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Erneuerbare Energien im deutschen und europäischen Recht

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ZUR<br />

Das Forum für Umwelt- <strong>und</strong> Planungsrecht<br />

Herausgeber:<br />

Verein für Umweltrecht e.V.<br />

Prof. Dr. Martin Beckmann, <strong>Recht</strong>sanwalt, Münster; Siegfried Breier, EU-Kommission,<br />

Brüssel; Prof. Dr. Matthias Dombert, <strong>Recht</strong>sanwalt, Potsdam; Dr. Günther-Michael<br />

Knopp, Ministerialrat, Bayerisches Umweltministerium, München; Prof. Dr. Hans-<br />

Joach<strong>im</strong> Koch, Universität Hamburg; Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff, Richterin des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts,<br />

Karlsruhe; Dr. Frank Petersen, Ministerialrat, B<strong>und</strong>esministerium<br />

für Umwelt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit, Bonn; Dr. Renate Philipp, Richterin am<br />

B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht, Leipzig; Michael Sauthoff, Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts<br />

Greifswald; Prof. Dr. Reinhard Sparwasser, <strong>Recht</strong>sanwalt, Freiburg; Prof. Dr.<br />

Michael Uechtritz, <strong>Recht</strong>sanwalt, Stuttgart; Prof. Dr. Ludger-Anselm Versteyl, <strong>Recht</strong>sanwalt,<br />

Hannover; Prof. Dr. Andreas Voßkuhle, Universität Freiburg; Prof. Dr. Gerd Winter,<br />

Universität Bremen<br />

Schriftleitung: Prof. Dr. Wolfgang Köck, Dr. Moritz Reese, Dr. Sabine Schlacke<br />

Volker Oschmann <strong>und</strong> Fabian Sösemann<br />

Der Beitrag gibt einen Überblick über aktuelle Entwicklungen <strong>im</strong> »<strong>Recht</strong><br />

der <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong>«. Behandelt werden also diejenigen <strong>deutschen</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>europäischen</strong> Regelungen, die den verstärkten Einsatz <strong>Erneuerbare</strong>r<br />

<strong>Energien</strong> zur Erzeugung von Strom, Wärme <strong>und</strong> Kälte sowie<br />

Antriebsenergie für Fahrzeuge bezwecken sowie die hierzu ergangene<br />

jüngere <strong>Recht</strong>sprechung. Es wird deutlich, dass <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong>,<br />

insbesondere vor dem Hintergr<strong>und</strong> des Kl<strong>im</strong>awandels <strong>und</strong> steigender<br />

Abhängigkeit von Energie<strong>im</strong>porten, zunehmend an Bedeutung gewinnen<br />

<strong>und</strong> ein neuer <strong>Recht</strong>sbereich <strong>im</strong> Entstehen begriffen ist.<br />

A. Einführung<br />

»Die Bedeutung der <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong>«, so schreibt die B<strong>und</strong>esregierung<br />

in ihrem Statusbericht für den Energiegipfel 1 ,<br />

»wächst weltweit«. In Deutschland soll bis Mitte des Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

»r<strong>und</strong> die Hälfte des Energieverbrauchs« aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong><br />

bereitgestellt werden. 2<br />

Als erneuerbar oder regenerativ werden die Energiequellen <strong>und</strong><br />

-träger bezeichnet, die, anders als die konventionellen <strong>Energien</strong><br />

Öl, Erdgas, Kohle <strong>und</strong> Uran, unerschöpflich sind, weil die Naturkräfte<br />

sie <strong>im</strong>mer wieder neu bereitstellen. Zu den <strong>Erneuerbare</strong>n<br />

<strong>Energien</strong> zählen die unmittelbar oder mittelbar auf die Sonneneinstrahlung<br />

zurückzuführenden »solaren« Energiequellen Wind 3 ,<br />

Wasser 4 , Biomasse 5 <strong>und</strong> Sonne sowie die »nicht-solaren« Energie-<br />

Zeitschrift für<br />

Umweltrecht<br />

1/2007<br />

18. Jahrgang • Seiten 1- 56<br />

DAS THEMA<br />

<strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>europäischen</strong><br />

<strong>Recht</strong> – Ein Überblick<br />

quellen Gezeiten <strong>und</strong> Geothermie. <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> haben<br />

nicht nur den Vorteil, dass sie unerschöpflich sind. Wenn sie in<br />

Strom, Wärme <strong>und</strong> Antriebsenergie umgewandelt werden, entsteht<br />

– anders als bei Kohle, Öl oder Gas – praktisch kein Kohlendioxid.<br />

6 Das ist ein entscheidender Vorzug <strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong>,<br />

da Kohlendioxid ganz erheblich zum weltweiten Kl<strong>im</strong>awandel<br />

beiträgt.<br />

<strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> sind allerdings derzeit meist noch teurer<br />

als konventionelle <strong>Energien</strong>. Denn die langfristigen Folgekosten<br />

konventioneller Energieerzeugung, insbesondere für den Ressour-<br />

1 B<strong>und</strong>esregierung, Energieversorgung für Deutschland, Statusbericht für den<br />

Energiegipfel am 3. April 2006, S. III (abrufbar unter www.b<strong>und</strong>esregierung.de).<br />

2 Ebd., S. 54.<br />

3 Die Sonnenlicht-Einstrahlung erwärmt die Erde <strong>und</strong> die erdnahen Luftschichten.<br />

Die erwärmt aufsteigende Luft <strong>und</strong> die Kondensations-Wärme<br />

bei der Wolkenbildung führen zu Luftbewegungen, dem Wind. Die kinetische<br />

Energie des Windes wiederum kann durch Windenergieanlagen in<br />

mechanische Rotationsenergie umgewandelt werden.<br />

4 Die Einstrahlung von Sonnenlicht führt zur Verdunstung von Wasser. Über<br />

den Aufstieg der warmen, feuchten Luft, die Wolkenbildung, Niederschläge<br />

<strong>und</strong> den Ablauf des Wassers schließt sich der Wasserkreislauf. Dabei kann<br />

die Bewegungsenergie des Wassers bei Stauseen oder an Flüssen in elektrische<br />

Energie umgewandelt werden.<br />

5 Biomasse ist mittels Photosynthese chemisch geb<strong>und</strong>ene Sonnenenergie<br />

(z. B. Pflanzenöl, Stroh, Holz).<br />

6 Die Umwandlung von Biomasse in Strom, Wärme oder Antriebsenergie ist<br />

kohlendioxidneutral. Es wird nur so viel Kohlendioxid freigesetzt, wie vorher<br />

in der Biomasse selbst geb<strong>und</strong>en war.<br />

ZUR 12/2006 | 1


DAS THEMA | Oschmann/Sösemann, <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Recht</strong><br />

cenverbrauch <strong>und</strong> den Kl<strong>im</strong>awandel, schlagen sich bislang nur<br />

ansatzweise in den Preisen nieder. <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> benötigen<br />

daher rechtliche »Leitplanken«, um den ökonomischen Nachteil<br />

ausgleichen <strong>und</strong> sich am Markt durchsetzen <strong>und</strong> schrittweise<br />

die konventionellen Energieträger ersetzen zu können.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> gibt der folgende Beitrag einen Überblick<br />

über aktuelle Entwicklungen <strong>im</strong> »<strong>Recht</strong> der <strong>Erneuerbare</strong>n<br />

<strong>Energien</strong>«, also diejenigen Vorschriften, die den verstärkten Einsatz<br />

<strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong> zur Erzeugung von Strom (B.I.), Wärme<br />

(B.II.) <strong>und</strong> Antriebsenergie (B.III.) regeln, <strong>und</strong> über die einschlägige<br />

neuere <strong>Recht</strong>sprechung (C.).<br />

B. <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Recht</strong><br />

I. Das <strong>Recht</strong> der Stromerzeugung aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong><br />

1. Das <strong>Erneuerbare</strong>-<strong>Energien</strong>-Gesetz (EEG)<br />

a. Überblick<br />

Die wichtigste nationale Regelung zur Markteinführung von Strom<br />

aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> ist das Gesetz für den Vorrang <strong>Erneuerbare</strong>r<br />

<strong>Energien</strong> vom 1. April 2000 7 . Das so genannte <strong>Erneuerbare</strong>-<br />

<strong>Energien</strong>-Gesetz (EEG) zielt darauf ab, den Anteil der <strong>Erneuerbare</strong>n<br />

<strong>Energien</strong> am Stromverbrauch bis 2010 auf mindestens 12,5 % <strong>und</strong><br />

bis zum Jahr 2020 auf mindestens 20 % zu erhöhen (§ 1 EEG). Um<br />

diese Ziele zu erreichen, setzt das EEG auf private Investoren <strong>und</strong><br />

bietet ihnen sehr weitgehende Planungs- <strong>und</strong> Investitionssicherheit<br />

für die Errichtung von Anlagen zur Stromerzeugung aus <strong>Erneuerbare</strong>n<br />

<strong>Energien</strong>. Diese Sicherheit schafft das Gesetz, indem es die<br />

Betreiber von Stromnetzen verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung<br />

von Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> vorrangig vor konventionellen<br />

Anlagen an ihr Netz anzuschließen (Anschlusspflicht), den<br />

Strom aus diesen Anlagen vorrangig abzunehmen (Abnahmepflicht)<br />

<strong>und</strong> für die Dauer von 20 Jahren 8 nach gesetzlich festgelegten<br />

Mindestpreisen zu vergüten (Vergütungspflicht). Die Preise<br />

sind so gewählt, dass es gr<strong>und</strong>sätzlich möglich ist, Anlagen zur<br />

Erzeugung von Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> wirtschaftlich zu<br />

betreiben. Knapp sieben Jahre nach Inkrafttreten des EEG liegt der<br />

Anteil <strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong> an der Stromerzeugung bei etwa 11 %<br />

(<strong>und</strong> damit fast drei Mal so hoch wie <strong>im</strong> Jahr 2000). 9<br />

Mittlerweile lässt sich kaum mehr bestreiten, dass das EEG<br />

sowohl mit dem Gr<strong>und</strong>gesetz als auch dem Europarecht <strong>im</strong> Einklang<br />

steht. 10 Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil<br />

vom 13. März 2001 zum Stromeinspeisungsgesetz 11 festgestellt,<br />

dass Einspeise- <strong>und</strong> Mindestpreisregelungen gr<strong>und</strong>sätzlich mit<br />

dem Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. Die Europäische<br />

Kommission hat daraufhin auch das Beihilfeverfahren<br />

zum EEG endgültig eingestellt. 12 Europarechtlich weiter abgesichert<br />

wird das EEG von der Richtlinie 2001/77/EG des <strong>europäischen</strong><br />

Parlaments <strong>und</strong> des Rates zur Förderung der Stromerzeugung<br />

aus erneuerbaren Energiequellen <strong>im</strong> Elektrizitätsbinnenmarkt.<br />

13 Sie führt in ihrem Art. 4 Abs. 1 Preisregelungen wie das<br />

EEG ausdrücklich als gemeinschaftsrechtlich zulässiges Förderinstrument<br />

für Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> auf. 14 Seit dem<br />

Inkrafttreten der Richtlinie am 27. Oktober 2001 ist das EEG daher<br />

nicht mehr nach Art. 28 ff. EGV zu beurteilen, sondern nur noch<br />

an der Richtlinie selbst zu messen. 15<br />

Der B<strong>und</strong>esgerichtshof ist der <strong>Recht</strong>sauffassung des Europäischen<br />

Gerichtshofs <strong>und</strong> der Kommission gefolgt <strong>und</strong> hat darüber<br />

hinaus deutlich gemacht, dass gegen die Verfassungsmäßigkeit des<br />

EEG gleichfalls keine durchgreifenden Bedenken bestehen. 16 Das<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht hat dementsprechend eine Verfassungsbeschwerde<br />

gegen das EEG nicht zur Entscheidung angenommen.<br />

2 | ZUR 1/2007<br />

b. Erstes 17 EEG-Änderungsgesetz<br />

Zum 1. Dezember 2006 hat der Gesetzgeber mit dem ersten EEG-<br />

Änderungsgesetz die besondere Ausgleichsregelung für die Industrie<br />

(§ 16) 18 erheblich ausgeweitet. 19 Sie befreit best<strong>im</strong>mte stromintensive<br />

Unternehmen <strong>und</strong> Schienenbahnen von einem erheblichen<br />

Teil der Kosten, die ihnen ohne diese Regelung für Strom aus<br />

<strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> von ihrem Stromversorger in Rechnung<br />

gestellt werden könnten. Denn sie beschneidet das <strong>Recht</strong> der<br />

Stromversorger, die ihnen nach dem EEG (§ 14) zugeteilten Strommengen<br />

aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Rahmen der Privatautonomie<br />

<strong>und</strong> nach den Gesetzen des Marktes uneingeschränkt auch an<br />

stromintensive Unternehmen weiterzureichen. Die besondere<br />

Ausgleichsregelung stellt stromintensive Unternehmen auf diese<br />

Weise besser als andere Stromverbraucher.<br />

Der Gesetzgeber hat diese Regelung seit ihrem Inkrafttreten <strong>im</strong><br />

Jahr 2003 20 – auf verfassungs- <strong>und</strong> europarechtlich bedenkliche<br />

Weise 21 – <strong>im</strong>mer mehr ausgeweitet. Dadurch werden die genannten<br />

Unternehmen um jetzt ca. 400 Mio. ? jährlich begünstigt (Tendenz:<br />

zunehmend). 22<br />

Das erste EEG-Änderungsgesetz führt darüber hinaus Vorschriften<br />

ein, die dazu dienen sollen, die durch das EEG induzierten<br />

Kosten für die Stromverbraucherinnen <strong>und</strong> Stromverbraucher<br />

transparent werden zu lassen, <strong>und</strong> sicher stellen sollen, dass die<br />

Energieverbraucher nur mit den tatsächlichen Kosten der EEG-<br />

Stromeinspeisung belastet werden. Zu diesem Zweck werden den<br />

Energieversorgern verschiedene Mitteilungs- <strong>und</strong> Veröffentlichungspflichten<br />

auferlegt (§ 14a neu), die von der B<strong>und</strong>esnetzagentur<br />

überwacht werden (§§ 19a, b neu). 23<br />

c. Absehbare weitere Änderungen des EEG<br />

Die nächste Novelle des EEG ist bereits vorgezeichnet: Die Koalitionsparteien<br />

CDU, CSU <strong>und</strong> SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag<br />

vereinbart, sich »auf die Erneuerung alter Windanlagen (Repowe-<br />

7 BGBl. 2000 I, S. 305. (Neu gefasst durch Gesetz vom 1.8.2004, BGBl. 2004 I,<br />

S. 1918).<br />

8 Ausnahmen von diesem Gr<strong>und</strong>satz existieren lediglich für die kleine (30<br />

Jahre) <strong>und</strong> große Wasserkraft (15 Jahre), vgl. § 12 III 2 EEG 2004. S. a. Klinski,<br />

EEG-Vergütung: Vertrauensschutz bei künftiger Änderung der <strong>Recht</strong>slage?<br />

Berlin 2005 (abrufbar unter www.erneuerbare-energien.de/downloads).<br />

9 Zu den jeweils aktuellen Zahlen vgl. die Website des B<strong>und</strong>esumweltministeriums,<br />

www.erneuerbare-energien.de.<br />

10 So auch Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, 2006, S. 176.<br />

11 Rs. C-379/98, Slg. 2001 I 2099.<br />

12 Vgl. ABl. 2002 C 164 S. 3.<br />

13 ABl. 2001 L 283 S. 33. S. dazu unten B.I.2.a.<br />

14 Vgl. Oschmann, EEG, Einführung, in: Danner/Theobald, Energierecht (46.<br />

Egl., Januar 2004), Rn. 63 f. S. auch Erwägungsgr<strong>und</strong> 14 der Richtlinie, s.a.<br />

ders., Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Europarecht, 2002, S. 94 ff.<br />

15 Vgl. Altrock u.a., EEG, 2006, Einleitung, Rn. 84, Klinski, ZNER 2005, S. 207 ff.;<br />

Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, 2006, S. 177; Allwardt, Europäisiertes<br />

Energierecht in Deutschland, 2006, S. 312 ff., u. i.E. Cremer, Die umweltrechtlichen<br />

Instrumente <strong>im</strong> neuen EnWG, in: Pielow (Hrsg.), Das neue<br />

Energiewirtschaftsgesetz <strong>im</strong> Dialog von Wirtschaft, Wissenschaft <strong>und</strong> Politik,<br />

2006, S. 60 ff, sowie Salje, EEG, 3. Aufl., § 2 Rn. 69 ff. A.A. wohl Karpenstein/Schneller,<br />

RdE 2005, 6 ff.<br />

16 BGH, Entscheidungen vom 11.6.2003,VIII ZR 160/02, 161/02 <strong>und</strong> 322/02.<br />

Vgl. zum Ganzen Oschmann, EEG, Einführung, in: Danner/Theobald, Energierecht<br />

(46 Egl., Januar 2004), Rn. 48 ff.<br />

17 Da das EEG <strong>im</strong> Jahr 2004 neu gefasst wurde, beginnt die Zählung der Änderungsgesetze<br />

wieder neu.<br />

18 Die teilweise verwendete Bezeichnung »Härtefallregelung« ist irreführend.<br />

Denn die Regelung schafft kein Sonderrecht für Härtefälle. Sie begünstigt<br />

vielmehr pauschal alle Unternehmen, die die gesetzlichen Grenzwerte<br />

unabhängig von der wirtschaftlichen Betroffenheit erreichen <strong>und</strong> führt so<br />

zu Mitnahmeeffekten.<br />

19 BGBl. 2006 I, S. …<br />

20 BGBl. 2003 I, S. 1459.<br />

21 Vgl. Altrock u.a., EEG, 2006, § 16 Rn. 11 ff., Müller, § 16 EEG, in: Danner/Theobald,<br />

Energierecht (53. Egl., April 2006), Rn. 34 ff., u. Oschmann/Thorbecke,<br />

ZNER 2006 (in Veröffentlichung).<br />

22 Vgl. Website des B<strong>und</strong>esumweltministeriums (http://www.bmu.de/erneuerbare_energien/aktuell/doc/37973.php,<br />

zuletzt abgerufen am 28.10.2006).<br />

23 Vgl. Oschmann/Thorbecke, ZNER 2006 (in Veröffentlichung), sowie<br />

Oschmann, § 14a EEG, in: Danner/Theobald, Energierecht (in Veröffentlichung).


Oschmann/Sösemann, <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Recht</strong> | DAS THEMA<br />

ring) <strong>und</strong> die Offshore-Windstromerzeugung [zu] konzentrieren<br />

<strong>und</strong> dafür die Rahmenbedingungen (zum Beispiel Ausbau der<br />

Stromnetze) [zu] verbessern«. 24 Außerdem muss das B<strong>und</strong>esumweltministerium<br />

nach § 20 EEG zum 31. Dezember 2007 den sog.<br />

Erfahrungsbericht zum EEG vorlegen <strong>und</strong> in ihm über den Stand<br />

der Markteinführung <strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong> <strong>und</strong> die Entwicklung<br />

der Stromgestehungskosten berichten. Der Bericht wird gegebenenfalls<br />

auch Vorschläge für die Anpassung der Vergütungen für<br />

Strom aus <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> <strong>und</strong> die Weiterentwicklung des<br />

Gesetzes enthalten, die dann in einer weiteren Novelle umgesetzt<br />

werden könnten. 25<br />

2. Der Europäische <strong>Recht</strong>srahmen<br />

a. Die Richtlinie 2001/77/EG<br />

Der europäische <strong>Recht</strong>srahmen für Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong><br />

wird gesteckt von der Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen<br />

Parlaments <strong>und</strong> des Rates zur Förderung der Stromerzeugung<br />

aus erneuerbaren Energiequellen <strong>im</strong> Elektrizitätsbinnenmarkt<br />

vom 27. September 2001. 26 Die Richtlinie zielt auf die<br />

Erhöhung des Anteils <strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong> am Stromverbrauch<br />

der Gemeinschaft bis zum Jahr 2010 auf 22,1%. Außerdem gibt sie<br />

der Gemeinschaft das »globale Richtziel« von 12% Anteil <strong>Erneuerbare</strong>r<br />

<strong>Energien</strong> am gesamten Bruttoenergieverbrauch (also einschließlich<br />

der Sektoren Strom, Wärme <strong>und</strong> Verkehr) bis zum Jahr<br />

2010 vor.<br />

Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, sich selbst<br />

Richtziele für den Ausbau der <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Stromsektor<br />

zu setzen, die <strong>im</strong> Einklang mit den <strong>europäischen</strong> Zielen stehen.<br />

Inhaltliche Vorgaben, wie die Ziele zu erreichen sind, macht die<br />

Richtlinie den Mitgliedstaaten nicht, sondern lässt ihnen insoweit<br />

freie Hand. Allerdings bewertet die Kommission nach Art. 3 Abs. 4<br />

der Richtlinie anhand von Berichten, die Mitgliedstaaten vorzulegen<br />

haben, inwieweit die Richtziele der Mitgliedstaaten mit den<br />

<strong>europäischen</strong> Zielvorgaben vereinbar sind <strong>und</strong> inwieweit die<br />

Mitgliedstaaten Fortschritte dabei machen, ihre Richtziele zu<br />

erreichen.<br />

Die weit überwiegende Mehrzahl der Mitgliedstaaten nutzt<br />

Preisregelungen mit festen Einspeisetarifen wie das EEG zur Markteinführung<br />

<strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Stromsektor. Sie erlauben es<br />

den Erzeugern, Strom zu festgelegten Tarifen in das Stromnetz einzuspeisen.<br />

Die Tarife folgen den marginalen Erzeugungskosten<br />

<strong>und</strong> werden staatlich festgelegt. Alternativ zu Einspeisetarifen<br />

machen einzelne Staaten staatliche Mengenvorgaben (Quoten)<br />

für den Anteil <strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong> an der Stromerzeugung, die<br />

meist mit einem Handelsmechanismus für grüne Zertifikate kombiniert<br />

werden; die Höhe der Förderung entspricht dabei dem Preis<br />

für die Zertifikate am Zertifikatsmarkt. 27<br />

Die Europäische Kommission hat <strong>im</strong> Jahr 2005 die Unterstützung<br />

<strong>Erneuerbare</strong>r Energiequellen in den Mitgliedstaaten der<br />

Europäischen Union analysiert <strong>und</strong> die unterschiedlichen mitgliedstaatlichen<br />

Fördermodelle verglichen. Sie ist dabei zu dem<br />

Schluss gekommen, dass »Einspeisetarife [...] gegenwärtig gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

billiger <strong>und</strong> effektiver [sind] als so genannte Quotensysteme«<br />

28 . Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der positiven Erfahrungen mit<br />

Preisregelungen hat die Kommission in ihrer Mitteilung erstmals<br />

deutliche Sympathien für eine europäische Einspeiseregelung<br />

erkennen lassen. Nach Auffassung der Kommission sei es aber derzeit<br />

jedenfalls noch zu früh für ein europaweit harmonisiertes System.<br />

Angebracht sei vielmehr ein koordinierter Ansatz, der auf der<br />

Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten <strong>und</strong> der Opt<strong>im</strong>ierung<br />

der nationalen Systeme basiere. Bereits <strong>im</strong> Jahr 2007 will die Kommission<br />

erneut über Effektivität <strong>und</strong> Effizienz der Fördersysteme<br />

berichten.<br />

b. Harmonisierungsansätze<br />

Bereits seit Mitte der 1990er Jahre wird in der Gemeinschaft über<br />

die Harmonisierung der unterschiedlichen Förderinstrumente der<br />

Mitgliedstaaten für Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> diskutiert.<br />

aa. Europäisches Quotenmodell<br />

Vorschläge für ein harmonisiertes mengengesteuertes Förderinstrument<br />

gibt es bereits seit Ende der 1990er Jahre. Ähnlich wie bei<br />

nationalen Quotenmodellen würde danach für alle Energieversorger<br />

in Europa eine verbindliche »Zielquote« für Strom aus erneuerbaren<br />

<strong>Energien</strong> definiert. Die Versorger müssten jährlich durch die<br />

Vorlage von Zertifikaten nachweisen, dass sie ihre Quotenverpflichtung<br />

erfüllt haben. Die Zertifikate erhalten sie entweder für<br />

Strom aus erneuerbaren <strong>Energien</strong>, den sie selbst erzeugt haben,<br />

oder indem sie die Zertifikate von anderen Erzeugern zukaufen. 29<br />

bb. Europäische Preisregelung<br />

Für eine harmonisierte Preisregelung liegt erst seit kurzem ein<br />

ebenfalls einfaches <strong>und</strong> transparentes Modell vor, das sich an das<br />

spanische Gesetz zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren<br />

<strong>Energien</strong> anlehnt. 30 Es sieht vor, Erzeugern von Strom aus<br />

<strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> zusätzlich zum Marktpreis eine nach<br />

gemeinsamen Kriterien best<strong>im</strong>mte Prämie zu gewähren, die insbesondere<br />

die technologiespezifischen höheren Erzeugungskosten<br />

ausgleicht sowie Innovations- <strong>und</strong> Investitionsanreize setzt. 31<br />

cc. Die Harmonisierungsansätze vor dem Hintergr<strong>und</strong> von Verhältnismäßigkeits-<br />

<strong>und</strong> Subsidiaritätsprinzip<br />

Die Europäische Kommission hat <strong>im</strong> Rahmen des Projekts OPTRES<br />

in einer prospektiven Modellanalyse untersuchen lassen, welche<br />

Effizienzgewinne eine Harmonisierung der mitgliedstaatlichen<br />

Förderinstrumente für Strom aus erneuerbaren <strong>Energien</strong> hervorbringen<br />

würde. 32 Die Analyse zeigt, dass entscheidende Effizienzgewinne<br />

durch die Opt<strong>im</strong>ierung der mitgliedstaatlichen Unterstützungsmaßnahmen<br />

zu erzielen sind. Ein einfaches europaweites<br />

Quotenmodell würde demgegenüber zu geringeren<br />

Effizienzgewinnen führen. Geringfügig besser als Opt<strong>im</strong>ierung der<br />

mitgliedstaatlichen Förderinstrumente wäre allein eine differenzierte<br />

harmonisierte Preisregelung, die technologiespezifisch ausgestaltet<br />

ist.<br />

Da sowohl die bisherigen Erfahrungen mit den mitgliedstaatlichen<br />

Förderinstrumenten als auch die prospektive Modellanalyse<br />

zeigen, dass die Ziele der Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung<br />

aus erneuerbaren <strong>Energien</strong> von den Mitgliedstaaten<br />

erreicht werden können, schränkt das Subsidiaritätsprinzip den<br />

Handlungsspielraum der Gemeinschaft ein. Die Gemeinschaft ist<br />

<strong>im</strong> Wesentlichen darauf beschränkt, verbindliche Ziele vorzugeben,<br />

die Erreichung der Ziele zu überwachen <strong>und</strong> ihre Verfehlung<br />

zu sanktionieren. Da Preisregelungen nach den praktischen<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> der Modellanalyse zu niedrigeren Transferkosten<br />

24 S. 43, (abrufbar unter www.b<strong>und</strong>esregierung.de). In diesen Kontext gehört<br />

auch die vom B<strong>und</strong>estag beschlossene Verpflichtung der Übertragungsnetzbetreiber,<br />

die Netzanbindung von Offshore-Windenergieanlagen zu errichten<br />

(§ 17 Abs. 2a EnWG neu), vgl. Amtliches Protokoll der 61. Sitzung des<br />

Deutschen B<strong>und</strong>estages am Freitag, dem 27. Oktober 2006; zum Zeitpunkt<br />

der Drucklegung war das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen.<br />

25 Vgl. Altrock u.a., EEG, 2006, § 20.<br />

26 ABl. 2001 L 283, S. 33. Vgl. gr<strong>und</strong>legend Oschmann, Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n<br />

<strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Europarecht, 2002, S. 79 ff.; Oschmann, RdE 2002, S. 131 ff.,<br />

132; Oschmann/Müller, ZNER 2004, S. 24 ff.<br />

27 Vgl. Oschmann/Ragwitz/Resch, Die Förderung von Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n<br />

<strong>Energien</strong> in der Europäischen Union – praktische Erfahrungen <strong>und</strong> rechtliche<br />

Perspektiven, ZNER 2006, S. 7 ff.<br />

28 KOM (2005) 627 vom 13.12.2005.<br />

29 Vgl. z.B. VDEW, Diskussionsvorschlag zur künftigen Förderung <strong>Erneuerbare</strong>r<br />

<strong>Energien</strong>, Berlin 2005.<br />

30 Vgl.Vgl. Muñoz u.a., »Harmonization of renewable electricity feed-in laws<br />

in the European Union«, Energy Policy 2006 (in Veröffentlichung).<br />

31 Zur Frage der <strong>Recht</strong>sgr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> anderen rechtlichen Aspekten vgl.<br />

Arndt, ZUR 2007 (in Veröffentlichung).<br />

32 Siehe Report des OPTRES-Projekts (abrufbar unter www.optres.fraunhofer.de).<br />

ZUR 1/2007 | 3


DAS THEMA | Oschmann/Sösemann, <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Recht</strong><br />

für die Verbraucher führen als Quotenregelungen, käme zum jetzigen<br />

Zeitpunkt aus Sicht des Verhältnismäßigkeitsprinzips als<br />

Gemeinschaftsregelung wohl nur eine europäische Preisregelung<br />

in Betracht. 33<br />

II. Die Erzeugung von Wärme <strong>und</strong> Kälte aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong><br />

1. Nationales <strong>Recht</strong><br />

Neben Strom können aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> auch Wärme34 <strong>und</strong> Kälte35 erzeugt werden. Hierfür eignen sich insbesondere die<br />

Erdwärme (Geothermie), die Sonnenstrahlung, die durch solarthermische<br />

Anlagen auf Dächern in Wärme umgewandelt wird,<br />

oder Biomasse aus der Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft, zum Beispiel<br />

Holz. Langfristig kann etwa die Hälfte des Energiebedarfs <strong>im</strong><br />

Wärme- <strong>und</strong> Kältebereich in Deutschland aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong><br />

gedeckt werden. Obwohl der Abstand zur Marktreife gering<br />

ist, fehlt <strong>im</strong> Wärmesektor bislang ein dem EEG vergleichbares<br />

Regelungswerk. Stattdessen konzentriert sich die Förderung<br />

<strong>Erneuerbare</strong>r Wärmeerzeugung bislang auf haushaltsabhängige<br />

Förderprogramme. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU <strong>und</strong><br />

SPD vereinbart, die Marktpotentiale <strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong> <strong>im</strong><br />

Wärmebereich besser zu erschließen. 36<br />

Das zuständige B<strong>und</strong>esministerium für Umwelt, Naturschutz<br />

<strong>und</strong> Reaktorsicherheit hat daraufhin <strong>im</strong> Frühjahr 2006 einen Konsultationsprozess<br />

gestartet, um <strong>im</strong> Dialog mit der Öffentlichkeit<br />

nach den besten Wegen zu suchen, <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Wärmebereich<br />

ökologisch sinnvoll <strong>und</strong> ökonomisch effizient zu nutzen.<br />

37<br />

2. Der Europäische <strong>Recht</strong>srahmen<br />

Auch auf europäischer Ebene gibt es bislang kein der Richtlinie zur<br />

Förderung der Stromerzeugung aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong>38 vergleichbares<br />

Regelungswerk. Allerdings hat das Europäische Parlament<br />

in einer Entschließung die Europäische Kommission aufgefordert,<br />

ihm auf der Gr<strong>und</strong>lage von Artikel 175 Absatz 1 des EG-<br />

Vertrags bis zum 31. Juli 2006 einen Vorschlag zur Steigerung des<br />

Anteils von <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> für Wärme <strong>und</strong> Kälte zu unterbreiten.<br />

39 Die Europäische Kommission hat darauf hin am<br />

9. August 2006 nach deutschem Vorbild einen Konsultationsprozess<br />

»Heizen <strong>und</strong> Kühlen mit <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong>« gestartet. 40<br />

III. Biokraftstoffe <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Recht</strong><br />

Nicht nur bei der Stromerzeugung werden <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong><br />

<strong>im</strong>mer wichtiger. Auch <strong>im</strong> Verkehrsbereich setzt der deutsche <strong>und</strong><br />

europäische Gesetzgeber aus Gründen des Umweltschutzes <strong>und</strong><br />

der Versorgungssicherheit verstärkt auf regenerative Energiequellen.<br />

41 Dabei wird zwischen Biokraftstoffen der ersten <strong>und</strong> der zweiten<br />

Generation unterschieden. Zu den Kraftstoffen der ersten<br />

Generation gehört insbesondere der in Deutschland relativ breit<br />

eingeführte Pflanzenölmethylester, besser bekannt als Biodiesel. 42<br />

Bioethanol 43 wird in größerem Umfang bereits in den USA, Schweden<br />

<strong>und</strong> Brasilien in Benzinfahrzeugen eingesetzt. Biogas 44 kann<br />

in Gasfahrzeugen beigemischt werden. Zur zweiten Generation<br />

werden die biosynthetischen Kraftstoffe 45 gezählt, für die <strong>im</strong><br />

Gegensatz zu Biodiesel nicht nur der Samen, sondern die gesamte<br />

Pflanze verarbeitet wird.<br />

1. Europarechtlicher Rahmen<br />

Die Förderung der Biokraftstoffe in Europa beruht auf der Biokraftstoff-Richtlinie<br />

46 <strong>und</strong> der Energiesteuer-Richtlinie. 47 Die Biokraftstoff-Richtlinie<br />

schreibt in Art. 3 einen Anteil von 5,75% biogener<br />

Kraftstoffe bis 2010 vor. Die Energiesteuer-Richtlinie legt einen<br />

Mindestbesteuerungssatz fest <strong>und</strong> eröffnet die Möglichkeit, Biokraftstoffe<br />

steuerlich zu fördern. Dabei muss aber nachgewiesen<br />

4 | ZUR 1/2007<br />

werden, dass nur die finanziellen Nachteile der Biokraftstoffe ausgeglichen<br />

werden.<br />

2. Nationales <strong>Recht</strong><br />

a. Das Biokraftstoffquotengesetz<br />

Der deutsche Gesetzgeber hatte Biokraftstoffe bislang mit einer<br />

vollständigen, gr<strong>und</strong>sätzlich bis zum 31.12.2009 befristeten,<br />

Befreiung von der Mineralölsteuer gefördert. 48 Mit dem am<br />

26.10.2006 vom Deutschen B<strong>und</strong>estag beschlossenen Biotreibstoffquotengesetz<br />

(BioKraftQuG) führt der Gesetzgeber ein neues<br />

Förderreg<strong>im</strong>e ein. 49 Mit dem Gesetz wird die Mineralölwirtschaft<br />

nunmehr durch die mit den neu eingefügten §§ 37a ff. BImSchG<br />

ordnungsrechtlich verpflichtet, einen wachsenden Mindestanteil<br />

von Biokraftstoffen (Quote) zu vertreiben. Der Mindestanteil wird<br />

nicht durch eine Be<strong>im</strong>ischungspflicht erreicht, sondern mit einer<br />

»unternehmensbezogenen Quote«. Ein Unternehmen kann somit<br />

weiterhin reinen fossilen Kraftstoff vertreiben, solange es in Höhe<br />

der Quote auch Biokraftstoffe verkauft. Die Erfüllung der Quotenpflicht<br />

kann gemäß § 37a Abs. 4 S. 2 BImSchG vertraglich auf<br />

Dritte übertragen werden.<br />

Im Gegenzug werden die unter die Quote fallenden Biokraftstoffe<br />

nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 <strong>und</strong> 2 Energiesteuergesetz (EnergieStG)<br />

nicht mehr steuerlich begünstigt. Eine Steuerentlastung<br />

gewährt § 50 EnergieStG nur noch »unvermischten« Biokraftstoffen<br />

<strong>und</strong> auch das nur vorübergehend. Biodiesel <strong>und</strong> Pflanzenöl<br />

werden nunmehr gemäß § 50 Abs. 3 EnergieStG schrittweise<br />

besteuert, ab 2012 gilt die Vollversteuerung. Eine langfristige Steuerbefreiung<br />

bis 2015 erfahren jedoch Kraftstoffe der zweiten Generation,<br />

also synthetische Kraftstoffe, sowie Biogas <strong>und</strong> Bioethanol.<br />

b. Vertrauensschutz für Biokraftstoffindustrie?<br />

Die Quote wird für Biokraftstoffe, die als Benzinersatz einsetzbar<br />

sind, neue Impulse geben. 50 Fraglich ist allerdings, wie sich der<br />

Markt für andere Biokraftstoffe entwickeln wird. Denn von der<br />

Quote sind beispielsweise nur ca. 1,5 Mio. t Biodiesel erfasst. Für<br />

Ende 2006 wurde aber mit einer Erzeugungskapazität von über<br />

3 Mio. t gerechnet. 51 Die Ersetzung der Steuerbegünstigung durch<br />

eine Quotenregelung wird vor diesem Hintergr<strong>und</strong> von<br />

Scholz/Hildebrandt als verfassungswidrig eingestuft. 52 Es bestehe<br />

Vertrauensschutz hinsichtlich der Art <strong>und</strong> Weise der Förderung.<br />

33 S. Oschmann/Ragwitz/Resch, Die Förderung von Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n<br />

<strong>Energien</strong> in der Europäischen Union, ZNER 2006, S. 7-12.<br />

34 Insbesondere für die Warmwasserbereitung <strong>und</strong> Gebäudeheizung.<br />

35 Insbesondere für Kl<strong>im</strong>aanlagen.<br />

36 Koalitionsvertrag, S. 43, abrufbar unter www.b<strong>und</strong>esregierung.de.<br />

37 Konsultationspapier abrufbar unter http://www.erneuerbareenergien.de/inhalt/37197.<br />

Näher hierzu Fischer/Klinski (in diesem Heft).<br />

38 Vgl. dazu bereits oben B.I.2.<br />

39 Vgl. PE 369.550 vom 14. Februar 2006 (Sitzungsprotokoll: PE 369.547).<br />

40 S. http://ec.europa.eu/energy/res/consultation/heating_cooling_en.htm<br />

41 Der Verkehrssektor in Deutschland ist zu 95% von Erdöl abhängig, B<strong>und</strong>esregierung,<br />

Steuerbegünstigungsbericht Biokraftstoffe, BT-Drucks. 15/5816,<br />

S. 4.<br />

42 Zur Herstellung ist Methanol erforderlich, das größtenteils noch aus fossilen<br />

Quellen gewonnen wird. Eine Herstellung des Methanols aus regenerativen<br />

Quellen ist möglich.<br />

43 Bioethanol kann als reiner oder beigemischter Kraftstoff verwendet oder in<br />

ETBE umgewandelt werden (Oktanzahlverbesserer, durch den Verwendung<br />

von Bleialkylen vermieden wird, Schmitz, Bioethanol als Kraftstoff, Technikfolgenabschätzung<br />

2006, S. 16 (17)).<br />

44 Aufbereitetes Biogas unterscheidet sich chemisch nicht von Erdgas<br />

45 Auch BTL (»Biomass to Liquid«).<br />

46 2003/30/EG, ABl. 2003 L 123, S. 42.<br />

47 2003/96/EG, ABl. 2003 L 283, S. 51.<br />

48 § 2a MinÖStG idF d. Art. 17. Nr. 2 StÄndG 2003 v. 15.12.2003, BGBl. I ,<br />

S. 2645.<br />

49 Vgl. Plenarprotokoll 16/60 mwN. Bei Drucklegung war das Gesetzgebungsverfahren<br />

noch nicht abgeschlossen.<br />

50 B<strong>und</strong>esregierung, Gesetzesentwurf BioKraftQuG, BT-Drucks 16/2709, S. 34.<br />

51 Bockey, Biodiesel <strong>und</strong> pflanzliche Öle, Technikfolgenabschätzung, 2006,<br />

S. 10 (11).<br />

52 Scholz/Hildebrandt, ET 2006, S. 6 ff.


Gr<strong>und</strong>sätzliche Systemvorstellungen dürften nicht ohne sachlichen<br />

Gr<strong>und</strong> durchbrochen werden, wobei ein rein fiskalisches<br />

Interesse nicht ausreiche. 53 Die verfassungsrechtliche Beurteilung<br />

hängt wesentlich von der Frage ab, ob durch die vorgenommene<br />

Änderung des rechtlichen Rahmens, der eine Steuerbefreiung bis<br />

zum 31.12.2009 vorsah <strong>und</strong> so rechtlich geschütztes Vertrauen<br />

geschaffen hatte, die bislang gegebene Wettbewerbsfähigkeit der<br />

Biokraftstoffindustrie gefährdet ist.<br />

C. <strong>Recht</strong>sprechung<br />

Oschmann/Sösemann, <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Recht</strong> | DAS THEMA<br />

<strong>Recht</strong>sprechung <strong>im</strong> relevanten Umfang ist bislang nur zum <strong>Erneuerbare</strong>-<strong>Energien</strong>-Gesetz<br />

ergangen. Im Folgenden werden zunächst<br />

Urteile vorgestellt, die zu allgemeinen <strong>Recht</strong>sfragen des EEG<br />

ergangen sind (I.). Im Anschluss wird über <strong>Recht</strong>sprechung berichtet,<br />

die speziell Biomasse- <strong>und</strong> Solaranlagen betrifft (II. <strong>und</strong> III.). 54<br />

I. Allgemeiner Teil des EEG<br />

1. Abgrenzung Netzausbau/ -anschluss<br />

Immer wieder Gegenstand von <strong>Recht</strong>sstreitigkeiten ist die Abgrenzung<br />

von Netzanschluss <strong>und</strong> Netzausbau. Nach § 13 EEG muss der<br />

Anlagenbetreiber die Netzanschluss- <strong>und</strong> der Netzbetreiber die<br />

Netzausbaukosten tragen. Abgrenzungsmerkmal ist danach für die<br />

<strong>Recht</strong>sprechung das Netz: Wird das Netz verstärkt oder erweitert,<br />

liegt Netzausbau vor. 55 § 3 Abs. 6 EEG definiert das Netz funktional<br />

<strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich unabhängig vom Eigentum an betriebsnotwendigen<br />

Einrichtungen. 56 Wesentlich ist, ob der Netzbetreiber tatsächliche<br />

Gewalt über die Einrichtung hat. 57 Umgekehrt indiziert<br />

aber das Eigentum an einer Verstärkung oder Erweiterung deren<br />

Netzzugehörigkeit. 58<br />

2. Zuständiger Netzbetreiber<br />

§ 4 Abs. 2 S. 1 EEG best<strong>im</strong>mt, welcher Netzbetreiber an welcher<br />

Stelle die Anlage anzuschließen hat. 59 Bei mehreren möglichen<br />

Netzanschlusspunkten ist nach der <strong>Recht</strong>sprechung des B<strong>und</strong>esgerichtshofs<br />

eine gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise einzunehmen,<br />

um die gesamtwirtschaftlichen Kosten des Ausbaus<br />

<strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong> zu min<strong>im</strong>ieren. 60 Der B<strong>und</strong>esgerichtshof<br />

geht dabei von der Vermutung aus, dass der nächstgelegene Verknüpfungspunkt<br />

geeignet ist. Will ein Netzbetreiber die Anlage an<br />

einen weiter entfernt liegenden Anschlusspunkt anschließen,<br />

muss er nach allgemeinen Regeln den Nachweis führen, dass dieser<br />

gesamtwirtschaftlich günstiger ist. 61 Dabei ist das vorhandene<br />

Netz auch dann geeignet, wenn es noch in zumutbarem Umfang<br />

ausgebaut werden muss. Mit der Gesetzesbegründung hat das OLG<br />

Hamm eine Zumutbarkeitsgrenze von 25 % der Errichtungskosten<br />

der Stromerzeugungsanlage angenommen. 62 Das OLG Hamm hat<br />

weiter ausgeführt, dass <strong>im</strong> Rahmen der Zumutbarkeit nicht nur die<br />

Erweiterung des vorhandenen Netzes erforderlich sein kann, sondern<br />

auch die Schaffung eines neuen Netzanschlusspunktes. 63<br />

Zugunsten eines Netzausbaus bezieht das OLG Hamm in die<br />

gesamtwirtschaftliche Kostenberechnung mit ein, ob zukünftige<br />

Anlagenbetreiber Anschluss begehren könnten. 64<br />

3. Kosten einer Umspannung<br />

Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass der Anlagenbetreiber die<br />

Kosten der Umspannung trägt, wenn die anzuschließende Anlage<br />

Strom in Niederspannung produziert, der abnehmende Netzbetreiber<br />

dagegen ein Mittelspannungsnetz betreibt. 65 Das ergebe<br />

sich aus den allgemeinen Gr<strong>und</strong>sätzen des Kaufrechts. Am Netz als<br />

»Erfüllungsort« habe der Erzeuger den Strom so anzubieten, dass<br />

der Netzbetreiber ohne weiteres abnehmen könne. Schließlich<br />

stellt das OLG Karlsruhe fest, dass ein vom Anlagenbetreiber zu<br />

installierender Transformator auch dessen Eigentum wird.<br />

4. Erzeugungsmanagement<br />

Mit dem Verhältnis von Netzausbau- <strong>und</strong> Stromabnahmepflicht<br />

setzt sich ein nicht in <strong>Recht</strong>skraft erwachsenes Urteil des LG Itzehoe<br />

auseinander. 66 Ist das Netz ausgelastet, hat der Netzbetreiber<br />

gemäß § 4 Abs. 3 EEG das <strong>Recht</strong>, <strong>im</strong> Rahmen eines Erzeugungsmanagements<br />

die Einspeisung von Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong><br />

zu reduzieren. Das LG Itzehoe entschied, dass das Erzeugungsmanagement<br />

keine Übergangslösung sein muss: Solange ein Netzausbau<br />

nicht zumutbar ist, müsse wegen des Gr<strong>und</strong>satzes der<br />

gesamtwirtschaftlichen Kostenopt<strong>im</strong>ierung aus § 4 Abs. 2 Satz 2<br />

EEG das Netz nicht verstärkt werden. Bei den am Energieerzeugungsmanagement<br />

teilnehmenden Anlagen gelte das Prioritätsprinzip.<br />

Die zuletzt ans Netz angeschlossene Anlage sei zuerst<br />

abzuschalten. 67 Da § 4 EEG das eindeutige Ziel des EEG zum Ausdruck<br />

bringt, Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> abzunehmen <strong>und</strong><br />

das Netz zu diesem Zweck auszubauen ist, kann die dauerhafte<br />

Anwendung eines Energieerzeugungsmanagements wegen entgegenstehender<br />

Unzumutbarkeit aber nur die Ausnahme sein. 68<br />

5. Kein Anspruch auf Netzberechnung<br />

Zur Reichweite der Verpflichtung des Netzbetreibers gemäß § 4<br />

Abs. 4 EEG hat das LG Hof entschieden, dass kein Anspruch des<br />

Anlagenbetreibers auf Berechnung von Anschlussmöglichkeiten,<br />

abnehmbare Strommenge oder Anschlusskosten besteht. Der<br />

Anspruch umfasse nur die Vorlage von Netz- <strong>und</strong> Anlagendaten,<br />

die diese Berechnung ermöglichen. 69 Weitere Voraussetzungen,<br />

etwa hinsichtlich der Planungsreife, diskutiert das LG Hof nicht,<br />

sondern n<strong>im</strong>mt den Auskunftsanspruch als begründet an. Dem<br />

widerspricht auch nicht die Berufungsinstanz, das OLG Bamberg.<br />

70 Da der Anlagenbetreiber Errichtung <strong>und</strong> Anschluss plant,<br />

die Anlage also noch nicht genehmigt sein muss, ist das Schweigen71<br />

beredt: Weil die D<strong>im</strong>ensionierung der Anlage von der Netzkapazität<br />

abhängen kann, muss höchstens ein ernsthaftes Planungsinteresse<br />

vorliegen, um den Auskunftsanspruch nach § 4<br />

Abs. 4 EEG zu begründen. 72<br />

53 Scholz/Hildebrandt, ET 2006, S. 10.<br />

54 Zu Urteilen, die Windenergieanlagen betreffen, s. Wustlich (in diesem Heft).<br />

55 OLG Hamm, ZNER 2005, S. 51.<br />

56 So OLG Celle, Urt.v. 12.1.2006 – 20 U 34/05, Rn. 31 (in juris dokumentiert;<br />

Zusammenfassung in: BIOGAS Journal 2006, S. 42).<br />

57 OLG Celle, Urt.v. 12.1.2006 – 20 U 34/05, Rn. 36 (in juris dokumentiert;<br />

Zusammenfassung in: BIOGAS Journal 2006, S. 42).<br />

58 OLG Hamm, ZNER 2005, S. 51.; OLG Nürnberg, ZNER 2002, S. 225 (226); LG<br />

Paderborn, Urt. v. 4.2.2005 – 2 O 1/03 (unveröffentlicht), S. 16.<br />

59 Dazu OLG Hamm, ZNER 2005, S. 325; OLG Nürnberg, ZNER 2002, S. 225<br />

(226).<br />

60 BGH, ZNER 2005, S. 67 (69); s. a. OLG Hamm, ZNER 2005, S. 325 (326).<br />

61 BGH, ZNER 2003, S. 234 (236); OLG Hamm, ZNER 2005, S. 325 (326); OLG<br />

Oldenburg, Urt.v. 23.6.2003, ZNER 2006, S. 85 (Red. Leitsatz; in voller Länge<br />

unter: www.zner.org/entscheid); LG Paderborn, Urt. v. 4.2.2005 – 2 O 1/03<br />

(unveröffentlicht), S. 11.<br />

62 OLG Hamm, ZNER 2005, S. 325 (326).<br />

63 OLG Hamm, ZNER 2005, S. 325 (326).<br />

64 OLG Hamm, ZNER 2005, S. 325 (326).<br />

65 OLG Karlsruhe, ZNER 2005, S. 238 f.<br />

66 LG Itzehoe, RdE 2006, S. 128 ff.; siehe auch Ausführungen von Fischer/Hennig,<br />

ZUR 2006, S. 225 ff.<br />

67 LG Itzehoe, RdE 2006, S. 128 (131 f.).<br />

68 Vgl. auch Altrock in der Anmerkung zu diesem Urteil, IR 2006, S. 65 (66).<br />

69 LG Hof, ZNER 2006, 242. In diesem Sinne auch: LG Frankfurt/O., Urt. v.<br />

23.11.2004 – 13 O 38/04; AG Fürstenwalde, RdE 2001, S. 161 (162); AG<br />

Cochem, RdE 2004, S. 314; a.A. noch: LG Frankfurt/O., RdE 2003, S. 47 (48).<br />

70 OLG Bamberg, Urt. v. 10.5.2005 – 5 U 7/05 (unveröffentlicht).<br />

71 Genauso: OLG Hamm, ZNER 2003, S. 49 (49).<br />

72 Für einen Anspruch in einem frühen Planungsstadium: Gesetzesbegründung,<br />

BT-Drucks. 15/2864, S. 35; Busmann, ZNER 2003, S. 49 (49);<br />

Oschmann, § 4 EEG, in: Danner/Theobald, Energierecht (53. Egl., April 2004),<br />

Rn. 28. Dagegen verlangt Weißenborn einen sicheren Realisierungsgrad, der<br />

sich in Form einer Genehmigung manifestieren soll, ew 2006, S. 24 (24).<br />

ZUR 1/2007 | 5


DAS THEMA | Oschmann/Sösemann, <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Recht</strong><br />

6. Erfordernis einer bestehenden Anlage<br />

Der BGH setzte sich mit den Anforderungen für einen Anspruch<br />

auf Anschluss <strong>und</strong> Abnahme aus § 4 Abs. 1 Satz 1 EEG auseinander.<br />

Voraussetzung für die Anschlusspflicht sei eine anschlussfertig<br />

errichtete Anlage, die Abnahmepflicht setze eine Anschlussverbindung<br />

zum Netz voraus. 73 Damit weicht der BGH von seiner früheren<br />

<strong>Recht</strong>sprechung ab, dass Errichtung bzw. Netzanschluss nur<br />

Bedingung eines bereits bestehenden Anspruchs seien. 74 Bestünde<br />

schon vor Errichtung der Anlage ein Anspruch aus § 4 Abs. 1 EEG,<br />

wenn auch aufschiebend bedingt, so könnte eine Leistungsklage<br />

erhoben werden. Da die Errichtung der Anlage aber noch von der<br />

freien Entscheidung des etwaigen Anlagenbetreibers abhängt,<br />

würde der Netzbetreiber unnötig belastet. 75<br />

7. Abnahmepflicht für Objektnetzbetreiber<br />

In einem Urteil aus dem Dezember 2005 setzte sich der B<strong>und</strong>esgerichtshof<br />

mit der b<strong>und</strong>esweiten Ausgleichsregelung nach altem<br />

<strong>Recht</strong> (§ 11 EEG a.F.) auseinander. Gegenstand der Entscheidung<br />

war die Frage, wie sich die von einem Letztversorger in einem<br />

Objektnetz 76 abzunehmende EEG-Strommenge berechnet. 77 Nach<br />

dem BGH trifft die Pflicht, gemäß § 11 Abs. 4 EEG a.F. Strom in Höhe<br />

der EEG-Quote abzunehmen <strong>und</strong> zu vergüten, gr<strong>und</strong>sätzlich nicht<br />

nur den Betreiber eines Netzes der allgemeinen Versorgung sondern<br />

auch Objektnetzbetreiber. Allerdings sei für die Quote nach § 11<br />

Abs. 4 EEG a.F. nur derjenige Strom zu berücksichtigen, der aus dem<br />

Netz für die allgemeine Versorgung bezogen worden sei. Der Gesetzgeber<br />

hat jedoch in Kenntnis des vom B<strong>und</strong>esgerichtshof entschiedenen<br />

Streits <strong>im</strong> Zuge der Neuregelung zum 1.8.2004 die b<strong>und</strong>esweite<br />

Ausgleichsregelung des § 14 EEG teilweise neu gefasst, um<br />

sicherzustellen, dass die Abnahmepflicht nach § 14 Abs. 3 EEG n.F.<br />

zukünftig auf sämtlichen abgesetzten Strom bezogen wird – unabhängig<br />

davon, ob er aus dem Netz für die allgemeine Versorgung<br />

bezogen oder <strong>im</strong> Objektnetz erzeugt wird. 78<br />

8. Voraussetzungen des § 12 Abs. 5 EEG<br />

Gegenstand mehrerer Urteile sind die Voraussetzungen des § 12<br />

Abs. 5 EEG, der es den Anlagenbetreibern ermöglichen soll, den<br />

Anspruch auf Netzanschluss <strong>und</strong> Stromabnahme <strong>im</strong> vorläufigen<br />

<strong>Recht</strong>sschutz durchzusetzen.<br />

Die <strong>Recht</strong>sprechung stellt klar, dass § 12 Abs. 5 EEG die Anlagenbetreiber<br />

zwar von der Pflicht entbindet, die Eilbedürftigkeit darzulegen.<br />

Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Anschluss <strong>und</strong><br />

Abnahme müssen aber zumindest ausreichend glaubhaft gemacht<br />

werden. 79<br />

LG Frankfurt/O. <strong>und</strong> LG Halle vertreten die Auffassung, die<br />

Anlage müsse anschlussfertig errichtet sein, da nur eine existierende<br />

Anlage an das Netz angeschlossen werden könne – der Anspruch auf<br />

Anschluss <strong>und</strong> Abnahme nach § 4 EEG ginge sonst ins Leere. 80 Das<br />

OLG Hamm hat noch zum alten <strong>Recht</strong> entschieden, ein Feststellungsanspruch<br />

auf Netzanschluss könne bereits verfolgt werden,<br />

wenn die Anlage noch nicht errichtet sei. 81 Zwar entstehe der<br />

Anspruch auf Anschluss erst, wenn die Anlage betriebsbereit ist,<br />

aber Planungssicherheit sei die Voraussetzung für die (übliche)<br />

Fremdfinanzierung. Das LG Itzehoe weist zu <strong>Recht</strong> darauf hin, dass<br />

§ 12 Abs. 5 EEG vor allem Planungssicherheit für den Anlagenbetreiber<br />

bezweckt. 82 Das Urteil des BGH hat Klarheit geschaffen: Da der<br />

Anspruch aus § 4 Abs. 1 EEG erst mit Errichtung bzw. Anschluss der<br />

Anlage entstehe, könne auch keine Klage auf zukünftige Leistung<br />

erhoben werden, bevor die Anlage betriebsbereit ist. 83 Aus Gründen<br />

der Planungssicherheit könne der Anlagenbetreiber aber Feststellungsklage<br />

erheben, da er sonst ohne die streitigen Fragen geklärt zu<br />

haben, in Errichtung <strong>und</strong> Netzanschluss investieren würde. 84<br />

Laut LG Frankfurt/O. ist der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 5<br />

EEG durch das Ziel des EEG beschränkt, den Anteil <strong>Erneuerbare</strong>r<br />

6 | ZUR 1/2007<br />

<strong>Energien</strong> an der Stromerzeugung zu fördern. 85 Daher bestehe für<br />

die probeweise Befeuerung zweier von drei Kesseln einer Biomasseanlage<br />

mit anderen Energieträgern als Biomasse kein Bedürfnis,<br />

dem Anlagenbetreiber erleichterten <strong>Recht</strong>sschutz nach § 12<br />

Abs. 5 EEG zu ermöglichen.<br />

Den Streitwert eines Verfahrens nach § 12 Abs. 5 EEG erhellt das<br />

OLG Brandenburg. 86 Er entspreche nicht dem des Anspruchs der<br />

Hauptsache (dreieinhalbfacher Wert einer einjährigen EEG-Vergütung<br />

gemäß § 9 S. 1 ZPO), sondern umfasse nur das Sicherungsinteresse<br />

an dem Anspruch der Hauptsache. Die Höhe des Sicherungsinteresses<br />

best<strong>im</strong>mt sich somit nach der prognostizierten<br />

Zeitersparnis der Befriedigung des Eilverfahrens gegenüber der<br />

Befriedigung <strong>im</strong> ordentlichen Klageverfahren.<br />

9. Disposivität des § 13 Abs. 2 EEG<br />

Ebenfalls Gegenstand mehrerer Urteile ist die Kostentragungspflicht<br />

des Netzbetreibers für den Netzausbau gemäß § 13 Abs. 2 EEG. Nach<br />

Auffassung des OLG Hamm ist die Regelung des § 13 Abs. 2 EEG dispositiv.<br />

87 Dies wird von anderen Gerichten zum Teil anders gesehen,<br />

da die Norm den Anlagenbetreiber vor der Macht des Netzbetreibers<br />

schütze <strong>und</strong> <strong>Recht</strong>ssicherheit für den Ausbau von <strong>Erneuerbare</strong>n<br />

<strong>Energien</strong> schaffe. 88 Hinreichende <strong>Recht</strong>ssicherheit sieht die Gegenmeinung<br />

unter den Gerichten allerdings auch dann gegeben, wenn<br />

beide Seiten eine eindeutige Vereinbarung getroffen haben. 89 Für die<br />

Abdingbarkeit spricht nach OLG Hamm auch der Wortlaut, der<br />

nicht zwingend gefasst sei. 90 Auch sei § 13 Abs. 1 EEG zur Auslegung<br />

hinzuziehen, der dem § 13 Abs. 2 EEG entsprechend formuliert sei.<br />

§ 13 Abs. 1 EEG solle unzweifelhaft nicht den ohnehin marktbeherrschenden<br />

Netzbetreiber schützen <strong>und</strong> sei somit nicht zwingend.<br />

91 Daraus ergebe sich, dass auch § 13 Abs. 2 EEG dispositiv ist.<br />

Vergleichsweise wenig überzeugend ist das Argument des OLG<br />

Hamm, die Einrichtung der Clearingstelle lasse erkennen, dass<br />

unternehmerische Freiheit erhalten werden solle. 92 Denn Aufgabe<br />

der Clearingstelle ist nach § 19 EEG die Klärung von Streitigkeiten<br />

in Zusammenhang mit dem gesamten EEG – Rückschlüsse auf die<br />

73 BGH, Urt. v. 12.7.2006 – VIII ZR 235/04, Rn. 10 (abrufbar unter www.b<strong>und</strong>esgerichtshof.de).<br />

74 So noch: BGH, Urt. v. 11.6.2003 – VIII ZR 161/02, S. 10 f. (abrufbar unter<br />

www.b<strong>und</strong>esgerichtshof.de).<br />

75 BGH, Urt. v. 12.7.2006, VIII ZR 235/04, Rn. 15 f. (abrufbar unter www.b<strong>und</strong>esgerichtshof.de).<br />

76 Siehe § 110 EnWG.<br />

77 BGH, RdE 2006, S. 157 ff.<br />

78 Vgl. dazu ausführlich Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, 2006, § 14 Rn. 52 ff.<br />

79 OLG Oldenburg, Urt.v. 23.6.2003, ZNER 2006, S. 85 (Red. Leitsatz; in voller<br />

Länge unter: www.zner.org/entscheid); LG Fulda, Urt. v. 21.12.2005 – 4 O<br />

581/05 (unveröffentlicht), S. 6.<br />

80 LG Frankfurt/O. Urt. v. 5. 8. 2005 – 12 O 299/05, Rn. 23 (in juris dokumentiert).<br />

LG Halle, Urt. v. 28.6.2005 – 4 O 195/05 (dokumentiert in juris <strong>und</strong><br />

NL-BzAR 2005, 422ff.), S. 5. Das LG Itzehoe sieht die Antragstellung nach<br />

Errichtung als tatsächlichen Regelfall, LG Itzehoe, RdE 2006, S. 128 (129).<br />

81 OLG Hamm, ZNER 2005, S. 325 (326); das OLG sieht <strong>im</strong> neuen § 12 Abs. 5<br />

EEG eine Bestätigung seiner <strong>Recht</strong>sauffassung, a.a.O., S. 327.<br />

82 LG Itzehoe, RdE 2006, S. 128 (129).<br />

83 BGH, Urt. v. 12.7.2006, VIII ZR 235/04, Rn. 10 ff. (abrufbar unter www.b<strong>und</strong>esgerichtshof.de).<br />

84 BGH, Urt. v. 12.7.2006, VIII ZR 235/04, Rn. 15 f. (abrufbar unter www.b<strong>und</strong>esgerichtshof.de).<br />

85 LG Frankfurt/O., RdE 2005, S. 105 (106).<br />

86 OLG Brandenburg, NJOZ 2006, S. 2295.<br />

87 OLG Hamm, ZNER 2006, S. 51 (52 f.). In diesem Sinne: LG Braunschweig, Urt. v.<br />

28.9.2005 – 2 O 446/05 (53) (unveröffentlicht); LG Chemnitz, RdE 2004,<br />

S. 274; LG Münster, Urt. v. 27.7.2005 – 2 O 785/04 (Langtext in juris dokumentiert);<br />

LG Kiel Urt. v. 20.2.2006 – 4 O 122/05 (unveröffentlicht); LG Kiel, RdE<br />

2004, S. 232; LG Koblenz, Urt. v. 22.12.2005 – 9 O 137/05 (unveröffentlicht).<br />

88 LG Kassel, Urt. v. 12.5.2005 – 11 O 4178/04 (unveröffentlicht), S. 11 f; LG<br />

Koblenz, Urt. v. 22.12.2005 – O 137/05 (Zusammenfassung in: BIOGAS Journal<br />

2006, S. 42); <strong>im</strong> Gegensatz zu seiner neueren Judikatur auch: LG Münster,<br />

ZNER 2005, S. 174 (175).<br />

89 LG Braunschweig, Urt. v. 28.9.2005 – 2 O 446/05 (53) (unveröffentlicht), S. 7;<br />

LG Kiel Urt. v. 20.2.2006 – 4 O 122/05 (unveröffentlicht), S. 5; LG Kiel, RdE<br />

2004, S. 232 (233).<br />

90 OLG Hamm, ZNER 2006, S. 51 (52).<br />

91 In diesem Sinne: OLG Hamm, ZNER 2006, S. 51 (52).<br />

92 OLG Hamm, ZNER 2006, S. 51 (52).


Verbindlichkeit einzelner Normen können somit nicht ohne weiteres<br />

gezogen werden.<br />

10. »Gehören« <strong>im</strong> Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG<br />

Schließlich ist ein Urteil des BGH anzusprechen, der das Merkmal<br />

»gehören« (jetzt in § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG) eng auslegte: Es sei lediglich<br />

die zivilrechtliche Eigentumszuordnung gemeint. Ein selbstständiges<br />

Unternehmen, an dem der B<strong>und</strong> oder ein Land beteiligt<br />

sind, kann somit eine Vergütung nach EEG für Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n<br />

<strong>Energien</strong> erhalten. 93<br />

II. Biomasse<br />

Oschmann/Sösemann, <strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Recht</strong> | DAS THEMA<br />

1. Inbetriebnahme einer Anlage<br />

Laut OLG Oldenburg ist ein Biogaskraftwerk, dessen Fermenter<br />

noch nicht fertiggestellt ist, keine Anlage <strong>im</strong> Sinne des Gesetzes. 94<br />

Denn die Anlagendefinition in § 3 Abs. 2 EEG enthalte die Zweckbest<strong>im</strong>mung,<br />

dass die Anlage Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong><br />

produzieren müsse. Also könne ein Kraftwerk, das noch keinen<br />

Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> zu produzieren vermag, keine<br />

Anlage <strong>im</strong> Sinne des EEG sein. Auch seien mit der Gesetzesbegründung<br />

bautechnisch erforderliche Bauteile einzubeziehen. Das OLG<br />

Oldenburg lehnt somit den engen Anlagenbegriff ab, der nur diejenigen<br />

Einrichtungen umfasst, die unmittelbar der Stromerzeugung<br />

dienen. 95 Das Gericht übersieht dabei, dass ein Generator auch mit<br />

Biogas aus einem Gasnetz oder einem Gastank betrieben werden<br />

könnte. Würde man dem Gericht folgen, würde die Eigenschaft<br />

»Anlage nach § 3 Abs. 2 EEG« von der Zweckbest<strong>im</strong>mung des Anlagenbetreibers,<br />

also einem voluntativen Element abhängen. In der<br />

Folge wäre nicht mehr objektiv best<strong>im</strong>mbar, wann von einer<br />

Anlage nach § 3 Abs. 2 EEG auszugehen ist. Darüber hinaus führt<br />

die Entscheidung des OLG Oldenburg zu problematischen Ergebnissen.<br />

Denn das Gericht urteilte, dass wegen des von ihm für entscheidend<br />

gehaltenen finalen Elements des Anlagenbegriffs die<br />

Inbetriebnahme einer Anlage nur mit <strong>Erneuerbare</strong>n Energieträgern<br />

<strong>und</strong> nicht mit Erdgas erfolgen könne. 96 Diese Betrachtungsweise<br />

würde etwa dazu führen, dass ein abgeschriebenes Kraftwerk, das<br />

bislang mit Erdgas betrieben wurde, ab dem Zeitpunkt als neu in<br />

Betrieb genommen gelten würde, von dem an es auf Biogas umgestellt<br />

wird. Das wiederum hätte zur Folge, dass es ab der Umstellung<br />

nach §§ 5, 8, 12 EEG 20 Jahre lang Anspruch auf die EEG-Vergütung<br />

hätte. Gr<strong>und</strong>lage für die gesetzliche Vergütung ist aber die<br />

Annahme, dass sowohl die Investitionen in den Anlagenbau als<br />

auch die Betriebskosten abgeglichen werden. Der Betreiber eines<br />

abgeschriebenen Kraftwerks könnte also nach dem Urteil des OLG<br />

Oldenburg erhebliche Mitnahmeeffekte erzielen. Auch aus Gründen<br />

der <strong>Recht</strong>ssicherheit ist daher das Urteil des LG Regensburg<br />

vorzugswürdig. Es geht davon aus, dass die Inbetriebnahme mit der<br />

ersten Einspeisung von Strom in das Stromnetz erfolge, unabhängig<br />

davon, aus welchem Energieträger der Strom gewonnen wird.<br />

Denn von außen lasse sich nicht automatisch feststellen, ob der<br />

Strom ausschließlich aus Biomasse erzeugt wird. 97<br />

2. Anteil fossiler Energieträger bei Zünd- <strong>und</strong> Stützfeuerung<br />

Das Ausschließlichkeitsprinzip des § 5 Abs. 1 Satz 1 EEG ist Gegenstand<br />

eines Urteils des OLG Hamm. Gegen das Ausschließlichkeitsprinzip<br />

wird gemäß § 4 Abs. 2 BiomasseV nicht verstoßen,<br />

wenn für die Zünd- <strong>und</strong> Stützfeuerung begrenzte Mengen an Energieträgern<br />

eingesetzt werden, die keine Biomasse <strong>im</strong> Sinne der BiomasseV<br />

sind. 98 Das OLG Hamm legt zur Begrenzung dieser Menge<br />

keinen absoluten Grenzwert, sondern die »technische Gebotenheit«<br />

fest. 99 Im Sinne des Ausschließlichkeitsprinzips dürfen somit<br />

sonstige Energieträger nur eingesetzt werden, wenn dies die Verstromung<br />

von Biomasse ermöglicht100 <strong>und</strong> die Anlage auf dem<br />

Stand der Technik ist. 101<br />

3. Zur Geltung des Ausschließlichkeitsprinzips in der Anlaufphase<br />

Zwei Urteile kommen mit unterschiedlicher Begründung zu dem<br />

Ergebnis, dass der Einsatz fossiler Energieträger in der sog. Anlaufphase<br />

102 zulässig ist. Denn laut LG Halle gelte das Ausschließlichkeitsprinzip<br />

in der Anlaufphase nicht, weil noch keine Inbetriebnahme<br />

vorliege. 103 Nach LG Regensburg gehe eine Anlage zwar zum<br />

Zeitpunkt der ersten Stromerzeugung in Betrieb, das Ausschließlichkeitsprinzip<br />

sei aber erst ab dem Zeitpunkt zu beachten, ab<br />

dem der Anspruch auf Vergütung geltend gemacht werde. 104<br />

4. Holz <strong>im</strong> Sinne des § 8 Abs. 2 S. 2 EEG ist Neuholz<br />

In einem zur Revision zugelassenen Verfahren entschied das OLG<br />

Jena 105 , dass »Holz« <strong>im</strong> Sinne des § 8 Abs. 2 S. 2 EEG nur unbehandeltes,<br />

naturbelassenes Holz ist.<br />

5. Zum Begriff der »installierten elektrischen Leistung«<br />

Das LG Gera setzte sich mit dem Begriff der »installierten elektrischen<br />

Leistung« auseinander <strong>und</strong> entschied, dass entgegen der<br />

Annahme einer Partei dies nicht die Leistung ist, die die Anlage<br />

über einen best<strong>im</strong>mten Zeitraum tatsächlich erbringt, sondern<br />

diejenige, die ein Generator unter den vom VDE festgelegten<br />

Nennbedingungen dauerhaft erbringen kann. 106<br />

III. Solarenergie<br />

Zu § 11 Abs. 2 EEG stellte das AG Fritzlar fest, dass auf Pfählen<br />

neben dem Gebäude ruhende Solarmodule nicht <strong>im</strong> Sinne der<br />

Norm an oder auf dem Gebäude angebracht sind. 107 Auch der<br />

Umstand, dass die F<strong>und</strong>amente von Gebäude <strong>und</strong> Pfahl verb<strong>und</strong>en<br />

seien <strong>und</strong> der Pfahl Stützverbindungen zur Hauswand habe,<br />

ändere die Einschätzung nicht, da die Anlage »ausschließlich« am<br />

Gebäude angebracht sein müsse. 108<br />

Das LG Fulda entschied in einem Verfahren des einstweiligen<br />

<strong>Recht</strong>sschutzes, dass auch überdachte, aber seitlich offene landwirtschaftliche<br />

Unterstände für Tiere <strong>und</strong> Holz »Gebäude« <strong>im</strong><br />

Sinne des § 11 Abs. 2 EEG seien. 109 Indiziert würde dies bereits<br />

dadurch, dass die Unterstände Gebäude <strong>im</strong> Sinne der Landesbauordnung<br />

seien, deren Gebäudedefinition der des EEG entspreche.<br />

Außerdem sei eine räumliche Wirkung trotz fehlender Seitenwände<br />

gegeben, da nach »der Verkehrsauffassung der Eindruck<br />

einer nach außen abgegrenzten baulichen Anlage erzeugt wird«. 110<br />

Obwohl das Gewicht der Anlage nicht vom Dach, sondern von<br />

den Pfählen getragen werde, gelte die Anlage jedenfalls dann als<br />

auf dem Gebäude angebracht <strong>im</strong> Sinne des § 11 Abs. 2 S.1 EEG,<br />

wenn sie ein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes sei. Ob das<br />

Urteil in der Hauptsache Bestand hat, stand zum Zeitpunkt der<br />

Drucklegung noch nicht fest.<br />

93 BGH, ZNER 2005, S. 155 ff.<br />

94 OLG Oldenburg, ZUR 2006, S. 498 f.<br />

95 So z.B.: Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, § 3 Rn. 37 f.<br />

96 OLG Oldenburg, ZNER 2006, S. 158 f.<br />

97 LG Regensburg, ZNER 2006, S. 279 f.<br />

98 Allerdings entfällt die Vergütungspflicht bei Anlagen, die nach dem<br />

31.12.2006 in Betrieb genommen werden <strong>und</strong> die nicht ausschließlich Biomasse<br />

oder Pflanzenölmethylester für die Zünd- <strong>und</strong> Stützfeuerung verwenden,<br />

§ 8 Abs. 6 EEG.<br />

99 OLG Hamm, NJW-RR 2006, S. 1067.<br />

100 OLG Hamm, NJW-RR 2006, S. 1067 (1068).<br />

101 OLG Hamm, NJW-RR 2006, S. 1067 (1069).<br />

102 In dieser Phase werden die Bakterienpopulationen herangezogen, die dann<br />

das Biogas erzeugen.<br />

103 LG Halle, ZNER 2006, S. 190 f.<br />

104 LG Regensburg, ZNER 2006, S. 279 f.<br />

105 OLG Jena, OLG-NL 2006, S. 140 ff. bestätigt die Vorinstanz: LG Erfurt, RdE<br />

2006, S. 59.<br />

106 LG Gera, Urt. v. 27.2.2006 – 3 HK O 363/03, S. 12 (unveröffentlicht).<br />

107 AG Fritzlar, ZNER 2005, S. 333 (333).<br />

108 Lehrreich die Anmerkungen von Hock zum Urteil, ZNER 2005, S. 333 ff.<br />

109 LG Fulda, Urt. v. 21.12.2005 – 4 O 581/05 (unveröffentlicht).<br />

110 LG Fulda, Urt. v. 21.12.2005 – 4 O 581/05 (unveröffentlicht), S. 10.<br />

ZUR 1/2007 | 7


DAS THEMA | Fischer/Klinski, Modelle für eine Förderung erneuerbarer <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Wärmemarkt aus rechtlicher Sicht<br />

D. Ausblick<br />

Die Europäische Kommission hat in ihrem Grünbuch »Eine Europäische<br />

Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige <strong>und</strong> sichere<br />

Energie« 111 Vorschläge <strong>und</strong> Optionen dargestellt, die die Gr<strong>und</strong>lage<br />

einer neuen <strong>europäischen</strong> Energiepolitik bilden könnten.<br />

<strong>Erneuerbare</strong> <strong>Energien</strong> spielen dabei sowohl unter dem Aspekt der<br />

Versorgungssicherheit als auch für den Kl<strong>im</strong>aschutz eine wichtige<br />

Rolle. Die Kommission kündigt an, einen Fahrplan für <strong>Erneuerbare</strong><br />

<strong>Energien</strong> vorzulegen, der Schlüsselaspekte einer wirksamen<br />

EU-Politik <strong>im</strong> Bereich der <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> behandeln<br />

werde. Das Europäische Parlament geht noch weiter als die Kommission<br />

<strong>und</strong> hat die Forderung erhoben, für das Jahr 2020 einen<br />

Anteil von erneuerbaren <strong>Energien</strong> in Höhe von 25 % am Pr<strong>im</strong>ärenergieverbrauch<br />

anzustreben. 112 Auch der Europäische Rat hat<br />

sich wiederholt ausdrücklich zur weiteren Förderung der erneuerbaren<br />

<strong>Energien</strong> bekannt. 113<br />

Der eingangs erwähnte Statusbericht der B<strong>und</strong>esregierung für<br />

den Energiegipfel betont ebenfalls die Bedeutung <strong>Erneuerbare</strong>r<br />

<strong>Energien</strong> für Versorgungssicherheit <strong>und</strong> Kl<strong>im</strong>aschutz <strong>und</strong> erhebt<br />

den Ausbau <strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong> zu einem zentralen Element<br />

für das angestrebte energiepolitische Gesamtkonzept. 114<br />

Die Ziele der B<strong>und</strong>esregierung <strong>und</strong> der <strong>europäischen</strong> Institutionen<br />

lassen erwarten, dass die Bedeutung <strong>Erneuerbare</strong>r <strong>Energien</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Recht</strong> in den nächsten Jahren weiter<br />

erkennbar zunehmen wird. Ein neuer <strong>Recht</strong>sbereich ist <strong>im</strong> Entstehen<br />

begriffen.<br />

Jochen Fischer/Stefan Klinski<br />

Der Beitrag * spiegelt den derzeitigen Diskussionsstand um die Einführung<br />

eines Gesetzes zur Förderung erneuerbarer <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Wärmebereich<br />

wider. Gr<strong>und</strong>lage ist ein vom BMU <strong>im</strong> Juni 2006 veröffentlichtes<br />

»Konsultationspapier« 1 , das verschiedene Modelle gegenüberstellt.<br />

Bereits in der Koalitionsvereinbarung einigten sich die Regierungsparteien<br />

darauf, das Marktpotenzial erneuerbarer <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Wärmebereich<br />

»durch weitere Instrumente, wie zum Beispiel ein regeneratives<br />

Wärmenutzungsgesetz, besser erschließen« zu wollen 2 . Namentlich<br />

angesprochen sind damit das sog. »Nutzungspflichtmodell« in seiner<br />

Gr<strong>und</strong>form <strong>und</strong> in einer »Ersatzabgabenvariante« sowie das sog.<br />

»Bonusmodell« in der <strong>im</strong> Konsultationspapier beschriebenen Form.<br />

Weitere denkbare Modellansätze 3 sollen hier nicht betrachtet werden.<br />

Nach kurzer Darstellung des Zielhintergr<strong>und</strong>s werden die drei Modelle<br />

unter Berücksichtigung von Aspekten der Wirksamkeit <strong>und</strong> der Effizienz<br />

beschrieben <strong>und</strong> rechtlich analysiert.<br />

A. Zielhintergr<strong>und</strong> – Regelungsbedarf<br />

Bislang gibt es kein einheitliches Regelungssystem zur Förderung<br />

des Anteils erneuerbarer <strong>Energien</strong> an der Wärmegewinnung. Die<br />

bestehenden Förderinstrumente, insbesondere Investitionszuschüsse<br />

aus dem sog. Marktanreizprogramm 4 <strong>und</strong> einzelne Förderelemente<br />

in staatlichen Baukreditprogrammen, reichen bei<br />

Weitem nicht aus, um den erneuerbaren <strong>Energien</strong> in diesem<br />

8 | ZUR 1/2007<br />

Dr. Volker Oschmann,<br />

Referent für das <strong>Recht</strong> der <strong>Erneuerbare</strong>n <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> B<strong>und</strong>esministerium<br />

für Umwelt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit, 10055 Berlin; Mitautor<br />

eines Kommentars zum <strong>Erneuerbare</strong>-<strong>Energien</strong>-Gesetz <strong>und</strong> geschäftsführender<br />

Mitherausgeber der Zeitschrift für Neues Energierecht (ZNER).<br />

Aktuelle Veröffentlichungen: Die Förderung von Strom aus <strong>Erneuerbare</strong>n<br />

<strong>Energien</strong> in der Europäischen Union – praktische Erfahrungen <strong>und</strong><br />

rechtliche Perspektiven (zusammen mit Dr. Mario Ragwitz <strong>und</strong> Dr.<br />

Gustav Resch), ZNER 2006, S. 7-12; Harmonization of renewable<br />

electricity feed-in laws in the European Union (zusammen mit Miquel<br />

Muñoz <strong>und</strong> Dr. J. David Tàbara), Energy Policy (in Veröffentlichung);<br />

Renewable energy sources in European law, Journal für European Environmetal<br />

& Planning Law 2006/6; Stromintensive Unternehmen <strong>und</strong><br />

B<strong>und</strong>esnetzagentur: Die aktuelle Änderung des EEG(zusammen mit Jan<br />

Thorbecke) ZNER 2006/4.«<br />

Dipl. iur. Fabian Sösemann<br />

Doktorand am Lehrstuhl für Bürgerliches <strong>Recht</strong>, Handels-, Wirtschafts<strong>und</strong><br />

Europarecht von Prof. Dr. Schwintowski; Researcher bei Ecologic –<br />

Institut für Internationale <strong>und</strong> Europäische Umweltpolitik gGmbH,<br />

Pfalzburger Straße 43/44, 10717 Berlin.<br />

Tätigkeitsschwerpunkt: Energiewirtschaftsrecht, insbesondere das EEG.<br />

Aktuelle Veröffentlichungen: Die Dissertation behandelt den <strong>Recht</strong>sbegriff<br />

»Umweltverträglichkeit« <strong>im</strong> Energiewirtschaftsrecht. Vorherige<br />

Veröffentlichung: »Richard Thoma«, in: Schmoeckel, Mathias (Hg.),<br />

»Die Juristen der Universität Bonn <strong>im</strong> Dritten Reich«, Köln 2004.<br />

111 KOM (2006) 105 endg. vom 8.3.2006.<br />

112 Europäisches Parlament, Bericht über den Anteil erneuerbarer Energieträger<br />

in der EU <strong>und</strong> Vorschläge für konkrete Maßnahmen, Plenarsitzungsdokument<br />

vom 6.7.2005 (A6-0227/2005 endg.).<br />

113 Vgl. z.B. Europäischer Rat vom 15. <strong>und</strong> 16. Juni 2006, 10633/1/06, S. 12.<br />

114 Teil C »Elemente einer Gesamtstrategie«.<br />

Modelle für eine Förderung erneuerbarer <strong>Energien</strong> <strong>im</strong><br />

Wärmemarkt aus rechtlicher Sicht<br />

Bereich zum Durchbruch zu verhelfen. In der Folge bleiben wichtige<br />

Potenziale ungenutzt.<br />

Derzeit werden in Deutschland etwa 5,4 % der Wärme durch<br />

erneuerbare <strong>Energien</strong> erzeugt, 5 wobei überwiegend herkömmliche,<br />

relativ ineffiziente Techniken der Holzfeuerung zum Einsatz<br />

kommen. Dabei verursachen Wärmenutzungen in Haushalten<br />

<strong>und</strong> Industrie insgesamt mehr als ein Drittel der CO 2 -Emissionen<br />

in Deutschland. Mehr als drei Viertel der Endenergie in <strong>deutschen</strong><br />

Privathaushalten werden zu Heizzwecken benötigt. 6 Dies verdeutlicht,<br />

dass die anspruchsvollen Zielsetzungen <strong>im</strong> Kl<strong>im</strong>aschutz 7 nur<br />

* Erstellung des Manuskripts unter Mitarbeit von <strong>Recht</strong>sreferendar Hartwig von<br />

Bredow.<br />

1 BMU: Konsultationspapier zur Entwicklung eines Instruments zur Förderung<br />

der erneuerbaren <strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Wärmemarkt v. 24.5.2006<br />

(http://www.erneuerbare-energien.de/files/erneuerbare_energien/downloads/application/pdf/konsultationspapier_waermegesetz.pdf).<br />

2 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU <strong>und</strong> SPD v. 11.11.2005, Pkt. 5.2.<br />

3 Überblick bei Klinski, <strong>Recht</strong>liche Ansätze zur Förderung der erneuerbaren<br />

<strong>Energien</strong> <strong>im</strong> Wärmemarkt, in: GfU (Hrsg.): Umweltschutz <strong>im</strong> Energierecht,<br />

Berlin 2006, S. 107 ff.<br />

4 Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer <strong>Energien</strong><br />

v. 12.6.2006, BAnz. Nr. 113 v. 21.6.2006 (http://www.bafa.de/1/de/<br />

download/pdf/vorschriften/energie_ee_richtlinie_2006_06.pdf).<br />

5 Vgl. Konsultationspapier (Fn. 1), S. 5.<br />

6 Rat von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU), Umweltpolitik 2004, BT-<br />

Drs. 15/3600, S. 83 (Ziffer 21).<br />

7 Deutschland hat sich mit Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls verpflichtet,<br />

seine Treibhausgasemissionen zwischen 2008 <strong>und</strong> 2012 um 21 % gegenüber<br />

dem Stand von 1990 zu senken. Vgl. zum Ganzen: Rat von Sachverständigen<br />

für Umweltfragen (SRU), Umweltpolitik 2004, BT-Drs. 15/3600, S. 86.

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