber<br />
nur erfüllt, wenn die diesbezügliche Festlegung des Plangebers<br />
über die Konzentration von Windenergieanlagen an bestimmten<br />
Standorten erfüllt werden, durch die zugleich ein Ausschluss der<br />
Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben<br />
wird. Erstmals anerkennt das BVerwG sodann, dass es<br />
bei dieser Art der Planung nicht nur eine positive Komponente der<br />
festgelegten Konzentrationszone gibt, sondern auch eine Art von<br />
Negativplanung, nämlich der Ausschluss der Anlagen außerhalb<br />
der Konzentrationszone. Diese Form der Positiv-/ Negativplanung<br />
lässt sich nach Auffassung des BVerwG aber nur dann rechtfertigen,<br />
wenn der Plan sicherstelle, dass sich die betroffenen Vorhaben<br />
an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen<br />
durchsetzten. Die Abwägung aller beachtlichen Belange müsse sich<br />
nicht nur auf die ausgeschlossenen Standorte erstrecken, sondern<br />
auch auf die positiv festgelegten. Dies sei nur möglich, wenn dem<br />
Plan ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde<br />
liege, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen<br />
Abwägungsgebotes gerecht werde.<br />
<strong>Das</strong> BVerwG treibt erkennbar die Sorge um, dass der weite<br />
planerische Gestaltungsspielraum, den der Gesetzgeber über § 7<br />
Abs. 4 ROG und § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB der Regionalplanung eingeräumt<br />
hat, dazu genutzt werden könnte, die Ansiedlung von<br />
1 BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 (- 4 C 15.01 -) zur Bauleitplanung u.a. in: BauR 2003,<br />
828; UPR 2003, 188; NuR 2003, 365; ZUR 2003, 280 u. zwei Urteile v. 13.3.2003<br />
zur Raumordnungsplanung (- 4 C 4.02 -) u.a. in: NVwZ 2003, 738; BauR 2003,<br />
1165; UPR 2003 309; NuR 2003, 493; ZfBR 2003, 464 und (- 4 C 3.02 -) u.a. in<br />
NVwZ 2003, 1261; NuR 2003, 615. Gesetz v. 30.7.1996, BGBl. I S. 1189; Bau-<br />
ROG, BGBl. I 1997, S. 2141 u. 1998, S. 137. OVG’s z.B. Bautzen, Urt. v. 18.5.2000,<br />
SächsVBl. 2000, 245; Urt. v. 26.11.2002, LKV 2003, 333; Greifswald, Urt. v.<br />
19.1.2001, NVwZ 2001, 1063; Koblenz, Urt. v. 06.03.2002, NuR 2002, 422 u. Urt.<br />
v. 20.2.2003, NVwZ-RR 2003, 619; München, Urt. v. 22.5.2002, ZfBR 2002, 590.<br />
2 Der Aufsatz ergänzt insofern die Ausführungen von Wolf, Windenergie als<br />
Rechtsproblem, ZUR 2002, 331, 334, der die Regionalplanung nur kurz anschneidet<br />
und dabei die unmittelbare Steuerungswirkung von § 35 Abs. 3 S. 3<br />
BauGB übersieht; ausführlich Anders / Jankowski, Konzentrationszonen als Ziele<br />
der Raumordnung, ZUR 2003, 86.<br />
3 Angesichts der vom BVerwG anerkannten Kontingentierung von Standorten ist<br />
es zwangsläufig, dass mangels frei verfügbarer Konzentrationszonen man sich<br />
nun in Standorte einklagen muss; das wird auch literarisch vorbereitet (z.B.<br />
Anders / Jankowski, wie vor; Maslaton LKV 2003, 318; Tigges, ZNER 2002, 87).<br />
4 Vom 23.6.1960, BGBl. I S. 341.<br />
5 Schon heute beträgt die durch Windenergieanlagen verlärmte Fläche ca. 2/3 der<br />
mit Verkehrsanlagen überbauten Fläche Deutschlands; vgl. zum Immissionsschutzproblem<br />
Ohms, DVBl. 2003, 958, 960.<br />
ZUR 2/2004
von Nicolai, Raumordnerische Steuerung von Windenergieanlagen<br />
Windenergieanlagen zu behindern 6 . <strong>Das</strong> BVerwG vermutet offenbar,<br />
dass die Planung im Wesentlichen im Sinne einer Verhinderungsplanung<br />
betrieben werde. Sachangemessener wäre es jedoch<br />
davon auszugehen, dass es gerade Aufgabe der Regionalplanung<br />
ist, angesichts der umfangreichen konfligierenden Interessen geeignete<br />
Standorte zu finden und so da<strong>für</strong> Sorge zu tragen, dass an<br />
konfliktarmen Standorten zügig Windenergieanlagen errichtet<br />
werden können, ohne dass es zu massiven Auseinandersetzungen<br />
sowohl mit Anwohnern, als auch zu Störungen beeinträchtigter<br />
Belange kommt. Denn dies schafft auch Rechts- und Investitionssicherheit<br />
und fördert die Ansiedlung regenerativer Energieerzeugung.<br />
Zwar ist nachvollziehbar, dass das BVerwG zu solchen<br />
Überlegungen gelangt, denn es ist nun mal so, dass Bürger gelegentlich<br />
in Fällen klagen müssen, in denen sich tatsächlich unter<br />
Umständen die Behörde nicht ganz ordnungsgemäß verhalten<br />
hat. Insbesondere das zweite Urteil vom 13.3.2003 (- 4 C 3.02 -) ist<br />
ein beredtes Beispiel <strong>für</strong> diese Annahme. Zur Eindämmung der<br />
Verhinderungsplanung sind nun vom BVerwG im Wesentlichen<br />
drei Kriterien hervorgearbeitet worden, die in Präzisierung und<br />
Weiterführung zu den Aussagen im Urteil vom 17.12.2002 <strong>für</strong> die<br />
Regionalplanung zu beachten sind. Dies sind<br />
– ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept (I.),<br />
– eine Planung, die sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben<br />
innerhalb der Konzentrationszone gegenüber konkurrierenden<br />
Nutzungen durchsetzen (II.) und<br />
– ein in »substantieller Weise der Windenergienutzung im Plangebiet<br />
Raum schaffen« (III.).<br />
Was bedeutet das nun im Einzelnen?<br />
I. Schlüssiges Planungskonzept<br />
Aus der ex-post-Betrachtung eines Gerichtes, insbesondere eines<br />
obersten Gerichtes, ist es einfach, besonders hohe Anforderungen<br />
an ein Planungskonzept zu stellen. Stellenweise waren die Obergerichte<br />
damit beschäftigt, hier in einem gegenseitigen Wettlauf<br />
immer neue Anforderungen aufzustellen; besonders profiliert haben<br />
sich hier die OVGs in Lüneburg und Magdeburg 7 . Wie das Urteil<br />
des BVerwG vom 17.12.2002 zeigt 8 , sind die Anforderungen<br />
hier allerdings nicht zu hoch. Damit hat das BVerwG zu Recht anerkannt,<br />
dass der Gesetzgeber <strong>für</strong> die Planung nur zwei Jahre vorgesehen<br />
hatte (§ 245b BauGB 1996, »Überleitungsvorschrift <strong>für</strong><br />
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen« =<br />
§ 245b Abs. 1 BauGB 1998, Frist offenbar zu kurz, da nun wiederbelebt<br />
in § 15 Abs. 4 BauGB-E 2004 9 ) und bereits deshalb die Anforderungen<br />
nicht in den Himmel wachsen können und dürfen,<br />
weil man davon ausgehen muss, dass gesetzliche Anforderungen<br />
auch vom Adressaten erfüllbar sein müssen (zumal es in den zwei<br />
Jahren 1997/98 kaum mehr möglich war, überhaupt noch ein<br />
qualifiziertes Planungsbüro mit freien Kapazitäten zu finden). <strong>Das</strong><br />
Gericht lässt es ausreichen, dass im Wege einer »normalen« planerischen<br />
Konfliktbewältigung Flächen herausgearbeitet bzw. verworfen<br />
werden dürfen. Auf Flächennutzungsplanebene ist dabei<br />
ein wichtiges Indiz ein in sich schlüssiges gesamträumliches Entwicklungskonzept.<br />
Dieses Konzept müsse die Erwägungen erkennen<br />
lassen, die zur Ausweisung eines Positivstandortes geführt<br />
hätten und auch verdeutlichen, welche Gründe es rechtfertigen,<br />
den Planungsraum <strong>für</strong> Windenergieanlagen zu schließen. <strong>Das</strong><br />
könne nur gesamträumlich begründet werden. Dies müsse sich<br />
aus den örtlichen Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten lassen,<br />
wobei die Abwägung in Form des § 1 Abs. 6 BauGB (also frei)<br />
zu erfolgen habe. Aber nicht beliebige Gründe rechtfertigten einen<br />
Ausschluss, sie müssten vielmehr städtebaulich legitimiert sein.<br />
Auch müsse bei der Planung nicht lediglich das umgesetzt werden,<br />
was sich unbesehen an Grenzabständen etwa aus der TA-<br />
ZUR 2/2004<br />
Lärm ergebe; das sei dann keine städtebauliche Planung mehr. Es<br />
sei nicht erforderlich, sämtliche Flächen auszuweisen, die überhaupt<br />
nach objektiven Kriterien nur geeignet erschienen. Die<br />
Argumente müssten sich lediglich aus den konkreten örtlichen<br />
Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten lassen.<br />
Vor dem Hintergrund der geächteten Verhinderungsplanung ist<br />
es von großer Bedeutung, die Ausweisung von Eignungsgebieten<br />
strategisch und konzeptionell zu erfassen. Dabei muss sich die<br />
Flächennutzungsplanung (gem. § 5 Abs. 1 BauGB) auf das gesamte<br />
Gemeindegebiet erstrecken. Die Gründe sowohl <strong>für</strong> Ausschluss,<br />
als auch <strong>für</strong> die Ausweisung müssen städtebaulicher Art sein und<br />
<strong>für</strong> den Außenstehenden (= das Gericht!) objektiv nachvollziehbar<br />
sein. <strong>Das</strong> können sie übrigens nur, wenn sie umfassend dokumentiert<br />
sind. Es nützt also die beste Planung nichts, wenn sie<br />
nicht entsprechend schriftlich niedergelegt worden ist.<br />
Die vorstehenden Ausführungen gelten mit gewissen Modifikationen<br />
auch <strong>für</strong> die raumordnerische Steuerung. Bei der Regionalplanung<br />
sind die zugelassenen Argumente raumordnerisch, auch<br />
die Begründung, warum eine solche Strategie gefahren wird. Da<br />
beide Steuerungsmodelle vom Gesetz gleichrangig zugelassen worden<br />
sind, bedarf es jedoch nicht der inneren Rechtfertigung, warum<br />
raumordnerisch und nicht bauleitplanerisch gesteuert wird.<br />
Da bei der raumordnerischen Steuerung das erfasste Gebiet größer<br />
ist als bei der Bauleitplanung, bedarf es eines besonders gut begründeten<br />
Konzeptes. Denn es kann dazu führen, dass es Gemeinden<br />
ganz ohne eine Konzentrationszone gibt. Da das Gericht<br />
anerkennt, dass diese Arbeit vom Planungsträger (gem. § 245b<br />
BauGB 1996) innerhalb von zwei Jahren geleistet werden musste,<br />
sind die Anforderungen an die Untersuchungstiefe nicht zu überspannt.<br />
Die Tiefe der Abwägung kann auch nur dem regionalplanerischen<br />
Maßstab entsprechen. Es ist eine Konzeption zu<br />
erarbeiten und zugrunde zu legen, die in sich logisch und nachvollziehbar<br />
aufgebaut ist, die von einer generell abstrakten Ebene<br />
zu klaren Entscheidungen im Einzelfall kommt und zu sich nicht<br />
widersprechenden Ergebnissen führt. Die planerische Stringenz ist<br />
dabei besonders wichtig, eine Abwägungsentscheidung gerade in<br />
der Raumordnung zu schaffen, die sich der eigenen Konsequenzen<br />
bewusst ist und nicht so zu argumentieren, dass noch Hintertürchen<br />
offen bleiben. Der Eindruck, den die Fälle vom 13.3.2003<br />
machen, dass die Raumplanung selbst nicht so genau wusste,<br />
worauf sie sich einließ, muss unbedingt vermieden werden. Je<br />
mehr objektive (= <strong>für</strong> den Juristen nachvollziehbare) Faktoren<br />
aufgeführt werden (wie eine Windhöffigkeitsanalyse, Bestandsaufnahme<br />
der naturräumlichen Ausstattung, Netzanschlussmöglichkeiten),<br />
desto eher dürfen auch wertende Belange (wie<br />
Landschaftsbildanalyse, Erholungsfunktion der freien Landschaft,<br />
Sichtbeziehungen) und programmatische (wie Bündelung zu<br />
großen, leistungsstarken Parks, generell einzuhaltende Mindestabstände)<br />
einfließen. Problematisch sind Fälle, in denen die<br />
Privateigentumsverhältnisse am Grund und Boden eine auffällige<br />
Rolle spielen, wenn beispielsweise die Ausweisung eines Eignungsgebietes<br />
davon abhängig gemacht wird, dass zunächst einmal<br />
eine landeseigene Immobiliengesellschaft die Flächen entwickelt<br />
bzw. Flächen nur dann ausgewiesen werden, wenn zuvor<br />
ein einheimischer Hersteller von Windenergieanlagen diese<br />
6 Damit scheint sich das BVerwG einig zu sein mit vielen Stimmen in der Literatur,<br />
z.B. das Vorurteil, Regionalplanung sei »politischer« als die Flächennutzungsplanung<br />
der Gemeinde, Mitschang, ZfBR 2003, 431, 433.<br />
7 Lüneburg Beschlüsse v. 20.12.2001, ZfBR 2002, 268 u. 17.1.2002, NUR 2002,<br />
429; Magdeburg Beschl. v. 29.8.2001 – 2 M 130/01 – n.v.<br />
8 Oben Fn. 1; der Fall spielt in NRW, das fast als einziges Land nicht flächendeckend<br />
raumordnerisch steuert bzw. zu steuern beabsichtigt; zur Situation in<br />
NRW: Greiving / Schröder, UPR 2003, 13.<br />
9 Europarechtsanpassungsgesetz – EAG Bau – mit 52 Änderungswünschen des<br />
Bundesrats, BR-Drs. 756/03 oder Homepage www.bmvbw.de .<br />
75
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
Flächen erworben bzw. gepachtet hat. Die Interessen der Grundeigentümer<br />
sollten in der Planung vielmehr dergestalt einfließen,<br />
dass die Ausweisung eines Eignungsgebietes (gerade in Gegenden,<br />
deren Bodenwertzahlen gering sind) eine optimale Wertsteigerung<br />
des Grundstückes bedeutet und jeder diese Chance gerne nutzen<br />
möchte.<br />
II. Positivfestlegungen<br />
Der Plangeber muss sicherstellen, dass sich nach der Planungskonzeption<br />
auch innerhalb der Konzentrationszonen die Windenergienutzung<br />
gegenüber anderen konkurrierenden Nutzungen<br />
durchsetzt. Die Ausführungen des BVerwG werden derart interpretiert,<br />
dass eine Eignungsgebietsfestsetzung auch im Inneren ein<br />
Ziel der Raumordnung sei. Diese Interpretation hat allerdings ein<br />
Problem: Was ist dann nämlich der Unterschied zwischen einem<br />
Ziel gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 ROG 10 ? Auch lässt sich<br />
mit so einer Interpretation § 7 Abs. 4 S. 2 ROG nicht mehr erklären,<br />
denn eine Kombinationsmöglichkeit wäre dann gar nicht erforderlich,<br />
wenn ein Eignungsgebiet im Inneren dieselben Wirkungen<br />
hätte wie ein Vorranggebiet. Es muss hier einen Unterschied geben.<br />
<strong>Das</strong> BVerwG löst diesen Widerspruch in der Begründung nicht. Obwohl<br />
der Bundesgesetzgeber in § 3 Nr. 2 ROG ein Ziel der Raumordnung<br />
einheitlich definiert, worauf gerade das BVerwG hinweist,<br />
kann man nun ein Ziel erster und zweiter Klasse erfinden und ihm<br />
unterschiedliche Bedeutung beimessen, je nach dem, ob es sich um<br />
ein Vorrang- oder um ein Eignungsgebiet handelt.<br />
Schaut man sich den Wortlaut des Gesetzes an, so bietet § 7<br />
Abs. 4 S. 1 ROG dazu auch einen Ansatz. Denn dort wird wortreich<br />
beschrieben, was die verschiedenen Gebiete leisten sollen, ohne<br />
dass das überhaupt klar in die Kategorisierung Ziel = unabwägbar<br />
und Grundsatz = abwägbar eingeordnet wird. Vielmehr heißt es in<br />
Nr. 1, ... »soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen<br />
oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind«. Dies bedeutet,<br />
dass <strong>für</strong> ein Vorranggebiet schon weniger als die Unvereinbarkeit<br />
mit den Zielen der Raumordnung ausreicht, also auch<br />
vorrangige Funktionen und Nutzungen. Wenn man nun noch bedenkt,<br />
dass § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB in der heutigen Version im Juli<br />
1996 geschaffen worden ist, während § 7 Abs. 4 S. 1 ROG (maßgeschneidert)<br />
erst im August 1997 erfunden worden ist, dann<br />
wundert man sich, warum es bei der Auslegung solche Schwierigkeiten<br />
geben soll. Runkel, als maßgeblicher Gestalter des Systems,<br />
schreibt: »Eignungsgebiete sind Ziele der Raumordnung. Zulässig<br />
ist, den innergebietlichen Vorrang von Vorranggebieten mit dem<br />
außergebietlichen Ausschluss von Eignungsgebieten zu verbinden.<br />
Vorranggebiete begründen damit primär einen innergebietlichen<br />
Vorrang einer bestimmten Funktion oder Natur mit Zielqualität,<br />
Eignungsgebiete dagegen primär einen außergebietlichen<br />
Ausschluss raumbedeutsamer Maßnahmen/Vorhaben« 11 . Mit diesen<br />
Ausführungen wird deutlich, wie der Gesetzestext zu verstehen<br />
ist: Der Terminus »Ziel der Raumordnung« in § 35 Abs. 3 S. 3<br />
BauGB bezieht sich auf die Steuerung der privilegierten Anlagen<br />
im Außenbereich und zwar in den beiden Varianten einer Gebietszuweisungszielsteuerung<br />
(Vorranggebiet) und einer Zielsteuerung,<br />
wo keine privilegierten Anlagen entstehen sollen (Eignungsgebiet).<br />
Hinzu kommt die Kombination von beidem in § 7<br />
Abs. 4 S. 2 ROG. Der Begriff »Ziel« fordert also eine letztabgewogene<br />
Entscheidung, unabhängig davon, auf welches der beiden<br />
Territorien es sich bezieht (Innengebiets- oder Außengebietssteuerung).<br />
Damit wird nichts über das Schicksal und den Charakter<br />
des nichterfassten Bereichs ausgesagt. Denn <strong>für</strong> diese Art der Zielsteuerung<br />
benötigt der Gesetzgeber die Aussage nicht. Nur so<br />
macht die Steuerung auch Sinn, denn wenn man den Begriff »Ziel<br />
der Raumordnung« ausschließlich auf die innergebietliche Fläche<br />
76<br />
fokussiert, bedeutete das, dass durch ausschließliche Ausweisung<br />
eines Vorranggebietes eine Sperrwirkung nach § 35 Abs. 3 S. 3<br />
BauGB <strong>für</strong> Flächen außerhalb des Vorranggebietes erreicht würde<br />
– genau das ist jedoch nicht der Fall. Die Betonung des Zielcharakters<br />
legt den Verdacht nahe, dass das BVerwG meint, nur so<br />
könne von Verfassungs wegen dem Gewicht der privilegierten<br />
Nutzung entsprochen werden. <strong>Das</strong> ergibt sich aber nicht aus dem<br />
Gesetz. Auch im Wege einer verfassungskonformen Auslegung bedarf<br />
es solcher Wendung nicht. Denn dann würde doppelt genäht,<br />
da die Formel von der Ausweisung mit substantiellem Gewicht<br />
allemal verfassungsrechtliche Bedenken vollstens abfedert. Ziel<br />
und substantielles Gewicht ist nicht erforderlich, weil das Art. 28<br />
Abs. 2 S. 1 GG missachtet. Denn die Steuerung der Zulassung baulicher<br />
Anlagen kann auch erfolgen, wenn man nur definiert, wo<br />
sie nicht zugelassen werden dürfen. Und diese Auslegung passt<br />
sehr gut in den Gesamtkontext der Rechtsprechung des BVerwG.<br />
Denn natürlich dürfen die so <strong>für</strong> die gesteuerte Außenbereichsnutzung<br />
übrig gebliebenen Flächen nicht ungeeignet sein. <strong>Das</strong><br />
wäre der typische Fall von Verhinderungsplanung! Gleichzeitig<br />
heißt das aber nicht, dass die herausgearbeiteten Flächen mit<br />
Zielcharakter im Sinne einer Letztabwägung hervorgearbeitet werden<br />
müssen. Denn diese strengste Form der Determinierung ist<br />
nach § 7 Abs. 4 S. 2 ROG nur der Kombinationsmöglichkeit vorbehalten,<br />
die auch unter dem Gesetzesvorbehalt steht und mit<br />
Blick auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG selbst gerechtfertigt sein muss.<br />
Hingegen eröffnet das Eignungsgebiet im Inneren dergestalt der<br />
Bauleitplanung einen Spielraum, als kommunale Belange, die<br />
nicht auf regionalplanerischer Ebene in das Konzept miteingeflossen<br />
sind (weil sie eine der Bauleitplanung von Verfassungs<br />
wegen vorbehaltene Feinsteuerung darstellen), dort umgesetzt<br />
werden dürfen. Dabei kann es zu Abweichungen hinsichtlich der<br />
Größe und weiteren Bebaubarkeit des Eignungsgebiets kommen,<br />
denn ein Erfordernis nach sklavischer Umsetzung ist nicht erkennbar<br />
12 . Auch Versuche, die Zielbindung dadurch abzuschwächen,<br />
dass Gestaltungsmöglichkeiten aus der Transformation der unterschiedlichen<br />
Maßstäblichkeit hergeleitet werden, gehen an der<br />
Wirklichkeit der handhabbaren Umsetzung vorbei. Ein einmal abgewogener<br />
Belang ist endgültig abgewogen und kann nicht mehr<br />
von der Gemeinde in der Bauleitplanung modifiziert werden. <strong>Das</strong><br />
gilt nicht nur <strong>für</strong> die Fläche, sondern auch <strong>für</strong> Belange wie Eingriffe<br />
in Natur und Landschaft oder Landschaftsbildanalyse.<br />
Analysiert man den Wortlaut der Vorschrift, § 7 Abs. 4 S. 1 ROG,<br />
so muss man feststellen, dass er nicht die Präzision hat, die man<br />
aus Sicht des BauGB erwarten würde und sich auch nur interpretatorisch<br />
in das Schema von § 3 Nrn. 1 bis 4 ROG einfügt. Die<br />
große Frage, hier letztabgewogenes verbindliches Ziel mit totaler<br />
Determinierungswirkung, dort Grundsatz bzw. sonstige Erfordernisse<br />
lässt sich nicht zweifelsfrei beantworten. Wenn man noch<br />
bedenkt, dass § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ROG über ein Jahr später extra<br />
<strong>für</strong> die Steuerungswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB geschaffen<br />
worden ist, so kann man fast verärgert darüber sein, dass der<br />
Gesetzestext so viele Interpretationen zulässt. Es scheint so, dass<br />
die Konsequenzen aus der weitreichenden, der Regionalplanung<br />
gleichberechtigt zugebilligten Steuerungsmöglichkeit in § 35<br />
Abs. 3 S. 3 BauGB nicht hinreichend umgesetzt worden sind.<br />
Gleichzeitig wird deutlich, dass die eigentliche raumordnerische<br />
Steuerungsnorm <strong>für</strong> § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB das Eignungsgebiet<br />
nach Nr. 3 ist. Denn das Besondere, das Neue an dem Steuerungs-<br />
10 Dazu ausführlich Erbguth, Eignungsgebiete als Ziele der Raumordnung?<br />
DVBl. 1998, 209; das BVerwG lässt es offen, was der Unterschied zwischen<br />
einem Ziel ist!<br />
11 Steuerung von Vorhaben der Windenergienutzung im Außenbereich durch<br />
Raumordnungspläne, DVBl. 1997, 275, 276.<br />
12 Runkel a.a.O., S. 277.<br />
ZUR 2/2004
von Nicolai, Raumordnerische Steuerung von Windenergieanlagen<br />
system ist doch die Nichtzulassung gewesen, dass man also bei der<br />
Planung prüft, wo etwas nicht zugelassen werden soll. Bisher ist<br />
immer nur geprüft worden, wo etwas geplant wird, aber nicht das<br />
Gegenteil. Anstatt wie das BVerwG zu argumentieren, das mehr<br />
vom Zielcharakter des Vorranggebietes ausgehend aufbaut, könnte<br />
man sagen, dass ohne Eignungsgebietsausweisung keine Steuerung<br />
nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bewirkt wird 13 . Denn der bundesrechtlich<br />
(BauGB) entscheidende Aspekt ist doch die Ausschlusswirkung,<br />
die das gesetzgeberische Ziel der Schonung des<br />
Außenbereichs bewirken soll. Wenn dabei die Regionalplanung<br />
eine neue Kompetenz bekommt, so anerkennt der Gesetzgeber,<br />
dass aufgrund der sehr rauminanspruchnehmenden Vorhaben das<br />
System: »Jeder Gemeinde ihre Konzentrationszone« nicht überall<br />
funktioniert (vor allem nicht bei Kleinstgemeinden wie in Schleswig-Holstein<br />
und in den neuen Ländern).<br />
Unbeantwortet ist damit nur noch die Frage, was eigentlich im<br />
Inneren des Eignungsgebietes raumordnerisch festgelegt ist. <strong>Das</strong><br />
Gebiet soll <strong>für</strong> bestimmte (in § 35 Abs. 1 Nrn. 2-6 BauGB aufgeführte)<br />
Maßnahmen geeignet sein. Unter Maßnahmen sind als<br />
wichtigster Fall Vorhaben i.S.v. § 29 Abs. 1 BauGB gemeint 14 .<br />
Wenn man nun entgegen des Urteils des BVerwG davon ausgeht,<br />
dass § 7 Abs. 4 S. 2 ROG Sinn macht, dann muss geeignet weniger<br />
sein als Vorrang. Dann bleibt die Frage, ob es mehr oder weniger<br />
darstellt, als das Vorabwägen beim Vorbehaltsgebiet nach Nr. 2.<br />
Dabei sei klar gestellt, dass die Schlussfolgerung des BVerwG, eine<br />
bloße Vorbehaltsgebietsausweisung genüge nicht, zutreffend ist,<br />
weil die Zielsteuerung über das Eignungsgebiet fehlt. Über den inneren<br />
Charakter (die Abwägungstiefe) des Eignungsgebiets wird<br />
damit nichts ausgesagt. Wenn man im Inneren des Gebiets keine<br />
Funktion zur weiteren Determinierung der nachfolgenden Bauleitplanung<br />
sieht, dann kann die Frage sogar offen bleiben. Im<br />
Unterschied zum Vorranggebiet ist es eben nicht letztabgewogen,<br />
also lediglich auf einer geringeren Stufe der Prüfintensität abgeprüft<br />
und das Weitere wird dann das zu erfolgende Baugenehmigungsverfahren<br />
ergeben. Blickt man in die Gesetzesmaterialien,<br />
so fällt auf, dass man die Regionalplanung als Alternativplanung<br />
(die nicht weiter unterlegt werden muss) zur Bauleitplanung gesehen<br />
hat 15 . <strong>Das</strong> heißt, dass die Frage der Determinierungswirkung<br />
<strong>für</strong> ein nachfolgendes Bauleitplanverfahren nicht problematisiert<br />
worden ist. Dann bedeutet geeignet, dass Kriterien innerhalb des<br />
Gebietes geprüft worden sind, soweit sie in dem konzeptionellen<br />
Ansatz (s.o. schlüssiges Plankonzept) mitbehandelt worden sind.<br />
<strong>Das</strong> sind insbesondere nutzungstypische Faktoren, wie z.B. Windhöffigkeit,<br />
Flug- oder Radaranlagenhöhenbegrenzungen, Richtfunkstrecken.<br />
Keineswegs kann man von der Prüfungstiefe des<br />
Ausschlussgebietes ausgehen, weil es dort <strong>für</strong> die Abwägung schon<br />
genügen kann, auf ein einziges Ko-Kriterium zu stoßen (z.B. Naturschutzgebiet).<br />
Vom Planungsansatz ist es eben etwas anderes,<br />
ob man prüft, ob es einen entgegenstehenden Belang gibt oder ob<br />
eine Positivzuweisung erfolgt. Hier wird die Interdependenz der<br />
drei vom BVerwG herausgearbeiteten Kriterien deutlich: ein<br />
schlüssiges Plankonzept wird in der Prüfung sowohl des Ausschlusses<br />
als auch der Eignung zu brauchbaren und nachvollziehbaren<br />
Ergebnissen führen, ohne dass alle relevanten Belange an jeder<br />
Stelle abgeprüft werden müssen. Die Kontrollfrage ist dann, ob<br />
auch ausreichend Raum <strong>für</strong> die gesteuerte Nutzung verbleibt, mag<br />
man das nun in substantieller Weise Raum schaffen nennen oder<br />
anders. Vieles spricht also da<strong>für</strong>, dass mit der Eignung gemeint ist,<br />
dass einige nutzungstypische Ko-Kriterien innerhalb des Eignungsgebietes<br />
summarisch vorabgeprüft worden sein müssen,<br />
aber kein Komplettkatalog im Sinne einer Letztabwägung. Dies<br />
bleibt dem Vorranggebiet vorbehalten. Versteht man die Abwägung<br />
in diesem Sinne, so kann das Eignungsgebiet im Inneren ein<br />
Vorbehaltsgebiet insofern sein, als damit deutlich wird, dass nicht<br />
ZUR 2/2004<br />
wie beim Vorranggebiet alle Belange abgeprüft worden sind, dass<br />
jedoch über einen Grundkatalog hinaus im Eignungsgebiet nutzungstypisch<br />
problematische Belange vorabgewogen und damit<br />
einer andersartigen Abwägungsentscheidung der Bauleitplanung<br />
entzogen worden sind. In diesem wohlverstandenen Sinne stellt<br />
die Kombination von Eignungsgebiet und Vorbehaltsgebiet eine<br />
Abwägungssteigerung zugunsten der gesteuerten Nutzung dar. Sie<br />
ist allerdings nur dann relevant, wenn man in der Regionalplanung<br />
eine Stufe der Außenbereichsplanung vor der Bauleitplanung<br />
sieht, also ihr auch Determinierungsfunktion zubilligt. Da<br />
zumindest in den Altländern praktisch jede Gemeinde einen<br />
Flächennutzungsplan hat 16 , dürfte dieses Steuerungsmodell der<br />
Planungswirklichkeit nicht nur am nächsten kommen, sondern vor<br />
allem auch optimal den Sinn und Zweck des Gesetzes umsetzen.<br />
Worin liegen die Vorteile dieses Verständnisses eines Eignungsgebietes<br />
gegenüber der Auslegung des BVerwG? Zum einen harmoniert<br />
es mit dem Wortlaut des Gesetzes, indem auch § 7 Abs. 4<br />
S. 2 ROG erklärt werden kann. Zum anderen passt es zur aktuellen<br />
Rechtsentwicklung, immer mehr Länder gehen zu einer flächendeckenden<br />
regionalplanerischen Steuerung über 17 . Da eine einzige<br />
moderne Windenergieanlage bis zu 20 ha Gelände benötigt<br />
und Bauhöhen bis 220 m beantragt werden, ist es sachangemessen,<br />
die Steuerung dieses raumgreifenden Baugeschehens im<br />
Außenbereich konzeptionell und gemeindegebietsübergreifend<br />
auf regionalplanerischer Ebene zu gestalten, die Transformation in<br />
das örtliche Baugeschehen jedoch durch Bauleitplanung vorzunehmen.<br />
Dort wird der Gemeinde im Inneren sowohl beim Eignungsgebiet,<br />
als auch bei der Kombination mit einem Vorbehaltsgebiet<br />
die Möglichkeit des Einbringens kommunaler und recht<br />
detaillierter Gesichtspunkte eröffnet. Die Gemeinde bekommt <strong>für</strong><br />
Belange der örtlichen Gemeinschaft einen eigenen Abwägungsspielraum<br />
und ist in der Lage, ein Eignungsgebiet optimal zu integrieren,<br />
darf dabei aber das Gesamtkonzept der Regionalplanung<br />
nicht konterkarieren. Lediglich bei der Kombination nach § 7<br />
Abs.4 S. 2 ROG verbleibt der Gemeinde kein planerischer Spielraum<br />
mehr. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie so weitgehend<br />
einzuschränken, bedarf aber einer entsprechenden planerischen<br />
Begründung 18 . Dazu reicht es nicht aus vorzutragen, das<br />
»schlüssige Plankonzept« erfordere eine 1:1 Umsetzung in der<br />
Bauleitplanung, denn sonst werde es unschlüssig.<br />
III. »Der Windenergie in substantieller Weise Raum schaffen«<br />
Was das BVerwG mit dieser Formel konkret meint, bleibt offen. Es<br />
wird auf den Einzelfall ankommen und deshalb wirken solche<br />
höchstrichterlichen Formeln nur auf den ersten Blick griffig und<br />
zukünftige Rechtsstreitigkeiten vermeidend. Gerade bei dieser Formel<br />
dürfte die Wirkung genau in umgekehrte Richtung gehen: Jeder,<br />
der mit einer Planausweisung irgendwo in Deutschland unzufrieden<br />
ist (und das sind viele!), wird behaupten, dass durch die<br />
13 Die Länder haben aber große Vorbehalte gegen Eignungsgebiete, weil der Regelungsgehalt<br />
als überflüssig angesehen wird – man könne eine Ausschlusswirkung<br />
auch ohne gesetzliche Spezialermächtigung erzielen. Die meisten Landesplanungsgesetze<br />
enthalten deshalb diese Kategorie nicht. <strong>Das</strong> BVerwG bestätigt<br />
jetzt diese Zurückhaltung einer neuen Steuerungsidee gegenüber. Vielleicht ist<br />
aber der landesplanerische Zugriff auf einen bundesrechtlichen, von Art. 14 GG<br />
geschützten Zulassungstatbestand – § 35 Abs. 1 BauGB – nur erlaubt, wenn die<br />
da<strong>für</strong> geschaffene Norm angewendet wird, nämlich § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ROG.<br />
14 Runkel, in: Kommentar zum ROG, § 3 Rn. 268.<br />
15 BT-Drs. 13/4978.<br />
16 In den neuen Ländern liegt die Quote immer noch unter 30%.<br />
17 Alle Flächenländer außer NRW, viele sind aber noch in einem Umstellungsprozess,<br />
wie z.B. Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, vgl. Fn 8.<br />
18 Die Kombinationsmöglichkeit in § 7 Abs. 4 S. 2 ROG bestätigt die Vorbehalte gegen<br />
die weitgehende Steuerung durch die Regionalplanung, z.B. Halama, Durchsetzung<br />
und Abwehr von Zielen der Raumordnung und Landesplanung auf der<br />
Gemeindeebene, in: FS <strong>für</strong> Schlichter 1995, S. 201, 220; vgl. BVerfGE 76, 107.<br />
77
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
Planung der Windenergienutzung nicht in substantieller Weise<br />
Raum geschaffen worden ist. Man muss deshalb versuchen, die Formulierung<br />
von irgendwelchen Prozentzahlen bezogen auf die ausgewiesene<br />
Fläche freizumachen, was natürlich der erste Gedanke ist,<br />
wenn man sich bemüht, in der Praxis eine derartige Formulierung<br />
mit Leben zu erfüllen. Denn es darf nicht aus dem Auge verloren<br />
werden, dass die Privilegierung der Windenergienutzung nach Sinn<br />
und Zweck des Gesetzes zur Förderung der regenerativen Energieerzeugung<br />
erfolgt ist, also dazu, die Ergebnisse des Kyotoprotokolls<br />
tatsächlich umzusetzen 19 . Der Schutz des Außenbereiches vor Bebauung,<br />
das Zurücktreten avifaunistischer, landschaftspflegerischer<br />
und sonstiger Belange ist also in der Güterabwägung nur dadurch<br />
zu rechtfertigen, dass Energie regenerativ erzeugt wird. Also ist das<br />
entscheidende Augenmerk darauf zu richten, dass ein effektiver Beitrag<br />
<strong>für</strong> dieses Ziel durch die Flächenausweisung geleistet wird,<br />
nicht so sehr, wie groß die Fläche eigentlich ist.<br />
Als Nachsatz sei bemerkt, dass viele Faktoren bei dieser vermeidlich<br />
griffigen Formel ja überhaupt nicht berücksichtigt worden<br />
sind. So etwa Probleme der Netzauslastung oder auch die<br />
Frage, was in Räumen passieren soll, die überwiegend von Nationalparken,<br />
Seen, Wäldern, FFH- und Vogelschutzgebieten überzogen<br />
sind. Dies bedeutet, dass man mit der Formel nur vordergründig<br />
gut arbeiten kann und sie allenfalls dazu dient, damit<br />
vorhandene Planungskonzeptionen aufzubohren. So erweist sich<br />
die Formel als Rechtsanfechtungsargument, ohne dass der Planungspraxis<br />
brauchbare Kriterien, wie man es in Zukunft besser<br />
machen könnte, an die Hand gegeben werden.<br />
Die Formel vom substantiellen Gewicht soll dazu dienen, der<br />
Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung zu tragen.<br />
Es ist das Korrektiv zur Verhinderungsplanung, mit der das<br />
BVerwG in den wenigen Fällen, die bis zum höchsten Gericht vordringen,<br />
offenbar zu tun hatte. Deshalb erweckt die Entscheidung<br />
den Anschein, als ob das BVerwG sich aufgefordert fühlt, der Privilegierungsentscheidung<br />
des Gesetzgebers gegenüber der obstinaten<br />
– weil einschränkenden Handhabung – von planenden Gemeinden<br />
und Trägern der Regionalplanung die Geltung zu<br />
verschaffen, die der Gesetzgeber ihr beimisst. Nun darf man aber<br />
nicht vergessen, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom<br />
30.7.1996 das bauliche Geschehen im Außenbereich sehr viel stärker<br />
verändert hat, als dies gemeinhin mit dem Schlagwort von der<br />
»Privilegierung der Windenergie« erfasst werden kann. Denn <strong>für</strong><br />
(fast) das gesamte Baugeschehen im Außenbereich wird eine Planungskomponente<br />
eröffnet 20 . Während also früher überall privilegiert<br />
gebaut werden durfte, darf, bei entsprechender Planung,<br />
dieses zukünftig nur noch in den da<strong>für</strong> planerisch vorgesehenen<br />
Bereichen. Geht man von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />
zum Eigentumsbegriff aus, der hier durch das einfache<br />
Gesetz definiert wird, so hat eine umfassende Veränderung<br />
stattgefunden. Hier be<strong>für</strong>chtet nun das BVerwG, dass diese weitreichende<br />
Steuerungsmöglichkeit von den Planungsträgern dazu<br />
ausgenutzt werden könnte, die (alte und neue) Privilegierung leer<br />
laufen zu lassen und damit letztendlich zu einer Verletzung von<br />
Art. 14 GG zu kommen. Doch ist die umfangreichere Gestaltungsmöglichkeit<br />
bei der Privilegierung (also weg von der nachvollziehenden<br />
Abwägung zur planerisch-konzeptionellen) verfassungsgemäß,<br />
weil der Gesetzgeber im Gegenzug zur Erweiterung<br />
des Privilegierungskatalogs derart reglementierend das Grundeigentum<br />
im Außenbereich steuern darf: der Außenbereich soll vor<br />
Bebauung grundsätzlich geschützt werden. Dieses gesetzgeberische<br />
Ziel ist auch 1996 beibehalten worden. Darin liegt also die<br />
Rechtfertigung der erweiterten Planungsmöglichkeit, das Rechtsgut<br />
Schutz des Außenbereichs muss bei der regionalen und städtebaulichen<br />
Planung berücksichtigt werden. Der Planungsträger<br />
muss entsprechend der gesetzlichen Wertung den Ausgleich schaf-<br />
78<br />
fen. Den könnte man mit der Formel des BVerwG auch so beschreiben,<br />
dass der Planungsträger verpflichtet ist, dem Schutz des<br />
Außenbereichs substantiell Raum zu verschaffen. Von der gesetzlichen<br />
Aufgabe her ist die Planung zwangsläufig eine Beschränkung<br />
der freien Entfaltung des Grundeigentums. Dabei ist das<br />
Maß schwerlich vom Eigentumsbegriff her zu lösen; letzterer darf<br />
allerdings nicht leer laufen, wenn keine Entfaltungsmöglichkeiten<br />
mehr gegeben sind. Die Entwicklung in Deutschland mit über<br />
14.700 Windenergieanlagen 21 gibt da eigentlich angesichts des damit<br />
einhergehenden Flächenbedarfs keinen Anlass zur Sorge um<br />
die Entfaltungsmöglichkeiten des Eigentums.<br />
C. Weitere Planungsfragen<br />
I. Allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung bei Aufstellung der Pläne<br />
Bisher galt es fast als Credo der Raumordnung, keine allgemeine<br />
Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen (so etwa ein Beschluss<br />
der Ministerkonferenz <strong>für</strong> Raumordnung aus dem Jahre 1983 22 ).<br />
Mit dem BauROG 1998 wurde in § 7 Abs. 7 ROG im Rahmenrecht<br />
überhaupt (zaghaft) die Möglichkeit geschaffen, eine Öffentlichkeitsbeteiligung<br />
durchzuführen. Die Plan-UP-Richtlinie der EU<br />
zwingt nun den Gesetzgeber, die Öffentlichkeitsbeteiligung <strong>für</strong><br />
alle Raumordnungspläne einzuführen (§ 7 Abs. 6 ROG-E 2004).<br />
Dies bedeutet <strong>für</strong> die Zukunft, dass das <strong>Thema</strong> gesetzgeberisch abgearbeitet<br />
werden wird. Was geschieht jedoch mit den meisten der<br />
vorhandenen Regionalpläne, die ohne allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung<br />
zustande gekommen sind? Nach der Entscheidung<br />
des BVerwG vom 19.7.2001 war fraglich 23 , ob die dort zu<br />
§ 35 Abs. 3 S. 2 BauGB 1998 getroffene Feststellung (keine Durchsetzung<br />
der Ziele der Raumordnung ohne Öffentlichkeitsbeteiligung)<br />
auch auf § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB übertragen werden könnte.<br />
<strong>Das</strong> OVG Lüneburg hat denn auch aus dieser Entscheidung gefolgert,<br />
dass ein Regionalplan bereits wegen fehlender Öffentlichkeitsbeteiligung<br />
ins Leere gehe 24 . <strong>Das</strong> BVerwG ist dem jedoch<br />
nicht gefolgt und lässt es in dem Urteil vom 13.3.2003 - 4 C 4-02 -<br />
ausreichend sein, wenn das Privatinteresse an der Nutzung der<br />
Windenergie auf geeigneten Flächen verallgemeinernd unterstellt<br />
und als typische Größe in die Abwägung eingestellt würde 25 . Die<br />
gegen diese Sichtweise geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken<br />
werden dadurch entkräftet, dass der Ausnahmevorbehalt in §<br />
35 Abs. 3 S. 3 BauGB ein entsprechendes Korrektiv darstelle (»steht<br />
in der Regel entgegen«). <strong>Das</strong> weicht natürlich eine konsequente<br />
und an einem schlüssigen Konzept orientierte Planung auf (s.o.)<br />
und rückt die Norm in die Nähe von § 31 Abs. 2 BauGB, obwohl<br />
hier der entscheidenden Behörde weder ein Ermessen zusteht,<br />
noch ein solcher »Befreiungsumfang« machbar ist. Man muss aber<br />
beachten, dass diese Formel des BVerwG nur <strong>für</strong> die Planungsfälle<br />
gilt, in denen es dem Planungsträger möglich ist, auf der abstrakten<br />
Raumordnungsebene pauschal die Belange der Privaten in die<br />
Planung miteinzubeziehen. <strong>Das</strong> wird ermöglicht, weil der Planungsträger<br />
die Argumente zur maximalen Bodenwertsteigerung<br />
19 Vgl. § 1 Abs. 2 EEG-E 2004: 12,5 % Energie bis 2010 erneuerbar.<br />
20 Lediglich Land- und Forstwirtwirtschaft und zukünftig auch Atomanlagen /<br />
Endlager (EAG-Bau!, s. Fn 9) fallen heraus.<br />
21 Stand 30.9.2003 gem. Statistik des Deutschen Windenergie-Instituts.<br />
22 Anmerkung: auch das BBauG 1960 kam noch ohne Öffentlichkeitsbeteiligung aus.<br />
23 NVwZ 2002, 476.<br />
24 Beschl. v. 20.12.2001, BauR 2002, 592.<br />
25 Anders / Jankowski (Fn 2), stellen den Streitgegenstand zwar sehr ausführlich dar,<br />
unterstellen der jetzt vom BVerwG vorgenommenen Auslegung jedoch, die betroffenen<br />
Eigentümerbelange würden ausgeklammert. <strong>Das</strong> stimmt nicht, denn<br />
der Belang der Eigentümer – die große Bodenwertsteigerung – wird in die Abwägung<br />
eingestellt.<br />
ZUR 2/2004
von Nicolai, Raumordnerische Steuerung von Windenergieanlagen<br />
gut in die Abwägung einstellen kann, ohne sie individuell ermitteln<br />
zu müssen. Die Argumentation ist deshalb sachangemessen<br />
und nachvollziehbar.<br />
II. Raumbedeutsamkeit<br />
Zunächst einmal setzt sich das BVerwG mit der Frage auseinander,<br />
ob § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bei der Regionalplanung überhaupt alle<br />
Windenergieanlagen erfasst oder nur solche, die »raumbedeutsam«<br />
sind, wobei die Raumbedeutsamkeit an der Bauhöhe festgemacht<br />
wird. Wenn man § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB mit Satz 3 vergleicht, so<br />
stellt man fest, dass in Satz 2 von raumbedeutsamen Vorhaben<br />
gesprochen wird, während in Satz 3 nur Vorhaben (ohne die Einschränkung<br />
auf Raumbedeutsamkeit) erwähnt werden. Hier kann<br />
man nun viele Ansätze nehmen, um diese gesetzestechnisch<br />
offenbar vorgenommene Differenzierung aufzulösen. So kann man<br />
sagen, dass in Satz 3 der Begriff Raumbedeutsamkeit fehlt, weil dort<br />
auch von der Steuerung über Bauleitplanung gesprochen wird, die<br />
selbstverständlich nicht an raumbedeutsame Vorhaben anknüpft,<br />
sondern alle Vorhaben erfasst. Ein anderer Lösungsansatz ist der,<br />
dass man die Frage aufwirft, inwieweit Raumbedeutsamkeit überhaupt<br />
mit den klassisch konservativen Mitteln beantwortet werden<br />
kann. Wie die Diskussion um die Ausweisung von Belastungsgebieten<br />
in Raumordnungsplänen (wieder verworfen) und Flächennutzungsplänen<br />
im Rahmen der Aufstellung des EAG-Bau<br />
zeigt (Europarechtsanpassungsgesetz, Regierungsentwurf vom<br />
15.10.2003; neue Nummer in § 5 Abs. 2 BauGB « die Flächen, in<br />
denen wegen Häufung von Vorhaben der in § 35 Abs. 1 Nr. 2 – 6<br />
bezeichneten Art die städtebauliche Entwicklung in der Gemeinde<br />
oder die Funktion des Außenbereichs erheblich beeinträchtigt ist<br />
und die von weiteren Vorhaben freigehalten werden sollen [Belastungsgebiet]«)<br />
26 , geht es bei der Steuerung von baulichen Anlagen<br />
im Außenbereich eigentlich weniger um die Größendimensionierung,<br />
als vielmehr um das Steuern (Kontingentieren, wie es das<br />
BVerwG ausdrückt) des Massenphänomens des Bauens im Außenbereich.<br />
Denn § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ist das Korrelat da<strong>für</strong>, dass der<br />
Katalog der privilegierten Bauvorhaben im Außenbereich erweitert<br />
worden ist. Man will über den Satz 3 erreichen, dass es trotz Erweiterung<br />
des Kataloges bei einem Schutz des Außenbereiches vor allzu<br />
starker Bebauung verbleibt. Ob das durch diese gesetzgeberische<br />
Konstruktion tatsächlich gelungen ist, sei an dieser Stelle einmal<br />
dahingestellt. Sagt man nun, dass es bei Satz 3 um die raumverträgliche<br />
Steuerung eines baulichen Massenphänomens im Außenbereich<br />
geht (insbesondere auch deshalb, weil die meisten der privilegierten<br />
baulichen Anlagen als Einzelvorhaben von vornherein<br />
nicht raumbedeutsam sind), dann könnte man auch auf den Gedanken<br />
kommen, dass der Gesetzgeber hier bewusst in Satz 2 den<br />
Begriff raumbedeutsam verwendet hat und ihn mit Absicht in Satz<br />
3 weggelassen hat, um alle als ein Massenphänomen erscheinenden<br />
Nutzungen auch raumordnerisch steuern zu können. Für solche<br />
Idee konnte das BVerwG sich allerdings nicht öffnen, obgleich<br />
bei präziser Analyse dies der eigentliche Grund ist, warum auch der<br />
Regionalplanung die Steuerung von Einzelvorhaben zugebilligt<br />
worden ist.<br />
Vielmehr weist das BVerwG darauf hin, dass aus dem gesetzessystematischen<br />
Zusammenhang mit dem vorangehenden Satz 2<br />
sich ergebe, dass es sich nur um raumbedeutsame Vorhaben handeln<br />
könne; wieso sich das daraus ergeben soll, wo doch der Wortlaut<br />
gerade unterschiedlich ist, bleibt offen. Als Zweites wird dann<br />
als Argument vorgetragen, dass sich die Raumbedeutsamkeit daraus<br />
ergebe, dass der Begriff ‚Ziele der Raumordnung‘ in Satz 3 verwendet<br />
wird, der nach der Definition in § 3 Nr. 2 ROG 1998 eine<br />
verbindliche Vorgabe »zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung<br />
des Raums« sei. Damit soll angedeutet werden, dass eine raumord-<br />
ZUR 2/2004<br />
nerische Steuerung des Baugeschehens im Außenbereich offenbar<br />
nicht dem Schutzzweck der Norm »Schonung des Außenbereichs<br />
in größtmöglicher Art vor Bebauung« – untergeordnet wird, sondern<br />
dass die Funktion der Steuerung vielmehr darin liegt, zur Entwicklung,<br />
Ordnung und Sicherung des Raums beizutragen. Damit<br />
verbindet das BVerwG offensichtlich die Vorstellung, dass eine<br />
Sicherung des Raums nur einen baugrößenorientierten Begriff beinhaltet.<br />
Hier verkennt das BVerwG möglicherweise die Tatsache,<br />
dass zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes auch<br />
gehört, Schutzzwecke wie beispielsweise Konzentration des Baugeschehens<br />
auf vorhandene Siedlungsflächen und Verhinderung<br />
der Zersiedlung bzw. der Überwölbung der Landschaft mit technischen<br />
Bauten beizutragen. So wird man diese Konsequenz des<br />
BVerwG als nicht zwingend bezeichnen müssen.<br />
<strong>Das</strong> BVerwG fährt fort, dass ein Vorhaben dann raumbedeutsam<br />
sei, wenn dadurch die räumliche Entwicklung oder Funktion eines<br />
Gebietes beeinflusst werde (§ 3 Nr. 6 ROG). <strong>Das</strong> BVerwG führt aus,<br />
dass man hier keine abstrakte Definition, die allgemein verbindlich<br />
ist, herausgeben könne, sondern dass sich diese Beurteilung<br />
nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles zu richten<br />
habe. Danach soll sich die Raumbedeutsamkeit insbesondere aus<br />
der Höhe und dem Rotordurchmesser der Anlage, aber auch aus<br />
ihrem Standort oder aus ihren Auswirkungen auf bestimmte Ziele<br />
der Raumordnung wie Schutz von Natur und Landschaft, Erholung<br />
und Fremdenverkehr ergeben.<br />
Daraus folgert das BVerwG, dass der Begriff »Raumbedeutsamkeit«<br />
ein solcher sei, der zum Tatbestand des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB<br />
dazugehöre und einer planerischen Abwägung mithin nicht zugänglich<br />
sei. Deshalb kann weder der Regionalplan noch ein Erlass<br />
oder Ähnliches die Raumbedeutsamkeit generell abstrakt festlegen,<br />
sondern es kommt immer auf den Einzelfall an, der jeweils von der<br />
Beurteilung des Gerichtes abhängt. Im Klartext bedeutet dies, dass<br />
eine unter Umständen umfangreich begründete und fachkundig<br />
erwogene Überlegung des Planungsträgers de facto durch die<br />
Meinung des Gerichtes ersetzt wird. Da es sich hierbei um eine tatrichterliche<br />
Frage handelt, also eine solche der Gerichte erster und<br />
zweiter Instanz, ist darauf hinzuweisen, dass das jeweils zuständige<br />
OVG des Landes hier die ‚Letztentscheidung‘ trifft. Will sich die<br />
Praxis auf die damit verbundene Unsicherheit 27 , wie im Einzelfall<br />
das OVG entscheiden mag, nicht einlassen, gilt, dass der Regionalplan<br />
mit entsprechenden Ausweisungen im Flächennutzungsplan<br />
umzusetzen und zu unterlegen ist – dann werden alle Windenergieanlagen<br />
erfasst, auch die vom Gericht als nicht raumbedeutsam<br />
eingestuften. Ein Hinweis, der wegen der vielen Angriffe von Windparkinvestoren<br />
auf Regionalpläne auch wegen der höheren Rechtsbeständigkeit<br />
von Flächennutzungsplänen infolge eingespielteren<br />
Rechtsinstrumentariums gilt 28 .<br />
In vielen Windenergieerlassen der Länder wird darüber hinaus<br />
darauf hingewiesen, dass bereits die Ansiedlung einer einzelnen<br />
Anlage deshalb raumbedeutsam sein könne, weil sie die Errichtung<br />
weiterer Anlagen nach sich ziehe und es so über eine negative<br />
Vorbildwirkung zu einer unkontrollierten Ansiedlung von Windenergieanlagen<br />
kommen könnte. Dieser Aussage, im Urteil vom<br />
17.12.2002 noch ausdrücklich offengelassen, hat das BVerwG nun<br />
eine Absage erteilt. Es geht davon aus, dass allein wegen der negativen<br />
Vorbildwirkung eine raumordnungsrechtliche Relevanz<br />
26 Vorrang- und Eignungsflächen werden jetzt in den Katalog des § 5 Abs. 2<br />
BauGB ausdrücklich aufgenommen, ohne dass klar wird, wie diese zur Determinierung<br />
der Bauleitplanung angelegten Raumordnungsbegriffe nun gemeint<br />
sind und was sie voneinander unterscheidet; Fn. 9.<br />
27 Anschaulich zur landschaftlichen Beurteilung einerseits des Elbtals bei Dresden<br />
OVG Dresden, Urt. v. 26.11.2002, Fn. 1 und andererseits des Rheintals im Südschwarzwald<br />
VGH Mannheim, Urt. v. 20.5.2003, ZfBR 2003, 696.<br />
28 So auch Jeromin, Praxisprobleme bei der Zuzahlung von Windenergieanlagen,<br />
BauR 2003, 820, 824.<br />
79
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
einer einzelnen Anlage nicht gegeben sei. Erst dann, wenn weitere<br />
konkrete Anträge zu be<strong>für</strong>chten seien, könne diese Auslegung herangezogen<br />
werden.<br />
Auch diese Argumentation des BVerwG verdeutlicht, dass der<br />
Begriff der Raumbedeutsamkeit nach Sinn und Zweck der gesetzlichen<br />
Regelung hätte durchdacht werden müssen. Denn wenn<br />
eine einzelne Anlage nicht raumbedeutsam ist (weil sie so klein<br />
ist), die Raumbedeutsamkeit aber durch weitere (ebenso kleine)<br />
Windenergieanlagen erzeugt wird, dann wird deutlich, dass es<br />
nicht um die Bauhöhe als entscheidendes Kriterium geht, sondern<br />
um die Mengensteuerung 29 . Also geht es doch letztlich um die Frage,<br />
in welchem Maße über Raumordnungspläne der Außenbereich<br />
generell und ohne Bauhöhenbegrenzung von Bebauung freigehalten<br />
werden soll. Hier hätte man mit guten Gründen zu dem Ergebnis<br />
kommen können, dass es <strong>für</strong> die Raumbedeutsamkeit nicht<br />
auf die Bauhöhe als Merkmal ankomme, und damit der Regionalplanung<br />
die Gleichrangigkeit mit der Bauleitplanung ermöglichen<br />
können (denn »kleine« Anlagen werden jetzt nur bauleitplanerisch<br />
gesteuert).<br />
Am Rande sei bemerkt, dass es nicht verwundert, dass die Rechtsprechung<br />
der Obergerichte in Deutschland hier ebenso uneinheitlich<br />
ist wie die Erlasspraxis. Einige Länder gehen in den Erlassen<br />
von der Regelvermutung von 35 m aus 30 . <strong>Das</strong> macht<br />
deshalb Sinn, weil es in etwa die maximale Höhe von Bäumen in<br />
Deutschland darstellt und somit die Obergrenze natürlicher Landschaftsbildzäsuren<br />
ist. Alle höheren Strukturen sind vom Menschen<br />
geschaffen worden. Diese Höhe findet sich mittlerweile auch in<br />
Christian Kahle<br />
80<br />
Ministerialrat Helmuth von Nicolai<br />
Referatsleiter im Ministerium <strong>für</strong> Arbeit, Bau und Landesentwicklung<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Schloßstraße 6-8, 19048 Schwerin, email:<br />
helmuth.von.nicolai@am.mv-regierung.de.<br />
Aktuelle Veröffentlichungen: Raumordnerische Steuerung von Windenergieanlagen,<br />
NVwZ 2002, 1078; Typische Beanstandungen von Bauleitplänen<br />
in der Genehmigungspraxis und die Bedeutung von § 216<br />
BauGB, NordÖR 2001, 55; v. Nicolai/Wagner/Wecker, Verträge des Baugesetzbuchs,<br />
Kronach 1999.<br />
Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen<br />
Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-<br />
Windparks<br />
Die ausschließliche Wirtschaftszone erlangt durch die Planung von Offshore-<br />
Windkraftanlagen derzeit erhöhte Aufmerksamkeit. Bislang kaum diskutiert<br />
wurden Fragen der nationalen Gesetzgebung und Gesetzgebungskompetenz in<br />
dem Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone, die vorwiegend durch das<br />
Völkerrecht bestimmt wird. Für die Errichtung und den Betrieb von Offshore-<br />
Windkraftanlagen stellt sich nicht nur die Frage der Kompetenzverteilung, sondern<br />
auch der Rechtsgrundlagen zum Schutz der marinen Umwelt in diesem Bereich.<br />
Hierbei spielt insbesondere die Geltung der nationalen Gesetze eine<br />
zentrale Rolle. Dieser Frage wird sich der Beitrag unter Berücksichtigung<br />
völkerrechtlicher Vorgaben und des nationalen Rechts annehmen.<br />
A. Einleitung<br />
Im Bereich des Energie- und <strong>Umweltrecht</strong>s spielen derzeit Offshore-<br />
Windparks eine große Rolle. So hat sich die Literatur bereits mit speziellen<br />
Fragestellungen beschäftigt. 1 Während Ende des Jahres 2000<br />
lediglich zehn Windparks in der Nordsee und fünf in der Ostsee mit<br />
insgesamt mehr als 2.000 Windrädern geplant waren 2 , befinden<br />
sich nunmehr 30 Projekte im Genehmigungsverfahren (24 Nordsee,<br />
6 Ostsee). 3 Am 9.11.2001 wurde ein erstes Pilotprojekt nordwestlich<br />
von Borkum mit 12 Windkraftanlagen durch das zuständige Bundesamt<br />
<strong>für</strong> Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) genehmigt. 4 Als<br />
einem Gesetz wieder, nämlich in der Anlage 1 Nr. 1.6 zum UVPG.<br />
Manches spricht also da<strong>für</strong>, dass hier eine im Prinzip richtige, weil<br />
sachgerecht begründbare Entscheidung getroffen wurde; man<br />
kann dann höchstens eine solche Entscheidung der Exekutive und<br />
der Legislative durch eine richterliche ersetzen. Es bleibt dahingestellt,<br />
ob es dadurch, dass kasuistisch entschieden wird, richtiger<br />
und verlässlicher wird. Der dogmatischen Begründung, dass dies<br />
ein Tatbestandsmerkmal sei, kann sich schließlich niemand entziehen.<br />
29 Wie im Übrigen bei allen anderen privilegierten Nutzungen auch, die selten<br />
als Einzelanlage eine so große Höhe erreichen, dass sie als raumbedeutsam einzustufen<br />
sind.<br />
30 Brandenburg, 16.2.2001, ABl. S. 246; Mecklenburg-Vorpommern, 2.11.1998,<br />
AmtsBl. S. 1345; Rheinland-Pfalz, 18.2.1999, MinBl. S. 148.<br />
zweites Projekt wurde am 18.12.2002 der Windpark »Butendiek«<br />
mit 80 Windkraftanlagen 34 Kilometer westlich von Sylt genehmigt.<br />
Um Offshore-Windparks handelt es sich, wenn Windkraftanlagen<br />
außerhalb des Küstenmeers in dem Bereich der ausschließlichen<br />
Wirtschaftszone (AWZ) entstehen. Bei der AWZ handelt es sich<br />
um einen nicht dem Hoheitsgebiet des Anliegerstaates zugehörigen<br />
Bereich. Daher stellt sich die Frage, in welchem Umfang nationales<br />
<strong>Umweltrecht</strong> im Bereich der AWZ Anwendung finden kann.<br />
Zunächst soll eine Einführung in die Problematik der Windkraftanlagen<br />
gegeben werden (B.). Nach einer Darstellung der Zonierung<br />
1 So z.B. Erbguth, Raumplanung im Meer – unter Berücksichtigung des Natur- und<br />
Umweltschutzrechts, NuR 1999, 491; ders., Rechtsfragen der Planung und<br />
Genehmigung von Offshore-Windenergieanlagen, in: Ehlers/ Erbguth (Hrsg.),<br />
Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2000, S. 47; Jenisch, Offshore-Windenergieanlagen<br />
im Seerecht, NuR 1997, 373; ders.Die Errichtung von Windparks auf<br />
Hoher See und in der ausschließlichen Wirtschaftszone, in: Ehlers/ Erbguth<br />
(Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2000, S. 21; Czybulka, Naturschutzrecht<br />
im Küstenmeer und in der Ausschließlichen Wirtschaftszone, NuR<br />
1999, 562; ders., <strong>Das</strong> Rechtsregime der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ)<br />
im Spannungsfeld von Nutzungs- und Schutzinteressen, NuR 2001, 367;<br />
ders., Meeresschutzgebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftzone (AWZ),<br />
ZUR 2003, 329; Hübner, Offshore- Windenergieanlagen, ZUR 2000, 137; Lagoni,<br />
Die Errichtung von Schutzgebieten in der ausschließlichen Wirtschaftszone<br />
aus völkerrechtlicher Sicht, NuR 2002, 121.<br />
2 BT- Drs. 14/ 6510.<br />
3 www.bsh.de , Pressemitteilung vom 18.12.2002.<br />
4 DIE WELT, 10.11.2001, S. 42.<br />
ZUR 2/2004
Kahle, Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks<br />
der Meere und der daraus resultierenden Rechte und Pflichten <strong>für</strong><br />
den Küstenstaat in der AWZ (C.) sollen die Gesetzgebungskompetenz<br />
(D.) sowie bereits geltende Gesetze im Hinblick auf ihren Anwendungsbereich<br />
auf Offshore-Windparks dargestellt werden sowie<br />
Ansätze zur Verbesserung des Umweltschutzes in diesem Bereich erläutert<br />
werden (E.).<br />
B. Problematik der Windkraftanlagen<br />
Windkraftanlagen sind Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie<br />
aus der Windkraft. Diese Anlagen sind bislang überwiegend aus<br />
dem landwärtigen Küstenbereich bekannt. Erforderlich <strong>für</strong> den Bau<br />
von Windkraftanlagen ist ein möglichst stetiger Wind, der es erlaubt,<br />
gleichbleibend Strom zu erzeugen. Der Standort auf dem Land hat<br />
den Vorteil, dass Windkraftanlagen verhältnismäßig einfach errichtet<br />
sowie schnell und mit vergleichsweise wenig Aufwand gewartet<br />
und gegebenenfalls repariert werden können. Zu den Nachteilen<br />
gehören aus technischer Sicht zum Teil stark schwankende Windgeschwindigkeiten.<br />
Aus umweltrechtlicher Sicht sind sogenannter<br />
Vogelschlag, Schattenreflektionen oder »Discoeffekt« sowie Geräuschbildung<br />
als bekannteste Aspekte 5 zu nennen. Die Abnahme<br />
geeigneter Standorte an Land führte somit zur Suche nach Alternativstandorten,<br />
die im Meer gefunden werden konnten. Für die Standorte<br />
auf See spricht auch, dass die genannten umweltrechtlichen<br />
Probleme hier minimiert oder außer Acht gelassen werden können.<br />
<strong>Das</strong> soll aber nicht heißen, dass durch Offshore-Windkraftanlagen<br />
nicht neue Konflikte entstehen. Zu nennen sind hier beispielsweise<br />
Nutzungskonflikte mit der Schifffahrt, der Fischerei oder der militärischen<br />
Nutzung.<br />
Für die Wahl von Standorten <strong>für</strong> Offshore-Windkraftanlagen sprechen<br />
nicht zuletzt auch pekuniäre Gründe. Nach § 7 Abs. 1 S. 4 Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
6 wird der Strom aus Windkraft mit mindestens<br />
17,8 Pfennig pro Kilowatt gefördert, soweit der Strom in<br />
Anlagen erzeugt wird, die in einer Entfernung von mindestens drei<br />
Seemeilen, gemessen von den zur Begrenzung der Hoheitsgewässer<br />
dienenden Basislinien aus seewärts errichtet und bis einschließlich<br />
des 31.12.2006 in Betrieb genommen werden. Im Unterschied zu<br />
Neuanlagen auf dem Festland beträgt der Zeitraum, in dem die<br />
Grundvergütung gezahlt wird, unabhängig vom Ertrag der Anlage<br />
neun Jahre bzw. 108 Monate. 7 Daraus folgt nun der starke Ansturm<br />
auf potentielle Standorte in Nord- und Ostsee. Im Folgenden soll <strong>für</strong><br />
die Standortwahl von Offshore-Windkraftanlagen auf die Zonierung<br />
der Meere eingegangen werden.<br />
C. Zonierung der Meere<br />
I. Einteilung der Meere<br />
Eine Einteilung der Meere in verschiedene Zonen wurde insbesondere<br />
durch das Völkerrecht erzielt. Die Meere lassen sich nach<br />
der durch das SRÜ 8 getroffenen Einteilung in fünf verschiedene<br />
Zonen untergliedern: die inneren Gewässer, das Küstenmeer, die<br />
Anschlusszone, die Ausschließliche Wirtschaftszone und schließlich<br />
die Hohe See.<br />
Die inneren Gewässer umfassen die landwärts der Basislinie des<br />
Küstenmeers gelegenen Gewässer (Art. 8 SRÜ). <strong>Das</strong> Küstenmeer beschreibt<br />
die Zone, die sich seewärts an die inneren Gewässer anschließt<br />
und eine Breite von (höchstens) 12 Seemeilen 9 nicht überschreiten<br />
darf (Art. 2 Abs. 1 SRÜ). Die Anschlusszone ist eine an das<br />
Küstenmeer angrenzende Zone, die sich nicht weiter als 24 Seemeilen<br />
über die Basislinien hinaus erstrecken darf, von denen aus<br />
die Breite des Küstenmeeres gemessen wird (Art. 33 SRÜ). Die Bun-<br />
ZUR 2/2004<br />
desrepublik Deutschland hat von der Möglichkeit, eine Anschlusszone<br />
zu bestimmen, keinen Gebrauch gemacht.<br />
Nach Art. 55 SRÜ ist die AWZ ein jenseits des Küstenmeers gelegenes<br />
und an dieses angrenzendes Gebiet. 10 Gemäß Art. 57 SRÜ darf<br />
sich die AWZ nicht weiter als 200 Seemeilen von den Basislinien erstrecken,<br />
von denen aus die Breite des Küstenmeeres gemessen wird.<br />
Da das Küstenmeer eine Breite von 12 Seemeilen hat, ist die AWZ<br />
somit der Bereich des Meeres, der sich von 12 Seemeilen bis 200 Seemeilen<br />
von der Basislinie erstreckt. Die Ausweisung einer AWZ ist<br />
optional, und ihre Existenz hängt von der Geltendmachung eines<br />
Anspruchs durch den Küstenstaat ab. 11 Die Bundesrepublik hat als<br />
Anrainer der Nord- und Ostsee <strong>für</strong> diese eine AWZ im Anschluss an<br />
ihr Küstenmeer festgelegt. 12<br />
Die AWZ, die sich nicht auch auf den Luftraum erstreckt, gehört<br />
weder zum Gebiet des Küstenstaats noch zur Hohen See im engeren<br />
Sinne 13 und ist somit nicht Teil des Hoheitsgebietes des Küstenstaates<br />
14 ; allerdings gelten in ihr Sonderrechte des Küstenstaates. Auf diese<br />
Sonderrechte soll sogleich eingegangen werden.<br />
II. Rechte und Pflichten des Küstenstaates in der AWZ<br />
Art. 56 SRÜ räumt dem Küstenstaat in der AWZ verschiedene Rechte<br />
und Pflichten ein. Einerseits hat der Küstenstaat (souveräne)<br />
Rechte zum Zwecke der Erforschung und Ausbeutung, Erhaltung<br />
und Bewirtschaftung der lebenden und nichtlebenden natürlichen<br />
Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens<br />
und seines Untergrunds sowie hinsichtlich anderer Tätigkeiten zur<br />
wirtschaftlichen Erforschung und Ausbeutung der Zone wie der<br />
Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind. 15 Damit ist<br />
zunächst explizit die Energieerzeugung aus Wind genannt. Weiter<br />
bestehen nach Art. 56 Abs. 1 lit. b SRÜ Hoheitsbefugnisse zur Errichtung<br />
künstlicher Inseln, Anlagen und Bauwerke. Folglich bestehen<br />
Rechte des Küstenstaates, Anlagen zur Winderzeugung im Bereich<br />
der AWZ zu errichten und zu betreiben. Andererseits hat der<br />
Küstenstaat die Aufgabe des Schutzes und der Erhaltung der marinen<br />
Umwelt in der AWZ. 16 Wie die Souveränität (Gebietshoheit)<br />
selbst grundsätzlich umfassende und ausschließliche Kompetenzen<br />
begründet, sind die »souveränen Rechte« ebenfalls grundsätzlich<br />
exklusive Rechte, die der Küstenstaat unter Ausschluss anderer<br />
Staaten ausüben kann. Bei den »Hoheitsbefugnissen« handelt es<br />
sich offensichtlich um ein Minus gegenüber den souveränen Rechten,<br />
wobei sich aus dem SRÜ nicht im Einzelnen ergibt, wie der Begriff<br />
zu verstehen ist und welcher Inhalt ihm zukommt. 17 Es ist da-<br />
5 Aus der umfangreichen Rechtsprechung vgl. nur OVG Hamburg, NuR 2001, 52;<br />
OVG Greifswald NuR 1999, 654; OVG Münster, NuR 1999, 292. Zur Verunstaltung<br />
durch Windkraftanlagen BVerwG, Urt. v. 15.10.2001 – 4 B 69/ 01 –.<br />
6 Gesetz <strong>für</strong> den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) vom 29.3.2000, BGBl. I<br />
2000, S. 305.<br />
7 Brandt/ Reshöft/ Steiner, EEG- Handkommentar 2001, § 7 Rn. 29.<br />
8 Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982/ 1994; Gesetz zu<br />
dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.1994 (Vertragsgesetz<br />
Seerechtsübereinkommen), BGBl. 1994 II S. 1798 ff.<br />
9 Eine Seemeile (sm) entspricht 1, 852 km.<br />
10 Graf Vitzthum, in: ders., Raum, Umwelt und Wirtschaft im Völkerrecht, 2. Auflage<br />
2001, 5. Abschnitt, Rn. 51: »Da die Bundesrepublik sein Küstenmeer auf 12<br />
sm ausgedehnt hat, kommt dem AWZ- Regime erst jenseits der seewärtigen<br />
Küstenmeergrenze Bedeutung zu«; Weiß, Möglichkeiten der Regelung der<br />
Fischerei, des Bergbaus und der Schifffahrt in »Baltic Sea Protected Areas«<br />
(BSPAs) in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der der Bundesrepublik<br />
Deutschland vorgelagerten Ostsee, BfN- Skripten 5, 1999, S. 8.<br />
11 Zitiert nach Brownlie, Principles of Public international law, 5. Auflage 1998,<br />
S. 207.<br />
12 Bekanntmachung der Proklamation der Bundesrepublik Deutschland über die<br />
Errichtung einer ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik<br />
Deutschland in der Nordsee und in der Ostsee vom 29.11.1994, BGBl. 1994 II<br />
S. 3769.<br />
13 Graf Vitzthum (Fn. 10), 5. Abschnitt, Rn. 51.<br />
14 Czybulka, NuR 2001, 367; Weiß (Fn. 10), S. 9.<br />
15 Art. 56 Abs. 1 lit. a.<br />
16 Art. 56 Abs. 1 lit. b. iii.<br />
17 Gloria, in: Ipsen, Völkerrecht, 4. Auflage 1999, § 53 Rn. 20.<br />
81
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
von auszugehen, dass der Begriff der »Hoheitsbefugnisse« die Rechte<br />
und Befugnisse des Küstenstaates im Bereich der AWZ umfasst,<br />
wie sie in den diesbezüglichen Bestimmungen des SRÜ genauer umschrieben<br />
sind. 18<br />
Im Übrigen gelten in der AWZ wichtige Rechte Dritter Staaten:<br />
Freiheit der Schifffahrt, des Überflugs und der Verlegung unterseeischer<br />
Kabel und Rohrleitungen sowie »andere völkerrechtlich zulässige,<br />
mit diesen Freiheiten zusammenhängende Nutzungen des Meeres«<br />
(Art. 58 Abs. 1 SRÜ). <strong>Das</strong> heißt, kein Staat kann das Gebiet seiner<br />
umfassenden Souveränität unterwerfen. 19 Damit handelt es sich bei<br />
der AWZ um einen nicht dem Hoheitsgebiet zugehörigen Bereich.<br />
Inwiefern Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im Bereich der<br />
deutschen AWZ bestehen und welche Gesetze innerhalb der AWZ<br />
Anwendung finden, soll im Folgenden untersucht werden.<br />
D. Gesetzgebungskompetenz im Bereich der deutschen AWZ<br />
Zunächst ist fraglich, ob überhaupt die Kompetenz zum Erlass von<br />
Rechtsvorschriften <strong>für</strong> den Bereich der AWZ besteht. Der bis zum Beitritt<br />
der DDR ausdrücklich in Art. 23 S. 1 GG a.F. durch Aufzählung<br />
der an der Verfassung aktuell beteiligten Länder vorläufig geregelte<br />
räumliche Geltungsbereich des GG (...) ergibt sich nach der Wiedervereinigung<br />
heute endgültig aus der Präambel. 20 Er umfasst das Gebiet<br />
aller in Satz 2 der Präambel des GG aufgeführten Länder und erstreckt<br />
sich im Rahmen des geltenden Völkerrechts auch auf die<br />
deutschen Hoheitsgewässer, den Luftraum über Deutschland sowie<br />
das Erdinnere. 21 Die Souveränität des Küstenstaates umschließt seewärts<br />
somit lediglich das Küstenmeer, den Luftraum darüber und<br />
dessen Meeresgrund und Meeresuntergrund. 22 Die AWZ als Raum<br />
jenseits des Küstenmeeres ist kein Hoheitsgebiet des Küstenstaates,<br />
auch wenn dieser in der AWZ kraft SRÜ Hoheitsbefugnisse und souveräne<br />
Rechte besitzt. Nach der Herrschafts- und Kompetenztheorie<br />
ist das Staatsgebiet der räumliche Geltungsbereich, so dass die Gebietshoheit<br />
kein selbständiger Ausschnitt der Staatsgewalt ist, sondern<br />
die Staatsgewalt unter dem Gesichtspunkt ihrer räumlichen<br />
Ausdehnung. 23 Wenn die Gebietshoheit die Staatsgewalt unter dem<br />
Gesichtspunkt ihrer räumlichen Ausdehnung ist, kann der Küstenstaat<br />
auch nur in dem räumlichen Bereich der Staatsgewalt seine<br />
Rechte ausüben. Ohne völkerrechtliche Erweiterung der Rechte eines<br />
Küstenstaates ist ein Küstenstaat somit nicht befugt, Rechte außerhalb<br />
seines Hoheitsgebietes auszuüben. Im Ergebnis besteht eine Gesetzgebungskompetenz<br />
der Bundesrepublik <strong>für</strong> den Bereich der AWZ<br />
nicht. Somit gelten auch die innerstaatlichen Gesetze in der AWZ<br />
zunächst nicht. Diese Schlussfolgerung ist auch Ausprägung des Territorialitätsprinzips.<br />
I. Verhältnis von Völkerrecht und innerstaatlichem Recht<br />
Dadurch, dass dem Küstenstaat einerseits partiell Hoheitsbefugnisse<br />
eingeräumt werden, die AWZ aber im Übrigen nicht zum Hoheitsgebiet<br />
gehört, ist fraglich, inwiefern innerstaatliches Recht über diese<br />
Hoheitsbefugnisse Geltung in der AWZ erlangen kann. Es geht<br />
hierbei somit um das Verhältnis von Völkerrecht zum innerstaatlichen<br />
Recht. Ein Gebot des Völkerrechts, wonach dieses in den innerstaatlichen<br />
Rechtsordnungen unmittelbar anwendbar sein soll,<br />
besteht nicht, es sei denn, ein spezieller Vertrag gebietet das. 24 Fraglich<br />
ist, wie das Verhältnis ist, wenn sowohl das Völkerrecht als auch<br />
das nationale Recht Regelungen zu der gleichen Materie enthalten.<br />
Grundsätzlich wird das Verhältnis von der dualistischen oder der<br />
monistischen Theorie beschrieben, wobei »Monismus und Dualismus<br />
zu grobe Raster sind, als dass man damit noch einen großen Erklärungswert<br />
<strong>für</strong> die Verflochtenheit der Rechtsordnungen verbinden<br />
könnte« 25 . Daher muss auf die konkrete Rechtsquelle Bezug<br />
82<br />
genommen werden. Nach Art. 25 S. 1 GG sind die allgemeinen Regeln<br />
des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts. Da es sich bei<br />
dem SRÜ nicht um allgemeine Regeln des Völkerrechts handelt, sondern<br />
um Völkervertragsrecht, ist Art. 25 GG nicht anwendbar. Insoweit<br />
ist Art. 59 Abs. 2 GG lex specialis. 26 Somit muss an dieser Stelle<br />
auch nur auf das Verhältnis von Völkervertragsrecht zu innerstaatlichem<br />
Recht eingegangen werden.<br />
1. Verhältnis SRÜ und nationales Recht<br />
Nach der immer noch herrschenden dualistischen Theorie bilden innerstaatliches<br />
Recht und Völkerrecht zwei eigenständige Rechtskreise,<br />
die weitgehend unabhängig voneinander bestehen und prinzipiell<br />
gleichrangig sind. 27 <strong>Das</strong> sonstige Völkerrecht muss durch einen<br />
eigenständigen Vollzugsbefehl bzw. Transformationsakt übernommen<br />
werden. 28<br />
<strong>Das</strong> SRÜ ist ein Vertrag, der sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung<br />
bezieht, da der Bund durch das SRÜ Verpflichtungen<br />
übernimmt, deren Erfüllung allein durch den Erlass eines Bundesgesetzes<br />
möglich ist. Ein solcher Vertrag bedarf nach Art. 59 Abs. 2 S. 1<br />
GG der Zustimmung der Legislative durch ein »Vertragsgesetz«. 29 <strong>Das</strong><br />
Vertragsgesetz zum SRÜ ist das Gesetz zu dem Seerechtsübereinkommen<br />
der Vereinten Nationen vom 10.12.1982 30 , welches der<br />
Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen hat. Durch<br />
den Beitritt der Bundesrepublik zum SRÜ könnte sich somit eine<br />
Ausweitung der Hoheitsgewalt auf die AWZ ergeben haben. <strong>Das</strong> SRÜ<br />
unterstellt die AWZ nicht der territorialen Souveränität des Küstenstaats,<br />
sondern eröffnet ihm lediglich partiell »Hoheitsbefugnisse«<br />
bzw. »souveräne Rechte«. Fraglich ist somit, ob und in welchem Umfang<br />
nationales Recht in der AWZ gilt. Die hierzu bislang vorgetragenen<br />
Argumente sind sehr konträr.<br />
So ist Czybulka der Auffassung, Art. 20a GG lege »nahe«, dass auch<br />
die Umwelt außerhalb der territorialen Grenzen des Staatsgebietes<br />
einzubeziehen sei, wenn man nicht ohnehin der Auffassung ist, dass<br />
die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG ihren Zweck nur dann erfüllen<br />
kann, wenn der Natur- und Umweltschutz nicht an den nationalen<br />
Grenzen halt mache. 31 Nach Czybulka gilt nationales Recht<br />
demzufolge ipso iure, 32 das heißt, nationales Recht gilt Kraft Gesetzes<br />
bzw. unmittelbar.<br />
Lagoni hingegen vertritt die Auffassung, dass es zumindest <strong>für</strong> die<br />
Bestimmung und Einrichtung geschützter Meeresflächen zum<br />
Zwecke des Naturschutzes in der AWZ einer gesetzlichen Grundlage<br />
in dem diesbezüglichen Gesetz bedürfe. 33 Ohne dies ausdrücklich<br />
zu formulieren, setzt Lagoni damit eine Erstreckungsklausel<br />
18 Gloria (Fn. 17).<br />
19 Art. 89 SRÜ i.V.m. Art. 58 Abs. 2 SRÜ; so auch Weiß (Fn. 10), S. 9.<br />
20 Sachs, in: Sachs, Grundgesetz, 2. Auflage 1999, Einführung Rn. 28.<br />
21 Jarass/ Pieroth, Grundgesetz, 5. Auflage 2000, Präambel Rn. 8 u. 10; Huber, in:<br />
Sachs (Fn. 20), Präambel Rn. 32.<br />
22 Vitzthum, in: Isensee/ Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band I, 1987, S. 724<br />
mit Bezug auf Art. 2 Abs. 2 SRÜ.<br />
23 Stern, <strong>Das</strong> Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I, 1984, S. 235.<br />
24 Doehring, Völkerrecht, 1999, § 1 Rn. 29. <strong>Das</strong> SRÜ ist kein solcher Vertrag, da die<br />
Ausübung von souveränen Rechten und Hoheitsbefugnissen nicht fakultativ<br />
ist, sondern von der Inanspruchnahme der AWZ durch den jeweiligen Küstenstaat<br />
abhängt und auch die Ausgestaltung der Rechte nicht präzisiert ist.<br />
25 Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, 2. Auflage, 1994, S. 16 f.<br />
26 Jarass/ Pieroth, Art. 25, Rn. 6; Stern (Fn. 23), S. 498; Kunig, in: Graf Vitzthum<br />
(Fn. 10), 2. Abschnitt Rn. 57; Geiger (Fn.25), S. 131.<br />
27 Stein, Staatsrecht, 15. Auflage, 1995, S. 22.<br />
28 Jarass/ Pieroth, Art. 25, Rn. 2.<br />
29 Pernice- Dreier, Grundgesetz 1998, Art. 59 Rn. 47.<br />
30 Gesetz vom 2.9.1994 zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen<br />
vom 10.12.1982, BGBl. 1994 II S. 1798.<br />
31 Czybulka, NuR 2001, 367, 369 mit Bezug zum UGB.<br />
32 Czybulka, NuR 2001, 367, 370; ders., ZUR 2003, 329, 331 f.; vgl. auch Nachweise<br />
bei Herma, 8. Rostocker Seerechtsgespräche zum Rechtsregime der Ausschließlichen<br />
Wirtschaftszone, NuR 2001, 379, 380.<br />
33 Lagoni, NuR 2002, 121, 125.<br />
ZUR 2/2004
Kahle, Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks<br />
voraus. Darunter ist eine Vorschrift zu verstehen, die das jeweilige<br />
Gesetz ausdrücklich (oder ihrem Sinn und Zweck nach) <strong>für</strong> in der<br />
AWZ anwendbar erklärt. 34 Auch das Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt,<br />
Natur und Reaktorsicherheit scheint die Ansicht von Lagoni<br />
zu vertreten. Da den Küstenstaaten in der AWZ keine souveräne<br />
Gebietshoheit zustehe, sondern nur eine durch völkerrechtlichen<br />
Akt besonders zugewiesene »Funktionshoheit«, könne nicht selbstverständlich<br />
von der Geltung innerstaatlichen Rechts in der AWZ<br />
ausgegangen werden. 35<br />
Klinski schließlich ist der Ansicht, dass andere innerstaatliche<br />
Rechtsvorschriften neben dem Instrumentarium des Seeaufgabengesetzes<br />
und des Bundesberggesetzes <strong>für</strong> die Zulassung von Windkraftanlagen<br />
in der AWZ nur soweit anwendbar seien, wie das innerstaatliche<br />
Recht der Umsetzung einer gemeinschaftsrechtlichen<br />
Richtlinie dient, die ihrerseits auf eine Gültigkeit innerhalb der AWZ<br />
hin angelegt ist. 36 Begründet wird dies mit der richtlinienkonformen<br />
Auslegung deutschen Rechts sowie dem Vorrang und dem mittelbaren<br />
Einfluss des europäischen Gemeinschaftsrechts. Besteht folglich<br />
eine gemeinschaftsrechtliche Richtlinie, die im Bereich der AWZ anwendbar<br />
ist, so müssen nach Klinski auch jene innerstaatlichen Regelungen<br />
in der AWZ anwendbar sein, welche der Umsetzung der<br />
konkreten Richtlinie dienen.<br />
Einer Geltung nationalen Rechts ipso iure ist nicht vorbehaltlos<br />
zuzustimmen. Einer solchen Auffassung stehen die Regelungen des<br />
SRÜ entgegen, die dem Küstenstaat nur partiell Hoheitsbefugnisse<br />
und souveräne Rechte <strong>für</strong> konkrete Zwecke zubilligen. Diese Befugnisse<br />
sind final begründet und begrenzt; sie sind also nicht umfassend.<br />
37 Daraus lässt sich schließen, dass der Küstenstaat auch nur <strong>für</strong><br />
diesen Bereich Regelungen erlassen kann. Verfassungsrechtliche Gebote<br />
können die völkerrechtlichen Hoheitsbefugnisse des Küstenstaates<br />
in seiner AWZ nicht ändern oder gar erweitern. 38 Gegen eine<br />
generelle Geltung nationalen Rechts spricht auch, dass dies der Erweiterung<br />
des Hoheitsbereichs des Küstenstaates gleich käme.<br />
Klinski ist zuzustimmen, dass aus dem Umstand, dass es der Gesetzgeber<br />
innerhalb eines Gesetzes <strong>für</strong> angebracht gehalten hat, eine<br />
Erstreckensklausel zu statuieren, als solchem nicht gefolgert werden<br />
kann, dass dies im gesamten Recht allgemeingültig sein soll. 39 Gegen<br />
die Ansicht von Klinski spricht allerdings, dass das EG- Recht<br />
nicht der Umsetzung des Völkerrechts dient. Eine gemeinschaftsrechtskonforme<br />
Umsetzung ist auch in dem Falle problematisch, in<br />
dem die EG dem völkerrechtlichen Abkommen gar nicht beigetreten<br />
ist. Schließlich wäre das Völkerrecht größtenteils hinfällig,<br />
wenn es keine entsprechende Regelung im (primären oder sekundären)<br />
EG-Recht gäbe. Auch müsste überprüft werden, ob das einschlägige<br />
EG-Recht nicht den Regelungen des SRÜ zuwider läuft.<br />
Anderenfalls würde der Küstenstaat gegen Völkerrecht verstoßen.<br />
Schließlich können gemeinschaftsrechtliche Gebote die völkerrechtlichen<br />
Hoheitsbefugnisse des Küstenstaates in seiner AWZ<br />
nicht ändern oder erweitern. 40<br />
Gleichwohl soll der Vorrang des Gemeinschaftsrechts nicht in Abrede<br />
gestellt werden. Einschlägige Richtlinien könnten hier insbesondere<br />
die Vogelschutzrichtlinie, die FFH- Richtlinie und die UVP-<br />
Richtlinie 41 sein. Der »Krücke« der richtlinienkonformen Auslegung<br />
bedarf es <strong>für</strong> die Geltung völkerrechtlicher Regelungen im nationalen<br />
Recht jedoch nicht.<br />
Allein das Völkerrecht bildet den Maßstab <strong>für</strong> die Geltung des<br />
nationalen Rechts außerhalb des Hoheitsgebietes des Küstenstaates.<br />
<strong>Das</strong> nationale Recht gilt innerhalb der AWZ nur nach Maßgabe des<br />
SRÜ. Im Staatsgebiet besteht eine umfassende Regelungskompetenz<br />
aufgrund der territorialen Souveränität. In der AWZ ist die Regelungskompetenz<br />
auf den Umfang des begrenzten und genau definierten<br />
souveränen Rechts beschränkt. 42 Durch Art. 56 Abs. 1 lit. a<br />
und b SRÜ werden partiell die Rechte des Küstenstaates erweitert.<br />
Nur insoweit dem Küstenstaat durch das SRÜ Rechte zugewiesen<br />
ZUR 2/2004<br />
werden, kann der Küstenstaat Regelungen erlassen. Dies folgt nicht<br />
zuletzt aus der funktionalen Begrenzung der Rechte. 43<br />
Um eine sichere Rechtslage <strong>für</strong> die AWZ zu erlangen, bedarf es der<br />
ausdrücklichen Erstreckung der einschlägigen nationalen Gesetze<br />
auf die AWZ. Dadurch wird eine völkerrechtliche Auslegung nationaler<br />
Vorschriften vermieden. Einer solchen bedarf es jedoch, soweit<br />
eine Erstreckung nicht stattgefunden hat. Hier<strong>für</strong> spricht auch die<br />
Praxis der Bundesregierung, den Anwendungsbereich einzelner Gesetze<br />
ausdrücklich auf die AWZ auszudehnen. 44 Auch wurden diverse<br />
Gesetze zur Umsetzung internationaler Übereinkommen im Bereich<br />
des Seerechts um den Geltungsbereich der AWZ ergänzt. So<br />
wurde z.B. das MARPOL- Gesetz 45 durch das Ausführungsgesetz zum<br />
SRÜ 46 in Art. 1a um den Passus erweitert, dass Hoheitsbereich im<br />
Sinne von Art. 4 Abs. 2 des Übereinkommens hinsichtlich der in<br />
Art. 56 Abs. 1 Buchstabe b des SRÜ bezeichneten Befugnisse auch die<br />
deutsche AWZ ist.<br />
Die angesprochene völkerrechtliche Auslegung nationaler Vorschriften<br />
hat danach zu erfolgen, ob die konkrete Regelung der<br />
Wahrnehmung von souveränen Rechten oder Hoheitsbefugnissen<br />
im Sinne des SRÜ dient. Ist dies der Fall, kann die Vorschrift auf den<br />
Bereich der AWZ angewendet werden. Anderenfalls ist die Ausdehnung<br />
versagt.<br />
Da nach Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ auch Hoheitsbefugnisse in Bezug<br />
auf den Schutz und die Bewahrung der Meeresumwelt bestehen,<br />
kann der Küstenstaat somit <strong>für</strong> den Bereich der AWZ Regelungen<br />
zum marinen Umweltschutz erlassen. Ergänzt wird die Kompetenzvorschrift<br />
des Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ durch Abschnitt 5 des SRÜ.<br />
Dieser enthält Vorschriften über internationale Regeln und innerstaatliche<br />
Rechtsvorschriften zur Verhütung, Verringerung und<br />
Überwachung der Verschmutzung der Meeresumwelt.<br />
Aufgrund des Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ kann der Küstenstaat in<br />
dem Bereich der AWZ die Geltung seiner Gesetze ausweiten. Für die<br />
begrenzte Geltung spricht schließlich die bestehende Kompetenzordnung<br />
nach dem GG. So hat der Bund bereits die konkurrierende<br />
Gesetzgebungsbefugnis z.B. in Bezug auf die Hochseefischerei in<br />
Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 GG oder die Hochseeschifffahrt in Art. 74 Abs. 1<br />
Nr. 21 GG. Es handelt sich hierbei um Regelungsmaterien, die dem<br />
Völkerrechtssubjekt Bundesrepublik aufgrund und nach Maßgabe<br />
des (See-) Völkerrechts (...) außerhalb des Staatsgebietes zustehen. 47<br />
34 Nachweise bei Klinski, Rechtliche Probleme der Zulassung von Windkraftanlagen<br />
in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), UBA- Texte 62/ 01, 2001,<br />
S. 18 Fn. 32.<br />
35 BMU, G II 1 (L), Vermerk vom 18.8.2000, S. 17 (zitiert nach Klinski (Fn. 34),<br />
S. 19).<br />
36 Klinski (Fn. 34), S. 17 ff.<br />
37 Graf Vitzthum (Fn. 10), 5. Abschnitt, Rn. 49.<br />
38 So auch Lagoni, NuR 2002, 121, 125.<br />
39 Klinski (Fn. 34), S. 19 f.<br />
40 Lagoni, NuR 2003, 121, 125.<br />
41 Vogelschutzrichtlinie (79/ 409/ EWG, ABl. L 206, 42), FFH- Richtlinie (92/43/<br />
EWG, ABl. L 206, 7), UVP- Richtlinie (85/337/ EWG, ABl. L 175, 40) mit UVP-<br />
Änderungsrichtlinie (97/11/ EG, ABl. L 73, 5).<br />
42 So auch Weiß (Fn. 10), S. 27. Zur Anwendbarkeit der genannten Richtlinien in<br />
der AWZ vgl. Fouquet, Naturschutz und Offshore- Windenergieanlagen in der<br />
AWZ, Rechtsgutachten 2001, S. 8 ff.<br />
43 Vgl. auch Gündling, Die 200 Seemeilen- Wirtschaftszone, 1983, S. 119; Dahm/<br />
Dehlbrück/ Wolfrum, Völkerrecht, Band I/ 1, 1989, S. 542.<br />
44 Als Beispiel <strong>für</strong> diese Praxis kann das EEG angeführt werden, das in § 2 Abs. 1<br />
eine ausdrückliche Regelung <strong>für</strong> die deutsche AWZ enthält.<br />
45 Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der<br />
Meeresverschmutzung durch Schiffe und zu dem Protokoll von 1978 zu diesem<br />
Übereinkommen vom 23.12.1981, BGBl. 1982 II S. 2, zuletzt geändert durch Artikel<br />
4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet<br />
der Seeschifffahrt vom 17.7.1997 (BGBl. I S. 1832).<br />
46 Gesetz zur Ausführung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen<br />
vom 10.12.1982 sowie des Übereinkommens vom 28.7.1994 zur Durchführung<br />
des Teils XI des Seerechtsübereinkommens (Ausführungsgesetz Seerechtsübereinkommen<br />
1982/ 1994) vom 6.6.1995, BGBl. 1995 I S. 778.<br />
47 Weiß (Fn. 10), S. 27.<br />
83
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
2. Zwischenergebnis<br />
Grundsätzlich gilt innerstaatliches Recht somit nicht in der AWZ,<br />
sondern nur soweit dem Küstenstaat durch das SRÜ – welchem er zugestimmt<br />
haben muss – souveräne Rechte oder Hoheitsbefugnisse in<br />
diesem Bereich zuerkannt worden sind. Da dem Küstenstaat durch<br />
Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ Hoheitsbefugnisse in Bezug auf den marinen<br />
Umweltschutz zugestanden werden, können nationale Umweltschutzgesetze<br />
im Bereich der AWZ anwendbar sein. Nach Art. 56<br />
SRÜ müssen sich umweltrechtliche Regelungen aber auf den Schutz<br />
der marinen Umwelt beziehen. Nur soweit der Anwendungsbereich<br />
dieser Gesetze es zulässt, gelten sie ipso iure. Des Weiteren besteht<br />
eine umfangreiche Gruppe von Gesetzen, die Kraft Natur der Sache<br />
nicht in der AWZ gelten wie beispielsweise das Straßenverkehrsrecht<br />
oder das Bundeswaldgesetz. Nach Art. 60 Abs. 2 SRÜ unterliegen die<br />
Anlagen in der AWZ der ausschließlichen Rechtsordnung des<br />
Küstenstaates. <strong>Das</strong> heißt, es gilt nur die Rechtsordnung des Küstenstaates<br />
und nicht auch die des Flaggen- bzw. Heimatstaates des Bauherren/<br />
Eigentümers der Anlage. 48<br />
Somit besteht keine umfassende, sondern nur eine partiell durch<br />
Völkerrecht übertragene Geltung nationalen Rechts.<br />
II. Mögliche Kompetenztitel im GG<br />
Soweit der Küstenstaat nach Maßgabe des SRÜ Hoheitsbefugnisse in<br />
Bezug auf bestimmte Maßnahmen hat, richtet sich die Gesetzgebungskompetenz<br />
nach den Art. 70 ff. GG.<br />
Der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz unterfällt das<br />
Recht der AWZ nicht. Insbesondere handelt es sich nicht um einen<br />
Bereich der auswärtigen Angelegenheiten gemäß Art. 73 Nr. 1 GG.<br />
Eine ausdrückliche Kompetenz »Recht der AWZ« enthält der Kompetenzkatalog<br />
des Grundgesetzes bis heute nicht, weshalb es einer<br />
Verfassungsänderung bedürfte, wollte man das Recht der AWZ als<br />
eine eigenständige Sachmaterie regeln. 49<br />
Da derzeit keine Bestrebungen erkennbar sind, eine solche Verfassungsänderung<br />
herbeizuführen, verbleibt also lediglich der Kompetenzkatalog<br />
der Art. 74 und 75 GG bezüglich der konkurrierenden<br />
Gesetzgebungskompetenz. Art. 74 Nr. 24 GG zählt <strong>für</strong> den Umweltschutz<br />
partiell Regelungsbereiche auf, ohne eine umfassende Zuständigkeit<br />
des Bundes im Bereich des Umweltschutzes zu eröffnen.<br />
Gleiches gilt <strong>für</strong> Art. 75 Abs. 1 Nr. 3 und 4 GG, die den Bund lediglich<br />
ermächtigen, Rahmenvorschriften <strong>für</strong> den Bereich des Naturschutzes<br />
(Nr. 3), die Raumordnung und den Wasserhaushalt (Nr. 4)<br />
zu erlassen. Eine (gedankliche) »Verlängerung« der bestehenden verfassungsrechtlichen<br />
Kompetenzvorschriften (hier also des Art. 75<br />
Abs. 1 Nr. 3 GG) in die Meereszone AWZ hinein ist zwar naheliegend,<br />
aber juristisch unsauber, weil der AWZ jeder territoriale Bezug<br />
(zum »Staatsgebiet«) fehlt. 50<br />
Betrachtet man die hier anstehenden, dringendsten Probleme aus<br />
der Sicht des Natur- und Umweltschutzes, so ergibt sich zunächst,<br />
dass sich ein Großteil des erforderlichen Schutzes als Konsequenz<br />
wirtschaftlicher Betätigung in der AWZ darstellt, die durch Art. 56<br />
SRÜ ermöglicht wird. 51 Soweit mit Art. 74 Nr. 24 und 75 Abs. 1 Nr. 3<br />
u. 4 GG keine speziellen Kompetenztitel bestehen, könnten die naturschutz-<br />
und umweltrechtlichen Regelungen als Annex-Kompetenz<br />
zu dem Recht der Wirtschaft, <strong>für</strong> die der Bund die konkurrierende<br />
Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Nr. 11 GG besitzt, mit<br />
zu regeln sein. 52 Annex-Kompetenz bedeutet, dass – im konkreten<br />
Fall – mit dem Recht der Wirtschaft andere Regelungsbereich mitgeregelt<br />
werden können, die in einem Sachzusammenhang mit der<br />
Materie stehen.<br />
Fraglich ist, ob die Voraussetzungen <strong>für</strong> eine Annex-Kompetenz<br />
vorliegen. Eine Annexkompetenz des Bundes setzt demnach voraus:<br />
(1.) Bestehen eines Kompetenztitels nach dem GG, der (2.) die frag-<br />
84<br />
liche Kompetenzmaterie nicht ausdrücklich umfasst, (3.) zu dem<br />
diese aber in einer funktionalen Beziehung steht, dergestalt, dass sie<br />
der Vorbereitung und Durchführung dient, <strong>für</strong> den wirksamen Vollzug<br />
erforderlich ist und (4.) hierbei auf diese Funktion beschränkt<br />
bleibt: Die Annexmaterie darf nicht zur Hauptmaterie werden. 53 Wie<br />
bereits genannt, existiert <strong>für</strong> das Recht der Wirtschaft mit Art. 74 Nr.<br />
11 GG ein Kompetenztitel. <strong>Das</strong> Recht der AWZ ist nicht ausdrücklich<br />
umfasst. Da es um den Bereich der wirtschaftlichen Nutzung innerhalb<br />
der AWZ geht, könnte damit der Bereich des Umweltschutzes<br />
funktional mit erfasst sein, da sie die Durchführung der wirtschaftlichen<br />
Nutzung regelt. Der Umweltschutz muss dabei darauf<br />
beschränkt sein, die Durchführung der wirtschaftlichen Nutzung regeln<br />
zu wollen. Reine naturschutz- oder umweltrechtliche Regelungen<br />
sind somit unzulässig, soweit sie sich nicht auf einen in Art. 74<br />
Nr. 24 oder Art. 75 Abs. 1 Nr. 3, 4 GG genannten Kompetenztitel<br />
stützen können. Im Übrigen hat der Bund mit Art. 74 Nr. 11 GG die<br />
Kompetenz, Vorschriften im Bereich der AWZ zu erlassen. Auf welche<br />
Rechtsnormen dies in der Bundesrepublik zutrifft, soll im Folgenden<br />
untersucht werden. Dabei sollen nur die jeweils umweltrelevanten<br />
Gesetze und Verordnungen auf ihre Anwendbarkeit<br />
hinsichtlich Offshore-Windparks betrachtet werden.<br />
E. Geltende nationale Gesetze<br />
I. Seeaufgabengesetz<br />
Maßgebliche Rechtsgrundlage <strong>für</strong> die Aufgaben des Bundes auf dem<br />
Gebiet der Seeschifffahrt ist das Seeaufgabengesetz (SeeAufgG) 54 . Bei<br />
den Offshore-Windparks handelt es sich zwar nicht primär um Belange<br />
der Seeschifffahrt, § 9 Abs. 1 Nr. 4a i.V.m. § 1 Nr. 10a SeeAufgG<br />
enthält jedoch eine Verordnungsermächtigung <strong>für</strong> die Prüfung,<br />
Zulassung und Überwachung von Anlagen seewärts der Begrenzung<br />
des Küstenmeeres. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 SeeAufgG können solche<br />
Verordnungen auch zur Abwehr von Gefahren <strong>für</strong> die Meeresumwelt<br />
erlassen werden. Auf dieser Grundlage wurde die Seeanlagenverordnung<br />
erlassen.<br />
II. Seeanlagenverordnung<br />
Wichtigste Rechtsvorschrift <strong>für</strong> die Errichtung und den Betrieb von<br />
Windkraftanlagen in der AWZ ist die Seeanlagenverordnung (See-<br />
AnlV) von 1997 55 . Sie enthält die zentralen Genehmigungsvoraussetzungen<br />
<strong>für</strong> Offshore-Windkraftanlagen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 See-<br />
AnlV gilt diese Verordnung <strong>für</strong> die Errichtung und den Betrieb von<br />
Anlagen im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Die SeeAnlV gehört damit zu den oben bereits<br />
angesprochenen neueren Rechtsvorschriften, deren Anwendungsbereich<br />
ausdrücklich den Bereich der AWZ umschließt. Nach<br />
§ 1 Abs. 2 SeeAnlV sind Anlagen im Sinne dieser Verordnung alle<br />
festen oder schwimmend befestigten baulichen oder technischen<br />
48 Jenisch, in: Ehlers/ Erbguth (Fn. 1), S. 21.<br />
49 Czybulka, NuR 2001, 367, 370.<br />
50 Czybulka, NuR 1999, 562, 568.<br />
51 Czybulka, NuR 2001, 367, 370.<br />
52 So Vitzthum, in: Isensee/ Kirchhof (Fn. 22), Bd. I, S. 726.<br />
53 Degenhart, in: Sachs (Fn. 21), Art. 70 Rn. 34 m.w.N.<br />
54 Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (Seeaufgabengesetz<br />
– SeeAufgG) in der Fassung der Bekanntmachung vom<br />
18.9.1998 (BGBl. I S. 2986).<br />
55 Verordnung über Anlagen seewärts der Begrenzung des deutschen Küstenmeeres,<br />
BGBl. 1997 I S. 57, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung<br />
des Naturschutzgesetzes und der Landschaftspflege und zur Anpassung anderer<br />
Rechtsvorschriften vom 25.3.2002, BGBl. I S. 1193. Zu den Inhalten der<br />
Seeanlagenverordnung vgl. Beckmann, Die Seeanlagenverordnung, NordÖR<br />
2001, 273 ff. und Brandt/ Gassner, Seeanlagenverordnung Kommentar, 2002.<br />
ZUR 2/2004
Kahle, Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks<br />
Einrichtungen einschließlich Bauwerke und künstlicher Inseln, die<br />
der Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder anderen<br />
wirtschaftlichen Zwecken dienen. Ziel der SeeAnlV ist der Schutz der<br />
Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs sowie der Meeresumwelt.<br />
Dies verdeutlicht § 2 S. 2 SeeAnlV sowie § 3 S. 1 SeeAnlV,<br />
wonach die Genehmigung zu versagen ist, wenn diese Schutzgüter<br />
beeinträchtigt oder gefährdet werden. 56 Anderenfalls ist die Genehmigung<br />
zu erteilen (§ 3 S. 2 SeeAnlV). Nach § 2a SeeAnlV ist <strong>für</strong> die<br />
Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung der Anlagen<br />
oder ihres Betriebs eine UVP durchzuführen. Nach § 3a SeeAnlV legt<br />
das Bundesministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im<br />
Einvernehmen mit dem Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz-<br />
und Reaktorsicherheit besondere Eignungsgebiete <strong>für</strong> Windkraftanlagen<br />
fest. Diese Festlegung hat nach Abs. 2 die Wirkung eines<br />
Sachverständigengutachtens.<br />
Die Zielsetzung der SeeAnlV besteht im Wesentlichen somit aus<br />
zwei Säulen: dem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des<br />
Schiffsverkehrs und dem Schutz der Meeresumwelt. Besondere Bedeutung<br />
<strong>für</strong> die Genehmigung von Windkraftanlagen wird künftig<br />
dem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs zukommen.<br />
57<br />
Für die nachfolgenden Erörterungen soll das Augenmerk auf den<br />
Schutz der Meeresumwelt gelenkt werden. Die Meeresumwelt kann<br />
als Träger von Nahrungs-, Energie- und Rohstoffreserven begriffen<br />
werden, als ein Reservoir <strong>für</strong> menschliche Nutzungen und als Lebensraum<br />
der beherbergten Tier- und Pflanzenwelt. Der Genehmigungstatbestand<br />
des § 2 i.V.m. § 3 SeeAnlV verlangt, dass keine Gefahr<br />
<strong>für</strong> die Meeresumwelt zu erwarten ist. Wann eine solche Gefahr<br />
zu erwarten ist, legt die Verordnung nicht dar. Maßstäbe <strong>für</strong> den<br />
Schutz der Meeresumwelt können unter Umständen anderen umweltrelevanten<br />
Gesetzen entnommen werden. Voraussetzung hier<strong>für</strong><br />
ist, dass diese Gesetze in der AWZ gelten und der Bund hier<strong>für</strong><br />
Kompetenzen hat.<br />
III. Wasserhaushaltsgesetz<br />
Für den Bereich des Gewässerschutzes könnte zunächst das Wasserhaushaltsgesetz<br />
58 <strong>für</strong> die AWZ anwendbar sein. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1<br />
a gilt dieses Gesetz nur <strong>für</strong> das Meer zwischen der Küstenlinie bei<br />
mittlerem Hochwasser oder der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen<br />
Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres<br />
(Küstengewässer) und <strong>für</strong> andere Gewässer. Die als (äußere)<br />
Grenze der Küstengewässer bestimmte »seewärtige Abgrenzung des<br />
Küstenmeeres« entspricht der Hoheitsgrenze Deutschlands und ist in<br />
Ost- und Nordsee die seewärtige Grenze einer durch Bekanntmachung<br />
der Bundesregierung vom 11.11.1994 59 näher umschriebenen,<br />
von grundsätzlich 3 auf 12 Meilen erweiterten Zone. 60 Die<br />
seewärtige Begrenzung des Küstenmeeres der Bundesrepublik<br />
Deutschland in der Nordsee verläuft demnach in einem Abstand<br />
von 12 Seemeilen, gemessen von der Niedrigwasserlinie und den geraden<br />
Basislinien. Für den Bereich der AWZ gilt das WHG folglich<br />
nicht. Eine Ausweitung des räumlichen Geltungsbereichs ist auch<br />
nicht durch das im Entwurf vorliegende Siebte Gesetz zur Änderung<br />
des WHG geplant.<br />
IV. Bundesnaturschutzgesetz<br />
Anwendbar im Bereich der AWZ ist nunmehr auch das Bundesnaturschutzgesetz<br />
61 . Eine räumliche Beschränkung ist dem BNatSchG<br />
zunächst nicht zu entnehmen. Da das BNatSchG vom Anwendungsbereich<br />
keine Begrenzungen enthält, ist nach den zuvor genannten<br />
Voraussetzungen der Geltung nationalen Rechts im Verhältnis<br />
zum Völkerrecht von der Anwendbarkeit des BNatSchG<br />
auszugehen, da zum Bereich der Meeresumwelt – also der natürli-<br />
ZUR 2/2004<br />
chen Lebensgrundlagen des Menschen im marinen Bereich – unstreitig<br />
auch die Natur gehört. Da dem Küstenstaat durch Art. 56<br />
Abs. 1 lit. b iii) SRÜ Hoheitsbefugnisse in Bezug auf den Schutz und<br />
die Bewahrung der Meeresumwelt zugewiesen werden, ist damit das<br />
BNatSchG im Bereich der AWZ anzuwenden. 62<br />
Für die bislang umstrittene Anwendbarkeit des BNatSchG spricht<br />
auch eine europarechtskonforme Auslegung. Zur alten Rechtslage ist<br />
der herrschenden Meinung der Geltung von FFH- Richtlinie und Vogelschutzrichtlinie<br />
in der AWZ 63 zu folgen. Die Novelle des BNat-<br />
SchG 64 enthält nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit, auch in der<br />
AWZ Natur- und Vogelschutzgebiete auszuweisen. Ziel der Novellierung<br />
ist unter anderem die Verbesserung des Meeresnaturschutzes in<br />
der AWZ. 65 Nach § 38 Abs. 1 BNatSchG n. F. sind <strong>für</strong> den Schutz von<br />
Meeresflächen im Bereich der AWZ oder des Festlandsockels im Rahmen<br />
der Vorgaben des SRÜ (vorbehaltlich der Nummern 1 bis 5) die<br />
Vorschriften der §§ 33 und 34 entsprechend anzuwenden. Diese enthalten<br />
Vorschriften über Schutzgebiete nach der FFH- und Vogelschutzrichtlinie<br />
(§ 33) und über die Verträglichkeit und Zulässigkeit<br />
von Projekten (§ 34). Demnach bedarf es nicht mehr der europarechtskonformen<br />
Auslegung. Folglich können auch Schutzgebiete<br />
innerhalb der AWZ ausgewiesen werden. 66<br />
Da nach § 11 S. 1 n. F. BNatSchG 67 auch § 38 BNatSchG unmittelbar<br />
gilt, sind hierüber auch die §§ 33 und 34 unmittelbar anwendbar.<br />
Auf § 11 S. 2 n.F. BNatSchG kommt es damit nicht mehr an. Damit<br />
bedarf es beispielsweise <strong>für</strong> die Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung<br />
mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaftlicher<br />
Bedeutung (FFH- Gebiet) oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes<br />
nicht mehr der Umsetzung durch die Länder.<br />
Während bis zur Novellierung des BNatSchG noch einiges gegen<br />
die Anwendbarkeit des BNatSchG in der AWZ sprach, 68 wurde diese<br />
Problematik durch die Novellierung bereinigt. Nach hiesiger Auffassung<br />
gilt die Anwendbarkeit des BNatSchG in seiner neuen Fassung<br />
aufgrund der völkerrechtlichen Auslegung auch umfassend, jedenfalls<br />
insoweit dies nicht kraft Natur der Sache ausgeschlossen ist.<br />
V. Bundesberggesetz und Festlandsockelbergverordnung<br />
Die Aufstellung der Windkraftanlagen im Meer erfolgt nicht<br />
schwimmend sondern durch den Bau von Betonsockeln. Zu deren<br />
Fixierung auf dem Meeresboden bedarf es tiefer Bohrungen, um die<br />
Standsicherheit zu gewährleisten. Aus diesem Grund könnte das<br />
Bundesberggesetz (BBergG) 69 und die Festlandsockelbergverordnung<br />
56 Beckmann, NordÖR 2001, 273, 275.<br />
57 Vgl. zu den Begriffen der Sicherheit und Leichtigkeit Brandt/ Gassner (Fn. 55),<br />
§ 2 Rn. 34 ff.<br />
58 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) in der<br />
Fassung der Bekanntmachung vom 12.11.1996 (BGBl. I S. 1695).<br />
59 BGBl. I S. 3428.<br />
60 Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, 7. Auflage 1998, § 1 Rn. 36.<br />
61 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege – BNatSchG in der Fassung vom<br />
25.3.2002, verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des<br />
Naturschutzes und der Landschaftspflege und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften<br />
(BNatSchG NeuregG), BGBl. I S. 1193.<br />
62 Im Ergebnis wohl auch Gellermann, <strong>Das</strong> modernisierte Naturschutzrecht, NVwZ<br />
2002, 1025, 1026.<br />
63 Weiß (Fn. 10), S. 23 f.; Czybulka/ Kersandt, Rechtsvorschriften, rechtliche Instrumentarien<br />
und zuständige Körperschaften mit Relevanz <strong>für</strong> marine Schutzgebiete<br />
in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) und auf Hoher See des<br />
OSPAR- Konventionsgebietes, BfN- Skripten 27, 2000, S. 18 m.w.N.<br />
64 <strong>Das</strong> Gesetz wurde am 25.3.2002 vom Bundestag erlassen. Es ist gemäß Art. 5<br />
S. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege<br />
und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften (BNatSchG NeuregG)<br />
am 4.4.2002 in Kraft getreten.<br />
65 BT-Drs. 14/ 7469, S. 2.<br />
66 So im Ergebnis wohl auch schon zuvor Czybulka, Geltung der FFH-Richtlinie in<br />
der Ausschließlichen Wirtschaftszone, NuR 2001, 19, 27; zur alten Rechtslage.<br />
67 Entspricht weitestgehend § 4 S. 3 a. F. BNatSchG.<br />
68 Vgl. Hübner, Offshore-Windkraftanlagen, ZUR 2000, 137, 142 m.w.N.<br />
69 Bundesberggesetz vom 13.8.1980, BGBl. I S. 1310, zuletzt geändert durch Sechstes<br />
Gesetz zur Reform des Strafrechts v. 26.1.1998 (BGBl. I S. 164).<br />
85
<strong>Das</strong> <strong>Thema</strong><br />
(FlsBergV) 70 im Bereich der AWZ einschlägig sein. Zwar wird der<br />
räumliche Anwendungsbereich durch § 2 Abs. 3 BBergG ausdrücklich<br />
eröffnet. Demnach gilt das Gesetz im Bereich des Festlandsockels,<br />
wobei die völkerrechtlichen Regeln über die Hohe See, die<br />
AWZ und den Festlandsockel unberührt bleiben (§ 2 Abs. 3 S. 2<br />
BBergG). Sowohl das BBergG als auch die FlsBergV gelten ihrem<br />
sachlichen Anwendungsbereich nach aber lediglich <strong>für</strong> das Aufsuchen,<br />
Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen und <strong>für</strong> damit<br />
zusammenhängende Anlagen. Für die Errichtung von Windparks in<br />
der AWZ finden BBergG und FlsBergV somit keine Anwendung. Etwas<br />
anderes gilt jedoch <strong>für</strong> Unterwasserkabel, die von und zu den<br />
Windkraftanlagen führen. Nach § 1 Nr. 10a SeeAufgG obliegt dem<br />
Bund auf dem Gebiet der Seeschifffahrt unbeschadet der Vorschriften<br />
des Bundesberggesetzes die Prüfung, Zulassung und Überwachung<br />
der Anlagen, einschließlich Bauwerke und künstlicher Inseln,<br />
seewärts der Begrenzung des Küstenmeeres auf ihre Eignung im<br />
Hinblick auf den Verkehr und die Abwehr von Gefahren <strong>für</strong> die Meeresumwelt.<br />
Daraus folgt, dass die Genehmigung von Unterwasserkabeln<br />
auf dem Festlandsockel nach Bergrecht erfolgt. Nach §§ 2 Abs. 3,<br />
133 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 BBergG finden grundsätzlich bergrechtliche<br />
Genehmigungsvorschriften Anwendung auf diese Unterwasserkabel<br />
71 . Zuständige Behörde <strong>für</strong> die Genehmigung von Unterwasserkabeln<br />
ist hier die zuständige Bergbehörde (§ 133 Abs. 4 BBergG). Eine<br />
Zuständigkeitsaufspaltung <strong>für</strong> die Genehmigung der energiezu- und<br />
energieableitenden Unterwasserkabel findet nicht statt. 72<br />
VI. Bundesimmissionsschutzgesetz<br />
Als weiteres Gesetz könnte das BImSchG 73 einschlägig sein. Eine<br />
räumliche Einschränkung des BImSchG findet sich nicht. Sachlich<br />
fällt die Errichtung von Windkraftanlagen insbesondere nicht unter<br />
wasserrechtliche Vorschriften im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 2 BImSchG.<br />
Der Genehmigungsbedürftigkeit unterfallen (seit der vollständigen<br />
Neufassung des Anhangs der 4. BImSchV 74 ) heute Windfarmen mit<br />
6 oder mehr Windkraftanlagen (Ziff. 1.6 Spalte 1 Anhang 4.<br />
BImSchV) oder Windfarmen mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen).<br />
Dies könnte da<strong>für</strong> sprechen, dass der Gesetzgeber gerade auch<br />
die Offshore-Windparks bei seiner Neufassung im Auge hatte. Ein<br />
solches Ziel läßt sich der Begründung in den amtlichen Dokumenten<br />
jedoch nicht entnehmen. 75<br />
<strong>Das</strong> BImSchG bezweckt nach § 1 BImSchG Menschen, Tiere und<br />
Pflanzen, den Boden, das Wasser und die Atmosphäre sowie Kulturund<br />
sonstige Sachgüter unter anderem vor schädlichen Umwelteinwirkungen<br />
zu schützen. Aus dem Schutzziel läßt sich zunächst explizit<br />
keine Beschränkung entnehmen. Schutz kann der Staat jedoch<br />
nur <strong>für</strong> die Schutzgüter gewähren, die auf seinem Staatsgebiet liegen.<br />
Wegen des Territorialitätsprinzips sind die im BImSchG niedergelegten<br />
Pflichten nur auf Handlungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes<br />
anwendbar. Vorschriften zur Errichtung und zum Betrieb von<br />
Anlagen gelten also nur <strong>für</strong> im Inland gelegene Anlagen, d.h. auch<br />
die deutschen Hoheitsgewässer. 76 Gleichwohl sind über das Schutzgut<br />
»Wasser« alle stehenden und fließenden, unter- und oberirdischen<br />
Gewässer einschließlich der Meere umschlossen. 77 Soweit der<br />
Schutz vor Schadstoffeinträgen auf dem Luftpfad durch das BIm-<br />
SchG geregelt ist, ist auch das BImSchG ein Instrument des Meeresumweltschutzes.<br />
Für das Anlagenrecht besteht mit der Seeanlagenverordnung<br />
ein Spezialgesetz. Auf Offshore-Windkraftanlagen<br />
findet das BImSchG somit keine Anwendung.<br />
VII. Bau- und Planungsrecht<br />
Zu der Möglichkeit, Bau- und Planungsrecht auf Offshore-Windkraftanlagen<br />
anzuwenden bestehen zahlreiche Ausführungen 78 . Für<br />
den Bereich der AWZ scheidet im Ergebnis die Anwendung von Bau-<br />
86<br />
und Planungsrecht aus. Bei dem Bau- und Planungsrecht handelt es<br />
sich um hoheitliche Planung. Zwar werden dem Küstenstaat mit<br />
Art. 56 Abs. 1 lit. b i) SRÜ Hoheitsbefugnisse in Bezug auf die Errichtung<br />
und Nutzung von künstlichen Inseln, von Anlagen und Bauwerken<br />
zuerkannt, eine planerische Aufgabenzuweisung fehlt jedoch.<br />
So erstreckt sich auch die Aufgabe der Raumordnung nach § 1<br />
Abs. 1 ROG ausdrücklich auf den Gesamtraum der Bundesrepublik<br />
Deutschland und seine Teilräume. Der Bau von Anlagen im Bereich<br />
der AWZ – einschließlich der Planung und Genehmigung – ist zudem<br />
durch die SeeAnlV abschließend geregelt. Der Hauptanwendungsbereich<br />
des Bau- und Planungsrechts im Zusammenhang mit<br />
Offshore-Windkraftanlagen liegt im Bereich des Küstenmeeres und<br />
des Festlandes. Hier bedarf es der planerischen Regelungen bezüglich<br />
der Zu- und Ableitungen zu den Windkraftanlagen. Hierzu zählen<br />
insbesondere die Energiezuführenden und – abführenden Kabel.<br />
VIII. UVP- Gesetz<br />
<strong>Das</strong> UVPG 79 enthält keine räumliche Beschränkung. Aus den Ausführungen<br />
zur SeeAnlV ergibt sich, dass die Errichtung und der Betrieb<br />
von Windkraftanlagen in der AWZ ausdrücklich gestattet ist, soweit<br />
die Voraussetzungen der §§ 2 f. SeeAnlV erfüllt sind. Da nach<br />
§ 2a SeeAnlV <strong>für</strong> diese Anlagen auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
durchzuführen ist, gilt auch das UVPG in dem Bereich der<br />
AWZ. Einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterfallen lediglich<br />
die in der Anlage zu § 3 UVPG genannten Vorhaben. Bislang waren<br />
Windenergieanlagen dort nicht aufgeführt. Durch die Neufassung<br />
des UVPG sind nun auch die Errichtung und der Betrieb von<br />
Windkraftanlagen in die Anlage unter den Ziffern 1.6 bis 1.6.3 aufgenommen.<br />
80 Die unter Ziffer 1.6.1 fallenden Vorhaben sind UVPpflichtig,<br />
die in Ziffer 1.6.2 genannten Vorhaben bedürfen einer allgemeinen<br />
Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 S. 1 UVPG und<br />
die in Ziffer 1.6.3 genannten Vorhaben bedürfen einer standortbezogenen<br />
Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 S. 2 UVPG. Bei<br />
der Einzelfalluntersuchung nach UVPG sind insbesondere die in Anlage<br />
2 genannten Auswahlkriterien zu berücksichtigen. Über § 2a<br />
SeeAnlV, aber auch Ziff. 1.6 der Anlage findet das UVPG somit Anwendung<br />
<strong>für</strong> Offshore-Windkraftanlagen.<br />
70 Bergverordnung <strong>für</strong> den Festlandsockel (Festlandsockel-Bergverordnung) vom<br />
21.3.1989, BGBl. I S. 554, zuletzt geändert durch Verordnung vom 10.8.1998,<br />
BGBl. I S. 2093.<br />
71 So auch Hübner, ZUR 2000, 137, 138.<br />
72 Vgl. Brandt/ Gassner (Fn. 55), § 1 Rn. 75 ff.<br />
73 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen,<br />
Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz)<br />
in der Fassung der Bekanntmachung v. 14.5.1990, BGBl.<br />
I S. 880, zuletzt geändert durch Art. 1 des Fünften ÄndG v. 19.10.1998, BGBl. I<br />
S. 3178.<br />
74 Zuletzt geändert durch Gesetz vom 9.9.2001, BGBl. I 2331.<br />
75 Würde dennoch die Auffassung vertreten, auch Offshore-Windkraftanlagen<br />
wären von dem BImSchG umfasst, würde dies zu deren Genehmigungsbedürftigkeit<br />
führen. Für diese Anlagen würden mithin die Pflichten der §§ 5 ff.<br />
BImSchG gelten. Dies wäre jedoch problematisch, wenn nicht gar abwegig, da<br />
keine schädlichen Umwelteinwirkungen etc. <strong>für</strong> die Allgemeinheit und die<br />
Nachbarschaft hervorgerufen werden dürfen. Im Bereich der AWZ gibt es jedoch<br />
weder eine betroffene Allgemeinheit noch eine Nachbarschaft. Tiere, Pflanzen<br />
oder das Wasser werden hier nicht mehr aufgeführt.<br />
76 Jarass, BImSchG, 4. Auflage 1999, § 2 Rn. 12; Führ, in: Koch/ Scheuing, GK- BIm-<br />
SchG § 2 Rn. 30.<br />
77 Führ, in: Koch/ Scheuing, GK- BImSchG § 1 Rn. 139; Koch, Der Schutz von Nordund<br />
Ostesee vor Schadstoffeinträgen aus der Luft, in: Koch/ Lagoni (Hrsg.)<br />
Meeresumweltschutz <strong>für</strong> Nord- und Ostsee, 1996, S. 241, 244 m.w.N.<br />
78 Vgl. nur Erbguth, in: Ehlers/ Erbguth (Fn. 1), S. 47 ff.; ders., NuR 1999, 491 ff.<br />
79 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung<br />
vom 5.9.2001 (BGBl. I S. 2350).<br />
80 (1.6) Errichtung und Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Höhe von<br />
jeweils mehr als 35 Metern oder einer Leistung von jeweils mehr als 10 KW sowie<br />
mit (1.6.1) 20 oder mehr Windkraftanlagen, (1.6.2) 6 bis weniger als 20<br />
Windkraftanlagen, (1.6.3) 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen.<br />
ZUR 2/2004
Gellermann, Artenschutz und Eingriffsregelung, Anmerkung zum Beitrag von Louis/Weihrich<br />
IX. Sonstige Regelungen<br />
Ergänzt werden die genannten Regelungen durch völkerrechtliche<br />
Verträge, denen die Bundesrepublik beigetreten ist, die teilweise weitergehende<br />
Regelungen treffen. Zu nennen sind beispielsweise das<br />
MARPOL- Übereinkommen, das OSPAR- Übereinkommen oder verschiedene<br />
Übereinkommen zur Schiffssicherheit, die auf Windkraftanlagen<br />
in der AWZ analog anzuwenden sind.<br />
F. Fazit<br />
Die Schaffung eines Kompetenztitels <strong>für</strong> den Bereich der AWZ, wie es<br />
wünschenswert gewesen wäre, ist nicht erfolgt. Dies führt zu einer<br />
gewissen Unsicherheit darüber, ob und welches nationale Recht im<br />
Bereich der AWZ anzuwenden ist. Für den Bereich des <strong>Umweltrecht</strong>s<br />
wird die Bundesrepublik einerseits durch das SRÜ zur Vornahme marinen<br />
Umweltschutzes angehalten, innerstaatlich trifft man jedoch<br />
eine uneinheitliche Gesetzesvielfalt an, die dahingehend ausgelegt<br />
werden muss, ob sie in dem Bereich der AWZ anwendbar sein könnte.<br />
Hilfreich kann die ausdrückliche Erstreckung der jeweiligen Gesetze<br />
sein. Findet sich eine solche Erstreckensklausel nicht, bleibt es<br />
bei der beschriebenen Unsicherheit.<br />
Zur Lösung dieser Problematik bietet sich eine zweistufige Vorgehensweise<br />
an. Zunächst muss überprüft werden, ob eine Materie betroffen<br />
ist, die in Art. 56 Abs. 1 SRÜ genannt wird. Handelt es sich<br />
um eine Maßnahme zum Zwecke der Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung<br />
und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen der Gewässer,<br />
des Meeresbodens und seines Unterbodens in der AWZ (Art.<br />
56 Abs. 1 lit. a)? Oder betrifft der fragliche Komplex die Errichtung<br />
und Nutzung von künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerken oder<br />
die wissenschaftliche Meeresforschung oder den Schutz und die Bewahrung<br />
der Meeresumwelt (Art. 56 Abs. 1 lit. b)? Nur <strong>für</strong> diese Bereiche<br />
kommt überhaupt die Anwendung des nationalen Rechts in<br />
Martin Gellermann<br />
Artenschutz und Eingriffsregelung<br />
ZUR 2/2004<br />
Betracht. Hierüber kann eine erste Einschränkung möglicher Gesetze<br />
erreicht werden.<br />
Entgegen der teilweise vertretenen Auffassung besteht weder eine<br />
generelle Geltung nationalen Rechts ipso iure, noch bietet das Gemeinschaftsrecht<br />
ausreichende Hinweise <strong>für</strong> eine Geltung nationalen<br />
Rechts.<br />
In einem zweiten Schritt muss dann untersucht werden, ob das<br />
nationale Recht nicht durch konkrete Regelungen ausgeschlossen<br />
ist. Solche können sich kraft Natur der Sache oder aus der jeweiligen<br />
Vorschrift ergeben (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1a WHG).<br />
Da dem Küstenstaat nur partiell <strong>für</strong> die in Art. 56 SRÜ genannten<br />
Bereiche souveräne Rechte und Hoheitsbefugnisse zuerkannt werden,<br />
ist darüber hinaus eine Anwendung nationaler Gesetze in der<br />
AWZ nicht möglich.<br />
Da der Schutz und die Bewahrung der Meeresumwelt in Art. 56<br />
Abs. 1 lit. b iii) SRÜ ausdrücklich genannt ist, folgt <strong>für</strong> das <strong>Umweltrecht</strong><br />
weitestgehend eine Öffnung <strong>für</strong> den Bereich der AWZ. Für einen<br />
umfassenden marinen Umweltschutz ist dies ein bedeutsamer Schritt,<br />
insbesondere mit Rücksicht auf die vergleichsweise starke Ausprägung<br />
der wirtschaftlichen Nutzungen in diesem Gebiet. Einen Schritt in<br />
diese Richtung hat der Gesetzgeber durch die SeeAnlV oder die Neuregelung<br />
des BNatSchG getan. Zu fordern ist eine Fortschreibung der<br />
Gesetze nach dem Beispiel des BNatSchG, des EEG oder der SeeAnlV,<br />
die ausdrücklich Regelungen <strong>für</strong> den Bereich der AWZ enthalten.<br />
Christian Kahle LL.M.<br />
Ass. jur.: Mitglied der Forschungsgruppe Energierecht Universität Lüneburg;<br />
Mindermannweg 32, 22609 Hamburg, c-kahle@gmx.de.<br />
Bisherige Tätigkeitsschwerpunkte: Nationales <strong>Umweltrecht</strong>.<br />
Aktuelle Veröffentlichungen: Mitarbeit am Kommentar von Brandt/ Gassner<br />
zur Seeanlagenverordnung, 2002; Tagungsbericht: VCD Workshop »Lärmbekämpfung<br />
durch Stadt- und Verkehrsplanung«, ZUR 2003, 252 f.<br />
Anmerkungen zum Beitrag von Louis/Weihrich, ZUR 2003, 385 ff.<br />
Die im Zuge der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vorgenommenen<br />
Änderungen im Felde der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung<br />
haben der These Vorschub geleistet, die innerstaatliche Verwirklichung der<br />
artenschutzrechtlichen Vorgaben der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL)<br />
und der Vogelschutz-Richtlinie (VRL) vollzöge sich vornehmlich in den durch<br />
§ 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG vorgezeichneten Bahnen und – soweit dies nicht<br />
möglich sei – unter unmittelbarem Rückgriff auf einschlägige Bestimmungen<br />
des europäischen Rechts. Die nachfolgende Betrachtung setzt sich mit diesem<br />
Ansatz kritisch auseinander und ist um den Nachweis bemüht, dass schon das<br />
nationale Artenschutzrecht (§§ 42 ff. BNatSchG) bei zutreffender Handhabung<br />
hinreichende Gewähr <strong>für</strong> eine richtlinienkonforme Durchführung des EG-<br />
Artenschutzrechts bietet.<br />
A. Unterschiedliche Wege zur Verwirklichung des europäischen<br />
Artenschutzrechts<br />
<strong>Das</strong> Artenschutzrecht darf sich in neuerer Zeit verstärkter Aufmerksamkeit<br />
gewiss sein. Verantwortlich zeichnet hier<strong>für</strong> vor allem der<br />
Umstand, dass es im Zuge des fortschreitenden Prozesses der<br />
Europäisierung des staatlichen Rechts in den Einwirkungsbereich<br />
des europäischen Naturschutzrechts geraten ist. Namentlich die in<br />
diesem Kontext einschlägigen Bestimmungen der Art. 12, 13, 16<br />
FFH-RL 1 sowie Art. 5, 9 VRL 2 stellen Anforderungen, die unter der<br />
Ägide des bundesdeutschen Rechts nur mühsam erfüllbar zu sein<br />
scheinen. <strong>Das</strong> gilt namentlich dann, wenn es artenschutzrechtlich<br />
relevante Eingriffe in Natur und Landschaft zu beurteilen gilt. Angesichts<br />
dessen ist es verdienstvoll, wenn sich Hans-Walter Louis und<br />
Dietmar Weihrich in ihrem Beitrag 3 der nicht leicht zu bewältigenden<br />
Aufgabe annehmen, Wege <strong>für</strong> die Einbindung des EG-Arten-<br />
1 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen<br />
Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, ABl. EG<br />
Nr. L 206 S. 7; zuletzt geändert: ABl. EG 1997, Nr. L 305 S. 42.<br />
2 Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wild<br />
lebenden Vogelarten, ABl. EG Nr. L 103 S. 1; zuletzt geändert: ABl. EG 1997<br />
Nr. L 223 S. 9.<br />
3 Louis/Weihrich, <strong>Das</strong> Verhältnis der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung<br />
zu den speziellen Artenschutzregelungen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie,<br />
ZUR 2003, 385 ff.<br />
87
Aufsatz<br />
schutzrechts in die Strukturen des nationalen Rechts aufzuzeigen.<br />
Ausgehend von der Annahme, dass die der Umsetzung des EG-Artenschutzrechts<br />
dienenden Verbote des § 42 BNatSchG bei der Ausführung<br />
eines nach § 19 BNatSchG zugelassenen Eingriffs keine Anwendung<br />
finden, richten sie den Blick auf die im Zuge der Novelle<br />
neu geschaffene Vorschrift des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG 4 und unterziehen<br />
sich der Mühe, diese Vorschrift – soweit als möglich – im<br />
Lichte der Vorgaben des EG-Artenschutzrechts zu interpretieren<br />
und ihren Aussagegehalt zu schärfen. Nur dort, wo sich § 19 Abs. 3<br />
S. 2 BNatSchG den Einflüssen des europäischen Rechts nicht öffnet,<br />
wird <strong>für</strong> eine unmittelbare Anwendung einschlägiger Richtlinienbestimmungen<br />
votiert.<br />
Diese Überlegungen klingen plausibel, sehen sich bei näherer Betrachtung<br />
aber doch Bedenken ausgesetzt. Zum einen bleibt § 19<br />
Abs. 3 S. 2 BNatSchG nämlich derart weitgehend hinter den sich<br />
aus Art. 12, 13, 16 FFH-RL bzw. Art. 5, 9 VRL ergebenden Anforderungen<br />
zurück, dass eine richtliniengetreue Interpretation nicht<br />
einmal in Teilbereichen zur Herstellung gemeinschaftskonformer<br />
Rechtszustände genügt. Zum anderen – und dies ist der eigentlich<br />
entscheidende Aspekt – bedarf es keiner europarechtskonformen<br />
Auslegung des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG, weil schon die in den<br />
§§ 42 ff. BNatSchG verankerten Vorschriften des nationalen Artenschutzrechts<br />
in den meisten Fällen hinreichende Gewähr <strong>für</strong> eine<br />
ordnungsgemäße Durchführung des richtliniengestützten Artenschutzrechts<br />
der EG bieten.<br />
B. § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG als Einfallstor <strong>für</strong> das EG-Artenschutzrecht?<br />
Bevor dieser grundlegend andere Ansatzpunkt eine nähere Begründung<br />
erfährt, gilt das Augenmerk zunächst der Vorschrift des § 19<br />
Abs. 3 S. 2 BNatSchG und ihrer Fähigkeit, einen Beitrag zur korrekten<br />
Umsetzung der in den Naturschutzrichtlinien der EG niedergelegten<br />
Artenschutzbestimmungen zu erbringen. In dieser Hinsicht<br />
ist deutliche Skepsis angebracht. 5<br />
Schon die Überlegungen von Louis/Weihrich zeugen von der Existenz<br />
einzelner im Wege der Auslegung nicht überbrückbarer Defizite,<br />
haben sie doch mit Recht auf die mangelnde Aufnahmefähigkeit<br />
des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG <strong>für</strong> das Störungsverbot des Art. 5 lit. d<br />
VRL verwiesen. 6 Die aus Sicht des europäischen Rechts zu formulierende<br />
Kritik muss aber noch wesentlich grundsätzlicher ansetzen. 7<br />
§ 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG ist in die Strukturen der Eingriffsregelung<br />
eingebunden und bildet daher einen Teil des auf Ebene des Bundesrahmenrechts<br />
dreifach gestuften Folgenbewältigungsprogramms. 8<br />
Danach ist der Verursacher eines Eingriffs i.S.d. § 18 BNatSchG in erster<br />
Linie verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen<br />
(§ 19 Abs. 1 BNatSchG) und – soweit dies nicht möglich oder<br />
rechtlich zumutbar ist – durch Maßnahmen des Naturschutzes und<br />
der Landschaftspflege vorrangig auszugleichen oder in sonstiger Weise<br />
zu kompensieren (§ 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG). Eine Abwägung, die<br />
sich den verschärften Anforderungen des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG<br />
zu fügen hat, kommt immer erst zum Tragen, wenn die auf den vorgelagerten<br />
Ebenen angesiedelten Pflichten nicht oder nicht vollständig<br />
erfüllbar sind. 9 Selbst wenn – wie Louis/Weihrich mit bestens<br />
nachvollziehbarer Begründung annehmen – die in § 19 Abs. 3 S. 2<br />
BNatSchG angesprochene »Ersetzbarkeit des Biotops« nicht durch<br />
Ersatzmaßnahmen i.S.d. § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG bewirkt werden<br />
kann, 10 ändert dies doch nichts daran, dass § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG<br />
seine die Entscheidung steuernde Wirkung nicht zu entfalten vermag,<br />
wenn die negativen Folgen eines artenschutzrechtlich bedeutsamen<br />
Eingriffs in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG<br />
vollen Umfangs ausgeglichen werden können. Um eines der von<br />
Louis/Weihrich gewählten Beispiele aufzugreifen: Wird ein Laichge-<br />
88<br />
wässer der Rotbauchunke (Bombina bombina) durch einen Eingriff<br />
zerstört und ist dies nicht vermeidbar, besteht im Folgenbewältigungsprogramm<br />
der Eingriffsregelung die vorrangige Pflicht zum<br />
Ausgleich. Gelingt dies durch die Neuanlage eines Gewässers und ist<br />
zugleich gewährleistet, dass die Amphibien diesen Ersatzlebensraum<br />
annehmen, wird die Ebene der durch § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG<br />
gesteuerten Abwägung gar nicht erst betreten. Dem EG-Artenschutzrecht<br />
kann damit freilich nicht genügt werden. 11 Wird – wie<br />
im Beispielsfall – die Fortpflanzungsstätte einer in Anhang IV FFH-RL<br />
aufgeführten Art vernichtet, ist dies aus Gründen des Art. 12 lit. d<br />
FFH-RL untersagt und darf nur ausnahmsweise unter den in Art. 16<br />
Abs. 1 FFH-RL bezeichneten Bedingungen zugelassen werden. 12 Eine<br />
sich hierauf gründende Ausnahme setzt die Alternativlosigkeit des<br />
jeweiligen Vorhabens, die Wahrung des günstigen Erhaltungszustandes<br />
der betroffenen Population und das Vorliegen eines der in<br />
Art. 16 Abs. 1 lit. a-e FFH-RL bezeichneten Abweichungsgründe voraus,<br />
zu denen auch die in § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG angesprochenen<br />
»zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses«<br />
zählen. Zu einer Prüfung dieser gemeinschaftsrechtlich strikt beachtlichen<br />
Voraussetzungen aber kommt es gar nicht erst, wenn die<br />
artenschutzrechtlich relevanten Folgen eines Eingriffsaktes vollen<br />
Umfangs in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG ausgeglichen<br />
werden können. Unter dieser Bedingung bereitet die naturschutzrechtliche<br />
Eingriffsfolgenregelung der Zulassung eines Vorhabens<br />
selbst dann kein Hindernis, wenn eine Abweichung vom<br />
EG-Artenschutzrecht aus Gründen des Art. 16 FFH-RL unzulässig ist.<br />
Insoweit ist § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG schon aus Gründen der Normstruktur<br />
der Eingriffsfolgenregelung nicht geeignet, dem europäischen<br />
Artenschutzrecht in der gebotenen Weise zur innerstaatlichen<br />
Verwirklichung zu verhelfen.<br />
Aber selbst in jenen Konstellationen, in denen § 19 Abs. 3 S. 2<br />
BNatSchG zum Tragen kommt, vermag die Vorschrift keine Gewähr<br />
<strong>für</strong> die Vermeidung etwaiger mit dem EG-Artenschutzrecht unvereinbarer<br />
Ergebnisse zu bieten. Während nämlich Art. 16 Abs. 1 FFH-<br />
RL die Vernichtung der durch Art. 12 lit. d FFH-RL geschützten Biotope<br />
nur bei Erfüllung all seiner eben genannten Voraussetzungen<br />
gestattet, lässt § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG es genügen, wenn dies aus<br />
»zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses«<br />
gerechtfertigt ist. Mag die Vorschrift auch Teile des Normtextes des<br />
Art. 16 Abs. 1 lit. c FFH-RL in sich aufnehmen, begegnet sie den<br />
übrigen Bedingungen, von deren Erfüllung Art. 16 Abs. 1 FFH-RL<br />
die Erteilung einer Ausnahme abhängig macht, mit Gleichgültigkeit.<br />
Namentlich trägt sie keine Sorge da<strong>für</strong>, dass relevante Beeinträchtigungen<br />
der Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Arten des<br />
4 Vgl. hierzu Jessel, Die Neufassung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung<br />
nach §§ 18, 19 BNatSchG, Naturschutz und Landschaftsplanung 35<br />
(2003), 119, 121; Albig/Haacks/Peschel, Streng geschützte Arten als neuer Tatbestand<br />
in der Eingriffsplanung, Naturschutz und Landschaftsplanung 35<br />
(2003), 126 ff.<br />
5 Ebenso Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl. 2003,<br />
§ 19 Rn. 45.<br />
6 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 387.<br />
7 Vgl. hierzu bereits Landmann/Rohmer/Gellermann, <strong>Umweltrecht</strong> IV, Stand:<br />
1.5.2003, Nr. 11 § 19 Rn. 29; ders., <strong>Das</strong> modernisierte Naturschutzrecht,<br />
NVwZ 2002, 1031.<br />
8 Zum gestuften Rechtsfolgensystem Anger, Die neue naturschutzrechtliche<br />
Eingriffsregelung gem. §§ 18 ff. BNatSchG, NVwZ 2003, 319 f.<br />
9 Vgl. nur Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2003, § 43 Rn. 21.<br />
10 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 388; ebenso Louis, <strong>Das</strong> Gesetz zur Neuregelung<br />
des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege (BNatSchG<br />
NeuregG), NuR 2002, 385, 388; Jessel (Fn. 4), Naturschutz und Landschaftsplanung<br />
35 (2004), 121.<br />
11 Hierzu bereits Landmann/Rohmer/Gellermann, <strong>Umweltrecht</strong> IV, Nr. 11 § 19 Rn.<br />
29 a.E.; ders. (Fn. 7), NVwZ 2001, 1031.<br />
12 Übersichtliche Beschreibung der Voraussetzungen bei Wirths, Naturschutz<br />
durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2001, S. 219 ff.; zu den Anwendungsproblemen<br />
Gellermann, Artenschutz in der Fachplanung und der kommunalen<br />
Bauleitplanung, NuR 2003, 392 f.<br />
ZUR 2/2004
Gellermann, Artenschutz und Eingriffsregelung, Anmerkung zum Beitrag von Louis/Weihrich<br />
Anhangs IV FFH-RL nur zugelassen werden, wenn es – wie von<br />
Art. 16 Abs. 1 FFH-RL gefordert – »keine anderweitige zufriedenstellende<br />
Lösung gibt« und »die Populationen der betroffenen Arten in<br />
ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung<br />
ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand<br />
verweilen«. <strong>Das</strong> zur Illustration bemühte Laichgewässer der Rotbauchunke<br />
darf daher bei isolierter Betrachtung des § 19 Abs. 3 S. 2<br />
BNatSchG aus »zwingenden Gründen« vernichtet werden, selbst<br />
wenn es hierzu tragfähige Alternativen gibt oder negative Auswirkungen<br />
auf den Erhaltungszustand der betroffenen Population<br />
ernstlich zu besorgen sind. Damit aber werden die Vorgaben des europäischen<br />
Artenschutzrechts deutlich verfehlt.<br />
Vor diesem Hintergrund liegt auf der Hand, dass § 19 Abs. 3 S. 2<br />
BNatSchG zur korrekten innerstaatlichen Verwirklichung des EG-<br />
Artenschutzrechts nichts beizutragen vermag. Versuche einer<br />
Auslegung im Lichte der richtliniengestützten Vorgaben des europäischen<br />
Rechts können daran nichts ändern, weil derart grundlegende<br />
Abweichungen vom europäischen Regelungsprogramm nur<br />
im Wege der Rechtsänderung, nicht aber durch schlichte Interpretationen<br />
des <strong>für</strong> sich unzureichenden nationalen Rechts behoben<br />
werden können. 13<br />
C. Der Weg über das nationale Artenschutzrecht<br />
Kann § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG den gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen<br />
nicht genügen, stellt sich zwangsläufig die Frage nach<br />
den hieraus zu ziehenden rechtlichen Konsequenzen. Louis/Weihrich<br />
halten es <strong>für</strong> ratsam, die einschlägigen Verbots- und Ausnahmebestimmungen<br />
des EG-Artenschutzrechts unmittelbar anzuwenden. 14<br />
<strong>Das</strong> ist fraglos eine nahe liegende Folge, wenn es tatsächlich normative<br />
Umsetzungsdefizite zu beklagen gilt. Dieser Nachweis aber lässt<br />
sich nicht führen, weil zwar nicht die Eingriffsregelung, wohl aber<br />
das nationale Artenschutzrecht (§§ 42 ff. BNatSchG) – von einem<br />
noch zu behandelnden Sonderfall abgesehen – schon aus sich heraus<br />
hinreichende Gewähr da<strong>für</strong> bietet, dass artenschutzrechtlich bedeutsame<br />
Eingriffe in Natur und Landschaft nur zugelassen werden<br />
dürfen, wenn dies mit den Vorgaben des EG-Artenschutzrechts vereinbar<br />
ist.<br />
I. Zur Reichweite der Privilegierung des § 43 Abs. 4 BNatSchG<br />
Vor dem Hintergrund des § 43 Abs. 4 BNatSchG leuchtet diese These<br />
sicherlich nicht unmittelbar ein. Immerhin stellt diese Bestimmung<br />
die »nach § 19 zugelassenen Eingriffe« von der Beachtung der<br />
gerade auch zur Umsetzung des EG-Artenschutzrechts bestimmten<br />
Vorschrift des § 42 Abs. 1 BNatSchG frei, und so kann es nicht verwundern,<br />
wenn Louis/Weihrich annehmen, die artenschutzrechtlichen<br />
Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG könnten zur Gewährleistung<br />
gemeinschaftsrechtskonformer Zustände nichts beitragen. 15<br />
Diese auch ansonsten im Schrifttum anzutreffende Sicht 16 lässt allerdings<br />
unberücksichtigt, dass die Privilegierung des § 43 Abs. 4<br />
BNatSchG einem Eingriffsakt keineswegs in jedem Falle und gleichsam<br />
automatisch, sondern nur unter der einschränkenden Bedingung<br />
zuteil wird, dass »hierbei Tiere, einschließlich ihrer Nist-, Brut-,<br />
Wohn- oder Zufluchtsstätten und Pflanzen der besonders geschützten<br />
Arten nicht absichtlich beeinträchtigt werden«. Geht der Eingriff<br />
dagegen mit absichtlichen Beeinträchtigungen der bezeichneten<br />
Art einher, verbleibt es bei der Geltung des § 42 Abs. 1<br />
BNatSchG. 17 Den dort normierten Verboten zuwiderlaufende Eingriffsakte<br />
sind demnach – unabhängig davon, ob sie den eingriffsbezogenen<br />
Anforderungen des § 19 BNatSchG entsprechen – unzulässig,<br />
soweit ihnen nicht mit Mitteln einer sich auf § 62<br />
BNatSchG stützenden Befreiung zur Realität verholfen werden<br />
ZUR 2/2004<br />
kann. Dieser Weg ist aus Gründen des § 62 Abs. 1 S. 1 BNatSchG<br />
freilich nur gangbar, wenn sich die Befreiung von den artenschutzrechtlichen<br />
Verboten mit den Vorschriften der Art. 12, 13, 16 FFH-<br />
RL sowie Art. 5, 9 VRL vereinbaren lässt. 18<br />
Angesichts dessen hängt die Beachtlichkeit des § 42 Abs. 1 BNat-<br />
SchG und damit zugleich der Beitrag, den das nationale Artenschutzrecht<br />
zur EG-rechtskonformen Zulassung von Eingriffen in<br />
Natur und Landschaft zu erbringen vermag, in maßgeblicher Weise<br />
davon ab, was unter »Absicht« i.S.d. § 43 Abs. 4 BNatSchG zu verstehen<br />
ist. Insoweit gilt es zu bedenken, dass dieses Merkmal Eingang<br />
in das bundesdeutsche Artenschutzrecht fand, um zuvor bestehende<br />
und vom EuGH festgestellte Mängel in der Umsetzung des<br />
EG-Artenschutzrechts zu beheben. 19 Da diese Bestimmungen mit<br />
Ausnahme des Art. 12 lit. d BNatSchG nur absichtsvolle Handlungen<br />
und Aktivitäten untersagt wissen wollen, besteht die Aufgabe<br />
des in § 43 Abs. 4 BNatSchG integrierten Absichtsmerkmals darin,<br />
einzig solche Verhaltensweisen von den Verboten des § 42 Abs. 1<br />
BNatSchG freizustellen, die aus EG-rechtlicher Sicht unbeabsichtigt<br />
sind, als solche von den einschlägigen Verbotsbestimmungen gar<br />
nicht erfasst werden und daher im nationalen Recht ohne Verletzung<br />
gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben freigestellt werden dürfen.<br />
20 Um dieser Funktion genügen zu können, muss das Merkmal<br />
in gleicher Weise verstanden werden wie der Absichtsbegriff des EG-<br />
Artenschutzrechts. Der aber ist – wie sich aus der jüngeren Judikatur<br />
des EuGH ergibt 21 – in einem durchaus weiten Sinne zu verstehen,<br />
zumal es auf die Intention des Handelnden oder die Zielgerichtetheit<br />
seiner Handlung nicht ankommt. Entscheidend ist allein, ob<br />
artenschutzrechtlich relevante Aktivitäten in Kenntnis aller Umstände,<br />
also im Bewusstsein des Vorkommens der geschützten Arten<br />
und der beeinträchtigenden Wirkung des Verhaltens entfaltet werden.<br />
Absicht im Sinne des EG-Artenschutzrechts liegt daher immer<br />
schon dann vor, wenn ein aus Sicht der Art. 12, 13 FFH-RL bzw.<br />
Art. 5 VRL unerwünschter Handlungserfolg vom Handelnden erkannt,<br />
die dies bewirkende Handlung aber dennoch vorgenommen<br />
wird. 22 Da das gleichlautende Merkmal des § 43 Abs. 4 BNatSchG<br />
schon um der Vermeidung gemeinschaftswidriger Ergebnisse willen<br />
in entsprechendem Sinne zu verstehen ist, kann die Vorschrift auch<br />
nur solche Eingriffsakte von der Geltung des § 42 Abs. 1 BNatSchG<br />
freistellen, die in Unkenntnis des Vorkommens bedrohter Arten<br />
13 Zu den Grenzen einer richtlinienkonformen Interpretation Rengeling/Middeke/<br />
Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2.<br />
Aufl. 2003, § 33 Rn. 49 m.w.N.<br />
14 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 387, 389.<br />
15 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 385 [Abstract].<br />
16 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 43 Rn. 27; Louis, Der<br />
Schutz der im Lebensbereich des Menschen lebenden Tiere der besonders geschützten<br />
Arten (z.B. Schwalben, Störche, Fledermäuse, Wespen), NuR 1992,<br />
119, 123; ders., Anmerkung, NuR 2001, 388, 389; Weihrich, Der Entwurf der<br />
Novelle des BNatSchG vom Mai 2001, ZUR 2001, 387; auch der Verfasser ist<br />
dieser Annahme zeitweilig erlegen, vgl. Gellermann (Fn. 7), NVwZ 2002, 1031.<br />
17 Nachdrücklich Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19 Rn. 114; ferner Gellermann,<br />
Biotop- und Artenschutz, in: Rengeling (Hrsg.), Handbuch zum europäischen<br />
und deutschen <strong>Umweltrecht</strong> (EUDUR), Band II, 1. Teilband, 2.<br />
Aufl. 2003, § 78 Rn. 89; ders. (Fn. 12), NuR 2003, 386.<br />
18 Vgl. hierzu Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A 1 § 62 Rn. 8; Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch,<br />
BNatSchG, § 62 Rn. 21; Schumacher/Fischer-<br />
Hüftle, BNatSchG, § 62 Rn. 21.<br />
19 EuGH, Urt. v. 17.9.1987 – Rs. 412/85 (Kommission / Deutschland) – Slg. 1987,<br />
3503 Rn. 12 ff.; hierzu Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, Landschaftspflege,<br />
Stand: 42. Lieferung, 2001, Kennzahl 1158 Rn. 56 ff.<br />
20 Eingehend Gellermann (Fn. 12), NuR 2003, 387.<br />
21 EuGH, Urt. v. 30.1.2002 – Rs. C-103/00 (Kommission / Griechenland) – Slg.<br />
2002, I-1148 Rn. 35 f.; hierzu Gellermann (Fn. 17), EUDUR I, § 78 Rn. 88.<br />
22 In dieser Hinsicht auch Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19 Rn. 114:<br />
»Absichtlich handelt auch derjenige, der weiß, dass beim Abriss eines<br />
Dachstuhls besonders geschützte Tierarten gestört werden.«. Vgl. auch<br />
Schrödter, Städtebaurecht und das Recht des gesetzlichen Biotop- und Artenschutzes,<br />
NdsVBl. 2003, 33, 39.<br />
89
Aufsatz<br />
oder ihrer Lebensstätten zugelassen und ausgeführt werden. 23 Die<br />
Bedeutung des § 43 Abs. 4 BNatSchG und die Reichweite der sich<br />
hiermit verbindenden Freistellung der »nach § 19 BNatSchG zugelassenen<br />
Eingriffe« darf daher nicht überschätzt werden. Mag mit<br />
dieser Vorschrift auch eine gewisse Privilegierung einhergehen,<br />
haben daran doch nur solche Eingriffsakte Anteil, die mit den Verboten<br />
des EG-Artenschutzrechts nicht in Widerstreit geraten.<br />
Stehen dagegen eingriffsbedingte Störungen einer im Anhang IV<br />
FFH-RL bezeichneten Tierart oder die Vernichtung der Niststätte einer<br />
europäischen Vogelart zur Debatte und sind diese Folgen im<br />
Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung bekannt, verbleibt es bei der<br />
Geltung des § 42 Abs. 1 BNatSchG. Die sich hieraus ergebenden<br />
Hürden können zwar durch die Erteilung einer Befreiung überwunden<br />
werden, indessen gelingt dies aus Gründen der klaren Anordnung<br />
des § 62 Abs. 1 S. 1 BNatSchG nur, wenn ein solches Vorgehen<br />
mit den richtliniengestützten Vorgaben des EG-Rechts und namentlich<br />
den zu Abweichungen von einschlägigen Verboten berechtigenden<br />
Bestimmungen der Art. 16 FFH-RL bzw. Art. 9 VRL<br />
vereinbar ist. Insoweit bestätigt sich die eingangs formulierte These,<br />
dass dem Grunde nach schon das nationale Artenschutzrecht <strong>für</strong><br />
eine ordnungsgemäße Durchführung des richtliniengestützten Artenschutzrechts<br />
der EG Sorge trägt.<br />
II. Der Sonderfall einer Beeinträchtigung von Lebensstätten<br />
der Arten des Anhangs IV FFH-RL<br />
<strong>Das</strong> gilt freilich nicht uneingeschränkt, zumal es den Sonderfall einer<br />
eingriffsbedingten Verschlechterung oder Vernichtung der Fortpflanzungs-<br />
und Ruhestätten der in Anhang IV FFH-RL aufgeführten<br />
Tierarten zu beachten gilt. Während § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG solche<br />
Handlungen untersagt, werden dies bewirkende Eingriffe durch<br />
§ 43 Abs. 4 BNatSchG jedenfalls dann privilegiert, wenn diese Folgen<br />
nicht im oben dargelegten Sinne absichtlich herbeigeführt werden.<br />
Mit dem EG-Artenschutzrecht ist dies nicht vereinbar, weil Art. 12 lit.<br />
d FFH-RL abweichend von den sonstigen Verboten nicht nur absichtliche,<br />
sondern jede Verschlechterung und Vernichtung der Fortpflanzungs-<br />
und Ruhestätten geschützter Arten – vorbehaltlich der<br />
sich aus Art. 16 FFH-RL ergebenden Möglichkeiten – unterbunden<br />
wissen will. 24 Da sich dieser Normwiderspruch im Wege einer richtlinienkonformen<br />
Interpretation des § 43 Abs. 4 BNatSchG nicht bewältigen<br />
lässt, scheint der von Louis/Weihrich vorgeschlagene Weg<br />
einer direkten Anwendung der EG-rechtlichen Bestimmungen unausweichlich.<br />
Indessen erweist sich auch hier, dass es eines solchen<br />
Vorgehens zur Gewährleistung gemeinschaftsrechtskonformer Entscheidungen<br />
nicht bedarf. Als unmittelbar wirkende Vorschrift des<br />
EG-Artenschutzrechts setzt sich Art. 12 lit. d FFH-RL zwar kraft des<br />
ihr gebührenden Vorrangs des Gemeinschaftsrechts gegenüber den<br />
anderslautenden Anordnungen des nationalen Rechts durch, 25 dies<br />
bedeutet aber lediglich, dass die den Normwiderspruch hervorrufende<br />
Bestimmung des § 43 Abs. 4 BNatSchG im Vollzug nicht zur Anwendung<br />
gelangen darf, soweit sie den Vorgaben des Art. 12 lit. d<br />
FFH-RL widerspricht. <strong>Das</strong> aber bringt es lediglich mit sich, dass die<br />
durch § 43 Abs. 4 BNatSchG bewirkte Freistellung zugelassener Eingriffe,<br />
die mit unabsichtlichen Beeinträchtigungen der geschützten<br />
Lebensstätten einhergehen, nicht zum Tragen kommen kann. Folglich<br />
muss sich ein dies bewirkender Eingriffsakt schlicht an den Verboten<br />
des § 42 Abs. 1 BNatSchG messen lassen und kann – soweit er<br />
hiermit nicht vereinbar ist – nur auf dem oben bereits beschriebenen<br />
Befreiungswege zugelassen werden. Letztlich ist es daher auch in diesem<br />
Sonderfall das nationale Artenschutzrecht, welches <strong>für</strong> eine korrekte<br />
Verwirklichung der artenschutzrechtlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts<br />
Sorge trägt.<br />
90<br />
D. Fazit<br />
Es darf vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen festgehalten<br />
werden, dass die korrekte Anwendung der §§ 42 ff., 62<br />
BNatSchG vollauf genügt, um in Fällen der Zulassung von Eingriffen<br />
in Natur und Landschaft Ergebnisse zu erzielen, die mit<br />
dem richtliniengestützten Artenschutzrecht der EG vereinbar sind.<br />
Hierzu bedarf es lediglich einer richtlinienkonformen Interpretation<br />
des in § 43 Abs. 4 BNatSchG verankerten Merkmals der Absicht<br />
und einer aus Gründen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts gebotenen<br />
Außerachtlassung dieser Bestimmung in jenen Fällen, in<br />
denen eingriffsbedingte Verschlechterungen oder Zerstörungen<br />
von Lebensstätten in Rede stehen, die Art. 12 lit. d FFH-RL verhindert<br />
wissen willen. Kann den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen<br />
aber bereits im Rahmen des nationalen Artenschutzrechts<br />
zur effektiven Verwirklichung verholfen werden, besteht<br />
keine zwingende Notwendigkeit, die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung<br />
zusätzlich mit dieser Aufgabe zu befrachten. Eine<br />
Interpretation des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG unter Einbezug der<br />
Aussagen des EG-Artenschutzrechts – wie sie von Louis/Weihrich<br />
vorgeschlagen wird – mag zur Schärfung des Profils dieser aus sich<br />
heraus nicht eben sonderlich klaren Bestimmung sinnvoll sein, gemeinschaftsrechtlich<br />
geboten ist sie aber jedenfalls nicht.<br />
23 Soweit das BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 – 4 C 6.00, NuR 2001, 385 davon<br />
spricht, »nicht absichtlich (wären) Beeinträchtigungen, die sich als unausweichliche<br />
Konsequenz rechtmäßigen Verhaltens ergeben«, dürfte dies darauf<br />
zurückzuführen sein, dass das den Absichtsbegriff des Gemeinschaftsrechts<br />
verdeutlichende Urteil des EuGH v. 30.1.2002 – Rs. C-103/00<br />
(Kommission / Griechenland) – Slg. 2002, I-1148 Rn. 35 f. im Zeitpunkt der<br />
Entscheidung noch nicht bekannt war.<br />
24 Ampatzis (DG-ENV), Questions concerning the legal interpretation of Art. 12<br />
of Council Directive 92/43/EEC, Meeting of the Working Group on the<br />
Species Protection Regime of the Habitats Directive, 10.9.2002, nicht veröffentlicht;<br />
Gellermann (Fn. 12), NuR 2003, 388; Stüber, EG-Artenschutz<br />
monitoring und dessen Umsetzung in Bundesrecht, NuR 2000, 245, 247; a.A.<br />
Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A 1 § 43 Rn. 16.<br />
25 Vgl. nur Rengeling/Middeke/Gellermann (Fn. 13), Rechtsschutz, § 34 Rn. 10 f.<br />
m. zahlreichen Nachweisen.<br />
apl. Prof. Dr. Martin Gellermann<br />
Anschrift: Schlesierstraße 14, 49492 Westerkappeln, Rechtsanwalt und<br />
außerplanmäßiger Professor an der Universität Osnabrück.<br />
Aktuelle Veröffentlichungen: Recht der natürlichen Lebensgrundlagen in der<br />
Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) – dargestellt am Beispiel der<br />
Windkraftnutzung, NuR 2004, Heft 2; Artenschutz in der Fachplanung und<br />
der kommunalen Bauleitplanung, NuR 2003, 385 ff.; Zur »Erheblichkeit«<br />
der Beeinträchtigung von Natura-2000-Gebieten und solchen, die es werden<br />
wollen, NuR 2003, 205 ff. (zusammen mit Dr. Matthias Schreiber); Verwaltungsvertragliche<br />
Subventionsverhältnisse im Spannungsfeld zwischen Beihilfekontrolle<br />
und Verwaltungsverfahrensrecht, DVBl. 2003, 481 ff.; Kommentierung<br />
der Art. 250 – 256 EGV und 288 EGV, in: Streinz (Hrsg.),<br />
EUV/EGV, Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der<br />
Europäischen Gemeinschaft, München 2003; Rechtsschutz durch deutsche<br />
Gerichte (§§ 33 – 36), in: Rengeling/Middeke/Gellermann (Hrsg.), Handbuch<br />
des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2. Aufl., München 2003.<br />
ZUR 2/2004
BVerwG, Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in der Raumordnung<br />
BVerwG<br />
Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben<br />
in der Raumordnung<br />
Urteil vom 15. Mai 2003 – 4 CN 9.01<br />
Leitsätze:<br />
1. Die dem Träger der Regionalplanung durch Landesgesetz auferlegte<br />
Verpflichtung, in einem Regionalplan regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />
gebietsscharf auszuweisen, ist mit der Garantie<br />
der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) vereinbar,<br />
wenn diese Ausweisung durch überörtliche Interessen von<br />
höherem Gewicht gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit<br />
wahrt (im Anschluss an BVerfGE 76, 107).<br />
2. Die gebietsscharfe Ausweisung der Standorte <strong>für</strong> die Erweiterung<br />
des Landesflughafens und den Neubau einer Landesmesse im Regionalplan<br />
<strong>für</strong> die Region Stuttgart greift nicht in unverhältnismäßiger<br />
Weise in die städtebauliche Planungshoheit der betroffenen<br />
Gemeinde ein und ist mit dem Raumordnungsrecht des Bundes<br />
vereinbar.<br />
3. Ein Ziel der Regionalplanung, das im landesweiten Raumordnungsplan<br />
nicht ausdrücklich festgelegt ist, verletzt das raumordnungsrechtliche<br />
Entwicklungsgebot (erst), wenn es der landesplanerischen<br />
Gesamtkonzeption widerspricht oder nicht aus ihr abzuleiten ist.<br />
4. Gebietsscharfe Standortausweisungen <strong>für</strong> Infrastrukturvorhaben in<br />
einem Regionalplan, die einen Regionalen Grünzug überplanen,<br />
stellen keinen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne der naturschutzrechtlichen<br />
Eingriffsregelung (§ 18 Abs. 1 BNatSchG) dar.<br />
Vorinstanz: VGH Mannheim vom 19.12.2000 – 8 S 2477/99<br />
Aus den Gründen:<br />
I. Die Antragstellerin, die in der südlichen Nachbarschaft von Stuttgart<br />
gelegene Stadt Leinfelden-Echterdingen, wendet sich im Wege<br />
der Normenkontrolle gegen die vom Antragsgegner am 21.7.1999<br />
beschlossene Teiländerung des Regionalplans <strong>für</strong> die Region Stuttgart<br />
von 1989, die auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin jeweils<br />
einen Standort <strong>für</strong> die Erweiterung des Flughafens Stuttgart<br />
und <strong>für</strong> den Bau einer neuen Landesmesse ausweist. (...) Die überplanten<br />
Flächen waren im Regionalplan 1989 als Teile eines Regionalen<br />
Grünzuges ausgewiesen und werden überwiegend landwirtschaftlich<br />
genutzt. Die Planänderung weist einen etwa 26 ha<br />
großen, westlich an das Flughafengelände grenzenden Bereich gebietsscharf<br />
(Maßstab 1:50 000) als »Standort <strong>für</strong> regionalbedeutsame<br />
Infrastrukturvorhaben – Flughafenerweiterung« aus, an den<br />
sich weiter nach Westen eine bis zur B 27 reichende Grünzäsur<br />
anschließt. Nach Plansatz 4.5.3. (Z) ist dieser Erweiterungsbereich<br />
»<strong>für</strong> den landseitigen Ausbau der regional- und landesbedeutsamen<br />
Infrastruktureinrichtung Landesflughafen zu sichern und von konkurrierenden<br />
Planungen und Nutzungen freizuhalten«. Der Bereich<br />
nördlich des Flughafens bis zum »Lachengraben« ist gebietsscharf<br />
als »Standort <strong>für</strong> regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />
– Messe« ausgewiesen. Plansatz 4.5.1. (Z) bestimmt, dass der Standort<br />
»<strong>für</strong> den Ausbau der Landesmesse einschließlich der Nebeneinrichtungen,<br />
die mit ihr in einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang<br />
stehen, und <strong>für</strong> die innere Erschließung zu sichern<br />
und von konkurrierenden Planungen und Nutzungen freizuhalten<br />
(ist)«. Ein kleiner Teil dieses etwa 70 ha großen Bereichs ist zugleich<br />
als Fläche <strong>für</strong> die Flughafenerweiterung ausgewiesen. Der Bereich<br />
nordwestlich des »Lachengrabens« ist Teil eines sich nördlich fortsetzenden<br />
Regionalen Grünzugs.<br />
In dem 1995 eingeleiteten Teiländerungsverfahren machte die<br />
Antragstellerin geltend, dass die Standortausweisungen ihren bereits<br />
verfestigten städtebaulichen Zielvorstellungen zuwiderliefen<br />
und zusammen mit den Vorbelastungen durch die auf ihrem Gebiet<br />
bereits vorhandenen großräumigen Infrastruktureinrichtun-<br />
ZUR 2/2004<br />
gen (A 8, B 27, Landesflughafen) die Grenze des Zumutbaren überschritten.<br />
Mit ihrem Normenkontrollantrag vom 18.10.1999, die<br />
Satzung über die Teiländerung des Regionalplans (Messe/Flughafen)<br />
<strong>für</strong> nichtig zu erklären, hat die Antragstellerin ihr bisheriges<br />
Vorbringen vertieft und ergänzt.<br />
<strong>Das</strong> Normenkontrollgericht hat den Antrag mit Urteil vom<br />
19.12.2000 (VBlBW 2001, 266) abgelehnt. (...)<br />
II. Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. <strong>Das</strong> Normenkontrollurteil<br />
steht mit Bundesrecht in Einklang.<br />
<strong>Das</strong> Normenkontrollgericht hat zu Recht entschieden, dass die<br />
gebietsscharfe Ausweisung der Standorte <strong>für</strong> die Landesmesse und<br />
die Erweiterung des Flughafens Stuttgart in der angegriffenen<br />
Teiländerung des Regionalplans ihre Rechtsgrundlage in § 8 Abs. 3<br />
S. 1 Nr. 3 LplG findet. Die Auffassung der Vorinstanz, dass die angefochtene<br />
Teiländerung des Regionalplans weder zwingende Vorgaben<br />
des Bundesrechts noch das raumordnungsrechtliche Abwägungsgebot<br />
verletzt, ist revisionsgerichtlich ebenfalls nicht zu<br />
beanstanden.<br />
1. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG berechtigt und verpflichtet den zuständigen<br />
Träger der Regionalplanung, im Regionalplan <strong>für</strong> die Region<br />
Stuttgart Standorte <strong>für</strong> regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />
gebietsscharf auszuweisen. Entgegen der Revision verletzt<br />
diese Vorschrift höherrangiges Recht nicht.<br />
1.1. Nach den Ausführungen der Vorinstanz richtet sich die Vorschrift<br />
an die nachgeordneten Träger der Bauleitplanung und der<br />
Fachplanung. Mit diesem Inhalt ist sie dem Raumordnungsrecht<br />
zuzuordnen (Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG). Sie greift nicht in die vom<br />
Bundesgesetzgeber abschließend normierte Materie des Bodenrechts<br />
(Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) hinüber, zu der nur solche Vorschriften<br />
gehören, welche die rechtlichen Beziehungen des Menschen<br />
zum Grund und Boden unmittelbar regeln (vgl. BVerfGE 3,<br />
407, 424). An diese Auslegung des irrevisiblen Landesrechts ist das<br />
Revisionsgericht gebunden (§ 173 VwGO, § 560 ZPO).<br />
1.2. Die gesetzliche Verpflichtung zur gebietsscharfen Ausweisung<br />
regionalbedeutsamer Infrastrukturvorhaben im Regionalplan<br />
<strong>für</strong> die Region Stuttgart verletzt nicht die kommunale Selbstverwaltungsgarantie<br />
in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, die auch die Bauleitplanung<br />
<strong>für</strong> das Gemeindegebiet umfasst.<br />
Der Revision ist zwar einzuräumen, dass gebietsscharfe Standortausweisungen,<br />
die wie hier Ziele der Raumordnung bilden (vgl. § 3<br />
Nr. 2 ROG 1998), konkrete Eingriffe in die gemeindliche Planungshoheit<br />
darstellen. Die Gemeinden haben diese Ausweisungen bei<br />
ihren raumbedeutsamen Planungen zu beachten und ihre Bauleitpläne<br />
an sie anzupassen (§ 4 Abs. 1 S. 1 ROG 1998, § 6 Abs. 3 S. 2<br />
i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 2 LplG, § 1 Abs. 4 BauGB). <strong>Das</strong> Normenkontrollgericht<br />
spricht zutreffend von einem »Verbot der zielwidrigen<br />
Bauleitplanung«. Die von einer gebietsscharfen Ausweisung betroffene<br />
Gemeinde in der Region Stuttgart darf in die Standortfläche<br />
nicht »hineinplanen«, sie muss die Fläche planerisch freihalten.<br />
Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG steht der gemeindlichen Bindung an Ziele<br />
der Raumordnung und Landesplanung indes nicht prinzipiell entgegen.<br />
<strong>Das</strong> Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung<br />
nur, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes<br />
bestimmen. Der regionalplanerische »Durchgriff« auf Gemeindegebietsteile<br />
ist allerdings an verfassungsrechtliche Voraussetzungen<br />
gebunden, die auch <strong>für</strong> Normen des Landesplanungsrechts gelten,<br />
die wie § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG den Träger der Regionalplanung<br />
zu gebietsscharfen Eingriffen in die Planungshoheit der Gemeinden<br />
einer bestimmten Region berechtigen und verpflichten. Die<br />
verfassungsrechtlichen Bedenken der Revision gegen diese Norm<br />
sind jedoch unbegründet.<br />
1.2.1. Schränkt die Regionalplanung die Planungshoheit einzelner<br />
Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem<br />
Gewicht den Eingriff rechtfertigen. Verpflichtet der Landes-<br />
91
Rechtsprechung<br />
gesetzgeber die Regionalplanung unter bestimmten Voraussetzungen<br />
zu Eingriffen in die kommunale Planungshoheit, ist der allgemeine<br />
verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit<br />
zu beachten und eine Güterabwägung vorzunehmen (BVerfGE 56,<br />
298, 313 f.; 76, 107, 119 f.; 103, 332, 365 ff.; zu den strengeren Anforderungen<br />
bei einer gesetzlichen Aufgabenentziehung siehe hingegen<br />
BVerfGE 79, 127, 153). Der Eingriff in die Planungshoheit<br />
der einzelnen Gemeinde muss gerade angesichts der Bedeutung<br />
der kommunalen Selbstverwaltung verhältnismäßig sein. Ob diese<br />
Voraussetzung erfüllt ist, ist anhand der konkreten Gegebenheiten<br />
im Wege der Güterabwägung zu ermitteln. Je stärker eine<br />
Gemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem sonstigen<br />
Ausstattungspotential her einer Situationsgebundenheit<br />
unterliegt, desto eher sind ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen,<br />
zumutbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 – 4 NB<br />
20.91, BVerwGE 90, 329, 336; Urteil vom 14.12.2000 – 4 C 13.99,<br />
BVerwGE 112, 274, 291, im Anschluss an BVerfGE 76, 107, 119,<br />
123). Die Gemeinde ist ferner bei der Aufstellung des Regionalplans<br />
zu beteiligen. Ihr muss die substantielle Möglichkeit verbleiben,<br />
ihre städtebaulichen Interessen rechtzeitig und ausreichend<br />
in den Entscheidungsprozess einzubringen (vgl. BVerfGE<br />
76, 107, 122; BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 a.a.O., S. 335; Urteil<br />
vom 14.12.2000 a.a.O., S. 289; Urteil vom 182.1994 – 4 C 4.92<br />
– BVerwGE 95, 123, 131).<br />
Unter diesen Voraussetzungen können auch gebietsscharfe Standortausweisungen<br />
<strong>für</strong> Infrastrukturvorhaben mit Art. 28 Abs. 2 S. 1<br />
GG vereinbar sein (vgl. BVerfGE 76, 107, 121 zu Zielen eines<br />
Raumordnungsprogramms, die ein Drittel des Gemeindegebiets als<br />
»Vorrangstandort <strong>für</strong> großindustrielle Anlagen« festlegen). Die Auffassung<br />
der Revision, solche Ausweisungen verletzten wegen ihres<br />
hohen Konkretisierungsgrades grundsätzlich das kommunale<br />
Selbstverwaltungsrecht, wird der gesetzlichen Aufgabenstellung<br />
der Regionalplanung nicht gerecht. Es gehört zu den herkömmlichen<br />
Mitteln überörtlicher Koordination, Raumfunktionen zu<br />
sichern, die an besondere Lagevorteile oder Standortbedingungen<br />
geknüpft sind. So hat der erkennende Senat bereits entschieden,<br />
dass die regionalplanerische Ausweisung standortspezifischer Nutzungsarten<br />
(z.B. Vorranggebiet <strong>für</strong> Erholung) in der Regel naturräumlichen<br />
Zäsuren (Straßen, Schienenwege oder Flussläufe) folgt<br />
(BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 a.a.O., S. 336 f.), und nicht in<br />
Frage gestellt, dass solche Flächenfunktionszuweisungen »aus der<br />
Natur der Sache« gebietsscharf sein können.<br />
Auch Standortausweisungen <strong>für</strong> Infrastrukturvorhaben sind wegen<br />
ihrer Raum freihaltenden Zielrichtung auf einen hohen Konkretisierungsgrad<br />
angewiesen. Sie können ihre Steuerungsfunktion auf<br />
nachgeordneten Planungsstufen nur bei hinreichender räumlicher<br />
Bestimmtheit entfalten. Die jeweilige Aussageschärfe einer Standortausweisung<br />
(übergemeindlich, gemeindescharf oder gebietsscharf)<br />
hängt davon ab, welchen Koordinierungsbedarf das Vorhaben<br />
im Hinblick auf überörtliche und damit raumbedeutsame<br />
Belange auslöst und ob die planerische Kraft einer oder mehrerer<br />
Gemeinden ausreicht, diesen Bedarf zu bewältigen (vgl. auch<br />
BVerwG, Urteil vom 4.5.1988 – 4 C 22.87, BVerwGE 79, 318, 320,<br />
zum Begriff der Vorhaben von überörtlicher Bedeutung in § 38<br />
BBauG/BauGB). Entscheidend sind die raumordnerischen Rahmenbedingungen<br />
und die raumstrukturellen Erfordernisse in der<br />
jeweiligen Planungsregion. Regionalplanerische Standortfestlegungen<br />
in einem großstädtischen Ballungsraum mit hoher baulicher<br />
Verdichtung erfordern im Allgemeinen ein höheres Maß an Planungskoordination<br />
und räumlicher Bestimmtheit als Standortausweisungen<br />
in dünn besiedelten ländlichen Räumen. Ein Landesgesetzgeber,<br />
der (abstrakt-generell) zur gebietsscharfen Ausweisung<br />
von Standorten <strong>für</strong> Infrastrukturmaßnahmen in einer Region verpflichtet,<br />
muss diesen Eingriff in die kommunale Planungshoheit<br />
92<br />
allerdings aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf solche Vorhaben<br />
begrenzen, die typischerweise aus überörtlichen, raumordnerischen<br />
Gründen schwerer wiegen als das Interesse der Gemeinden,<br />
von der Standortausweisung verschont zu bleiben.<br />
1.2.2. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG genügt diesen Anforderungen.<br />
Die Beteiligung der betroffenen Gemeinden an der Ausarbeitung<br />
des Regionalplans ist sichergestellt (vgl. § 9 Abs. 2 LplG).<br />
§ 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG verpflichtet nur zur Ausweisung<br />
»regionalbedeutsamer« Infrastrukturvorhaben. <strong>Das</strong> Erfordernis der<br />
Regionalbedeutsamkeit wird in § 8 Abs. 2 LplG näher definiert. Danach<br />
setzt die gebietsscharfe Standortausweisung in einem Regionalplan<br />
voraus, dass das Vorhaben erforderlich ist, um eine geordnete,<br />
mit den Verkehrs- und Versorgungsnetzen abgestimmte<br />
Entwicklung der Siedlungs-, Freiraum- und Wirtschaftsstruktur der<br />
Region sicherzustellen. Die Regionalbedeutsamkeit knüpft somit<br />
an überörtliche Belange von hohem Gewicht an. Die Verpflichtung<br />
zur gebietsscharfen Standortausweisung gilt zudem nur <strong>für</strong> die Region<br />
Stuttgart. Die Eingrenzung auf die Region der Landeshauptstadt<br />
verschafft der Regelung in § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG eine zusätzliche<br />
Rechtfertigung.<br />
In der von der Vorinstanz in Bezug genommenen Begründung<br />
<strong>für</strong> das Gesetz über die Stärkung der Zusammenarbeit in der Region<br />
Stuttgart vom 7.2.1994 (GBl. 1994, 92), das § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3<br />
in das Landesplanungsgesetz eingefügt hat, wird näher ausgeführt,<br />
dass der Gesetzgeber die Position der Region Stuttgart als bevölkerungsreichste<br />
und wirtschaftsstärkste Region des Landes im europäischen<br />
und internationalen Wettbewerb habe stärken wollen.<br />
Entscheidend <strong>für</strong> die Standortentscheidung der Unternehmen sei<br />
neben der Verfügbarkeit von Gewerbe- und Industrieflächen in attraktiven<br />
Lagen vor allem auch eine optimale Infrastrukturausstattung.<br />
In dieser Hinsicht sei die gegenwärtige Lage in der Region<br />
Stuttgart als hochbelastete Stadtregion defizitär und die Bedeutung<br />
der Region als Wirtschaftsstandort gefährdet. Die regionale Standortsicherung<br />
und -vorsorge bilde daher eine dringende raumordnerische<br />
Zukunftsaufgabe (vgl. LTDrucks. 11/3067, S. 1, 26 f.). Für<br />
großräumig bedeutsame Einrichtungen (wie Güterverkehrszentren,<br />
Frachtzentren oder ein Messegelände u.ä.) sei es äußerst schwierig,<br />
geeignete Standorte zu finden. Die Akzeptanz bei den Gemeinden<br />
<strong>für</strong> solche Vorhaben sei insbesondere dann gering, wenn von diesen<br />
nur ein geringer finanzieller Gewinn, wenige zusätzliche Arbeitsplätze<br />
oder eine Steigerung des Verkehrsaufkommens zu erwarten<br />
sei und Gewerbeflächen <strong>für</strong> die gemeindliche Entwicklung<br />
nicht mehr zur Verfügung stünden (a.a.O., S. 27).<br />
Vor diesem Hintergrund ist dem Normenkontrollgericht darin<br />
zuzustimmen, dass der mit der gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben<br />
verbundene und hier umstrittene Eingriff in<br />
die kommunale Planungshoheit durch überörtliche Interessen von<br />
höherem Gewicht gerechtfertigt ist. <strong>Das</strong> gilt zunächst im Hinblick<br />
auf den hohen Konkretisierungsgrad einer gebietsscharfen Standortentscheidung,<br />
der durch die enge Verflechtung örtlicher und<br />
überörtlicher Belange in dem großstädtischen Ballungsraum und<br />
durch die Erfordernisse einer wirkungsvollen planerischen Gesamtkoordination<br />
auf begrenztem Raum bedingt ist (vgl. dazu auch<br />
Kilian/Müllers, VerwArch 1998, 25, 61 ff. m.w.N. zur Regionalplanung<br />
bei Stadt-Umland-Problemen in großstädtischen Verdichtungsräumen).<br />
Die vorgenannten Erwägungen des Gesetzgebers tragen auch die<br />
dem Träger der Regionalplanung in der Region Stuttgart gesetzlich<br />
auferlegte Verpflichtung zur Standortausweisung. Die Ausweisungspflicht<br />
beschränkt zunächst den planerischen Abwägungsspielraum,<br />
der dem Träger der Regionalplanung eingeräumt ist<br />
(vgl. nunmehr ausdrücklich § 7 Abs. 7 ROG 1998). Die gesetzliche<br />
Planungspflicht nimmt ihm die Wahlmöglichkeit, von der gebietsscharfen<br />
Ausweisung eines als regionalbedeutsam bewerteten In-<br />
ZUR 2/2004
BVerwG, Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in der Raumordnung<br />
frastrukturvorhabens in der Region Stuttgart aus Gründen, die er<br />
<strong>für</strong> gewichtiger hält, Abstand zu nehmen. Mittelbar kann sich die<br />
Planungspflicht auch zum Nachteil potenzieller Standortgemeinden<br />
in der Region auswirken, die sich gegen eine gebietsscharfe<br />
Standortfestlegung auf ihrer Gemarkung wenden. <strong>Das</strong> rechtfertigt<br />
sich jedoch ebenfalls aus den in der Gesetzesbegründung angeführten<br />
überörtlichen Planungsinteressen und begegnet im Hinblick<br />
auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG keinen Bedenken. Der besondere<br />
raumordnerische Planungsbedarf im Umfeld der Landeshauptstadt<br />
entkräftet schließlich auch den Einwand der Revision, die gesetzliche<br />
Ausweisungspflicht stelle eine gleichheitswidrige, willkürliche<br />
Sonderbelastung der Region Stuttgart im Verhältnis zu den anderen<br />
Regionen des Landes dar.<br />
1.2.3. Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der Revision, § 8<br />
Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG verpflichte den Träger der Regionalplanung zur<br />
Ausweisung von Standorten <strong>für</strong> Infrastrukturvorhaben in der Region<br />
Stuttgart ohne Rücksicht auf einen entsprechenden Bedarf. <strong>Das</strong> Normenkontrollgericht<br />
hat die Vorschrift <strong>für</strong> das Revisionsgericht bindend<br />
dahin ausgelegt, dass sie nicht zur Planung von Vorhaben verpflichte,<br />
<strong>für</strong> die es keinen Bedarf gebe. Die Ausweisung müsse aus<br />
raumordnerischen Gründen erforderlich sein; dazu gehöre auch,<br />
dass es <strong>für</strong> das Vorhaben selbst überhaupt einen Bedarf gebe. Der<br />
Landesgesetzgeber hat also nicht, wie die Revision aus der Ausweisungspflicht<br />
schließt, auf eine Bedarfsprüfung »gesetzlich verzichtet«.<br />
Ein derartiger Verzicht wäre mit den Grundsätzen einer rechtsstaatlichen<br />
Planung auch nicht vereinbar und könnte einen Eingriff<br />
in die gemeindliche Planungshoheit nicht rechtfertigen.<br />
1.3. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG ist mit dem Raumordnungsgesetz in<br />
der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung (ROG 1993) ebenso vereinbar<br />
wie mit dem Raumordnungsgesetz in der ab 1.1.1998 geltenden<br />
Fassung (ROG 1998). Beide Gesetzesfassungen ermächtigen den<br />
Landesgesetzgeber zwar nicht ausdrücklich dazu, den Träger der Regionalplanung<br />
zur gebietsscharfen Ausweisung regionalbedeutsamer<br />
Infrastrukturvorhaben zu verpflichten. Sie stehen einer entsprechenden<br />
landesrechtlichen Regelung aber auch nicht entgegen.<br />
Zulässigkeit und Grenzen gebietsscharfer Standortentscheidungen<br />
beurteilen sich stets nach der Aufgabenstellung der Raumordnungsplanung<br />
sowie – im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit<br />
(Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) – nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit<br />
und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in mehrstufigen<br />
Planungsprozessen. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens<br />
darf der Landesgesetzgeber einen Träger der Regionalplanung zur gebietsscharfen<br />
Ausweisung von Infrastrukturvorhaben ermächtigen,<br />
soweit die vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Grenzen<br />
nicht überschritten werden.<br />
Die von der Revision angegriffene Pflicht zur Ausweisung von<br />
Infrastrukturvorhaben steht auch nicht im Widerspruch zur rahmenrechtlichen<br />
Vorschrift des § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ROG 1998, die<br />
vorsieht, dass Raumordnungspläne die zu sichernden Standorte<br />
und Trassen <strong>für</strong> Infrastruktur festlegen »sollen«. <strong>Das</strong> Normenkontrollgericht<br />
verweist zu Recht auf § 6 ROG 1998, nach dem die<br />
Länder Rechtsgrundlagen <strong>für</strong> die Raumordnung auf ihrem Gebiet<br />
im Rahmen der §§ 7 bis 16 ROG 1998 zu schaffen haben, weitergehende<br />
und ins Einzelne gehende landesrechtliche Vorschriften<br />
jedoch zulässig sind, soweit diese den §§ 7 bis 16 ROG 1998 nicht<br />
widersprechen (vgl. auch § 3 Abs. 2 S. 4 ROG 1993). § 7 Abs. 2 ROG<br />
1998 umschreibt den Mindestinhalt, den Raumordnungspläne im<br />
Regelfall enthalten sollen, und schließt die landesrechtliche Einführung<br />
einer Ausweisungspflicht <strong>für</strong> regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />
in einer Region nicht aus, soweit die Aufgaben<br />
der Regionalplanung nach der Wertung des Landesgesetzgebers<br />
dies erfordern. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Träger<br />
der Regionalplanung die darin liegende Beschränkung seines Abwägungsspielraums<br />
hinzunehmen.<br />
ZUR 2/2004<br />
1.4. Zurückzuweisen ist schließlich das Vorbringen der Revision,<br />
die in § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG enthaltene Verpflichtung zur gebietsscharfen<br />
Ausweisung eines Messestandorts im Regionalplan<br />
sei mit den bundesrechtlichen Vorschriften der §§ 1 und 9 BauGB<br />
sowie § 11 Abs. 2 BauNVO nicht vereinbar. Diese Vorschriften behielten<br />
die Ausweisung eines Messegebiets einem von der Gemeinde<br />
aufzustellenden Bebauungsplan vor; über den »Umweg«<br />
der Regionalplanung dürfe kein »Schatten«-Bodennutzungsrecht<br />
entstehen.<br />
Nach § 11 Abs. 2 BauNVO gehören zwar Gebiete <strong>für</strong> Messen,<br />
Ausstellungen und Kongresse zu den (sonstigen) Sondergebieten,<br />
die eine Gemeinde im Bebauungsplan darstellen und festsetzen<br />
kann. Diese Planungsmöglichkeit steht jedoch unter dem Vorbehalt,<br />
dass Ziele der Raumordnung nicht entgegenstehen. Nach § 1<br />
Abs. 4 BauGB sind Bebauungspläne den Zielen der Raumordnung<br />
anzupassen. Eine Gemeinde darf sich bei der Planung eines Messegebiets<br />
nicht in Widerspruch zur gebietsscharfen Standortausweisung<br />
im Regionalplan setzen, sie ist an die regionalplanerische<br />
Standortentscheidung gebunden. Die Standortfestlegung schafft jedoch<br />
nur einen Rahmen, der im Hinblick auf ein konkretes Vorhaben<br />
auszufüllen ist. Die Planung eines Messegebiets (§ 11 Abs. 2<br />
BauNVO) durch die Standortgemeinde bildet einen Weg der<br />
Konkretisierung. Insoweit schließen sich regionalplanerische<br />
Standortentscheidung und kommunale Bauleitplanung nicht aus,<br />
sondern ergänzen sich.<br />
Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass das Landesmessegesetz<br />
vom 15.12.1998 (GBl S. 666) die Errichtung der<br />
Landesmesse einem Fachplanungsvorbehalt unterwirft (§ 3 LandesmesseG)<br />
und damit der kommunalen Planungshoheit der Antragstellerin<br />
vollständig entzieht. Dieser Umstand ist jedoch nicht<br />
geeignet, verfassungsrechtliche Zweifel an der Regelung des § 8<br />
Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG auszulösen. Rechtsgrundlage des Fachplanungsvorbehalts<br />
ist, wie das Normenkontrollgericht ausführt,<br />
nicht das Landesplanungsgesetz, sondern das Landesmessegesetz,<br />
das den in § 38 BauGB geregelten Vorrang der Fachplanung <strong>für</strong><br />
Vorhaben von überörtlicher Bedeutung <strong>für</strong> sich in Anspruch<br />
nimmt.<br />
2. Der Einwand der Revision, der Antragsgegner habe § 8 Abs. 3<br />
S. 1 Nr. 3 LplG – seine Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht unterstellt<br />
– hinsichtlich der gebietsscharfen Ausweisung des Messestandorts<br />
jedenfalls unter Verletzung zwingender Normen des<br />
Raumordnungsrechts umgesetzt, bleibt ebenfalls erfolglos. Soweit<br />
die Antragstellerin Einwände dieser Art bereits gegenüber dem Normenkontrollgericht<br />
erhoben hat, werden sie im angefochtenen Urteil<br />
ohne Verstoß gegen Bundesrecht zurückgewiesen. Die in diesem<br />
Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen der Revision<br />
greifen nicht durch.<br />
(...)<br />
2.3. Die Revision rügt ferner, das Normenkontrollgericht habe<br />
übersehen, dass die Standortausweisung <strong>für</strong> die Landesmesse dem<br />
raumordnungsrechtlichen Entwicklungsgebot widerspreche. Regionalpläne<br />
seien aus dem Raumordnungsplan <strong>für</strong> das Landesgebiet<br />
zu entwickeln. Der Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg<br />
weise einen Messestandort nicht aus. Er beschäftige sich gar<br />
nicht mit dem »Messethema«. Die angegriffene Zielvorgabe 4.5.1<br />
»Standortsicherung Landesmesse« sei daher nichtig.<br />
Auch mit diesem Vorbringen kann die Revision nicht durchdringen.<br />
Es kann dahin stehen, ob das Raumordnungsgesetz 1993<br />
die Träger der Regionalplanung unmittelbar verpflichtete, den Regionalplan<br />
aus dem Raumordnungsplan <strong>für</strong> das Landesgebiet zu<br />
entwickeln (vgl. nunmehr die Rahmenvorschrift des § 9 Abs. 2 S. 1<br />
ROG 1998). <strong>Das</strong> raumordnungsrechtliche Entwicklungsgebot ist<br />
jedenfalls nicht schon dann verletzt, wenn ein konkretes regionalplanerisches<br />
Ziel formal keine Entsprechung im landesweiten<br />
93
Rechtsprechung<br />
Raumordnungsplan findet. Der Gehalt des Entwickelns besteht<br />
auch hier in einer inhaltlichen, nämlich planerisch-konzeptionellen<br />
Ableitung (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.10.1984 – 4 N 4.84, BVerwGE<br />
70, 171, 177, zum Entwicklungsgebot in § 8 Abs. 2 S. 1<br />
BBauG/BauGB). Der Träger der Regionalplanung hat dabei die Ziele<br />
der Raumordnung im landesweiten Raumordnungsplan zu beachten<br />
(§ 3 Nr. 7, § 4 Abs. 1 S. 1 ROG 1998) und die Grundsätze der<br />
Raumordnung nach Maßgabe der landesweiten Grundkonzeption<br />
zu konkretisieren (vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 2 ROG 1993,<br />
§ 7 Abs. 1 S. 1 ROG 1998).<br />
Weist der landesweite Raumordnungsplan keinen Standort <strong>für</strong><br />
eine Landesmesse aus, ist dies noch kein Indiz da<strong>für</strong>, dass die Ausweisung<br />
eines Messestandorts in einem Regionalplan die Grundsätze<br />
der Raumordnung verletzt. Diese übergeordneten Grundsätze<br />
gebieten u.a., die Infrastruktur mit der Siedlungs- und Freiraumstruktur<br />
in Übereinstimmung zu bringen und verdichtete Räume<br />
als Wohn-, Produktions- und Dienstleistungsschwerpunkte zu<br />
sichern (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 5 ROG 1993, § 2 Abs. 2 Nr. 4 und<br />
5 ROG 1998). Sie richten sich auch an die Regionalplanung und ermächtigen<br />
diese auch zur Ausweisung von Infrastrukturvorhaben,<br />
die im landesweiten Raumordnungsplan (Landesentwicklungsplan)<br />
noch keinen Niederschlag gefunden haben. Ein einzelnes<br />
Ziel der Regionalplanung verletzt das so verstandene Entwicklungsgebot<br />
erst, wenn es der landesplanerischen Gesamtkonzeption<br />
widerspricht oder nicht aus ihr abzuleiten ist (vgl. auch Runkel,<br />
in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und<br />
Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand Juli 2002,<br />
Rn. 150 zu K § 3).<br />
3. Die Ausführungen des Normenkontrollgerichts zur Planrechtfertigung<br />
und zur regionalplanerischen Abwägung des Antragsgegners<br />
stehen ebenfalls mit Bundesrecht in Einklang.<br />
3.1. (…)<br />
3.2. Die Revision erhebt eine Reihe von Einwänden, welche die<br />
Kriterien der Standortwahl und die Prüfung von Standortalternativen<br />
betreffen. Sie sind unbegründet.<br />
3.2.1. – 3.2.3 (…)<br />
3.2.4. Die Revision rügt schließlich, der Antragsgegner habe den<br />
Messestandort Böblingen vorzeitig ausgeschieden. Ein Standortvergleich<br />
hätte ergeben, dass das Ziel der Messeansiedlung weniger<br />
eingreifend am Standort Böblingen zu verwirklichen sei, zumal diese<br />
Stadt mit dem Neubau der Messe auf ihrem Gebiet einverstanden<br />
sei. Auch mit diesem Einwand dringt die Revision nicht durch.<br />
Der Träger der Regionalplanung ist zwar nach allgemeinen Abwägungsgrundsätzen<br />
verpflichtet, ernsthaft in Betracht kommende<br />
Alternativstandorte einer vergleichenden Prüfung aus raumordnerischer<br />
Sicht zu unterziehen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, die<br />
Prüfung der Standortalternativen bis zuletzt offen zu halten und<br />
alle zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen<br />
detailliert und umfassend zu untersuchen. Er braucht<br />
den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies <strong>für</strong> eine sachgerechte<br />
Standortwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens<br />
erforderlich ist. Einen Alternativstandort, der ihm auf der<br />
Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, darf<br />
er in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Verfährt er in<br />
dieser Weise, handelt er nicht abwägungsfehlerhaft, wenn sich später<br />
herausstellt, dass eine von ihm verworfene Alternative ebenfalls<br />
mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst dann,<br />
wenn sich ihm die ausgeschiedene Lösung als die vorzugswürdige<br />
hätte aufdrängen müssen (zu vergleichbaren Fragen der Alternativenprüfung<br />
im Fachplanungsrecht vgl. BVerwG, Urteil vom<br />
25.1.1996 – 4 C 5.95, BVerwGE 100, 238, 249 f. m.w.N.).<br />
(…)<br />
3.3. Entgegen der Revision hat das Normenkontrollgericht auch<br />
die Auswirkungen der angegriffenen Standortentscheidungen auf<br />
94<br />
die kommunale Planungshoheit der Antragstellerin ohne Verstoß<br />
gegen Bundesrecht gewürdigt und eine Verletzung ihres kommunalen<br />
Selbstverwaltungsrechts verneint.<br />
3.3.1. Die Antragstellerin rügt, das Normenkontrollgericht habe<br />
es sich insoweit bei der Überprüfung der regionalplanerischen Abwägung<br />
»zu einfach gemacht«. Im Einzelnen trägt sie vor: Auf<br />
ihrem Gebiet seien mit der A 8, der B 27 und dem Internationalen<br />
Verkehrsflughafen bereits drei große und überregional bedeutsame,<br />
raumgreifende Infrastrukturmaßnahmen angesiedelt; mit dem (geplanten)<br />
»Filderbahnhof« (ICE-Bahnhof am Flughafen) und der<br />
»Gäubahn« kämen zwei weitere Vorhaben dieser Größenordnung<br />
hinzu. Damit sei die Grenze einer noch hinnehmbaren Gesamtbelastung<br />
überschritten. Die Standortentscheidungen <strong>für</strong> die Messe<br />
und die Flughafenerweiterung durchkreuzten auch ihre eigenen<br />
planerischen Vorstellungen, die auf der Grundlage eines Aufstellungsbeschlusses<br />
vom 12.12.1995 im Bebauungsplanentwurf<br />
»Lachenäcker« bis zur Planreife gediehen seien. Die Ansiedlung der<br />
Landesmesse werde den Fahrzeuglärm, die Luftverschmutzung und<br />
den Grad der Bodenversiegelung erheblich erhöhen. Der Stadt werde<br />
ein »städtebaulich nicht integrierbarer und siedlungsstrukturell<br />
nicht wieder gutzumachende Schäden anrichtender Fremdkörper«<br />
aufgezwungen. Der Verlust von Flächen <strong>für</strong> eine »Freiluftnutzung«<br />
werde den Betrieb zahlreicher öffentlicher Einrichtungen in Echterdingen<br />
und im gesamten Stadtgebiet (»Schulen, Kindergärten,<br />
Spiel- und Bolzplätze, Sportanlagen, Altenheime, Gemeindehallen,<br />
Rathaus, Stadtbücherei, Festplätze und Friedhöfe«) beeinträchtigen.<br />
Hinsichtlich der planerischen Auswirkungen auf die Umwelt<br />
(Verkehrsbelastungen und Immissionen), die gemeindliche Infrastruktur<br />
und den messebedingten Siedlungsdruck zeige die Planung<br />
des Antragsgegners eine »bedenkliche Konzeptionslosigkeit«.<br />
Die negativen Folgen der Standortentscheidungen seien regionalplanerisch<br />
nicht bewältigt worden.<br />
3.3.2. Der damit verbundene Vorwurf, das Normenkontrollgericht<br />
habe die kommunalen Belange der Antragstellerin ebenso wie<br />
der Antragsgegner objektiv fehlgewichtet, gibt Anlass zu folgender<br />
Vorbemerkung:<br />
Standortentscheidungen der Regionalplanung sind den Aufgaben<br />
und Leitvorstellungen einer nachhaltigen Raumentwicklung<br />
verpflichtet; sie dienen dem Ausgleich sozialer, wirtschaftlicher<br />
und ökologischer Ansprüche an die Raumnutzung. Nutzungsansprüche<br />
und ökologische Schutzansprüche sind räumlich in Einklang<br />
zu bringen. Diese Steuerungsfunktion prägt Gegenstand und<br />
Inhalt des regionalplanerischen Abwägungsprogramms. Die Anforderungen<br />
an Ermittlungstiefe und Abwägungsdichte der Standortplanung<br />
hängen zwar maßgeblich vom Konkretisierungsgrad<br />
der jeweiligen Zielaussage ab (vgl. bereits Senatsbeschluss vom<br />
20.8.1992 a.a.O., S. 334). Je konkreter die Festlegungen eines Regionalplans<br />
sind, umso schärfer sind die Raumverhältnisse im Umfeld<br />
des Standorts in den Blick zu nehmen. <strong>Das</strong> gilt insbesondere<br />
<strong>für</strong> die gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in<br />
Verdichtungsräumen, die Lärmbelastungen, Luftverunreinigungen,<br />
Überlastungen der Verkehrsnetze oder andere nachteilige<br />
Auswirkungen auf die Lebensbedingungen und die bestehenden<br />
Wirtschafts- und Sozialstrukturen be<strong>für</strong>chten lassen. Auch die gebietsscharfe<br />
Standortfestlegung in einem Regionalplan beschränkt<br />
sich jedoch (nur) auf die Aussage, dass der ausgewählte Standort<br />
aus raumordnerischer Sicht geeignet ist, konkurrierende Raumnutzungen<br />
und Raumfunktionen in einen dauerhaften, großräumig<br />
ausgewogenen Ausgleich zu bringen. Dieses Ausgleichsziel bestimmt<br />
die Zusammenstellung und Gewichtung des Abwägungsmaterials.<br />
Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung der<br />
spezifisch fachgesetzlichen Anforderungen bleibt der Entscheidung<br />
über die Zulässigkeit des Vorhabens in der Planfeststellung oder –<br />
gegebenenfalls nach einer bauleitplanerischen Konkretisierung –<br />
ZUR 2/2004
BVerwG, Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in der Raumordnung<br />
durch Genehmigung vorbehalten, in der dem Träger des Vorhabens<br />
auch die erforderlichen (baulichen, technischen oder betrieblichen)<br />
Schutzvorkehrungen aufzuerlegen sind.<br />
3.3.3. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Normenkontrollgericht<br />
zu Recht entschieden, dass die Standortausweisungen<br />
und deren mittelbaren Auswirkungen auf das Gemeindegebiet<br />
nicht in unverhältnismäßiger oder unzumutbarer Weise in das<br />
Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin eingreifen.<br />
(…)<br />
<strong>Das</strong> Normenkontrollgericht würdigt ferner die städtebaulichen<br />
Zielvorstellungen der Antragstellerin, die im »Leitbild zur räumlichen<br />
Entwicklung« vom September 1996 sowie im Vorentwurf des<br />
Bebauungsplans »Lachenäcker« vom November 1996 konkretisiert<br />
worden sind. Angesichts der verfestigten Planungsabsichten der<br />
Antragstellerin überzeugt der Hinweis der Revision auf den anteiligen<br />
Verlust von Siedlungsraum nicht. Die Standortausweisungen<br />
beseitigen keine potentiellen Siedlungsflächen. Die Vorinstanz<br />
führt hierzu aus, dass das zwischen der A 8, der B 27 und dem Flughafen<br />
Stuttgart gelegene Plangebiet nach den Vorstellungen der<br />
Antragstellerin als Fläche <strong>für</strong> die Landwirtschaft bzw. als öffentliche<br />
Grünfläche mit wichtigen Funktionen <strong>für</strong> Ökologie, Siedlungsgefüge<br />
und Landwirtschaft ausgewiesen werden solle. Die<br />
Standortflächen lägen nicht in der Mitte des Gemeindegebiets,<br />
sondern in einem Randbezirk in der Nähe der Gemarkungsgrenze,<br />
der bereits jetzt durch die A 8 und den Flughafen vorbelastet sei.<br />
Bei dieser Sachlage war die Vorinstanz nicht gehalten, den standortbedingten<br />
Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt einer Verkleinerung<br />
gemeindlicher Siedlungsreserven weiter nachzugehen.<br />
Die Vorinstanz stellt ferner fest, dass der Neubau der Landesmesse<br />
am vorgesehenen Standort angesichts der tatsächlichen<br />
Gegebenheiten keine wesentliche Abkehr von der geplanten »polyzentralen<br />
Siedlungsstruktur« (Untergliederung der Gesamtstadt<br />
in räumlich eigenständige Stadtteile) bedeute. Auch nach dem Bau<br />
der Landesmesse bleibe zwischen dem Stadtteil Echterdingen und<br />
dem – von der Antragstellerin als fünften Stadtteil bezeichneten –<br />
Flughafen ein Freiraum von etwa 400 m. Im Einklang mit der<br />
Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt die Vorinstanz<br />
auch, dass sich die besonders günstige Verkehrslage des<br />
Messestandorts insgesamt im Sinne einer gewissen »Situationsgebundenheit«<br />
schutzmindernd zu Lasten der Antragstellerin auswirkt<br />
(vgl. die Nachweise oben unter 1.2.1).<br />
Nicht einschränkungslos zuzustimmen ist hingegen der Erwägung<br />
der Vorinstanz, es dürfe zu Lasten der Antragstellerin nicht<br />
außer Acht gelassen werden, dass sie ihre städtebaulichen Vorstellungen<br />
zur Messefläche erst entwickelt habe, nachdem das Verfahren<br />
zur Teiländerung des Regionalplans eingeleitet worden sei und<br />
der Messestandort sich auf Grund der Standortanalyse »Internationale<br />
Messe Stuttgart« vom Dezember 1993 bereits abgezeichnet<br />
habe. <strong>Das</strong> Abwägungskriterium der zeitlichen Priorität, das zum<br />
Verhältnis der Fachplanung zur Bauleitplanung entwickelt worden<br />
ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.3.1996 – 4 C 26.94, BVerwGE 100,<br />
388, 394 m.w.N.), stellt keine formale Vorrangregel des Inhalts dar,<br />
dass sich die frühere Planung stets gegenüber der späteren durchsetzt.<br />
<strong>Das</strong> Kriterium der Priorität soll auch sicherstellen, dass diejenige<br />
Planung grundsätzlich Rücksicht auf die andere nimmt, die<br />
den zeitlichen Vorsprung hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.3.1996<br />
a.a.O. m.w.N.). <strong>Das</strong> Gewicht gemeindlicher Planungsvorstellungen<br />
in der regionalplanerischen Abwägung wird zwar in der Regel<br />
umso größer sein, je frühzeitiger, konkreter und rechtlich verfestigter<br />
sie sich bei Einleitung des regionalplanerischen Verfahrens<br />
darstellen. Auch eine Gemeinde, die sich bisher auf Teilflächen<br />
ihres Gebiets planerisch zurückgehalten hat, weil sie angesichts<br />
einer regionalplanerischen Zielaussage (z.B. Regionaler Grünzug,<br />
Vorranggebiet <strong>für</strong> Erholung) keinen aktuellen Planungsbedarf ge-<br />
ZUR 2/2004<br />
sehen hat, darf jedoch beanspruchen, dass ihre aus Anlass einer geplanten<br />
Regionalplanänderung intensivierten städtebaulichen Planungen<br />
vom Träger der Regionalplanung zur Kenntnis genommen<br />
und unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Rücksichtnahme<br />
gewürdigt werden. Nach den Ausführungen der Vorinstanz ist dies<br />
im Streitfall ausreichend und ohne Abwägungsfehler geschehen.<br />
(…)<br />
3.4. <strong>Das</strong> Normenkontrollgericht ist der Ansicht, die Standortausweisungen<br />
seien auch nicht deshalb abwägungsfehlerhaft, weil der<br />
Antragsgegner sich »keine ins Einzelne gehenden Gedanken« darüber<br />
gemacht habe, auf welche Weise und an welcher Stelle die mit<br />
dem Bau der Landesmesse und der Flughafenerweiterung unvermeidlich<br />
verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft ausgeglichen<br />
werden könnten. Dagegen richtet sich ein weiterer Angriff<br />
der Revision:<br />
Die Standortausweisungen des Regionalplans verschlechterten<br />
den Zustand von Natur und Landschaft in mehrfacher Hinsicht.<br />
Rechtlich lägen zwei Eingriffe vor, die es nach dem Grundgedanken<br />
des (hier noch anzuwendenden) § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F. zu<br />
vermeiden bzw. auszugleichen gelte. Ein Eingriff in Natur und<br />
Landschaft bestehe darin, dass die Standortentscheidungen den im<br />
früheren Regionalplan auf den Standortflächen ausgewiesenen Regionalen<br />
Grünzug »Nr. 41 Filderebene – westl. Neckartal« teilweise<br />
beseitigten. Der zweite Eingriff liege darin, dass die Standortfestschreibungen<br />
den Bau der Landesmesse und die Erweiterung<br />
des Flughafens vorbereiteten. Der zweite Eingriff sei nach den Ausführungen<br />
im angefochtenen Urteil nach Maßgabe des § 8 Abs. 1<br />
BNatSchG a.F. (erst) in den nachfolgenden Planfeststellungsverfahren<br />
(§ 3 LandesmesseG, § 8 Abs. 1 S. 1 LuftVG) auszugleichen;<br />
insoweit nimmt die Revision das Normenkontrollurteil hin. Den<br />
ersten Eingriff müsse jedoch der Regionalplan selbst ausgleichen.<br />
Der Regionale Grünzug habe überregional und regional bedeutsame<br />
Funktionen erfüllt, die durch die Standortentscheidungen unwiederbringlich<br />
verloren gingen. Die Notwendigkeit, diesen Verlust<br />
bereits auf der Ebene der Regionalplanung zu kompensieren,<br />
folge auch aus dem Gebot der planerischen Konfliktbewältigung.<br />
Ein Konflikttransfer in die Planfeststellungsverfahren sei nicht<br />
möglich, da entsprechende Ausgleichsflächen im stark beanspruchten<br />
»Filderraum« nicht verfügbar seien.<br />
Dieses Vorbringen verknüpft die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung<br />
zunächst in unzulässiger Weise mit regionalplanerischen<br />
Standortausweisungen. Standortfestschreibungen <strong>für</strong> Infrastrukturvorhaben<br />
im Wege der Regionalplanung stellen keine Eingriffe in<br />
Natur und Landschaft im Sinne des § 8 Abs. 1 bis 3 BNatSchG a.F.<br />
(§ 18 Abs. 1 BNatSchG 2002) dar. Die Eingriffsregelung ergänzt die<br />
fachrechtlichen Zulassungstatbestände. Sie enthält zusätzliche Anforderungen,<br />
die zu den fachgesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />
hinzutreten. Die mit der Eingriffsregelung verbundenen<br />
Rechtsfolgen werden überhaupt erst dadurch ausgelöst, dass das<br />
Fachrecht den Weg <strong>für</strong> die Zulassung des Vorhabens, das den Tatbestand<br />
des § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F. erfüllt, frei macht. <strong>Das</strong> hat der<br />
Senat in seinem Urteil vom 7.3.1997 – 4 C 10.96 (BVerwGE 104,<br />
144, 147 f.) aus dem Wortlaut und der Systematik des § 8 Abs. 2 S. 1<br />
und Abs. 3 BNatSchG a.F. abgeleitet. Danach ist es das Ziel der Eingriffsregelung,<br />
den fachgesetzlichen Zulässigkeitstatbeständen ein<br />
auf die Bedürfnisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege zugeschnittenes<br />
»Folgenbeseitigungssystem« als »sekundärrechtliches«<br />
Instrument zur Seite zu stellen (BVerwG, Urteil vom 7.3.1997<br />
a.a.O. S. 148). Die Standortausweisung <strong>für</strong> ein Infrastrukturvorhaben<br />
in der Form eines Ziels der Regionalplanung bildet keinen fachrechtlichen<br />
Zulassungstatbestand im dargelegten Sinne.<br />
(…)<br />
95
Rechtsprechung<br />
Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 AZ: 4 CN 9.01<br />
Rechtliche Anforderungen an regionalplanerische Standortausweisungen<br />
I.<br />
<strong>Das</strong> BVerwG hatte sich in dem vorstehendem Urteil mit einer Besonderheit<br />
des Landesplanungsgesetzes Baden-Württemberg zu befassen,<br />
die mittlerweile gar nicht mehr in Geltung ist 1 , nämlich der<br />
landesgesetzlich festgelegten Pflicht des Trägers der Regionalplanung,<br />
»im Regionalplan <strong>für</strong> die Region Stuttgart« u. a. »Standorte<br />
<strong>für</strong> regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben« gebietsscharf<br />
auszuweisen (siehe § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW a. F.). Die Entscheidung<br />
des BVerwG ist aber trotz dieses besonderen Ausgangspunktes von<br />
großem allgemeinem Interesse, weil sie nicht nur die Frage der<br />
Rechtmäßigkeit einer landesgesetzlichen Ermächtigung bzw. Verpflichtung<br />
<strong>für</strong> den Träger der Regionalplanung betrifft, sondern<br />
sich auch und gerade mit der Frage der Rechtmäßigkeit der auf der<br />
Grundlage der landesgesetzlichen Regelung erfolgten regionalplanerischen<br />
Standortausweisung befasst. In beiden Bereichen werden<br />
wichtige Voraussetzungen und Grenzen <strong>für</strong> Eingriffe in die kommunale<br />
Planungshoheit bestimmt.<br />
II.<br />
Nach Auffassung des BVerwG verstößt die mittlerweile vom Landesgesetzgeber<br />
aufgehobene Vorschrift des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW nicht<br />
gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie. <strong>Das</strong> Gericht misst<br />
den gesetzlichen Eingriff in die kommunale Planungshoheit an den<br />
Maßstäben, die das BVerfG in seiner Wilhelmshaven-Entscheidung<br />
entwickelt hat 2 , und orientiert sich damit an der bisherigen Rechtsprechung,<br />
die auch <strong>für</strong> konkrete Ausweisungen durch den Träger<br />
der Regionalplanung gilt, soweit diese die Planungshoheit der Gemeinden<br />
einschränken 3 . Demgemäß darf auf räumlich bestimmte<br />
Gemeindegebietsteile nur dann planerisch durchgegriffen werden,<br />
wenn dies durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt,<br />
insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt<br />
und die Kommune an dem höherstufigen Planungsprozess beteiligt<br />
worden ist.<br />
<strong>Das</strong> Kriterium der »überörtlichen Interessen von höherem Gewicht«,<br />
das im Verhältnismäßigkeitsprinzip, dem alle Eingriffe in die<br />
kommunale Planungshoheit genügen müssen, wurzelt 4 , verlangt,<br />
dass bereits auf der landesplanerischen (regionalplanerischen) Ebene<br />
eine überörtliche und überfachliche gesamtplanerische Interessenabwägung<br />
und Konfliktklärung stattgefunden hat 5 . Soweit eine (landes-)gesetzliche<br />
Regelung den Träger der Regionalplanung dazu verpflichtet,<br />
den Kommunen <strong>für</strong> spezifische Zwecke gebietsscharfe<br />
Vorgaben <strong>für</strong> die Flächennutzung zu machen, betont das Gericht,<br />
dass es sich um solche Zwecke handeln muss, die typischerweise aus<br />
überörtlichen, raumordnerischen Gründen schwerer wiegen als das<br />
Interesse der Gemeinden, von der Ausweisung verschont zu bleiben<br />
6 . In diesem Zusammenhang hebt das Gericht auch hervor, dass<br />
gebietsscharfe Standortausweisungen in besonderem Maße in die<br />
kommunale Planungshoheit eingreifen, weil durch die gebietsscharfe<br />
Festlegung die i. d. R. erforderliche nachfolgende kommunale Planungsentscheidung<br />
in stärkerem Maße berührt wird.<br />
Für die Interessenabwägung bzw. Verhältnismäßigkeitsprüfung auf<br />
der Ebene der gesetzlichen Festlegung sind die besonderen Lagevorteile<br />
oder Standortbedingungen bedeutsam, weil aus der geographischen<br />
Lage eine gewisse Situationsgebundenheit resultiert, aus der<br />
sich Funktionszuweisungen gleichsam »aus der Natur der Sache« ergeben<br />
können 7 . Dies gilt etwa <strong>für</strong> gemeindliche Räume mit besonderem<br />
naturschutzfachlichem Potenzial, aber auch <strong>für</strong> gemeindliche<br />
Räume, in denen sich gemäß ihrer Lage spezifische Standortsicherungen<br />
aufdrängen. Im vorstehenden Fall sah das Gericht das Kriterium<br />
der »überörtlichen Interessen von höherem Gewicht« und die spezi-<br />
96<br />
fischen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit als erfüllt an, weil<br />
durch die Verpflichtungsnorm des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW die Standortausweisungspflicht<br />
sachlich nur auf »regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben«<br />
beschränkt, und weil die Pflicht örtlich nur auf den<br />
Regionalplan der »Region Stuttgart« begrenzt worden sei 8 . Gerade in<br />
der Begrenzung auf die »Region Stuttgart« sah das BVerwG eine zusätzliche<br />
Rechtfertigung <strong>für</strong> die gesetzliche Regelung, weil die Region<br />
Stuttgart als bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Region des<br />
Landes zur Sicherung ihrer Stellung auf eine optimale Infrastrukturausstattung<br />
angewiesen sei und die regionale Standortsicherung daher<br />
eine dringende raumordnerische Zukunftsaufgabe bilde 9 .<br />
Zu Recht betont das BVerwG darüber hinaus, dass die Standortausweisung<br />
im Regionalplan nur dann erfolgen dürfe, wenn feststehe,<br />
dass es <strong>für</strong> die Standortausweisung einen Bedarf gebe. Die landesgesetzliche<br />
Vorschrift des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW dürfe also nicht<br />
so gelesen werden, dass der zuständige Träger der Regionalplanung<br />
von einer entsprechenden Prüfung dispensiert sei 10 .<br />
III.<br />
Eine landesgesetzliche Regelung, die bestimmte Träger der Regionalplanung<br />
dazu ermächtigt und verpflichtet, regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />
gebietsscharf auszuweisen, stellt den Träger der<br />
Regionalplanung nicht von vorn herein von Prüfungen frei. Auch<br />
die konkrete Standortausweisung im Regionalplan muss durch<br />
überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sein.<br />
Mag die gesetzliche Regelung diesen Maßstab erfüllen, so bedeutet<br />
das noch nicht, dass auch die konkrete Ausweisung im Regionalplan<br />
diesen Anforderungen genügt, weil mit der Konkretisierung der Ausweisung<br />
die Ermittlungstiefe und Abwägungsdichte zunimmt und<br />
die Interessenabwägung und Konfliktklärung sehr viel dezidierter<br />
ausfallen kann. Neben der bereits erwähnten Bedarfsprüfung analog<br />
der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht 11 sind nun auch<br />
Planungsalternativen <strong>für</strong> den Infrastrukturstandort zu prüfen 12 . Und<br />
auch die betroffenen kommunalen Belange, insbesondere die entgegenstehenden<br />
städtebaulichen Zielvorstellungen sowie die Umweltauswirkungen,<br />
lassen sich auf dieser Ebene sehr viel konkreter erfassen<br />
und gewichten. <strong>Das</strong> BVerwG bringt in seinem Urteil deutlich<br />
zum Ausdruck, dass »Standortentscheidungen der Regionalplanung<br />
den Aufgaben und Leitvorstellungen einer nachhaltigen Raumentwicklung<br />
verpflichtet (sind)« 13 und führt in diesem Zusammenhang<br />
aus: »Je konkreter die Festlegungen eines Regionalplanes sind, umso<br />
schärfer sind die Raumverhältnisse in den Blick zu nehmen. <strong>Das</strong> gilt<br />
insbesondere <strong>für</strong> die gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben<br />
in Verdichtungsräumen, die Lärmbelastungen, Luftverunreinigungen,<br />
Überlastungen der Verkehrsnetze oder andere nachteilige<br />
Auswirkungen auf die Lebensbedingungen und die bestehenden<br />
Wirtschafts- und Sozialstrukturen be<strong>für</strong>chten lassen« 14 .<br />
Im konkreten Fall akzeptierte das Gericht die Standortausweisung,<br />
weil der Bedarf <strong>für</strong> einen Messestandort gegeben war, andere Gemeinden<br />
in der Region entsprechend der Vorgaben des Alterna-<br />
1 Im Jahre 2003 ist das Landesplanungsgesetz Baden-Württemberg novelliert worden.<br />
Die Regelung des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW wurde aufgehoben (GBl. I, S. 385).<br />
2 BVerfG, Beschl. v. 23.6.1987, BVerfGE 76, 107 ff.<br />
3 Siehe VerfGH NW, DVBl. 1990, 417; BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992, BVerwGE<br />
90, 329 ff.<br />
4 Siehe die Wilhelmshaven-Entscheidung des BVerfG, in der das Gericht das<br />
Kriterium der überörtlichen Interessen von höherem Gewicht aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip<br />
entwickelt hat; vgl. BVerfGE 76, 107, 119 f.<br />
5 Vgl. BVerwGE 90, 329, 333.<br />
6 Vgl. BVerwG, in diesem Heft, S. 92.<br />
7 Siehe insoweit BVerwGE 90, 329, 336.<br />
8 BVerwG, in diesem Heft, S. 92.<br />
9 BVerwG, in diesem Heft, S. 92.<br />
10 BVerwG, in diesem Heft, S. 93.<br />
11 BVerwG, in diesem Heft, S. 93.<br />
12 BVerwG, in diesem Heft, S. 94.<br />
13 BVerwG, in diesem Heft, S. 94.<br />
14 BVerwG, in diesem Heft, S. 94.<br />
ZUR 2/2004
Anmerkung Bovet/Köck zum Urteil des BVerwG<br />
tivenprüfungsgebotes aus der weiteren Prüfung ausgeschlossen werden<br />
durften, die städtebaulichen Zielvorstellungen der betroffenen<br />
Stadt nur randständig berührt waren und keine erheblichen Umweltmehrbelastungen<br />
prognostiziert worden sind.<br />
IV.<br />
Die umstrittene Festlegung »Der in der Raumnutzungskarte gebietsscharf<br />
ausgewiesene `Standort <strong>für</strong> regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben<br />
– Messe´ ist <strong>für</strong> den Bau der Landesmesse (…) zu sichern<br />
und von entgegenstehenden Planungen und Nutzungen freizuhalten«<br />
war als Ziel der Raumordnung in die Teiländerung des Regionalplans<br />
<strong>für</strong> die Region Stuttgart aufgenommen worden. Mit einer<br />
solchen regionalplanerischen Standortfestlegung wird die raumordnerische<br />
Entscheidung bezüglich eines Vorhabens getroffen, d. h.<br />
allein die Standortfrage wird räumlich und sachlich geklärt. Die<br />
Zulässigkeit des konkreten Vorhabens unter bau- und fachplanungsrechtlichen<br />
Aspekten klärt erst das nachfolgende Planungsverfahren<br />
(hier ein Planfeststellungsverfahren, § 3 Landesmessegesetz 15 ).<br />
Zielformulierungen in Raumordnungsplänen haben einen Letztentscheidungscharakter<br />
und entziehen sich daher einer weiteren Abwägung,<br />
müssen aber ihrerseits dem Abwägungsgebot genügen 16 ;<br />
deshalb sind die kommunalen Bauleitpläne diesen Zielen anzupassen,<br />
wie es § 1 Abs. 4 BauGB formuliert. Inhaltlich müssen Ziele der<br />
Raumordnung in sachlicher und räumlicher Hinsicht (vgl. § 3 Nr. 2<br />
ROG) so konkret sein, dass <strong>für</strong> die Adressaten erkennbar ist, was im<br />
Einzelnen Gegenstand der an sie gerichteten Pflichten ist. <strong>Das</strong> Ziel<br />
muss sich daher geographisch auf einen bestimmten Raum beziehen<br />
und inhaltlich eine Aussage treffen, der sich eindeutig entnehmen<br />
lässt, welche konkrete Maßnahme bzw. welcher konkreter Zweck<br />
verfolgt wird 17 .<br />
Die Besonderheit in der vorliegenden Entscheidung liegt darin,<br />
dass die Stadt Leinfelden-Echterdingen mit einer gebietsscharfen<br />
Standortentscheidung konfrontiert wurde; mithin die räumliche<br />
Konkretheit sehr hoch war. Festlegungen in Raumordnungsplänen<br />
müssen grundsätzlich übergemeindlich erfolgen, also ein größeres<br />
Gebiet umfassen. Es muss regelmäßig ein hinreichender Gestaltungsspielraum<br />
<strong>für</strong> eigene, substanzielle gewichtige planerische Entscheidungen<br />
auf gemeindlicher Ebene verbleiben 18 . Raumordnerische<br />
Festlegungen können unter Umständen noch gemeindescharf<br />
erfolgen und sich auf die Kommune als Einheit beziehen, wenn das<br />
aus der Natur der Sache heraus erforderlich ist (z. B. die Festlegung<br />
zur Zentralitätsstufe (Ober-, Mittel oder Unterzentrum)). Bei gebietsscharfen<br />
Festlegungen – wie im vorliegenden Fall – wird jedoch ein<br />
innergemeindlich ausgerichteter Planinhalt formuliert 19 . Eine solche<br />
gebietsscharfe Festlegung ist nur unter den oben genannten ganz<br />
streng formulierten Voraussetzungen zulässig. Unter keinen Umständen<br />
zulässig sind parzellenscharfe Aussagen; diese bleiben der<br />
Bauleitplanung vorbehalten.<br />
Die Festlegung als Standort (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2b 2. Alt. und Nr. 3<br />
ROG) ist als begriffliche Abgrenzung zu einem Gebiet (vgl. § 7 Abs. 4<br />
ROG), Teilraum oder Bereich zu verstehen. Es handelt sich dabei<br />
nicht um rechtlich unterschiedliche Formen der Festlegungen, sondern<br />
betrifft nur die Ausdehnung 20 . Standortausweisungen erfolgen<br />
hauptsächlich bezüglich Windenergie, Handel (Einkaufszentren,<br />
großflächige Einzelhandelsbetriebe, Factory-Outlet-Center) und Freizeiteinrichtungen;<br />
gebietsbezogene Flächenausweisungen sind z. B.<br />
Vorranggebiete <strong>für</strong> Grünzüge und <strong>für</strong> den Hochwasserschutz. Solche<br />
Ausweisungen haben <strong>für</strong> die Gemeinden nur freihaltenden Charakter,<br />
d. h. sie können auf diesen Flächen keine eigenen planerischen<br />
Aktivitäten durchführen.<br />
V.<br />
Träger der Regionalplanung ist im vorliegenden Fall ein Verband 21 .<br />
Dies ist <strong>für</strong> die Ausweisung einer gebietsscharfen Standortauswei-<br />
ZUR 2/2004<br />
sung aber nicht zwingend. Es ist nur so, dass sich Planungsverbände<br />
(z. B. Verband Region Stuttgart, Raumordnungsverband Rhein-Neckar,<br />
Zweckverband Großraum Braunschweig, Region Hannover) dort<br />
konstituieren, wo es einen erhöhten Planungsbedarf gibt, etwa in<br />
Verdichtungsräumen. Die von der Rechtsprechung <strong>für</strong> eine gebietsscharfe<br />
Standortausweisung erforderliche Situationsgebundenheit<br />
(dichte Besiedlung, großstädtischer Ballungsraum mit hoher baulicher<br />
Verdichtung) liegt in diesen Gebieten offensichtlicher vor als<br />
in anderen Gebieten.<br />
Die Träger der Regionalplanung können solche gebietsscharfen<br />
Ausweisungen in einem neu zu erstellenden Regionalplan aufnehmen;<br />
sie können aber auch einen Teilplan erstellen. Sowohl <strong>für</strong><br />
Regionalpläne als auch <strong>für</strong> Teilpläne gilt über § 1 Abs. 3 ROG die<br />
wechselseitige Beziehung raumordnerischer Planungen (Gegenstromprinzip).<br />
Bei Regionalplänen wird über § 9 Abs. 2 S. 2 ROG dieses<br />
Gebot auf die Berücksichtigung von Flächennutzungsplänen und<br />
beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planungen erweitert. Gleiches<br />
muss auch <strong>für</strong> Teilpläne gelten, auch wenn dies nicht ausdrücklich<br />
erwähnt wird, da ansonsten der Träger der Regionalplanung<br />
durch Aufstellen von Teilplänen die bei Regionalplänen erforderliche<br />
Berücksichtigung bauleitplanerischer Planungen umgehen könnte.<br />
Bebauungspläne und Leitbilder sind bei einer regionalplanerischen<br />
Standortentscheidung in die Abwägung einzustellen 22 ; im vorliegenden<br />
Fall war auch ein Bebauungsplan einzubeziehen, der sich<br />
noch im Stadium des Entwurfes befand, weil das damals geltende baden-württembergische<br />
Landesplanungsgesetz die Berücksichtigung<br />
vorschrieb. Im aktuellen Landesplanungsgesetz wird demgegenüber<br />
– wie auch sonst in den Raumordnungsgesetzen – eine Berücksichtigung<br />
lediglich beschlossener städtebaulicher Planungen verlangt<br />
(vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 LPlG BW und § 9 Abs. 2 S. 2 ROG). »Leitbilder«<br />
sind eine informelle Planung, mit der eine Kommune Zielvorstellungen<br />
und Visionen zu der räumlichen Stadtentwicklung festlegt.<br />
Mit der Pflicht zur Berücksichtigung städtebaulicher Leitbilder in der<br />
regionalplanerischen Abwägung werden die kommunalen Belange<br />
gestärkt und die Bedeutung des Gegenstromprinzips hervorgehoben.<br />
Dieses in § 1 Abs. 3 ROG geregelte Prinzip verlangt, dass sich Entwicklung,<br />
Ordnung und Sicherung von Teilräumen in die Gegebenheiten<br />
und Erfordernisse des Gesamtraumes einfügen müssen und<br />
die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraumes die Gegebenheiten<br />
und Erfordernisse der Teilräume berücksichtigen sollen.<br />
Eine Stärkung der Regionalplanung stellt die Entscheidung insofern<br />
dar, als das Urteil unterstreicht, dass regionalplanerische Ziele nicht<br />
zwingend Entsprechungen im Landesraumordnungsplan haben<br />
müssen. Ein Widerspruch zwischen Landes- und Regionalplanung<br />
liege erst dann vor, wenn das regionalplanerische Ziel der landesplanerischen<br />
Gesamtkonzeption widerspreche. Die Regionalplanung<br />
kann also eigene Entscheidungen treffen; die Landesplanung muss,<br />
wenn sie Vorgaben machen will, diese ausdrücklich formulieren, sei<br />
es durch einzelne Festlegungen oder im Rahmen des Gesamtkonzeptes.<br />
Auch Teiländerungen des Regionalplanes sind zulässig, wenn<br />
der Träger der Regionalplanung eine revidierende Entscheidung gefällt<br />
hat und eine in einem früheren Regionalplan bestimmte Festlegung<br />
ändern möchte.<br />
Wolfgang Köck/ Jana Bovet<br />
15 Landesmessegesetz vom 15.12.1998, abgedruckt GBl. I, S.666.<br />
16 Dazu auch VGH Kassel, Urt. v. 16.8.2002, NVwZ – RR 2003, 229, 231.<br />
17 BVerwGE 68, 311, 316 f.; 68, 319, 320 ff.; Hoppe, DVBl. 1999, 1457, 1458;<br />
Runkel, in: Bielenberg u. a., Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, K § 3<br />
Rn. 30 ff., K § 4 Rn. 66 ff.<br />
18 Runkel, in: Bielenberg u. a., Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, K § 3<br />
Rn. 109.<br />
19 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung, S. 54; Erbguth/ Schoeneberg, Raumordnungs-<br />
und Landesplanungsrecht, Rn. 53 f.; Brohm, DVBl. 1980, 653, der den<br />
Begriff der Bereichsschärfe vorzieht.<br />
20 Brohm, DVBl. 1980, 653 f.<br />
21 Vgl. dazu: Groß, VBlBW 1994, 429, 430.<br />
22 BVerwG, in diesem Heft, S. (UA, Punkt 3.3.3).<br />
97
Rechtsprechung<br />
BVerwG<br />
Lärmschutz <strong>für</strong> Hochhäuser an Schienenwegen<br />
Urteil vom 24. September 2003 – 9 A 69.02<br />
Leitsätze:<br />
1. Bei der Wiederertüchtigung der Anhalter Bahn in Berlin als Hauptverbindung<br />
im transeuropäischen Eisenbahnnetz ist der Bahn auf<br />
dem vorhandenen Bahndamm eine Flächenbewirtschaftung zuzugestehen,<br />
die dem im öffentlichen Interesse liegenden Ziel Rechnung<br />
trägt, das Streckennetz nach Bedarf zukünftigen Entwicklungen anzupassen.<br />
(nur LS, die Red.)<br />
2. Auch bei mit Schienenverkehrslärm vorbelasteten Hochhäusern darf<br />
nicht davon ausgegangen werden, dass der <strong>für</strong> die niedrigere Umgebungsbebauung<br />
angestrebte Schutzstandard ausreicht, um dem von<br />
§ 41 Abs. 2 BImSchG geforderten Vorrang des aktiven Lärmschutzes<br />
Rechnung zu tragen. <strong>Das</strong> mit einer Hochhausbebauung einhergehende<br />
Lärmschutzproblem ist vielmehr auf der Grundlage einer<br />
differenzierten Kosten-Nutzen-Analyse einer ausgewogenen Lösung<br />
zuzuführen.<br />
Aus den Gründen:<br />
I. Die Klägerin, eine Berliner Wohnungsgesellschaft, wendet sich<br />
mit der Forderung nach verbessertem Lärm- und Erschütterungsschutz<br />
gegen die Planfeststellung <strong>für</strong> den zweigleisigen Wiederaufbau<br />
und die Elektrifizierung eines Streckenabschnitts der in Berlin als<br />
»Anhalter Bahn« bezeichneten Eisenbahnstrecke. (...)<br />
II. Die Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin kann beanspruchen,<br />
dass die Beklagte über die von der Klägerin geforderte Verbesserung<br />
des aktiven Schallschutzes unter Beachtung der Rechtsauffassung<br />
des erkennenden Senats erneut entscheidet. Der Senat billigt<br />
zwar im Grundsatz das planfestgestellte Lärmschutzkonzept (nachfolgend<br />
1. bis 3.). Er hält es aber dennoch <strong>für</strong> rechtlich fehlerhaft, wie<br />
der Planfeststellungsbeschluss zu dem Ergebnis gelangt ist, im Bereich<br />
der Gebäude C und R sei aus Kostengründen eine weitere Erhöhung<br />
der Lärmschutzwände verzichtbar (nachfolgend 4.). (...)<br />
4. Erfolg hat die Klage mit der Rüge, dass bei der Entscheidung, im<br />
Falle der Häuser R und C auf eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwände<br />
zu verzichten, der von § 41 Abs. 2 BImSchG geforderte<br />
Vorrang des aktiven Lärmschutzes vor Maßnahmen des passiven<br />
Lärmschutzes nicht beachtet worden ist. Auch unter Berücksichtigung<br />
der Erläuterungen, die von der Beklagten und der Beigeladenen<br />
im Klageverfahren zu dem mit der Planfeststellung verfolgten Lärmschutzkonzept<br />
gegeben worden sind, können die insoweit im Planfeststellungsbeschluss<br />
zum Ausdruck kommenden Erwägungen<br />
nicht als tragfähig angesehen werden. Die Frage, ob eine weitere<br />
Erhöhung der Lärmschutzwände unterbleiben darf, weil »die Kosten<br />
der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten<br />
Schutzzweck stehen würden«, bedarf einer erneuten Oberprüfung<br />
durch die Planfeststellungsbehörde.<br />
a) Seine Auslegung der Vorschrift des § 41 Abs. 2 BImSchG hat der<br />
Senat in den zum Fall »Aumühle« ergangenen Entscheidungen (u.a.<br />
BVerwG, Urteil vom 15.3.2000 – 11 A 42.97, BVerwGE 110, 370, 380<br />
ff.) verlautbart. Der Senat hat darin insbesondere an seiner schon<br />
früher geäußerten Auffassung festgehalten, dass der Planfeststellungsbehörde<br />
im Rahmen ihrer Verhältnismäßigkeitsprüfung ein<br />
Abwägungsspielraum verbleibt, der es gestattet, neben dem – in der<br />
Norm ausdrücklich benannten – Kostengesichtspunkt auch andere<br />
Belange zu berücksichtigen, die einer weiteren Wanderhöhung entgegenstehen<br />
(vgl. BVerwG, Urteil vom 5.3.1997 – 11 A 25.95, BVerwGE<br />
104, 123, 139). Bei dem Gebäude wird die Planfeststellungsbehörde<br />
deswegen darauf abheben dürfen, dass die östliche<br />
Lärmschutzwand nicht beliebig erhöht werden kann, ohne dass dadurch<br />
ein städtebaulich nicht vertretbarer Zustand geschaffen wird.<br />
Da die Eisenbahntrasse hier in einer Dammlage verläuft, die von der<br />
98<br />
Hausfront nur durch eine als Feuerwehrzufahrt dienende Zuwegung<br />
getrennt ist, wird von der Klägerin selbst geltend gemacht, dass<br />
schon die jetzt planfestgestellte Wand mit 3,5 m das Gebäude angesichts<br />
des geringen Abstands unzumutbar verschatten würde. Der<br />
Planfeststellungsbeschluss hat dies zwar mit vertretbaren Erwägungen<br />
verneint. Es steht aber fest, dass an dieser Stelle <strong>für</strong> eine weitere<br />
Wanderhöhung – unabhängig von der Kostenfrage – nur ein sehr geringer<br />
Spielraum verbleibt. Nach Aktenlage kann der Senat allerdings<br />
nicht ausschließen, dass etwa auch eine 4 m hohe Lärmschutzwand<br />
unter städtebaulichen Gesichtspunkten noch hinnehmbar wäre,<br />
weil die Verschattungswirkung bei einer Wanderhöhung von 0,5 m<br />
nur unwesentlich gesteigert würde. In der mündlichen Verhandlung<br />
hat die Klägerin jedenfalls nicht zu erkennen gegeben, dass von ihr<br />
– unter Beibehaltung der planfestgestellten Trasse – jede weitere<br />
Wanderhöhung von vornherein als unzumutbar abgelehnt wird.<br />
Einer Wanderhöhung zum Schutz des Hauses R.-Str. werden aller<br />
Voraussicht nach städtebauliche oder landschaftspflegerische Gründe<br />
nicht entgegenstehen. <strong>Das</strong> zuständige Bezirksamt Schönefeld hat<br />
in seiner Stellungnahme jedenfalls mitgeteilt, dass eine Wanderhöhung<br />
»auch bei schwieriger städtebaulicher Anpassung« im Interesse<br />
eines verbesserten aktiven Lärmschutzes bewusst hingenommen<br />
werde (PFB S. 66).<br />
b) Der Planfeststellungsbeschluss geht – im Anschluss an die Stellungnahme<br />
der Beigeladenen (PFB S. 68 f.) – davon aus, dass die<br />
Lärmschutzwände längs der Anhalter Bahn so hoch sein werden,<br />
dass unter Berücksichtigung des Verfahrens BüG im Planfeststellungsabschnitt<br />
die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16.<br />
BImSchV eingehalten werden. <strong>Das</strong> gilt aber nicht <strong>für</strong> die beiden<br />
Hochhäuser R.-Str. und C.-Str.. Für diese Hochhäuser wird ein »Vollschutz«<br />
aus Kostengründen nicht angestrebt. Die hier festgesetzten<br />
Wandhöhen bieten den Hochhäusern vielmehr lediglich so viel<br />
Schutz, wie er sich aus dem angestrebten Schallschutz <strong>für</strong> die niedrigere<br />
Umgebungsbebauung ableitet.<br />
Grundlage <strong>für</strong> diese Entscheidung war eine Untersuchung von<br />
Höhenvarianten der Schallschutzwände vom 28.11.1997 (Ergänzung<br />
zu Anlage 10.1 des PFB). Zweck der Untersuchung war es, durch<br />
eine stufenweise Erhöhung der vorgesehenen Lärmschutzwände<br />
bzw. durch Betrachtung zusätzlicher Lärmschutzwände abzuschätzen,<br />
in welchem Umfang sich die Lärmsituation verbessern<br />
würde und welche Kosten hier<strong>für</strong> aufzuwenden wären. Für das Gebäude<br />
C.-Str., das im untersuchten Bereich 2 (Tabellen Anhang 1.6<br />
bis 1.11) liegt, wird danach ein »Vollschutz« erst bei Errichtung von<br />
fünf Wänden mit Höhen bis zu 9,5 m erreicht. Die hier<strong>für</strong> aufzuwendenden<br />
Kosten werden mit ca. 4 400 TDM beziffert, während die<br />
planfestgestellten Lärmschutzwände nur ca. 2 000 TDM kosten sollen,<br />
wozu Kosten <strong>für</strong> den passiven Schallschutz hinzukommen, die<br />
unter 100 TDM liegen. <strong>Das</strong> Gebäude R.-Str. fällt in den untersuchten<br />
Bereich 1 (Tabellen Anhang 1.1 bis 1.5). Insoweit zeigt sich, dass erst<br />
bei einer Wandhöhe von 5 m <strong>für</strong> drei Wände (Anhang 1.4) die Immissionsgrenzwerte<br />
eingehalten werden. Ein gleicher Schutzstandard<br />
könnte mit einer Kombination von einer 6 m hohen Wand<br />
mit zwei 3 m hohen Wänden erreicht werden (Anhang 1.5). Die<br />
Kosten <strong>für</strong> diesen »Vollschutz« werden mit 4 200 TDM bzw. mit<br />
ca. 3 400 TDM geschätzt, während die planfestgestellten Lärmschutzwände<br />
nur ca. 1 800 TDM kosten sollen, wozu Kosten <strong>für</strong> den<br />
passiven Lärmschutz in Höhe von ca. 250 TDM hinzukommen.<br />
Nach Aussage der Beigeladenen sollen die sich daraus errechnenden<br />
Zusatzkosten zumindest bei größeren Wandhöhen (etwa ab 4 m) die<br />
untere Grenze der Kostenbelastung markieren, weil Verteuerungen<br />
durch spezielle statische Anforderungen nicht in die Schätzung eingegangen<br />
seien.<br />
Diese Erwägungen, auf denen das von den Planungsträgern verfolgte<br />
Lärmschutzkonzept beruht, werden nicht den Anforderungen<br />
gerecht, die der Senat in seiner bereits zitierten Rechtsprechung<br />
ZUR 2/2004
BVerwG, Formell und materiell illegal errichtetes Gewässer<br />
an eine hinreichend differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse gestellt<br />
hat. Die von der Klägerin gegen die Variantenuntersuchung erhobenen<br />
Einwände mögen zwar nichts daran ändern, dass eine Grobanalyse<br />
– mehr ist nicht zu fordern (vgl. BVerwG, Urteil vom<br />
15.3.2000, a.a.O., S. 388) – eine Kostensteigerung in einer Größenordnung<br />
erwarten lässt, die es angesichts der plangegebenen Vorbelastung<br />
des Gebiets, die schutzmindernd zu berücksichtigen ist,<br />
rechtfertigt, auf einen »Vollschutz« der Hochhäuser in sämtlichen<br />
Stockwerken zu verzichten. Nicht abschließend zu beantworten ist<br />
auf der Grundlage der bisher vorliegenden Variantenuntersuchung<br />
aber die Frage, warum die Lärmschutzwände nicht mit noch verhältnismäßigem<br />
Aufwand so erhöht werden können, dass zumindest<br />
das eine oder andere Stockwerk zusätzlich »Vollschutz« erlangt.<br />
Hierzu findet sich im Planfeststellungsbeschluss nur die Aussage<br />
(PFB S. 234), dass es dann – trotz nicht unerheblicher Mehrkosten –<br />
bei passiven Lärmschutzmaßnahmen bleiben würde, weil die <strong>für</strong><br />
die Nachtzeit geltenden Immissionsgrenzwerte weiterhin nicht<br />
eingehalten werden könnten. Damit wird aber nicht nachvollziehbar<br />
begründet, warum bereits mit dem von der Planfeststellung eingeräumten<br />
»Minimalschutz« der Hochhäuser diejenige »Verhältnismäßigkeitsschwelle«<br />
erreicht ist, die einen Verzicht auf eine weitere<br />
Wanderhöhung rechtfertigt.<br />
Fehl geht auch der von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung<br />
gegen eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwände erhobene<br />
Einwand, durch die erforderliche »Oberstandslänge« der<br />
Wände würde unvermeidlich <strong>für</strong> die Umgebungsbebauung ein<br />
aktiver Lärmschutz erreicht, dessen Wirkung über das rechtlich gebotene<br />
Maß hinausgehe. <strong>Das</strong>s Lärmbetroffene, die in der Nachbarschaft<br />
der Hochhäuser wohnen, keinen Rechtsanspruch auf eine<br />
weitergehende Verbesserung der Lärmsituation haben, schließt<br />
nämlich nicht aus, dass die Klägerin auf der Grundlage von § 41<br />
Abs. 2 BImSchG eine Erhöhung der Lärmschutzwände fordern kann<br />
(vgl. zum »überschießenden« Lärmschutz auch BVerwG, Urteil vom<br />
9.2.1995 – 4 C 26.93, BVerwGE 97, 367, 275 f).<br />
Hochhäuser dürfen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />
auch nicht von vornherein als »hoffnungslose« Fälle eingestuft werden.<br />
Die Gebäudehöhe ist unter dem Blickwinkel der anzustrebenden<br />
Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen kein Kriterium, das allein<br />
ausschlaggebend da<strong>für</strong> sein kann, weitergehenden aktiven<br />
Lärmschutz zu versagen. Sie ist zunächst lediglich ein Erschwernis,<br />
das sich – ähnlich wie ungünstige topographische Verhältnisse –<br />
kostensteigernd auf aktive Lärmschutzmaßnahmen auswirkt. Im<br />
Übrigen sind Wohnzwecken dienende Hochhäuser als ein Sonderfall<br />
der »stark verdichteten Bebauung« mit der Folge einzuordnen, dass<br />
näher zu prüfen ist, ob durch eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwand<br />
deswegen ein nennenswerter Schutzeffekt erzielt werden<br />
kann, weil die Zahl der Lärmbetroffenen besonders hoch sein kann<br />
(vgl. BVerwG, Urteil vom 15.3.2000, a.a.O., S. 383).<br />
Für eine differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse, die eine Grundlage<br />
da<strong>für</strong> schaffen soll, dass das mit einer Hochhausbebauung einhergehende<br />
Lärmschutzproblem einer ausgewogenen Lösung zugeführt<br />
wird, reicht es somit nicht aus, wenn – wie hier geschehen – die trassenabgewandte<br />
Lage der Balkone im Rahmen der Lärmschutzkonzeption<br />
schutzmindernd berücksichtigt wird. Darüber hinaus<br />
muss die Zahl der lärmbetroffenen Wohnungen ermittelt werden,<br />
die nicht bereits durch die konstruktive Gestaltung des Hochhauses<br />
(z.B. durch sog. Lärmschutzgrundrisse) hinreichend geschützt sind.<br />
Erst wenn sich nämlich die Zahl der im Wohnbereich potenziell<br />
Lärmbetroffenen auf dieser Grundlage zumindest grob abschätzen<br />
lässt, kann die weitere Frage beantwortet werden, ob der Aufwand,<br />
der erforderlich ist, um durch eine Erhöhung der Lärmschutzwände<br />
ein weiteres Stockwerk oder auch mehrere Stockwerke zusätzlich mit<br />
»Vollschutz« oder zumindest mit vollständigem »Tagschutz« zu versehen,<br />
bereits unverhältnismäßig ist.<br />
ZUR 2/2004<br />
Auch unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung<br />
<strong>für</strong> die Hochhäuser genannten Wohnungszahlen lässt sich<br />
aus der vorliegenden Untersuchung von Höhenvarianten der<br />
Schallschutzwände nicht die Kosten-Nutzen-Relation herleiten, die<br />
<strong>für</strong> die Verhältnismäßigkeitsprüfung ausschlaggebend sein kann.<br />
Insofern wirkt sich nachteilig aus, dass die Variantenuntersuchung<br />
nicht von einer Betrachtung der Kosten einer Erhöhung der planfestgestellten<br />
Lärmschutzwände ausgeht, sondern von vornherein<br />
die Kosten zusätzlicher Lärmschutzwände einbezieht. Die<br />
Variantenuntersuchung kann aus diesem Grunde zwar einerseits<br />
plausibel darauf verweisen, dass die geschätzten Kosten eine »Untergrenze«<br />
markieren, weil Kostensteigerungen, die beim Bau von<br />
mehr als 4 m hohen Lärmschutzwänden regelmäßig zu erwarten<br />
wären, außer Ansatz geblieben sind. Andererseits entfällt aber die<br />
– sich gerade beim Lärmschutz von Hochhäusern aufdrängende –<br />
Möglichkeit, die »Verhältnismäßigkeitsschwelle« <strong>für</strong> die Kosten einer<br />
weiteren Wanderhöhung aus dem Auftreten von sog. Sprungkosten<br />
abzuleiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1998 – 11 A<br />
44.97, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 24, S. 76; Urteil vom<br />
15.3.2000, a.a.O., S. 391). Erst eine Orientierung an den »Sprungkosten«<br />
erlaubt es außerdem, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />
die Kosten <strong>für</strong> den Bau zusätzlicher Lärmschutzwände<br />
zutreffend einzuordnen. Unter diesem Aspekt ist nämlich dann<br />
der Frage nachzugehen, ob sich mit dieser Variante eine Lärmschutzkonzeption<br />
verwirklichen lässt, die das Auftreten von<br />
Sprungkosten vermeidet oder ob damit im Gegenteil eine weitere<br />
Kostensteigerung verbunden ist.<br />
<strong>Das</strong> Auftreten von Sprungkosten ist zwar nicht das einzige<br />
Kostenargument, mit dem im Einzelfall das Ergebnis begründet<br />
werden kann, dass <strong>für</strong> – mit Schienenverkehrslärm vorbelastete –<br />
Hochhäuser der Vorrang des aktiven Lärmschutzes teilweise nicht<br />
zum Tragen kommt. Ein Lärmschutzkonzept, das die Wandhöhen<br />
im Bereich von Hochhäusern noch unterhalb der Schwelle begrenzen<br />
will, die sich aus den »Sprungkosten« ergibt, unterliegt<br />
aber einem gesteigerten Rechtfertigungsbedarf. Da es Ziel der Lärmschutzkonzeption<br />
auch sein muss, dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung<br />
der Lärmbetroffenen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG,<br />
Urteil vom 15.3.2000, a.a.O., S. 382), mag etwa durch eine<br />
vergleichende Gegenüberstellung aufgezeigt werden können, dass<br />
die <strong>für</strong> den Schutz einer ähnlich »stark verdichteten Bebauung«<br />
aufzuwendenden Kosten in anderen Bereichen des Planfeststellungsabschnitts<br />
erheblich geringer ausfallen bzw. bei gleich hohen<br />
Kosten der aktiven Lärmschutzmaßnahmen nur noch unbedeutende<br />
Lärmminderungseffekte eintreten. Dies leistet die von der<br />
Beigeladenen beigebrachte Variantenuntersuchung jedoch nicht.<br />
(...)<br />
BVerwG<br />
Formell und materiell illegal errichtetes Gewässer<br />
Beschluss vom 16. Juli 2003 – 7 B 61.03<br />
Leitsatz:<br />
Für die Eigenschaft als oberirdisches Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1<br />
S. 1 Nr. WHG ist es ohne Belang, ob das Gewässer formell und materiell<br />
illegal hergestellt worden ist.<br />
Vorinstanz: OVG Berlin vom 26.3.2003 – 1 B 7.03<br />
Aus den Gründen:<br />
Die Klägerin wendet sich gegen eine wasserrechtliche Ordnungsverfügung<br />
des Beklagten, durch die ihr der Beklagte aufgegeben<br />
99
Rechtsprechung<br />
hat, eine Absperrvorrichtung zu beseitigen, welche die Klägerin in<br />
einem Kanal angebracht hat, der ihr Grundstück durchschneidet.<br />
Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des Beklagten, ihr eine<br />
wasserrechtliche Genehmigung <strong>für</strong> die streitige Absperrvorrichtung<br />
zu erteilen. <strong>Das</strong> Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen,<br />
das Oberverwaltungsgericht ihre Berufung zurückgewiesen. Es<br />
hat unter anderem angenommen, der Kanal, der das Grundstück<br />
der Klägerin durchschneide, sei ein oberirdisches Gewässer selbst<br />
dann, wenn er rechtswidrig angelegt worden sein sollte. <strong>Das</strong> Oberverwaltungsgericht<br />
hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.<br />
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.<br />
Die Rechtssache hat nicht die allein geltend gemachte grundsätzliche<br />
Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).<br />
Die Klägerin möchte die Frage geklärt wissen, ob ein formell und<br />
materiell illegal errichtetes Gewässer unter den Schutz- und Anwendungsbereich<br />
des Wasserhaushaltsgesetzes fällt.<br />
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil<br />
sich die Antwort auf sie unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Nach<br />
§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WHG gilt das Wasserhaushaltsgesetz <strong>für</strong> oberirdische<br />
Gewässer. Oberirdisches Gewässer ist nach der gesetzlichen<br />
Begriffsbestimmung das ständig oder zeitweilig in Betten fließende<br />
oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser. Darunter<br />
fallen sowohl natürlich entstandene als auch künstlich angelegte<br />
Gewässer. <strong>Das</strong> Gesetz verlangt nicht, ein künstlich<br />
angelegtes Gewässer müsse legal hergestellt sein, damit es dem<br />
Wasserhaushaltsgesetz unterfalle. Es kommt ausschließlich darauf<br />
an, ob Wasser ständig oder zeitweilig in einem Bett fließt oder<br />
steht. Allein diese funktionsbezogene, an die tatsächlichen Gegebenheiten<br />
anknüpfende Betrachtung entspricht dem Zweck des<br />
Wasserhaushaltsgesetzes. <strong>Das</strong> Wasserhaushaltsgesetz schafft eine<br />
wasserwirtschaftliche Benutzungsordnung <strong>für</strong> das Wasser, das in einem<br />
unmittelbaren Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserhaushalt<br />
steht. Gewässer sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in<br />
den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden sind. Solange dieser<br />
Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserhaushalt besteht, ist<br />
es <strong>für</strong> die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Gewässers<br />
gleichgültig, ob es legal oder illegal entstanden ist.<br />
Allerdings müssen Gewässer eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweisen.<br />
Gelegentliche Ansammlungen von Wasser werden vom<br />
Begriff des Gewässers nicht erfasst. Der Senat kann offen lassen, ob<br />
es an dem Erfordernis der Dauerhaftigkeit im Einzelfall fehlt,<br />
wenn ein Gewässer illegal angelegt wird und die zuständige<br />
Behörde gegen das Vorhaben sogleich einschreitet. Denn einen<br />
solchen Sachverhalt hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt.<br />
Der von der Klägerin behauptete Anspruch auf behördliches<br />
Einschreiten gegen den Stichkanal nimmt diesem nicht das Merkmal<br />
der Dauerhaftigkeit.<br />
BGH<br />
Freizeitlärm: Rockkonzert<br />
Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03<br />
Leitsatz:<br />
Von einem Rockkonzert ausgehende Lärmimmissionen, die die Richtwerte<br />
der sog. LAI-Hinweise überschreiten, können unwesentlich im<br />
Sinne des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB sein, wenn es sich um eine Veranstaltung<br />
von kommunaler Bedeutung handelt, die an nur einem Tag des<br />
Jahres stattfindet und weitgehend die einzige in der Umgebung<br />
bleibt. Dies gilt in aller Regel aber nur bis Mitternacht.<br />
100<br />
Aus dem Tatbestand:<br />
Die Kläger wenden sich gegen Lärmbelästigungen, die von einem alljährlich<br />
stattfindenden Sommerfest eines Sportvereins und dabei<br />
insbesondere von einem Rockkonzert ausgehen.<br />
Die Kläger sind Eigentümer eines in einem allgemeinen Wohngebiet<br />
gelegenen Grundstücks. Auf dem Nachbargrundstück, das der<br />
beklagten Stadt gehört, befinden sich ein Bolzplatz, eine Sporthalle<br />
und ein Fußballfeld. Die Beklagte hat das Gelände einem Sportverein<br />
<strong>für</strong> Vereinsaktivitäten überlassen. Einmal im Jahr veranstaltet der<br />
Sportverein ein Sommerfest. Dabei finden in einem Festzelt Musikveranstaltungen<br />
statt, darunter ein Rockkonzert. Für das bis weit<br />
nach Mitternacht dauernde Rockkonzert wurden <strong>für</strong> das Grundstück<br />
der Kläger in den Jahren 2001 und 2002 Mittelungspegel von 55,9<br />
bis 70,5 dB(A) und 53,3 bis 66 dB(A) gemessen. (...)<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
I. <strong>Das</strong> Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beeinträchtigung der<br />
Kläger durch den von dem Sommerfest und hier insbesondere von<br />
dem Rockkonzert ausgehenden Lärm sei wesentlich im Sinne von<br />
§ 906 Abs. 2 S. 1 BGB. Dies folge aus der vor allem zur Nachtzeit ab<br />
22 Uhr gravierenden Überschreitung der in der LAI-Freizeitlärmrichtlinie<br />
festgesetzten Lärmgrenzwerte; die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung<br />
werde dadurch indiziert. Diese Werte seien zwar<br />
nicht schematisch anzuwenden und erlaubten bei einem einmaligen<br />
Ereignis eine großzügigere Handhabung. Ein einmaliges Ereignis liege<br />
aber nicht vor, weil das Fest an drei Tagen stattfinde und auch die<br />
weiteren Veranstaltungen Lärm verursachten. Zudem seien die festgestellten<br />
Überschreitungen von 22 Uhr bis weit nach Mitternacht<br />
so gravierend, dass sie nicht hingenommen werden müssten.<br />
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Auf der Grundlage seiner<br />
Feststellungen bejaht das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen<br />
Unterlassungsanspruch der Kläger (§§ 1004, 906 BGB).<br />
1. Nach § 906 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks von einem<br />
anderen Grundstück ausgehende Immissionen insoweit nicht<br />
verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nur<br />
unwesentlich beeinträchtigt. Ob Geräuschimmissionen wesentlich<br />
sind oder nicht, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen<br />
Durchschnittsmenschen und danach, was ihm unter Würdigung<br />
anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist<br />
(BGHZ 148, 261, 264 – Hammerschmiede; Senatsurt. v. 20.11.1998<br />
– V ZR 411/97, NJW 1999, 1029, 1030). Die Grenze der im Einzelfall<br />
zumutbaren Lärmbelästigung kann nicht mathematisch exakt, sondern<br />
nur aufgrund wertender Beurteilung festgesetzt werden (BGHZ<br />
148, 261, 264). Dabei sind wesentliche Immissionen identisch mit<br />
erheblichen Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG (BGHZ<br />
122, 76, 78).<br />
Wann Lärmimmissionen im Einzelfall die Schwelle zur Wesentlichkeit<br />
überschreiten, unterliegt weitgehend tatrichterlicher Wertung.<br />
Revisionsrechtlich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die<br />
nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und<br />
bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte<br />
zugrunde gelegt hat (BGHZ 121, 248, 252 – Jugendzeltplatz). Dieser<br />
Nachprüfung hält das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht stand.<br />
2. a) <strong>Das</strong> Berufungsgericht orientiert sich an den Hinweisen des<br />
Länderausschusses <strong>für</strong> Immissionsschutz zur Beurteilung der durch<br />
Freizeitanlagen verursachten Geräusche (sog. LAI-Hinweise oder<br />
Freizeitlärm-Richtlinie, abgedruckt in: NVwZ 1997, 469). <strong>Das</strong> ist<br />
nicht zu beanstanden. Die LAI-Hinweise gelten <strong>für</strong> Freizeitanlagen,<br />
und zwar insbesondere <strong>für</strong> Grundstücke, auf denen Volksfeste,<br />
Platzkonzerte, Lifemusik-Darbietungen und ähnliche Veranstaltungen<br />
im Freien stattfinden. Sie sind ungeachtet der generellen Nutzung<br />
des Grundstücks der Beklagten als Sportplatz einschlägig,<br />
denn die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) regelt<br />
nur Immissionen, die von einer Sportanlage bei ihrer bestim-<br />
ZUR 2/2004
BGH, Freizeitlärm: Rockkonzert<br />
mungsgemäßen Nutzung, der Sportausübung, ausgehen (§ 1 Abs. 1<br />
der 18. BImSchV).<br />
Die von Sachverständigen ausgearbeiteten und von allen Ländern<br />
mitgetragenen LAI-Hinweise unterfallen zwar nicht § 906<br />
Abs. 1 S. 2 u. 3 BGB (Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rn. 193),<br />
können den Gerichten aber gleichwohl als Entscheidungshilfe dienen<br />
(vgl. BGHZ 111, 63, 67 – Volksfestlärm; 120, 239, 256 f. –<br />
Froschlärm; 121, 248, 253 – Jugendzeltplatz; BVerwG, DVBl. 2001,<br />
1451, 1453). Sie ersetzen nicht die Prüfung und Würdigung der<br />
konkreten Umstände des Einzelfalls, geben dieser Würdigung aber<br />
eine Orientierung. Werden die Richtwerte überschritten, so indiziert<br />
dies eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906<br />
Abs. 1 BGB (vgl. BGHZ 111, 63, 67; 121, 248, 251). Der Tatrichter<br />
muss allerdings auch in diesem Fall berücksichtigen, dass es sich<br />
bei den technischen Regelwerken nur um Richtlinien handelt, die<br />
nicht schematisch angewendet werden dürfen.<br />
b) Für die Frage der Wesentlichkeit von Lärmimmissionen sind<br />
Dauer und Häufigkeit der Einwirkung von erheblicher Bedeutung.<br />
<strong>Das</strong> Berufungsgericht vertritt daher zu Recht die Ansicht, dass bei einem<br />
einmaligen Ereignis eine großzügigere Handhabung der Richtwerte<br />
geboten, eine Überschreitung im Einzelfall also hinzunehmen<br />
sein kann. Rechtsfehlerhaft geht es jedoch davon aus, dass hier ein<br />
einmaliges Störereignis deswegen nicht vorliege, weil das Sommerfest<br />
an drei aufeinanderfolgenden Wochenendtagen stattfindet.<br />
Denn dass von den übrigen Veranstaltungen eine wesentliche Einwirkung<br />
auf das Grundstück der Kläger ausginge, hat es nicht festgestellt.<br />
Mithin ist revisionsrechtlich nur das Rockkonzert von Bedeutung<br />
und die weitergehende Klage schon nicht schlüssig.<br />
Richtig ist allerdings, dass die LAI-Hinweise der Seltenheit eines Ereignisses<br />
durch eine Sonderregelung in Ziff. 4.4. Rechnung tragen, in<br />
der <strong>für</strong> Veranstaltungen, die an nicht mehr als zehn Tagen oder<br />
Nächten im Kalenderjahr stattfinden (sog. seltene Störereignisse),<br />
höhere Richtwerte vorgegeben werden. Auch insoweit gibt die Richtlinie<br />
jedoch nur eine Orientierung und lässt Raum <strong>für</strong> die Berücksichtigung<br />
der Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG, DVBl. 2001,<br />
1451, 1453 »Entscheidungshilfe mit Indizcharakter«). Hierzu gehört<br />
auch die Zahl der Störereignisse. Denn die Sonderregelung in Ziff.<br />
4.4. der LAI-Hinweise erfasst Ereignisse, die bis zu zehn Tagen oder<br />
Nächten eines Jahres auftreten und einen relevanten Beitrag zur<br />
Überschreitung der Immissionsrichtwerte verursachen.<br />
In dem der Entscheidung des Senats vom 23.3.1990 (BGHZ 111,<br />
63 – Volksfestlärm) zugrunde liegenden Fall wurde ein an das Grundstück<br />
des Klägers angrenzendes Gelände mehrmals im Jahr als Kirmes-<br />
und Festplatz genutzt. Für das Jahr 1987 waren beispielsweise<br />
<strong>für</strong> die Monate Juni, Juli und August vier jeweils über das ganze Wochenende,<br />
einmal sogar drei Tage dauernde Veranstaltungen angekündigt.<br />
Vorliegend ist dagegen mangels anderweitiger Feststellungen<br />
des Berufungsgerichts zugunsten der Revision davon<br />
auszugehen, dass das an nur einem Abend des Sommerfestes stattfindende<br />
Rockkonzert, gegen dessen Immissionen sich die Kläger in<br />
erster Linie wenden, weitgehend das einzige Ereignis ist, welches unter<br />
deutlicher Überschreitung der in den LAI-Hinweisen in Ziffer 4.4.<br />
<strong>für</strong> die Nachtzeit aufgestellten Richtwerte auf das Grundstück der<br />
Kläger einwirkt.<br />
c) <strong>Das</strong> Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung ferner nicht bedacht,<br />
dass bei seltenen Störereignissen auch die Bedeutung der Veranstaltung<br />
nicht unberücksichtigt bleiben kann. Nach der neueren<br />
Rechtsprechung des Senats richtet sich die Beurteilung, ob eine Immission<br />
wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, nicht nur nach dem<br />
Maß der objektiven Beeinträchtigung. Im Interesse der Harmonisierung<br />
zivilrechtlicher und öffentlichrechtlicher Beurteilungsmaßstäbe<br />
hat der Senat eine Angleichung an die verwaltungsgerichtliche<br />
Rechtsprechung vollzogen, die als erhebliche Belästigung alles ansieht,<br />
was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter<br />
ZUR 2/2004<br />
Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise<br />
nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BGHZ 120, 239, 255 – Froschlärm;<br />
148, 261, 264 – Hammerschmiede). Demgemäß können bei der<br />
Prüfung der Erheblichkeit oder Wesentlichkeit von Lärm auch<br />
schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit und gesetzliche Wertungen<br />
eine Rolle spielen (vgl. BGHZ 121, 248, 255 – Jugendzeltplatz;<br />
111, 63, 68 – Volksfestlärm).<br />
aa) Volks- und Gemeindefeste, Feiern örtlicher Vereine, traditionelle<br />
Umzüge und ähnliche Veranstaltungen gehören zu den herkömmlichen,<br />
allgemein akzeptierten Formen gemeindlichen und<br />
städtischen Lebens. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass sie<br />
oftmals in der Nähe zur Wohnbebauung durchgeführt werden<br />
müssen und zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft<br />
führen. Da solche Veranstaltungen <strong>für</strong> den Zusammenhalt<br />
der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung sein können,<br />
dabei auch die Identität dieser Gemeinschaft stärken und <strong>für</strong> viele<br />
Bewohner einen hohen Stellenwert besitzen, werden die mit ihnen<br />
verbundenen Geräuschentwicklungen von einem verständigen<br />
Durchschnittsmenschen bei Würdigung auch anderer Belange in<br />
der Regel in höherem Maß akzeptiert werden als sonstige Immissionen.<br />
<strong>Das</strong> kann bei der Beurteilung, ob eine Lärmeinwirkung als<br />
wesentlich anzusehen ist, vor allem dann nicht unberücksichtigt<br />
bleiben, wenn es sich um ein sehr seltenes Ereignis handelt, das<br />
weitgehend das einzige in der Umgebung bleibt. In einem solchen<br />
Fall können auch Lärmimmissionen, die die Richtwerte der LAI-<br />
Hinweise überschreiten, ausnahmsweise noch unwesentlich sein<br />
(so auch VGH Kassel, GewArch 1997, 162).<br />
Die kommunale Bedeutung kann einem Ereignis nicht deshalb abgesprochen<br />
werden, weil Veranstalter nicht die Gemeinde, sondern<br />
ein privater Verein ist. Maßgeblich ist, dass das Ereignis von einem<br />
Großteil der Ortsbevölkerung getragen und akzeptiert wird. Unerheblich<br />
<strong>für</strong> die Frage der Wesentlichkeit der Immissionen ist ferner,<br />
ob der Nutzung eines Grundstücks als Festplatz eine langjährige<br />
Übung zugrunde liegt. Bei der vom Tatrichter vorzunehmenden<br />
Würdigung, ob Geräuschimmissionen wesentlich sind, kann zwar<br />
dem Traditionscharakter einer Veranstaltung besonderes Gewicht<br />
zukommen. Umgekehrt steht der Annahme einer nur unwesentlichen<br />
Beeinträchtigung aber nicht entgegen, dass eine Veranstaltung<br />
erst seit kurzer Zeit stattfindet. Andernfalls würden Gemeinden gehindert,<br />
eine kommunale Festivität zu begründen, wo Traditionsveranstaltungen<br />
fehlen, oder die Abläufe bei Festen zu ändern, die<br />
auf eine langjährige Übung zurückgehen. Demgemäß können auch<br />
die mit Gemeinde- und Vereinsfesten untrennbar verbundenen<br />
Musik- und Tanzveranstaltungen Änderungen in Art und Ausrichtung<br />
erfahren. Erlangen sie im Einzelfall überregionale Bedeutung,<br />
nimmt ihnen das die kommunale Bedeutung nicht, solange die jeweilige<br />
Veranstaltung weiterhin auch <strong>für</strong> die örtliche Bevölkerung<br />
bestimmt ist und von ihr angenommen wird.<br />
bb) Bei nur einmal jährlich stattfindenden Veranstaltungen von<br />
kommunaler Bedeutung können selbst Lärmeinwirkungen unwesentlich<br />
sein, welche die <strong>für</strong> die Abend- und Nachtzeit aufgestellten<br />
Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten. Zwar gebührt nach 22<br />
Uhr dem Schutz der ungestörten Nachtruhe grundsätzlich der Vorrang<br />
vor dem Interesse der Bevölkerung, Volksfeste und ähnliche<br />
Veranstaltungen zu besuchen (vgl. BGHZ 111, 63, 70 – Volksfestlärm).<br />
Insbesondere in Krankenhäusern oder sonstigen Kliniken,<br />
aber auch dort, wo die Bewohner der Umgebung bereits tagsüber<br />
einem höheren Lärmpegel als üblich ausgesetzt sind, ist eine Störung<br />
der Nachtruhe meist eine erhebliche Einwirkung auf die Gesundheit<br />
oder das Wohlbefinden und damit eine wesentliche Immission. Zu<br />
berücksichtigen ist aber auch, dass die Nachtruhe nicht generell geschützt<br />
wird. Dort, wo ruhestörende Tätigkeiten zur Nachtzeit durch<br />
landesrechtliche Normen ausdrücklich verboten sind, hat der Gesetzgeber<br />
zugleich Ausnahmen <strong>für</strong> den Fall vorgesehen, dass ein Vor-<br />
101
Rechtsprechung<br />
haben im Einzelfall Vorrang vor den schutzwürdigen Belangen Dritter<br />
hat (z.B. § 5 der LärmVO Hamburg, § 8 der LärmVO Berlin). Vorrang<br />
kann insbesondere Volksfesten und ähnlichen Veranstaltungen<br />
zukommen, wenn sie auf historischen oder kulturellen Umständen<br />
beruhen oder sonst von kommunaler Bedeutung sind, und deshalb<br />
das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung<br />
gegenüber dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft überwiegt<br />
(vgl. § 9 Abs. 3 LImSchG Nordrhein-Westfalen, § 4 Abs. 4 LImSchG<br />
Rheinland-Pfalz, § 10 Abs. 4 LlmSchG Brandenburg).<br />
Eine solche Abwägung der widerstreitenden Interessen sieht auch<br />
das Gaststättengesetz vor. Nach § 12 Abs. 1 GaststG kann aus besonderem<br />
Anlass der Betrieb eines Gaststättengewerbes unter erleichterten<br />
Voraussetzungen vorübergehend gestattet werden. Die »erleichterten<br />
Voraussetzungen« beziehen sich auch auf den Schutz vor<br />
schädlichen Umweiteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG<br />
(§ 4 Abs. 1 Nr. 3 GaststG), und gelten damit beispielsweise <strong>für</strong> die Lärmimmissionen,<br />
die von einer aus Anlass eines Volksfests betriebenen<br />
Außengastronomie ausgehen (vgl. VGH München NVwZ 1999,<br />
555). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass bei besonderem<br />
Anlass und nur vorübergehendem Betrieb die bei der Erteilung<br />
der Erlaubnis zu beachtenden Vorschriften weniger streng zu<br />
handhaben sind als bei einem Dauerbetrieb. Immissionsschutzrechtliche<br />
Gesichtspunkte dürfen zwar nicht vernachlässigt werden,<br />
sie sind jedoch zu Art und Dauer des Betriebs in Beziehung zu setzen<br />
(vgl. Michel/Kienzle/Pauly, <strong>Das</strong> Gaststättengesetz, 14. Aufl. 2003, § 12<br />
Rn. 5). Dies führt im Fall von Lärmbeeinträchtigungen dazu, dass bei<br />
der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 BImSchG die<br />
Seltenheit des Anlasses und seine Bedeutung in die Würdigung einzubeziehen<br />
sind (VGH München a.a.O., S. 556). Die Berücksichtigung<br />
dieser Kriterien ist nicht auf die gastronomischen Betriebe beschränkt,<br />
sondern gilt <strong>für</strong> den verständigen Durchschnittsmenschen<br />
gleichermaßen in Bezug auf das besondere Ereignis, an das sie anknüpfen.<br />
Insoweit hängt die Beurteilung der Beeinträchtigung als<br />
wesentlich auch von einer Interessenabwägung ab (BGHZ 111, 63,<br />
68 – Volksfestlärm; a.A. Roth, in: Anm. JR 1991, 149).<br />
cc) In welchem Umfang Lärmbeeinträchtigungen von Veranstaltungen<br />
mit besonderer historischer, kultureller oder kommunaler<br />
Bedeutung noch als unwesentlich angesehen werden können, ist<br />
weitgehend eine Frage des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere<br />
Bedeutung und Charakter der Veranstaltung, ihr Ablauf,<br />
Dauer und Häufigkeit, die Nutzungsart und Zweckbestimmung sowie<br />
die Gesamtbelastung des beeinträchtigten Grundstücks während<br />
der Veranstaltung und durch andere seltene Störereignisse, ferner die<br />
zeitlichen Abstände dieser Ereignisse. Je gewichtiger der Anlass <strong>für</strong><br />
die Gemeinde oder Stadt ist, desto eher ist der Nachbarschaft zuzumuten,<br />
an wenigen Tagen im Jahr Ruhestörungen hinzunehmen.<br />
Bei Festveranstaltungen von kommunaler Bedeutung, die nur einmal<br />
im Jahr <strong>für</strong> wenige Tage stattfinden, ist dabei auch eine deutliche<br />
Überschreitung der in den LAI-Hinweisen <strong>für</strong> seltene Störereignisse<br />
festgelegten Richtwerte denkbar. Hiervon ist selbst die Nachtzeit<br />
nicht generell ausgenommen, zumal es im Sommer noch bis gegen<br />
22 Uhr hell bleibt und es dem Charakter bzw. der Tradition vieler<br />
Veranstaltungen entspricht, dass sie bis in die Nachtstunden andauern<br />
(so auch VGH Mannheim NVwZ-RR 1994, 633, 635). Im Einzelfall<br />
kann von den Anliegern jedenfalls an einem Tag bis Mitternacht<br />
ein deutlich höherer Beurteilungspegel hinzunehmen sein. Eine<br />
über Mitternacht hinausgehende erhebliche Überschreitung der<br />
Richtwerte wird demgegenüber in aller Regel nicht mehr als unwesentlich<br />
zu qualifizieren sein. (...)<br />
Für die Beurteilung durch einen verständigen Durchschnittsmenschen<br />
von Bedeutung kann schließlich sein, ob sich die Veranstaltung<br />
an einen ebenso geeigneten, Anwohner insgesamt aber deutlich<br />
weniger beeinträchtigenden Standort innerhalb der Gemeinde<br />
bzw. des Ortsteils verlegen lässt. Können unter Wahrung des Cha-<br />
102<br />
rakters der Veranstaltung die Lärmimmissionen <strong>für</strong> Anwohner deutlich<br />
reduziert werden, unterbleibt aber ein Standortwechsel, so verringert<br />
sich das Maß dessen, was einem Anwohner an Geräuscheinwirkungen<br />
zuzumuten ist; in der Regel werden dann die Richtwerte<br />
der LAI-Hinweise maßgebend sein.<br />
III. <strong>Das</strong> angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Da weitere<br />
tatsächliche Feststellungen nicht zu treffen sind, hat der Senat in der<br />
Sache selbst entschieden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Angesichts der Unterstützung,<br />
die das Sommerfest und das Rockkonzert seitens der<br />
Gemeinde erfahren, kann der Veranstaltung die kommunale Bedeutung<br />
nicht abgesprochen werden. Gleichwertige alternative Standorte<br />
<strong>für</strong> das Festzelt sind nicht ersichtlich. Durch die von den Klägern<br />
vorgeschlagene Verlegung des Rockkonzerts in die benachbarte<br />
Sporthalle bliebe der Charakter der Veranstaltung nicht gewahrt. Er<br />
ist davon geprägt, dass das Konzert als Teil eines Sommerfestes weitgehend<br />
im Freien stattfindet.<br />
Die Kläger müssen am Abend des Rockkonzerts allerdings nicht<br />
jegliche Lärmeinwirkung hinnehmen, sondern nur das nach dem<br />
Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zumutbare<br />
Maß. Die Zumutbarkeit ist durch eine Begrenzung der Immissionen<br />
zu wahren. Hier<strong>für</strong> geben die Richtwerte, die die LAI-Hinweise bei<br />
seltenen Störereignissen tagsüber außerhalb der Ruhezeiten vorsehen,<br />
eine Orientierung. Im vorliegenden Fall bietet es sich an, die Tageszeit<br />
im Sinne der LAI-Hinweise bis 24 Uhr auszudehnen. Damit<br />
ist <strong>für</strong> das Rockkonzert ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) mit einer<br />
Geräuschspitze von 90 dB(A) maßgeblich. Eine Verlängerung über<br />
24 Uhr hinaus kommt dagegen mit Rücksicht auf die schutzwürdigen<br />
Belange der Kläger nicht in Betracht. Um ihnen eine ausreichende<br />
Nachtruhe zu ermöglichen, ist vielmehr von Mitternacht bis<br />
8 Uhr des auf das Rockkonzert folgenden Tages der <strong>für</strong> die Nachtzeit<br />
vorgegebene Beurteilungspegel von 55 dB(A) einzuhalten.<br />
OVG Lüneburg<br />
Befahrensbeschränkung <strong>für</strong> unter Schutz gestellten Wasserlauf<br />
Urteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2072/01<br />
Leitsätze:<br />
1. <strong>Das</strong> Befahren eines als Landschaftsbestandteil unter Schutz gestellten<br />
Wasserlaufs mit Flößen und anderen großen Wasserfahrzeugen<br />
gefährdet den Landschaftsbestandteil, wenn es geeignet<br />
ist, den Wasserlauf als Lebensraum schutzwürdiger Tiere und Pflanzen<br />
zu beeinträchtigen und die natürliche Entwicklung der Flora<br />
und Fauna zu stören. Diese Gefährdung kann ein Befahrensverbot<br />
<strong>für</strong> Flöße und andere Wasserfahrzeuge von mehr als 6 m Länge<br />
oder 1 m Breite rechtfertigen.<br />
2. <strong>Das</strong> Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wird<br />
durch das Befahrensverbot nicht berührt, weil die vom Boots- und<br />
Floßtourismus profitierenden Betriebe lediglich Erwerbschancen<br />
genutzt haben, deren Fortbestand eigentumsrechtlich nicht geschützt<br />
ist.<br />
3. Eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der<br />
Abwägung zu berücksichtigenden Umstände zieht die Nichtigkeit<br />
einer nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnung<br />
nicht nach sich.<br />
Die Antragsteller wenden sich gegen die Verordnung zum Schutz der<br />
Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup, die das Befahren der<br />
Hunte mit Wasserfahrzeugen beschränkt.<br />
<strong>Das</strong> Huntetal zwischen Wildeshausen und Astrup ist im Landes-<br />
Raumordnungsprogramm und im Regionalen Raumordnungsprogramm<br />
des Antragsgegners streckenweise als Vorranggebiet <strong>für</strong> Natur<br />
ZUR 2/2004
OVG Lüneburg, Befahrensbeschränkung <strong>für</strong> unter Schutz gestellten Wasserlauf<br />
und Landschaft dargestellt. Es liegt darüber hinaus im Landschaftsschutzgebiet<br />
»Mittlere Hunte«, das seit 1976 besteht. Die Hunte zwischen<br />
Wildeshausen und Astrup wird seit langem zum Bootsfahren<br />
benutzt. Im Laufe der 90er Jahre nahm der Bootsverkehr erheblich<br />
zu. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre boten auch Fremdenverkehrsbetriebe<br />
organisierte Floßfahrten auf der Hunte an, die insbesondere<br />
bei Gruppenreisenden auf großen Zuspruch stießen. Die<br />
Flöße, die dabei eingesetzt wurden, bestanden aus festen Holzplattformen,<br />
unter denen Auftriebskörper angebracht waren. Sie hatten<br />
eine Größe von ca. 2,50 m x 4,00 m und verfügten über feste Sitzbänke,<br />
die bis zu 16 Personen Platz boten.<br />
Der Boots- und Floßtourismus wurde von den Gemeinden, durch<br />
deren Gebiet die Hunte fließt, erheblich gefördert. So warb die Gemeinde<br />
F. mit einer im April 2000 in Auftrag gegebenen Werbebroschüre<br />
<strong>für</strong> Kanu- und Floßfahrten auf der Hunte. Außerdem förderte<br />
sie die Errichtung einer Anlegestelle <strong>für</strong> Floßfahrer mit ca.<br />
25.000,– DM. Darüber hinaus engagierte sie Gästeführerinnen <strong>für</strong> organisierte<br />
Floßfahrten, an denen jährlich bis zu 1.500 Personen teilnahmen.<br />
Die Antragstellerin zu 1) hat in ihrem Hotel in F. in der Vergangenheit<br />
zahlreiche Reisegruppen beherbergt, die an den von ihr organisierten<br />
Floßfahrten auf der Hunte teilgenommen haben. Im Jahr<br />
2000 haben mehr als 500 Personen bei ihr einen Wochenendaufenthalt<br />
inklusive Floßfahrt gebucht. Der Antragsteller zu 2) hat ebenfalls<br />
an Floßfahrten auf der Hunte zwischen Wildeshausen und<br />
Astrup teilgenommen.<br />
Der Antragsgegner erließ am 16.10.2000 die Verordnung zum<br />
Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup – VO -. Diese<br />
Verordnung, die im Amtsblatt <strong>für</strong> den Regierungsbezirk Weser-Ems<br />
vom 17.11.2000 bekannt gemacht wurde, hat folgenden Wortlaut:<br />
§ 1 Unterschutzstellung<br />
Der in § 3 genannte Gewässerabschnitt der Hunte wird zum geschützten<br />
Landschaftsbestandteil erklärt und der Gemeingebrauch<br />
daran eingeschränkt. Die Verordnung vom 4.11.1976 zum Schutze<br />
von Landschaftsteilen im Gebiet der Stadt Oldenburg und der Landkreise<br />
Oldenburg und Vechta – Landschaftsschutzgebiet Mittlere<br />
Hunte – Nr. OL 141 bleibt unberührt.<br />
§ 2 Schutzzweck<br />
Die Einschränkung des Gemeingebrauchs dient dem Schutz, dem<br />
Erhalt und der weiteren Entwicklung des in § 3 genannten Gewässerabschnitts<br />
als Lebensraum <strong>für</strong> seltene und teilweise in ihrem<br />
Bestand bedrohte, fließgewässertypische Tier- und Pflanzenarten.<br />
§ 3 Räumlicher Geltungsbereich<br />
Diese Verordnung gilt <strong>für</strong> den Abschnitt des Gewässers »Hunte«<br />
zwischen dem Kraftwerk in Wildeshausen und der Überführung der<br />
Kreisstraße 235 »Sandkruger Straße« in Astrup.<br />
§ 4 Schutzbestimmungen<br />
In dem in § 3 genannten Gewässerabschnitt ist das Befahren<br />
ganzjährig mit Wasserfahrzeugen mit mehr als 6 m Länge oder mehr<br />
als 1 m Breite verboten.<br />
In der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juni eines jeden Jahres ist das<br />
Befahren des in § 3 genannten Gewässerabschnitts mit Wasserfahrzeugen<br />
jeder Art verboten.<br />
§ 5 Freistellungen<br />
Freigestellt ist das Befahren im Rahmen der Gewässer- und<br />
Brückenunterhaltung.<br />
§ 6 Befreiungen<br />
Auf Antrag kann der Landkreis von den Verboten des § 4, nach<br />
Maßgabe des § 53 NNatSchG, eine Befreiung erteilen.<br />
Die Befreiung kann mit Bedingungen und Auflagen versehen und<br />
befristet werden.<br />
§ 7 Ordnungswidrigkeiten<br />
Ordnungswidrig gem. § 64 Abs. 1 Nr. des Nieders. Naturschutzgesetzes<br />
handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig, ohne im Besitz einer<br />
ZUR 2/2004<br />
Befreiung zu sein, den in § 3 genannten Gewässerabschnitt entgegen<br />
§ 4 befährt.<br />
Die Ordnungswidrigkeit kann gem. § 65 des Nieders. Naturschutzgesetzes<br />
mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 DM geahndet werden.<br />
§ 8 Inkrafttreten<br />
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in<br />
Kraft.<br />
Am 12.6.2001 haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag<br />
gestellt und beantragt, die Verordnung des Antragsgegners zum<br />
Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup vom<br />
16.10.2000 <strong>für</strong> nichtig zu erklären. Darüber hinaus haben sie beantragt,<br />
§ 4 der Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen<br />
und Astrup bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag<br />
vorläufig außer Vollzug zu setzen. Diesen Antrag hat der<br />
erkennende Senat durch Beschluss vom 24.6.2002 (- 8 MN 42/02 -)<br />
abgelehnt.<br />
Aus den Gründen:<br />
Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber unbegründet.<br />
Der Antrag ist statthaft, weil die Verordnung des Antragsgegners<br />
zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup – VO –<br />
vom 16.10.2000 nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 7 Nds. VwGG<br />
der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.<br />
Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.<br />
Die Antragsteller haben den Normenkontrollantrag innerhalb der 2-<br />
Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO und damit rechtzeitig gestellt.<br />
Sie sind außerdem nach § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO antragsbefugt, weil<br />
sie geltend machen können, durch die Verordnung oder deren Anwendung<br />
in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit<br />
verletzt zu werden.<br />
Für die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne des § 47<br />
Abs. 2 S. 1 VwGO genügt es, wenn die Antragsteller hinreichend substantiiert<br />
Tatsachen vortragen, die es als möglich erscheinen lassen,<br />
dass sie durch die zur Prüfung gestellte Norm in ihren subjektiven<br />
Rechten verletzt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98,<br />
DVBl. 1999 S. 100; Urt. v. 17.12.1998 – 1 CN 1.98, BVerwGE 108,<br />
182, 184; Beschl. v. 17.5.2000 – 6 CN 3.99 -). <strong>Das</strong> ist im vorliegenden<br />
Fall geschehen.<br />
Die Antragstellerin zu 1) hat vorgetragen, in den Jahren vor dem<br />
Inkrafttreten der umstrittenen Verordnung Aufenthalte in ihrem Hotel<br />
einschließlich der Teilnahme an von ihr organisierten Floßfahrten<br />
auf der Hunte angeboten zu haben. Dieses Angebot sei im Jahre<br />
2000 von 28 Gruppen mit mehr als 500 Personen in Anspruch genommen<br />
worden. Daher erscheint es als möglich, dass die Antragstellerin<br />
zu 1) durch die Verordnung in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 GG<br />
geschützten Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit verletzt<br />
wird, das auch die Organisation und Durchführung von Floßfahrten<br />
umfasst (Senatsbeschl. v. 24.6.2002 – 8 MN 42/02 -). Dem kann der<br />
Antragsgegner nicht entgegenhalten, dass die Verordnung lediglich<br />
deklaratorischen Charakter habe, soweit sie das gewerbliche Befahren<br />
der Hunte mit Flößen betreffe. Die Schutzbestimmungen des § 4<br />
VO geben nämlich nichts da<strong>für</strong> her, dass sie sich nicht auch auf gewerblich<br />
organisierte Floßfahrten auf der Hunte erstrecken.<br />
Der Antragsteller zu 2) kann ebenfalls einen Verstoß gegen Art. 2<br />
Abs. 1 GG geltend machen, weil er vor Inkrafttreten der umstrittenen<br />
Verordnung an Floßfahrten auf der Hunte zwischen Wildeshausen<br />
und Astrup teilgenommen hat und beabsichtigt, dies auch in<br />
Zukunft zu tun.<br />
Der Normenkontrollantrag ist indessen unbegründet, weil die Verordnung<br />
zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup<br />
mit höherrangigem Recht im Einklang steht.<br />
Anhaltspunkte da<strong>für</strong>, dass die Verordnung wegen formeller Mängel<br />
nichtig sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die<br />
Verordnung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.<br />
103
Rechtsprechung<br />
Der Antragsgegner hat die Hunte zwischen Wildeshausen und<br />
Astrup nach § 28 Abs. 1 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes<br />
– NNatSchG – vom 20. 3.1981 (Nds. GVBl. S. 31), zuletzt geändert<br />
durch Gesetz vom 27.1.2003 (Nds. GVBl. S. 39), zum geschützten<br />
Landschaftsbestandteil erklärt. Diese Unterschutzstellung begegnet<br />
keinen rechtlichen Bedenken.<br />
Nach § 28 Abs. 1 NNatSchG können Bäume, Hecken, Wasserläufe<br />
und andere Landschaftsbestandteile einzeln oder allgemein in einem<br />
bestimmten Gebiet geschützt werden, wenn sie 1.) das Orts- oder<br />
Landschaftsbild beleben oder gliedern, 2.) zur Leistungsfähigkeit des<br />
Naturhaushalts beitragen oder 3.) das Kleinklima verbessern oder<br />
schädliche Einwirkungen abwehren. Diese Voraussetzungen liegen<br />
hier vor.<br />
Bei dem in § 3 VO bezeichneten Abschnitt der Hunte handelt es<br />
sich um einen Teil eines Wasserlaufs und damit um einen Landschaftsbestandteil<br />
im Sinne des § 28 Abs. 1 NNatSchG (vgl. Louis,<br />
Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Kommentar, § 28 Rn. 2). Dieser<br />
Landschaftsbestandteil ist auch schützwürdig, weil er das Landschaftsbild<br />
belebt (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 NNatSchG) und zur Leistungsfähigkeit<br />
des Naturhaushalts beiträgt (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 NNatSchG).<br />
<strong>Das</strong>s ein Fluss wie die Hunte, der auch heute noch relativ naturnah<br />
ist und teilweise stark mäandriert, das Landschaftsbild belebt, liegt<br />
auf der Hand und bedarf daher keiner näheren Begründung. Die<br />
Hunte trägt aber auch zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts bei,<br />
weil sie einer schutzwürdigen und schutzbedürftigen Flora und Fauna<br />
Lebensraum bietet.<br />
Die Hunte ist nach den Angaben des Gewässerkundlichen Landesdienstes<br />
des Niedersächsischen Landesbetriebs <strong>für</strong> Wasserwirtschaft<br />
und Küstenschutz – Betriebsstelle Brake – in seiner vom Antragsgegner<br />
überreichten Stellungnahme vom 24.6.2003 zwischen<br />
Wildeshausen und Oldenburg ein relativ naturnahes Gewässer. Sie<br />
ist durchschnittlich ca. 15 m breit, wegen der Ufergehölze und umgestürzter<br />
Bäume aber streckenweise nur auf einer Breite von 5 m befahrbar.<br />
<strong>Das</strong> Totholz, das ein wertvolles Siedlungs- und Eiablagesubstrat<br />
<strong>für</strong> viele Wasserorganismen darstellt, wird im Sommer<br />
regelmäßig nur sehr flach überströmt. Gleiches gilt <strong>für</strong> die zahlreichen<br />
Kies- und Sandbänke in der Hunte, die von gefährdeten Fließwasser-Wirbellosen,<br />
die sehr arten- und individuenreich sind, besiedelt<br />
werden. Die Stein- und Kiesbänke stellen auch wertvolle Laichund<br />
Lebensräume <strong>für</strong> gefährdete Fließwasserfische, insbesondere<br />
Kieslaicher wie Lachs, Meerforelle, Meer-, Fluss- und Bachneunauge<br />
sowie Koppe dar.<br />
<strong>Das</strong>s die Hunte einer schutzwürdigen und schutzbedürftigen<br />
Fauna Lebensraum bietet, belegt auch die »Limnologische Studie<br />
zur Sanierung der Hunte unterhalb von Wildeshausen« des Staatlichen<br />
Amtes <strong>für</strong> Wasser und Abfall Brake vom Dezember 1991.<br />
Nach dieser Studie wird der Fließbereich der Hunte von einer sehr<br />
artenreichen Fauna besiedelt. Dazu gehören u. a. 230 Wirbellosenarten<br />
wie Schnecken, Muscheln, Libellen und Fliegen, von denen<br />
43 in der »Roten Liste der gefährdeten oder vom Aussterben bedrohten<br />
Tierarten« aufgeführt sind. Außerdem haben gefährdete<br />
Fische und Vögel wie Koppe, Eisvogel und Wasseramsel dort ihren<br />
Lebensraum. Der Studie ist auch zu entnehmen, dass die Siedlungsdichte<br />
der aus ökologischer Sicht besonders bedeutsamen<br />
und gefährdeten Arten in der Hunte sehr hoch ist.<br />
Der Abschlussbericht zum BMFT-Forschungsvorhaben »Modellhafte<br />
Erarbeitung eines ökologisch begründeten Sanierungskonzeptes<br />
kleiner Fließgewässer am Beispiel der Hunte«, der sich u. a. auf einen<br />
Abschnitt des Gewässers nördlich der Bundesautobahn A 1<br />
erstreckt, bestätigt ebenfalls das Vorkommen der in der »Roten Liste«<br />
aufgeführten Fischarten Steinbeißer, Koppe und Bachneunauge (Abschlussbericht<br />
Nr. 3.1) und verschiedener Libellenarten wie der gefährdeten<br />
Gemeinen Keiljungfer (Abschlussberichte Nr. 5.1 und<br />
Nr. 5.2). Nach dem Abschlussbericht Nr. 7 kommt der Hunte auch er-<br />
104<br />
hebliche Bedeutung <strong>für</strong> die Vogelfauna zu, da dort 69 Vogelarten<br />
anzutreffen sind. Der Bericht bestätigt, dass die Strecke der Hunte<br />
nördlich der Bundesautobahn A 1 insbesondere während der Fortpflanzungsperiode<br />
u. a. Flussregenpfeifern, Flussuferläufern und Eisvögeln,<br />
die auf der »Roten Liste« stehen, einen Lebensraum bietet,<br />
weil die Hunte dort wegen der starken Flussdynamik zahlreiche Abbruchkanten<br />
und trockenliegende Sandbänke aufweist und mäandriert.<br />
Darüber hinaus ist dem Abschlussbericht Nr. 2.1 zu entnehmen,<br />
dass die Wasservegetation nördlich der Bundesautobahn A 1<br />
arten- und wuchsformenreich ist und eine hervorragende Basis <strong>für</strong><br />
die Besiedlung flussabwärts gelegener Gewässerabschnitte darstellt.<br />
<strong>Das</strong>s der gefährdete Eisvogel im Bereich der mittleren Hunte<br />
brütet, belegt auch die Stellungnahme von Dr. G. vom Institut <strong>für</strong><br />
Naturschutz und Umweltbildung der Hochschule Vechta zu den<br />
»Auswirkungen der Befahrensregelung auf den Eisvogelbestand an<br />
der mittleren Hunte zwischen Wildeshausen und dem Barneführer<br />
Holz« vom 14.6.2003. Nach den Beobachtungen von Dr. G. sind<br />
am Hunte-Mittellauf auch Flussuferläufer, Grünspechte, Kleinspechte,<br />
Gartenrotschwänze und Nachtigallen als Brut- und Gastvogelarten<br />
anzutreffen.<br />
Die Stellungnahme der Bezirksregierung Weser-Ems zur Befahrensregelung<br />
aus der Sicht des Artenschutzes vom 21.2.2000 bestätigt<br />
ebenfalls, dass in der Hunte zwischen Wildeshausen und<br />
Astrup zahlreiche in ihrem Bestand gefährdete Tierarten vorkommen.<br />
Danach sind dort u. a. Bachneunaugen, die zu den nach der<br />
Bundesartenschutzverordnung besonders geschützten Fischarten<br />
gehören, Koppen, Steinbeißer, verschiedene nach der Bundesartenschutzverordnung<br />
geschützte Libellenarten, Eintagsfliegen, Steinfliegen<br />
und Süßwassermuscheln, die an Mikrohabitate des Sohl- und<br />
Ufersubstrats und das Vorkommen einer krautreichen Ufervegetation<br />
gebunden sind, nachgewiesen worden.<br />
Diese Feststellungen stellen eine ausreichende Grundlage <strong>für</strong> die<br />
Beurteilung der Schutzwürdigkeit der Flora und Fauna in der Hunte<br />
dar. Sie sind zwar teilweise mehr als 10 Jahre alt. Es bestehen jedoch<br />
keine begründeten Anhaltspunkte da<strong>für</strong>, dass sich die Verhältnisse<br />
an der Hunte, die seit 1967 unter Landschaftsschutz steht, seitdem<br />
nennenswert verändert haben. Außerdem belegen die Stellungnahmen<br />
des Gewässerkundlichen Landesdienstes des Niedersächsischen<br />
Landesbetriebs <strong>für</strong> Wasserwirtschaft und Küstenschutz vom<br />
24.6.2003 und der Bezirksregierung Weser-Ems vom 21.2.2000 das<br />
Vorhandensein einer schutzwürdigen Flora und Fauna. <strong>Das</strong>s sich der<br />
mit der erforderlichen Sachkunde ausgestattete Gewässerkundliche<br />
Landesdienst auch auf Erfassungen des Tierbestands in den Jahren<br />
1988 und 1989 bezieht, bestätigt ebenfalls, dass diese Feststellungen<br />
nicht überholt sind. Außerdem liegen bezüglich der Vogelfauna Erkenntnisse<br />
aus den Jahren 2002 und 2003 vor (vgl. die Stellungnahme<br />
von Dr. G. vom 14.6.2003), die im Normenkontrollverfahren zu<br />
berücksichtigen sind, weil die Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen<br />
Entscheidung <strong>für</strong> die Rechtmäßigkeit der Verordnung maßgeblich<br />
ist (vgl. Senatsurt. v. 25.9.2003 – 8 KN 2044/01 -; Eyermann,<br />
VwGO, Kommentar, 11. Aufl., § 47 Rn. 11; Kopp/Schenke, VwGO,<br />
Kommentar, 13. Aufl., § 47 Rn. 117).<br />
Demzufolge war der Antragsgegner befugt, die Hunte nach § 28<br />
Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 NNatSchG zum geschützten Landschaftsbestandteil<br />
zu erklären.<br />
Die in § 4 VO enthaltenen Verbote sind ebenfalls mit höherrangigem<br />
Recht vereinbar.<br />
§ 4 Abs. 1 VO verbietet das ganzjährige Befahren der Hunte zwischen<br />
Wildeshausen und Astrup mit Wasserfahrzeugen von mehr als<br />
6 m Länge oder mehr als 1 m Breite. Dieses Verbot, das insbesondere<br />
Floßfahrten betrifft, wird durch § 28 Abs. 3 S. 1 NNatSchG gedeckt,<br />
der die Naturschutzbehörde ermächtigt, alle Handlungen zu<br />
untersagen, die den geschützten Landschaftsbestandteil schädigen,<br />
gefährden oder verändern. Denn das Befahren der Hunte mit Flößen<br />
ZUR 2/2004
OVG Lüneburg, Befahrensbeschränkung <strong>für</strong> unter Schutz gestellten Wasserlauf<br />
oder anderen großen Wasserfahrzeugen gefährdet den geschützten<br />
Landschaftsbestandteil, weil es geeignet ist, die Hunte als Lebensraum<br />
schutzwürdiger Tiere und Pflanzen zu beeinträchtigen und die<br />
natürliche Entwicklung der Flora und Fauna zu stören. Wie bereits<br />
ausgeführt bietet die Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup<br />
zahlreichen gefährdeten Tierarten wie z. B. den Vogelarten Flussuferläufer,<br />
Eisvogel und Wasseramsel, der Libellenart Gemeine Keiljungfer<br />
und den Fischarten Steinbeißer, Koppe und Bachneunauge<br />
einen Lebensraum. Dieser Lebensraum wird durch das Befahren des<br />
Gewässers mit größeren Wasserfahrzeugen wie Flößen gefährdet und<br />
beeinträchtigt.<br />
Der Antragsgegner hat zutreffend dargelegt, dass Flöße über keine<br />
Antriebs- und Steuerungseinrichtungen verfügen, Strömungen und<br />
Strudeln ausgesetzt sind und daher mit Stangen auf Kurs gehalten<br />
werden müssen. <strong>Das</strong> hat zur Folge, dass die Gewässersohle beim Befahren<br />
der Hunte mit Flößen immer wieder berührt wird. Außerdem<br />
sind Grundberührungen bei niedrigem Wasserstand oder in<br />
flachen Wasserzonen zu erwarten, weil Flöße, die mit Auftriebskörpern<br />
versehen und in der Regel mit vielen Personen besetzt sind, einen<br />
nicht unerheblichen Tiefgang haben. Darüber hinaus kommt<br />
es immer wieder zu Uferberührungen, weil Flöße insbesondere in<br />
der Querströmung der Kurvenbereiche kaum zu manövrieren sind<br />
und die Hunte in dem unter Schutz gestellten Abschnitt relativ<br />
schmal ist, zahlreiche Hindernisse aufweist und teilweise stark<br />
mäandriert. Durch die mechanischen Einwirkungen der Bootskörper,<br />
Stangen und Paddel auf den Gewässergrund und die damit verbundene<br />
Aufwirbelung von Feinsand und Schlamm werden nicht<br />
nur die Wirbellosen, die in den flachen Wasserzonen und auf den<br />
zahlreichen Sandbänken in der Hunte vorkommen, sondern auch<br />
die Fischarten, die wie Lachs, Meerforelle, Bachneunauge und Koppe<br />
das Kiesbett des Gewässers zur Aufzucht ihrer Brut nutzen, geschädigt.<br />
Darüber hinaus kommt es zu Schädigungen der Wasserpflanzen<br />
im Gewässerbett. Außerdem wird die Ufervegetation<br />
geschädigt und damit der Lebensraum der Vögel, die dort brüten,<br />
rasten oder Nahrung suchen, beeinträchtigt. Schädigungen der<br />
Ufervegetation und der Gewässersohle sind auch zu erwarten, wenn<br />
die Flöße zu Wasser gelassen und aus dem Wasser gezogen werden.<br />
Außerdem werden die Tiere, die sich an den Sandbänken und Uferböschungen<br />
der Hunte aufhalten, durch den Lärm gestört, der von<br />
den Benutzern größerer Wasserfahrzeuge wie Flöße erfahrungsgemäß<br />
ausgeht.<br />
Derartige Störungen werden durch die Stellungnahme des Gewässerkundlichen<br />
Landesdienstes des Niedersächsischen Landesbetriebs<br />
<strong>für</strong> Wasserwirtschaft und Küstenschutz – Betriebsstelle Brake – vom<br />
24.6.2003 bestätigt. Ihr ist zu entnehmen, dass die Hunte in dem hier<br />
interessierenden Abschnitt aufgrund der geringen und stark schwankenden<br />
Wasserspiegelbreite, der vielen Hindernisse und der oft sehr<br />
engen Kurvenradien mit größeren Fahrzeugen wie z. B. Flößen nur<br />
unter erheblichen Schäden an den Uferböschungen und deren Vegetation<br />
sowie an den ökologisch und flussmorphologisch besonders<br />
wertvollen Kies- und Steinbänken und Totholzstrukturen befahren<br />
werden kann. Die Stellungnahme der Bezirksregierung Weser-Ems zur<br />
Befahrensregelung vom 21.2.2000 bestätigt ebenfalls, dass bei Floßfahrten<br />
Beeinträchtigungen der Ufervegetation und der in der Hunte<br />
lebenden gefährdeten Tierarten nicht vermieden werden können.<br />
Diese Gefährdungen und Beeinträchtigungen der Flora und Fauna<br />
rechtfertigen das Befahrensverbot <strong>für</strong> Flöße und <strong>für</strong> andere Wasserfahrzeuge,<br />
die die in § 4 Abs. 1 VO aufgeführte Größe überschreiten.<br />
Dem können die Antragsteller nicht entgegenhalten, dass allenfalls<br />
ein präventives Verbot des Floßfahrens mit Erlaubnisvorbehalt<br />
angemessen wäre. Den Antragstellern ist zwar einzuräumen, dass<br />
repressive Verbote ohne Erlaubnisvorbehalt nur dann zulässig sind,<br />
wenn von vornherein feststeht, dass die verbotenen Maßnahmen<br />
den geschützten Landschaftsbestandteil schädigen, gefährden oder<br />
ZUR 2/2004<br />
verändern, da landschaftsschutzrechtliche Verbote nicht weiterreichen<br />
dürfen, als es im Interesse der gesetzlich anerkannten Schutzgüter<br />
erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.7.1956 – 1 C 61.54,<br />
Buchholz 406.40, § 24 NNatSchG Nr. 3, m.w.N.; Senatsurt. v.<br />
25.4.2002 – 8 KN 230/01, NVwZ-RR 2002, 568; Senatsurt. v.<br />
24.8.2001 – 8 KN 41/01, NVwZ-RR 2002, 343.; Bay.VGH, Urt. v.<br />
1.8.1988 – 9 N 87.01708, NuR 1988, 182; Blum/Agena/Franke, § 26<br />
Rn. 10 a, m.w.N.). <strong>Das</strong> Befahren der Hunte mit Wasserfahrzeugen,<br />
die die in § 4 Abs. 1 VO genannte Größe überschreiten und daher<br />
nur schwer zu steuern sind, führt aber generell zu einer Gefährdung<br />
des unter Schutz gestellten Gewässerabschnitts als Lebensraum<br />
einer schutzbedürftigen Flora und Fauna. Daher kann nicht<br />
beanstandet werden, dass die Verordnung keine präventiven Verbote<br />
mit Erlaubnisvorbehalt, sondern repressive Verbote enthält.<br />
Die Antragsteller können auch nicht einwenden, dass Beeinträchtigungen<br />
der Uferböschungen nicht zu berücksichtigen seien, weil<br />
der Antragsgegner nur das Gewässerbett der Hunte geschützt habe.<br />
Denn diese Annahme ist unzutreffend. Der Antragsgegner hat einen<br />
Abschnitt der Hunte zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt<br />
und damit das gesamte Gewässer in diesem Abschnitt unter Schutz<br />
gestellt. Dieses umfasst aber nicht nur die Gewässersohle, sondern<br />
auch das Ufer bis zur Böschungsoberkante, d. h. bis zu der Linie, an<br />
der die Eintiefung der Erdoberfläche beginnt (vgl. Haupt/Reffken/Rhode,<br />
Niedersächsisches Wassergesetz, Kommentar, § 98 Rn. 3). Daher<br />
sind auch die Uferböschungen der Hunte geschützt.<br />
§ 4 Abs. 2 VO, der das Befahren des Gewässerabschnitts zwischen<br />
dem 1. April und dem 15. Juni eines jeden Jahres mit Wasserfahrzeugen<br />
jeder Art untersagt, ist ebenfalls von § 28 Abs. 3 S. 1 NNat-<br />
SchG gedeckt. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen,<br />
dass die Tiere, die in der Hunte ihren Lebensraum haben, in der Brutund<br />
Setzzeit, die in den o. g. Zeitraum fällt, wegen der erhöhten<br />
Störanfälligkeit auch durch das Befahren mit kleinen Wasserfahrzeugen<br />
gefährdet werden. <strong>Das</strong> gilt nicht nur <strong>für</strong> die Vögel, die wie z.<br />
B. der Eisvogel und die Wasseramsel in dieser Zeit in den Uferböschungen<br />
der Hunte brüten, sondern auch <strong>für</strong> die Fische, die wie<br />
Bachneunauge, Flussneunauge, Koppe und Steinbeißer zwischen<br />
dem 1. April und dem 15. Juni auf den Sand- und Kiesbänken der<br />
Hunte laichen. Daher findet auch das Verbot des § 4 Abs. 2 VO in<br />
§ 28 Abs. 3 S. 1 NNatSchG seine Rechtsgrundlage.<br />
Die Verbote der Verordnung sind zur Erreichung des Schutzzwecks<br />
auch geeignet, weil die Einschränkung des Befahrens der Hunte zwischen<br />
Wildeshausen und Astrup ein taugliches Mittel ist, den Gewässerabschnitt<br />
als Lebensraum von Tier- und Pflanzenarten zu<br />
schützen. Dem können die Antragsteller nicht entgegenhalten, dass<br />
das Befahrensverbot <strong>für</strong> große Wasserfahrzeuge zur Folge habe, dass<br />
vermehrt kleine Wasserfahrzeuge genutzt würden. Denn dieses Verbot<br />
dient ausschließlich dazu, die Beeinträchtigungen des Gewässers,<br />
die das Befahren mit großen Wasserfahrzeugen zur Folge hat, zu verhindern.<br />
Daher lassen sich Zweifel an der Eignung des in § 4 Abs. 1<br />
VO enthaltenen Verbots nicht damit begründen, dass es zu einer<br />
stärkeren Nutzung kleinerer Wasserfahrzeuge komme. Die Verbote<br />
sich auch erforderlich, weil mildere Mittel, die ebenso geeignet sind,<br />
den Schutzzweck zu verwirklichen, nicht zur Verfügung stehen. Entgegen<br />
der Annahme der Antragsteller stellt ein auf bestimmte Tageszeiten<br />
beschränktes Befahrensverbot kein gleichermaßen taugliches<br />
Mittel dar. Die Befahrensverbote lassen sich auch nicht durch eine<br />
Registrierungs- und Kennzeichnungspflicht der Wasserfahrzeuge,<br />
eine Kontingentierung der Fahrzeuge, eine Pflicht zum Mitführen<br />
von geschulten Begleitpersonen bei Floßfahrten, Befahrensverbote<br />
bei niedrigem Wasserstand, Anlegeverbote in bestimmten Bereichen<br />
oder die Verpflichtung, nur an gekennzeichneten Anlegestellen die<br />
Wasserfahrzeuge zu besteigen bzw. zu verlassen, gleichwertig ersetzen.<br />
Diese Maßnahmen würden die zu erwartenden Gefährdungen<br />
und Beeinträchtigungen der Flora und Fauna allenfalls einschrän-<br />
105
Rechtsprechung<br />
ken, aber nicht ausschließen.<br />
Die Verbote erweisen sich auch als verhältnismäßig, weil die Belange<br />
des Naturschutzes, denen sie Rechnung tragen, den Interessen<br />
der Boots- und Floßfahrer, der vom Boots- und Floßtourismus profitierenden<br />
Betriebe und der Gemeinden vorgehen. Dabei ist zu<br />
berücksichtigen, dass die zuletzt genannten Interessen nur teilweise<br />
zurückstehen müssen, weil die Verbote der Verordnung die Wassersportler<br />
und Touristen nicht daran hindern, die Hunte während des<br />
größten Teils des Jahres mit kleinen Wasserfahrzeugen zu befahren.<br />
Da viele derjenigen, die die Hunte in der Vergangenheit mit Flößen<br />
oder anderen großen Wasserfahrzeugen befahren haben, auf kleine<br />
Wasserfahrzeuge umsteigen können, sind auch die Auswirkungen<br />
der Verbote auf die vom Bootstourismus profitierenden Betriebe begrenzt.<br />
Abgesehen davon haben deren Belange ohnehin nicht das<br />
Gewicht, das ihnen die Antragstellerin zu 1) beimisst. Ihr Recht am<br />
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wird durch das teilweise<br />
Befahrensverbot nämlich nicht berührt, weil die vom Bootstourismus<br />
profitierenden Betriebe lediglich Erwerbschancen genutzt<br />
haben, deren Fortbestand eigentumsrechtlich nicht geschützt ist<br />
(vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.5.1988 – 2 BvR 579/81, BVerfGE 78, 205,<br />
211; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 7.9.1994 – 5 S 2108/94, NVwZ-RR<br />
1995, 323).<br />
Weiterhin lässt sich kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz<br />
des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Die vom Antragsgegner vorgenommene<br />
Differenzierung zwischen Wasserfahrzeugen von mehr<br />
als 6 m Länge oder mehr als 1 m Breite und kleineren Wasserfahrzeugen<br />
ist bei der hier nur möglichen generalisierenden und typisierenden<br />
Betrachtungsweise nicht zu beanstanden. <strong>Das</strong> Befahren der<br />
Hunte mit kleinen Wasserfahrzeugen wie z. B. Kanus hat bei weitem<br />
nicht so negative Auswirkungen auf die dort vorkommende Flora<br />
und Fauna wie das Befahren mit großen Wasserfahrzeugen wie z. B.<br />
Flößen, weil kleine Wasserfahrzeuge leichter und genauer gesteuert<br />
werden können, weniger anfällig <strong>für</strong> Berührungen der Uferböschungen<br />
sind und seltener den Grund berühren. Daher besteht ein<br />
sachlicher Grund <strong>für</strong> eine unterschiedliche Behandlung kleiner und<br />
großer Wasserfahrzeuge. <strong>Das</strong>s der Antragsgegner die Grenze bei 6 m<br />
Länge oder 1 m Breite gezogen hat, begegnet ebenfalls keinen Bedenken,<br />
da Fahrzeuge, die diese Maße überschreiten, im allgemeinen<br />
schwer steuerbar sind.<br />
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt auch<br />
nicht darin, dass der Antragsgegner andere Nutzungen der Hunte,<br />
wie z. B. das Schwimmen, die Jagd und die Fischerei, nicht untersagt<br />
hat. Denn die Auswirkungen dieser Betätigungen auf die Flora und<br />
Fauna in der Hunte sind mit denen, die auf das Befahren des Gewässers<br />
mit Wasserfahrzeugen zurückzuführen sind, nicht vergleichbar.<br />
Daher kann von einer willkürlichen Ungleichbehandlung keine<br />
Rede sein.<br />
Die Schutzbestimmungen des § 4 VO sind ferner nicht deshalb zu<br />
beanstanden, weil sie nach § 2 VO nicht nur dem Schutz und dem<br />
Erhalt, sondern auch der weiteren Entwicklung des Gewässerabschnitts<br />
als Lebensraum <strong>für</strong> bestimmte Tier- und Pflanzenarten dienen.<br />
Den Antragstellern ist zwar einzuräumen, dass eine Verordnung<br />
nach § 28 NNatSchG nur zum Schutz von Landschaftsbestandteilen<br />
erlassen werden kann. Der Schutz eines Landschaftsbestandteils als<br />
Lebensraum bestimmter Tier- und Pflanzenarten fördert aber auch<br />
dessen weitere Entwicklung, so dass dagegen, dass § 2 VO auch die<br />
weitere Entwicklung des Gewässerabschnitts erwähnt, nichts zu erinnern<br />
ist. Abgesehen davon werden die Verbote der Verordnung allein<br />
durch den Zweck gedeckt, den Gewässerabschnitt als Lebensraum<br />
<strong>für</strong> bestimmte Tier- und Pflanzenarten zu schützen und zu<br />
erhalten.<br />
Die Befahrensverbote sind auch nicht deshalb rechtswidrig, weil<br />
sie den durch § 73 Abs. 1 S. 1 des Niedersächsischen Wassergesetzes<br />
– NWG – garantierten Gemeingebrauch an natürlichen fließenden<br />
106<br />
Gewässern teilweise einschränken. Denn nach § 28 c NNatSchG<br />
können in Verordnungen nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG auch Regelungen<br />
über den Gemeingebrauch an Gewässern getroffen werden.<br />
Von dieser Möglichkeit hat der Antragsgegner Gebrauch gemacht,<br />
da er den Gemeingebrauch zum Schutz, zum Erhalt und zur<br />
weiteren Entwicklung der Hunte als Lebensraum <strong>für</strong> teilweise in<br />
ihrem Bestand bedrohte Tier- und Pflanzenarten eingeschränkt hat.<br />
Daher steht § 73 Abs. 1 S. 1 NWG den Verboten des § 4 VO nicht entgegen.<br />
Die Antragsteller können der Verordnung weiterhin nicht entgegenhalten,<br />
dass diese ihren räumlichen Geltungsbereich nicht hinreichend<br />
eindeutig bezeichne. Nach § 3 VO gilt die Verordnung <strong>für</strong><br />
den Abschnitt der Hunte zwischen dem Kraftwerk in Wildeshausen<br />
und der Überführung der Kreisstraße 235 in Astrup. Dadurch werden<br />
der Anfangs- und der Endpunkt des geschützten Gewässerabschnitts<br />
hinreichend konkret bestimmt. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf<br />
hingewiesen, dass die Verordnung den Gewässerabschnitt, der<br />
zwischen den baulichen Anlagen des Kraftwerks in Wildeshausen<br />
und der Brücke in Astrup liegt, schützt. Daher ist es den von der Verordnung<br />
Betroffenen möglich, die Grenze des unter Schutz gestellten<br />
Gebiets vor Ort zweifelsfrei zu bestimmen.<br />
Der Einwand der Antragsteller, dass die Verordnung möglicherweise<br />
deshalb rechtswidrig sei, weil die Ausdehnung des Gewässers<br />
aufgrund der Instabilität der Uferböschungen nicht unwesentlichen<br />
Veränderungen unterliege, ist ebenfalls unbegründet. Da sich die<br />
Verordnung auf das Gewässer erstreckt, ist deren Geltungsbereich<br />
hinreichend bestimmt. Kommt es zu Uferabbrüchen, kann sich der<br />
Geltungsbereich der Verordnung zwar geringfügig verändern, weil<br />
das zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärte Gewässer nicht<br />
nur die Gewässersohle, sondern auch das Ufer bis zur Böschungsoberkante<br />
umfasst. Derartige geringfügige Veränderungen liegen<br />
aber in der Natur der Sache und stellen die Rechtmäßigkeit der Verordnung<br />
nicht in Frage, weil es ansonsten entgegen § 28 Abs. 1<br />
NNatSchG nicht möglich wäre, Wasserläufe als Landschaftsbestandteile<br />
unter Schutz zu stellen.<br />
Die Antragsteller können auch nicht mit Erfolg geltend machen,<br />
dass der Antragsgegner beim Erlass der Verordnung ihre Belange<br />
nicht berücksichtigt habe. § 28 Abs. 1 NNatSchG knüpft die Unterschutzstellung<br />
von Landschaftsbestandteilen an bestimmte normativ<br />
vorgegebene Voraussetzungen, deren Vorliegen die Naturschutzbehörde<br />
zu prüfen hat. Der ihr danach verbleibende<br />
Handlungsspielraum ist in erster Linie durch eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz<br />
verpflichtete Würdigung der Interessen des<br />
Natur- und Landschaftsschutzes auf der einen und der gegenläufigen<br />
Interessen auf der anderen Seite geprägt (vgl. Senatsurt. v.<br />
24.8.2001 – 8 KN 209/01, NuR 2002, 99). Eine derartige Würdigung<br />
der sich gegenüberstehenden Interessen hat der Antragsgegner vorgenommen.<br />
Ausweislich der Verwaltungsvorgänge hat er die Interessen<br />
der Boots- und Floßfahrer, der vom Boots- und Floßtourismus<br />
profitierenden Betriebe und der Gemeinden in seine Erwägungen<br />
einbezogen und bei der Abwägung berücksichtigt. Daher kann keine<br />
Rede davon sein, dass die Interessen der Antragsteller beim Erlass<br />
der Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und<br />
Astrup keine Berücksichtigung gefunden hätten.<br />
Die Verordnung über den Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen<br />
und Astrup wäre schließlich auch dann nicht zu beanstanden,<br />
wenn die Behauptung der Antragsteller zuträfe, dass der Antragsgegner<br />
den abwägungsrelevanten Sachverhalt nicht umfassend ermittelt<br />
habe. Eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung<br />
der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände zieht die<br />
Nichtigkeit einer nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnung<br />
nicht nach sich (vgl. Senatsurt. v. 24.8.2001, a.a.O.). <strong>Das</strong><br />
wäre nur dann der Fall, wenn die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit<br />
planerischer Entscheidung gestellt werden (vgl. dazu<br />
ZUR 2/2004
OVG Münster, Abfallablagerungsverordnung<br />
BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 – 4 C 79.76 u.a., BVerwGE 56, 110, 122 f.),<br />
auch <strong>für</strong> Verordnungen, die nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassen<br />
werden, gelten würden. <strong>Das</strong> ist jedoch zu verneinen, weil die<br />
dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der<br />
sich gegenüberstehenden Interessen, die den Handlungsspielraum<br />
der Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 – 4 B<br />
102/88, NVwZ 1988, 1020), mit der Abwägung aller in Betracht kommenden<br />
Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch ist<br />
(BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urt. v.<br />
14.12.2000 – 3 K 4802/99 –). Daher kommt es ausschließlich darauf<br />
an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die<br />
Unterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden<br />
ist (Senatsurt. v. 24.8.2001, a.a.O.). <strong>Das</strong> ist hier aus den bereits<br />
dargelegten Gründen aber nicht der Fall.<br />
OVG Münster<br />
Abfallablagerungsverordnung setzt sich gegen abweichende Deponiezulassungen<br />
durch<br />
Urteil vom 28. Oktober 2003 – 20 D 116/01.AK<br />
Sachverhalt der Redaktion:<br />
Die Klägerin betreibt eine Siedlungsabfalldeponie. Mit Änderungsbescheid<br />
zum Planfeststellungsbeschluss vom Mai 1999 legte die Beklagte<br />
auf Antrag der Klägerin die sog. Zuordnungswerte, die den<br />
zulässigen – problematischen – Organikgehalte der Abfälle begrenzen,<br />
deutlich höher fest, als es die seinerzeit allein einschlägigen Bestimmungen<br />
der TA Siedlungsabfall und nunmehr die entsprechenden<br />
Regelungen der Abfallablagerungsverordnung vorsehen. Unter<br />
Verweis auf eben diese Regelungen lehnte die Beklagte einen Antrag<br />
der Klägerin vom Mai 2001 ab, weitere, bisher nicht von der Planfeststellung<br />
umfasste Abfallarten zur Ablagerung unter Anwendung<br />
der erhöhten Zuordnungswerte zuzulassen. Ferner bestimmte sie im<br />
November 2001 gegen die Klägerin, dass ab dem 1.6.2005 insgesamt<br />
die Zuordnungskriterien der Deponieklasse II nach Anhang 1 der Abfallablagerungsverordnung<br />
einzuhalten seien. Die Klägerin begehrt<br />
daraufhin die Feststellung, dass sie auch nach diesem Zeitpunkt berechtigt<br />
bleibe, gemäß den höheren Zuordnungswerten des Änderungsbescheides<br />
vom Mai 1999 abzulagern.<br />
Aus den Gründen:<br />
(...) Die Feststellungsklage ist unbegründet. Die von der Klägerin <strong>für</strong><br />
maßgeblich gehaltenen, auf die zur Ablagerung freigegebenen Abfälle<br />
bezogenen Kriterien aus dem Planfeststellungsbeschluss vom<br />
29.8.1995 nebst den dazu ergangenen bestandskräftigen Änderungsbescheiden<br />
sind durch das – die Anforderungen des Kreislaufwirtschafts-<br />
und Abfallgesetzes an die Gemeinwohlverträglichkeit<br />
der Abfallablagerung konkretisierende – normative Regelungssystem<br />
der Abfallablagerungsverordnung und der Deponieverordnung<br />
(DepV) überholt, und die von der Klägerin <strong>für</strong> weiterhin maßgeblich<br />
erachteten Kriterien des Abfalls erfordern eine Ablagerung auf einer<br />
Deponie, an die Anforderungen zu stellen sind, denen die Deponie<br />
der Klägerin nicht vollständig genügt.<br />
Die Zulässigkeit der Ablagerung von Abfällen auf der Deponie<br />
der Klägerin unter Ausschöpfung der in dem Bescheid vom<br />
11.5.1999 genehmigten Zuordnungskriterien bestimmt sich nach<br />
dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, wonach Abfälle, die<br />
nicht verwertet werden, gemeinwohlverträglich zu beseitigen<br />
sind, § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG, und nach den zur Festlegung der<br />
konkreten Anforderungen an eine gemeinwohlverträgliche Abfallablagerung<br />
erlassenen Verordnungen. Die Deponieverordnung<br />
ZUR 2/2004<br />
und die Abfallablagerungsverordnung ergeben im Zusammenspiel;<br />
vgl. zur sachlichen Zusammengehörigkeit der Verordnungen:<br />
BR-Drs. 231/02, S. 52 .<br />
ein in sich geschlossenes System, das mit Blick auf jede denkbare<br />
Abfallablagerung Deponieklassen vorgibt sowie in den jeweiligen<br />
Anforderungen umschreibt und <strong>für</strong> die einzelnen Deponieklassen<br />
spezifische Abfallkriterien bezeichnet. Die Verordnungen setzen zugleich<br />
die europarechtlichen Vorgaben der Richtlinie 1999/31/EG<br />
des Rates vom 26.4.1999 über Abfalldeponien (im Folgenden: Deponierichtlinie),<br />
die in ihrem Artikel 4 die Zuordnung jeder Deponie<br />
zu einer der Klassen »Deponien <strong>für</strong> gefährliche Abfälle«, »Deponien<br />
<strong>für</strong> nicht gefährliche Abfälle« und »Deponien <strong>für</strong> Inertabfälle« vorgibt<br />
und in Art. 6 bestimmt, auf welchen Deponien welche Abfälle<br />
deponiert werden dürfen, in Bundesrecht um.<br />
<strong>Das</strong> Zusammenspiel von Abfallablagerungsverordnung und Deponieverordnung<br />
mag sich, was auch die Forderung des Bundesrates,<br />
den Entwurf einer neuen Deponieverordnung »zeitnah nach dem<br />
1.6.2005« vorzulegen, die sämtliche deponie- und ablagerungsspezifischen<br />
Belange in einer einzigen Verordnung zusammenfasst (vgl.<br />
BR-Drs. 231/02, S. 53), widerspiegelt, etwas kompliziert darstellen,<br />
doch ist – unbeschadet insbesondere der durch das zeitlich gestaffelte<br />
Inkrafttreten der beiden Verordnungen aufgeworfenen und auch<br />
von der Klägerin gesehenen Frage des Unterfallens einer Deponie<br />
entweder unter das Regime der Abfallablagerungs- oder der Deponieverordnung<br />
– insgesamt eindeutig und hinreichend klar verständlich,<br />
dass die Verordnungen <strong>für</strong> jeden denkbaren Ablagerungsfall<br />
spezifische Anforderungen an die da<strong>für</strong> konkret in den Blick<br />
genommene Deponie aufstellen, die zwingend eingehalten werden<br />
müssen, um die beabsichtigte Abfallablagerung gemeinwohlverträglich<br />
zu gestalten. Der Ansatz der Klägerin, ihre Deponie unterfalle<br />
nicht der Abfallablagerungsverordnung, orientiert sich nicht hinreichend<br />
an dem Ziel der Gemeinwohlverträglichkeit der Ablagerung,<br />
<strong>für</strong> die danach zu fragen ist, ob die <strong>für</strong> die konkrete Abfallablagerung<br />
in den Blick genommene Deponie die sich nach der Gefährlichkeit<br />
des abzulagernden Abfalls im Einzelfall bestimmenden Anforderungen<br />
der jeweils einschlägigen Deponieklasse erfüllt.<br />
Die von der Klägerin zur Ablagerung vorgesehenen Abfälle dürfen<br />
aufgrund ihres deutlich über den Zuordnungskriterien <strong>für</strong> Deponien<br />
der Deponieklasse II (Anhang 1 zur AbfAblV) liegenden Schadstoffgehaltes<br />
nur auf einer Deponie der Deponieklasse III abgelagert werden;<br />
die Ablagerungsfähigkeit der Abfälle richtet sich deshalb allein<br />
nach den – u.a. die Anforderungen an diese Deponieklasse normierenden<br />
– Bestimmungen der Deponieverordnung.<br />
Die von der Klägerin bei Klageerhebung in den Vordergrund gestellte<br />
Frage, ob die von ihr betriebene Deponie dem Regime der Abfallablagerungsverordnung<br />
unterfällt, stellt sich nach Inkrafttreten<br />
der Deponieverordnung und der damit einhergehenden umfassenden<br />
normativen Bestimmung der Anforderungen der Gemeinwohlverträglichkeit<br />
der Abfallablagerung nicht (mehr). Wie die Rechtslage<br />
vor Inkrafttreten der Deponieverordnung – mithin auch im<br />
Zeitpunkt der Klageerhebung – zu beurteilen war, ob also schon und<br />
allein aus der Abfallablagerungsverordnung zu schließen war, dass<br />
die im Planfeststellungsbeschluss und in den nachfolgenden bestandskräftigen<br />
Änderungsbescheiden enthaltenen Regelungen zu<br />
den abzulagernden Abfällen keine Geltung mehr beanspruchen<br />
konnten, weil es sich bei der Deponie der Klägerin – wie die Beklagte<br />
meint und was die Klägerin unter Hinweis darauf, dass es nie um<br />
die Ablagerung von Siedlungsabfällen gegangen sei, bestreitet – um<br />
eine dem Regelungsbereich der Abfallablagerungsverordnung unterfallende<br />
Deponie handelte, bedarf keiner Entscheidung (mehr), weil<br />
<strong>für</strong> die Beurteilung des Feststellungsbegehrens der Klägerin die<br />
Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich ist.<br />
Hiernach ist die Ablagerung von Abfall der bislang zugelassenen<br />
Art, soweit sie über die Vorgaben der Deponieklasse II nach Anhang<br />
107
Rechtsprechung<br />
1 zur AbfAblV hinausgeht, auf der Deponie der Klägerin nicht gemeinwohlverträglich,<br />
weil es der Deponie an einer geologischen Barriere<br />
ermangelt und diese damit den Anforderungen der Deponieverordnung<br />
an eine Deponie der Klasse III nicht entspricht. Abfälle<br />
der beschriebenen Art dürfen deshalb jedenfalls ab dem 1. Juni 2005<br />
– und nur das ist in Anbetracht des Bescheides der Beklagten vom<br />
6.11.2001 im Streit – auf der von der Klägerin betriebenen Deponie<br />
nicht mehr abgelagert werden.<br />
<strong>Das</strong>s eine geologische Barriere fehlt, räumt die Klägerin ein. Die<br />
Deponie gründet nicht auf den am Standort vorhandenen Tonschichten,<br />
sondern auf der darüber lagernden Kies-Sand-Schicht, die<br />
eine unterschiedliche Mächtigkeit von 1,5 bis 4,6 Metern besitzt und<br />
zudem selbst Grundwasserleiter ist. Diese Kies-Sand-Schicht kommt<br />
als geologische Barriere auch nicht etwa deshalb in Betracht, weil die<br />
Kationenaustauschkapazität der Sande – nach der Behauptung der<br />
Klägerin – Werte <strong>für</strong> technische Barrieren erreicht. Die dahingehende<br />
Argumentation berücksichtigt nicht, dass das angesprochene<br />
Rückhaltevermögen der Sande nur eine der Komponenten der geologischen<br />
Barriere beschreibt, und greift zudem in der Sache nicht,<br />
weil die Kies-Sand-Schicht die Anforderung der Mindestmächtigkeit<br />
bei weitem nicht erreicht, ferner bereits selbst teilweise Grundwasser<br />
führende Schicht ist und damit von vornherein und ungeachtet<br />
des Rückhaltevermögens der Sande offensichtlich keine geologische<br />
Barriere zur Verhinderung des Einsickerns von Schadstoffen in das<br />
Grundwasser sein kann. Auf die zwischen den Parteien streitigen Fragen<br />
der Verwertbarkeit der gutachterlichen Annahme zur Kationenaustauschkapazität<br />
der Schicht kommt es deshalb nicht an.<br />
Auf die geologische Barriere kann nicht verzichtet werden. Ihr<br />
Fehlen wird insbesondere nicht durch die Qualität der eingebauten<br />
mineralischen Dichtungsschicht kompensiert. Die Klägerin hat<br />
zwar eine mineralische Dichtungsschicht eingebaut, die die Anforderungen<br />
der Deponieverordnung an diese künstliche Barriere übertrifft;<br />
das Vorbringen zu einer dadurch bewirkten Entbehrlichkeit<br />
der geologischen Barriere verkennt jedoch, dass die mineralische<br />
Dichtung Komponente des Basisabdichtungssystems ist und wegen<br />
des nach § 3 Abs. 1 S. 1 DepV erforderlichen kumulativen Gegebenseins<br />
des Standortfaktors einer geologischen Barriere einerseits<br />
und der Basisabdichtung andererseits das Fehlen der geologischen<br />
Barriere nicht ausgleichen kann. Schwächen einzelner Komponenten<br />
der jeweiligen Barriere können vielmehr nur innerhalb der jeweils<br />
betroffenen Barriere aufgefangen werden (vgl. Ziffer 1 Nr. 1 des<br />
Anhangs 1 zur DepV).<br />
Ein Verzicht ist ferner auch nicht im Hinblick darauf möglich,<br />
dass es sich bei der Deponie der Klägerin um eine Altdeponie im<br />
Sinne des § 14 DepV handelt, weil sie sich am 1.8.2002 in der Ablagerungsphase<br />
befand. Für Altdeponien ist zwar ein Verzicht auf<br />
die geologische Barriere nicht generell ausgeschlossen (siehe insbesondere<br />
§ 14 Abs. 3 S. 1 DepV), <strong>für</strong> die Deponie der Klägerin<br />
greift jedoch keine Ausnahmemöglichkeit. Begünstigt sind nach<br />
§ 14 Abs. 2 S. 1 DepV mit dem Verweis auf Nr. 11 TA Abfall nur<br />
solche Deponien, die bereits nach der TA Abfall als Altanlagen von<br />
diesem Erfordernis freigestellt waren. Nach Nr. 11.2 Buchstabe g TA<br />
Abfall aber gelten, wenn auf der Deponie im Zeitpunkt des Inkrafttretens<br />
der TA Abfall – 1.4.1991 – noch keine Abfälle abgelagert<br />
wurden, die Anforderungen an den Untergrund nach Nr. 9.3.2<br />
TA Abfall. § 14 Abs. 2 DepV normiert damit – in Anwendung von<br />
Vertrauensschutzgesichtspunkten ersichtlich den Gedanken, dass<br />
Abfall, der schon nach Maßgabe der Bestimmungen der TA Abfall<br />
nicht hätte abgelagert werden dürfen, auch nach der Deponieverordnung<br />
nicht soll abgelagert werden können. Auf der Deponie der<br />
Klägerin wurden vor dem 1.4.1991 noch keine Abfälle abgelagert,<br />
sodass die tatbestandlichen Voraussetzungen <strong>für</strong> einen Weiterbetrieb<br />
trotz Fehlens einer geologischen Barriere – unbeschadet der<br />
Frage, ob die nach § 14 Abs. 2 S. 3 DepV erforderliche und nur bis<br />
108<br />
zum 1.8.2003 mögliche Antragstellung überhaupt erfolgt ist –<br />
nicht gegeben sind. Damit entfällt auch die Möglichkeit einer weiteren<br />
Ablagerung der in Rede stehenden Abfälle – bis zum Ende der<br />
Ablagerungsphase – nach § 25 Abs. 2 S. 1 DepV; diese Vorschrift<br />
stellt lediglich sicher, dass besonders überwachungsbedürftige Abfälle<br />
auf Deponien, die den Anforderungen der Deponieverordnung<br />
– seien es auch Übergangsregelungen – entsprechen, bis zum<br />
Ende der Ablagerungsphase deponiert werden können, und gelangt<br />
deshalb hier von vornherein nicht zur Anwendung.<br />
<strong>Das</strong>s die Deponieverordnung das kumulative Vorhandensein von<br />
geologischer Barriere und Basisabdichtungssystem fordert, § 3 Abs.<br />
1 S. 1 DepV, ist ebenso wie die vorerörterte Behandlung von Altdeponien<br />
in Anbetracht des dem Verordnungsgeber zukommenden<br />
Gestaltungsspielraums im Bereich der Schadensvorsorge rechtlich<br />
unbedenklich.<br />
Mit dem Multibarrierenkonzept wird auch dem Gedanken der<br />
Diversifikation Rechnung getragen, der verlangt, dass bei Versagen<br />
einer Barriere (zumindest) eine weitere intakte und andersartige<br />
Barriere zur Verfügung steht, in deren Beständigkeit gerade deshalb<br />
Vertrauen gesetzt werden kann, weil sie nicht der Art der durchbrochenen<br />
Barriere entspricht. Dabei wird davon ausgegangen,<br />
dass alle künstlichen Maßnahmen (hier also die mineralische Dichtungsschicht)<br />
zur Beherrschung der Emissionen einer Deponie auf<br />
Dauer ganz oder zumindest teilweise versagen, mithin von endlicher<br />
Funktion sind. <strong>Das</strong> der Deponierichtlinie wie der Deponieverordnung<br />
und der Abfallablagerungsverordnung zugrunde<br />
liegende Multibarrierenkonzept erfordert deshalb einen Deponiestandort,<br />
der auch im Falle des Versagens der künstlichen Basisabdichtung<br />
garantiert, dass die Emissionen, die von dem abgelagerten<br />
Abfall dann möglicherweise ausgehen, jedenfalls schadlos<br />
bleiben, weil eine weitere (geologische/natürliche) Barriere vorhanden<br />
ist. Die Sachgerechtigkeit des Konzepts wird nachhaltig dadurch<br />
unterstrichen, dass die in der Deponieverordnung normierten<br />
technischen Anforderungen mit den Bestimmungen der<br />
Deponierichtlinie übereinstimmen, nach der der Schutz des Bodens,<br />
des Grundwassers und des Oberflächenwassers während der<br />
Betriebs-/aktiven Phase durch eine Kombination aus geologischer<br />
Barriere und Basisabdichtungssystem zu erreichen ist (Nr. 3.1 S. 2<br />
des Anhangs I zur Deponierichtlinie), und deren Forderungen in<br />
Bundesrecht umsetzen. Europarechtlich vorgegeben ist, dass sich<br />
die geologische Barriere durch geologische und hydrogeologische<br />
Bedingungen in dem Gebiet unterhalb und in der Umgebung eines<br />
Deponiestandortes bestimmt, wobei ein ausreichendes Rückhaltevermögen<br />
gegeben sein muss, um einer Gefährdung <strong>für</strong> Boden und<br />
Grundwasser vorzubeugen. Die Deponiesohle und die Deponieböschungen<br />
müssen aus einer mineralischen Schicht bestehen, die<br />
bestimmte Anforderungen an Durchlässigkeit und Mächtigkeit erfüllt.<br />
Für den Fall, dass die geologische Barriere aufgrund ihrer<br />
natürlichen Beschaffenheit den genannten Anforderungen nicht<br />
entspricht, kann sie mit anderen Mitteln künstlich vervollständigt<br />
und verstärkt werden, sodass sie einen gleichwertigen Schutz gewährleistet,<br />
wobei die so geschaffene künstliche geologische Barriere<br />
mindestens einen halben Meter dick sein sollte (Nr. 3.2 des<br />
Anhangs I zur Deponierichtlinie). Indem die Deponierichtlinie in<br />
Kenntnis der Tatsache, dass in den Mitgliedsstaaten nur wenige Deponiestandorte<br />
über die erforderliche natürliche Beschaffenheit<br />
verfügen (vgl. BR-Drs. 231/02, S. 80) darauf abstellt, dass den genannten<br />
Mindestanforderungen nicht genügende geologische Barrieren<br />
nachgebessert werden können, eröffnet sie die Abfallablagerung<br />
auch in diesen Fällen; nicht vorgesehen ist jedoch die<br />
Möglichkeit der Kompensierung einer nicht vorhandenen geologischen<br />
Barriere durch ein Übertreffen der Voraussetzungen des – kumulativ<br />
erforderlichen – Basisabdichtungssystems.<br />
<strong>Das</strong>s die Grenzen des dem Verordnungsgeber zukommenden Ge-<br />
ZUR 2/2004
OVG Münster, Abfallablagerungsverordnung<br />
staltungsspielraums mit den in der Deponieverordnung <strong>für</strong> den Weiterbetrieb<br />
von Altanlagen aufgestellten Anforderungen überschritten<br />
wären, ist durchgreifend weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.<br />
Der Verordnungsgeber hat in § 14 DepV die Problematik bereits<br />
bestehender Deponien aufgegriffen und die Lösung in einer differenzierten<br />
Regelung an Vertrauensschutzerwägungen ausgerichtet.<br />
Mit der Möglichkeit der Zulassung des Weiterbetriebs von Anlagen,<br />
die den Anforderungen der Deponieverordnung nicht genügen, aber<br />
alle entsprechenden Anforderungen der Nr. 11 TA Abfall erfüllen,<br />
§ 14 Abs. 2 S. 1 DepV, werden unbillige Härten in hinreichendem<br />
Umfange vermieden. Denn den Deponiebetreibern musste bereits<br />
unter der Geltung der TA Siedlungsabfall und der TA Abfall bewusst<br />
sein, dass Abfall bestimmter Gefährlichkeit nach dem weiter entwickelten<br />
Stand der Bewertung nur auf Deponien bestimmter Qualität<br />
– insbesondere mit geologischer Barriere – abgelagert werden<br />
darf. Dieses Problembewusstsein musste sich zudem mit Erlass der<br />
Deponierichtlinie im Jahre 1999 bzw. der Abfallablagerungsverordnung<br />
im Jahre 2001 verstärken, sodass der Erlass der Deponieverordnung<br />
im Jahre 2002 nicht unerwartet sein konnte. Soweit die Deponieverordnung<br />
nicht auch diejenigen begünstigt, die darauf<br />
setzten, Abfälle einer bestimmten Gefährlichkeit auf einer Deponie<br />
abzulagern, die den bereits bekannten regelmäßigen Anforderungen<br />
der TA Abfall von Beginn an nicht entsprach, wird angesichts der<br />
aufgezeigten Entwicklung des Abfallrechts keine schutzwürdige, insbesondere<br />
keine eigentumsrelevante (Art. 14 Abs. 1 GG) Vertrauensposition<br />
vernachlässigt; vielmehr handelten entsprechende Deponiebetreiber<br />
von vornherein auf eigenes bzw. des Gebührenzahlers<br />
Risiko.<br />
Dies zeigt auch und gerade der vorliegende Fall. Der Klägerin war<br />
das Fehlen der geologischen Barriere von Anfang an als ein Mangel<br />
bewusst. Sie konnte die Zulassung der Abfallablagerung nur unter<br />
Betrachtung der Deponie als Altanlage i.S. der TA Siedlungsabfall<br />
und damit <strong>für</strong> die zugehörigen Abfallkriterien erreichen und<br />
bemühte sich sodann – mit Erfolg – um eine Erhöhung der zunächst<br />
planfestgestellten Zuordnungskriterien im Wege der Ausnahme, um<br />
– wie sie selbst vorträgt – die von vornherein in den Blick genommenen<br />
Abfälle annehmen zu können. Sie ist damit das Risiko eingegangen,<br />
die Erhöhung der Zuordnungskriterien entweder überhaupt<br />
nicht oder nicht auf Dauer erreichen zu können. Mit<br />
Inkrafttreten der Deponieverordnung hat sich dieses Risiko realisiert;<br />
ein etwaiges Vertrauen der Klägerin, die bisherige Ablagerungspraxis<br />
fortsetzen zu dürfen, ist vor diesem Hintergrund nicht<br />
schutzwürdig.<br />
Auch sonstige Bedenken gegen die Gültigkeit und Anwendbarkeit<br />
der Deponieverordnung bestehen nicht; die gesetzliche Grundlage<br />
der Rechtsverordnung findet sich (im Wesentlichen und bezogen auf<br />
die hier interessierenden Fragen) in §§ 12 und 36 c KrW-/AbfG; das<br />
Gesetz selbst bestimmt Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung,<br />
vgl. Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG. Ebenso ist nichts ersichtlich<br />
oder vorgetragen, was gegen die Vereinbarkeit der Deponieverordnung<br />
mit den europarechtlichen Vorgaben, der Deponierichtlinie<br />
spräche; vgl. zur Abfallablagerungsverordnung: VG Koblenz, Beschluss<br />
vom 4.12.2002 – 7 K 1389/01.KO.<br />
Insbesondere kann auch nach der Deponierichtlinie <strong>für</strong> den Weiterbetrieb<br />
bereits vorhandener Deponien nicht auf eine geologische<br />
Barriere verzichtet werden (vgl. Art. 14 Buchst. a und Buchst. c S. 2<br />
i.V.m. Anhang I Nrn. 1 und 3 zur Deponierichtlinie). Die Deponieverordnung<br />
basiert in ihren Aussagen zu Altanlagen auf § 36 c Abs.<br />
2 KrW-/AbfG, der in Anlehnung an § 7 Abs. 2 BImSchG eine Regelung<br />
zur Umsetzung von Vorsorgeanforderungen <strong>für</strong> bestehende Deponien<br />
enthält. Die Pflicht zur Vorsorge gegen Beeinträchtigungen<br />
der in § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG genannten Schutzgüter ist Bestandteil<br />
der <strong>für</strong> alle Deponien geltenden allgemeinen Verpflichtung, Beeinträchtigungen<br />
des Wohls der Allgemeinheit zu vermeiden. Danach<br />
ZUR 2/2004<br />
können in die Deponieverordnung unmittelbar verbindliche Übergangs-<br />
und Schließungsfristen <strong>für</strong> bestehende Deponien aufgenommen<br />
werden, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, wobei<br />
es § 36 c Abs. 2 KrW-/AbfG dem Verordnungsgeber ermöglicht, den<br />
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf bestehende Deponien<br />
zu konkretisieren. Zugleich macht § 36 c Abs. 2 KrW-/AbfG<br />
deutlich, dass etwaiger Bestandsschutz zeitlich begrenzt ist. (Vgl. Gesetzentwurf<br />
der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen –<br />
BT-Drs. 14/4599, S. 151.)<br />
Die Klägerin kann sich nicht mehr auf den Planfeststellungsbeschluss<br />
vom 29.8.1995 und nachfolgende bestandskräftige Änderungsbescheide<br />
berufen. Der Beschluss und die genannten Bescheide<br />
sind – soweit sie in den Bestimmungen über die zur Ablagerung<br />
freigegebenen Abfälle wegen der tatsächlichen Gegebenheiten der<br />
Deponie dem Zuordnungssystem aus Abfallablagerungsverordnung<br />
und Deponieverordnung widersprechen, also Abfälle zulassen, die<br />
eine Deponie der bei der Klägerin gerade nicht gegebenen Klasse III<br />
erfordern – überholt und <strong>für</strong> den weiteren Betrieb der Deponie nicht<br />
mehr beachtlich.<br />
Die Verordnungen sind materielle Gesetze mit unmittelbarem Geltungsanspruch<br />
und haben Vorrang auch gegenüber entgegenstehenden<br />
älteren Regelungen in Verwaltungsakten. Sie unterwerfen<br />
aufgrund ihres – sie insbesondere von der Technischen Anleitungen<br />
abhebenden – normativen Charakters in Verbindung mit ihrer Konkretheit,<br />
die in den Grundregelungen keinen Raum <strong>für</strong> die Gestaltung<br />
des Einzelfalls durch Verwaltungsakt lässt, den Weiterbetrieb aller<br />
Deponien den Maßgaben materieller Annahmekriterien<br />
hinsichtlich des Abfalls einerseits und bestimmter Anforderungen an<br />
die Deponieklassen andererseits. (Vgl. Petersen/Krohn, AbfallR 2003,<br />
60 ff.; Siederer/Nicklas, AbfallR 203, 66 ff.; siehe auch BT-Drs. 14/8435,<br />
Seite 1.)<br />
Ihre unmittelbare Geltung ist in den Verordnungen eindeutig angelegt.<br />
Sie enthalten klare Verhaltensanweisungen – »(Siedlungs-)Abfälle...<br />
dürfen nur abgelagert werden«, § 6 DepV, § 3 AbfAblV -, die<br />
sich u.a. an die Deponiebetreiber richten, § 1 Abs. 2 Nr. 2 DepV, § 1<br />
Abs. 2 Nr. 1 AbfAblV, und bußgeldbewehrt sind, § 24 DepV, § 7 AbfAblV.<br />
Die Loslösung des weiteren Betriebs der bereits laufenden und<br />
demgemäß grundsätzlich mit Zulassungsentscheidungen versehenen<br />
Deponien von den Befugnissen, die eben diese Zulassungsentscheidungen<br />
geben, wird durch die Regelungen in § 14 DepV und § 6<br />
AbfAblV belegt; danach bedarf es einer Antragstellung und neuen<br />
Zulassungsentscheidung, damit auch nach Inkrafttreten der jeweiligen<br />
Verordnung Ablagerungen vorgenommen werden dürfen, die<br />
nach den neuen Normen so nicht zulässig wären, jedoch – so jedenfalls<br />
im typischen Fall – nach der bisherigen Gestaltung der Anlagenzulassung<br />
zulässig waren.<br />
Gegen die rechtliche Möglichkeit, im Wege der Normsetzung Befugnisse<br />
zu entziehen, die im Wege der Einzelfallentscheidung durch<br />
Verwaltungsakt gewährt worden sind, bestehen im vorliegenden Zusammenhang<br />
schon deshalb keine rechtlichen Bedenken, weil die<br />
abfallrechtlichen Zulassungsentscheidungen angesichts der weitgehenden<br />
gesetzlichen Möglichkeiten späterer Änderung bei sich entwickelndem<br />
Stand, § 32 Abs. 4 S. 2 und 3 KrW-/AbfG, keine nicht<br />
durch Übergangsregelungen aufzufangenden schützenswerten Vertrauenspositionen<br />
entstehen lassen können und zur Rechtsklarheit<br />
und Rechtssicherheit eine im Einzelfall vorzunehmende Modifizierung<br />
einzelner Zulassungsentscheidungen nicht geboten ist; denn<br />
die Verordnungen sind so gefasst, dass die Deponiebetreiber den<br />
Rahmen des ihnen Erlaubten verlässlich erkennen können.<br />
Sonstige Umstände, die der Wirksamkeit und auch der Durchsetzung<br />
der Deponieverordnung im Fall der Klägerin entgegenstehen<br />
könnten, sind nicht ersichtlich. (...)<br />
109
Rechtsprechung<br />
OVG Mannheim<br />
Zur Vereinbarkeit der Abfallablagerungsverordnung mit dem EG-<br />
Recht<br />
Beschluss vom 4. November 2003 – 8 B 11220/03.OVG<br />
Aus den Gründen:<br />
I. Der Antragsteller betreibt als kommunaler Zweckverband eine Abfalldeponie,<br />
auf der er gemäß bestandskräftiger Auflage in einer Planänderungsgenehmigung<br />
nur noch bis 31.5.2005 lediglich mechanisch<br />
vorbehandelte (zerkleinerte) Siedlungsabfälle einbauen darf.<br />
Im Hauptsacheverfahren klagt der Antragsteller auf Verlängerung<br />
der Erlaubnis zum Einbau derartiger Abfälle, was der Antragsgegner<br />
unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abfallablagerungsverordnung<br />
– AbfAblV – vom 20.2.2001 (BGBl. I S. 305) abgelehnt<br />
hat. (...)<br />
Der Antrag (bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes<br />
zuzüglich der erforderlichen Zeit <strong>für</strong> die Planung, Errichtung und Inbetriebnahme<br />
einer den Anforderungen der AbfAblV genügenden<br />
Abfallbehandlungsanlage dem Antragsteller durch einstweilige Anordnung<br />
die weitere Endverfüllung lediglich mechanisch zerkleinerten<br />
Abfalls zu gestatten, Anm. d. R.) kann nur dann Erfolg haben,<br />
wenn die AbfAblV unanwendbar ist. Ob diese Voraussetzung gegeben<br />
ist, erscheint jedoch eher zweifelhaft:<br />
Nach Ansicht des Senats sprechen gute Gründe da<strong>für</strong>, dass die AbfAblV<br />
mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Dabei berücksichtigt er<br />
neben den Rechtsausführungen der Beteiligten und dem Vorabentscheidungsersuchen<br />
des Verwaltungsgerichts auch die hierzu eingereichten<br />
Stellungnahmen der Europäischen Kommission und der<br />
Mitgliedstaaten. Auch wenn der Europäische Gerichtshof an solche<br />
Stellungnahmen weder rechtlich gebunden ist noch ihnen tatsächlich<br />
ausnahmslos folgt, sind die darin enthaltenen Rechtsausführungen<br />
bei der dem nationalen Richter im Eilverfahren erlaubten<br />
Beurteilung Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens von<br />
Bedeutung. Dies gilt insbesondere <strong>für</strong> die Rechtssauffassung der<br />
Kommission, die zur Hüterin des europäischen Interesses berufen ist<br />
(s. EuGH, Urteil vom 11.8.1995 – Rs. C-431/92, Slg. 1995 I-2189; st.<br />
Rspr.).<br />
Was die erstinstanzlichen Zweifel an der Vereinbarkeit der AbfAblV<br />
mit Art. 176 EGV anlangt, reduziert zwar die AbfAblV den Deponierungsumfang<br />
nicht nur <strong>für</strong> Siedlungsabfälle sondern auch <strong>für</strong><br />
ähnliche gewerbliche Abfälle und das früher, stärker und mit anderen<br />
Methoden, als in der DepRL vorgesehen. Die Zulässigkeit dieses<br />
Vorgehens wird aber seitens der Niederländischen Regierung (s. S. 11<br />
der Stellungnahme) und der Österreichischen Regierung (S. 6 der<br />
Stellungnahme) mit überzeugenden Argumenten unmittelbar aus<br />
der DepRL selbst abgeleitet, sodass schon die Anwendbarkeit des<br />
vom Verwaltungsgericht herangezogenen Art. 176 EGV fraglich erscheint<br />
(s. auch S. 8 der Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland).<br />
Die Stellungnahme der Europäischen Kommission verdeutlicht<br />
im Übrigen, warum die Regelungen der AbfAblV auch dann,<br />
wenn sie als Maßnahmen im Sinne von Art. 176 EGV anzusehen<br />
wären, nicht zu beanstanden sein dürften. Insbesondere sieht die<br />
Kommission keinen Qualitätsunterschied hinsichtlich der Schutzmaßnahmen<br />
und attestiert Zielkonformität mit der Richtlinie. Dies<br />
erscheint dem Senat überzeugend. Denn die Behandlungsverfahren,<br />
die aufgrund der AbfAblV erforderlich werden, sind in Art. 6 Buchst.<br />
a Satz 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. h DepRL ausdrücklich vorgesehen. Zudem<br />
besteht das Strategieziel gemäß Art. 5 Abs. 1 DepRL allgemein<br />
in der »Verringerung der zur Deponierung bestimmten, biologisch<br />
abbaubaren Abfälle«. Es spricht insoweit wenig da<strong>für</strong>, dass die Zeitund<br />
Massevorgaben in Art. 5 Abs. 2 DepRL die Mitgliedstaaten beim<br />
Ansteuern des Strategieziels »bremsen« sollen. Eher dürfte es sich um<br />
eine Art »Mindestbeschleunigung« auf dem Weg zum Ziel handeln.<br />
Berücksichtigt man zudem, dass die Niederländische Regierung (S.<br />
110<br />
10 der Stellungnahme) das vom Verwaltungsgericht (Beschluss vom<br />
4.12.2002, S. 25 BA) unter Hinweis auf deutsche Kommentatoren angenommene<br />
Erfordernis der Qualitätsgleichheit von verstärkten<br />
Schutzmaßnahmen begründet in Frage stellt, verlieren die erstinstanzlichen<br />
Bedenken weiter an Gewicht.<br />
Soweit das Verwaltungsgericht im Vorabentscheidungsersuchen<br />
eine gemeinschaftsrechtliche Unverhältnismäßigkeit der AbfAblV in<br />
Betracht zieht, weil sie den Antragsteller lange vor Ablauf der in Art.<br />
5 Abs. 2 DepRL genannten Fristen an jeglicher Ablagerung von biologisch<br />
abbaubaren Abfällen hindere, die Umweltauswirkungen der<br />
Überlagerung unbehandelter Abfälle mit behandelten Abfällen unklar<br />
seien und die Verordnung keine Kompensation bei Gleichwertigkeitsnachweis<br />
zulasse, erscheint auch dies angesichts der eingegangenen<br />
Stellungnahmen durchaus zweifelhaft. Zum einen setzt<br />
sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht mit der Anwendbarkeit<br />
des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit<br />
auf verstärkte Schutzmaßnahmen auseinander, die von<br />
der Europäischen Kommission unter eingehender Auseinandersetzung<br />
mit Art. 176 EGV und der Rechtsprechung des Europäischen<br />
Gerichtshofes verneint wird (S. 8 bis 11 der Stellungnahme). Zum<br />
anderen halten sowohl die Kommission als auch die Österreichische<br />
Regierung die Regelungen der AbfAblV auch bei Anwendbarkeit dieses<br />
Grundsatzes <strong>für</strong> verhältnismäßig. Die Kommission begründet<br />
dies – aus der Sicht des Senats wiederum überzeugend – mit dem angesichts<br />
des komplexen Sachverhalts weiten Ermessen des nationalen<br />
Normgebers.<br />
Auch aus dem vom Antragsteller in der Beschwerdeerwiderung behaupteten<br />
Verstoß der AbfAblV gegen verfassungs- und europarechtliche<br />
Zitiergebote ergeben sich keine überwiegenden Erfolgsaussichten<br />
in der Hauptsache.<br />
<strong>Das</strong>s die AbfAblV keinen Hinweis auf europarechtliche Ermächtigungsgrundlagen<br />
enthält, verstößt nicht gegen Art. 80 Abs. 1 S. 3<br />
GG. Den Argumenten, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem<br />
Urteil vom 20.3.2003 (DVBl. 2003, 731) gegen die Erstreckung des<br />
Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG auf gemeinschaftsrechtliche Ermächtigungsgrundlagen<br />
entwickelt hat, schließt sich der Senat an.<br />
Soweit die AbfAblV der Umsetzung von Vorschriften der DepRL<br />
dient (s. dazu die Begründung des Kabinettsbeschlusses, BR-Drs.<br />
596/00, S. 46 und auch Zacharias, Die Zukunft der Siedlungsabfallentsorgung,<br />
UPR 2001, 95), aber entgegen Art. 18 Abs. 1 S. 2 DepRL<br />
keine Bezugnahme auf diese Richtlinie enthält, führt dieser formale<br />
Mangel nicht zur. Unanwendbarkeit der AbfAblV wegen Verstoßes<br />
gegen Gemeinschaftsrecht. Der Verstoß gegen das in einer Richtlinie<br />
enthaltene gemeinschaftsrechtliche Zitiergebot bedeutet lediglich,<br />
dass insoweit die Umsetzungspflicht nicht erfüllt worden ist, was in<br />
einem Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof<br />
festgestellt werden kann (s. z.B. EuGH, Urteil vom<br />
18.12.1997, Rs. C-361/95, Slg. 1997 I-7351 Rn. 15). Gegenteiliges<br />
folgt auch nicht aus der vom Antragsteller zitierten Rechtsprechung<br />
des Europäischen Gerichtshofs zum Verstoß gegen Notifizierungspflichten,<br />
die sich aus einer Richtlinie ergeben (s. Urteil vom<br />
30.4.1996,- Rs. C-1994/94, Slg. I-2201 ff). Anders als ein Zitiergebot<br />
diente die der Entscheidung zugrunde liegende Notifizierungspflicht<br />
dazu, der Europäischen Kommission einen präventiven Schutz gegen<br />
Behinderungen der Warenverkehrsfreiheit durch nationale technische<br />
Normen zu ermöglichen. Nur aus diesem Zweck leitete der<br />
EuGH die Unanwendbarkeit der unter Verstoß gegen die Notifizierungspflicht<br />
erlassenen technischen Normen ab.<br />
ZUR 2/2004
VG Düsseldorf, Abfallbegriff und gebrauchte Kompressoren<br />
VG Düsseldorf<br />
Abfallbegriff und gebrauchte Kompressoren<br />
Beschluss vom 5. September 2003 – 17 L 2542/03<br />
Leitsatz:<br />
Gebrauchte Kompressoren aus alten Kühlgeräten, die zum Zwecke<br />
der Wiederverwendung ausgebaut und verkauft werden, sind kein<br />
Abfall und unterfallen nicht dem Abfall(verbringungs)recht.<br />
Gründe:<br />
I.(Tatbestand redaktionell bearbeitet) Der Antragsteller, handelnd<br />
unter der Firma N, kauft in Deutschland Kompressoren, die aus Altkühlschränken<br />
ausgebaut und von einer Drittfirma zum Transport<br />
und zum Wiedereinbau vorbereitet worden sind. Diese Kompressoren,<br />
welche sehr langlebig sind, verkauft er an Abnehmer in Nigeria.<br />
Die Geräte werden über den Seeweg an ihren Bestimmungsort transportiert.<br />
Der Antragsteller setzt sich gegen eine ihm aufgegebene<br />
Rückführung der Kompressoren nach Deutschland zur Wehr. (...)<br />
Nach dem unwiderlegten Vortrag des Antragstellers werden den<br />
Kompressoren noch vor dem Ausbau aus den Kühlgeräten das Kompressorenöl<br />
und das Kältemittel abgesaugt. Nach dem Ausbau der<br />
Kompressoren tropfen diese das restliche Öl ab. Es verbleiben rund<br />
25 g Restöl im Kompressor, welches ihn auch vor Korrosion schützt.<br />
Schließlich werden die Flüssigkeitsleitungen zugedrückt; (...)<br />
Der Antragsteller kauft lediglich die weitestgehend flüssigkeitsentleerten<br />
Kühlkompressoren, nicht die Kühlgeräte selbst. Die Kühlgeräte,<br />
aus denen die Kompressoren ausgebaut wurden, werden von<br />
dem Unternehmen, das die Kompressoren ausbaut und vorbereitet,<br />
entsorgt.<br />
Der Schrottwert (Altmetallwert) der Kompressoren in Deutschland<br />
liegt bei 90 bis 100 Euro je Tonne. Der vom Antragsteller in<br />
Deutschland gezahlte Ankaufspreis beträgt etwa 230 Euro je Tonne<br />
vorbehandelter Kompressoren. Der Verkaufspreis – Transport inbegriffen<br />
– in Nigeria liegt nach unwidersprochenem Vortrag des Antragstellers<br />
bei 525 Euro je Tonne. Die Botschaft der Bundesrepublik<br />
Deutschland in der Hauptstadt Nigerias (Abuja) bestätigt mit elektronischer<br />
Post vom 3.7.2003, dass wiederverwendbare Kompressoren<br />
in Nigeria ein »normales Handelsprodukt« sind. In Nigeria werden<br />
die Kompressoren nach Auskunft der übernehmenden Firma G,<br />
Lagos/Nigeria – sofern im Einzelfall nötig (v.a. an elektronischen<br />
Bauteilen) – repariert und dann in Kühlschränke eingebaut. (...)<br />
Gestützt auf § 6 des Abfallverbringungsgesetzes gab die Antragsgegnerin<br />
dem Antragsteller mit Bescheid vom 7.3.2003 auf, die auf<br />
dem Weg nach Nigeria befindlichen Container mit den darin enthaltenen<br />
Abfällen (Kühlgerätekompressoren) vollständig in die Bundesrepublik<br />
Deutschland zurück zu bringen, die Kompressoren einer<br />
ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und dies nachzuweisen.<br />
Gleichzeitig ordnete sie – trotz § 6 Abs. 2 S. 2 AbfVerbrG – die sofortige<br />
Vollziehung an. (...)<br />
Der Antragsteller beantragt die Wiederherstellung der aufschiebenden<br />
Wirkung seiner Klage. Er ist der Auffassung, es handele sich<br />
bei den Kompressoren nicht um Abfälle.<br />
II. Der Antrag ist zulässig und begründet. (...)<br />
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist überwiegend<br />
wahrscheinlich, dass die Wiedereinfuhranordnung des Antragsgegners<br />
rechtswidrig ist, weil es sich bei den Kühlkompressoren<br />
nicht um Abfall im Sinne des Abfallverbringungsgesetzes bzw. der<br />
Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1.2.1993 zur Überwachung<br />
und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die<br />
und aus der Europäischen Gemeinschaft, ABl. Nr. L 30 S. 1, ber. ABl.<br />
1994 Nr. L 18 S. 38, zuletzt geändert durch VO (EG) 2557/2001 vom<br />
28.12.2001 (ABl. Nr. L 349 S.1) – EGAbfVerbrV – handelt.<br />
Art. 2a EGAbfVerbrV verweist zur Definition des verbringungsrechtlichen<br />
Abfallbegriffs auf Art. 1 a der EG-Abfallrahmenrichtlinie,<br />
ZUR 2/2004<br />
Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15.7.1975 über Abfälle, ABl.<br />
Nr. L 194 S. 47, zuletzt geändert durch Art. 1 Entscheidung zur Anpassung<br />
der Anhänge IIA und IIB der RL 75/442/EWG vom<br />
24.5.1996 (ABl. Nr. L 135 S. 32) – EGAbfRRL -.<br />
Danach sind Abfälle »alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in<br />
Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer<br />
entledigt, entledigen will oder entledigen muss.« Da der Anhang I<br />
mit der Gruppe Ql6 »Stoffe und Produkte, die nicht einer der oben<br />
erwähnten Gruppen angehören« eine umfassende Auffanggruppe<br />
bereitstellt, haben die vorhergehenden Gruppen Ql bis Q15 keine<br />
eingrenzende Wirkung. Sie können höchstens als Indiz <strong>für</strong> die Frage<br />
der Abfalleigenschaft einer Sache herangezogen werden. Entscheidend<br />
<strong>für</strong> die Frage, ob eine Sache dem Abfallbegriff unterfällt, sind<br />
demnach die drei Entledigungstatbestände, vgl. EuGH, Urteil vom<br />
18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 828 Tz. 22;<br />
zum insofern gleich lautenden § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG statt aller<br />
Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz,<br />
2. Auflage (2003) § 3 Rn. 17 mit Nachweisen aus der Literatur.<br />
Maßgeblich abzustellen ist dabei auf den Abfallbegriff der EG-Abfallrahmenrichtlinie,<br />
nicht auf die Definition in § 2 Abs. 1 bis 4<br />
AbfVerbrG. Denn die EG-Abfallverbringungsverordnung gilt als Verordnung<br />
gemäß Art. 249 Abs. 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen<br />
Gemeinschaft vom 7.2.1992 (»Vertrag von Maastricht«)<br />
BGBl. 1992 II S. 1253 in der Fassung vom 26.2.2001 (»Vertrag von<br />
Nizza«) BGBl. 2002 II S. 1666 – EGV – unmittelbar und allgemein in<br />
allen Mitgliedsstaaten. Indem die Abfallverbringungsverordnung zur<br />
Begriffsbestimmung unmittelbar auf die Abfalldefinition in Art. la<br />
EGAbfRRL verweist, wird dieser Teil der Verordnung und ist (ausnahmsweise)<br />
unmittelbar anwendbar. Da sich das europäische Recht<br />
durchsetzen würde, wenn sich das deutsche Abfallverbringungsgesetz<br />
zu ihm in Widerspruch setzte, wird maßgeblich jenes und nicht<br />
§ 2 Abs. 1 bis 4 AbfVerbrG herangezogen, vgl. BVerwG, Urteil vom<br />
13.3.2003 – 7 C 1.02, DVBl. 2003, 743, 744: »Der VGH ist zutreffend<br />
davon ausgegangen, dass der Sachbereich der grenzüberschreitenden<br />
Abfallverbringung durch Gemeinschaftsrecht, insbesondere die<br />
EG-AbfVerbrVO und die von ihr in Bezug genommene AbfRRL,<br />
bestimmt wird. Die Rüge ... der VGH hätte ... anhand ... § 4 Abs. 3<br />
KrW-/AbfG einstufen müssen, ist unbegründet; eine solche Konkretisierung<br />
des Gemeinschaftsrechts durch nationales Recht ist gemeinschaftsrechtswidrig«.<br />
Europäische Rechtsquellen werden letztverbindlich nicht von den<br />
nationalen Gerichten ausgelegt, sondern vom EuGH (Art. 220 ff.<br />
EGV). Deswegen kommt dessen Verständnis des Abfallbegriffs entscheidende<br />
Bedeutung zu.<br />
Nach der Rechtsprechung des EuGH hängt der Anwendungsbereich<br />
des Begriffes »Abfall« von der Bedeutung des Ausdrucks »sich<br />
entledigen« ab, EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin<br />
Granit), DVBl. 2002, 827, 828 Tz. 22; EuGH, Urteil vom<br />
18.12.1997 – Rs. C-129/96 (Inter-Environment Wallonie), Slg.<br />
1997,I-7411 Tz. 26.<br />
Im Lichte der dritten Begründungserwägung der EG-Abfallrahmenrichtlinie<br />
und von Art. 174 Abs. 2 EGV kann der so verstandene<br />
Abfallbegriff nicht eng ausgelegt werden. Zur Beurteilung sind<br />
sämtliche Umstände zu berücksichtigen. Insbesondere ist gefestigte<br />
Rechtsprechung, dass der Begriff Abfall auch solche Stoffe erfasst, die<br />
zur wirtschaftlichen Wiederverwendung geeignet sind, EuGH, Urteil<br />
vom 25.6.1997 – Rs. C-304/94 u. a. (Tombesi), Slg. 1997,I-3561 Tz.<br />
52; EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin Granit), DVBl.<br />
2002, 827, 829 Tz. 29.<br />
Auch wenn der EuGH sich bislang einer (rechtfortbildenden) positiven<br />
Definition enthält, benennt er Anhaltspunkte zur Beurteilung<br />
der Gesamtumstände, welche besonderes Gewicht erlangen. Einer<br />
dieser maßgeblichen Anhaltspunkte ist die Frage, ob der Stoff ein<br />
Produktionsrückstand ist, also ein Erzeugnis, das nicht als solches<br />
111
Rechtsprechung<br />
zum Zweck einer späteren Verwendung angestrebt worden ist. Bei<br />
der Beantwortung dieser Frage hat sich der EuGH ausdrücklich auf<br />
den »gesunden Menschenverstand« gestützt; EuGH, Urteil vom<br />
18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 829 Tz. 31;<br />
EuGH, Urteil vom 15.6.2000 – Rs. C-418/97 u. a. (LUWA Bottoms/Holzspäne),<br />
ZfW 2001, 106, 115 Tz. 83-87.<br />
Nach diesen Kriterien handelt es sich bei den vom Antragsteller<br />
exportierten Kühlkompressoren nicht um Abfall, denn er will sich<br />
der Kompressoren nicht (als Last) entledigen, sondern verkauft diese<br />
als Produkte, nämlich »gebrauchte Kühlkompressoren«, mit Gewinn<br />
weiter.<br />
In den vom EuGH behandelten Fällen ging es stets um Begleiterzeugnisse<br />
aus einem laufenden Produktionsprozess, der hauptsächlich<br />
auf die Herstellung eines anderes Erzeugnisses gerichtet war.<br />
Hiervon unterscheidet sich jedoch der streitgegenständliche Sachverhalt.<br />
Es geht um ein wiederverwendbares Bauteil aus einem Gegenstand<br />
(Alt-Kühlgerät), der insgesamt gesehen nach hiesiger Verkehrsauffassung<br />
als Abfall einzustufen ist. Dieses Bauteil wird nicht<br />
vom Antragsteller selbst, sondern von einem Dritten aufwendig ausgebaut<br />
und zum Transport und zum späteren Wiedereinbau vorbereitet.<br />
Erst danach gelangt es durch Erwerb in die Verfügungsgewalt<br />
des Antragstellers. Mit dem Ausbau und der Vorbereitung zu Transport<br />
und Wiedereinbau ist der Kompressor zum Produkt »umgewidmet«<br />
und der vorangegangene, dem abfallrechtlichen Regime unterliegende<br />
Verwertungsvorgang abgeschlossen, vgl. ebenso zu<br />
abgefahrenen Autoreifen, die <strong>für</strong> den Export ins Ausland bestimmt<br />
sind, Fluck, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutzrecht,<br />
Loseblatt (Stand: Mai 2003) § 3 Rn. 190; Kunig, in: Kunig/<br />
Paetow/Versteyl, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 2. Auflage<br />
(2003) § 3 Rn. 42.<br />
Der Abfall (= Kompressor als Teil des Altkühlgeräts) ist in seinen<br />
ursprünglichen Zustand zurückversetzt worden, um <strong>für</strong> einen<br />
Zweck verwendet zu werden, der mit seinem ursprünglichen Zweck,<br />
nämlich der Erzeugung von Kühlkälte, identisch ist, vgl. EuGH,<br />
Urteil vom 19.6.2003 – Rs. C-444/00 (Mayer Parry/EA), DVBl.<br />
2003,1047,1049 (Tz. 63-69) m. Anm. Kropp zum Ende der Abfalleigenschaft<br />
bei der stofflichen Verwertung von metallischen Verpackungsabfällen.<br />
Deswegen ist <strong>für</strong> die Beurteilung der Frage der Abfalleigenschaft lediglich<br />
auf die ausgebauten und vorbereiteten Kompressoren abzustellen,<br />
die sich im Besitz des Antragstellers befinden. Es ist nicht bedeutsam,<br />
ob sie zuvor unter den Abfallbegriff fielen, weil sie als Teil<br />
des Gesamtgeräts »Alt-Kühlgerät« dessen Schicksal teilten. Der vom<br />
Kühlgerät getrennte Kompressor selbst ist der zu beurteilende Gegenstand.<br />
Ausgangspunkt der Beurteilung ist nach Art. 2 a EG-<br />
AbfVerbrV i.V.m. Art. 1 a EGAbfRRL der konkrete zu verbringende<br />
»Gegenstand«. Mit anderen Worten ist zu fragen, ob ein gebrauchter,<br />
aber funktionstüchtiger bzw. mit geringem Aufwand instandsetzungsfähiger<br />
Kühlkompressor Abfall ist oder nicht. Damit stellt sich<br />
die Frage, inwieweit wiederverwendbare Gebrauchtwaren dem Abfallbegriff<br />
unterliegen. Sie gewinnt im Rahmen des Handels mit Ländern,<br />
die nicht das technisch-wirtschaftliche Niveau von Industrieländern<br />
erreichen (z. B. die sogenannten »Entwicklungsländer«),<br />
besondere Bedeutung, weil Gegenstände, die nach hiesigem Verständnis<br />
unnütz geworden sind und entsorgt werden müssen/sollen,<br />
dort durchaus noch als wirtschaftlich wertvolles Gut eingeschätzt<br />
werden (vgl. sehr alte Gebrauchtwagen in Osteuropa).<br />
Nach dem vom EuGH ausdrücklich zu Grunde gelegten gesunden<br />
Menschenverstand (s. o.), dessen sich das beschließende Gericht jedenfalls<br />
<strong>für</strong> das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz bedient,<br />
handelt es sich bei den Kompressoren nicht um Abfälle. Die Kompressoren<br />
werden zielgerichtet ausgebaut und vorbereitet. Sie als verkaufsfähige<br />
Gegenstände aus den Altkühlschränken herauszulösen<br />
und einen über dem Schrottwert liegenden Kaufpreis zu erzielen, ist<br />
112<br />
der einzige Zweck des Produktionsvorgangs. Nach dem Ankauf entledigt<br />
sich der Antragsteller ihrer nicht, sondern er verkauft sie mit<br />
Gewinn nach Nigeria, und zwar nach dem im summarischen Verfahren<br />
nicht anzuzweifelnden Zweck, diese dort wieder in Kühlgeräte<br />
einzubauen. Es handelt sich um eine »Wiederverwendung« eines<br />
Bauteils zu dem gleichen Zweck, zu dem es entworfen wurde, im Sinne<br />
von Art. 2 Nr. 6 EGAltautoRL bzw. Art. 3 d EGEIAltGerRL, Richtlinie<br />
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.9.2000<br />
über Altfahrzeuge (2000/53/EG), ABl. Nr. L 269 S. 34 geändert durch<br />
Entscheidung der Kommission vom 27.6.2002, ABl. Nr. L 170 S. 81<br />
– EGAltautoRL; Richtlinie 2002/96/EG des europäischen Parlaments<br />
und des Rates vom 27.1.2003 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte,<br />
ABl. Nr. L 37 S. 24 – EGElAltGerRL -.<br />
Mit dem Ausbau und der Vorbereitung der Kompressoren sind<br />
diese umgewidmet zu dem<br />
Produkt »Gebrauchtkompressor« und damit dem Abfallrecht (wieder)<br />
entzogen.<br />
Die Kompressoren haben in Deutschland einen Altmetallwert von<br />
bis zu 100 Euro/t. Die Möglichkeit, sie im Inland <strong>für</strong> mehr als den<br />
doppelten Preis an einen Exporteur zu veräußern, spricht bereits indiziell<br />
dagegen, dass es sich in dieser Konstellation um Abfall handelt.<br />
Weiter spricht dagegen, dass der antragstellende Exporteur die<br />
Kompressoren zum Zwecke des Wiedereinbaus in Kühlgeräte mit einem<br />
erheblichen Preisaufschlag nach Nigeria verkaufen kann. Für<br />
den Antragsteller stellen die – extra erworbenen – Kompressoren keine<br />
Last dar, deren er sich zu »entledigen« sucht, sondern sie haben<br />
als echtes Erzeugnis zu gelten, vgl. EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs.<br />
C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 829 Tz. 34.<br />
Die Kammer verkennt nicht, dass die Verbringung von in<br />
Deutschland praktisch wertlosen bzw. nur kostenpflichtig zu entsorgenden<br />
Gegenständen in Entwicklungsländer stets die Gefahr<br />
der illegalen (und billigen) Abfallentsorgung in sich trägt. Bei den<br />
Kompressoren liegt diese Gefahr allerdings nicht nahe, da sie auch<br />
in Deutschland noch einen positiven Marktwert besitzen. Nach den<br />
im vorläufigen Rechtsschutz beschränkten summarischen Erkenntnismöglichkeiten<br />
sieht die Kammer darüber hinaus keinen Anlass,<br />
den Angaben des Antragstellers zur weiteren Verwendung der Kompressoren<br />
zu misstrauen. Die Antragsgegnerin hat auch keine Anhaltspunkte<br />
da<strong>für</strong> vorgetragen, dass die nigerianischen Bestätigungen<br />
unzutreffend seien, sondern er hat lediglich pauschal und ohne<br />
sachliche Begründung ihren Beweiswert bestritten. Für die Glaubhaftigkeit<br />
der Angaben des Antragstellers spricht zudem die Auskunft<br />
der Deutschen Botschaft in Nigeria, dass Kühlkompressoren<br />
dort als allgemeines Wirtschaftsgut gehandelt werden. Weiterhin<br />
hat die Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland Pfalz<br />
mbH (SAM) noch am 14.4.2003 festgestellt, dass im Internet der Anund<br />
Verkauf von gebrauchten Kompressoren in afrikanische und<br />
arabische Länder beworben wird, Beiakte Heft 2 zum Verfahren 17<br />
K 4565/03 Bi. 60.<br />
Die Kammer hat sich durch eigene Internetrecherchen am heutigen<br />
Tage davon überzeugt, dass solche Angebote weiterhin existieren,<br />
z. B. unter http://www.treffpunktkaelte.de/kaelte/de/html/wwwboard/messages/747.html.<br />
Der Umstand, dass sich aus der exportierten Gesamtmenge ein gewisser<br />
Anteil von Kompressoren als funktionsunfähig herausstellt,<br />
macht die gesamte Charge noch nicht zu Abfall. Im Wirtschaftsverkehr<br />
mit technischem Gerät ist es üblich, dass ein gewisser Prozentsatz<br />
der beim Käufer eintreffenden Geräte nicht die gewünschte<br />
Funktion hat, sei es, dass sie anfänglich fehlt, sei es, dass es sich um<br />
Transportschäden handelt. Im summarischen Verfahren ist nicht erkennbar,<br />
dass die Ausschussquote über die angegebenen 2-3 % hinausgeht.<br />
Eine »billige Entsorgung« im Ausland unter dem vorgeschobenen<br />
Etikett der Wiederverwendung, die bei einem besonders<br />
hohen Ausschussanteil zu vermuten wäre, ist nicht erkennbar.<br />
ZUR 2/2004
Auch der Transport der Kompressoren in loser Schüttung in den<br />
Seecontainern spricht nicht da<strong>für</strong>, dass es sich um Abfall handelt.<br />
Der Antragsteller hat unwiderlegt vorgetragen, dass die Metallgehäuse<br />
mehr als 2 mm dick sind und den losen Transport<br />
grundsätzlich schadlos überstehen bzw. mit geringem Aufwand wie<br />
einem neuen Anstrich den Anforderungen seines Abnehmers in Nigeria<br />
genügen. Selbst wenn der von der Antragsgegnerin reklamierte<br />
Transport in aufrecht stehenden Versandkartons noch besser geeignet<br />
wäre als die lose Schüttung, steht es im freien Belieben des<br />
Antragstellers, sich entweder <strong>für</strong> geringere Transportkosten oder <strong>für</strong><br />
eine höhere Ausschussquote zu entscheiden.<br />
Auf die Frage, welche Restölmengen in den Kompressoren noch<br />
enthalten sind, und ob diese ggfs. <strong>für</strong> Boden und Grundwasser gefährlich<br />
sein könnten, kommt es <strong>für</strong> die Einstufung als Abfall oder<br />
Nicht-Abfall nicht an. Die Gefährlichkeit eines Stoffes/Gegenstandes<br />
ist <strong>für</strong> die Frage, ob es sich bei ihm um Abfall handelt oder nicht,<br />
ohne Bedeutung, vgl. beispielhaft EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs.<br />
C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 830 Tz. 47 ff.<br />
Im Übrigen hat der Antragsteller glaubhaft – durch Lichtbilder der<br />
Polizei in Spanien bestätigt – dargelegt, dass die Transportcontainer<br />
mit aufsaugenden Materialien ausgelegt sind, um Verschmutzungsgefahren<br />
vorzubeugen. <strong>Das</strong>s diese Vorsichtsmaßnahmen wirkungslos<br />
sind, ist weder erkennbar noch dargelegt. Sollten hiervon dennoch<br />
Gefahren ausgehen, wäre ihnen nach transport- oder<br />
allgemeinen ordnungsrechtlichen Vorschriften zu begegnen, nicht<br />
jedoch abfallrechtlichen. Ob die auch korrosionshemmende Restölmenge<br />
möglicherweise unter Art. 6 Abs. 1 S. 2 EGElAltGerRL (»Entfernung<br />
aller Flüssigkeiten«) fällt, kann offen bleiben, weil dies erstens<br />
keine Bedeutung <strong>für</strong> die Einstufung der Kompressoren als<br />
Abfall hat und zweitens die Richtlinie gemäß ihres Art. 17 Abs. 1 erst<br />
ab dem 13.8.2004 umzusetzen ist; eine unmittelbare Anwendung im<br />
Anwendungsbereich der EG-Abfallverbringungsverordnung ist auch<br />
nicht vorgesehen.<br />
VGH Mannheim<br />
Allgemeinverfügung gem. § 25 a NatSchG Bad-Württ.<br />
Beschluss vom 8. September 2003 – 5 S 1274/03<br />
Leitsätze der Redaktion:<br />
1. Anordnungen nach § 25 a NatSchG Bad-Württ., also Schutzgebietsregeln,<br />
die Verhaltensweisen im Schutzgebiet untersagen,<br />
können auch in der Form einer Allgemeinverfügung erfolgen.<br />
2. Die Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 2 NatSchG Bad.-Württ. befasst<br />
sich ausschließlich mit dem Verhältnis des gesetzlichen Biotopschutzes<br />
zur gemeindlichen Bauleitplanung. Daraus folgt, dass<br />
zwar <strong>für</strong> die gemeindliche Planung der gesetzliche Biotopschutz<br />
keine Wirkung entfaltet, wenn das Gebiet vor dem Stichtag als<br />
Flächennutzungsplan dargestellt war. Dritte können sich auf diese<br />
Wirkung jedoch nicht berufen.<br />
VGH München<br />
Zur Mitwirkungspflicht des überlassungspflichtigen Abfallerzeugers<br />
Urteil vom 14. Oktober 2003 – 20 B 03.637<br />
Leitsätze:<br />
1. In einem beplanten Gebiet mit engen (durch Großfahrzeuge nicht<br />
oder nur schwer befahrbaren) Erschließungsanlagen obliegt dem<br />
Erzeuger von Abfällen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht bei deren<br />
Verbringung an einen Sammelplatz.<br />
ZUR 2/2004<br />
Rechtsprechung in Leitsätzen<br />
2 Ob Unfallverhütungsvorschriften die Modalitäten der Müllabfuhr<br />
abschließend festzulegen vermögen, kann offen bleiben.<br />
3. Aus Gründen der Kostenersparnis kann der Entsorgungsträger davon<br />
absehen, kleinere Müllfahrzeuge zum Einsatz zu bringen.<br />
4. Der Entsorgungsträger hat bauplanerische Konzepte einer Gemeinde<br />
hinzunehmen, die aus Gründen der Verkehrsberuhigung<br />
oder zur Vermeidung von übermäßiger Inanspruchnahme von<br />
Grund und Boden davon absehen, breite Erschließungsanlagen mit<br />
Wendeplatten anzulegen.<br />
Vorinstanz: VG Regensburg, Entscheidung vom 5. Dezember 2002 – RN 7 K 00.363<br />
OVG Lüneburg<br />
Bauvorbescheid <strong>für</strong> eine Windenergieanlage<br />
Urteil vom 25. September 2003 – 1 LC 276/02<br />
Leitsätze:<br />
1. Zur sukzessiven Erweiterung eines vorhandenen Windparks und deren<br />
Beurteilung nach BImSchG.<br />
2. Zum Zeitpunkt, in dem sich die Unwirksamkeit eines Flächennutzungsplanes<br />
herausstellt, und zum Eingreifen der Unbeachtlichkeitsregel<br />
des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB.<br />
3. Zur Teilunwirksamkeit eines Flächennutzungsplanes.<br />
4. »Zaunwerte« <strong>für</strong> Lärm und Schlagschatten in Flächennutzungsplänen.<br />
5. Zur Entwicklung eines Bebauungsplanes aus einem Flächennutzungsplan,<br />
der teilweise unwirksam ist.<br />
6. Zur Festsetzung eines Emissionspegels <strong>für</strong> Windkraftanlagen in einem<br />
Sondergebiet.<br />
7. Die Festsetzung der Größe der Grundfläche und der überbaubaren<br />
Grundstücksfläche muss über den Standort des Schaftes der Windkraftanlage<br />
auch die Fläche einschließen, die der Rotor überstreicht.<br />
OVG Lüneburg<br />
Satzung über einen geschützten Landschaftsbestandteil<br />
Urteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2044/01<br />
Leitsätze:<br />
1. Eine leichte Bodensenke, die nur zeitweise mit Wasser gefüllt ist,<br />
stellt keinen Landschaftsbestandteil im Sinne des § 28 Abs. 1 NNat-<br />
SchG dar.<br />
2. Fehlerhafte Annahmen des Normgebers ziehen die Nichtigkeit einer<br />
nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnung oder Satzung<br />
nicht nach sich. Vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, ob die<br />
aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung<br />
und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden ist.<br />
OVG Lüneburg<br />
Antragsbefugnis einer Gemeinde im Normenkontrollverfahren<br />
Urteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2073/01<br />
Leitsatz:<br />
Eine Gemeinde, die durch den Erlass einer Verordnung zum Schutz<br />
eines Landschaftsbestandteils durch die Naturschutzbehörde daran<br />
gehindert wird, eine gemeindliche Satzung zum Schutz desselben<br />
Landschaftsbestandteils zu erlassen, ist im Normenkontrollverfahren<br />
antragsbefugt.<br />
113
Europäisches <strong>Umweltrecht</strong><br />
Josef Falke<br />
Neueste Entwicklungen im Europäischen <strong>Umweltrecht</strong><br />
A. Vorschlag einer Richtlinie<br />
über Batterien<br />
Die Kommission hat eine neue Richtlinie<br />
über Batterien vorgeschlagen. 1 Mit der<br />
Sammlung und dem Recycling sämtlicher<br />
in der EU in Verkehr gebrachter Batterien<br />
soll erreicht werden, dass Altbatterien<br />
nicht in Verbrennungsanlagen oder auf<br />
Mülldeponien landen, sondern die in den<br />
Batterien verwendeten Metalle der Wiederverwertung<br />
zugeführt werden. Mit der<br />
Richtlinie soll ein Rechtsrahmen <strong>für</strong> einzelstaatliche<br />
Sammel- und Rücknahmesysteme<br />
geschaffen und das reibungslose<br />
Funktionieren des Binnenmarktes <strong>für</strong> Batterien<br />
besser gewährleistet werden.<br />
Jährlich werden in der EU etwa 800.000 t<br />
Autobatterien, 190.000 t Industriebatterien<br />
und 160.000 t Gerätebatterien in Verkehr<br />
gebracht. In ihnen werden zahlreiche verschiedene<br />
Metalle verwendet. Besonders<br />
von Quecksilber, Blei und Cadmium, aber<br />
auch von Zink, Kupfer, Mangan, Lithium<br />
und Nickel können bei der Verbrennung<br />
oder Deponierung von Batterien erhebliche<br />
Umweltgefahren ausgehen, 2 abgesehen<br />
davon, dass Batterien unter dem Gesichtspunkt<br />
der Ressourcenbewirtschaftung eine<br />
Fundgrube <strong>für</strong> wertvolle sekundäre Rohstoffe<br />
sind.<br />
Die <strong>für</strong> Batterien geltenden gemeinschaftlichen<br />
Rechtsvorschriften 3 haben die<br />
von Batterien im Abfallstrom ausgehenden<br />
Risiken nicht wirksam eingedämmt und<br />
keinen einheitlichen Rechtsrahmen <strong>für</strong> die<br />
Sammlung und das Recycling von Altbatterien<br />
geschaffen. Da sie nur auf Batterien<br />
Anwendung finden, die bestimmte Mengen<br />
Cadmium, Quecksilber oder Blei enthalten,<br />
erfassen sie nur 7 % der jährlich<br />
insgesamt in der EU in Verkehr gebrachten<br />
Gerätebatterien. Wegen des begrenzten Anwendungsbereiches<br />
arbeiten die einzelstaatlichen<br />
Sammel- und Rücknahmesysteme,<br />
die zudem unterschiedlich ausgestaltet<br />
sind, nicht optimal.<br />
Die vorgeschlagene Richtlinie soll auf<br />
Art. 95 Abs. 1 und Art. 175 Abs. 1 EG gestützt<br />
werden und zwei Ziele verfolgen: Sie<br />
soll erstens <strong>für</strong> alle Batterien ein geschlossenes<br />
Kreislaufsystem schaffen, um die Verbrennung<br />
und Deponierung am Ende ihres<br />
Lebenszyklus zu vermeiden; dazu müssen<br />
sämtliche Batterien gesammelt, recycelt und<br />
die in ihnen enthaltenen Metalle in dem<br />
Wirtschaftskreislauf rückgeführt werden. Sie<br />
soll zweitens Mindestvorschriften <strong>für</strong> die Ar-<br />
beitsweise der einzelstaatlichen Sammelund<br />
Rücknahmesysteme festlegen, um das<br />
reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts<br />
<strong>für</strong> diese Produkte und gleiche<br />
Ausgangsbedingungen <strong>für</strong> alle am Lebenszyklus<br />
von Batterien beteiligten Akteure zu<br />
gewährleisten. Industrie- und Autobatterien<br />
werden bereits heute aufgrund des Werts der<br />
in ihnen enthaltenen Rohstoffe zu einem<br />
sehr großen Anteil gesammelt. Um eine<br />
Sammelquote von 100 % zu gewährleisten,<br />
soll die Deponierung und Verbrennung dieser<br />
Batterien verboten werden. Eine derartige<br />
Sammel- und Recyclingquote ist <strong>für</strong><br />
Gerätebatterien aufgrund ihrer geringen<br />
Größe und ihres breiten Spektrums an<br />
Nutzern nicht vorstellbar. Für sie sollen die<br />
Mitgliedstaaten Sammelsysteme schaffen,<br />
damit die Verbraucher Altbatterien aus<br />
Geräten kostenfrei zurückgeben können.<br />
Als Zielgröße <strong>für</strong> die Sammelsysteme von<br />
Gerätebatterien soll spätestens vier Jahre<br />
nach dem Zeitpunkt der Umsetzung der<br />
Richtlinie mindestens ein Durchschnittswert<br />
von 160 Gramm pro Einwohner und<br />
Jahr erzielt werden. Wegen des erhöhten<br />
Gefahrenpotentials von Nickel-Cadmium-<br />
Batterien soll <strong>für</strong> sie das zusätzliche<br />
Sammelziel von 80 % der in den einzelnen<br />
Mitgliedstaaten jährlich anfallenden Gesamtmenge<br />
an solchen Gerätebatterien festgelegt<br />
werden. Der Richtlinienvorschlag<br />
sieht hohe Recyclingziele vor, nämlich<br />
100 % bei Auto- und Industriebatterien und<br />
mindestens 90 % bei Gerätebatterien. Im<br />
Ausland stattfindende Recyclingmaßnahmen<br />
werden bei der Prüfung berücksichtigt,<br />
ob der exportierende Mitgliedstaat seine<br />
Recyclingverpflichtungen erfüllt hat.<br />
Bei allen Batterietypen sollen die Hersteller<br />
<strong>für</strong> die Kosten von Sammlung, Behandlung<br />
und Recycling aufkommen. Für<br />
Industrie- und Autoaltbatterien sollen die<br />
Hersteller mit den Nutzern Finanzierungsvereinbarungen<br />
abschließen können. An<br />
den Systemen <strong>für</strong> Sammlung, Behandlung<br />
und Recycling sollen sich alle Wirtschaftsbeteiligten<br />
in den betroffenen Sektoren<br />
und alle zuständigen öffentlichen Behörden<br />
beteiligen können. In diese Systeme sollen<br />
unter nicht diskriminierenden Bedingungen<br />
auch aus Drittländern eingeführte Produkte<br />
einbezogen werden; sie sind so zu<br />
konzipieren, dass Handelshemmnisse und<br />
Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.<br />
Zu den Kosten <strong>für</strong> die Bewirtschaftung<br />
von Altbatterien, die vor Inkrafttreten der<br />
Richtlinie in Verkehr gebracht wurden, den<br />
»historischen Abfällen«, werden besondere<br />
Übergangsregelungen vorgesehen. Die jährlichen<br />
Kosten <strong>für</strong> die vorgeschlagenen<br />
Sammel- und Recyclingsysteme werden auf<br />
bis zu zwei Euro pro Haushalt geschätzt.<br />
B. Kontrolle radioaktiver Strahlenquellen<br />
Der Rat hat im Dezember 2003 eine Richtlinie<br />
zur Kontrolle hoch radioaktiver umschlossener<br />
Strahlenquellen und herrenloser<br />
Strahlenquellen verabschiedet. 4 Sie soll<br />
verhindern, dass es aufgrund einer unzureichenden<br />
Überwachung hoch radioaktiver<br />
umschlossener Strahlenquellen und<br />
herrenloser Strahlenquellen 5 zu einer Exposition<br />
von Arbeitnehmern und der<br />
Öffentlichkeit gegenüber ionisierenden<br />
Strahlungen kommt. Dazu harmonisiert sie<br />
die in den Mitgliedstaaten bereits eingeführten<br />
Kontrollen, indem sie spezifische<br />
Anforderungen festlegt, durch die eine<br />
fortlaufende Kontrolle jeder einzelnen der<br />
genannten Quellen sichergestellt wird. Die<br />
Mitgliedstaaten können Strahlenquellen,<br />
deren Werte unter die in der Richtlinie<br />
96/29/Euratom 6 festgelegten Freigrenzen<br />
gefallen sind, aus dem Geltungsbereich<br />
ausnehmen.<br />
1 Vorschlag <strong>für</strong> eine Richtlinie des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates über Batterien und Akkumulatoren<br />
sowie Altbatterien und Altakkumulatoren,<br />
KOM (2003) 723 endg. v. 21.11.2003.<br />
Weitere Informationen zu dem Vorschlag sind abrufbar<br />
unter http://europa.eu.int/comm/environment/waste/batteries_index.htm.<br />
2 In der Entscheidung 2000/532/EG über ein Abfallverzeichnis,<br />
ABl. L 226 v. 6.9.2000, 3-24 hat die<br />
Kommission Batterien, die Blei, Cadmium oder<br />
Quecksilber enthalten, als gefährlichen Abfall eingestuft.<br />
3 Richtlinie 91/157/EWG des Rates v. 18.3.1991<br />
über gefährliche Stoffe enthaltende Batterien und<br />
Akkumulatoren, ABl. L 78 v. 26.3.1991, 38-41,<br />
geändert durch die Richtlinie 98/101/EG der Kommission,<br />
ABl. L 1 v. 5.1.1999, 1 f., und ergänzt<br />
durch die Richtlinie 93/86/EWG der Kommission,<br />
ABl. L 264 v. 23.10.1993, 51 f.<br />
4 Richtlinie 2003/122/Euratom des Rates v.<br />
22.12.2003 zur Kontrolle hoch radioaktiver umschlossener<br />
Strahlenquellen und herrenloser<br />
Strahlenquellen, ABl. L 346 v. 31.12.2003, 57-64.<br />
5 Sie werden auch »Orphan-Strahler« genannt. <strong>Das</strong><br />
sind solche Strahlenquellen, die keiner gesetzlichen<br />
Kontrolle unterliegen, entweder weil sie nie<br />
einer solchen Kontrolle unterstellt waren oder<br />
weil die Quelle aufgegeben wurde, verloren gegangen<br />
ist oder verlegt, entwendet oder ohne eine<br />
ordnungsgemäße Benachrichtigung der zuständigen<br />
Behörde oder ohne Unterrichtung des Empfängers<br />
an einen neuen Besitzer weitergegeben<br />
wurde.<br />
6 Richtlinie 96/29/Euratom des Rates v. 13.5.1996<br />
zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen<br />
<strong>für</strong> den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte<br />
und der Bevölkerung vor Gefahren durch ionisierende<br />
Strahlungen, ABl. L 159 v. 29.6.1996, 1-114.<br />
114 ZUR 2/2004
Ohne dass dieser Begriff ausdrücklich im<br />
Text auftaucht, ist die Richtlinie am Konzept<br />
der »Rückverfolgbarkeit« ausgerichtet.<br />
Für die Verwendung einer hoch radioaktiven<br />
Strahlenquelle ist eine vorherige Genehmigung<br />
zwingend vorgeschrieben. Sie<br />
darf nur dann erteilt werden, wenn der Besitzer<br />
7 nachweist, dass die erforderlichen<br />
Maßnahmen <strong>für</strong> eine sichere Handhabung<br />
der Strahlenquelle getroffen wurden. Jede<br />
radioaktive Strahlenquelle ist ordnungsgemäß<br />
zu kennzeichnen; in Begleitunterlagen<br />
ist zu erfassen, wer zu welchem Zeitpunkt<br />
und an welchem Ort in Besitz<br />
welcher Strahlenquelle ist. Der zuständigen<br />
Behörde ist sofort jeder Vorfall oder Unfall<br />
zu melden, der zu einer unbeabsichtigten<br />
Exposition eines Arbeitnehmers oder einer<br />
Einzelperson geführt hat. Die Hersteller,<br />
bei Importen aus Drittländern die Einführer<br />
haben <strong>für</strong> jede Strahlenquelle eine unverwechselbare<br />
Identifizierungsnummer<br />
zuzuteilen und auf der Strahlenquelle einzugravieren.<br />
Zur lückenlosen Kontrolle von Strahlenquellen<br />
sieht die Richtlinie weiter zweierlei<br />
Maßnahmen vor:<br />
– Prävention durch Kontrollen an den Orten,<br />
an denen das Auftauchen von Orphan-Strahlern<br />
am wahrscheinlichsten<br />
ist, sowie Kampagnen zur Wiederauffindung<br />
radioaktiver Strahlenquellen aus<br />
zurückliegenden Tätigkeiten;<br />
– <strong>für</strong> Notfälle klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten<br />
und Festlegung der einzuleitenden<br />
Maßnahmen sowie Bestimmungen<br />
über die Anlastung von Kosten.<br />
Die Mitgliedstaaten haben unverzüglich<br />
mit anderen betroffenen Mitgliedstaaten<br />
oder Drittländern sowie mit den zuständigen<br />
internationalen Organisationen Informationen<br />
im Zusammenhang mit dem<br />
Verlust, der Beseitigung, dem Diebstahl<br />
und der Entdeckung von Strahlenquellen<br />
und den entsprechenden Folgemaßnahmen<br />
oder Untersuchungen auszutauschen<br />
und mit ihnen zusammenzuarbeiten.<br />
C. Sicherheit der Seeschifffahrt<br />
Die Kommission hat im November 2003 ein<br />
Jahr nach der folgenreichen Havarie der<br />
»Prestige« vor der spanischen Küste eine<br />
Schwarze Liste der Schiffe im Amtsblatt veröffentlicht,<br />
denen zwischen dem 22.7.2003,<br />
dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen<br />
der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle<br />
im Rahmen des Pakets Erika-II,<br />
und dem 1.11.2003 das Einlaufen in die<br />
Häfen der EU verweigert wurde. 8 Gemäß<br />
Art. 7b Abs. 1 der Richtlinie 95/21/EG über<br />
die Kontrolle der Schiffe durch den Hafenstaat<br />
9 wird Schiffen, die mehrfach festgehal-<br />
ZUR 2/2004<br />
ten wurden, der Zugang zu den Häfen der<br />
Mitgliedstaaten verweigert. Es handelt sich<br />
um sieben Massengutfrachter, zwei Chemikalientankschiffe<br />
und ein Öltankschiff im<br />
Alter zwischen 25 bis 46 Jahren, die sieben<br />
verschiedenen Flaggenstaaten zuzuordnen<br />
sind.<br />
Zur Warnung hat die Kommission zugleich<br />
eine vorläufige Liste von 143 Schiffen<br />
veröffentlicht, die Gefahr laufen, den Zugang<br />
verweigert zu bekommen, sollten sie<br />
wegen Sicherheitsmängeln erneut in<br />
einem Hafen der EU festgehalten werden. 10<br />
Darunter befinden sich 99 Massengutfrachter,<br />
17 Öltankschiffe und 12 Chemikalientankschiffe.<br />
96 Schiffe bergen ein<br />
sehr hohes, 19 ein hohes Risiko. Von den<br />
betreffenden 18 Flaggenstaaten sind folgende<br />
mit mehr als zehn Eintragungen vertreten:<br />
Türkei: 41, St. Vincent und die Grenadinen:<br />
17, Kambodscha: 15, Panama: 15,<br />
Algerien: 11. Die Untersuchungen in den<br />
Hafenstaaten zielen darauf, dass die Schiffe<br />
den internationalen Umweltschutz- und<br />
Sicherheitsvorschriften entsprechen und<br />
dass den Besatzungen angemessene Lebens-<br />
und Arbeitsbedingungen gewährt<br />
werden.<br />
Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation<br />
(IMO) hat am 4.12.2003 mit einer<br />
Änderung des MARPOL-Übereinkommens 11<br />
<strong>für</strong> Öltankschiffe Bestimmungen eingeführt,<br />
die mit den neuen verschärften Gemeinschaftsbestimmungen<br />
12 vergleichbar<br />
sind. Die neuen Vorschriften treten erst<br />
16 Monate nach ihrer Verabschiedung,<br />
also am 5.4.2005, in Kraft. Folgende Regelungen<br />
sind vorgesehen:<br />
– Die gefährlichsten Erdölerzeugnisse dürfen<br />
nur noch in Doppelhüllen-Öltankschiffen<br />
befördert werden.<br />
– Jeder Küstenstaat kann Einhüllen-Öltankschiffen,<br />
die die neu festgelegten Altersgrenzen<br />
überschritten haben oder die<br />
neuen Anforderungen des MARPOL-<br />
Übereinkommens bezüglich der technischen<br />
Überwachung nicht erfüllen, den<br />
Zugang zu seinen Häfen oder zu den unter<br />
seiner Gerichtsbarkeit stehenden Gebieten<br />
verweigern.<br />
– Bis auf wenige Ausnahmen wird der Betrieb<br />
von Einhüllen-Öltankschiffen ab<br />
dem Jahr 2010 untersagt. Die ausgenommenen<br />
Schiffe müssen neuen und strengeren<br />
wiederkehrenden Inspektionen<br />
unterzogen werden.<br />
– Die Vorschriften zur Überprüfung von<br />
Öltankschiffen zur Bewertung der Struktur<br />
von Einhüllen-Öltankschiffen, die älter<br />
als 15 Jahre sind, werden ausgeweitet<br />
und finden früher als vorgesehen Anwendung.<br />
13<br />
Der IMO-Ausschuss <strong>für</strong> den Schutz der<br />
Meeresumwelt hat alle MARPOL-Vertrags-<br />
Gesetzgebung<br />
parteien aufgefordert, die neuen Vorschriften<br />
über die Seebeförderung der am stärksten<br />
verschmutzenden Ölsorten so schnell<br />
wie möglich anzuwenden.<br />
Der Internationale Code <strong>für</strong> Maßnahmen<br />
zur Organisation eines sicheren<br />
Schiffsbetriebs und die Verhütung von<br />
Meeresverschmutzung (»ISM-Code«) der<br />
IMO soll die Entwicklung einer umfassenden<br />
Sicherheitskultur und des Umweltbewusstseins<br />
in der Seeschifffahrt fördern.<br />
<strong>Das</strong> Sicherheitskonzept des ISM-Code ist<br />
auf alle Arten von Schiffen ausgerichtet.<br />
Nach der »Estonia«-Katastrophe hatte die<br />
EG den ISM-Code zunächst nur <strong>für</strong> alle Ro-<br />
Ro-Fahrgastfährschiffe verbindlich vorgeschrieben.<br />
14 Der ISM-Code sollte in einer<br />
nächsten Stufe entsprechend dem von der<br />
IMO festgelegten Zeitplan <strong>für</strong> alle Unternehmen,<br />
die andere Arten von Schiffen betreiben,<br />
verbindlich vorgeschrieben werden.<br />
Der ISM-Code ist Bestandteil des<br />
Internationalen Übereinkommens zum<br />
Schutz des menschlichen Lebens auf See<br />
(SOLAS). Als Vertragsparteien des SOLAS-<br />
Übereinkommens haben alle EG-Mitgliedstaaten<br />
den ISM-Code akzeptiert und sind<br />
7 Jede natürliche oder juristische Person, die gemäß<br />
dem einzelstaatlichen Recht <strong>für</strong> eine Strahlenquelle<br />
verantwortlich ist; hierzu zählen Hersteller,<br />
Lieferanten und Nutzer von Strahlenquellen,<br />
nicht jedoch Einrichtungen, die <strong>für</strong> die langfristige<br />
Lagerung oder Entsorgung bzw. <strong>für</strong> die Zwischenlagerung<br />
von Strahlenquellen zugelassen<br />
sind.<br />
8 Liste der Schiffe, denen zwischen dem 22.7.und<br />
dem 1.11. 2003 in Anwendung von Artikel 7b der<br />
Richtlinie 95/21/EG vom 19.6.1995 über die Kontrolle<br />
der Schiffe durch den Hafenstaat der Zugang<br />
zu den Häfen der Mitgliedstaaten verweigert wurde,<br />
ABl. C 272 v. 13.11.2003, 16.<br />
9 Richtlinie 95/21/EG des Rates v. 19.6.1995 zur<br />
Durchsetzung internationaler Normen <strong>für</strong> die<br />
Schiffssicherheit, die Verhütung der Verschmutzung<br />
und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an<br />
Bord von Schiffe, die Gemeinschaftshäfen anlaufen<br />
und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten<br />
fahren (Hafenstaatkontrolle), ABl. L 157 v.<br />
7.7.1995, 1-19, zuletzt geändert durch die Richtlinie<br />
2001/106/EG des Europäischen Parlaments<br />
und des Rates v. 19.12.2001, ABl. L 19 v. 22.1.2002,<br />
17-31.<br />
10 Die Liste kann unter http://europa.eu.int/comm/<br />
transport/maritime/safety/index_en.htm eingesehen<br />
werden.<br />
11 Internationales Übereinkommen zur Verhütung<br />
der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MAR-<br />
POL 73/78).<br />
12 Verordnung (EG) Nr. 1726/2003 des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates v. 22.7.2003 zur Änderung<br />
der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 zur beschleunigten<br />
Einführung von Doppelhüllen oder<br />
gleichwertigen Konstruktionsanforderungen <strong>für</strong><br />
Einhüllen-Öltankschiffe, ABl. L 249 v. 1.10.2003, 1-<br />
4. Weitere Angaben unter http://europa.eu.int/<br />
comm/transport/maritime/safety/prestige_en.htm.<br />
13 Vgl. den Überblick unter http://www.imo.org/<br />
Safety/mainframe.asp?topic_id=155 und die<br />
Pressemitteilung über die 50. Sitzung der IMO<br />
vom 1.-4.12.2003 unter http://www.imo.org/<br />
Newsroom/mainframe.asp?topic_id=758&doc_id<br />
=3341.<br />
14 Verordnung (EG) Nr. 3051/95 des Rates v.<br />
8.12.1995 über Maßnahmen zur Organisation<br />
eines sicheren Schiffsbetriebs von Ro-Ro-Fahrgastfährschiffen,<br />
ABl. L 320 v. 30.12.1995, 14-24.<br />
115
Europäisches <strong>Umweltrecht</strong><br />
verpflichtet, ihn auf ihre Schiffe auf Auslandsfahrt<br />
anzuwenden. Die Kommission<br />
hat im Dezember 2003 eine Verordnung<br />
vorgeschlagen, 15 derzufolge der ISM-Code<br />
<strong>für</strong> alle Schiffe verbindlich wird, die die<br />
Flagge eines Mitgliedstaates führen. Ausgenommen<br />
sollen lediglich Kriegs- und Truppentransportschiffe,<br />
Vergnügungsjachten<br />
und Sport- sowie Fischereifahrzeuge sein.<br />
Die vorgeschlagene Verordnung soll eine<br />
ordnungsgemäße, strenge und harmonisierte<br />
Umsetzung des ISM-Codes in allen<br />
EG-Mitgliedstaaten erleichtern. Der ISM-<br />
Code verpflichtet die Schifffahrtsunternehmen,<br />
sichere Betriebsverfahren <strong>für</strong> Vorfälle<br />
und Unfälle einzurichten und eine Meeresverschmutzung<br />
zu verhindern. Der ISM-<br />
Code ist außerdem ein wichtiger Maßstab<br />
<strong>für</strong> die Anerkennung durch die Klassifikationsgesellschaften<br />
und bei den im Rah-<br />
Verordnung (EG) Nr. 2003/2003 des<br />
Europäischen Parlaments und des Rates<br />
v. 13.10.2003 über Düngemittel, ABl. L<br />
304 v. 21.11.2003, 1-194.<br />
Verordnung (EG) Nr. 2032/2003 der<br />
Kommission v. 4.11.2003 über die zweite<br />
Phase des Zehn-Jahres-Arbeitsprogramms<br />
gemäß Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie<br />
98/8/EG des Europäischen Parlaments<br />
und des Rates über das Inverkehrbringen<br />
von Biozid-Produkten und zur Änderung<br />
der Verordnung (EG) Nr. 1896/2000, ABl.<br />
L 307 v. 24.11.2003, 1-8.<br />
Schlussfolgerungen des Rates v.<br />
27.10.2003 zur einer Europäischen Strategie<br />
<strong>für</strong> Umwelt und Gesundheit, ABl.<br />
C 268 v. 7.11.2003, 2-5.<br />
Richtlinie 2003/108/EG des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates v.<br />
8.12.2003 zur Änderung der Richtlinie<br />
2002/96/EG über Elektro- und Elektronikaltgeräte,<br />
ABl. L 345 v. 31.12.2003,<br />
106 f.<br />
Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates v.<br />
16.12.2003 zur Änderung der Richtlinie<br />
96/82/EG des Rates zur Beherrschung<br />
der Gefahren bei schweren Unfällen mit<br />
gefährlichen Stoffen, ABl. L 345 v.<br />
31.12.2003, 97-105.<br />
Entscheidung der Kommission v.<br />
16.12.2003 über die von den Niederlanden<br />
nach Artikel 95 Absatz 4 EG-Vertrag<br />
notifizierten einzelstaatlichen Bestimmungen<br />
zur Verwendung kurzkettiger<br />
Chlorparaffine, ABl. L 1 v. 3.1.2004, 20-<br />
36.<br />
men der Hafenstaatkontrolle regelmäßig<br />
durchgeführten Inspektionen. Die zuständigen<br />
Behörden können einem Schiff die<br />
Ein- und Ausfahrt verweigern, das nicht<br />
über die erforderlichen ISM-Zeugnisse verfügt.<br />
Die vorgeschlagene Verordnung soll<br />
es auch der Europäischen Agentur <strong>für</strong> die<br />
Sicherheit des Seeverkehrs erleichtern,<br />
Maßnahmen zur technischen Zusammenarbeit<br />
im ISM-Bereich durchzuführen.<br />
D. Maßnahmen zur Steigerung<br />
der Energieeffizienz<br />
Die Kommission hat am 1.12.2003 ein Paket<br />
neuer Rechtsvorschriften zur Förderung von<br />
Investitionen zur Förderung der Energieinfrastruktur<br />
16 und der Versorgungssicherheit<br />
sowie zur Energieeinsparung vorgeschlagen.<br />
SONSTIGE RECHTSAKTE, PROGRAMMATISCHE PAPIERE UND MITTEILUNGEN<br />
Verordnung (EG) Nr. 2327/2003 des<br />
Europäischen Parlaments und des Rates<br />
v. 22.12.2003 zur Einrichtung einer auf<br />
Punkten basierenden Übergangsregelung<br />
<strong>für</strong> Schwerlastkraftwagen im Transit<br />
durch Österreich <strong>für</strong> das Jahr 2004 im<br />
Rahmen einer nachhaltigen Verkehrspolitik,<br />
ABl. L 345 v. 31.12.2003, 30-33.<br />
Sonderbericht Nr. 11/2003 über das Finanzierungsinstrument<br />
<strong>für</strong> die Umwelt<br />
(LIFE), zusammen mit den Antworten<br />
der Kommission, ABl. C 292 v.<br />
2.12.2003, 1-27.<br />
Vorschlag <strong>für</strong> eine Richtlinie des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates<br />
über Abfälle (kodifizierte Fassung), KOM<br />
(2003) 731 endg. v. 27.11.2003.<br />
Vorschlag <strong>für</strong> eine Verordnung des<br />
Rates über ein Gemeinschaftsprogramm<br />
zur Erhaltung, Charakterisierung, Sammlung<br />
und Nutzung genetischer Ressourcen<br />
in der Landwirtschaft, KOM (2003)<br />
817 endg. v. 22.12.2003.<br />
Bericht der Kommission an das Europäische<br />
Parlament und den Rat, Zwischenbewertung<br />
der Verordnung (EG)<br />
Nr. 1655/2000 LIFE, KOM (2003) 668<br />
endg. v. 5.11.2003.<br />
Mitteilung der Kommission an den<br />
Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen<br />
Wirtschafts- und Sozialausschuss<br />
und den Ausschuss der Regionen,<br />
Grundlinien zur Nachhaltigkeit des<br />
europäischen Tourismus, KOM (2003)<br />
716 endg. v. 21.11.2003.<br />
Bericht der Kommission gemäß der<br />
Entscheidung Nr. 93/389/EWG des Rates<br />
Der Vorschlag einer Richtlinie des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates zur Endenergieeffizienz<br />
und zu Energiedienstleistungen<br />
17 zielt auf eine jährliche Energieeinsparung<br />
in Höhe von 1 % in allen<br />
Mitgliedstaaten und schafft dazu einen Rahmen<br />
mit gemeinsamen Begriffsbestimmun-<br />
15 Vorschlag <strong>für</strong> eine Verordnung des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates zur Umsetzung des<br />
Internationalen Codes <strong>für</strong> Maßnahmen zur Organisation<br />
eines sicheren Schiffsbetriebs innerhalb<br />
der Gemeinschaft, KOM (2003) 767 endg. v.<br />
11.12.2003.<br />
16 Vorschlag <strong>für</strong> eine Richtlinie des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur<br />
Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung<br />
und von Infrastrukturinvestitionen,<br />
KOM (2003) 740 endg. v. 10.12. 2003; vgl. auch<br />
Mitteilung der Kommission an das Europäische<br />
Parlament und an den Rat, Energieeffizienz und<br />
Versorgungssicherheit, KOM (2003) 743 endg. v.<br />
10.12.2003.<br />
17 KOM (2003) 739 endg. v. 10.12.2003.<br />
über ein System zur Beobachtung von<br />
Treibhausgasen in der Gemeinschaft,<br />
geändert durch die Entscheidung Nr.<br />
99/296/EG, KOM (2003) 735 endg. v.<br />
28.11.2003.<br />
Mitteilung der Kommission an den<br />
Rat und das Europäische Parlament,<br />
Überprüfung der Umweltpolitik 2003.<br />
Konsolidierung der Umweltdimension<br />
nachhaltiger Entwicklung, KOM (2003)<br />
745 endg. v. 3.12.2003.<br />
Bericht der Kommission an den Rat,<br />
Überprüfung der Europäischen Umweltagentur<br />
(EUA), KOM (2003) 800<br />
endg. v. 22.12.2003.<br />
Mitteilung der Kommission an das<br />
Europäische Parlament und den Rat,<br />
Umsetzung der »Bonner Leitlinien«<br />
über den Zugang zu genetischen Ressourcen<br />
und die gerechte und ausgewogene<br />
Beteiligung an den Vorteilen aus<br />
ihrer Nutzung im Rahmen des Übereinkommens<br />
über die biologische Vielfalt,<br />
KOM (2003) 821 endg. v. 23.12. 2003.<br />
Mitteilung der Kommission an den<br />
Rat und das Europäische Parlament, Ein<br />
Jahr nach dem Weltgipfel <strong>für</strong> nachhaltige<br />
Entwicklung: den Verpflichtungen<br />
Taten folgen lassen, KOM (2003)<br />
829 endg. v. 23.112.2003.<br />
Bericht über die Umsetzung der<br />
Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung<br />
der natürlichen Lebensräume sowie der<br />
wild lebenden Tiere und Pflanzen, KOM<br />
(2003) 845 endg. v. 5.1.2004.<br />
116 ZUR 2/2004
gen, Instrumenten sowie methodischen<br />
Zielen und Verpflichtungen <strong>für</strong> den öffentlichen<br />
und privaten Sektor. Pro Jahr ist 1 % des<br />
Energievolumens, das in den vergangenen<br />
fünf Jahren an Endkunden verteilt und/oder<br />
verkauft wurde, einzusparen. Diese Einsparungen<br />
sollen durch Kumulation der Zielvorgaben<br />
der Folgejahre bis einschließlich<br />
2012, längstens jedoch sechs Jahre lang, zunehmen.<br />
Sie müssen in folgenden Sektoren<br />
vorgenommen werden: Haushalte, Landwirtschaft,<br />
gewerblicher und öffentlicher<br />
Sektor, Verkehr und Industrie. Ausgenommen<br />
sind die in Anhang I der Emissionshandelsrichtlinie<br />
2003/87/EG 18 genannten<br />
Anlagen und die in Anhang I der<br />
IVVU-Richtlinie 1996/61/EG 19 genannten<br />
industriellen Aktivitäten sowie die Verkehrsmittel<br />
der Luft- und Seefahrt. Für den öffentlichen<br />
Sektor soll eine erhöhte Einsparquote<br />
von jährlich 1,5 % gelten. Es soll vor allem<br />
durch eine energieeffiziente öffentliche Beschaffung<br />
erreicht werden; da<strong>für</strong> können die<br />
Mitgliedstaaten besondere Leitlinien <strong>für</strong><br />
energieeffiziente Beschaffung anwenden.<br />
Alle Energiearten werden berücksichtigt. Um<br />
bei der Anrechnung auf die Energieeinsparziele<br />
berücksichtigt zu werden, müssen<br />
die Aktivitäten zu überprüf- und messbaren<br />
BUNDESUMWELTRECHT<br />
Malte Kohls / Moritz Reese / Peter Schütte<br />
ZUR 2/2004<br />
Ergebnissen führen, ohne die Umweltauswirkungen<br />
zu erhöhen. Die Kosten der<br />
Energieeinsparmaßnahmen sollen deren<br />
Nutzen nicht übersteigen. Eine nicht abschließende<br />
indikative Liste nennt zahlreiche<br />
<strong>für</strong> Energieeinsparmaßnahmen in Frage<br />
kommende Bereiche und Maßnahmen.<br />
Die Energieversorger und/oder Energieeinzelhandelsunternehmen,<br />
die Elektrizität,<br />
Gas, Fernwärme und/oder Heizöl verkaufen,<br />
müssen Energiedienstleistungen als integralen<br />
Bestandteil der Verteilung und/oder des<br />
Verkaufs von Energie an Kunden anbieten<br />
und aktiv fördern. Sie dürfen die Durchführung<br />
von Energiedienstleistungen und<br />
Energieeffizienzmaßnahmen nicht behindern<br />
und das Entstehen entsprechender<br />
Märkte nicht beeinträchtigen. Die Mitgliedstaaten<br />
sollen sicherstellen, dass geeignete<br />
Qualifikations-, Akkreditierungs- und/oder<br />
Zertifizierungssysteme <strong>für</strong> Marktbeteiligte,<br />
die Energiedienstleistungen erbringen, eingerichtet<br />
werden; Zertifikate sind gegenseitig<br />
anzuerkennen. Die Mitgliedstaaten<br />
haben zu gewährleisten, dass es unabhängige<br />
und qualitativ hochwertige Energieauditsysteme<br />
gibt. In Tarifsystemen enthaltene<br />
Anreize <strong>für</strong> die Erhöhung des Volumens<br />
übertragener Energie sind zu beseitigen. Ver-<br />
Bundesumweltrecht<br />
sorgungsunternehmen ist eine Refinanzierung<br />
<strong>für</strong> Energieeffizienzinvestitionen, die<br />
sie in den Endeinrichtungen ihrer Kunden<br />
vornehmen, zu gestatten. Es ist sicherzustellen,<br />
dass der tatsächliche Energieverbrauch<br />
genau und häufig genug gemessen und die<br />
Abrechnungen informativ und ausreichend<br />
häufig sind. Unbeschadet des gemeinschaftlichen<br />
Beihilferechts soll den Mitgliedstaten<br />
gestattet werden, Fonds einzurichten, die<br />
die Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen<br />
subventionieren und die Entwicklung<br />
eines Marktes <strong>für</strong> Energiedienstleistungen<br />
fördern.<br />
18 ABl. L 275 v. 25.10.2003, 32-46.<br />
19 ABl. L 257 v. 10.10.1996, 26-40.<br />
PD Dr. Josef Falke,<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum <strong>für</strong><br />
Europäische Rechtspolitik an der Universität<br />
Bremen; Anschrift: Universitätsallee, GW 1,<br />
28359 Bremen; jfalke@zerp.uni-bremen.de.<br />
Neueste Entwicklungen im Bundesumweltrecht<br />
Berichtsperiode 1.11.2003. -31.12. 2004<br />
Die Bundes-Umweltgesetzgebung hat in<br />
der Berichtsperiode September/Oktober<br />
2003 kaum wesentliche Neuerungen in<br />
Kraft gesetzt (s. Zusammenstellung im<br />
grauen Kasten). Beherrschendes <strong>Thema</strong> der<br />
Vorbereitungsebene war die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes<br />
(EEG), die<br />
vom Bundeskabinett am 17.12.2003 beschlossen<br />
wurde 1 . Ein erster Schritt zur Novellierung<br />
des EEG wurde durch die seit<br />
dem 1.1.2004 geltende neue Sonnenstrom-<br />
Vergütung getan:<br />
Durch das sog. »Photovoltaik-Vorschaltgesetz«<br />
2 wird die Vergütung <strong>für</strong> Strom aus<br />
solarer Strahlungsenergie in § 8 EEG <strong>für</strong> Anlagen,<br />
die ab dem 1.1.2004 in Betrieb genommen<br />
werden oder die in der Fläche eines<br />
Bebauungsplanes errichtet worden sind,<br />
neu geregelt 3 . Sämtliche Anlagen erhalten<br />
gemäß § 8 Abs. 1 EEG eine Grundvergütung<br />
von 45,7 Cent pro Kilowattstunde. Dies bedeutet<br />
zwar eine Verminderung der Grundvergütung<br />
um etwa fünf Cent gegenüber<br />
der bisherigen Regelungslage in § 8 Abs. 1<br />
EEG a.F.. Allerdings enthält § 8 Abs. 2 EEG<br />
n.F. eine Reihe von Tatbeständen, bei deren<br />
Vorliegen eine Erhöhung der Grundvergütung<br />
eintritt:<br />
– bis zu 11,7 Cent pro Kilowattstunde, wenn<br />
eine Anlage ausschließlich an oder auf<br />
einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand<br />
angebracht ist, und<br />
– ggf. nochmals um fünf Cent pro Kilowattstunde,<br />
wenn eine Solaranlage fassadenintegriert<br />
ist.<br />
Ab dem 1.1.2005 ist die Vergütung de-<br />
gressiv ausgestaltet. Die Mindestvergütungen<br />
vermindern sich dann jährlich um jeweils<br />
fünf Prozent.<br />
1 Gesetzentwurf und Begründung können unter<br />
www.erneuerbare-energien.de/1024 heruntergeladen<br />
werden. Der Gesetzentwurf wird nunmehr<br />
dem Bundesrat zugeleitet. Zum Referentenentwurf<br />
vgl. ZUR 2003, 438.<br />
2 Zweites Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes,<br />
BGBl. I 2003, 3074.<br />
3 Dies ergibt sich aus der Übergangsvorschrift im<br />
neuen § 13 EEG. Satz 1 dieser Vorschrift ist allerdings<br />
etwas kryptisch, da dieser einer Übergangsregelung<br />
<strong>für</strong> Strom aus Anlagen, die »bis zum 31.<br />
Dezember 2003 in Betrieb genommen worden<br />
sind« nach bestimmten Maßgaben regelt, »sofern<br />
die Anlage nach dem 31. Dezember 2003 in Betrieb<br />
genommen worden ist.«<br />
117
Tagungsbericht<br />
Verordnung über Kosten <strong>für</strong> Amtshandlungen<br />
der Bundesanstalt <strong>für</strong> Landwirtschaft<br />
und Ernährung nach § 2 Abs. 2<br />
des Öko-Landbaugesetzes (BLE-ÖLG-Kostenverordnung<br />
– BLEÖLGKostV), BGBl.<br />
I 2003, 2358<br />
Vierte Verordnung zur Änderung der<br />
Verordnung zu den Internationalen Regeln<br />
von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen<br />
auf See, BGBl. I 2003,<br />
2370<br />
Verordnung über das Inverkehrbringen<br />
von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen,<br />
TAGUNGSBERICHT<br />
11. Rostocker Seerechtsgespräch<br />
Nutzungs- und Schutzkonflikte in der Ausschließlichen Wirtschaftszone<br />
(AWZ) – rechtliche Steuerungsmöglichkeiten –<br />
Bereits zum 11. Mal jährte sich am 14.11.2003 das Rostocker Seerechtsgespräch,<br />
das in bewährter Kooperation vom Ostseeinstitut<br />
<strong>für</strong> Seerecht und <strong>Umweltrecht</strong> (OSU) der Universität Rostock, dem<br />
Bundesamt <strong>für</strong> Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), dem Deutschen<br />
Verein <strong>für</strong> Internationales Seerecht und dem Förderverein<br />
des Ostseeinstituts veranstaltet wurde. Aufgrund der aktuellen<br />
<strong>Thema</strong>tik erfreute sich das diesjährige Seerechtsgespräch unter<br />
dem Aspekt der Nutzungs- und Schutzkonflikte in der Ausschließlichen<br />
Wirtschaftzone (AWZ) mit 140 Teilnehmern wiederum hohen<br />
Interesses in Wissenschaft, Justiz, Verwaltung und Rechtsanwaltschaft.<br />
Der Geschäftsführende Direktor des OSU, Prof. Dr. W. Erbguth,<br />
Universität Rostock, begrüßte in seiner Ansprache die angereisten<br />
Teilnehmer und gab einleitend einen Überblick über den rechtlichen<br />
Gegenstand der Veranstaltung.<br />
Der hieran anschließende erste Vortrag von Prof. Dr. P. Ehlers,<br />
Präsident des BSH, Hamburg, zeigte äußerst anschaulich vor dem<br />
Hintergrund divergierender Nutzungsinteressen wie der Seeschifffahrt,<br />
der Seefischerei, dem Meeresbergbau, der Errichtung von<br />
Anlagen, der Verlegung von Rohrleitungen und Unterwasserkabeln,<br />
der Meeresforschung, der Abfallbeseitigung sowie der militärischen<br />
Nutzung das Nutzungsregime der AWZ auf. Zur Vergegenständlichung<br />
des Ordnungsrahmens untersuchte Ehlers,<br />
inwieweit die jeweilige Nutzung innerhalb der AWZ und des deutschen<br />
Festlandsockels ordnenden Regelungen unterworfen sei.<br />
Die dem Küstenstaat vornehmlich durch das Seerechtsübereinkommen<br />
(SRÜ) eingeräumten funktional begrenzten souveränen<br />
Rechte und Hoheitsbefugnisse fänden ihre Beschränkung in den<br />
so genannten Kommunikationsfreiheiten, d. h. der Freiheit der<br />
Schifffahrt, des Überflugs und der Verlegung von Rohrleitungen<br />
und Kabeln, die innerhalb des nationalen Rechts zu beachten<br />
wären. Sodann legte Ehlers jeweils den völkerrechtlichen Hinter-<br />
118<br />
IN KRAFT GETRETEN:<br />
Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln<br />
(Düngemittelverordnung – DüMV), BGBl. I<br />
2003, 2373<br />
Vierte Verordnung zur Änderung pflanzenschutzrechtlicher<br />
Vorschriften, BGBl. I<br />
2003, 2438<br />
Sechste Schiffssicherheitsanpassungsverordnung,<br />
BGBl. I 2003, 2465<br />
Ausführungsgesetz zu dem Übereinkommen<br />
vom 9.9.1996 über die Sammlung, Abgabe<br />
und Annahme von Abfällen in der<br />
Rhein- und Binnenschifffahrt, BGBl. I 2003,<br />
2642<br />
Verordnung zur Erhebung von Gebühren<br />
bei notifizierungsbedürftigen<br />
Verbringungen von Abfällen durch die<br />
Bundesrepublik Deutschland (Abfallverbringungsgebührenverordnung<br />
– AbfVerbrGebV),<br />
BGBl. I 2003, 2749<br />
Zweites Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes,<br />
BGBl. I<br />
2003, 3074<br />
Zwölftes Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes,<br />
BGBl. I 2003, 3093<br />
grund der einzelnen Nutzungsarten dar, deren Umsetzung in nationales<br />
Recht und zeigte abschließend etwaige Konflikte zu anderen<br />
Nutzungen sowie bestehende Lösungsansätze auf. Resümierend<br />
konstatierte er, dass Prioritätensetzung und Steuerung gerade<br />
bei Nutzungskonflikten allenfalls schwach ausgeprägt seien und<br />
bemängelte weiter, dass es an einem Gesamtkonzept <strong>für</strong> die AWZ<br />
fehle. Im Vordergrund solle nicht der Wettlauf zwischen den verschiedenen<br />
Nutzungs- und Schutzinteressen stehen, als vielmehr<br />
ein übergreifendes Ordnungsinstrument. Dem sei die Bundesregierung<br />
mit der Ausweitung des Raumordungsgesetzes (ROG) auf<br />
die AWZ durch den Gesetzentwurf zum Europarechtsanpassungsgesetz-Bau<br />
(EAG-Bau) ein Stück näher gerückt.<br />
Prof. Dr. M. Gellermann, Osnabrück, beschäftigte sich im Anschluss<br />
mit dem Recht der natürlichen Lebensgrundlagen in der AWZ. Anhand<br />
des von großer Aktualität gekennzeichneten Beispiels der Errichtung<br />
von Offshore-Windparks arbeitete er heraus, welche Vorschriften<br />
im Bereich der AWZ da<strong>für</strong> Gewähr böten, um auf etwaige<br />
Bedrohungslagen zu reagieren oder bestehende Schutzaufgaben zu<br />
erfüllen. Zunächst näherte sich Gellermann mit der Seeanlagenverordnung<br />
(SeeAnlV) dem <strong>für</strong> Offshore-Windenergieanlagen maßgeblichen<br />
Genehmigungsregime. Er rekurrierte vornehmlich auf die<br />
Vorschrift § 3 SeeAnlV, welche in abschließender Weise die <strong>für</strong> Offshore-Windkraftanlagen<br />
zu stellenden materiell-rechtlichen Anforderungen<br />
umschreibe. Um den Schlüsselbegriff der »Gefährdung der<br />
Meeresumwelt« in § 3 S. 1 SeeAnlV einer Konkretisierung zuzuführen,<br />
widmete sich Gellermann den Regelbeispielen des § 3 S. 2 See-<br />
AnlV. Sein Blick ging dabei zum einen auf § 3 S. 2 Nr. 3 SeeAnlV, wonach<br />
einem Windpark die Genehmigung dann zu versagen sei,<br />
wenn sich mit seiner Errichtung die Besorgnis einer »Verschmutzung<br />
der Meeresumwelt« i.S.d. Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 SRÜ verbinde und zum<br />
anderen auf § 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV, wonach die Gefährdung des Vogelzuges<br />
einer Genehmigung entgegenstünde. Der Referent zeigte<br />
ZUR 2/2004
auf, dass die einzelnen Schutzgüter keine klare Umschreibung erfahren<br />
hätten und deshalb den Schlüsselbegriff der »Gefährdung der<br />
Meeresumwelt« nur wenig ausschöpften. Im weiteren Verlauf des<br />
Vortrags wendete er sich dem europäischen Habitatschutz zu. Mit<br />
§ 38 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) habe der Bundesgesetzgeber<br />
eine Vorschrift geschaffen, die zur Unterschutzstellung zu sichernder<br />
Meeresflächen verpflichte. Neben der Pflicht zur FFH-Verträglichkeitsprüfung<br />
begründe die Vorschrift ein Verbot erheblicher<br />
Gebietsbeeinträchtigungen. Gellermann bemängelte jedoch, dass der<br />
Gesetzgeber es versäumt habe, das Verhältnis von Seeanlagenverordnung<br />
und Habitatschutz zueinander zu klären. In Bezug auf das<br />
Artenschutzrecht und die Eingriffsregelung konstatierte er, dass eine<br />
Erstreckung jener Vorschriften auf die AWZ im Zuge der Novellierung<br />
des BNatSchG aus dem Jahre 2002 nicht nachvollzogen wurde.<br />
Im Hinblick auf den Artenschutz könne indes auf Art. 12, 16 FFH-RL<br />
sowie Art. 5, 9 VRL zurückgegriffen werden. Zudem bedürfe mit Einführung<br />
des § 2 a SeeAnlV die Errichtung von Offshore-Windenergieanlagen<br />
einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), sodass unter<br />
Heranziehung von § 6 Abs. 3 Nr. 2 UVPG eine Eingriffsregelung »eigener<br />
Art« zur Anwendung gelange. Zum Abschluss hielt er fest, dass<br />
dem Korrespondenzverhältnis zwischen Nutzung und Schutz des<br />
Meeres im Hinblick auf die Offshore-Windenergienutzung trotz aufgezeigter<br />
Mängel gerade durch die Offenheit und Weite des Schlüsselbegriffs<br />
der »Gefährdung der Meeresumwelt« hinreichend Rechnung<br />
getragen werden könne.<br />
Im Anschluss wandte sich Prof. Dr. K. Ott, Mitglied des Rates von<br />
Sachverständigen <strong>für</strong> Umweltfragen (SRU), Universität Greifswald,<br />
unter dem Aspekt widerstreitender Konfliktsituationen den zentralen<br />
Inhalten der Stellungnahme des SRU zur »Windenergienutzung<br />
auf See« von April diesen Jahres zu. Ott unterstrich zunächst,<br />
dass Wissenschaftler wie Ehlers und Czybulka einen großen Anteil<br />
daran genommen hätten, das Bild von einem unendlichen Meer<br />
aus den Köpfen der Menschen zu verbannen. Insoweit komme<br />
niemand umhin, sich der nüchternen Wahrheit einer bestehenden<br />
Knappheitssituation aufgrund unterschiedlichster Nutzungsarten<br />
zu stellen. Es gelte die Konflikte der Klimaschutzziele auf der<br />
einen und der Naturschutzbelange auf der anderen Seite, im Rahmen<br />
einer Art praktischen Konkordanz entsprechend auszutarieren.<br />
In diesem Zusammenhang wies der Referent schlagwortartig<br />
auf den Atomausstieg, die streitige Zukunft der Kohlenutzung, die<br />
Förderung erneuerbarer Energiequellen durch das Erneuerbare Energiengesetz<br />
(EEG) und die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der<br />
Bundesregierung hin. Die Offshore-Windenergienutzung stelle<br />
eine moderne Konfliktsituation der Umweltpolitik dar, die sich<br />
durch ein legitimes Ziel, den Ehrgeiz eines zügigen Ausbaus, damit<br />
in Zusammenhang stehendem hohen Zeitdruck, aber auch wissenschaftliche<br />
Forschungslücken und Kontroversen auszeichne.<br />
Rechtliche, planerische und ökonomische Dissense seien bei solchen<br />
Vorhaben regelmäßig die Folge. Ott lobte insoweit das abgestufte<br />
Vorgehen des Bundesministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz<br />
und Reaktorsicherheit (BMU), da ein gewichtiges Ziel in der Konfliktminimierung<br />
und –entschärfung zu sehen sei. Um dieser Zielsetzung<br />
weitere Schritte entgegen zu gehen, verwies der Referent<br />
auf die im Rahmen der Stellungnahme des SRU zur Bewertung der<br />
derzeitigen Rechtslage getätigten vier Empfehlungen. Hiernach<br />
solle die Seeanlagenverordnung dahingehend novelliert werden,<br />
dass dem BSH ein Planungs- und Bewirtschaftungsermessen eingeräumt<br />
würde, darüber hinaus sollten die umfänglichen wissenschaftlichen<br />
Begleitforschungen in Verwaltungsvorschriften gebündelt<br />
werden. Zudem sei neben der Ersetzung der<br />
Beschleunigungsregelung durch sanktionsbewehrte Beteiligungsrechte<br />
die Etablierung eines Raumordnungsregimes <strong>für</strong> die AWZ<br />
zu fordern. Positiv hob Ott die Negativplanung durch Ausweisung<br />
von Meeresschutzgebieten hervor und machte auf die am<br />
ZUR 2/2004<br />
Tagungsbericht<br />
12.11.2003 durch den Bundesumweltminister Trittin vorgeschlagenen<br />
zehn Schutzgebiete in den küstenfernen Bereichen von<br />
Nord- und Ostsee aufmerksam, welche im Dezember 2003 in<br />
öffentlichen Anhörungen in Bremen, Stralsund und Rendsburg<br />
erörtert werden sollen. Am Ende seines Vortrages verwies er auf<br />
die Möglichkeit der Ausweisung von Eignungsgebieten <strong>für</strong> Offshore-Windenergieanlagen,<br />
ließ indes offen, ob eine weitergehende<br />
Planung erforderlich werde.<br />
Den Abschluss des Vortragsabends bildete Prof. Dr. W. Erbguth,<br />
Universität Rostock, mit seinen Ausführungen zur Raumordnung<br />
in der AWZ, die insbesondere den jüngst vorgelegten Gesetzesentwurf<br />
zur Änderung des Raumordnungsgesetzes (ROG) betrafen.<br />
Erbguth konstatierte, dass vor dem Hintergrund konfligierender<br />
Nutzungsinteressen zu klären bliebe, was an vorausschauender<br />
räumlicher (Gesamt-)Planung in der AWZ völkerrechtlich zulässig<br />
sei und welche Instrumente die deutsche Rechtsordnung insoweit<br />
bereithielte. Hier<strong>für</strong> richtete er den Blick zunächst auf die völkerrechtlichen<br />
Vorschriften des SRÜ und stellte heraus, dass sich unter<br />
den funktional beschränkten Hoheitsrechten, die den Küstenstaaten<br />
in der AWZ nach dem SRÜ zuständen, keine fänden, die<br />
explizit gesamtplanerische Gestaltungsmöglichkeiten im geographischen<br />
Raum AWZ eröffneten. Im Gefolge des völkerrechtlichen<br />
Auslegungsgrundsatzes der »necessary implication«, demzufolge<br />
eine Vertragspartei zur Erfüllung eines Vertrages erforderliche<br />
Rechte aus dem Vertrag ergänzend herleiten könne, selbst wenn<br />
jene nicht ausdrücklich im Vertragstext statuiert seien, spräche<br />
vieles da<strong>für</strong>, dass den Küstenstaaten eine derartige Kompetenz zukomme.<br />
<strong>Das</strong> SRÜ gestatte jedoch nur eine (gesamt)planerische<br />
Vorabentscheidung, die sich gegenüber den funktional beschränkten<br />
Hoheitsrechten der Küstenstaaten artikuliere. Daran<br />
anschließend widmete sich Erbguth den Handlungsmöglichkeiten<br />
des Bundes und der Länder <strong>für</strong> eine räumliche Gesamtplanung in<br />
der AWZ nach deutschem Recht. In diesem Zusammenhang problematisierte<br />
er zunächst die Anwendbarkeit nationaler Regelungen<br />
innerhalb des Funktionshoheitsraumes, wobei er darlegte,<br />
dass jene Vorschriften solange Geltung beanspruchten, wie sie den<br />
durch das SRÜ limitierten funktionellen Beschränkungen entsprächen.<br />
Sodann problematisierte der Referent die Geltung der<br />
grundgesetzlichen Kompetenzverteilung und stellte heraus, dass<br />
die Zuordnung von legislativen und exekutiven Befugnissen in der<br />
AWZ denselben Regeln folge wie die Kompetenzverteilung innerhalb<br />
des deutschen Staatsgebiets. Rückgriff nehmend auf die<br />
durch das Baurechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts<br />
(BVerfG) aus dem Jahre 1954 getroffenen Voraussetzungen <strong>für</strong><br />
eine Bundesraumordnung müsse sich die zu regelnde Aufgabe im<br />
Zuge einer Kompetenz kraft Natur der Sache zum einen auf das<br />
Bundesgebiet als Ganzes beziehen und zum anderen die Selbstkoordinierung<br />
der Länder keine praktikable Alternative zur Bewältigung<br />
der Aufgabe darstellen. Beide Voraussetzungen sah der Referent<br />
als nicht gegeben an und ging noch einen Schritt weiter,<br />
indem er die Raumordnung in der AWZ nur den Küstenbundesländern<br />
zuschrieb. Im letzten Teil seines Vortrags widmete er sich<br />
den Änderungen des Raumordnungsgesetzes durch den Gesetzentwurf<br />
zum Europarechtsanpassungsgesetz-Bau (EAG-Bau) vom<br />
15.10.2003. Dieser füge neben einer die deutsche AWZ betreffenden<br />
Erstreckungsregelung in § 1 Abs. 1 ROG und einer Ergänzung<br />
des die Umwelt betreffenden Raumordnungsgrundsatzes in<br />
§ 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG um »Meeresgebiete« einen neuen § 18a ROG<br />
ein. Der Vortragende unterstrich, dass der durch Art. 2 Nr. 7 EAG-<br />
BauE in § 18a ROG neu eingeführten Bundesraumordnung eine<br />
vom Vorstehenden grundsätzlich abweichende Sichtweise zugrunde<br />
liege. Der Entwurf nehme nicht nur die gesetzliche Regelung<br />
der Raumordnung in der AWZ <strong>für</strong> den Bund in Anspruch,<br />
sondern weise sie zugleich Bundesstellen zu, nämlich dem Bun-<br />
119
Tagungsbericht<br />
desministerium <strong>für</strong> Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen und dem<br />
ihm nachgeordneten Bundesamt <strong>für</strong> Bauwesen und Raumordnung.<br />
Erbguth kritisierte vor allem die bundeseinheitliche Regelung<br />
vor dem Hintergrund der strengen Voraussetzungen des<br />
Art. 75 Abs. 2 GG und im Speziellen die Neuregelung des<br />
§ 18a Abs. 3 ROG, welcher das Verhältnis der raumordnerischen<br />
Festsetzungen in der AWZ zur Seeanlagenverordnung regele. Er<br />
hielt insoweit die geplante Regelung zur Bundesraumordnung in<br />
der AWZ verfassungsrechtlich <strong>für</strong> nicht haltbar. Trotz dieser Kritik<br />
verwies Erbguth darauf, dass es sich um planerisches Neuland<br />
handele, welches eine sachlich notwendige und vorausschauende<br />
Koordinierung der sich aus der absehbaren Nutzungsintensivierung<br />
in der AWZ ergebenden Konfliktsituationen und Flächenkonkurrenzen<br />
erfordere.<br />
In der sich anschließenden lebhaften Podiumsdiskussion unter<br />
der Leitung von Dr. S. Schlacke, Universität Rostock, bildete vor allem<br />
wegen der anstehenden Novellierung des Raumordnungsgesetzes<br />
der Vortrag von Erbguth hervorragenden »Zündstoff«. Alle<br />
Beteiligten waren sich einig, dass die aufgrund der Begrenztheit<br />
des Raumes »Meer« bestehenden Nutzungskonflikte einer endgültigen<br />
Lösung zugeführt werden müssen. Zum Teil wurde das<br />
Novellierungsvorhaben des Raumordnungsgesetzes durch die<br />
Bundesregierung in seiner derzeitigen Form als ein willkommener<br />
Lösungsansatz begrüßt. Die Parallelproblematik stelle sich ebenso<br />
im Rahmen von § 38 BNatSchG, wo der Bund beispielhaft eine<br />
Vorbildfunktion auch vor dem Hintergrund der desaströsen Ausweisungssituation<br />
von Schutzgebieten im terrestrischen Bereich<br />
27. umweltrechtliche Fachtagung der Gesellschaft<br />
<strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> am 7./8. November<br />
2003 in Leipzig<br />
Zur Eröffnung der 27. umweltrechtlichen Fachtagung der Gesellschaft<br />
<strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> (GfU) begrüßte ihr Vorsitzender Prof. Dr.<br />
Klaus-Peter Dolde die Teilnehmer im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.<br />
Er bedankte sich zunächst beim Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts<br />
Dr. Eckart Hien da<strong>für</strong>, dass auch diesmal die Tagung an<br />
diesem Ort stattfinden dürfe. Dolde wies auch auf die neu gestaltete<br />
Homepage der Gesellschaft (www.gesellschaft-fuer-umweltrecht.de)<br />
sowie auf den neuen Umweltpreis hin, den die Gesellschaft ausgeschrieben<br />
hat (nähere Informationen dazu finden sich auf der o.g.<br />
Webseite).<br />
Der Bundesminister <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />
Jürgen Trittin hob in seiner Grußrede die zentrale Bedeutung der<br />
Themen, insbesondere der Aarhus-Konvention hervor. Der Zugang zu<br />
Umweltinformationen habe eine wesentliche Bedeutung bei der Lösung<br />
von Konflikten. Zum <strong>Thema</strong> Umweltprobleme bei der Zulassung<br />
von Flughäfen verwies er als Beispiel auf die Flughäfen Tempelhof<br />
und Schöneberg, die unter den heutigen Gesichtspunkten nicht<br />
mehr genehmigungsfähig wären.<br />
Im Hinblick auf die von den Wirtschaftsverbänden geforderte Flexibilisierung<br />
des Ordnungsrechts verwies Herr Trittin auf die Querelen<br />
bei der »Neueinführung« z. B. der Emissions-Zertifizierung und des<br />
Dosenpfands. Die durch diese Verbände propagierten Selbstverpflichtungen<br />
seien nicht immer das primär bessere Instrument zur<br />
Zielerreichung und dürften in der Folge nicht zum Abbau der Rechtsstaatlichkeit<br />
führen. Es liege häufig nicht an den Möglichkeiten, sondern<br />
an dem »Wollen« Einzelner. Insofern sollten Selbstverpflichtungen<br />
immer eine klare, rechtsverbindliche Zielsetzung aufweisen,<br />
120<br />
der einzelnen Bundesländer einnehme. Dem wurde jedoch entgegengehalten,<br />
dass der hinter der Novellierung des Raumordnungsgesetzes<br />
stehende gesetzgeberische Wille zwar positiv zu<br />
bewerten sei, die geschaffenen Regelungen aber auf keinen Fall der<br />
Konfliktsituation hinreichend Rechnung getragen hätten. Am<br />
Ende der Diskussion wurde sich dahingehend geeinigt, dass den<br />
bestehenden Kompetenzstreitigkeiten durch Schaffung einer Bundeskompetenz<br />
entgegengewirkt werden könne.<br />
Die Vorträge werden in der Rostocker Schriftenreihe zum Seeund<br />
<strong>Umweltrecht</strong> (<strong>Nomos</strong>-Verlagsgesellschaft) dokumentiert.<br />
Maxi Keller<br />
Maxi Keller<br />
Wiss. Mitarbeiterin am Ostseeinstitut <strong>für</strong> Seerecht und <strong>Umweltrecht</strong> (OSU),<br />
Universität Rostock – Juristische Fakultät, Richard-Wagner-Str. 31, 18119<br />
Rostock-Warnemünde, E-Mail: maxi.keller@jurfak.uni-rostock.de.<br />
Tätigkeitsschwerpunkte: (See-)Völkerrecht sowie europäisches und nationales<br />
<strong>Umweltrecht</strong> insbesondere Meeresumweltrecht.<br />
Aktuelle Veröffentlichung: Rechtliche Probleme bei der Planung und Genehmigung<br />
von Offshore-Windenergieanlagen im Küstenmeer und der Ausschließlichen<br />
Wirtschaftszone, Traditio et Innovatio 2003, 38f. (zusammen mit<br />
Michael Bohnhoff).<br />
einen Überprüfungsmechanismus enthalten und gesicherte Rechtsfolgen<br />
im Konfliktfall ausweisen. Er stellte dar, dass die Verbände die<br />
Anstrengungen der Regierung zum Klimaschutz unterstützen würden,<br />
insbesondere im Hinblick auf ein Gutachten im Auftrag des BDI,<br />
welches gezeigt habe, dass die Reduzierung von Treibhausgasen nicht<br />
ohne weitere Anstrengungen erreicht werden würde. Insofern verwundere,<br />
dass die Wirtschaftsverbände die Möglichkeiten der Emissions-Zertifizierung<br />
nicht haben wollen.<br />
In seinem Referat »Aarhus-Konvention – Umweltinforationen, Öffentlichkeitsbeteiligung,<br />
Zugang zu den Gerichten« hob Prof. Dr. Thomas<br />
von Dankwitz, Universität Köln, die Steigerung des partizipativen<br />
Demokratieempfindens der Bevölkerung und die Schaffung von<br />
Transparenz hervor. Im Folgenden beschrieb er das »Drei-Säulen-Modell«<br />
der Konvention. Diese stütze sich auf die Säulen »Information«,<br />
»Beteiligung« und »Rechtsschutz«.<br />
Er stellte heraus, dass der durch die erste Säule vermittelte Informationsanspruch<br />
ein Populär-Anspruch sei. Der Anspruch sei<br />
denkbar weit gefasst und erlaube den Zugang zu nahezu sämtlichen<br />
Umweltdaten. Die zweite (»Beteiligungs«-)Säule sehe eine obligatorische<br />
Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit sowie der Öffentlichkeit<br />
mit einem Interesse an der Entscheidung vor. Für Umweltschutzverbände<br />
werde ein solches Interesse nach Art. 2 Nr. 5 der<br />
Konvention aus ihrem Verbandszweck gefolgert. Art. 9 der Konvention<br />
befasse sich mit der dritten Säule, also dem Rechtsschutz bei<br />
Verletzung der Informations- oder Beteiligungsrechte. Nach Art. 9<br />
Abs. 3 richte sich der Zugang zu gerichtlichen Überprüfungsverfahren<br />
wegen einer Verletzung des <strong>Umweltrecht</strong>s der Vertragsparteien<br />
ZUR 2/2004
nach den Bedingungen ihrer internen Rechtsordnungen. Die Europäische<br />
Kommission habe am 24.10.2003 einen Vorentwurf <strong>für</strong><br />
eine Richtlinie zur Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 vorgelegt.<br />
Von Dankwitz hob hervor, dass eine partizipative Demokratie und<br />
ein effektiver Umweltschutz eng miteinander verbunden seien. Die<br />
Transparenz der Umweltinformationen führe zu einer größeren Akzeptanz<br />
gegenüber behördlichen Entscheidungen. Eine ordnungsgemäße<br />
Umsetzung der Aarhus-Konvention lasse erwarten, dass die<br />
häufig nur schwer nachweisbaren Defizite im Umweltbereich künftig<br />
reduziert werden. Er plädierte da<strong>für</strong>, zunächst nur die zwingende<br />
Umsetzung aufgrund der Europäischen Richtlinien anzugehen<br />
und zu einem späteren Zeitpunkt nach ersten Erfahrungen mit den<br />
neuen Regelungen weitere Schritte zu gehen. Mit § 42 Abs. 2 VwGO<br />
verfüge das deutsche Verwaltungsrecht über einen subjektiven<br />
Rechtsschutz, der eine Umsetzung der vorgeschlagenen Richtlinie<br />
zu Art. 9 Abs. 3 der Konvention entbehrlich mache, bzw. diese Umsetzung<br />
bereits vollzogen habe. Die Regelungen der Verbandsklage<br />
erachtete er als ausreichend und sprach sich insofern gegen ihre<br />
Ausweitung aus.<br />
Die Umweltprobleme bei der Zulassung von Flughäfen thematisierte<br />
Prof. Dr. Ulrich Ramsauer, Universität Hamburg. Die Bewältigung<br />
der Umweltprobleme gerade bei Ausbau und Erweiterung vorhandener<br />
Flughäfen vollziehe sich in einem Dickicht von Planungs-, Prüfungs-<br />
und Zulassungsentscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen.<br />
Aus diesem Grund gliederte er seinen Vortrag in die drei Ebenen<br />
Raumordungsplanung, Zulassungsentscheidung und nachfolgende<br />
Entscheidungen.<br />
Wegen ihrer Raumbedeutsamkeit sollten nach seiner Auffassung<br />
die Neuanlage und die wesentliche Änderung von Flughäfen Gegenstand<br />
der landesweiten Raumordnungsplanung sein. Ein Anspruch<br />
bestehe indessen nicht. Eine UVP sei im Raumordnungsverfahren<br />
nicht obligatorisch. Die Durchführung der Anforderungen der SUP-<br />
RL könne angenommen werden. Im Rahmen der Raumordnungsplanung<br />
könnten auch Alternativenstandorte untersucht werden. Regelungen<br />
über eine bundesweite Flughafennetzplanung fehlten bislang.<br />
Auf der Ebene der Zulassungsentscheidungen unterlägen Errichtung<br />
und Betrieb sowie die wesentliche Änderung und Erweiterung<br />
einem Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG. Zur Beurteilung der<br />
Wesentlichkeit sei ein Vergleich des angestrebten Zustandes mit<br />
demjenigen, der aufgrund der bisherigen Genehmigung bestehe oder<br />
zulässig sei, durchzuführen. Die Genehmigung verlaufe in einem<br />
zweispurigen Zulassungsverfahren, wobei sich Prüfungs- und Regelungsumfang<br />
von Genehmigung und Planfeststellung überschneiden<br />
könnten. Jedoch sei die Planfeststellung als Instrument der Anlagenplanung<br />
nicht <strong>für</strong> betriebliche Detailregelungen vorgesehen. Isolierte<br />
Genehmigungen könnten angefochten werden; ein umfassender<br />
Rechtsschutz bestehe nur gegen den Planfeststellungsbeschluss. Die<br />
Planfeststellung habe Konzentrationswirkung, soweit keine betrieblichen<br />
Detailregelungen (z.B. Flugrouten) geregelt würden. Eine Alternativenprüfung<br />
im Rahmen der Planfeststellung komme nur insofern<br />
in Betracht, als dass sich nach Lage der Dinge diese Alternative aufdränge.<br />
<strong>Das</strong> Recht der Zulassung ist nach Auffassung von Ramsauer<br />
stark reformbedürftig. Eine klare Trennung von Regelungen über die<br />
Anlagen und solchen über den Betrieb wäre sinnvoll.<br />
Im Planungsverfahrem kämen als Planungsleitsätze in Frage der besondere<br />
Gebietsschutz gem. §§ 22 ff. BNatSchG, die Bestimmungen<br />
der FFH- und Vogelschutz-RL, die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung<br />
gem. §§ 18 ff. BNatSchG sowie die Umweltverträglichkeitsprüfung.<br />
Im Grundsatz gelte ferner, dass jegliche Beeinträchtigungen<br />
von subjektiven Rechten Dritter zu vermeiden sind. Die Überschreitung<br />
der Erheblichkeitsschwelle insbesondere im Immissionsschutz<br />
sei dabei nach dem Kriterium der immissionsschutzrechtlichen<br />
Zumutbarkeit und nicht an der absoluten Grenze der<br />
Sozialpflichtigkeit des Eigentums auszurichten. Bei Überschreitung<br />
ZUR 2/2004<br />
Tagungsbericht<br />
der Schwelle seien die Eingriffe entschädigungspflichtig. Ein Abwehranspruch<br />
Betroffener komme nur in Frage, soweit ihre Belange in der<br />
Abwägung oder bei der Entscheidung der Schutzvorkehrungen nicht<br />
hinreichend berücksichtigt worden seien. Von der enteignungsrechtlichen<br />
Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses betroffene<br />
Personen könnten insoweit mit einer Anfechtungsklage eine umfassende<br />
Rechtmäßigkeitsprüfung mit dem Ziel der Planergänzung<br />
oder eines ergänzenden Verfahrens erreichen. Naturschutzverbände<br />
könnten auf die Rechtsbehelfe im Rahmen ihrer Verbandsklagemöglichkeit<br />
nach § 61 BNatSchG zurückgreifen.<br />
Neben den Zulassungsfragen von Flughäfen sind in der Praxis die<br />
materiellen Schutzstandards insbesondere die des Immissions- und<br />
des Naturschutzes von übergeordneter Bedeutung. Diesem <strong>Thema</strong><br />
widmete sich Dr. Ulrich Storost, Richter am Bundesverwaltungsgericht,<br />
Leipzig. Provokativ leitete Herr Storost sein Referat ein, indem<br />
er dem Gesetzgeber vorhielt, dass dieser die Gerichte und die dort<br />
rechtsuchenden Bürger bewusst ohne materiellen Maßstab ließe<br />
(Flughäfen sind vom Geltungsbereich des BImSchG ausgeschlossen<br />
und weder das Fluglärmschutzgesetz noch das Luftverkehrsgesetz<br />
sehen besondere Lärmgrenzwerte <strong>für</strong> die Errichtung und Änderung<br />
von Flughäfen vor).<br />
<strong>Das</strong> Bundesverwaltungsgericht habe aus diesem Grund versucht,<br />
einen materiellen Maßstab zu entwickeln. Als Grundlage diene da<strong>für</strong><br />
insbesondere das in § 9 Abs. 2 LuftVG normierte Gebot, dem Unternehmer<br />
im Planfeststellungsbeschluss die Errichtung und Unterhaltung<br />
der Anlagen aufzuerlegen, die <strong>für</strong> das öffentliche Wohl oder zur<br />
Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren<br />
notwendig sind. Dieses der Abwägung entzogene Gebot lasse<br />
keine unzumutbaren Lärmbelastungen durch den Flugbetrieb zu. Die<br />
Zumutbarkeit könne allerdings nur im Einzelfall durch tatrichterliche<br />
Würdigung der individuellen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit<br />
jedes einzelnen betroffenen Grundstücks und seiner Nutzung auf<br />
der Grundlage von Sachverständigengutachten bestimmt werden.<br />
Ein absoluter, genereller Schutzstandard lasse sich dagegen justiziell<br />
nicht begründen<br />
<strong>Das</strong> Fehlen eines gesetzlichen materiellen Schutzstandards im Bereich<br />
des Lärm- und Naturschutzes führe von daher zu erheblicher<br />
Rechtsunsicherheit.<br />
Am Abend lud der Sächsische Staatsminister <strong>für</strong> Umwelt und Landwirtschaft,<br />
Steffen Flath, zu einem Empfang im Bundesverwaltungsgericht<br />
ein.<br />
Am folgenden Tag wurden die Ergebnisse der zuvor fortgesetzten<br />
Fachdiskussionen durch die Moderatoren in Berichten zusammengefasst.<br />
Prof. Dr. Friedhelm Hufen, Universität Mainz, übernahm dieses<br />
<strong>für</strong> den Arbeitskreis »Aarhus-Konvention – Umweltinformation, Öffentlichkeitsbeteiligung,<br />
Zugang zu den Gerichten«. Er stellte dar, dass<br />
der Arbeitskreis ein besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen der<br />
Konvention auf die Verbandsklage gelegt habe. Es bleibe abzuwarten,<br />
wie sich dieses klassische Instrument des Naturschutzrechtes in andere<br />
Umweltmaterien einordnen ließe. Die Konvention sei auf eine<br />
Mobilisierung der Bürger zum Zwecke der Information und Partizipation<br />
gerichtet. Im Rahmen der Diskussion sei auch auf die Bedeutung<br />
der Öffentlichkeitsbeteiligung auf dem Gebiete des Umweltschutzes<br />
in den osteuropäischen Ländern hingewiesen worden.<br />
Dieses wäre ein wichtiges Element bei der Heranführung dieser<br />
Länder an europäische Standards und Rechtsordnungen im Hinblick<br />
auf die Osterweiterung der Europäischen Union. Der Arbeitskreis<br />
habe sich <strong>für</strong> ein »Zerreißen des Netzes des deutschen Verfahrensrechts«<br />
ausgesprochen. Schließlich sei von Diskussionsteilnehmern<br />
vorgetragen worden, dass Länder mit einer umfassenden Verbandsklage<br />
eine hohe Effizienz bei der Umsetzung von Umweltstandards<br />
bei einer geringen Anzahl von Klagen erreicht hätten.<br />
Prof. Dr. Hans-Joachim Koch, Universität Hamburg, hob in seinem<br />
Bericht über die Diskussion im Arbeitskreis »Umweltprobleme bei<br />
121
Buchrezension<br />
der Zulassung von Flughäfen« drei Themenbereiche hervor: Der erste<br />
Themenbereich betrifft die Frage der Alternativenprüfung bzw.<br />
der Bedarfsplanung von Flughäfen. Hier sei einhellig der Wunsch<br />
nach einer stärkeren Partizipation des Bundes laut geworden. Der<br />
Bund müsse – ähnlich der Verkehrswegeplanung – eine Flughafennetzplanung<br />
auf einem hohen Planungsniveau initiieren. Der Planungsgedanke<br />
müsse sich in allen nachgelagerten Planungsebenen<br />
widerspiegeln. Eine Alternativenprüfung auf der Ebene der Planfeststellung<br />
sei nicht sinnvoll. Wie ein solches System im Einzelnen<br />
auszusehen habe, blieb offen.<br />
Der zweite Themenkreis drehte sich um die Frage des Verhältnisses<br />
Planfeststellung und Plangenehmigung. Die Parallelisierung der<br />
beiden Genehmigungsstränge trage nicht zur Vereinfachung bei.<br />
Ein dritter, insbesondere <strong>für</strong> Anwälte interessanter Themenkreis<br />
betraf die Berücksichtigung der Lärmvorbelastung in der Planfeststellung<br />
und insbesondere die Frage, ob es gerechtfertigt ist, wenn belasteten<br />
Nachbarn eines Flughafenprojekts, die schon einem<br />
Grundpegel an Lärm ausgesetzt sind, wegen der bestehenden Vor-<br />
BUCHREZENSION<br />
Rudolf Kiesewetter<br />
Eine fahrleistungsabhängige Lkw-Maut zur Verlagerung des Güterverkehrs<br />
von der Straße auf die Schiene und die Wasserstraße<br />
Entwicklung und rechtliche Begutachtung einer lenkungswirksamen<br />
Straßenbenutzungsabgabe<br />
Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2003, 227 S., 34.- €<br />
Der Dissertation Kiesewetters liegt ein politikgestaltender Ansatz<br />
zu Grunde. Um die Überlastung der Straßen durch den schweren<br />
Güterverkehr und die damit einhergehende Umweltbelastung zu<br />
reduzieren, wird im ersten Teil der Untersuchung eine nach Einschätzung<br />
des Autors verkehrs- und umweltpolitisch lenkungswirksame<br />
Lkw-Maut entworfen. Eine vertiefte ökonomische Herleitung<br />
der lenkungswirksamen Abgabenhöhe wird nicht vorgenommen.<br />
Im Ergebnis be<strong>für</strong>wortet Kiesewetter eine Lkw-Maut auf Bundesfernstraßen<br />
<strong>für</strong> Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht<br />
von mindestens 12 t in Höhe von 0,40 bis 0,60 €/km. Unter umweltpolitischen<br />
Lenkungsgesichtspunkten hätte sich daneben<br />
eine Einbeziehung von Lkws mit einem zulässigen Gesamtgewicht<br />
von unter 12 t angeboten.<br />
Im zweiten Teil der Arbeit wird die Vereinbarkeit der entwickelten<br />
Lkw-Maut mit den verfassungs- und EG-rechtlichen Vorgaben<br />
geprüft. Ausführlich wird die Maut finanzverfassungsrechtlich als<br />
Gebühr eingeordnet, wobei als individuell zurechenbare Leistung<br />
sowohl der Bau, Betrieb und Ausbau der Bundesfernstraßen bzw.<br />
die Duldung der Nutzung dieser Straßen als auch die durch den<br />
Güterverkehr hervorgerufenen externen Kosten erwogen werden.<br />
Der Spielraum <strong>für</strong> die zulässige Gebührenhöhe wird nach gebührenrechtlichen<br />
Grundsätzen aufgezeigt. Der Frage der Verwendung<br />
des Gebührenaufkommens wird in den Varianten einer<br />
Zweckbindung zur Förderung alternativer Verkehrsarten durch<br />
den Haushaltsgesetzgeber, einer Zweckbindung aufgrund des<br />
Fachgesetzes und der Einrichtung eines Sonderfonds nachgegangen.<br />
Daneben wird die Vereinbarkeit der Lkw-Maut mit den<br />
122<br />
belastung weniger Lärmschutz zugestanden wird, als solchen Betroffenen,<br />
die zuvor keine Vorbelastung hinnehmen mussten. Als<br />
Maßstab gelte hier nach ständiger Rechtsprechung, dass dort, wo<br />
Vorbelastungen vorhanden seien, diese bis zur Schwelle des Erträglichen<br />
ausgereizt werden könnten.<br />
Christian Au/Björn Dietrich<br />
Dipl.-Biol. Björn Dietrich, M.S.E.L.<br />
Stipendiat und Doktorand an der Universität Lüneburg, Große Straße 30,<br />
21380 Artlenburg, e-mail: BD@BoekPlan.de<br />
Tätigkeitsschwerpunkte: Landschaftsschutz, Artenschutz, Europäisches <strong>Umweltrecht</strong>.<br />
Christian Au, LL.M.<br />
Rechtsreferendar, Haselnußweg 53, 22175 Hamburg,<br />
e-mail: Christian.Au@hamburg.de<br />
Tätigkeitsschwerpunkte: Abfallrecht, Europäisches <strong>Umweltrecht</strong>, Wasserrecht.<br />
Grundrechten bejaht (Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1<br />
GG). Schließlich werden die sekundärrechtlichen Vorgaben <strong>für</strong><br />
eine Lkw-Maut nach der Verkehrsabgabenrichtlinie (1999/62/EG)<br />
in ihren Grundzügen erörtert und eine beihilfenrechtliche Einordnung<br />
der Verwendung des Gebührenaufkommens <strong>für</strong> alternative<br />
Verkehrsträger vorgenommen.<br />
Die Arbeit Kiesewetters zeigt die Handlungsmöglichkeiten und<br />
-grenzen zur Fortentwicklung der Lkw-Maut auf Grundlage des<br />
geltenden Rechts pragmatisch auf. Der erste Teil der Untersuchung<br />
lässt allerdings eine umweltökonomische Begründung der Lenkungswirksamkeit<br />
der entwickelten Lkw-Maut vermissen. Im zweiten Teil<br />
der Arbeit wird in der Darstellung ein Schwerpunkt auf die jeweilige<br />
Rechtsprechung gelegt und dieser zumeist gefolgt. Hier hätte sich<br />
vielfach eine dogmatische Vertiefung der behandelten Fragen angeboten.<br />
So formuliert Kiesewetter etwa im Rahmen der Diskussion<br />
um die Zulässigkeit von Umweltabgaben keine eigene Position zur<br />
Geltung der Steuerstaatsdoktrin und setzt sich daneben beispielsweise<br />
nicht abstrakt mit der Sperrwirkung von europarechtlichen<br />
Richtlinien auseinander. Dennoch leistet die Untersuchung Kiesewetters<br />
aufgrund ihrer interdisziplinären Ausrichtung und der umfassenden<br />
Prüfung des relevanten Verfassungs- und Europarechts<br />
einen wertvollen Beitrag zur Fortentwicklung des Konzepts der Lkw-<br />
Maut.<br />
Gisela Günter<br />
Regierungsrätin z.A. Gisela Günter<br />
Anschrift: Bundesministerium <strong>für</strong> Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft,<br />
Rochusstr. 1, 53123 Bonn.<br />
Tätigkeitsschwerpunkte: <strong>Umweltrecht</strong>, Europäische Verkehrspolitik.<br />
Aktuelle Veröffentlichungen: Kfz-Steuer <strong>für</strong> ausländische Lkw – europarechtlich<br />
zulässig?, TransportR 2002, S. 438 f.; Externe Kosten des Straßenverkehrs<br />
und europarechtliches Verursacherprinzip, Diss. 2004 (im Erscheinen).<br />
ZUR 2/2004
BUCHNEUERSCHEINUNGEN<br />
Die nachfolgende Übersicht erfasst, soweit verfügbar,<br />
die umweltrechtliche Literatur des Erscheinungszeitraums<br />
vom 16.10.03 bis zum 15.12.03.<br />
EG- UND INTERNATIONALES<br />
UMWELTRECHT<br />
Bree, Axel:<br />
Harmonization of the Dispute Settlement<br />
Mechanism of the Multilateral Environmental<br />
Agreements and the World Trade<br />
Agreements<br />
2003, 564 S., 58,– €, Erich Schmidt Verlag,<br />
ISBN 2-503-07429-5<br />
In dieser Veröffentlichung wird das Verhältnis<br />
von multilateralen Umweltabkommen und<br />
Welthandelsrecht unter besonderer Berücksichtigung<br />
der Streitbeilegungsmechanismen<br />
untersucht und Vorschläge zur Problemlösung<br />
unterbreitet.<br />
Der erste Teil enthält eine Analyse der bestehenden<br />
materiellen Regelungen und Streitbeilegungsmechanismen<br />
der WTO und der<br />
multilateralen Umweltabkommen sowie der<br />
daraus resultierenden Überschneidungen.<br />
Im zweiten Teil werden insgesamt neun<br />
Streitfälle betrachtet, die den Grenzbereich<br />
Umwelt und Gesundheit/Handel betreffen<br />
und von dem WTO-Streitbeilegungsgremium<br />
entschieden worden sind. Zudem wird ein hypothetischer<br />
Fall dargestellt, der das Verhältnis<br />
der Streitbeilegungsmechanismen im Fall<br />
einer Klage gegen eine durch ein multilaterales<br />
Umweltabkommen vorgeschriebene Maßnahme<br />
illustrieren soll.<br />
Im dritten Teil werden Vorschläge gemacht<br />
und beurteilt, die auf eine Änderung der WTO-<br />
Vereinbarung über Streitbeilegung (DSU) abzielen,<br />
um Umweltbelange besser berücksichtigen<br />
zu können. Schließlich werden Überlegungen<br />
präsentiert, wie das Internationale Umweltregime,<br />
insbesondere dessen Streitbeilegungsmechanismen<br />
und das Verhältnis zwischen WTO<br />
und dem internationalen Umweltregime reformiert<br />
werden kann, um eine Harmonisierung<br />
dieser beiden Bereiche zu erzielen.<br />
Puth, Sebastian:<br />
WTO und Umwelt<br />
Die Produkt-Prozess-Doktrin<br />
2003, 408 S., 89,80 €, Duncker&Humblot,<br />
ISBN 3-428-11150-8<br />
Errata/Amn. der Redaktion: Als Verfasser dieser<br />
Neuerscheinung wurden in ZUR, Heft 1/04,<br />
versehentlich die Herausgeber der Schriftenreihe<br />
angegeben, in der das Werk erschienen ist<br />
(Hamburger Studien zum europäischen und<br />
Internationalen Recht). Zum Inhalt wird auf<br />
die Darstellung in Heft 1/04 verwiesen.<br />
ZUR 2/2004<br />
ALLGEMEINES UMWELTRECHT<br />
Franz, Thorsten:<br />
<strong>Umweltrecht</strong> <strong>für</strong> Sachsen-Anhalt<br />
2003, 310 S., 24,– €,<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft,<br />
ISBN 3-8329-0250-3<br />
<strong>Das</strong> Lehrbuch ist die bislang einzige Darstellung<br />
des <strong>Umweltrecht</strong>s in Sachsen-Anhalt. Es richtet<br />
sich in erster Linie an Studierende, die etwa als<br />
angehende Juristen, Geografen, Landwirte oder<br />
Umwelttechniker mit dem <strong>Umweltrecht</strong> im<br />
Verlauf ihres Studiums in Berührung kommen.<br />
Den unterschiedlichen Anforderungen dieser<br />
Gruppen an die Tiefe der Darstellung des <strong>Umweltrecht</strong>s<br />
versucht das Buch vor allem dadurch<br />
Rechnung zu tragen, dass die großgedruckten<br />
Textteile einem Kurzkompendium entsprechen<br />
und zusammen mit den kleingedruckten Textteilen<br />
einen Grundriss des gesamten <strong>Umweltrecht</strong>s<br />
ergeben. Dargestellt werden das Allgemeine<br />
sowie das Besondere <strong>Umweltrecht</strong>,<br />
wobei die Kerngebiete Abfall-, Boden-, Gewässer-,<br />
Immissions- und Naturschutzrecht im Vordergrund<br />
stehen, während sonstige Bereiche<br />
nur skizziert werden. Die konsequente Einbeziehung<br />
des sachsen-anhaltinischen Landesrechts<br />
in die Darstellung schließt eine Lücke im<br />
Lehrbuchangebot, da sich die Rechtslage oft<br />
nach Landesumweltrecht beurteilt. In einigen<br />
<strong>Umweltrecht</strong>sbereichen, wie im Gewässer- oder<br />
Naturschutzrecht, sind die unmittelbar vollzugsfähigen<br />
Regelungen weitgehend Landesrecht<br />
oder es gelten, wie im Abfallrecht, zahlreiche<br />
ergänzende Landesregelungen. Zudem<br />
ist der Vollzug von Bundesumweltrecht meist<br />
Ländersache.<br />
Hansmann, Klaus/ Paetow, Stefan/<br />
Rebentisch, Manfred:<br />
<strong>Umweltrecht</strong> und richtliche Praxis.<br />
Festschrift <strong>für</strong> Ernst Kutscheidt<br />
zum 70. Geburtstag<br />
2003, 421 S., 86,– €, Verlag C.H. Beck,<br />
ISBN 3-406-51016-7<br />
Professor Ernst Kutscheidt, Präsident des Verwaltungsgerichts<br />
Köln a.D., ist als Herausgeber<br />
und Autor zahlreicher Publikationen zum <strong>Umweltrecht</strong><br />
hervorgetreten. Hervorzuheben ist<br />
vor allem seine langjährige Tätigkeit als Mitherausgeber<br />
und Autor des Landmann/Rohmer.<br />
Zu Ehren seines 70. Geburtstages am<br />
9.9.2003 versammelt diese Festschrift Beiträge<br />
von 28 namhaften Autoren aus Wissenschaft<br />
und Praxis. Ihre Darstellungen zeichnen ein<br />
Bild des Menschen Ernst Kutscheidt und würdigen<br />
sein wissenschaftliches Werk sowie sein<br />
Wirken als Richterpersönlichkeit. Darüber hinaus<br />
bieten sie ein facettenreiches Bild aktueller<br />
Buchneuerscheinungen<br />
Entwicklungen des deutschen und europäischen<br />
<strong>Umweltrecht</strong>s.<br />
Newig, Jens:<br />
Symbolische Umweltgesetzgebung<br />
Rechtssoziologische Untersuchungen am Beispiel<br />
des Ozongesetzes, des Kreislaufwirtschafts-<br />
und Abfallgesetzes sowie der Großfeuerungsanlagenverordnung<br />
2003, 330 S., 89,80 €, Duncker & Humblot,<br />
ISBN 3-428-11008-0<br />
Anstatt ökologisch relevante Probleme nachhaltig<br />
zu lösen, belässt es der Gesetzgeber oft bei<br />
formelhaften Kompromissen oder Alibi-Vorschriften.<br />
Indem solche »symbolische Gesetzgebung«<br />
ökonomisch ineffizient und umweltpolitisch<br />
wie verfassungsrechtlich fragwürdig<br />
bleibt, wird sie selbst zum Problem. Wie aber<br />
lässt sich dieses empirisch offenlegen? Unter<br />
welchen Voraussetzungen kommt es dazu und<br />
wann nicht?<br />
Ausgehend von der rechtssoziologischen<br />
Unterscheidung »symbolischer« und »instrumenteller«<br />
Dimensionen von Gesetzgebung<br />
legt Jens Newig eine eigene Theorie zur Erklärung<br />
symbolischer Gesetzgebung vor. Sie<br />
stützt sich auf Arbeiten zur Ökonomischen<br />
Theorie der Politik und erlaubt es, empirisch<br />
überprüfbare Hypothesen aufzustellen. Kernbehauptung<br />
ist, dass es umso eher zu symbolischer<br />
Gesetzgebung kommt, je konträrer<br />
sich die gesellschaftlichen Interessen in Bezug<br />
auf die rechtliche Regulierung eines Umweltproblems<br />
verhalten, je höher die Kosten zur<br />
Lösung des Problems liegen und je komplexer<br />
sich der Regelungsgegenstand darstellt. Indem<br />
der Autor den Rational-Choice-Ansatz<br />
zur Erklärung von Gesetzgebungsprozessen<br />
fruchtbar macht, beschreitet er rechtssoziologisches<br />
Neuland.<br />
Im Rahmen seiner empirischen Analyse,<br />
die auch den gesetzgeberischen Intentionen<br />
nachgeht, untersucht der Verfasser das Ozongesetz<br />
und das Gebot zur Abfallvermeidung<br />
im KrW-/AbfG als mutmaßlich symbolische<br />
Gesetzgebungsakte sowie die 13. BImSchV als<br />
Referenzbeispiel mutmaßlich nicht symbolischer<br />
Gesetzgebung. Die Ergebnisse untermauern<br />
die hier vorgeschlagene Theorie symbolischer<br />
Umweltgesetzgebung.<br />
123
Buchneuerscheinungen<br />
Roll, Sebastian:<br />
Zugang zu Umweltinformationen und Freedom<br />
of Information<br />
Überschießende Tendenzen des europäischen<br />
Rechts am Beispiel der Umsetzung der EG-Umweltinformationsrichtlinie<br />
in das englische und<br />
deutsche Recht<br />
2003, 216 S., 62,– €, Duncker & Humblot,<br />
ISBN 3-428-10825-6<br />
Zum Zeitpunkt der Umsetzung der Richtlinie<br />
des Rates der europäischen Gemeinschaften<br />
vom 7.6.1990 über den freien Zugang zu Informationen<br />
über die Umwelt (90/313/EWG)<br />
in die Environmental Information Regulations<br />
1992 und das Umweltinformationsgesetz<br />
war das Verwaltungsverfahren in England<br />
und Deutschland grundsätzlich geheim. Für<br />
das englische und das deutsche Recht hatte<br />
die Transformation dieser Richtlinie demnach<br />
einen Systemwechsel im Umweltbereich zur<br />
Folge, wodurch in der Verwaltungspraxis<br />
beider Länder naturgemäß Abgrenzungsprobleme<br />
auftraten.<br />
Die rechtsvergleichende Untersuchung der<br />
einzelnen Probleme zeigt, dass die mittlerweile<br />
durch die EuGH-Rechtsprechung präzisierten<br />
Vorgaben der Umweltinformationsrichtlinie<br />
derart weitreichend sind, dass sie<br />
auf das allgemeine Verwaltungsrecht ausstrahlen.<br />
Aufgrund dieser überschießenden<br />
Tendenzen stellt sich die Frage, ob nur ein<br />
allgemeines, nicht auf den Umweltbereich beschränktes<br />
Recht auf Zugang zu Verwaltungsinformationen<br />
eine funktionsadäquate Umsetzung<br />
der Umweltinformationsrichtlinie<br />
garantiert. In England wurde mittlerweile der<br />
Freedom of Information Act 2000 erlassen,<br />
der einen Anspruch auf Verwaltungsinformationen<br />
gewährt und im Jahr 2005 in Kraft<br />
treten wird. Die Untersuchung des in der Gesetzesvorlage<br />
Freedom of Information Bill<br />
enthaltenen Regelungsmodells macht deutlich,<br />
dass bereits ein zurückhaltender Paradigmenwechsel<br />
die im englischen Umweltinformationsrecht<br />
bestehenden Probleme<br />
weitgehend entschärft.<br />
Stede, Birgit/ Winter, Stephan:<br />
<strong>Umweltrecht</strong> kompakt: Von der Abwasserverordnung<br />
bis zur Zulassung von Anlagen<br />
Erläuterungen, Fließbilder und Übersichten<br />
2000, 232 S., 39,– €, Fachhochschulverlag,<br />
ISBN 3-931297-41-1<br />
Die sechs Kapitel dieses Buches führen in Form<br />
von Graphiken, Fließbildern und Übersichten<br />
in die Systematik der umweltrechtlichen Vorgaben<br />
ein, einschließlich der Ausnahmeregelungen<br />
in den jeweiligen Vorschriften.<br />
<strong>Das</strong> Buch ermöglicht eine systematische<br />
Einarbeitung in das <strong>Umweltrecht</strong>. Mittels<br />
Hinweisen und Verweisen werden bestimmte<br />
Problembereiche und Auslegungsfragen angesprochen;<br />
die in den Gesetzen bestehenden<br />
124<br />
Querverweise zwischen den einzelnen Rechtsgebieten<br />
werden miteinander verknüpft.<br />
IMMISSIONSSCHUTZRECHT<br />
Franke, Sonja:<br />
Lärmgrenzwerte <strong>für</strong> die Planung<br />
von Verkehrsflughäfen<br />
2003, 265 S., 68,– €, Duncker & Humblot,<br />
ISBN 3-428-11052-8<br />
Die Autorin überprüft kritisch den rechtlichen<br />
Schutz vor Fluglärm an Verkehrsflughäfen.<br />
Kernproblem ist dabei, dass Verkehrsflughäfen<br />
nach dem Luftverkehrsrecht zwar<br />
keinen unzumutbaren Fluglärm verursachen<br />
dürfen, die Zumutbarkeitsschwelle jedoch gesetzlich<br />
nicht normiert ist. Sie muss von<br />
Behörden und Gerichten im Einzelfall festgelegt<br />
werden, was zu Konflikten im Hinblick<br />
auf Rechtssicherheit und –gleichheit führt.<br />
Sonja Franke regt daher an, Lärmgrenzwerte<br />
<strong>für</strong> die Planung von Verkehrsflughäfen zu<br />
schaffen. Sie stellte dabei zunächst die<br />
grundsätzlichen Probleme des Fluglärmschutzes<br />
dar, die in der Komplexität des Lärmphänomens<br />
und der starken politisch-wirtschaftlichen<br />
Komponente des Lärmschutzes<br />
liegen. Unter kritischer Auseinandersetzung<br />
mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts<br />
zur Zumutbarkeitsschwelle<br />
werden dann <strong>für</strong> die Grenzwertsetzung Wertungs-<br />
und Differenzierungskriterien entwickelt,<br />
die einen umfassenden Lärmschutz<br />
unter Ausgleich der widerstreitenden Interessen<br />
ermöglichen sollen.<br />
ATOM- UND ENERGIERECHT<br />
Baur, Jürgen F.:<br />
Aktuelle Entwicklungen im deutschen und<br />
europäischen Energiewirtschaftsrecht<br />
- Problemfelder und Lösungsansätze –<br />
2003, 198 S., 49,– €,<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft,<br />
ISBN 3-8329-0276-7<br />
Seit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes<br />
1998 ist die Zahl der klärungsbedürftigen<br />
Rechtsfragen um ein Vielfaches gestiegen.<br />
Auf nationaler Ebene stehen zur Zeit vor<br />
allem die Verrechtlichung der Verbändevereinbarungen<br />
und die Novellierung der allgemeinen<br />
Versorgungsbedingungen im Mittelpunkt<br />
der Diskussion. Aber auch die Frage der<br />
Einführung eines Durchleitungstatbestandes<br />
<strong>für</strong> Gas in der Energiewirtschaft ist jüngst in<br />
das Zentrum vertiefter Erörterung gerückt.<br />
Auf europäischer Ebene haben vor allem die<br />
Bestrebungen zu einem gesellschaftsrechtlichen<br />
Unbundling <strong>für</strong> Energieversorgungsunternehmen<br />
zu einer kontrovers und leidenschaftlich<br />
geführten Diskussion geführt. Der<br />
Entwicklung und den aktuellen Problemen<br />
im deutschen und europäischen Energiewirtschaftsrecht<br />
widmen sich die Referenten und<br />
Diskussionsteilnehmer, namhafte Fachleute<br />
aus Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft,<br />
der 31. Jahrestagung des Instituts <strong>für</strong> Energierecht<br />
an der Universität zu Köln. Der vorliegende<br />
Band gibt die auf der Veranstaltung<br />
gehaltenen Vorträge sowie die sich hieran<br />
anschließenden Beiträge aus dem Plenum<br />
wieder und zeichnet ein ausgewogenes Bild<br />
der gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskussion.<br />
BODENSCHUTZ –UND ALTLASTENRECHT<br />
Becker, Bernd:<br />
Bundes-Bodenschutzgesetz<br />
Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen<br />
und zur Sanierung von Altlasten –<br />
BBodSchG –<br />
Loseblattwerk in einem Ordner, 10. Ergänzungslieferung,<br />
Stand: 9/2003, ca. 1.000 S., 81,– €,<br />
Verlag R.S. Schulz,<br />
ISBN 3-796-20464-3<br />
Infolge einiger obergerichtlicher Entscheidungen<br />
musste der gesamte behördliche Zugriff<br />
auf Altlasten oder schädliche Bodenveränderungen<br />
neu erläutert werden, und zwar:<br />
– Klarstellung und Erweiterungen der Zusammenhänge<br />
mit den Sanierungsuntersuchungen<br />
und der Sanierungsplanung nach<br />
§ 13 BBodSchG<br />
– Neubearbeitung der Kostentragungspflichten<br />
der Verantwortlichen nach § 24 Abs. 1<br />
BBodSchG sowie<br />
– Ergänzungen zum Ausgleich in einer<br />
Störermehrheit nach § 24 Abs. 2 BBodSchG.<br />
Weitere Neuerungen in der vorliegenden Ergänzungslieferung<br />
sind:<br />
– Ergänzungen zum Ausgleich von Sonderopfern<br />
der Eigentümer und Inhaber der<br />
tatsächlichen Gewalt nach § 10 Abs. 2<br />
BBodSchG;<br />
– neue Hinweise zu speziellen Methoden und<br />
Verfahren der Ermittlung und Bewertung<br />
von Schadstoffen (in Rn. 66 zu § 2 BBod-<br />
SchG);<br />
– Erläuterungen zum Auf- und Einbringen<br />
von Materialien auf oder in den Boden (§ 6<br />
BBodSchG) erweitert werden und<br />
– Hinweise auf Literatur zur guten fachlichen<br />
Praxis der Landwirtschaft (§ 17 BBodSchG).<br />
ZUR 2/2004
Franzius, Volker/ Wolf, Klaus/ Brandt, Edmund/<br />
Altenbockum, Michael:<br />
Handbuch Altlastensanierung und<br />
Flächenmanagement<br />
Loseblattwerk in 5 Ordnern, 35. Ergänzungslieferung,<br />
Stand 09/2003, 5.686 S., 148,– €,<br />
Hüthig Fachverlage,<br />
ISBN 3-8114-9700-6<br />
Die 35. Ergänzungslieferung dokumentiert die<br />
Aquifersanierung mit durchströmten Reinigungswänden<br />
(Birke/Burmeier/Rosenau), die<br />
monetäre Bewertung von ökologischen Lasten<br />
auf Grundstücken (Großmann/Hilse/Grunewald/Lauerwald)<br />
und das Positionspapier des<br />
Deutschen Städtetages: Strategisches Flächenmanagement<br />
und Bodenwirtschaft (Deutscher<br />
Städtetag).<br />
WASSERRECHT<br />
Erbguth, Wilfried:<br />
Änderungsbedarf im Wasserrecht – zur Umsetzung<br />
europarechtlicher Vorgaben –<br />
Rostocker <strong>Umweltrecht</strong>stag 2002<br />
2003, 79 S., 18,– €, <strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft,<br />
ISBN 3-8329-0113-2<br />
Die Umsetzung der EG-Wasserrahmen-Richtlinie<br />
sowie Privatisierung und Liberalisierungstendenzen<br />
stellen das deutsche Wasserrecht<br />
vor grundlegende Herausforderungen.<br />
Der Band dokumentiert den 10. Rostocker<br />
<strong>Umweltrecht</strong>stag, der vom Ostseeinstitut <strong>für</strong><br />
Seerecht und <strong>Umweltrecht</strong>, Universität Rostock,<br />
und seinem Förderverein unter Schirmherrschaft<br />
des Umweltministers von Mecklenburg-Vorpommern<br />
am 19.4.2002 veranstaltet<br />
wurde. Namhafte Referenten aus der ganzen<br />
Bundesrepublik bezogen vor mehr als 130<br />
Teilnehmern Stellung zu Fragen des Sustainability-Konzepts<br />
im künftigen Wasserrecht<br />
und diesbezügliche Managementregeln, zu<br />
Einschränkungen des gewässerrechtlichen<br />
Bewirtschaftungsermessens, zur Stärkung -<br />
zivilistischer Abwehrrechte, zum Begriff des<br />
Flussgebiets, zur bundesland- und mitgliedstaatenübergreifendenVerwaltungskooperation,<br />
zur Einstufung von Gewässern, zur<br />
Festlegung von Zielen <strong>für</strong> den qualitätsorientierten<br />
Gewässerschutz durch Pflegeund<br />
Entwicklungspflichten, zur Auslegung<br />
der gemeinschaftsrechtlichen Begriffe »erheblich<br />
veränderte Gewässer«, »künstliche<br />
Gewässer« und »Wasserkörper« sowie zur<br />
Liberalisierung der Wasserwirtschaft.<br />
ZUR 2/2004<br />
Moss, Timothy:<br />
<strong>Das</strong> Flussgebiet als Handlungsspielraum<br />
Institutionenwandel durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie<br />
aus raumwissenschaftlichen Perspektiven<br />
2003, 368 S., 25,90 €, Lit Verlag,<br />
ISBN 3-8258-6818-4<br />
Dieser Sammelband beleuchtet Prozesse der<br />
Institutionalisierung von Flussgebietsmanagement<br />
in Gegenwart und Vergangenheit aus<br />
unterschiedlichen raumwissenschaftlichen<br />
Perspektiven und macht auf den weitreichenden<br />
Änderungsbedarf bestehender institutioneller<br />
Arrangements auf lokaler und regionaler<br />
Ebene aufmerksam. Er richtet sich an alle,<br />
die mit strategischen Fragen der Umsetzung<br />
der Wasserrahmenrichtlinie befasst sind oder<br />
regionale Institutionen erforschen.<br />
Sander, Thomas:<br />
Ökonomie der Abwasserbeseitigung<br />
Wirtschaftlicher Betrieb von kommunalen Abwasseranlagen<br />
2003, 320 S., 69,95 €, Springer-Verlag,<br />
ISBN 3-540-00675-3<br />
In diesem Buch werden die relevanten ökonomischen<br />
Fragestellungen der Abwasserbeseitigung<br />
in einheitlicher und praxisbezogener<br />
Form dargestellt. Dies ermöglicht sowohl<br />
dem Anwender in Ingenieurbüro oder Behörde<br />
als auch dem Studierenden, sich in die teilweise<br />
als kompliziert empfundene <strong>Thema</strong>tik<br />
einzuarbeiten bzw. damit umzugehen. Viele<br />
Abbildungen und Rechenbeispiele tragen<br />
zum Verständnis bei. Zur Anwendung kommen<br />
aktuelle Kostendaten, die dem Planer als<br />
konkrete Entscheidungshilfe dienen. Bestandteil<br />
des Buches ist ein Rechenprogramm<br />
auf Excel-Basis, mit dem der Anwender eine<br />
Entscheidungshilfe bei der häufigen Fragestellung<br />
erhält, ob im Bereich der Kanalsanierung<br />
eine Renovierung oder eine Erneuerung<br />
wirtschaftlich vorteilhaft ist.<br />
NATURSCHUTZ- UND<br />
LANDSCHAFTSPFLEGERECHT<br />
Battelfeld, Klaus-Ulrich/ Bornemann, Heino/<br />
Stecher-Löbig, Christine/ Stock, Ernst-Heinrich/<br />
Stühlinger, Peter/ Szymanski, Detlef/<br />
Thiel, Sandra/ Weitzel, Wolfgang:<br />
Hessisches Naturschutzrecht HENatR<br />
Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Naturschutz<br />
und Landschaftspflege in Hessen.<br />
Rechtssammlung und Kommentar<br />
Loseblattwerk in einem Ordner, 12. Ergänzungslieferung,<br />
Stand 09/2003, 1.312 S., 86,– €,<br />
Hüthig Fachverlage,<br />
ISBN 3-8114-0966-2<br />
Die 12. Ergänzungslieferung umfasst eine<br />
Kommentierung des HENatG; neu eingefügt<br />
wurden die Einführung, die Eingriffsregelung,<br />
Buchneuerscheinungen<br />
die Kompensation im Wald und die Muster-<br />
Grünschutz-Satzung.<br />
Marzik, Ulf/ Wilrich, Thomas:<br />
Bundesnaturschutzgesetz<br />
Kommentar<br />
2004, 800 S., 59,- €, <strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft,<br />
ISBN 3-7890-8316-X<br />
Der Kommentar orientiert sich strikt an der<br />
neuen Systematik des umfassend novellierten<br />
Bundesnaturschutzgesetzes. Die Autoren<br />
setzen dabei Schwerpunkte <strong>für</strong> die Praxis der<br />
einzelnen Bundesländer u.a. in den Bereichen<br />
Verhältnis des Naturschutzes zur Land- und<br />
Forstwirtschaft, Biotopverbund, Vertragsnaturschutz,<br />
Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung,<br />
Schutzgebietsausweisungen und<br />
europäisches Netz »Natura 2000«, Verträglichkeitsprüfung<br />
nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie,<br />
Vereinsbeteiligung und –klage und<br />
greifen damit bereits die Umsetzungsverpflichtung<br />
der Länder bis zum Jahr 2005 auf.<br />
Berücksichtigt sind auch die von den Bundesund<br />
Länderministerien, den Landesämtern<br />
<strong>für</strong> Natur- und Umweltschutz sowie die von<br />
den Verbänden herausgegebenen Arbeitshilfen,<br />
Leitfäden und Praxishinweise.<br />
Meßerschmidt, Klaus:<br />
Bundesnaturschutzrecht – Kommentar und<br />
Entscheidungen<br />
Loseblattwerk in 5 Ordnern, 57. Ergänzungslieferung,<br />
Stand 09/2003, 6.238 S., 168,– €, Hüthig<br />
Fachverlage,<br />
ISBN 3-8114-3870-0<br />
Die 57. Ergänzungslieferung enthält eine<br />
Kommentierung von § 21 BNatSchG, eine<br />
Neufassung des Landesnaturschutzgesetzes<br />
Schleswig-Holstein, die VO/EG Nr. 349/2003<br />
sowie aktuelle Entscheidungen.<br />
FACHPLANUNGSRECHT<br />
Jarass, Hans D.:<br />
Die Planfeststellung privater Vorhaben –<br />
Zugleich ein Beitrag zu den Grundlagen der<br />
Planrechtfertigung, der Schutzmaßnahmen<br />
und der Ausgleichsentschädigung<br />
2003, 73 S., 12,– €, Zentralinstitut <strong>für</strong> Raumplanung<br />
an der Universität Münster,<br />
ISBN 3-88497-190-5<br />
Vorhaben, die einer Planfeststellung bedürfen,<br />
werden traditionell zumeist von der öffentlichen<br />
Hand getragen. Dies prägt den juristischen<br />
Umgang mit dem Institut der<br />
Planrechtfertigung. Gerade in jüngerer Zeit<br />
nimmt aber die Bedeutung privater Vorhabensträger<br />
ständig zu. <strong>Das</strong> führt zu Problemen<br />
und Unsicherheiten, weil die juristische<br />
Analyse des Instituts der Planfeststellung sich<br />
immer noch an öffentlichen Trägern orientiert.<br />
Gelten bei privaten Trägern die gleichen<br />
Vorgaben und Anforderungen wie bei Vorha-<br />
125
Buchneuerscheinungen<br />
ben der öffentlichen Hand oder sind Abweichungen<br />
geboten? Vor Ausgleichsentschädigung<br />
stellt sich diese Frage. Generell ist<br />
klärungsbedürftig, welche Rolle die Unterscheidung<br />
privatnütziger und anderer Vorhaben<br />
spielt. Um eine gesicherte Antwort zu finden,<br />
analysiert die Studie Bedeutung und<br />
Voraussetzungen der Planrechtfertigung, der<br />
Schutzmaßnahmen und der Ausgleichsentschädigung<br />
in allgemeiner Form. Dabei werden<br />
auch Erkenntnisse gewonnen, die <strong>für</strong> die<br />
Planfeststellung öffentlicher Träger bedeutsam<br />
sind. Daneben werden naturgemäß die<br />
Sonderfragen der privaten Träger behandelt.<br />
Schoen, Hendrik:<br />
Die Planfeststellung zwischen Kontrollerlaubnis<br />
und Planungsentscheidung – Zur Dogmatik<br />
eines janusköpfigen Rechtsinstituts<br />
2003, 398 S., 31,– €, Zentralinstitut <strong>für</strong> Raumplanung<br />
an der Universität Münster,<br />
ISBN 3-88497-188-3<br />
Kaum ein anderes Rechtsgebiet wird so durch<br />
die Rechtsprechung geprägt wie das Planfeststellungsrecht.<br />
Neben der jedenfalls ursprünglich<br />
geringen Dichte der gesetzlichen Regelungen<br />
lassen sich als Gründe hier<strong>für</strong><br />
insbesondere die immensen Auswirkungen<br />
von planfestgestellten Großvorhaben auf die<br />
Menschen, auf die Bodennutzung sowie auf<br />
Natur und Landschaft anführen. Diese Auswirkungen<br />
führen dazu, dass Planfeststellungsbeschlüsse<br />
gerade mit Blick auf das Eigentumsgrundrecht<br />
oder auch das Naturschutzrecht<br />
immer wieder den Gegenstand von Entscheidungen<br />
des Bundesverwaltungsgerichts bilden.<br />
Der dogmatische Ausgangspunkt der Rechtsprechung,<br />
der allen diesen Entscheidungen zu<br />
Grunde liegt, ist in einem fundamentalen bundesverwaltungsgerichtlichen<br />
Urteil aus dem<br />
Jahr 1975 zum Neubau eines Teilabschnitts der<br />
Bundesstraße 42 zu finden. In diesem Urteil<br />
wird ausgeführt, dass der Planfeststellungsbehörde<br />
eine sogenannte planerische Gestaltungsfreiheit<br />
zustehe. Begründet wird dieser<br />
Ansatz im Wesentlichen mit einer Parallele zu<br />
der bereits zuvor entwickelten Dogmatik des<br />
Bauplanungsrechts.<br />
Noch ein weiteres Spezifikum des Planfeststellungsrechts<br />
hat die Rechtsprechung der<br />
Dogmatik des Bauplanungsrechts entliehen,<br />
nämlich die These, dass sich die planerische<br />
Gestaltungsfreiheit wesensmäßig vom herkömmlichen<br />
Rechtsfolgenermessen unterscheide.<br />
Während das Rechtsfolgenermessen<br />
durch einen konditionalen Normaufbau gekennzeichnet<br />
werde, herrsche im gesamten<br />
Planungsrecht – und damit auch im Planfeststellungsrecht<br />
– eine finale Normstruktur vor.<br />
Trotz vereinzelter Kritik in der Literatur<br />
sind die Kernaussagen zur rechtlichen Stellung<br />
der Planfeststellungsbehörde und zum<br />
Wesen der planerischen Gestaltungsfreiheit<br />
126<br />
in der Rechtsprechung weitgehend unverändert<br />
geblieben. Nur ganz gelegentlich klingt<br />
in gerichtlichen Entscheidungen an, dass es<br />
eigentlich der Vorhabenträger sei, dem die so<br />
genannte planerische Gestaltungsfreiheit zustehe.<br />
In der vorliegenden Untersuchung wird anhand<br />
eines grundlegenden Vergleichs herausgearbeitet,<br />
wie sich die Planfeststellung und<br />
die Plangenehmigung einerseits von anderen<br />
Zulassungsentscheidungen und andererseits<br />
von vorgelagerten Planungsentscheidungen,<br />
mit denen keine unmittelbare Vorhabenzulassung<br />
einhergeht, unterscheiden. Dabei wird<br />
deutlich, dass eine an sich gebundene Zulassung<br />
wie zum Beispiel die immissionsschutzrechtliche<br />
Genehmigung weitaus mehr Parallelen<br />
zur Planfeststellung aufweist, als das<br />
bisherige dogmatische Verständnis der Rechtsprechung<br />
vermuten lässt. Umgekehrt werden<br />
wesentliche Divergenzen zwischen dem Bauplanungs-<br />
und dem Planfeststellungsrecht<br />
sichtbar, so dass auch der ursprüngliche Begründungsansatz<br />
des Bundesverwaltungsgerichts<br />
<strong>für</strong> die Einordnung der Planfeststellung<br />
ins Wanken gerät. Auf diese Weise nimmt die<br />
Untersuchung der Planfeststellung viel von<br />
ihrem vermeintlichen Zauber.<br />
SONSTIGES<br />
Jänicke, Martin/ Kunig, Philip/ Stitzel, Michael:<br />
Lern- und Arbeitsbuch Umweltpolitik<br />
Politik, Recht und Management des Umweltschutzes<br />
in Staat und Unternehmen<br />
2003, 456 S., 15,20 €, Verlag J.H.W. Dietz<br />
Nachf. GmbH,<br />
ISBN 3-8012-0319-0<br />
<strong>Das</strong> vorliegende Buch ist eine profunde interdisziplinäre<br />
Einführung in alle Fragen zum<br />
<strong>Thema</strong> Umwelt aus den Bereichen Politik,<br />
Recht, Wirtschaft und Management. Es geht<br />
von den umweltpolitischen Verhältnissen in<br />
Deutschland aus und stellt sie in die Zusammenhänge<br />
einer globalisierten Welt. Die Autoren<br />
analysieren die rechtlichen Grundlagen,<br />
Optionen und Perspektiven und zeigen<br />
dabei die Bedingungen, Chancen und Grenzen<br />
einer Umweltorientierung von Unternehmen<br />
auf. <strong>Das</strong> Lern- und Arbeitsbuch Umweltpolitik<br />
ist leicht verständlich geschrieben<br />
und richtet sich an ein breites Publikum.<br />
Schaubilder, Übersichten, Querverweise, typographisch<br />
hervorgehobene Begriffsdefinitionen<br />
sowie ein Glossar im Anhang ergänzen<br />
das informative Werk.<br />
Stoll, Tobias:<br />
Sicherheit als Aufgabe von Staat und Gesellschaft<br />
Verfassungsordnung, Umwelt- und Technikrecht<br />
im Umgang mit Unsicherheit und Risiko<br />
2003, 560 S., 109,– €, Mohr Siebeck,<br />
ISBN 3-16-147871-1<br />
Tobias Stoll untersucht das Verfassungs-, Umwelt-<br />
und Technikrecht mit Blick auf das Risiko-<br />
und Risikoverwaltungsrecht und auf die<br />
Frage, wie die Aufgabe der Gewährleistung<br />
von Sicherheit zwischen Staat und Gesellschaft<br />
verteilt ist. Er untersucht den Bereich<br />
der inneren Sicherheit, den Arbeitsschutz, das<br />
Anlagen-, Atom- und Gentechnikrecht sowie<br />
das Recht der Produktsicherheit mit dem Lebensmittel-<br />
und Arzneimittelrecht. Dabei<br />
geht er von zwei aktuellen sich schneidenden<br />
verfassungsrechtlichen Diskussionslinien aus.<br />
Einerseits werden mit einem als Staatsaufgabe<br />
formulierten Begriff der Sicherheit Pflichten<br />
und Befugnisse des Staates akzentuiert. Andererseits<br />
werden Zweifel an der Steuerungsund<br />
Leistungsfähigkeit des Staates laut. Sie<br />
führen zur Forderung nach einer Verlagerung<br />
von Aufgaben auf die Gesellschaft und ihre<br />
Mitglieder.<br />
ZUR 2/2004
ZEITSCHRIFTENSCHAU<br />
Die nachfolgende Übersicht erfasst die umweltrechtliche<br />
Aufsatzliteratur des Erscheinungszeitraumes<br />
bis zum 15.12.2003. Sie schließt unmittelbar<br />
an die <strong>Zeitschrift</strong>enschau in ZUR 1/04 an.<br />
Einzelne Abweichungen sind durch die Erscheinungsweise<br />
und Erreichbarkeit der <strong>Zeitschrift</strong>en<br />
bedingt. (Siehe hierzu die Liste auf der letzten Seite<br />
des Heftes)<br />
In folgenden Rubriken wurden keine Veröffentlichungen<br />
im Berichtszeitraum nachgewiesen:<br />
Gefahrstoff- und Produktrecht.<br />
Verfahrens- und Verfassungsrecht<br />
Bodewig, Thomas: Die offene Methode der Koordinierung<br />
in der EU, der Lissabon-Prozess und der<br />
Verfassungskonvent. EuZW 2003, S. 513.<br />
Bönsel, André/Hönig, Dietmar: Kritische Analyse<br />
der Klagemöglichkeiten der Naturschutzvereine.<br />
NuR 2003, S. 677-679.<br />
Huber, Peter M.: <strong>Das</strong> institutionelle Gleichgewicht<br />
zwischen Rat und Europäischem Parlament in der<br />
künftigen Verfassung <strong>für</strong> Europa. EuR 2003, S. 574-<br />
599.<br />
Meyer, Jürgen/Hölscheidt, Sven: Die Europäische<br />
Verfassung des Europäischen Konvents. EuZW<br />
2003, S. 613-621.<br />
Schwarze, Jürgen: Ein pragmatischer Verfassungsentwurf<br />
– Analyse und Bewertung des Entwurfs eines<br />
Vertrages über eine Verfassung <strong>für</strong> Europa. EuR<br />
2003, S. 535-573.<br />
Tettinger, Peter J.: Ein Schritt in die richtige Richtung,<br />
aber... – Anmerkungen zum Konventsentwurf<br />
eines Vertrages über eine Verfassung <strong>für</strong> Europa.<br />
NWVBl. 2003, S. 414-417.<br />
Wägenbaur, Bertrand: Die Europäische Verfassung,<br />
(k)ein Platz <strong>für</strong> abendländliche Werte? EuZW 2003,<br />
S. 609.<br />
Wuermeling, Joachim: Europa neu verfassen – Zum<br />
Stand der Arbeiten des EU-Verfassungskonvents.<br />
BayVBl. 2003, S. 193-195.<br />
Recht der UVP<br />
Schink, Alexander: Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
– Verträglichkeitsprüfung – naturschutzrechtliche<br />
Eingriffsregelung – Umweltprüfung. NuR 2003, S.<br />
647-654.<br />
Stollmann, Frank: Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
im Bauplanungsrecht. NuR 2003, S. 596-592.<br />
EG- und Internationales<br />
<strong>Umweltrecht</strong><br />
Delvaux, Bram: Shout to the Top: Environmental<br />
Liability of Companies and Directors under Belgian<br />
and UK Law. EELR 2003, S. 273-283.<br />
Jans, Jan H./von der Heide, Ann-Kathrin: Lückenhafter<br />
Individualrechtschutz im Europäischen <strong>Umweltrecht</strong><br />
– Eine Bestandsaufnahme der Rechtssprechung<br />
des EuGH. ZUR 2003, S. 390-394.<br />
Meißner, Christian/Köppel, Johann: Umwelt .und<br />
Naturschutz in Russland – Recht und Umsetzung im<br />
Transformationsprozess. NuL 2003, S. 468-475.<br />
ZUR 2/2004<br />
Peine, Franz-Joseph/Samsel, Anna: Die Europäisierung<br />
des <strong>Umweltrecht</strong>s und seine deutsche Umsetzung.<br />
EWS 2003, S. 297-308.<br />
Seiichi, Tomako/Gakuin, Seinan: Zu den Entwicklungstendenzen<br />
des japanischen <strong>Umweltrecht</strong>s.<br />
UPR 2003, S. 411-415.<br />
Unnerstall, Herwig: Der Schutz von Auen nach der<br />
EU-Wasserrahmenrichtlinie und dem Bundesnaturschutzgesetz<br />
– ein Vergleich. NuR 2003, S. 667-<br />
677.<br />
Umweltprivatrecht<br />
Agena, Carl-August: Verkehrssicherungspflichten in<br />
der freien Landschaft. NuR 2003, S. 654-663.<br />
Nickel, Thomas/Kopf, Hannes: Abwasserbeseitigung<br />
in privater Hand? ZUR, S. 401-407.<br />
Umweltstrafrecht<br />
Beckemper, Katharina/Wegner, Carsten: Der Anfallbegriff<br />
– Geltung des § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrW-<br />
/AbfG im Abfallstrafrecht. wistra 2003, S. 281-285.<br />
Hager, Günter: Haftung <strong>für</strong> reine Umweltschäden.<br />
NuR 2003, S. 581-585.<br />
Leifer, Christoph: Der Richtlinienentwurf zur Umwelthaftung:<br />
internationaler Kontext, Entstehung<br />
und öffentlich-rechtliche Dimension. NuR 2003, S.<br />
598-605.<br />
Mackenthun, Matthias/Jaeschke, Lars: Der sorglose<br />
Umgang mit Asbest und dessen strafrechtliche<br />
Sanktion. ZUR 2003, S. 408-410.<br />
Allgemeines <strong>Umweltrecht</strong><br />
App, Michael: Neue Rechtsentwicklungen zur Anerkennung<br />
von Rückstellungen <strong>für</strong> umweltgerechtes<br />
Verhalten von Gewerbebetrieben. GewArch<br />
2003, S. 417.<br />
Hendler, Reinhard: Die bundesverwaltungsgerichtliche<br />
Rechtsprechung zur regionalplanerischen<br />
Steuerung der Windkraftnutzung. UPR 2003, S.<br />
401-406.<br />
Reinbolz, Andreas/Plieninger, Tobias/Konold, Werner:<br />
Wald oder Weidfeld? Einfache Feld- und Archivmethoden<br />
zur Analyse der Landschaftsgeschichte<br />
des Schwarzwalds. NuL 2003, S. 463-467.<br />
Sieben, Peter: Was bedeutet Nachhaltigkeit als<br />
Rechtsbegriff? NVwZ 2003, S. 1173-1176.<br />
Welge, Axel: Aktiver Umweltschutz verbessert die<br />
Lebensqualität. Städtetag 2003, Heft 10, S. 43-46.<br />
Winkler, Martin: Die neue Betreiberpflicht, Klimaschutz<br />
und Emissionshandel. ZUR, S. 395-400.<br />
Immissionsschutzrecht<br />
Möckel, Stefan: Möglichkeiten Deutschlands zur<br />
Reduzierung der Rußemissionen von Dieselfahrzeugen.<br />
UPR 2003, S. 377-382.<br />
Reuter, Alexander: Grund- und Grundrechtsmängel<br />
des CO2-Emissionshandels in der EU. RdE 2003, S.<br />
262-268.<br />
Vierhaus, Hans-Peter/Körner, Raimund: Handel mit<br />
Treibhausgasemissionsrechten: EU-Richtlinienent-<br />
<strong>Zeitschrift</strong>enschau<br />
wurf, Umsetzung und Problemschwerpunkte. DB<br />
2003, S. 2587-2589-<br />
Atom- und Energierecht<br />
Herrmanns, Caspar David: Planungssicherheit im<br />
Energiewirtschaftsrecht. DVBl. 2003, S. 1255-1256.<br />
Kühne, Gunther: Versagungsermessen und Atomausstieg.<br />
DVBl. 2003, S. 1361-1365.<br />
Kuxenko, Michael: Zum Verhältnis von Wettbewerb<br />
und Gemeinwohlzielen im Energiewirtschaftsgesetz.<br />
UPR 2003, S. 373-377.<br />
Lecheler, Helmut/Gundel, Jörg: Ein weiterer Schritt<br />
zur Vollendung des Energie-Binnenmarktes: Die Beschleunigungs-Rechtsakte<br />
<strong>für</strong> den Binnenmarkt <strong>für</strong><br />
Strom und Gas. EuZW 2003, S. 621-628.<br />
Gentechnikrecht<br />
Dederer, Hans-Georg: Verfahrenskonkretisierung<br />
im Verfassungsneuland: das Stammzellengesetz. JZ<br />
2003, S. 986-994.<br />
Enders, Christoph: Würde- und Lebensschutz im<br />
Konfliktfeld von Biotechnologie und Fortpflanzungsmedizin.<br />
Jura 2003, S. 666-674.<br />
Verkehrsrecht<br />
Koch, Hans-Joachim/Wieneke, Annette: Umweltprobleme<br />
des Luftverkehrs. NVwZ 2003, S. 1153-<br />
1168.<br />
Abfallrecht<br />
Beckmann, Martin/Gesterkamp, Stefan: Vergaberechtliche<br />
Aspekte der kommunalen Gemeinschaftsarbeit<br />
in der Abfallwirtschaft (2). AbfallR<br />
2003, S. 279-284.<br />
Dörr, Oliver: Zu den gesetzlichen Grenzen gewerblicher<br />
Hausmüllverwertung (§ 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 3<br />
KrW-/AbfG). DÖV 2003, S. 838-846.<br />
Krahnefeld, Lutz: Anforderungen des Abfallrechts<br />
an die Stilllegung von Siedlungsabfalldeponien. AbfallR<br />
2003, S. 262-269.<br />
Lenz, Carl Otto/Ebsen, Peter: Die Abfallwirtschaft in<br />
der Rechtssprechung des Gerichtshofes der Europäischen<br />
Gemeinschaften. EWS 2003, S. 345-355.<br />
Lepsius, Oliver: Vom Abfall zum Produkt. NVwZ<br />
2003, S. 1182-1188.<br />
Neun, Andreas/ Stevens, Berthold: Nebenerzeugnisse<br />
und Produktionsrückstände des Kraftwerks-<br />
Betriebs – Produkte oder Abfälle? AbfallR 2003,<br />
S. 292-298.<br />
Oexle, Anno: <strong>Das</strong> Verhältnis von EG-Abfallverbringungsverordnung<br />
und EG-Vertrag nach der Entscheidung<br />
DaimlerChrysler. AbfallR 2003, S. 284-<br />
289.<br />
Queitsch, Peter: Die Gewerbeabfall-Verordnung im<br />
Blickwinkel der Rechtssprechung. AbfallR 2003,<br />
S. 289-292.<br />
Siederer, Wolfgang/Nicklas, Cornelia: Vollzugsprobleme<br />
der Abfallablagerungsverordnung und der<br />
Deponieverordnung. AbfallR 2003, S. 269-274.<br />
Spengler, Peter: Flexibilisierung der Anforderungen<br />
an die Oberflächenabdichtung von Hausmülldeponien.<br />
AbfallR 2003, S. 274-279.<br />
127
<strong>Zeitschrift</strong>enschau<br />
Werres, Stefan: Der Vorladebeschluss des OVG<br />
Rheinland-Pfalz zur grenzüberschreitenden Verbringung<br />
von Abfällen zur Verwertung: Gemeinschaftsrechtliche<br />
Analyse. UPR 2003, S. 424-426.<br />
Bodenschutz- und Altlastenrecht<br />
Peine, Franz-Joseph: Die Kritik am Bundes-Bodenschutzgesetz<br />
– nach fünf Jahren revisited. UPR<br />
2003, S. 406-410.<br />
Wrede, Sabine: Die bodenschutzrechtliche Konzernhaftung<br />
nach BBodSchG im Lichte der »Bremer<br />
Vulkan«-Entscheidung des BGH. NuR 2003, S. 593-<br />
598.<br />
Wasserrecht<br />
Ehlers, Peter: Grundgesetz und Meer. NordÖR<br />
2003, S. 385-391.<br />
Reinhardt, Michael: Retentionsflächen und Eigentum<br />
– Zur wasserrechtlichen Planfeststellung von<br />
Deichverlegungen. ZfW 2003, S. 193-212.<br />
Naturschutz- und Landschaftspflegerecht<br />
Frenz, Walter: Naturschutzrechtliche Rahmenbedingungen<br />
der Wismut-Sanierung. LKV 2003,<br />
S. 441-446.<br />
Ausgewertete <strong>Zeitschrift</strong>en<br />
AcP = Archiv <strong>für</strong> die civilistische Praxis 5/03 – AbfallR = Abfallrecht 6/03<br />
AfK = Archiv <strong>für</strong> Kommunalwissenschaften 3/03 – AgrarR = Agrarrecht<br />
11/03 – AKP = Alternative Kommunalpolitik 6/03 – altlasten-spektrum<br />
5/03 – AnwBl = Anwaltsblatt 11/03 – AöR = Archiv des öffentlichen<br />
Rechts 3/03 – ARSP = Archiv <strong>für</strong> Rechts- und Sozialphilosophie 4/03 –<br />
AVR = Archiv des Völkerrechts 3/03 – BauR = Baurecht 11/03 – BayVBl. =<br />
Bayerische Verwaltungsblätter 22/03 – BB = Betriebs-Berater 48/03 –<br />
BodSch = Bodenschutz 4/03 – CMLR = Common Market Law Review<br />
6/03 – DB = Der Betrieb 49/03 – DÖV = Die öffentliche Verwaltung<br />
22/03 – DVBl. = Deutsches Verwaltungsblatt 22/03 – DVP = Deutsche<br />
Verwaltungspraxis 12/03 – DZWiR = Deutsche <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Wirtschaftsrecht<br />
10/03 – EELR = European Environmental Law Review<br />
12/03 – EJIL = European Journal of International Law 4/03 – ELNI = ELNI-<br />
Newsletter 2/03 – ELR = European Law Review 5/03 – et = Energiewirtschaftliche<br />
Tagesfragen 12/03 – EuGRZ = Europäische Grundrechte-<strong>Zeitschrift</strong><br />
17-20/03 – EuR = Europarecht 4/03 – EuZW = Europäische<br />
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Wirtschaftsrecht 23/03 – EWS = Europäisches Wirtschafts-<br />
& Steuerrecht 11/03 – GewArch = Gewerbearchiv 10/03 – ImmSch =<br />
Immissionsschutz 3/03 – JA = Juristische Arbeitsblätter 11/03 – JEL = Journal<br />
of European Law — Winter 03 – JEPP = Journal of European Public<br />
Policy 5/03 – JR = Juristische Rundschau 11/03 – Jura = Juristische Ausbildung<br />
11/03 – JuS = Juristische Schulung 11/03 – JZ = Juristenzeitung<br />
22/03 – KA = KA-Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall 12/03 – KGVR =<br />
KGV-Rundbrief 3/03 – KJ = Kritische Justiz 3/03 – KritV = Kritische Vierteljahresschrift<br />
<strong>für</strong> Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 2/03 – LKV =<br />
Landes- und Kommunalverwaltung 10/03 – MDR = Monatsschrift <strong>für</strong><br />
Deutsches Recht 22/03 – MM = Müllmagazin 3/03 – Müll&Abf = Müll<br />
und Abfall 11/03 – NdsVBl. = Niedersächsische Verwaltungsblätter<br />
10/03 – NJ = Neue Justiz 11/03 – NJW = Neue Juristische Wochenschrift<br />
49/03 – NordÖR = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> norddeutsches öffentliches Recht<br />
10/03 – NStZ = Neue <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Strafrecht 11/03 – NuL = Natur und<br />
Landschaft 12/03 – NuR = Natur und Recht 11/03 – NVwZ = Neue Zeit-<br />
128<br />
Hönes, Ernst-Rainer: Denkmalpflege und Naturschutz<br />
am Beispiel historischer Gärten in Nordrhein-Westfalen.<br />
VR 2003, S. 375-382.<br />
Jessel, Beate/Szaramowicz, Martin: Methodische<br />
Bausteine zur Umsetzung naturschutzfachlicher Anforderungen<br />
in regionalen Flächenpools. NuL<br />
2003, S. 516-526.<br />
Kracht, Volker/Morissey, Christoph/Schenk, Winfried:<br />
Naturschutz und historische Kulturlandschaft – zur<br />
Integration geschichtlicher Aspekte in Planung und<br />
Management von Naturschutzgebieten. NuL 2003,<br />
S. 527-533.<br />
Louis, Hans Walter/Weihrich, Dietmar: <strong>Das</strong> Verhältnis<br />
der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung zu<br />
den speziellen Artenschutzverordnungen der FFHund<br />
der Vogelschutzrichtlinie. ZUR 2003, S. 385-<br />
398.<br />
Meyer, Frank/Brozio, Fritz/Ghasche, Jan/ Münch<br />
Albrecht: Naturschutz und Teichwirtschaft –<br />
Bewertungs- und Planungsansätze des Naturschutzgroßprojekts<br />
« Teichgebiete Niederspree-<br />
Hammerstadt« (Sachsen). NuL 2003, S. 445-454.<br />
Netz, Joachim: <strong>Das</strong> Grundstückverkehrsgesetz und<br />
Flächenansprüche des Naturschutzes und Umweltschutzes.<br />
NuR 2003, S. 663-667.<br />
Piechocki, Reinhard: Die »Stiftung Naturschutzgeschichte«<br />
auf dem Drachenfels. NuL 2003, S. 534-<br />
540.<br />
Rosenthal, Gert: Bedeutung evolutionsbiologischer<br />
Prozesse <strong>für</strong> Landschaftsplanung und Naturschutz.<br />
NuL 2003, S. 497-506.<br />
Fachplanungsrecht<br />
Repkewitz, Ulrich: Kettenkonzentration – ein Phantom?<br />
– Zur Reichweite der Konzentrationswirkung<br />
in der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung (§ 9<br />
Abs. 1 LuftVG). UPR 2003,S. 420-423.<br />
Sonstiges<br />
Glinski, Carola/Rott, Peter: Umweltfreundliches<br />
und ethisches Konsumverhalten im harmonisierten<br />
Kaufrecht. EuZW 2003, S. 649-654.<br />
Jeinsen, Ulrich: Die Agrarreform 2003 – Konsequenzen<br />
<strong>für</strong> die Vertragsgestaltung. AgrarR 2003,<br />
S. 293-297.<br />
Jung, Steffen: Planänderungsabsicht als Ermessenserwägung<br />
im Rahmen der Befreiungsentscheidung.<br />
BauR 2003, S. 1509-1512.<br />
Kukk, Alexander: Über den Antennen ist Ruh´ –<br />
Hilflosigkeit kommunaler Planung gegenüber<br />
Mobilfunk-Antennenwäldern. BauR 2003, S. 1505-<br />
1509.<br />
Riemer, Boris: Spediteur und Lagerhalter als<br />
Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer. TransportR<br />
2003, S. 332-333.<br />
schrift <strong>für</strong> Verwaltungsrecht 11/03 – NWVBl. = Nordrhein-Westfälische<br />
Verwaltungsblätter 11/03 – NZBau = Neue <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Baurecht und<br />
Vergaberecht 12/03 – NZS = Neue <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Sozialrecht 11/03 –<br />
NZV = Neue <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Verkehrsrecht 11/03 – osteuR = osteuropa-<br />
Recht 5/03 – RdE = Recht der Energiewirtschaft 11/03 – Rechtstheorie<br />
= <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Logik, Methodenlehre, Normentheorie und Soziologie<br />
des Rechts 4/03 – RIW = Recht der internationalen Wirtschaft 6/03 –<br />
RJE = Revue Juridique de l’ environnement 4/03 – Sächs.VBl. = Sächsische<br />
Verwaltungsblätter 11/03 – Staat = Der Staat 3/03 – Städtetag =<br />
Der Städtetag 10/03 – StuG = Stadt und Gemeinde 11/03 – StV = Strafverteidiger<br />
11/03 – ThürVBl. = Thüringische Verwaltungsblätter 11/03<br />
– TransportR = Transportrecht 10/03 – UPR = Umwelt- und Planungsrecht<br />
12/03 – UVP-Report = UVP-report 11/03 – VBlBW = Verwaltungsblätter<br />
Baden-Württemberg 11/03 – VersR = Versicherungsrecht<br />
34/03 – Verw = Die Verwaltung 3/03 – VerwArch. = Verwaltungs-Archiv<br />
4/03 – VR = Verwaltungsrundschau 11/03 – WiRO = Wirtschaft und<br />
Recht in Osteuropa 11/03 – wistra = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Wirtschaft Steuer<br />
Strafrecht 9/03 – WiVerw = Wirtschaft und Verwaltung 4/03 – ZaöRV =<br />
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 3/03 –<br />
ZAU = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Angewandte Umweltforschung 3/03 – ZEuP = <strong>Zeitschrift</strong><br />
<strong>für</strong> Europäisches Privatrecht 4/03 – ZEuS = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Europarechtliche<br />
Studien 3/03 – ZfB = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Bergrecht 3/03 – ZfBR =<br />
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> deutsches und internationales Baurecht 8/03 – ZfRS = <strong>Zeitschrift</strong><br />
<strong>für</strong> Rechtssoziologie Juli 03 – ZfU = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Umweltpolitik<br />
und <strong>Umweltrecht</strong> 3/03 – ZfW = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Wasserrecht 4/03 – ZG =<br />
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Gesetzgebung 3/03 – ZIP = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Wirtschaftsrecht<br />
48/03 – ZLR = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> das gesamte Lebensmittelrecht 3/03 – ZLW<br />
= <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Luft- und Weltraumrecht 3/03 – ZNER = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong><br />
Neues Energierecht 4/03 – ZRP = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Rechtspolitik 11/03 –<br />
ZStW = <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> die gesamte Strafrechtswissenschaft 3/03 – ZUR<br />
= <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> Sonderheft 6/03<br />
ZUR 2/2004
Bundesnaturschutzgesetz<br />
Planungsvorhaben und Bauprojekte sind nicht realisierbar, ohne dass widerstreitendes<br />
Naturschutzrecht zu prüfen ist. Die Instrumente zur Verwirklichung von Naturschutz<br />
sind reichhaltig: konkreter Schutz bestimmter Gebiete, allgemeiner Schutz der gesamten<br />
Landschaft, Planungsverfahren, vorsorgliche Einbeziehung von Naturschutzinteressen.<br />
Zum ersten Mal seit seinem Erlass ist wegen der rasch fortschreitenden Rechtsentwicklung<br />
das BNatSchG umfassend novelliert worden. Der Kommentar stellt die<br />
zahlreichen Neuregelungen dar und erläutert die alten Vorschriften unter Heranziehung<br />
der bisher hierzu veröffentlichten Rechtsprechung und Literatur.<br />
Die Autoren setzen dabei Schwerpunkte <strong>für</strong> die Praxis der einzelnen Bundesländer u.a.<br />
in den Bereichen<br />
■ Verhältnis des Naturschutzes zur Land- und Forstwirtschaft<br />
■ Biotopverbund<br />
■ Vertragsnaturschutz<br />
■ Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung<br />
■ Schutzgebietsausweisungen und europäisches Netz »Natura 2000«<br />
■ Verträglichkeitsprüfung nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie<br />
■ Vereinsbeteiligung und -klage<br />
und greifen damit die bis zum April 2005 zu erfüllenden Umsetzungsverpflichtungen<br />
der Länder auf.<br />
Impressum<br />
Herausgeber und Redaktion:<br />
Verein <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> e.V. c Große Fischerstr. 5 c 28195 Bremen c<br />
Tel. 0421/33 54 143 c Fax: 0421/33 54 141 c<br />
E-Mail: zur-bremen@t-online.de<br />
Schriftleitung:<br />
Prof. Dr. Hans-Joachim Koch c Prof. Dr. Wolfgang Köck c<br />
Dr. Moritz Reese c Dr. Sabine Schlacke<br />
Redaktion:<br />
Dr. Katja Böttger – Prof. Dr. Christian Calliess – Priv. Doz. Dr.<br />
Andreas Fisahn – RA Dr. Harald Ginzky – Carola Glinski –<br />
Dr. Ekkehard Hofmann – Jan Karstens – Dr. Malte Kohls –<br />
Dr. Silke R. Laskowski – Christian Maaß – RA Dr. Peter Schütte –<br />
Prof. Dr. Bernhard Wegener – Dr. Cornelia Ziehm<br />
Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Prof. Dr. Wolfgang Köck<br />
Verlag:<br />
<strong>Nomos</strong>-Verlagsgesellschaft c Waldseestr. 3-5 c 76520 Baden-Baden c<br />
Telefon (07221) 2104-0 c Fax: (07221) 2104-27<br />
Satz und Layout: <strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />
Vertrieb und Aboverwaltung: <strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />
Abo-Service: Tel. 07221/2104-39 Fax: 07221/2104-43.<br />
Erscheinungsweise der ZUR: 6 Ausgaben pro Jahr.<br />
Bestellungen und Bezugspreise: Bestellungen richten Sie bitte an die<br />
<strong>Nomos</strong>-Verlagsgesellschaft. <strong>Das</strong> Abo beginnt bei Bestellung. <strong>Das</strong> Abo<br />
ZUR 2/2004<br />
Ulf Marzik / Thomas Wilrich<br />
Bundesnaturschutzgesetz<br />
Kommentar<br />
<strong>Nomos</strong><br />
<strong>Nomos</strong><br />
76520 Baden-Baden<br />
Bundesnaturschutzgesetz<br />
Kommentar<br />
Von Ulf Marzik, Dozent FU Berlin und<br />
RA Dr. Thomas Wilrich<br />
2004, XXX, 770 S., geb., 59,– €,<br />
ISBN 3-7890-8316-X<br />
kann bis zum 30. September eines Jahres gekündigt werden, ansonsten<br />
verlängert es sich um ein Kalenderjahr. Ein ZUR-Jahresabonnement kostet<br />
<strong>für</strong> Mitglieder des Vereins <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong> 99,– €, <strong>für</strong> Nichtmitglieder<br />
134,– €. Studenten-Abo: Für Mitglieder des Vereins <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong><br />
49,– €, <strong>für</strong> Nicht-Mitglieder 89,– €. (Bitte Studienbescheinigung einsenden).<br />
Alle Preise verstehen sich incl. MwSt. zzgl. Versand. Preisänderungen<br />
bleiben vorbehalten. Bezahlung bitte nach Rechnungserhalt. Bitte teilen<br />
Sie Adressänderungen mit, da die ZUR nicht von einem postalischen<br />
Nachsendeauftrag erfaßt wird. Bankverbindung: Sparkasse Baden-<br />
Baden, Konto.-Nr. 5002266, BLZ 66250030, Postbank, Konto.-Nr.<br />
73636-751, BLZ 66010075, Volksbank Baden-Baden, Konto.-Nr.<br />
107806, BLZ 66290000 Manuskripte: Einsendungen <strong>für</strong> den Aufsatzund<br />
Berichtsteil werden an die Schriftleitung (Prof. Dr. Wolfgang Köck,<br />
Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, Tel.:<br />
0341/235-3140, Email: wolfgang.koeck@ufz.de) oder an die angegebene<br />
Redaktionsadresse erbeten. Für Manuskripte, die unaufgefordert eingesandt<br />
werden, wird keine Haftung übernommen. Die Annahme zur Veröffentlichung<br />
muß schriftlich erfolgen. Copyright: Die ZUR und die darin<br />
enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. <strong>Das</strong> gilt auch <strong>für</strong><br />
die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und Leitsätze, soweit sie vom<br />
Einsender oder von der Redaktion erarbeitet oder redigiert worden sind.<br />
Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist<br />
ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig. <strong>Das</strong> gilt insbesondere <strong>für</strong><br />
Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung<br />
in elektronischen Systemen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />
geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />
V
22. UND 23. MÄRZ 2004<br />
Köln<br />
Liberalisierung in der Wasserwirtschaft?<br />
Fachtagung in Kooperation von:<br />
Deutsches Institut <strong>für</strong> Urbanistik , DST, VKU<br />
Kann die Ressource Wasser liberalisiert werden<br />
wie Strom, Gas oder Telekommunikation?<br />
Sind nicht vielmehr Wasserver- und<br />
Abwasserentsorgung regional gebunden und<br />
auch technische sowie qualitative Aspekte<br />
zu berücksichtigen?<br />
Privatisierungs- und Liberalisierungsbe<strong>für</strong>worter<br />
setzen im Kern bei der kommunalen<br />
Verantwortung an, die bei Wasser und Abwasser<br />
zwar unterschiedlich ausgeprägt ist,<br />
aber als Wettbewerbshemmnis beseitigt<br />
werden soll: Derartige Monopole seien ineffektiv,<br />
sie verhinderten wettbewerbsfördernde<br />
Strukturen und damit Weltmarktchancen<br />
einer deutschen Wasserwirtschaft.<br />
Die Gegner machen dagegen vor allem geltend,<br />
dass Trinkwasser das Lebensmittel<br />
Nr. 1 ist, dessen bisherige Qualitätsstandards<br />
nach der Liberalisierung durch eine staatliche<br />
Regulierung und Kontrolle gesichert<br />
werden müssten. »Wettbewerb im Markt«<br />
und »Wettbewerb um den Markt« erfordern<br />
auch Lösungen ökonomischer und ökologischer<br />
Probleme, die nicht durch pauschale<br />
Verweise auf das Vertrauen in die Marktkräfte<br />
übergangen werden können. Zudem<br />
wird der Zusammenhang zwischen <strong>Das</strong>einsvorsorge,<br />
kommunaler Selbstverwaltung<br />
und kommunalwirtschaftlicher Betätigung<br />
bisher zu wenig beachtet. Folgende Schwerpunkte<br />
sind zu diskutieren:<br />
– Welche Erfahrungen wurden in anderen<br />
europäischen Ländern gemacht? Was<br />
kann Deutschland daraus lernen?<br />
– Inwieweit ist zu be<strong>für</strong>chten, dass durch die<br />
Liberalisierung in Zukunft Gesundheitsund<br />
Umweltbelange privaten Gewinninteressen<br />
untergeordnet werden?<br />
– Welche Anforderungen sind aus Sicht der<br />
Kommunen und kommunalen Unternehmen<br />
an eine Modernisierung der Wasserwirtschaft<br />
zu stellen?<br />
– Können durch die Intensivierung interkommunaler<br />
Kooperationen in den Regionen<br />
Effizienzsteigerungen und damit auch<br />
Kostenvorteile erzielt werden?<br />
– Welche Interessenkonflikte bestehen zwischen<br />
Kommunen und Unternehmen?<br />
Wie können sie gelöst werden?<br />
Anmeldung: Deutsches Institut <strong>für</strong> Urbanistik,<br />
Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin,<br />
Rosa Hackenberg, Tel.: 030/39001-259, email:<br />
hackenberg@difu.de, Bettina Leute,<br />
Tel.: 030/39001-258, e-mail: leute@difu.de.<br />
Weitere Informationen: www.difu.de.<br />
VI<br />
Termine:<br />
22. UND 23. APRIL 2004<br />
Berlin<br />
Die neue Europäische Union und die Umweltpolitik<br />
Die Europäische Union wird größer. Am 1.<br />
Mai 2004 treten zehn neue Länder dem<br />
Staatenbund bei, der damit auf 25 Mitglieder<br />
wächst. Neben Zypern und Malta gehören<br />
acht mittel- und osteuropäische Staaten zu<br />
den Beitrittsländern, weshalb auch von der<br />
Osterweiterung der EU gesprochen wird.<br />
Niemand bezweifelt, dass Europa in vielerlei<br />
Hinsicht Veränderungen bevorstehen. Doch<br />
welche Folgen hat die Erweiterung <strong>für</strong> die<br />
Umweltpolitik in den neuen und den alten<br />
Ländern?<br />
Als das führende unabhängige Umweltforschungsinstitut<br />
widmet sich das Öko-Institut<br />
e.V. bei seiner internationalen Jahrestagung<br />
diesem <strong>Thema</strong>.<br />
WissenschaftlerInnen des Instituts sowie<br />
zahlreiche ReferentInnen werden in Vorträgen,<br />
Workshops und Diskussionen die<br />
Osterweiterung aus umweltpolitischer Sicht<br />
behandeln. Wie entwickelt sich die europäische<br />
Energie- und Klimapolitik? Können die<br />
Beitrittsländer die Umweltstandards der EU<br />
erfüllen? Eines der großen Konfliktfelder ist<br />
der Agrarbereich. Welche Rolle spielt dabei<br />
der Einsatz von Gentechnik? Werden die<br />
Möglichkeiten <strong>für</strong> eine strengere europäische<br />
Umweltpolitik durch die Erweiterung<br />
größer oder ist das Gegenteil der Fall?<br />
Auf diese und viele weitere Fragen erhalten<br />
die TeilnehmerInnen bei der Tagung Antworten.<br />
Der Blick soll dabei nicht nur von<br />
West nach Ost gehen, sondern auch in die<br />
entgegengesetzte Richtung.<br />
Anmeldung: Öko-Institut e.V., Geschäftsstelle<br />
Freiburg, Postfach 6226, 79038 Freiburg,<br />
Romy Klupsch, Tel.: 0761 / 45 2 95 – 0,<br />
Fax: 0761 / 47 54 37, e-mail: event@oeko.de,<br />
Internet: www.oeko.de/veranstaltungen.htm.<br />
22. UND 23. APRIL 2004<br />
Leipzig<br />
9. Leipziger <strong>Umweltrecht</strong>s-Symposion<br />
»Rechtliche Aspekte des vorbeugenden<br />
Hochwasserschutzes«<br />
Am 22. und 23. April 2004 veranstaltet das<br />
Institut <strong>für</strong> Umwelt- und Planungsrecht der<br />
Universität Leipzig zusammen mit dem<br />
Sächsischen Staatsministerium <strong>für</strong> Umwelt<br />
und Landwirtschaft, der Stadt Leipzig, dem<br />
UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-<br />
Halle und dem Hochwasserforschungszentrum<br />
Dresden sein 9. Leipziger <strong>Umweltrecht</strong>ssymposion,<br />
das dem <strong>Thema</strong> »Rechtliche<br />
Aspekte des Hochwasserschutzes«<br />
gewidmet ist. Erörtert werden der aktuelle<br />
Diskussionsstand des Hochwasserschutzrechts<br />
in Bund und Ländern (MinR Dallhammer,<br />
Dresden), umweltrechtliche Fragen<br />
bei der Durchführung des Hochwasserschutzes<br />
(Prof. Dr. Köck und RA Prof. Dr.<br />
Dammert, beide Leipzig), enteignungsrechtliche<br />
und staatshaftungsrechtliche Aspekte<br />
des Hochwasserschutzes (Prof. Dr. Reinhardt,<br />
Trier), fachplanungsrechtliche und<br />
raumordnungsrechtliche Bezüge (RA Prof.<br />
Dr. Stüer, Münster/Osnabrück), Finanzierungsfragen<br />
einschließlich abgabenrechtlicher<br />
Probleme (RA Prof. Dr. Salzwedel,<br />
Köln/Bonn) und Probleme des grenzüberschreitenden<br />
Hochwasserschutzes (MinR<br />
Malek, Bonn). Am zweiten Tagungstag ist<br />
eine Podiumsdiskussion zum <strong>Thema</strong> »Hochwasserschutz<br />
– aber wie?« mit Vertretern<br />
der Hochwasserforschung, der Administration,<br />
der Planungspraxis, der Versicherungswirtschaft,<br />
der Kommunen, der Landwirtschaft<br />
und des Naturschutzes geplant.<br />
<strong>Das</strong> Direktorium des Instituts <strong>für</strong> Umweltund<br />
Planungsrecht der Universität lädt, zugleich<br />
auch im Namen der Mitveranstalter,<br />
sehr herzlich zur Teilnahme an dem Symposion<br />
ein.<br />
Anmeldungen bis zum 13. April 2004 an die<br />
Universität Leipzig, Juristenfakultät, Institut<br />
<strong>für</strong> Umwelt- und Planungsrecht, Prof. Dr.<br />
Martin Oldiges, Postfach 10 09 20, 04009<br />
Leipzig, Fax 0341/9735139, e-mail: upr@unileipzig.de<br />
erbeten.<br />
Weitere Informationen erhalten Sie unter<br />
www.uni-leipzig.de/upr bzw. telefonisch unter<br />
0341/9735130.<br />
7. – 9. JUNI 2004<br />
Berlin<br />
Steuerungsmöglichkeiten kommunaler Umweltpolitik<br />
im »Konzern Stadt«<br />
Kommunale Unternehmen waren und sind<br />
ein wichtiges Instrument zur Umsetzung<br />
politischer Ziele in Kommunen. Insbesondere<br />
mit Unternehmen in den »klassischen«<br />
Aufgabenbereichen kommunaler <strong>Das</strong>einsvorsorge<br />
wie Energie und Wasser sowie<br />
ÖPNV wurden auch umweltpolitische Zielsetzungen<br />
verfolgt. So wären kommunale<br />
Energieversorger wichtige Akteure zur Umsetzung<br />
lokaler Klimaschutzpolitik. Diese<br />
unterliegen seit einigen Jahren jedoch einem<br />
Wandel: Liberalisierung und Privatisierung<br />
öffentlicher Aufgaben sind Ausdruck einer<br />
stärkeren Marktorientierung. Im Zuge von<br />
Ausgliederungen erlangen kommunale Unternehmen<br />
im »Konzern Stadt« mehr Unabhängigkeit<br />
von kommunalpolitischer Ein-<br />
ZUR 2/2004
flussnahme. Zudem stehen Kommunen und<br />
ihre Betriebe heute verstärkt im Wettbewerb<br />
mit privaten Unternehmen. Öffentliche<br />
Ziele wie der Umweltschutz werden so in zunehmendem<br />
Maße wirtschaftlichen untergeordnet.<br />
Somit verändern sich auch die<br />
Handlungsoptionen und Steuerungsmöglichkeiten<br />
<strong>für</strong> die kommunale Umweltpolitik.<br />
Die Kooperation mit lokalen Akteuren<br />
außerhalb der Verwaltung z.B. gewinnt hierbei<br />
ebenso zunehmend an Bedeutung wie<br />
die Beteiligungssteuerung.<br />
In dem Seminar, in dem unter anderem Ergebnisse<br />
aus dem interdisziplinären Forschungsverbund<br />
»networks« präsentiert<br />
werden, sollen die mit den veränderten<br />
umweltpolitischen Handlungsspielräumen<br />
verbundenen Risiken und Chancen aufgezeigt<br />
und mit Vertretern der kommunalen<br />
Praxis diskutiert werden. Folgende Schwerpunkte<br />
sind zu thematisieren:<br />
– Welche veränderten Anforderungen ergeben<br />
sich im »Konzern Stadt« <strong>für</strong> Umweltverwaltungen?<br />
– Welche Erfahrungen bestehen hinsichtlich<br />
der Kooperation mit lokalen Akteuren<br />
aus den Bereichen Umwelt und Wirtschaft?<br />
– Wie lassen sich Umweltaspekte in die strategische<br />
Steuerung kommunaler Beteiligungen<br />
integrieren?<br />
– Wie könnte etwa die Vernetzung zwischen<br />
dem Umweltamt und der Beteiligungssteuerung<br />
funktional organisiert werden?<br />
Anmeldung: Deutsches Institut <strong>für</strong> Urbanistik,<br />
Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin,<br />
Rosa Hackenberg, Tel.: 030/39001-259, email:<br />
hackenberg@difu.de, Bettina Leute,<br />
Tel.: 030/39001-258, e-mail: leute@difu.de.<br />
Weitere Informationen: www.difu.de.<br />
Hinweis:<br />
Im Rahmen seines Projektes »Maßnahmen<br />
gegen Verkehrslärm« hat der Verkehrsclub<br />
Deutschland (VCD) sieben Workshops zu<br />
den verschiedensten Aspekten der Bekämpfung<br />
von Verkehrslärm durchgeführt. Die<br />
über 50 Experten-Vorträge im Rahmen dieser<br />
Tagungen stehen als Download-Angebote auf<br />
der Internet-Seite des VCD (www.vcd.org)<br />
unter dem Pfad »Themen/Verkehrslärm/<br />
Workshopreihe«) zur Verfügung.<br />
Wieviel Rechtsetzungskompetenzen soll die<br />
Union/Gemeinschaft haben? In welchen Sachbereichen<br />
– auch Bildung und Kultur? Für<br />
welche Ziele – auch <strong>für</strong> den Umweltschutz? Soll<br />
sie ganze Sachgebiete erschöpfend regeln<br />
dürfen? Wieviel Einfluss hat das Europäische<br />
Parlament? Hat ein Mitgliedstaat ein Vetorecht?<br />
Die Artikel der Verträge über die Kompetenzen<br />
überschneiden sich vielfach. Daraus<br />
folgende Streitigkeiten in Politik und Rechtsanwendung<br />
muß letztlich der EuGH entscheiden.<br />
Dieses Werk entwickelt ein System<br />
der Kompetenzen und zeigt, warum die bisher<br />
gefundenen Lösungen die berechtigte Forderung<br />
des EuGH, die Kompetenzwahl müsse auf<br />
objektiven, gerichtlich nachprüfbaren Faktoren<br />
beruhen, nicht erfüllen können. Solange das<br />
heutige Kompetenzsystem gilt, sollte stattdessen<br />
die Kompetenzwahl aufgrund einer aus<br />
dem System der Kompetenzen folgenden Kompetenzhierarchie<br />
erfolgen. Die Verfasserin war<br />
an den Universitäten Göttingen, Marburg, East<br />
Anglia (Norwich/England) tätig und ist jetzt<br />
wieder nach Göttingen zurückgekehrt. Sie befasst<br />
sich seit mehr als 10 Jahren wissenschaftlich<br />
vor allem mit europäischem Verfassungsund<br />
Verwaltungsrecht und ist bereits durch<br />
Veröffentlichungen ausgewiesen.<br />
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Es besteht Abnahmeverpflichtung <strong>für</strong> das Gesamtwerk.<br />
<strong>Das</strong> Handbuch zum europäischen und deutschen <strong>Umweltrecht</strong><br />
gilt EU-weit als die umfangreichste Darstellung des<br />
europäischen <strong>Umweltrecht</strong>s. Bereits nach Erscheinen der viel<br />
beachteten 1. Auflage ist es zu einem Standardwerk geworden.<br />
Die Entwicklungen und Veränderungen im europäischen<br />
und deutschen <strong>Umweltrecht</strong> haben <strong>für</strong> die nun<br />
erscheinende 2. Auflage umfangreiche Überarbeitungen und<br />
nicht selten auch Neufassungen der Beiträge notwendig<br />
gemacht.<br />
84 renommierte Autoren aus Praxis und Wissenschaft lassen<br />
kein Spektrum des <strong>Thema</strong>s unerwähnt und bieten in gewohnter<br />
Qualität und Vollständigkeit eine Bestandsaufnahme<br />
des <strong>Umweltrecht</strong>s, die in ihrer Breite und Tiefe seinesgleichen<br />
sucht. Aufgrund des starken Anwachsens erfolgt die<br />
Darstellung des ‚Besonderen <strong>Umweltrecht</strong>s’ in zwei Teilbänden.<br />
Die rechtspolitischen Überlegungen und Ausblicke finden<br />
sich jetzt am Ende des letzten Bandes. Ein detailliertes<br />
Sachregister, eine ausführliche Dokumentation der europäischen<br />
Rechtsakte und Dokumente und ein umfangreiches<br />
Rechtsprechungsverzeichnis runden das Werk sinnvoll ab.<br />
Pressestimmen zur Vorauflage:<br />
„Rengeling und seinen Mitautoren ist ein Meisterwerk gelungen,<br />
das <strong>für</strong> jeden am <strong>Umweltrecht</strong> und am europäischen<br />
Recht Interessierten unentbehrlich ist.“<br />
RA Prof. Dr. Klaus-Peter Dolde, in: NVwZ 6/2000<br />
„Mit dem vorliegenden Handbuch ist Herausgeber und Autoren<br />
ohne Übertreibung ein großer Wurf gelungen…Rechtswissenschaft<br />
und Rechtspraxis, Politik und Wirtschaft, Verwaltung<br />
und Verbände sowie alle an Umweltfragen Interessierten<br />
werden gleichermaßen von diesem künftig unverzichtbaren<br />
Grundlagenwerk profitieren.“<br />
Ministerialrat Prof. Dr. Dr. Hans Hablitzel, in:<br />
Agrarrecht 9/1999<br />
Bestellen Sie in Ihrer Buchhandlung oder<br />
bei Carl Heymanns Verlag KG, 50926 Köln<br />
Fax 0221/94373-502<br />
E-Mail: bestellung@heymanns.com<br />
www.heymanns.com<br />
203-03 • Angebotsstand: 11-2003 • 1.5.38883 • Carl Heymanns Verlag KG • 50926 Köln • AG Köln HRA 3666
Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
»eine wertvolle Hilfe <strong>für</strong> die immissions-<br />
schutzrechtliche Praxis.«<br />
<strong>Das</strong> Bundes-Immissionsschutzgesetz ist das Kerngesetz<br />
des <strong>Umweltrecht</strong>s. Es wird durch zahlreiche Rechtsverordnungen<br />
und wichtige Verwaltungsvorschriften ergänzt<br />
und konkretisiert. Die 22. Auflage des Sammelwerks<br />
(Stand: August 2003) enthält die Texte aller einschlägigen<br />
Vorschriften zum Bundes-Immissionsschutzrecht (einschl.<br />
der neuen 17. BImSchV) sowie eine umfassende Einführung<br />
in die komplexen Regelungen. <strong>Das</strong> Gesetz selbst, die wichtigsten<br />
Durchführungsverordnungen (u. a. die Verordnung<br />
über das Genehmigungsverfahren<br />
und die Störfall-Verordnung) sowie<br />
die TA Luft und die TA Lärm werden<br />
durch knappe, praxisorientierte Anmerkungen<br />
erläutert. Ein Schlag-<br />
Umweltbrief 4/03<br />
wortverzeichnis hilft beim Auffinden<br />
der einschlägigen Regelungen.<br />
<strong>Das</strong> handliche Taschenbuch ist <strong>für</strong> Verwaltungsbehörden,<br />
Rechtsanwälte, Umweltverbände und <strong>für</strong> Unternehmen<br />
von Nutzen. Es eignet sich besonders als Hilfsmittel bei Besprechungen.<br />
Dabei auftretende Fragen können häufig mit<br />
Hilfe der Einführung und der Anmerkungen schnell geklärt<br />
werden.<br />
Der Autor war Vorsitzender des Länderausschusses <strong>für</strong><br />
Immissionsschutz. Er ist Lehrbeauftragter der Universität<br />
Düsseldorf und Mitglied des Arbeitskreises <strong>für</strong> <strong>Umweltrecht</strong>.<br />
Bitte bestellen Sie bei Ihrer<br />
Buchhandlung oder bei:<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />
76520 Baden-Baden<br />
Telefax 0 72 21/21 04-43<br />
E-Mail: horn@nomos.de<br />
www.nomos.de<br />
Klaus Hansmann<br />
Bundes-<br />
Immissionsschutzgesetz<br />
22. Auflage mit Erläuterungen<br />
BImSchG<br />
BImSch-Verordnungen<br />
EMASPrivilegV<br />
TA Luft<br />
TA Lärm<br />
Schlagwortverzeichnis<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />
Baden-Baden<br />
Hansmann<br />
Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
und ergänzende Vorschriften<br />
Textausgabe mit Einführung und<br />
Anmerkungen<br />
22. Auflage 2003, 814 S., brosch.,<br />
24,– €, ISBN 3-8329-0303-8<br />
<strong>Nomos</strong><br />
76520 Baden-Baden<br />
Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
und ergänzende Vorschriften<br />
Textausgabe mit Einführung und<br />
Anmerkungen<br />
Von MinR a.D. Dr. Klaus Hansmann<br />
22. Auflage 2003, 814 S., brosch., 24,– €,<br />
ISBN 3-8329-0303-8<br />
Name<br />
Straße<br />
PLZ, Wohnort<br />
E-Mail<br />
Datum, Unterschrift<br />
Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2<br />
Wochen nach Lieferung ohne Begründung an<br />
Ihre Buchhandlung oder an den <strong>Nomos</strong> Verlag,<br />
Waldseestr. 3-5, 76530 Baden-Baden, zurückzusenden,<br />
wobei die rechtzeitige Absendung genügt.<br />
Kosten und Gefahr der Rücksendung trägt<br />
der Empfänger.
<strong>Das</strong> Recht der Tiere und<br />
der Landwirtschaft<br />
Die Verwendung von Tieren zu Lehrzwecken<br />
Historische, verfassungs- und verwaltungsrechtliche<br />
Untersuchung<br />
Von Thomas Cirsovius<br />
2002, 264 S., brosch., 45,– €, ISBN 3-7890-7760-7<br />
(<strong>Das</strong> Recht der Tiere und der Landwirtschaft, Bd. 2)<br />
Seit Tierversuche zu Ausbildungszwecken eingesetzt werden,<br />
stellt sich auch immer wieder die Gewissensfrage. Der<br />
Band erläutert umfassend die Gesetzgebung, welche sich<br />
mit der Verweigerung eines Schülers oder der Suche nach<br />
Alternativen befaßt. Kammerentscheidungen dazu liegen<br />
inzwischen vor.<br />
Zur Stellung des Tieres im Gemeinschaftsrecht<br />
Von Johannes Caspar<br />
2001, 101 S., brosch., 20,– €, ISBN 3-7890-7538-8<br />
(<strong>Das</strong> Recht der Tiere und der Landwirtschaft, Bd. 1)<br />
Die Analyse der rechtlichen Stellung des Tieres im Gemeinschaftsrecht<br />
erfordert die Darstellung der vielfältigen<br />
Tiernutzungs- sowie Tierschutzbestimmungen des Sekundärrechts<br />
und ihrer Auswirkungen auf die nationale Tierschutzpolitik.<br />
Ferner geht es um die Frage nach der Rechtsstellung<br />
des Tieres innerhalb des EG-Vertrags. Ansätze zu<br />
einer Aufwertung des Regelungsanliegens im Rahmen des<br />
Primärrechts der Gemeinschaft schließen die Untersuchung.<br />
Bitte bestellen Sie bei Ihrer<br />
Buchhandlung oder bei:<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />
76520 Baden-Baden<br />
Telefax 0 72 21/21 04-43<br />
E-Mail: horn@nomos.de<br />
www.nomos.de<br />
Randl<br />
Der Schutz von Tieren<br />
beim Transport<br />
2003, 241 S., brosch., 48,– €,<br />
ISBN 3-8329-0438-7<br />
Cirsovius<br />
Die Verwendung von<br />
Tieren zu Lehrzwecken<br />
2002, 264 S., brosch., 45,– €,<br />
ISBN 3-7890-7760-7<br />
Caspar<br />
Zur Stellung des Tieres<br />
im Gemeinschaftsrecht<br />
2001, 101 S., brosch., 20,– €,<br />
ISBN 3-7890-7538-8<br />
<strong>Das</strong> Recht der Tiere und der Landwirtschaft 3<br />
Heike Randl<br />
Der Schutz von Tieren<br />
beim Transport<br />
<strong>Nomos</strong> Verlagsgesellschaft<br />
Baden-Baden<br />
NWV<br />
Wien • Graz<br />
Der Schutz von Tieren<br />
beim Transport<br />
<strong>Nomos</strong><br />
76520 Baden-Baden<br />
Von Heike Randl<br />
2003, 241 S., brosch., 48,– €,<br />
ISBN 3-8329-0438-7<br />
(<strong>Das</strong> Recht der Tiere und der Landwirtschaft,<br />
Bd. 3)<br />
Sowohl der Europarat als auch die Europäische<br />
Gemeinschaft haben Bestimmungen<br />
<strong>für</strong> Lebendtiertransporte erlassen.<br />
Am Beispiel Österreichs werden die<br />
Konsequenzen dieser Vorgaben geprüft<br />
sowie Umsetzungsmängel und Lösungsmöglichkeiten<br />
aufgezeigt.<br />
Name<br />
Straße<br />
PLZ, Wohnort<br />
E-Mail<br />
Datum, Unterschrift<br />
Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2<br />
Wochen nach Lieferung ohne Begründung an<br />
Ihre Buchhandlung oder an den <strong>Nomos</strong> Verlag,<br />
Waldseestr. 3-5, 76530 Baden-Baden, zurückzusenden,<br />
wobei die rechtzeitige Absendung genügt.<br />
Kosten und Gefahr der Rücksendung trägt<br />
der Empfänger.