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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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PflegenetzKanton Genf


erspektiven und• •ISlonenI 2. bis I 4. Mai '959.00 Uhr: Impulsreferate:Prof. Dr. Hans HautmannDer Staatsvertrag:Historische Wurzeln undherrschendes GeschichtsbildProf. Dr. Johann J. HagenÖsterreichs Zukunft in EuropaDr. Hans Obleis, Chancen aktiver NeutralitätspolitikfOr eine europäischeFriedensordnungUniv. Doz. Dr. MichaelGeistlingerZur Geltung des österreichischenStaatsvertrages aus völker<strong>recht</strong>licherSicht.20.00 Uhr: Musikgruppe: SÜDEN9.00 Uhr: Offenes Plenum10.30-13.00 Uhr: Arbeitsgruppen:VernetzungAlois Reisenbichler,Christian NeugebauerAktionKarl Öllinger,Walter Baierca. 14.00 Uhr: Ende derVeranstaltungUniversität Linz14.00-19.00 Uhr: Arbeitsgruppenzu den Referaten:Prof. Dr. Johann J. HagenUniv. Doz. Michael Geistlinger,Dr. Hans Übleis------------_ ... -----------Fordern Sie die BroschUro "BUfIUt Neutralität & Staatsvertrag"an. BOH@II.~holn AUlfOllon und wegschicken.BOGEN, ChristlIln N(lu'(lbIUtr, Ntustlftg. 67-69/1, 1070 WienQ)0).~c:«


THEMA: DESINTEGRATIONÜberprüfung eines Begriffes 27Martin Michael Roß denkt über Formen der (Des-)Integration nach ........................... .Die Pathogenese einer Methodologie 30Durchaus Politisches entdeckt Nikolaus Forg6 in der Methodologie Carl Schmitts ....... .In bester Gesellschaft 34An die Folgen großkoalitionärer Fremdenpolitik erinnert Manfred Leitgeb ................. .Recht & GesellschaftFeste Schengen 8Lajos Glücksthai kritisiert die Auswirkungen der Schengener Abkommen ....................... .Zuckerbrot und Peitsche 1 0Matthias Blume kündigt die Novelle zum Aufenthaltsgesetz an .................................. .Stalin, Cerberus und die Folgen 12Franz Schandl spitzt die Menschen<strong>recht</strong>sdiskussion zu ............................................. .Mit Gesetzen gegen Gesetzmäßigkeiten? 14Miet<strong>recht</strong> und Wohnungsmarkt aus ökonomischer Sicht, von Erwin Weissei ............... .Princeps legibus solutus? (Teil 11) 16N. Forg6 analysiert am deutschen Beispiel den staatlichen Umgang mit Terrorismus ....Mutwillige Verknappung 21Sepp Brugger über Radiofrequenzen und Meinungsvielfalt ....................................... .Mit elektronischen Methoden 23Die Suche nach juristischer Information bleibt mühsam, weiß Dietrri'ar Jahnel ............. .Studium & BerufSehen / Hören / LesenAusweg aus dem Straf<strong>recht</strong> - Der Außergerichtliche Tatausgleich / Die neueRechtsdatenbank der Arge Daten / Menschen<strong>recht</strong> auf CD-ROM /Josef Rohrböck, Das Asylgesetz 1991 / Gertrud Seiser und Eva Knollmayer (Hg.), 39Von den Bemühungen von Frauen in der Wissenschaft Fuß zu fassen ....................... .Frauenforschung am Juridicum 42Elisabeth Holzleithner über Arbeit und Pläne der Frauenforschungsgruppe .................Festst~lIung und Interpretation 44Benedikt Wallner über die Voraussetzungen juristischer Entscheidungsfindung ............Vorsatz: Mit Einem schweren ErbeSDie Kritk am Asylgesetz und deren Gegen<strong>kritik</strong>, 'dargestellt von Katharina Echsel ......... ..Merkwürdig 6Gnaden<strong>recht</strong>/Sklaverei/Scheinehe/Verbotsgesetz .......................................................Versatz: Das Geschäft der Rechten 20Die zunehmende "kulturelle Hegemonie" des Rassismus, denunziert von K. Richter ......Einsatz: Wider den status quo 41Verein Tiroler Juristinnen, vorgestellt von Alexandra Weiss .......................................Nachsatz: Die Flucht aus dem Budget 47Erste Auswirkungen des Sparpakets an den Unive,rsitäten, kritisiert von S. Wagner .....~~a;!~s:/Bestellscheine .......................................................................................... 48Impressum ......................................................................................................... SO


Ab jetztnur nochstudieren!Gute Idee.fEs gibt Zeitschriften, dieSie daran erinnern, wasStudieren interessantmacht.STÖRFAKTORKritisch-Psychologisches, Sozialwissenschaftliches,Berichte und Kommentarezu aktuellen Themen desGesundheitsbereich~, Rezensionender wichtigsten Neuerscheinungen,natürlich Kongreß-, Tagungs-, Veranstaltungsankündigungen.Heftemit Schwerpunktthemen alternierenmit" bunten, offenen" Heften.Ein STÖRFAKTOR für die Mainstream-Psychologie.DER BLÄTTERTEIGI n der" Informations<strong>gesellschaft</strong>"ist eine kritische Auseinendersetzungmit neuen und alten Mediennotwendiger denn je. Ohne Inhaltewird der" Information-Highway"schnell zum "Human-Lowway".Der BLÄTIERTEIG analysiertdie Medienpolitik und bringt Informationenüber Alternativmedienund neue Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten.KURSWECHSELDie Zeitschrift für <strong>gesellschaft</strong>s-,wirtschafts- und umweltpolitischeAlternativen bietet kritische Analysen,problembezogene ThemensteIlungenund Reformvorschläge füreine bessere und ge<strong>recht</strong>ere Gesellschaft.Und das in einer Zeit, wo anderean Ideen "sparen", Solidarität"vergessen" oder gar die Demokratiedem "dritten Mann" überlassen.Also: Es ist Zeit für einen ...JURIDIKUMDas JURIDIKUM führt den <strong>recht</strong>spolitischenDiskurs, den Sie anderswovergeblich suchen werden:Fachkundige Autorinnen zu zentralenThemen unserer Zeit: EuropäischeIntegration, Sicherheitspolitik,Frauen<strong>recht</strong>e, Umwelt<strong>recht</strong>, Asylpolitik,Drogenpolitik, Menschen<strong>recht</strong>eund die Entwicklung staatlicherInstitutionen. Außerdem: Studiumund Beruf.WIENER BUETTERDie WIENER BLIETIER zählen zuden ältesten kontinuierlich erscheinendenZeitschriften für Studentinnenund Akademikerinnen Österreichs.Unsere finanzielle und redaktionelleUnabhängigkeit garantierenrelevante und gut recherchierteBeiträge über das Tagesgeschehenhinaus: aus den BereichenUniversität, Gesellschaft, Kultur undReligion.c:o~-0 "eCokostenlose Probehefte anfordern!Ja, Besteller/in:ich will nichts unversucht lassen und bestelle hiemitkostenlos und unverbindlich je ein Probeheft folgenderZeitschriften:o WIENER BLA:TIERo STÖRFAKTORODER BLÄTIERTEIGo KURSWECHSELJURIDIKUM-Abo: Bestellschein auf Seite 49!~ Ich bin damit einverstanden, daß meine Adreßdaten zum Zwecke des einmaligen Pro-'@ beheft-Zusands EDV-erfaßt und an die betreffenden Zeitschriften weitergeleitet werden. ICl Ich bin damit einverstanden, daß meine Adreßdaten im weiteren für Informationszusen- einsenden an: Context, Robert Zöch ing,Studieren8~~ ______________________________________________________________________________________dungen ausschließlich der angekreuzten Zeitschriften oder an läßlich gemeinsamer Ak-_ tionen alternativer Medien verwendet, nicht aber an Dritte weitergegeben werden. Be r gste i gg asse 43/1 6, A-11 70 Wi e nJURIDIKUM~


1I,J,_vonKatharina EchselMit Einemven Entscheidungen noch offen;in 97 Fällen entschied die Berufungsbehördenegative, in 2 Fällenpositiv. In dieser Statistiksind jedoch auch Anträge gem.§ 4 AsylG (sog. Erstreckungsanträge,also jene Anträge wo dieAsylgewährung auf bestimmtenahe Angehörige erstreckt werdensoll) enthalten. Beschränktman sich auf Asylanträge ieS gem.§ 3 AsylG so ergibt sich zum Stichtag31.5.1995 eine Asylquote VOll4,8% (I): 8 <strong>recht</strong>skräftig positive stehen159 <strong>recht</strong>skräftig negativfrt Entscheidungengegenüber.Bei der Untersuchung, wclcheGründe die Asylbehördenbei Abweisung von Asylanträgenbevorzugt heranziehen, zeigtesich, daß dem Asylausschließungsgrunddes § 2 Alls. 2s,hweren ErbeIm Februar dieses Jahres veröffentlichtedas Hochkommissariatder Vereinten Nationenfür die Flüchtlinge (UNH­CR - United Nations HighCommissioner for Refugecs) einebemerkenswerte Studie. Anhandder 398 im November 1993in Österreich bzw. bei österreichischenBerufsvertretungsbehördenim Ausland gestelltenAsylanträge wurde die Verwaltungspraxisder Asylbehörden einerkritischen Analyse unterzogen.Mit Akribie wurden Niederschriften,Bescheide bzw.Entscheidungen durchforstetund durchwegs aussagekräftigeStatistiken erstellt. Ergebnis wareine vernichtende Kritik, sowohlam Gesetz selbst als auch anVollzugspraxis wie Rechtsprechung(zum Teil auch an der derHöchstgerichte).Angesichts der Zielsetzungdes Asylgesetzes 1991 (I) war diesesErgebnis aber auch eindurchaus erwartetes. Am Stichtag31.5.1994 waren in 320 Fällenbereits Bescheide ergangen.Davon waren in 1. Instanz 25Fälle <strong>recht</strong>skräfig positiv, 143. Fälle <strong>recht</strong>skräftig negativ, in 53Fällen war das Berufungsverfahrenbzw. die -frist nach negati-Z. 3 Asylgesetz ("bereits in einemanderen Staat vor Verfolgungsicher war") zentrale Bedeutungzukommt. Prima fuciewird davon ausgegangen, daßder Asylwerber im Ddttstaat vorVerfolgung sicher wrlr, Wenn dieserSignatarstnllt der GFK (GenferFlüchtlingskol1vention) ist,wobei die PrUt'ung der Verfolgt!ngssieherheit verp:tlngen hei rsbezogenerfolp:t. Fazit dt~s UN­HeR: "Die These, die Drittlandsklllllselwerde in der Verwalt:ungspraxisin diffel'Cllziel'terWeise angewendet, besrUrigtsich nicht. Die Asylhehördcnentscheiden durchgdlelHlllnterVerwendung immer derselbenTextbausrcine, ... "Weitere bdiebte AbwcisungsgrOnt!l:sind noch die l'd,­lende GlaubwOrdigkeit·· die desöfteren mit geradezu absurdenArgumenten herbeikonHlruiertwird - oder dit: Feststdlung, dt:rvorliegende Tatbt:stand sei kt:inGrund für dit: Ant:rkt:nnung alsFlüchtling, auch wt:nn dies konventionswidrigist. [)ie hierzusehr detailliert gcilul.krte Krilikkann hier aus PlatzgrOndennicht weiter dargestdlt werden .Jedenfalls attestit:rt dasHochkommissariat dem Asylgesetz1991 nicht nur fehlendebzw. ineffektive Rechtsschutzmöglichkeiten,es stellt auch dieKonventionswidrigkeit diesesGesetzes fest: So fehlt es an einemVerfahren zur Feststellungder Flüchtlingseigenschaften.Dies hat zur Folge, daß Flüchtlingenvölker<strong>recht</strong>swidrig Rechteaus der Flüchtingskonvention,wie etwa das Recht aufAusstellung von Identitätspapierengem. Art. 27 GFK, vorenthaltenwerden: Da die österreichischeRechtslage die Ausübungvon Rechten aus derFlUehtiingskonvention durchgehendvon der Asylgewährung abhUngigmacht, sind Konventionsflüchtlinge,denen nicht Asyl gewährtwurde, aber auch von jenenRechten ausgeschlossen, dieeinen "reehtmäßigen" bzw. "gewöhnliehenAufenthalt" voraussetzen.Im Ergebnis wird dann nocheinmal klargestellt, daß es demllNHCR nicht um Einzelfall<strong>kritik</strong>sondern um Grundsätzlichesging: ,,( ...) gleichzeitig sind dieseRechtspositionen jedoch souinfassend zu Lasten des Asylwt:rbersformuliert (oder werdenin Rechtsprechung und Verwaltungspraxisin diesem Sinne ausgelegt),daß die tatbestandlichenVoraussetzungen für den Erwerbder vorläufigen Aufenthaltsbe<strong>recht</strong>igungbzw für dieAsylgewährung in der überwiegendenMehrzahl der Fällert:ehtlieh überhaupt nicht erfülltwerden können. Würde also inder Verwaltungspraxis einheitlichvorgegangen, so wären praktischalle Asylwerber - zumindest imErgebnis - von der Asylgewlihrungausgeschlossen. (...)Insgesamt gesehen ist davonauszugehen, daß die aufgezeigtenProbleme auf der Ebene derVollziehung (...) n~cht gelöstwerden können. Diese harrenvielmehr der Lösung durch denGesetzgeber. "Als wäre das Ergebnis dieserStudie für Österreichs Regierungnicht schon peinlich genug,erfreute das Innenministeriumdit: Öffentlichkeit mit einer -"umindest für PsychologInnennichtunlustigen Presseau,ssendung.Mit Diplomatie derIöschnaksehen Art wurde dasI loch kommissariat gemaßregeltwit: ein unartiger Schulbub. DieStudie versuche "die bishergciiußerten Vorurteile des UN­IICR gegenüber der österreichi-sehen Asylpraxis zu bekräftigen( ... )", der UNHCR ziehe "nichtdie zutreffenden Schlüsse ausder Faktenlage", sondern "erneuerttrotz der nunmehr auchdem UNHCR bekannten Tatsachen,die eigentlich die Kritil"punktewiderlegen, die seitjeher vorgebrachten Argumente."Also sah sich Ex-InnenministerLöschnak bemüßigt, trotzder nunmehr auch ihm bekanntenTatsachen - dank UNHCRwissenschaftlich fundiert -, die.eigentlich seine Kritik an derKritik widerlegen, die seit jehervorgebrachten "Argumente" zuerneuern. Da letztere ebenso bekanntwie absurd sind, brauchthier nicht weiter darauf eingegangenzu werden.Die Suppe darf jetzt ein andererauslöffeln. Dieser hatte gelegentlichvor seinem Amtsantrittleise Kritik am Fremden<strong>recht</strong>anklingen lassen und bekamprompt die Rechnung präsentiert.Vorsorglich ließ ihm dieKronenzeitung via Nimmerrichterausrichten, was er zu tun undunterlassen habe. Sein Spielraumist abgesteckt, die Grenzendort gezogen, wo die KZ dasDenken und Wollen des Volkesansetzt. Vorerst gab's Schelte fürEinem wegen dessen mangelnderVerbreehensfürchtigkeit.Doch auch der Bogen zumFremden<strong>recht</strong> wart schnell gezogen:"Am Ende verriet uns derMinister auch noch, er fürchte sichpersiinlich überhaupt nicht vor Verbrechern.Das glauben wir ihm allerdings1 Er muß ja auch nicht dortwohnen, wo die seiner Partei schonso massenhaft abhanden gekommenenGenossen inmitten illegal zugereisterAsylanten leben müssen."(KZ, vom 7.4.95, S. 6)(1) vgl. Ausjiihrtt1lgetl im Schulungsbehelfdes BNfl zur Auslegung von Bestimmlmgetldes AsylG 1991: " ... das Prinzipder möglichst großzügigen Schutzgewährung(. . .) fitldet keine Grtt1ldlage imAsylgesetz 1991. (. .. ) Die Verhinderungund die Abwehr von Nißbräucheti wardas tragetIde Elemetlt der Überlegungetlzur Novellie17t1Jg des Asyl<strong>recht</strong>s (. .. ). Esist daher bei der Auslegung einzelner Regelungenim Zwei/ei jene zu wähletI, diedie größte Nißbrauchssicherheit bietet. "Nr 2/95JURIDIKUMSeite 5


Merkwürdig ____________ _SklavereiabgeschafftMississippi/USA. (ri) Aufgrundeiner Initiative des SenatorsFrazier ist die Sklaverei imUS-Bundestaat Mississippi endgültigabgeschafft worden. Demdemokratischen Politiker warAnfang des Jahres aufgefallen,daß 130 Jahre nach den übrigenUnionsstaaten cine entsprechendeVerfassungsänderung durchSenat und Repr1lsentantenhausimmer noch ausstand. 1865 hatteMississippi als einziger Unionsstaatdie Sklaverei nicht formellabgeschafft, um damit gegenfehlende Entschädigungen fürdie in Freiheit entlassenen Sklavenzu protestieren.GoHesGnadentumÖsterreich. (ri) Da JustizministerMichalek die Prüfung vonGnadenakten durch die Volksanwaltschaftverweigert, verlangtder für Justizverwaltungssachenzuständige Volkanwalt HorstSehender eine Stellungnahmeder Bundesregierung und drohtfür den Fall, daß diese die Haltungdes Ministers teilt, mit derBefassung des Verfassungsgerichtshofs1VfGH).Anlaß des Konflikts sindmehrere aktuelle Prüfverfahren,in denen die mangelnde Transparenzbei Begnadigungen auffiel.Gestützt auf Artikel 65 Abs.2 des Bundes-Verfassungsgesetzesstehen dem Bundespräsidentenu.a. die Begnadigung dervon den Gerichten <strong>recht</strong>skräftigVerurteilten, die Milderung undUmwandlung von Strafen unddie Niederschlagung von strafgerichtlichenVerfahren auf Vorschlagder Regierung bzw. einesvon ihr ermächtigten Ministers,nämlich des Justi7.ministers, w.1992 hatte der VfGH die einschlägigenBestimmungen in derStrafprozeßordnung wegen derVerflechtung von gerichtlicherund verwaltungsbchördlicherZuständigkeit als verfassungswidrigaufgehoben. Seit 1993 istdas Begnadigungsverfahren einereine Verwaltungsangelegenheitdes Ministers, der sich fortge-setzt weigert, seine Gründe fürdie Ablehnung von Gnadengesuchenoffenzulegen. Schon langewar dieses anachronistischeund typisch monarchistischeRechtsinstitut Gegenstand heftigerKritik. Auch Sehender formuliertseinen Standpunkt deutlich:"Es ist eine völlig unhaltbareSituation, daß derzeit niemanddie Abweisung einer Gnadenbitteüberprüfen kann. Dasist ja gleichbedeutend mit demÜbergang des Gottesgnadentumsdirekt vom Kaiser auf denJustizminister. "AchtungScheinehe!Österreich. (emb) Ein neuesGespenst geht in den Amtsstubender Fremden- und Aufenthaltsbehördenum: die Scheinehe.Allein im Raum Wien seien1500 Fälle bekanntgeworden,wie das Innenministerium anläßlichder Präsentation der Novellezum Aufenthaltsgesetzmitteilte (vgl. Der Standard,28.02.1995, S. 1 und 5).In der Zahlenstatistik des Innenministeriumsist wahrscheinlichauch der Fall des türkischenStaatsangehörigen K. enthalten.Herr K hält sich seit 1987 <strong>recht</strong>mäßigin Österreich. auf, 1989heiratete er seine türkische Ehefrau,die zu ihm nach Österreichzog. Zwei Kinder wurden 1990und 1994 geboren. Die GeschichteeiIT~r normalen Zuwandererfamilie.Bei der Verlängerung derAuferithaltsbewilligungen imSommer 1994 gab es plötzlichProbleme. Bei der Fremdenpoli-.zei sei ein "Verfahren offen",dieses müsse zunächst geklärtwerden. Das ist dem Mann nichtgelungen, weil er den Grund fürdas "offene Verfahren" nichtverstanden hatte. Die Fremdenpolizeihatte der MA 62 mitgeteilt,daß gegen K. "laut Mitteilungder Staatsanwaltschaft Wienein Verfahren bezüglichEhenichtigkeiterklärung anhängigist."Achtung Scheinehe - 1500Fälle - an eine positive Erledigungdcr Anträge der Familie K.war nicht mehr zu denken. ImJänner 1995 wurden der FamilieBewilligungen bis Ende Märzerteilt, wohl um durch die seitmehreren Monaten anhängigenAnträge die Erledigungsbilanznicht unnötig zu belasten. Dergute Mann ist auch auf die Vierwochenfallenicht hereingefallenund hat die Verlängerungsanträge<strong>recht</strong>zeitig, nur ein Monatnach Erteilung der letzten Bewilligungen,eingereicht. DasIm-Kreis-Schicken konnte vonvorne beginnen: keine Bewilligungwegen des offenen Verfahrenswegen anhängigen Ehenichtigkeitsverfahrens.Der MA62 war immerhin aufgefallen,daß der Mann mit einer türkischenStaatsangehörigen verheiratetwar und so wurde der Vermerküber die Scheinehe mit einem,,?" versehen. Die Müheder Aufklärung wollte sich aberniemand machen.Dabei war des Rätsels Lösungganz einfach: K. war verwechseltworden. Ein Ehenichtigkeitsverfahrengegen einennamensgleichen türkischenStaatsangehörigen ist anhängig,die Staatsanwaltschaft hatte vonder Fremdenpolizei den Akt angefordertund damit war ein weitererFall von Scheinehe bekanntgeworden.1500 waren esallein im Raum Wien, da kannes schon vorkommen, daß einunterschiedliches Geburtsdatumnicht auffallt. Die Geschichte eines,normalen Verwaltungsverfahrensim Jahre 1995?Nicht unerwähnt bleibensoll, daß die Großzügigkeit, mitder über Fehler hinweggesehenwird, nur für die Behörde, nichtaber für die Parteien (z.B. verspäteteAntragsteIlung), gilt.Haider gegenTATblaHÖsterreich. (TATblatt) Jetzthat sich die Justiz auch in zweiterInstanz für Haider und gegendas TATblatt entschieden. Dasbedeutet: Das TATblatt darf dieBehauptung, Haider betreiberassistische Hetze, nicht mehrveröffentlichen. Darüberhinausmuß es die Prozeßkosten in derHöhe von knapp 100.000,- Schillingbezahlen. So entschied nachdem Handelsgericht nun auchdas Oberlandesgericht Wien.Mit einer solchen Vorgangsweise,so die TATblatt Heraus-geberInnen, soll aber nicht nurdas TATblatt selbst kriminalisiertund wirtschaftlich vernichtetwerden. Vielmehr soll darüberhinausgehend versucht werden,alle kritischen Leute,Gruppen und Zeitschriften davorabzuschrecken, weiterhin ihreMeinung über Haider, die l'oder allgemein: über rassistischePolitik zu verbreiten.Derartige Einschränkungender Meinungsfreiheit dürfennicht hingenommen werden!Die Alternativmedienlandschaftist heute ohnehin mehr denn jebedroht. Im vorigen Jahr wurdedem TATblatt die Publizistik­Förderung gestrichen. WelcheZeitung wird da wohl die nächstesein? Die geplante empfindlicheVerteuerung des Postzeitungsversandeswird so mancheweitere Alternativzeinmg an denRand des Ruins drängen.Die TATblattlerInnen wollendie Entscheidung jedenfallsvor dem Obersten Gerichtshofund notfalls auch vor dem EuropäischenGerichtshof für Menschen<strong>recht</strong>ein Straßburg anfechten- und auf alle Fälle: weitermachen.Dies wird durch dasfinanzielle Loch, das der Prozeßgerissen hat, leider etwas erschwert.Viele zusätzliche Abosund solidarische Spenden könnenaber helfen, dieses Loch zustopfen. TATblatt-10-Nummer­Abos kosten innerhalb Österreichs140,-, außerhalb: 200,-; 3-Nummern-Probeabos gibt's gratis.Einfach bestellen: TATblatt,1060 Wien, Gumpendorferstr.157/11; Telefon: 0222/5968078(Fax: DW -4); Konto: P.S.K.7547212.JuristischeEntzauberungÖsterreich. (red) H.J. Schimanekwurde am 31. März 1995 imGroßen Schwurgerichts saal desWiener Landesgerichtes fürStrafsachen in erster Instanz zueiner 15jährigen unbedingtenFreiheitsstrafe wegen des Verbrechensnach dem § 3a Z. 2Verbotsgesetz (VerbG) verurteilt.Die acht Geschworenen,die mit ihrem Wahrspruch alleineüber die Frage der Schuldentschieden, sprachen den Angeklagtenmit acht zu null Stirn-Seite 6JURIDIKUMNr 2/95


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Recht & GesellschaftGRENZENLOSE KONTROLLlERßARKEITFeste SchengenDer RücktriH von Ernst­Eugen Veselsky als Vorsitzenderdes österreichischenDatenschutzrateswurde .kaum beachtet.Dieser SchriH war maßgeblichvom geplantenBeitriH zu den SchengenerAbkommen motiviert.Schengen? Datenschutz? -Nickelsdorf!Der scheinbare Einzelfall Nickelsdorf vom12.3.1995, ein Megastau an der österreichisch-ungarischenGrenze infolge verschärfterGrenzkontrollen, wurde nicht zufälligmit den Schengener Abkommen(Schengen I vom 14.6.1985 und Schengen IIvom 19.6.1990 = Durchführungsabkommenzum Sch'el:lgener Abkommen) in Zusammenhanggebracht. Diese Abkommen geltenals flankierende Maßnahmen zum 1985 beschlossenenEU-Binnenmarkt, der den freienPersonen- und Warenverkehr ermöglichensoll. Schon im Vorfeld des Inkrafttretensder "Einheitlichen Europäischen Akte"am 1.1.1993 kam es zu großen Fusionen undFirmenaufkäufen, die einerseits eine starkeMarktposition nicht nur im Binnenmarktsondern auch am Weltmarkt sichern sollten,andererseits aber gemäß der betriebswirtschaftlichenRationalität zu massiven Entlassungenführten. Die damit entstehenden sozialenSpannungen zwischen ArbeitsplatzbesitzerInnenund Arbeits-, Wohnungs- undBildungslosen wurden schon früh der Justizund der Exekutive als Problemfelder zugeordnet.Die wirtschaftlichen Deregulationenund die damit einhergehenden Spar- undBelastungsbudgets der EU-Regierungen beigleichzeitiger Senkung von Kapitalsteuernführen sowohl zu einer stetig wachsendenMasse von Arbeitslosen als auch zu einerbreiteren Verelendung in Europa. Diese abgedrängtenMenschen leben in unsicherenArbeitsverhältnissen, bedroht von nichtmehr finanzierbaren Krankheiten, Wohnungsverlustund Halblegalität. Ihre Würdeist ihnen genommen, die Werthaltungenwerden korrumpiert, ihre Perspektiven lösensich auf. Der Schritt in die Illegalität ist hierkeine freie Entscheidung mehr, sondern eineForm der Existenzfristung.Die politische Vorwegnahme dieser Entwicklungwaren und sind die SchengenerAbkommen. Diese bedeuten die Abschottungdes EU-Arbeitsmarktes gegen außen,gegen AsylwerberInnen, gegen ArbeitsmigrantInnen.Sie werden durch die verschärftenGesetze von vornherein zu Objekten derPolizei und der Justiz, d.h. kriminalisiert.Aber auch nach innen werden durch denAusbau von Informatik, Überwachung undFahndung bei Verdacht mit hohem Budgetaufwandbei gleichzeitigem SozialabbauMenschen ausgegrenzt und kriminalisiert.Auch sie sind für die Regierungen und dieWirtschaft überflüssig geworden.Die bewußt ungenau gehaltenen Definitionenvon Organisierter Kriminalität, Drogenkonsumund Terrorismus sollen einerflächendeckenden Kontrolle dienen, dieselegitimieren, jede Menge an polizeilichenDatensystemen ermöglichen - deren Mißbrauchder Brauch sein wird - und Formeneines künftig zu erwartenden, sozialen Widerstandesdesavouieren. Denn die EU­Staaten sparen nach den zu erfüllendenKonvergenzkriterien der Wirtschafts- undWährungsunion gerne bei den Menschen,nicht jedQch bei deren Kontrolle. Dies dürftein ihrer Bucjgetrechnung weder zu teuerfür den Staat noch zu inflationstreibend fürdie Wirtschaft sein.Die im Dunkeln •••\\ienn man bei den Menschen spart, undnicht an deren Kontrolle, hat man auch einehöhere Bonität bei den Banken und an denBörsen, so scheint es, folgt man den Medienberichten.Und mit Hilfe medialer Verbreitungder von der Politik lancierten Feindbildernehmen wir einen ständigen Abbau vonBürgerlnnenrech'ten hin und legitimieren einezunehmende Kontrolle von uns allen. InSpanien bedarf es keines richterlichen Hausdurchsuchungsbescheidesmehr. (In Österreichheißt das: Bei Gefahr im Verzug, dessenAuslegung der Polizei vorbehalten ist.)Unter den neuen Mafiagesetzen Italiens istjede/r SizilianerIn verdächtig und damit dempolizeilichen Zugriff ausgeliefert. Schondurch den jetzt laufenden Datenaustauschzwischen den Staaten ist eine gut dokumentierteAnzahl von Durchschnittsmenschenangehalten, verhaftet und verhört worden,ohne daß nach deren Enthaftung auf Grundihrer Unschuld geklärt werden konnte, obihre Daten wen~gstens danach aus denFahndungscomputern entfernt wurden. Aus-kunfts<strong>recht</strong>e sind so vage formuliert, daß siede facto nicht existieren. So wird nur dannAuskunft erteilt, wenn dies die Sicherheitdes betreffenden Staates nicht verletzt, womitder Datenschutz für Staaten gegen gefährlichneugierige BürgerInnen gewährleistetist. Denn schließlich sind wir nach Artikel99 des Schengener Zusatzabkommens alleverdächtig. Denn jede/r könnte eine Straftatbegehen, also ... könnte jede Auskunftdie Staatsicherheit gefährden.Und so ist in den Abkommen die Zusammenarbeitin Asyl- und Grenzkontroll<strong>recht</strong>en,bei der Kriminalpolizei und beimSchengener Informationssystem (SIS) inStraßburg festgeschrieben, damit die Binnengrenzkontrollenaufgehoben werdenkönnen. Im zweiten Abkommen wurde dieangestrebte gemeinsame Asyl-, AntiterrorundDrogenpolitik weiter harmonisiert undverschärft, die Trennung von Polizei- undGeheimdienstaufgaben verundeutlicht bisaufgehoben. In das SIS kann durch dieFahndung nach Verdacht jede/r kommen.••• sieht man nichtSchon die Entstehung der Schengener Abkommenals intergouvernementale Vereinbarungenweist daraufhin, daß einer demokratischenÜberprüfung und öffentlichenDiskussion über die Inhalte dieser Verträgeausgewichen werden sollte und soll, solangebis die Gesellschaften dank der Massenmediendie aufgeblasenen Feindbilder verinnerlichenund solcherart die Vorgaben derRegierungen als selbstverständlich annehmen.Auf diesem Wege sind die EU-Regierungenseit 1990 schon weit gekommen.Deshalb wurden auch die Schengener Abkommennicht in das EU-Regelwerk eingebaut,obwohl die Begründerstaaten Frankreich,Deutschland und die Benelux-StaatenEU-Mitglieder sind. Inzwischen sind außerGroßbritanriien, Dänemark, Irland und denneuen Mitgliedern alle dabei. Der freie Personenverkehrdes Binnenmarktes soll nurden Mitgliedern von "Schengenland" offenstehen.Dies, so hoffen die Mitglieder, solldie anderen dazu nötigen mitzumachen, sollfür sie einen "Sachzwang" bedeuten, den sieihren BürgerInnen besser unterjubeln können.Man sieht deutlich den Widerspruchzwischen dem unter EU-Recht entstehendenBinnenmarkt und den ihn flankierenden,aber außerhalb des EU-Rechtes stehendenSchengener Abkommen. Erst nach Beitrittaller und den parlamentarischen Ratifizierungensollen die Abkommen ins EU­Recht übernommen werden.Diese Abkommen wurden in geheimen,zwischenstaatlichen Gremien entworfen undausgehandelt. Die 1985 gegründete "GruppeSchengen", d.h. zeitgleich mit dem Beschlußder Einheitlichen Europäischen Akte,vulgo Binnenmarkt, arbeitete bis Inkrafttretender Maastrichter Verträge genau!;oklandestin wie die anderen 57 Gremien, Arbeitsgruppenund Komitees, die sich eben-Seite 8JURIDIKUMNr 2/95


falls mit Innerer und Äußerer Sicherheit, Migration,Asyl, Geheimdienste, Terrorismus,Drogen, Organisierter Kriminalität und Datensystemenbeschäftigen. In diesen Netzwerkensitzen die hohen Beamten von Innen-und Justizministerien, nach deren Vorliebenund Vorurteilen sich nicht nur dieSchengener Verträge richten. Jenseits jederdemokratischen Kontrolle, nur den zuständigenMinistern berichtspflichtig, konntenund können diese Beamten ihre Macht undihre Phantasien gestalten. Die dritte Säulevon Maastricht gibt ihnen nun auch eine legaleFassade (Art.K.4), die aber bereits aufihre Vorgaben hin errichtet ist. So könnennun griechische Kriegsdienstverweigerer, diein einem der Schengen-Länder im Exilleben,abgeschoben werden. In Griechenlandgibt es nämlich keinen Zivildienst, Verweigererfallen unter das Straf<strong>recht</strong> und somitunter die Schengener Abkommen.Mit der Ratifizierung der Schengener Abkommendurch die Parlamente tritt ein Teildes im geheimen vorbereiteten EU-Polizeistaatesans Licht der Öffentlichkeit, Österreichnimmt als Beobachter schon seit Juni1994 am Schengener System teil, und hatdurch den fast schon wieder vergessenen,aber nichtsdestotrotz weiterbestehendenBundesheereinsatz an den Grenzen unddurch die Verschärfung der Asyl- und Aufenthaltsgesetzewichtige Vorleistungen erbracht.Schon im Vorlauf zu einem, aberauch nach einem Beitritt wird der Sach- undPersonalaufwand, medial und politisch abgesichert,enorm anwachsen. Aber die Sicherheitist Österreich heilig. Daß die F -BewegungSchengenland sofort und jetzt beitretenwill, ist nach dem oben Erzählten nichtverwunderlich. Ex-Innenminister Löschnakhätte als Krönung seiner vielen Verdiensteum die Sicherheit Österreichs am Freitag,dem 24.3.1995, den Vertrag unterschreibensollen, allerdings hat sich das wieder einmalverzögert. Denn auf Grund des nordischenPaßabkommens sollen zum erstenmal zweiNicht-EU-Staaten, Island und Norwegen,aufgenommen werden. Auch sonst kommt"Schengenland" nicht richtig vom Start:Großbritannien will seine eigenen Kontrollenauf<strong>recht</strong>erhalten, Frankreich wirft denBenelux-Staaten eine zu laxe Drogenpolitikvor, nach wie vor ergeben sich nationaleWiderstände der Sicherheitsbehörden beider grenzüberschreitenden Fahndung undgegenseitiger Unterstützung, ebenso bei derVerwendung des SIS und der Einspeisungder Daten, dann bricht wieder CESIS, derZentralcomputer in Straßburg zusammen;von parlamentarischem Widerstand aber istleider nur wenig zu hören. Tatsächlich aberwerden die inneren Kontrollen ausgebaut:Irgendwo im Schengenland kann jederzeitein Teil einer Straße abgesperrt werden undeinige Stunden werden dann alle Vorbeikommendenkontrolliert, meist wird diesaber doch nahe den Grenzen der Staatenpassieren, soviel zur grenzenlosen Phantasie.Recht & GesellschaftDaß sich Österreich durch einen Probelaufa la Nickelsdorf diplomatische Unannehmlichkeitenmit Ungarn, das den EisernenVorhang als erstes Land durchbrochenhatte, einhandelt, ist nur logisch. Schließlichhat sich Ungarn in Abkommen mit den EU­Ländern schon dazu verpflichtet, selbst dieMigrantInnen und AsylwerberInnen abzufangen,abzuschieben und von den EU­Grenzen abzuhalten. Und dann so etwas!Dies ist nur eine simplifizierende Skizzeeines Teils der Geschichte, der Entwicklungenund der Strukturen der Inneren Sicherheitin der EU. Es besteht für Österreichkeine Verpflichtung, diese Abkommen zuunterzeichnen. Die Bundesregierung willdie Unterzeichnung ohne großen Medienrummelüber die Bühne bringen. Deshalbwar ja die Aufmerksamkeit, die durchdie Nickelsdorfer Schikanen hervorgerufenwurde, der Regierung so unangenehm.Eine Handlungsmöglichkeit aber wärees, vor den Europäischen Gerichtshof zu gehen,und die Diskriminierungen durch dieSchengener Abkommen zu klagen, denn sieverletzen die Einheitliche Europäische Akte,die ja alle vier Freiheiten gewährleistensoll. Aber geht EU-Recht denn auch vorSchengener Verträgen?Lajos Glücksthai ist Redakteur der ZeitschriftIIEuropakardiogramm" - ein Medium für europakritischeInformationen.Weg und ZielAufregende Lokalegibt's genugGeh in'sLange!I~\!I!JJ •~~I~~lF~~~JS ~l' .~STUDENTENBEISL LANGEWien 8, Lange Gasse 29geöffnet täglich 18 00 bis 2 00 UhrBier vom Faß:Puntigamer Pantheraus der Steiermark,Mohrenaus Vorarlberg,Guinnessaus IrlandAuch Stiegl-Bräuaus Salzbul'gGroße Auswahl an Malt-WhisktesProbeheft und Abo:Trattnerhof 2/14,1010 Wien, Tel.: 5336023Seite 9


?ifriRecht & GesellschaftNOVELLE ZUM AUFENHALTSGESETZZuckerbrotund PeitscheLöschnak hat sich oHensichtlichmit seiner letztengroßen Tat als Innenministereinen ausländerinnenfreundlichenAnstrich gebenwollen. Oder war esdoch späte Einsicht? Feststeht: Löschnak geht, eineNovelle zum Aufenthaltsgesetz(AufG) kommt.Am 28. Februar dieses Jahres hat der Ministerratdie Regierungsvorlage (RV) zur Novellierungdes AufG beschlossen. Im Vorblattzur RV wird kurz der Inhalt der Novelleskizziert. Generell wird davon gesprochen,das Verfahren zu vereinfachen, ohne dieGrundsätze zu verändern und der Verwaltunggrößere Entscheidungsmöglichkeiteneinzuräumen. Vereinfachungen. sollen beider Antragsfrist und dort stattfinden, wo einAntrag wegen Erschöpfung der Quote abzuweisenwäre. Die Verwaltung soll bei derHandhabung der Quote mittels Errichtungvon Teilquoten ebenso größere, Entscheidungsspielräumebekommen wie mit derMöglichkeit, Angehörige von Österreiche~rinnen und im Inland geborene Kinder ausder Quote herausnehmen zu können. Desweiteren sollen legistische Anpassungen vorgenommenwerden.Begründet werden diese Maßnahmen damit,daß die derzeit noch gültigen Regelungeneine effektive Steuerung des Familiennachzugesnicht zuließen. Daß es sich beider geplanten Novelle um keine Liberalisierungder Zuwanderungspolitik handelt, istselbst dem Ministerrat bewußt. Entschuldigtwird dies mit dem flapsigen Hinweis, daß eineAusweitung der Möglichkeit zur Familiennachführungoder eine generelle Ermöglichungder AntragsteIlung nach der Einreise,wie es vielerortens verlangt wird, zu den Regelungender meisten EU-Staaten im Widerspruchstehen und zu einem beträchtlichenAnstieg der tatsächlichen Zuwanderungführen würde. Bravo! Also doch kein Sinneswandel.Alles beim Alten! Nicht nur, daßdieser Hinweis nicht stimmt. Im Gegenteil!Unsere Regelungen stehen im Widerspruchzu den vergleichbaren Regelungen im restlichenEU-Europa.Nicht lieb und tollDaß das verfassungs- und menschen<strong>recht</strong>swidrigstealler Gesetze Österreichs selbst miteiner großen Novelle wie dieser nicht liebund toll werden kann, ja das wußten wirschon seit seiner Erlassung. Um sich derDreistigkeiten unserer Regierungsmitgliederbewußt zu werden, will ich kurz zurückblenden,nämlich zum Entwurf der RV. Ein Detailsei herausgegriffen: Z. 9. zu § 9 Abs. 3und 4 des Entwurfes. Dieser sieht vor, daß'wie bisher Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligungbei ausgefüllter Quoteaus diesem Grunde abzuwei~en sind (außerbei § 3-Fällen, die den Familiennachzug betreffen;diese werden auf die nächste Quotevertröstet). Dagegen sollte nach dem Wunscheder AutorInnen des Entwurfes keinRechtsmittel möglich sein! Dies wäre ausfolgenden Gründen unertdiglich gewesen:Die Rechtssuchenden htitten wie gesagt keineMöglichkeit, die abweisende Entscheid~tngim ordentlichen Rechtsweg, bzw. - ind;gi- Praxis - vor dem Verwaltungsgerichtshof(VwGH) zu bekllmpfen. Letzteres wäre zwartheoretisch möglich, da der Instanzenzug"erschöpft" ist und damit der VwGH anrufbarwird. Realistischerweise hätte eine solcheRegelung jedoch zu einem Kollaps desVwGH geführt, der unHihig geworden wäre,noch irgendwelche Entscheidungen zu fällen.Bekanntlich leidet der VwGH ja schonjetzt nicht unbedingt an Arbeitsmangel. Daherliefen der österreichische Rechtsanwaltskammertagund die Grünen gegen eine solcheRegelung Sturm. Und tatsächlich! In derRV wurde diese Passage geändert und zwarfolgendermaßen: Anträge, die zuvor wegenausgefüllter Quote hätten abgewiesen werdenmüssen, werden nun aufgeschoben biszur nächsten Quote. Im Klartext: zwei Fliegenauf einen Schlag. Einerseits muß nunkeine Überflutung des VwGH befürchtetwerden, und andererseits wird dadurch dererwünschte Effekt, nämlich Ausschluß einesordentlichen Rechtsweges noch perfekter er-reicht als zuvor: Nun gibt es also gar keinenBescheid mehr, der bekämpft werden könnte.Wohlweislich wurde auch gleich die Möglichkeitzur Stellung eines Devolutionsantragesausgeschlossen.Weitere Unzulänglichkeit'en weist Z. 9 zu§ 6 der RV auf. Dessen Abs. 1 spricht davon,daß der Zweck des Aufenthaltes genau anzugebenund glaubhaft zu machen ist. DieserZweck darf im Laufe des Verfahrensnicht geändert werden. Begründet wird diesin den Erläuterungen damit, daß ansonstenein ganzes Ermittlungsverfahren obsolet gemachtwerden könnte. Es geht also um Verhinderungvon Mißbrauch. Interessant istweiters, daß § 6 Abs. 2 der RV vorsieht, daßein Antrag auf Änderung des Zweckes biszum Ablauf der Geltungsdauer auch vom Inlandaus gestellt werden kann. Abgesehendavon, daß sich der Zweck des Aufenthaltesimmer ändern kann, also auch während einesVerfahrens, da auch eine Änderung in Tatsacheneine Änderung des Zweckes nach sichziehen kann, ist diese Regelung auch schondeswegen absurd, da ,wie oben gezeigt, sofortnach Beendigung des Verfahrens einAntrag auf Änderung des Aufenthaltszweckesgestellt werden könnte, was imEndeffekt ebenso ein ganzes Ermittlungsverfahrenobsolet machen und darüber hinauseine Vermehrung an Verwaltungsaufwandbedeuten könnte. Bedenken bestehenim Hinblick auf ein vom Gleichheitssatz statuiertesSachlichkeitsgebot ebenso wie imHinblick auf das Menschen<strong>recht</strong> auf Achtungvon Privat- und Familienleben, da defacto ein Verbot der Zweckänderung normiertwerden soll.Versteckte FallenAbs. 3 des § 6 AufG neu sieht zwar großzügigerweisedavon ab, daß der Antrag auf Verlängerungspätestens vier Wochen vor Ablaufder Bewilligung zu stellen ist. Diesersoll in Zukunft bis zum Ablauf der Bewilligunggestellt werden können. Auch wurdedie berüchtigte Sechs-Wochen-Frist gestrichen,die vorsah, daß AntragstellerInnen bissechs Wochen nach dem Ende der Bewilligungein Aufenthalts<strong>recht</strong> im Bundesgebiethätten, soferne der Antrag bis dorthin nichterledigt wurde. Ließ sich die Behörde längerZeit, so hatte die AntragstellerIn keine Be<strong>recht</strong>igungzum Aufenthalt mehr. Nunmehrsoll ein Aufenthalts<strong>recht</strong> bis zur Entscheidungerster Instanz gewährt werden. Will dieAntragstellerIn die Entscheidung erster Instanzbekämpfen, so muß sie das in Zukunftdann vom Ausland aus tun, wenn die erstinstanzlieheEntscheidung ihr ein Aufenthalts<strong>recht</strong>versagt. Will sie die Entscheidung vorden Gerichtshöfen öffentlichen Rechtsbekämpfen, so haben diese keine Möglichkeitmehr, dem Antrag auf aufschiebendeWirkung stattzugeben, da sie sich im Momentder AntragsteIlung keinesfalls mehr<strong>recht</strong>mäßig im Bundesgebiet aufhaltenkann. Weiters ist dazu anzumerken, daßSeite 10JURIDIKUMNr 2/95


dem in mehreren Stellungnahmen zum Entwurfder RV geäußerten Wunsch nach einervernünftigen Regelung für den Fall derFristversäumnis nicht Rechnung getragenwurde. Bei Fristversämnis müssen weiterhinErstanträge gestellt werden. Diese kannmann/frau nun auch vom Inland stellen, allerdingsnur dann, wenn mann/frau dasGlück hat durch eine auf § 2 Abs. 3 Z. 4AufG neu basierende Verordnung (VO) vonder Quote ausgenommen zu worden zu seinund ein Antrags<strong>recht</strong> vom Inland aus in dieserVO ausdrücklich normiert ist.Quotenspiele§ 2 Abs. 3 AufG neu wurde insoferne erweitert,als nunmehr eine eigene Quote für denFamiliennachzug durch VO der Bundesregierungerstellt werden kann. Überdies könnenin Österreich geborene Kinder, Angehörigeösterreichischer Staatsbürger Innenund Personen, die das Recht haben, hier zuarbeiten, aus der generellen Quote ausgenommenwerden. Auch kann eine eigeneQuote für Studentinnen errichtet werden.Zu betonen ist, daß es sich hierbei durchwegsum Kann-Bestimmungen handelt.Wenn die Bundesregierung nicht will, dannkommen alle zuvor erwähnten Personengruppenin die notorisch überfüllte generelleQuote. In diesem Zusammenhang ist auch§ 3 Abs. 1 Z. 2 leg cit zu erwähnen. DieseBestimmung setzt sich offensichtlich zumZiel, so etwas wie einen Rechtsanspruch fürKinder und Ehegattinnen von AusländerInnen,die seit mindestens zwei Jahren ihrenHauptwohnsitz in Österreich haben, zu statuieren.Mit dem Hinweis "nach Maßgabedes § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4" wird dieserRechtsanspruch relativiert, denn somit istmann/frau wieder abhängig von einer Erlassungeiner entsprechenden VO. De facto bestehtalso kein Rechtsanspruch. Dies ist imLichte des Menschen<strong>recht</strong>s auf Achtung desPrivat- und Familienlebens äußerst bedenklich.Ebenso bedenklich ist in bezug auf diesesMenschen<strong>recht</strong> die Bestimmung des § 3Abs. 2 l~g cit, die besagt, daß eine Bewilligungfür Ehegattinnen vom mindestenshalbjährigen Bestehen der Ehe abhängig gemachtwird. Diese Bestimmung soll vorgeblichMißbräuche hintanhalten, also sog."Scheinehen" verhindern. Abgesehen davon,daß es keine juristische Definition von"Scheinehe" gibt, kann eine solch abstruseFrist niemals einen Mißbrauch verhindern.Im Gegenteil: Menschen, die das Systemmißbrauchen, die werden solche Fristenselbstredend in ihrc Plänc einbauen, diewird eine solche Frist nicht abhalten können.Der Großteil der Menschen, die nichtmißbräuchlich handeln, wird dafür schikaniert.Gern. § 4 Abs. 2 leg cit darf eine Erstbewilligungauf höchstens ein Jahr erteilt werden.Bei einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauervon derzeit sechs Monaten bedeutetdies, daß zumindest in den erstenJahren fast dauernd ein Verfahren für dieAntragstellerIn läuft. Sie befindet sich defacto in einem fast durchgehenden Schwebezustand.Selbst AusländerInnen, die sichbereits mehrere Jahre in Österreich aufhalten,haben weiterhin keinen Anspruch aufErteilung einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung,nämlich selbst dann nicht, wennsie einer geregelten Arbeit nachgehen, dievom Gesetzgeber verlangtenWohnverhältnissesichergestellt sind und sich einen relativhohen Lebensstandard erarbeitet haben.Es soll Fälle gegeben haben, bei denen mitder Begründung eines zu .niedrigen Lohneseine Verlängerung der Bewilligung verweigertwurde, obwohl dieser Lohn teilweise sogarüberkollektivvertragliches Niveau erreichthat. Auch Arbeitslosigkeit oder Karenzdienten den Behörden oft als Gründe für eineVerweigerung einer Verlängerung.Zum Schluß sei noch ein haarsträubendesDetail erwähnt: In § 8 Abs.1 leg cit heißt esunter anderem, daß die Behörde jederzeitden Verlust der Bewilligung verfügen kann,wenn "der Unterhalt oder eine für Inländerortsübliche Unterkunft in Österreich nichtmehr gesichert ist ... ". Diese Regelung bestandbisher schon und ist die <strong>recht</strong>licheGrundlage für diverse "Aktionen Scharf" gegenAusländerInnen. Diese Regelung ist bezüglichdes <strong>recht</strong>sstaatlichen Prinzips deswegenbedenklich, da hier eine in der übrigenRecht & GesellschaftRechtsordnung gängige Bindungswirkungder Behörde an ihre eigene Entscheidungvöllig zu fehlen scheint. Abgesehen davonhat die Bundesregierung aber noch einenVerlusttatbestand in die RV eingefügt: nämlich"wenn falsche Angaben über das Besteheneiner Ehegemeinschaft gemacht wurden... ". Abgesehen davon, daß das Tatbestandselement"Bestehen einer Ehegemeinschaft"realiter nicht definierbar ist, werdenBeamte dazu erkoren, über Beziehungsverhältl1issezwischen EhepartnerInnen zu entscheiden!Und zwar mit der schärfsten allerdrohenclen Konsequenzen: dem Verlust derAufenthaltsbe<strong>recht</strong>igung!Nichts Gutes ...Es ist zwar richtig, daß dieses Gesetz eineteilweise Verbesserung für Rechte von AusländerInnenbringt. Wenn mann/frau in Bedachtauf tatsächliche Auswirkungen und aufjuristische Hintergründe das Gesetz analysiert,so zeigt sich, daß viele Neuregelungen,die oberflächlich betrachtet als Verbesserungenfür AusländerInnen<strong>recht</strong>e erscheinen, inWirklichkeit sogar Verschlechterungen bringenkönnen. Auch wurde das Versprechender Regierung, das AufG den internationalen(insb. europäischen) Normen anzupassen,nicht wahrgemacht. Vergessen wurde zumBeispiel, daß seit Beginn des Jahres 1995auch in Österreich der 1963 zwischen derEG und der Türkei geschlossene AssoziierungsvertragRechtswirkungen entfaltet. Danachhaben türkische Staatsangehörige, diebestimmte Zeiten in EU-Staaten gearbeitethaben, als auch ihre Familienangehörige sowohlin bezug auf arbeits<strong>recht</strong>liche, als auchin bezug auf aufenthalts<strong>recht</strong>liche TatbeständeBesserstellungen zu erwarten.Dieses Gesetz ist nach wie vor eineSchande. Es ist nicht zu einem menschenwürdigenGesetz hin novellierbar. Jede Novellein Richtung Menschlichkeit, wie esauch die vorliegende sein soll, muß versagen,da dieses Gesetz in seinen Grundsätzenund von seiner Konzeption her menschenverachtendist. Es kann nur eine Forderung(an den neuen Innenminister) geben: Wegmit diesem Gesetz!WahlaufrufQ)Cl.~.;;:Nr 2/95JURIDIKUM


Recht & GesellschaftIm Zuge unserer Menschen<strong>recht</strong>s-Debatte, die nun schon seit Ende1993 währt, hat die Auseinandersetzung zwischen ChristianNeugebauer und Franz Schandl eine eigene Dynamik mitoffenbar eigenen Regeln angenommen. Nach Neugebauersheftiger Attacke gegen Schandls Menschen<strong>recht</strong>s-kritische Positionist nun wieder der Letztere am Wort. Wir hoffen, in den nächstenHeften erneut vorwärts diskutieren zu können.EINE ZUSPITZUNGStalin, Cerberusund die Folgenhristian Neugebauer ist wieder einmalC ausgezuckt. Anstatt sich den Argumentenzu stellen, sich umsichtig und kritischmit ihnen auseinanderzusetzen, ist die Aufgeregtheitgleich in den ersten Zeilen nachzulesen.Was ihm schon in der Debatte mitChristopher Pollmann vorzuwerfen war, daßer sich mit dem Gegenüber nicht einläßt,sondern sich an ihm bloß ausläßt, daran hatsich auch in unserem Fall nichts geändert.Nicht die Schärfe der Polemik ärgert, sonderndie begrifflose Maßlosigkeit der Wortwahl.Aufgeregter AbgesangNeugebauer geht es so weniger um die Diskussion,sondern um die Stigmatisierung.Was ich da nicht alles geheißen werde: Stalinist,Dinosaurier, Dogmatiker, sogar Rassistist aus dem Text herauszulesen. Wäre derStrategie-Taktik-Teil mit der positiven Bezugnahmeauf Clausewitz im Artikel verblieben(er wurde aus Platzgründen eliminiert)hätte ich mich wohl auch noch als Kriegshetzerwiedergefunden, ja und daß er die Aristoteles-Passagenicht glcicheinem I-Iegel­Zitat genommen und mich der Sympathieder antiken Sklavenhalter<strong>gesellschaft</strong> überführthat, darf nur noch verwunden.So steigert sich Neugebauer in eineTheatralik, die zwar aus ihm gewachsen, dcrer selbst aber nicht gewachsen ist. Nur sokann dieses Durchgehen mit sich selbst interpretiertwerden. Bevor er sich jedenfallsüberhaupt auf das inhaltliche Terrain begibt,bekreuzigt er sich und unterstellt dem Kontrahentenalles, was die bürgerlichen "Dividuen"(Anders) so gerne hören. Die haltloseVerdächtigung geht so weit, daß Neugebauerdie ganze Litanei von der "reinen Lehre"über die "absolutistische Einheitstheorie"bis zum "Gulag" bemüht und vor einemwohl jetzt doch von Schandl entsetzten Publikumtief durchatmet und froh ist, daß ichnicht zuviel Macht besitze, denn sonst würdeich sicher "Arbeitsverbote aussprechen"(S. 20). Das ganze stumpfsinnige antikommunistischeKüchenvokabular wird daauf einen losgelassen.Die Neugebauersche Methode ist relativeinfach: Man konstruiert den Kontrahentenneu, indem man ihm diverse Unmöglichkeitenunterschiebt, um ihn dann zu überführen.Da werden Stereotype angepickt,ohne zu fragen, ob sie auch passen. Im Ritualsorgloser Bezichtigung veranstaltet Neugebauerhier einen lärmenden Abgang, woefuch ein leises Davonstehlen angebracht wäre.Nein, bevor er uns vielfach bestätigt -man lese seinen Text abzüglich seiner Erregungen- betätigt er sich als Schlamm werfer.Motto: Es wird schon was hängenbleiben.Zur TaschenspielereiNeugebauer schreibt: "Zweitens behauptetSchandl,wenn man das Recht auf ArbeiteinMenschen<strong>recht</strong> - fordere, meint er damitselbstverständlich Lohnarbeit und Arbeitsplätze.Dies zu fordern, wäre tatsächlich eineArt von Unzurechnungsfahigkeit, wie RobertKurz richtig meint. Auch hier eine verkürzteGleichsetzung, die erst einmal zu beweisenwäre; ( ... )"(S. 21)Was hiermit geschehen soll. Am bestenwir zitieren ihn gleich noch einmal: "Derzeitfinden in Paris Straßenschlachten für dasMenschen<strong>recht</strong> auf Arbeit statt, die sich innaher Zukunft wahrscheinlich auch in London,Berlin oder Wien zutragen werden.Sollte es dazu kommen, wäre es von Vorteilim Bewußtsein der Bevölkerung zu verankern,daß das Recht auf Arbeit und dasRecht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeitein Menschen<strong>recht</strong> darstellt." (I)Was nun also? Wer schwindelt hier? Neugebauergibt uns wieder einmal en passant<strong>recht</strong>, gemeint habe er es ja genau in diesemSinne. Nur in diesem Sinne demonstriereneben seine Tausende nicht, die er hier insFeld führt, sondern eben für ein Recht aufLohnarbeit. Das soll man ihnen individuellauch gar nicht verübeln, ist es doch ihre unmittelbareNotwendigkeit, die hier zum Ausdruckkommt. Was kritisierbar ist und kritisiertwerden muß, ist es, daraus eine strategischeOption abzuleiten. Genau das hat Neugebauergetan, wenngleich er es jetzt wegzaubernwill.Ähnliches gilt für folgende Passage."Schandl wirft Nowak und mir vor", schreibter, "daß wir die Hauptfrage nicht beantwortethaben, ob nun Art. 1 der Menschen<strong>recht</strong>eWunsch oder Feststellung ist? Aus dem bisherGeschriebenen muß klar sein, und ichhalte es für Schandl noch einmal fest, daßbesagter Artikel für mich eine Feststellungdarstellt. Alle Menschen sind für michtatsächlich frei und gleich an Würde undRechten geboren. Grundsätzlich. "(S. 20)Doch was sagen diese Worte, außer daßChristian Neugebauer noch immer nicht verstandenhat, Verschiedenes auseinanderzuhalten.Es gibt eben normative und deskriptiveFeststellungen. Was wir mit ihm normativteilen, können wir freilich deskriptivnicht erkennen oder gar bestätigen. Das Postulatder gleichen Würde verbleibt im Konjunktiv,tatsächlich findet es nicht statt.Neugebauers Feststellung ist so streng betrachtetbloß eine Vorstellung. Aber schließlichhaben wir Neugebauer schon dahingebracht,unsere Frage als richtige zu erkennen- etwas, daß er Pollmannn noch verweigerte(2) -, vielleicht kann er sich auch irgendwannmit unserer Antwort anfreunden.NirgendwoNirgendwo findet sich in unserem Artikel(JuridikuITl, Nr. 5/94) ein Plädoyer, auf Menschen<strong>recht</strong>eund Demokratie zu verzichten,vielmehr findet sich eine Kritik von derenBeschränktheiten und ein Versuch historischerEinordnung: Ihre Grenzen werdenmarkiert, gefragt wird, was nachher kommtund wie eine emanzipatorische strategischeOption aussehen könnte. Es geht in unserenBeiträgen - ganz hegelisch gedacht - um die(Selbst)Aufhebung von Recht, Demokratieund Freiheit, um Synthese, nicht um bloßeNegation.Nirgendwo wurde unsererseits behauptet,daß Demokratie und Menschen<strong>recht</strong>e"nur" zu Bürgerkrieg und Chaos führen(1) Christiatl Neugebauer, Die Zeit der Geset-z/osigkei't;JURID/KUM, Nr. 2/94, S. 19(2) EbendaSeite 12JURIDIKUMNr 2/95


(S. 20). Konkret zeigen die zur Marktwirtschaftsdemokratiehin aufgelösten Systemein Jugoslawien und der Sowjetunion aberdoch Richtung Bürgerkrieg. Aus dieser Feststellunggleich Schand Ische Sympathie fürLi Pengs China abzuleiten, ist typisch Neugebauer.Daß da einer Erkenntnis und Bekenntnisnicht auseinanderhält, wissen wir jaschon. Fragt sich wiederum, ob er nicht willoder nicht kann.Nirgendwo setze ich Befreiungsbewegungenmit Terrorregimes gleich. Es ist aberschon zu fragen, warum nach diversen Revolutionenoder nationalen Befreiungen Entwicklungsdiktaturenfolgten. Warum habenetwa Lenin und Trotzki, Mao und Ho ChiMinh an der Hebeln der Staatsgewalt Menschen<strong>recht</strong>everletzt? Weil sie böse Bubenwaren, diktatorische und kommunistischeSchurken, die den Menschen gern Schlimmesantaten, weil sie einer Heilslehre anhingen,oder was? Auch Cuba verstößt nun seitJahrzehnten gegen die westlich definiertenMenschen<strong>recht</strong>e, noch schlimmer steht esdarum in Vietnam. Schließt das nun konkreteSolidarität mit diesen Ländern aus, odernicht? In der Logik des "Absolut Guten"sehr wohl. Sind Menschen<strong>recht</strong>e die Richtschnuroder bloß doch nur eine Leine der<strong>gesellschaft</strong>lichen Auseinandersetzung? Daranscheiden sich nun die Geister.Andernorts schreibt Neugebauer sogar allenErnstes: "Gewalt soll wieder Gewalt,Un<strong>recht</strong> wieder Un<strong>recht</strong> und Ge<strong>recht</strong>igkeitwieder Ge<strong>recht</strong>igkeit genannt werden können"(.1) Wir halten das schlichtweg für diePropaganda des blanken Idiotismus. Neugebauerplädiert hier für das "Menscheri<strong>recht</strong>"auf Dummheit, die ja nichts anderes ist alsdie Übereinstimmung mit dem äußerenSchein der Welt. Wie es erscheint, so ist es.Wesen und Erscheinung nicht auseinanderzuhalten,wird hier als neues Programm verkauft,die sinnliche Gewißheit gegenüberjedwedem höheren Denken restauriert. Dasist Regression par excellence.Nach wie vor gilt: Keine Gewalt ist sachlichzu reduzieren, jede ist inhaltlich zu hinterfragen:Auch wenn es für das Individuumin der konkreten Situation unerheblich seinmag, wer nun weswegen auf es einschlägt,darf es das in der <strong>gesellschaft</strong>skritischen Betrachtungnie sein. Gewalt ist nicht Gewalt,und daß Ge<strong>recht</strong>igkeit Ge<strong>recht</strong>igkeit ist, istsowieso nur ein Gerücht.Nur weil kommunistische Parteien denEinmarsch in Afghanistan falsch bewerteten,ist nicht gesagt, daß nicht trotzdem dialektische"Verrenkungen" (Neugebauer) notwendigsind. Ist etwa der Überfall Nazi­Deutschlands auf die Sowjetunion mit demEinmarsch der Roten Armee 1945 gleichzusetzen?Phänomenologisch sehr wohl: Kriegbleibt Krieg und Einmarsch ist Einmarsch,folgen wir dieser neugebauerten Unlogik.Solches Denken will sich von Analyse undReflexion befreien, aufgehen im gesundenMenschenverstand. Wir sollten das in ganzrigider Manier nicht zulassen.Nr 2/95Auf die wirklich elementare Debatte vom<strong>gesellschaft</strong>lichen Charakter der Menschen<strong>recht</strong>e,deren historischer Bedingtheit, aufden Zusammenhang von Kapital und Menschen<strong>recht</strong>en,läßt Neugebauer sich - nunschon in seinem dritten Juridikum-Beitragerstgar nicht ein. Das idealistische Kartäusehenkönnte zusammenbrechen.Die Hauptdifferenz liegt darin, ob Menschen<strong>recht</strong>eontologisch oder historisch zufassen sind, ob es sich dabei um ein Gattungsmerkmaloder um eine <strong>gesellschaft</strong>licheAusformung handelt. Diese Unterscheidungist schwerwiegend, und sollte auchnicht unter den Tisch gekehrt werden. Wirhalten jedenfalls jede absolute Sicht vonRecht, Demokratie oder Freiheit für obsolet,diese Begriffe sind für weitergehendere, d.h.über die bürgerliche Gesellschaft hinausweisendeTransformationsprozesse wenig bisunbrauchbar.Charakter derMenschen RechteDie bei uns verwirklichten und propagiertenMenschen<strong>recht</strong>e sind vordergründig Folgesozialer und politischer Kämpfe, vornehmlichjener der Arbeiterbewegung. Was alsKonzentrat des Klassenkampfes oder andererInteressenskämpfe sich konsolidiert, verweistaber nur auf die Realisierungsebene,nicht auf die Sphäre der Schaffung der MenschenRechte. Auf der tieferen Ebene, vonihren Innereien oder ihrer materialistischenUnterfütterung her, ist ihr Organismus nichtohne Imperialismus, Kolonialismus, Mehrwertabpressung,Kinderarbeit, Kriege undBürgerkriege denkbar. Daß das Gute unddas Böse so zusammenhängen, ja geradewegsauseinander hervorgehen, will vielennicht einleuchten. Die Flucht in ein ideologischesLuftschloß der Werte scheint naheliegender.Menschen<strong>recht</strong>e gehören zur Durchsetzungsgeschichtedes Kapitalismus, auchwenn diese Rechte oftmals gegen den Widerstanddes konstanten Kapitals oder desStaates erkämpft werden mußten, waren sienur kreierbar auf Grundlage sich entwickelnderKapitalverhältnisse. Freiheit, Gleichheit,Ge<strong>recht</strong>igkeit sind Folge formal gleicherWarenbesitzer auf dem Markt. Die Menschen<strong>recht</strong>ealso Ausdruck, ja Abklatsch desKapitalismus? Genau das. Es handelt sichdabei um eine positive Dialektik der Produktivkraftentwicklungauf Basis der Waren<strong>gesellschaft</strong>.Der Menschen Rechte sind so im Konkretenwertvolle und kostbare bürgerlicheGüter, somit quasi kapitalistische Waren. Sieunterliegen dem Wertgesetz und habenihren Kostpreis, der durch c+v erwirtschaftet,durch Kapital und Lohnarbeit gedecktsein muß. Ist Recht das nicht, dann ist esnicht. Das erste Menschen<strong>recht</strong> ist das Geld.Alle anderen verwirklichen sich über diesesMedium. Das ist auch mit ein Grund, warumJURIDIKUMRecht & Gesellschaft"de jure" und "de facto" oft allscinandcrl'allen.Wer Recht jedenfalls auf.krlwlh scinerKonstitutionsbedingungen denkt, denktnicht Recht, sondern ein idealisiertes (;efaseIvon Ge<strong>recht</strong>igkeit.Umgekehrt heißt das aber auch zu sagen:Menschen<strong>recht</strong>e haben ihre Voraussetzunggerade in der kolonialistischen Plünderung,die hier im Norden für die Beschleunigungder ursprünglichen Kapitalakkumulationnotwendig gewesen war. "Bös" ausgedrückt:Menschen<strong>recht</strong>e entspringen und entwachsenaus KindereIend und Sklavenblut, ausRaub und Knechtung. Formulierungen vomAbsolut Guten und Schlechten verwischenhistorische Spuren, sie verklären, woherSubstanz und Wesen der hehren westlicheIdeale rühren. Christian Neugebauer denktdualistisch, nicht dialektisch, er inszenierthistorische Versatzstücke zu Metakategoriendes Daseins.Kapitalismus ist bei Neugebauer immereine moralisch aufgeladene, negative Größe.Er nimmt nirgendwo einen dialektischenBezug auf dessen Entwicklung. Gerade deswegengerät die Diskussion auch auf absurdeGeleise. Neugebauer unterstellt mir nämlichgelegentlich seine dualistische Weitsicht, ummich zu widerlegen. Die Begriffe "bürgerlieh"oder "kapitalistiseh" werden von unsaber nicht denunziatorisch gebraucht, sondernanalytisch, wir bewegen uns nier nichtim Gut-Böse-Spiel des Kontrahenten, auchwenn er uns dafür einspannen will.Wir halten den Kapitalismus für historischnotwendig wie für überwindenswert,Neugebauer hingegen hält ihn für böse, seineWerte aber für bejubelnswert. NeugebauersVerdrehung sieht dann so aus: Aus demKritiker der bürgerlichen Begriffe wird einApologet des Kapitalismus; und aus demApologeten der bürgerlichen Kategorien einKritiker des Kapitals. Schlau gedacht, aberleicht enttarnt. Es läßt sich eben nicht dekonstruieren,was real zusammengehört.Daß Menschen<strong>recht</strong>e und Emanzipationnicht synchron sind, daß Recht als Formprinzipan seine historischen Schrankengerät und daß das kapitalistische Lohnsystemaufgehoben werden muß, das alleswollten wir sagen. Und diese Punkte berührtNeugebauer nicht, abgesehen davon, daß erirgendwo dahererzählt, daß Sehandl "alle Erklärungauf eine Formel reduzieren will -das Lohnsystem " (S. 21). Wie er da draufkommt,ist uns schleierhaft wie so vieles, wasweder nachzulesen noch nachzudichten ist.Linke StrategieDer Unterschied auf den Punkt gebracht:Ich glaube, daß er etwas Falsches sagt, cl'glaubt, daß ich etwas Falsches bin ("Stalinist","Dogmatiker", "Rassist"). Daf.\ CI'mich nach diesen massiven Vorwürfen wiedereingemeinden will ("Die Linke") istzwar nett, zeugt aber doch von mangel liderSeriosität. Da wird wohl hitziger geschriehellals gemeint.Seite 13


Recht & GesellschaftHier ist weder Platz noch Ort sich weitermit linker Strategie, vor allem der angedeuteten"Nachhaltigen Entwicklung" auseinanderzusetzen.Eine kleine Anmerkung seiaber doch gestattet. Christian Neugebauerschreibt: "Aber wie weiter? Es nützt wenig,wenn sich die Linke befetzt, denn die Rechtesteht ante portas. Ich denke es machtmehr Sinn, sich auf ein Minimalprogrammzu einen, denn die Geschichte ist nicht zuEnde. "(S. 21) Also wieder einmal: Hoch derkleinste gemeinsame Nenner, der alles Originelleund Weiterweisende abschneidet,uns zu nichtssagenden Plattformen zwingt,die dann in der Affirmation des Guten enden.Das hatten wir doch schon, ohne etwasdavon zu haben. Eine Linke, die zu sich findet,wird zu Anderem finden müssen. H )Nirgendwo schreibe ich übrigens davon,daß man <strong>gesellschaft</strong>liche Probleme mit "radikalerTheorie" lösen könne, sehr wohlaber behaupte ich, daß diese als Grundlageeiner fundierten Gesellschafts<strong>kritik</strong> Bedingungemanzipatorischen Handeins ist. Betreffendder Ausrichtung linker Theorie undPraxis gilt es festzuhalten: Freiheit, Demokratie,Gleichheit, Menschen<strong>recht</strong>e sind keineLeitbegriffe ebenjener. Sie gehören alsRealkategorien in das ideologische Arsenalder bürgerlichen Epoche, sind Bestandteildes (links)demokratischen Kanons, Ausdruckder begrifflichen und analytischenDefensive. Dort, wo sie trotzdem auch insolchen Zusammenhängen weiter verwendetwerden, sollten sie als fragile Hilfskonstruktionenwahrnehmbar sein.Neugebauers Kosmos ist nicht revolutionär,sondern konventionell. Er weist nirgendwohin,dafür preist er das Gute. Wenner ultimativ: "Hic Rhodus, hic salta"(S. 21)ruft, dann wird das bei ihm entweder einSalto Mortale oder es passiert das, was Carlvon Clausewitz diesbezüglich bemerkte:"Ein kleiner Sprung ist leichter als eingroßer, aber darum wird doch niemand, derüber einen breiten Graben setzen will, zuerstmit einem halben Sprung hineinspringen."(5) Doch, Christian Neugebauer will.Gibt es noch was zu sagen? - Am Nachtkästchenliegt Dante. Dieser schreibt:"Das arge Ungeheuer CerberusBellt da auf hündische Weise mit drei KehlenAuf alle, die versunken im GenZljJ.Mit schmutzgem,fettgem Bart und Augenhö"hlen,Rot angelaufen, dickem Bauch und KralleZe7f!eischt und kratzt und schindet er die Seelen. "(6)Mag. Dr. Franz Schandl ist Historiker und Publizist.(3) Christian Neugebauer, Wider die Kultur lmd dieAliens der h! odemisiertl1lg: Afrika, KR! SI S 14 (1994),S. 186(4) Vgl. dazu ansat?'weise: FratlZ Schandl, Politik. ZurKritik eines bürgerlichen Formprinzips, Weg & Ziel 2/95(5) Carlvotl Clausewitz, Vom Kriege (1832) Eitle Auswahl,Stuttgart 1980, S. 320(6) Datlte Alighieri, Die Göttliche Komödie, Hölle, VI.Gesallg(1472), hliitlchm1978, S. 29-30MIETRECHT UND WOHNUNGSMARKTMit Gesetzen gegenGesetzmäßigkeiten?. ··;I~i.~>~tii~~J' .....Die folgenden Ausführungenwurden durch den Artikelvon G. Weber (JURIDI­KUM 5/94) angeregt, dernur die technisch-iuristischeSeite der Regulierungdes Wohnungsmarktes behandelt.Anhand des Koalitionspakteswerden diewohlbekannten, aber vernachlässigtenökonomischenAspekte aufgezeigt.In jeder Gesellschaft muß entschieden werden,wieviel wovon wie von wem erzeugtwird und wer wieviel davon bekommt. Fernermuß festgelegt werden, wer was zu entscheidenhat. Es sind verschiedene Systemevon Regeln denkbar, die dies gewährleisten,aber in der Realität können sich langfristignur jene behaupten, dic in sich konsistentund politisch stabil sind. Zu ihnen gehörtunsere kapitalistische Marktwirtschaft: EntsQbeidungsbefugtist, wer die Produktionslri'ittelbeisteIlt. Er vereinbart mit den Arbeiternderen Entgelt, ihm gehört der Überschußdes Erlöses über die Kosten; er entscheidetauch, wofür er seine Produktions'­mittel und die angeheuerten Arbeiter einsetztund orientiert sich dabei an der Rentabilität.Je nach Land gibt es kleine Retuschenan diesen Grundzügen, aber dieQuintessenz ist überall gleich: Die Produzenten(Kapitalgeber und Arbeiter) drängensich in die für sie günstigsten Verwendungen,die sie jedoch selbst als Nachfrager bestimmen.Dieses System hat sich als ungemein effizienterwiesen, das haben ihm sogar seineschärfsten Kritiker, Marx und Engels, ausdrücklichbestätigt. Alles hat in ihm seinenPreis, dessen Angemessenheit von seinerGesamtlogik bestimmt wird, nach der allesvon allem abhängt. Bei bestimmten Güternkann nun dieser Preis von der Bevölkerung,die den Gesamtzusammenhang nicht durchschaut,als unangemessen hoch angesehenwerden - eine Auffassung, die zur Quellepolitischer Instabilität werden kann und daherEingriffe der Politiker herausfordert. DerHaken dabei ist, daß sie das Problem nichttatsächlich und bestmöglich zu lösen brauchen,sie müssen ja nur den Eindruck einerguten Lösung erwecken. Und damit sind wirbeim uralten Paradebeispiel angelangt, beimWohnungswesen, wo noch jede Regierungversucht hat, die Logik der Märkte zumindestoptisch durch Gesetze auszuschalten.Beginnen wir mit einem Satz aus der Koalitionsvereinbarung,Kapitel Wohnen: "Besondersdie jungen Menschen erwarten mitRecht, daß sie in der Phase der Existenzgründungzu vernünftigen Kosten wohnen können."Die Kosten der Schaffung einer Wohnung,ob sie nun selbst genützt oder vermietetwird, sind aus volkswirtschaftlicher Sichtdurch das bestimmt, was man mit dem Bodenund den Materialien sonst noch machenkönnte, also durch die Preise, die andere Verwenderdafür bieten. Kein Gesetz vermag etwasdaran zu ändern, daß Wohnungen zu hoheKosten verursachen, solange man mit demBeton, den Ziegeln, dem Glas etc. Fabrikenbauen kann, in denen jene Autos erzeugtwerden, für die genügend viele Konsumentensaftige Preise zu zahlen bereit sind. Versuchtman dem zu entgehen, indem mehr Beton,mehr Ziegeln, mehr Glas etc. erzeugtwerden, dann kann von irgend etwas anderemnur mehr weniger erzeugt werden unddann wird dieses Gut teuer. Die Gesetzmäßigkeitder "allgemeinen Interdependenz"kann kein Gesetzgeber wegdekretieren.Was den einen gegeben •••Dieser banale und für politische Phrasendrescherunangenehme Sachverhalt war aber garnicht gemeint. "Es muß wieder genügenderschwingliche Wohnungen zu fairen Bedingungengeben", heißt es in dem Arbeitspapier,und als Kosten wird offensichtlich dasangesehen, was der Nutzer - vor allem Mieter- zahlen muß. Das soll offensichtlich wenigersein als die volkswirtschaftlichen Kosten,denn sonst bräuchte man sich ja nichtüber den Wohnungsmarkt den Kopf zu zerbrechen.Diese Differenz wird dem Eigentümeroder Mieter durch staatliche Interventiongegeben. Kein Gesetz vermag etwasdaran zu ändern, daß alles, was den einen gegebenwird, anderen weggenommen werdenSeite 14JURIDIKUMNr 2/95


-----____________________________ Recht & Gesellschaftmuß. Die Wohnbauförderung senkt beispielsweiseden Mietzins für bestimmteWohnungen und die Zeche bezahlen diejenigen,die keine geförderten Wohnungen ergatternkönnen..Es findet somrt'"eine Umverteilung vonEinkommen statt, die für die Bürger akzeptabelsein muß. Das Arbeitspapier betont dahereine "Wohnungsvergabe, die ge<strong>recht</strong> zuerfolgen hat". Beim öffentlichen Wohnungsbaumag man dies durch Festlegung geeigneterKriterien gewährleisten können. Aberder private Wohnungsbauer kann sich beidem Nachfrageüberhang aussuchen, wem erdie Wohnung vermietet (soferne er sie nichtselbst nutzt). Dabei spielt der Zufall eineRolle (wer zuerst kommt, mahlt zuerst), persönlicheEinstellungen (der Eigentümer diskriminiertAusländer, Besitzer von Haustieren,kinderreiche Familien etc.), eingeschätztefinanzielle Verläßlichkeit (ärmereBewerber sind benachteiligt) und ähnliches.Kein Gesetz vermag etwas daran zu ändern, daßder Privateigentümer seine Wohnung nachKriterien vergibt, die mit Ge<strong>recht</strong>igkeitnichts zu tun haben.Nicht nur in der Frage, wer eine Wohnungbekommt, sondern auch bei der Höhedes Mietzinses soll Ge<strong>recht</strong>igkeit walten unddaher verspricht das Arbeitspapier, etwas gegen"überhöhte Mietzinsvereinbarungen" zuunternehmen. Wenn wir zur Vereinfachungnur die Mietwohnungen betrachten, dannlegt der Staat einen Mietzins fest, den er fürangemessen hält. Er liegt ganz offensichtlichunter jenem Niveau, bei dem das Angebotdie Nachfrage decken würde, weil es die Anbieterals angemessen erachten. Kein Gesetzvermag etwas daran zu ändern, daß die Vermieterauf den, aus ihrer Sicht zu niedrigenMietzins reagieren. Sie können die Mietzinsregulierungunterlaufen (etwa durch scheinbareVerbesserungen, die eine Zinserhöhungermöglichen, oder umgekehrt durch Vernachlässigungder Instandhaltung, wenn dieskeinen niedrigeren Normzins nach sichzieht), sie können im willigen Einvernehmenmit dem Mieter die Regulierung brechen(z.B. durch illegale Ablösen), sie können derRegulierung ausweichen (durch Umwidmungder Räume für andere Zwecke, wo derZins nicht reguliert ist). Gelingt es, ihnen alldiese Möglichkeiten zu nehmen (was reichlichunwahrscheinlich ist), steigen die potentiellenInvestoren nicht in den Wohnungsmarktein und der bereits vorhandene Stockverkommt, weil die Investoren aus demMarkt aussteigen (sie desinvestieren).Freilich könnte für die Angemessenheitdes Zinses statt einer willkürlichen, aus Gefälligkeitniedrig festgelegten Größe ein vernünftigesKriterium vorgesehen sein. JedeWohnung weist bestimmte nützliche Eigenschaftenauf, für die auf einem unreguliertenWohnungsmarkt der Mieter zahlen müßte.Manche von ihnen sind das Ergebnis vonBemühungen des Vermieters, die er nurdann setzen wird, wenn er den Aufwand abgegoltenerhält. Manche jedoch, wie die La-Nr 2/95ge oder fehlender Verkehrslärm,entspringen nicht irgendwelchenAktivitäten des Vermieters,aber der Mieter erhältdie Wohnung nur dann, wenner für sie bezahlt, denn sonsttun es eben andere Wohnungssuchende.Der Vermieterbezieht folglich auch einleistungsloses Einkommen, eineRente, und der angemesseneZins könnte als bloßes Leistungsentgelt,ohne Rentenelementeangesehen werden.Marktverzerrende Reaktionender Vemieter wären dann nichtzu befürchten. Kein Gesetz vermagetwas daran zu ändern, daßeine derartige Rente zunächstjenem Eigentümer zufällt, beidem die betreffende Eigenschafterstmals relevant wird,entweder als höherer Mietzins,den er nunmehr verlangenkann, oder kapitalisiert alshöherer Preis, wenn er dieWohnung veräußert. SpätereEigentümer erzielen nur mehrden Normalgewinn, ihnenkann keine Rente weggenommenwerden. Gelingt es, jedemEigentümer (auch demersten) die Rente durch Zinsregulierungwegzunehmen, dann wird sie keineswegsvernichtet, sondern fällt z.B. bei jenem an,der den Boden für einen anderen Zweckverwendet (er erspart sich, den höherenPreis zu bezahlen) oder bei jenem Mieter,der die Wohnung durch irgendwelche Umstände(siehe oben, Ge<strong>recht</strong>igkeit) bekommt.000 ist den anderen genommenDas Arbeitspapier verspricht, den von ihmfestgestellten Naehfrageüberhang zu reduzieren(die Beseitigung wird gleichfalls versprochen).Hinter den nebulos in Aussichtgestellten Maßnahmen ("koordinierte Anstrengungenvon Bund, Ländern und Gemeindenbei Auf<strong>recht</strong>erhalten der Wohnbauförderung",die Bundesländer sind "zueinem zügigen Einsatz der vorhandenenMittel zu motivieren ") könnte ein vemehrteröffentlicher Wohnungsbau stecken, aber nurwenn man ihn bis zur Deckung der Versorgungslückesteigern könnte, wäre die komplizierteRegulierung der Mietzinse überflüssig(durch staatliche Wohnbauten könnteder Zins auf jedes beliebige Niveau gedrücktwerden). Kein Gesetz vermag etwas daranzu ändern, daß Angebot und Nachfragedas Marktergebnis bestimmen und jede Beseitigungeiner Fehlmenge Kosten verursacht,die irgendjemand tragen muß, ob esnun um die Finanzierung der Subventionenfür den privaten Wohnungsbau geht oderum Wohnungen, die der Staat errichtet undzu nicht kostendeckenden Mieten vergibt.JURIDIKUMAnaloges gilt für den im Arbeitspapier entwickeltenGedanken, daß "die öffentlichenHände jene Grundstücke, die sie nicht odernur teilweise benötigen - beispielsweiseÖBB-Gründe oder Kasernen - für denWohnbau" zur Verfügung stellen (verkaufenoder verpachten), denn wenn der gängigeMarktpreis verlangt wird (die geringe Mengeändert ihn nicht), sinken die Kosten nichtund das private Bauvolumen wird nicht beeinflußt,und wird weniger verlangt, zahlendie öffentlichen Hände und damit alleStaatsbürger die Zeche.Der soziale Zweck der Regulierung eiesWohnungsmarktes, eine Umverteilung herbeizuführen,die auch den weniger wohlhabendenSchichten eine menschenwürdigeUnterkunft (nach dem Standard der Wohlhabenden)sichert, könnte weitaus zielgereehterund effzienter und ohne Fehlmengcndurch Beihilfen an die Mieter bei freiemWohnungsmarkt erreicht werden. Aber diePolitik orientiert sich nun einmal an demStreben, den Wohnungseigentümern alsVermieter nicht nur nichts zu geben (dieBeihilfe landet ja infolge des höheren, freienMietzinses beim Vermieter), sondern etwaswegzunehmen. Kein Gesetz venl/agjl'r!od, 1'/.was daran zu ändern, daß man im Rahlllcliunserer Gesellschafts- und Wirtschal'tsonl·nung den Besitzenden nieht so ohne weilt:·res etwas wegnehmen kann. So ist sie Idilil'lich angelegt.Univ.Prof. Erwin Weissei ist Instltuhvoutulld dillInstituts für Wirtschoftswimnschohllll dor Uni·versitöt Wien.Seite 1.5


Recht & GesellschaftIm zweiten Teil dieser Serie beschäftigt sich Nikolaus Forgo nähermit der Tatbegehungsmöglichkeit der Werbung für eine terroristischeVereinigung nach § 129a Abs. 3 des deutschen Strafgesetzbuches.Dabei erweist es sich, daß Gerichte bei der Bewertung"terroristischer Texte" ein anderes Bedeutungskonzept als bei derInterpretation gesetzlicher Tatbestände entwickeln. Dies gibt Anlaß zuallgemeineren Erwägungen über Funktion und Wirkung gerichtlicherUrteile in einer Rechtsordnung.DIE ANGST DER TEXTE(R) VOR DEN TEXTENPrinceps legibussolutus?Zeugin auf Grundlage der angeordneten Erzwingungshaft,deren Fortdauer ca. drei Wochenspäter vom Ermittlungsrichter desBGH angeordnet wurde, weil die Beantwortungder Fragen nicht zu einer Selbstbelastungführen könne. Eine dagegen erhobeneGegenvorstellung wurde wiederum ca. dreiWochen später vom Ermittlungsrichterzurückgewiesen. Gegen diese Beschlüsse erhobdie Zeugin Beschwerde beim BGH, dereinen knappen Monat später, im Mai 1989,entschied.Einem Beschluß des BGH aus dem Jahre1981 zufolge(.\1, wäre diese Beschwerde schondeshalb zu verwerfen gewesen, weil der in§ 304 V StPO(6) verwendete Terminus "Verhaftung",gegen deren Verhängung Beschwerdebeim BGH zulässig wäre, nur aufdie Verhängung von Untersuchungs- abernicht von Erzwingungshaft anzuwendenwäre. Der BGH hatte diese Ansicht im weseritlichenmit der Entstehungsgeschichteder Norm, zu deren Illustration eine Begründungder Bundesregierung herangezogenworden war, begründet." Taubstummenanstalt. - Während die Schulendie Menschen im Reden drillen wie in der erstenHilfe für die Opfer von Verkehrsunfällen und imBau von Segelflugzeugen, werden die Geschultenimmer stummer. Sie können Vorträge halten,jederSatz qualifiziert sie fürs Mikrophon, vor das sieals Stellvertreter des Durchschnitts plaziert werden,aber die Fähigkeit, miteinander zu sprechenerstickt. Sie setzte mitteilenswerte Erfahrung,Freiheit zum Ausdruck, Unabhängigkeit zugleichund Beziehung voraus. Im allumgreifenden Systemwird Gespräch zur Bauchrednerei. Jeder istsein eigener Char/ie McCarthy: daher dessen Popularität."(I)Eine Frau, die in einem Ermittlungsverfahrenwegen des Verdachts der Mitgliedschaftin einer terroristischen Vereinigungnach § 129a StGB(2) vom Generalbundesanwaltals Zeugin vernommen werdensollte, verweigerte bei der ersten Vernehmung"trotz wiederholter Belehrung" (3) jedeAussage, woraufhin gegen sie zunächst einOrdnungsgeld in der Höhe von 400 DM verhängt,und nach neuerlicher Weigerung auszusagen,Erzwingungshaft nach § 70 StPOangeordnet wurde. Daraufhin erklärte sichdie Frau bereit, zur Sache auszusagen.(4) EinVertreter des Generalbundesanwalts stellteacht auf die Beziehungen der Beschuldigtenuntereinander, deren Kontakte zu anderenPersonen und den Aufenthalt eines Beschule!igtengerichtete Fragen, deren Beantwortungdie Zeugin unter Berufung auf § SSStPO verweigerte, weil gegen sie selbst einErmittlungsverfahren wegen Unterstützungeiner - eben dieser - terroristischen Vereinigunggeführt werde und sie befürchten müsse,sich durch Beantwortung der Fragenselbst zu belasten. Der Vertreter des Generalbundesanwaltsverhaftete daraufhin dieIn seinem Beschluß aus dem Jahre 1989rückte der BGH von dieser Ansicht ab undmaß den Vorstellungen der Gesetzesverfasserkeine ausschlaggebende Bedeutungmehr zu, "weil der in § 304 V StPO zumAusdruck gekommene objektivierte Willedes Gesetzgebers(7), wie er sich aus Wortlaut,Sinnzusammenhang und erkennbaremZweck der Vorschrift ergibt [ ... ] auch die Anfechtungsmöglichkeiteiner Anordnung vonErzwingungshaft umfaßt." (8) Das Gericht argumentiertemit dem Wortsinn, demzufolgedie "Anordnung von Erzwingungshaft unterden in § 304 V StPO genannten Begriff derVerhaftung (9) subsumiert werden kann ", mitHinweisen auf die Notwendigkeit einer verfassungskonformenInterpretation, die demGrund<strong>recht</strong> auf persönliche Freiheit ausreichendesGewicht beimessen müsse, mit systematischen,subjektiv-historischen undschließlich teleologischen Argumenten.Des weiteren führte der BGH aus, daßdie Auskunftsverweigerung der Zeugin<strong>recht</strong>mäßig gewesen wäre, da den Beziehungender Beschuldigten, auf deren Erhellungdie Fragen gezielt hätten, konstitutive Bedeutungfür das Bestehen eben jener terroristischenVereinigung zukomme, deren Un-(I) Theodor W. Adorno, Minima il10ralia (Frankfurt/Mait! 1951), S. 179.(2) Auch weiterhin sind §§ ohne ausdrückliche Bezeichnungsolche deutscher Gesetze.(3) BGH (Ermittlungsrichter), NJW 1989, S. 2702/ DieDarstellung des Sachverhalts folgt diesem Beschluß.(4) Vgl. auch BGH, NJW 1989, S. 2703, in welchem VerfahrC1ldie zu VemehmC1lde darauf beharrte, keinerlei Aussagenzu machC1l und bereits die Beantwortung der Frage, obsie mit der Beschuldigte1! verwandt oder verschwägert sei,verweigerte. Der BGH qualifizierte eine sich anschließendeOrdnungsgeldvetjügll1lg als <strong>recht</strong>mäßig und folgte der Atgumentationder Zeugin, schon durch die Bekanntgabe eines Bekat!1ltschajtverhältllisseszu einem nach § 129a BeschuldigtenSeite 16dicke sie ihl"emits in die Rolle einer Besdlllltligtell, nicht.(5) BGH, N.TW 1981, S. /22//(6) § 304 V StPO lauM: Gegen Veljligullgen des Ermitt­Itlllgsrichters des BGH IllId des OLG (§ /69 Abs. /) ist dieBeschwerde II/Ir zulässig, wellll sie die Verhajtll1lg, einstweiligeUnterbrillgl/ng, Besdtlagllahlllß oder Dl/rchSilchung betreffen.(7) Vgl. zur "objektivtll !Il/s/egllngstheorie" im Zilsalllmenhangmit einem Vetfahre11 nach § 129 StGB auch OLGHamburg, NJW 1976, S. 250/ ftl diesem VClfahren wardie Frage zu eIltscheidelI, ob das Verbot dergemeinschaftlicheIlVerteidigung nach § /46 StPO al/ch Fälle der sukzessi­VC1l Verteidigll1lg mnfaJse. Nachdem das Gericht den Beschwerde/ührertlkonzediert hat/e, daß der Wortlaut gegen eillJURIDIKUMVerbot der sukzessiven Verteidigung spreche, weil im "gewoll11lichtllSprachgebrauch" der Begriff"gemeinschajtlich"im Sinne von "gleichzeitig" verwendet werde, gelangte dasGericht de1llIOch zu eitlem gegenteilige1l Etgebnis, weil ,,[bjeider Auslegu1lg IlIId A1lwe1ldu1lg des Gesetzes auf den vorliegendenzur Entscheidu1lg gestellten Sachverhalt entscheide1ldallf den Si1l11 der Neufassung des Gesetzes Bedacht Zll nehmC1list. " Diese Bedachf1lahme führt das Gericht bei "Si1l11-gemäßer, wenn auch weiter Auslegung der neuge/aßten Vorschrift"Zll einem Verbot sukzessiver Verteidigll1lg.(8) BGH, NJW 1989, S. 2702/, hier: S. 2702.(9) Vgl. auch zum Grllndsatz der mgen Auslegllng des § 304StPO als AI/snahmebestimmung in einem Vetjahren nach§ 129a StGB BGH, NStZ 1989, S. 502/Nr 2/95


lerstlitzung die Zeugin verdächtig sei. § 129aStGB sei ein Organisationsdelikt, wesentlichsei daher "der organisatorische Zusammenschlußeiner Mehrzahl von Personen, die ihreindividuellen Meinungen dem nach bestimmtenRegeln gebildeten Willen der Gesamtheitunterwerfen."Dieser Beschluß berührt alle im erstenTeil dieser Arbeit angerissenen Probleme.Er hat sich mit der Bewertung des Prozeßverhaltensvon Verfahrensbeteiligten, derInterpretation von Normtexten im allgemeinenund schließlich mit der Auslegung derTatbestandsalternativen des § 129a StGBindiesem Fall in den Tatbegehungsformender Mitgliedschaft und der Unterstützungeiner terroristischen Vereinigung - in concretozu befassen.Was diese Fragen verbindet, ist, daß dasGericht zu ihrer Beantwortung eine Vorstellungüber das Funktionieren von Sprachehaben muß. Auf diese wollen wir uns nunkonzentrieren. Dabei werden wir grundsätzlicheFragen, wie jene nach dem (politischen[?]) Zweck der Norm, der in einer Vorverlagerungder Strafbarkeit liegt 1101, jene nachdem Wesen des Delikts (Organisations (11)_oder abstraktes Gefährdungsdelikt 1111, geschütztesRechtsgut etc.) und jene nach demVerhältnis von Mitgliedschaft zu den imRahmen dieser Mitgliedschaft ausgeübtenStraftaten (lJ) vernachlässigen müssen. Stattdessenwerden wir auf eine Tatbegehungsmodalitätnäher eingehen, bei der die Ge-(JO) So zB Kurt Rebma1l11, Strajue10lgullg im Bereidl terroristischerPublikationen,in: NStZ 1989, S. 97-102, hier:S. 100.(J 1) So OLG Kar/sruhe, NIW 1977, S. 2222/ zu § 129StGB; BGH, NIW 1984, S. 2956/ = BGHSt 33, S. 16 =NStZ 1985, S. 21/ zu § 129a StGB.(12) So Kurt Rebmmlll, Inhalt und Gre1/Zell des Straftatbestands" Werben fiir eine terroristische Vereinigung" nach§ 129a StGB, in: NStZ 1981, S. 457-462, hier:S. 458.(13) Vgl. dazu zu Ve1ahrennach § 129 StGB BVe1G, StV1981, S. 323-326 mit Anm. VOll Gerald Griinwald, in:StV1981,S. 326-329; Gerhard Werle, Konkurrenz Imd StrafklagelIverbrauchbei der mitgliedschaftlichen Beteiligung ankriminellett oder terroristischett Vereinigllngen, in: NIW1980, S. 2671-2677; OLG Kar/smhe, NIW 1977, S. 2222/(keine Tateinheit zwischett Mitgliedschaft itl krimineller Vereinigungund in Zusammenhang damit ausgefiihttetl Straftaten);BGH, NIW 1980, S. 2718-2720 (Tateinheit) mit Bespr.von Werfe; Wolfgang Fleischer, Verhälftlis VOll DauerdeliktundEinzelstraftaten, in: NJW 1979, S.1337-1340.(14) Friedrich Nietzsche, Menschliches Allzumenschliches Iund JJ (Kritische Studienausgabe ill 15 Bändtll, Band 2,MiinchenI988), S. 436.(15) Werbung als Mitglied geht in der Tatbestandsalte17lativeder mitgliedschaftlichett Beteiligung auf Vgl. dazu TheodorLellckner, in: Adolf Schöllke/Horst Schröder, Strafgesetzbuch.Kommentar (24. Aujl. Müilchell 1991), RN 14.(16) Die !etztm drei Buchstabtll konntellnichtmehraufgespTlihtwerden, weil die Polizei zuvor eingeschritten war.(17) BGH, StV 1987, S. 481 = NStZ 1987, S. 552/(J 8) BayOLG, NStZ 1983, S. 123/(19) BayOLG, hier zit. nach: Rolf Gbssner, Das Anti-Terror­System. Terroristen & Richter 2 (H ambltrg 1991), S. 147.(20) BGH, NIW 1984, S. 2956/ = BGHSt 33, S. 16 =Nr 2/95richte nicht nur Normtexte, sondern auchTexte, die gerade Anlaß des Strafverfahrenssind, bewerten müssen.111. Werbung für eineterroristische Vereinigung"Die schlechtesten Leser. - Die schlechtesten Lesersind die, welche wie plündemde Soldaten verfahren:sie nehmen sich Einiges, was sie brauchenkönnen, heraus, beschmutzen und verwirren dasUebrige und lästem auf das Ganze. "!NiEiner Vielzahl von Verfahren wegen Werbensfür eine terroristische Vereinigungwährend der SO-er Jahre lag ein Sachverhaltnach einem der beiden folgenden Musterzugrunde. Die Beschuldigten hatten alsNichtmitglieder der Vereinigung(l5) entwederParolen wie "Zusammenlegung der RAFund Widerst[and] (16)"(171, "RAF" und um diesenBuchstaben herum eine nach <strong>recht</strong>s gerichteteMaschinenpistole (18), "Krieg denPalästen" und einen schwarzen fünfzackigenStern II 9>, "RAF" und "Isolationsfolter" und"Freiheit für Sund B"IZO), "Volkszählungsboykott[...]" sowie "IIRA" [sie] und zweifünfzackige rote Sterne und "Bonzen wirkriegen Euch" sowie darunter "RZ" (21),"RAF" und "Es lebe die RAF" und "RAFwir werden siegen"(22), oder auch einfach nur"RAF"I2J)m) an öffentlich zugänglichen Ortenaufgeschrieben bzw. -gesprüht. Oder siewaren in verschiedenen Funktionen an derNStZ 1985, S. 21/ mit Allm. von Bruns(21) OLG Kobletlz, StV 1989, S. 205/(22) BGHSt 28, S. 26-28.(23) BayOLG 3 St 15/81, hier zitiert nach: ByOLG, StV1987, S.392.(24) Daneben gab es auch Äußerutlgetl wie "Solidarität mitder RAF - Tod dem WSV [WuppettalerSportverein}" oder" .. frohe Ostern RAF, RAP', bei denetl bereits der Gmeralbundesanwalt(Rebmann) VOll der DurchfiihTll1lg eines Ermittlllngsve1ahrensAbstand nahm, weil "solche Parolt1lvom Dltrchschnittsadressatetl nicht als Werbltngfiir eine terroristischeVereinigung, sOlidern als Unsinn empfundett werden."Vgl. dazu Rebma1l11, Inhalt (A1l111. 12), hier: S. 461.(25) Vgl. zB OLG Schleswig, NIW 1988, S. 352f iiberdieHerausgabe VOll Briefen, die von RAF-Mitgliedern geschriebenwordett warelI; KG, StV 1981, S. 525-527 tiöerdie PublikatiollVOll Stelltl1lgnahmen zur Aujlösungserklärung derBewegung 2. luni; BGH, NIW 1990, S. 2828-2832 = StV1990, S. 349-353 gegen die Scheinherallsgeber der Zeitschrift"radikal"; BGH, NStZ 1985, S. 263 gegm dtll Ve1asser eitlesFIlIgblatts "Aufruf - Griiße all politische Gefangene".(26) BGHSt 29, S. 258-269, hier: S. 265; Heitlz Giehring,Politische Mei1lll1lgsällßerungen und die Tatmodalitäten desWerbetts lind der Utlterstiitzllng in dm §§ 129, 129a StGB,in: StV 1983, S. 296-310, hier: S. 308 mwN.(27) Vgl. etwa KG, StV 1990, S. 210 gegett detl Geschäftsfiihrereiner Buchhandhl1lg wegen der VerbreitlIng der Broschiire"Schwarze Texte - Politische Zmsur in der B RD 1968 bisheute". BayOLG, StV 1987, S. 392/ und BGH, NIW 1988,S. 1677 / wegen der Herstellung und Verbreitung eines Zeitll1lgsattike!s.Einet! Überblick liberverg/eichbare Ve1ahrengibt Gössner, (Amn.19), S.147-149.(28) Bei Publikatiolletl werdetl auch ve1assungs<strong>recht</strong>licheProbleme wegen des Grund<strong>recht</strong>s auf Pressefreiheit nachJURIDIKUMRecht & GesellschaftI-Ierstellung"SI oder - zunwl nach Idvl nichtnur die Werbung, sondern auch Beihilfe '1,111'Werbung für eine terroristische Vereinigungstrafbar ist IZl ,) - dem Vertrieb Im einer PublikationbeteiligtI">, die Vorgänge rund um dil:RAF, die Bewegung 2. Juni l2 'J1 oder die RevolutionärenZellen ("RZ") zum Thema hatte.Die Gerichte waren zunächst mit dem lnterpretationsproblemkonfrontiert, was sieunter Werbung für eine terroristische Vereinigungzu verstehen hätten. In Frage wiirc(zumindest) Werbung um Mitglieder, Werbungum Anhänger und schließlich Werbungum Sympathie gekommen.o ol In einerde facto präjudiziellen (311 Entscheidung (.\2)gegen eine Person, die die oben vor Anm. 23zitierten Äußerungen auf den Glaswändeneines Justizpalasts angebracht hatte, kam derBGH zum Ergebnis, daß der Begriff derWerbung nicht auf Gewinnung neuer Mitgliederoder Anhänger beschränkt sei undpostulierte somit die Strafbarkeit der sog.Sympathiewerbung. Es würden "jedenfallsähnliche Betätigungen, mit denen eine andersartigeStärkung der Vereinigung und derengezielte Unterstützung mit den Mittelnder Propaganda bezweckt wird, vom Tatbestandumfaßt." (33) Diese Interpretation widersprachwohl den Absichten des bloß aufdie Anhängerwerbung abzielenden historischenGesetzgebers 13.1 - so solche feststellbarund relevant sind (35) - was jedoch nach derauch im Straf<strong>recht</strong> herrschenden "ojektiv-teleologischenMethode" die Argumentations-An 5 I GG vimltllt, die hier vemachlässigt werdelI müssell.Vgl dazu die mE mäßig präzisen Bemerkllllgell von Rebma1lfl,Strajue10lgll11g (A!l1Il. 10), hier: S. 101/(29) Am 2. luni 1969 war der Student Be!l11O Ohnesorg beieiner ge gm einen Schahbesllch gerichteten Delllonstration VOlleinem Polizeibeamten erschossen worden. Die Gmppe gabsich den Namen, 11m an dieses Ereignis zu etynuem. Vgl. zurGtilese dieser Gruppierung dm Bericht des Mitglieds Michael("Bommi") Bauma1l11, Wie alles anfing (Berfitl 1991); StefanAltst, Der Baader Meinhof Komplex, Hambltrg 1989[1985J, hier:S. 49-55. Vgl. altch zur Kritik an diesem BlIlhlind all dem auf desstIl Grundlage gedrehten Film von ReitlharelH auf!, Stammheilll - Die Baader-Meinhof-Gmppe vorGericht, Klaus Richter, Das Ende der Märtyrergeschichreu,in:luridiklltn 3/1992, S. 31 f; Klaus Bittermaml, Die 111'­bei! des Verdrängms, i,l: idem (Hrsg.), Die alte Straßellverkehrsordllll1lg.Dokllllltllteder RAF (BerfinI987), S.199-212, hin:' S. 206-212.(30) Rebma1l11, Inhalt, (Anm. 12), hier: S. 457/(31) Giehring (Aliln. 26), hier: S. 298.(32) BGHSt 28, S. 26-28= NJW 1978, S. 1536/(33) ebd.(34) Gössner, (Amn. 19), hier: S. 147; Giehrillg (AIIII/, 26),hier: S. 301; Letlckner (Atllll. 15), RN 14b; aA - ohlll' Ilfgriindll1lg- Rebmantl, Inhalt (Amn. 12), hier: S. 459.(35) Hier kaml und soll nicht allf den illllller !lo!h lIIil IId 11"met/z ausgetragmen Streit zwischen "slIbjektiv-hisIOlislhl'I'''lind "objektiv-ge!tlltlgszeitlicher" Theotie eiu/!./}!/lIIf!,l'li f«'r'Idl'll,da beide ein bedelltllngsidealistisrhes SPt'{/lhl.'0Il,~(1)11iIlIll/issetzen lind damit IIIE obsolet silld, ~I!./. /111' 1'11/1' h"\\('1!Überblick iiber die henJlhl'lldm i1/)!.l/II1I'IIII'Mil'lI dil' ,11//1/I'Nive Theorie zB Hans-lo(/{.hi/ll Killh//ldll/lil NlIJI/l/IIIIII, ,lI/ti, stische Begniildllllgr/I'hm. Hill/' /':illjillll1l1((: ill tlit (!IIIIII//lll}blellle der Rethlswis.I'/'II,w!lfI/i (111111Idll'lI /11.I',!I, S, 1,I'i),Seite l'


Recht & Gesellschaftlast des Gerichts im Rahmen des Analogieverbotszwar erhöhen, dieses aber nicht inseiner Entscheidung binden kann. (36)In seiner Begründung argumentiert dasGericht, daß eine Beschränkung auf dieWerbung von Mitgliedern und Anhängernim Wortlaut dieser Bestimmung keine Stützefinde. (37 ) Rebmann geht noch weiter, indemer postuliert, daß ,,[d]er Begriff ,Werben'schon nach seinem Wortlaut die Sympathiewerbung[umfaßt]" und unter Benützungvon Meyers, Enzyklopädisches Lexikonzur Gleichsetzung von Werbung mit PublicRelations gelangt.!") Dieses "extensiveVerständnis" hat zu Kritik (39) und zu Versuchen,dem "Werben" engere Konturen zugeben auf Seiten der Lehre I"n) und Praxis 1"1)geführt, während andererseits Gerichte unterHeranziehung der Figur der SympathiewerbungStrafen - auch empfindliche Freiheitsstrafen- verhängten. H2 )Seit 1984 1 '3) gelangt der BGH "im Hinblickauf die umfassende Bedeutung desWortes Werben im allg. Sprachgebrauch" zueiner "restriktiveren Interpretation", weil ernunmehr für eine Strafbarkeit wegen Werbensverlangt, der Text müsse "objektiv geeignetsein, von den im Einzelfall angesprochenenAdressaten als Werbung für die Vereinigungselbst oder als Unterstützung aufgefaßtzu werden. "I"") Sei der Text an jedermanngerichtet, so sei auf das Verständnisdes Durchschnittadressaten abzustellen. InFortführung dieses Kriteriums betonte derBGH, daß bei der Prüfung des Bedeutungsgehaltsfür durchschnittliche Leser auch"ein bei diesen möglicherweise vorhandenesVorverständnis [ ... ] einzubeziehen [ist], dasdavon geprägt sein kann, in welchem Sinnedieselbe oder ähnliche Parolen bisher schonin der Öffentlichkeit gebraucht wordensind. "(45) Dieses Wissen könne sich im Laufeder Zeit ändern. H6 )Auf Grundlage dieser Entwicklung lehntezB das· BayOLG die Eröffnung derHauptverhandlung gegen jene Person ab,die die vor Anm. 17 zitierte Aufschrift in einerUnterführung angebracht hatte, weil derdurchschnittliche Leser sie als vornehmlich(36) Vgl. dazu hier nur Giehri1lg (Aum. 26), hier: S. 300.(37) Bei derartigeJI AbgreJIzltllgsversltchetl wird - lIebenbeibemerkt- Wortlaut als SYllonym für Normtext ulld als Sy-110IIym für Bedeutung des Normtextes äquivalent verwendet,was zu weiterer begrifflicher Verwirrullg führt. Vgl. dazuauch Railler Hegmbarth, Juristische Hermeneutik und linguistischePragmatik (Kbjligstein/Ts. 1982), S.33.(38) Rebma1l11, Inhalt (A1I1n. 12), hier: S. 458.(39) So fordert dieNiedersächsische Kommissi01l zur Reformdes Straf<strong>recht</strong>s lI1Jd des Strafverfahretls<strong>recht</strong>s einstimmig eitleersatz'/ose Streichung der Tatmodalitätetl Werbung ulld U71-terstiitzli1lg wegetl deretJ generalklaltselartigm Weite. Vgl. Peter-AlexisAlb<strong>recht</strong> et al., Straf<strong>recht</strong> - ultima ratio. Empfehltmgender Niedersächsischen Kommission zur Reform desStraf<strong>recht</strong>s li1Id des Strafverfahretls<strong>recht</strong>s (Baden-Badetl1992), hiel:' S. 84/(40) Giehring (AIl1Il. 26); Gössner (Anm. 19), Lenckner(Atlm.15), alle mwN.(41) Vgl. Rebma1l11, Inhalt (A1I1t1. 12).Seite 18humanitäres Anliegen verstehen würde 1",1,während der BGH der dagegen erhobenenBeschwerde stattgab, weil der angefochteneBeschluß nicht beachte, daß die Forderungnach Zusammenlegung "schon häufig alsKampfmittel der 'RAF' und für sie mit derZielrichtung erhoben worden ist, den organisiertenKampf [ ... ] fortzusetzen ", was möglicherweiseauch einer Vielzahl von Durchschnittsadressatenbekannt sei. H8 ) Das OLGhatte sich anläßlich dieses Beschlusses auchmit einem von ihm im Jahr 1981 erlassenenUrteil auseinandersetzen, in dem es das Aufsprühennur der Buchstaben "RAF" als strafbareUnterstützung gewertet hatte. Dazu bemerktedas Gericht: "Dem [der Strafbarkeitdes Aufsprühens der bloßen Buchstabenfolge"RAF" nach § 129a StGB, N. F.] widersprichtdie im vorliegenden Fall vertreteneAuffassung nicht. Durch die bloße Buchstabenfolgewird der Betrachter an die Organisationerinnert, zugleich aber aufgefordert,sich mit ihr zu solidarisieren und ihre Zielegutzuheißen und es wird aufgezeigt, daß sieAnhänger hat und Anklang findet." (49)Wiewohl derartige Formulierungen -auch, weil sie sozialwissenschaftlich nichtoder kaum überprüfbar sind - die Erreichungdes - vorgegebenen - <strong>recht</strong>s politisch motiviertenZiels einer restriktiven Interpretationder Werbung für eine terroristische Vereinigungzumindest wieder gefährden, sind sievon mE hohem theoretischen Interesse.Mit dem Hinweis auf die Leser der inkriminiertenParolen formulieren .9ie Gerichteauf der Ebene der Bewertung von sachverhaltskonstituierendenTexten nämlich einefundamentale Einsicht in das Verstiindnissprachlicher Äußerungen, ohne diese allerdingsau( die Ebene der Normtextinterpretationzu transferieren. Indem der 13GB aufdas Verstiindnis der Adressaten zur Bewertungeiner Äußerung abstellt, indem er alsodie Rezipienten die Bedeutung mitkonstituierenHißt, verHißt er wenigstens vordergl,"Undig- das tradierte merkmalssemantiseheBild von der Intension, die bekannt seiund so als geeignetes Kriterium fUr die"Richtigkeit" von Extensionen fungieren(42) So weist (Jiehrillg (AII/rl. 20), hit,:, S. 297 (AII1I1. 5) aufdie Venl1teilimg zweier Flugb/atlvmeiler z1l18 J1110natenFreiheitsstrafe ohne fllf(Cillltmllg hili.(43) BGHSt 33, S. /6 m IJOfJ, NStZ 1985, S. 21 = StV1984, S. 420.(44) ebd.; vgi. fluch die WllltgleidlCll FliI1l1ulienmgm desOLG Koblellz, StV /989, S. 205 /II1f1 des OLG Schleswig,NJW 1988, S. 352/(45) BGH, NStZ 1987, S. 552/, hieJ~S. 552.(46) ebd., S. 553.(47) BayOLG, StV 1987, S. 392; /illdm noch das OLGHamburg, 2 Ols 3/80, S 45, hierzitim nach Giehring,(Aflm.26), hier: S. 299, wenll das propagiette (humanitäre) Ziel"ifl Wirklichkeit ein Mittel zur Fördertl1lg der Kampfbereitschaftist lttld der Äußemde dies weijJ. " Die Gefangelletl undv.a. ihre Verteidiger, die vor dem BGH ihrerseits eineIl viertägigmSolidaritätshll1lgmtreik abhielten, begriffen die HUIIgerstreiks(auch [?J) als Kampfttlittel gegen die verschärftenHaftbediflgungm. Vgl. dazll PieterH. BakkerSchut, Stamm-JURIDIKUMkönne. Ob ein Zeichen Bedeutung hat, ergibtsich aus einem einer konventional vermitteltenund so zu ermittelnden Praxis, diedas (falsifizierbare) Wissen um eine Regelkonstituiert. Fehlt die Praxis, fehlt die Bedeutung.Das Wissen um die Bedeutung einesTextes befindet sich weder im Kopf desSprechers, noch in jenem des Hörers ISO), sondernist das Ergebnis einer gemeinschaftlichensprachlichen Praxis, deren Regeln sichim Sprach spiel zu konstituieren haben.Indem also das Gericht das Vorliegen vonWerbung iSd § 129a StGB vom Kreis derRezipienten abhängig macht, erkennt es dieBedeutung der Bedeutung von sprachlichenÄußerungen. Je spezialisierter und einschlägiginstruierter die Leser oder Hörer, destoweniger eindeutig braucht eine Äußerung zusein, um verstanden zu werden, weil die dieBedeutung konstituierende Praxis desto gefestigterist. Allerdings entscheiden die Gerichtein den hier zu besprechenden Verfahrenüber die inkriminierten Texte nicht nacheiner - ohnehin nicht möglichen - Betrachtungeines Sprachspiels, sondern nach einersolipsistischen Innenschau, in der sie nachihren Vorstellungen über das Verständnisder einschlägigen Verkehrskreise Ausschauhalten 1 5 11, woraus Beliebigkeit entsteht 1 52 1,weil ein Sachverhaltselement auf den Tatbestandhin "interpretiert" und so je nach politischerKonjunktur verschieden bewertetwerden kann.IV. Zwei Funktionen einesGerichtsurteils"Die linguistische Diskussion bestätigt insoweitauch jenen Ansatz der Strukturierenden Rechtslehre,demzufolge praktische Rechtsarbeit einen Textnicht etwa als substantiellen nur noch entfaltet,sondern, aus strukturellen Gründen des Sprachsystems,seine Bedeutung im Fall erst gestaltet.Rechtstheoretisch gewendet bedeutet dies, daß dementscheidenden Juristen zwar der vom Gesetzgebergeschaffene Normtext als Textformular vorgegebenist, nicht aber schon der Text der Rechtsnorm. "(53)heim. Die notwendige Korrektur der herrschenden Mei1ltl1lg(Kiel 1989), S. 84-91, S.101-103, S.I17-122.(48) BGH, StV 1987, S. 481.(49) BayOLG, StV 1987, S. 392.(50) Vgl. dazu dm beriihmten Aufsatz von Hilary Putnam,The meaning of"meaning", itl: idem, Mitld, Language andReality:Philosophical Papers Volume 2 (Cambridge 1975),S. 215-271, hierv. a.:s. 223-229.(51) Instrllktiv ist hier der Beschluß des OLG Kobleflz, StV1989, S. 205. Es erscheint dem Gericht fraglich, ob eindurchschnittlich iliformierter Leser iiberhaupt in der Lagewar, das mifgespriihte Kiirzel "RZ" als Werbltllgfiir die Revoluti01lärefl'Zellm zu iflterJ?retierell. Grt/nd dieses gerichtlichesZweifels ist, daß sowohl der itl der Vor instanz tätigeAmtsrichter als auch die Staatsanwaltschaft in der Sachemeinten, es werde mif eine terr01istische Vereitligllng Ilamms"Rote" Zellen hingewiesetI.(52) Diese Gefahrsieht at/ch GösSller (AI/m. 19), hier: S. 150.(53) Ftiedrich Miiller, Juristische il1ethodik (5. Auf!. BerlillNr 2/95


I )ic Einsicht in das Entstehen von Bedeutungdurch Praxis fürt uns zu den Versuchenzurück, den "Wortsinn" des Tatbestandeselements"Werbung" zu erforschen. Bei derBewertung von Normtexten hat sich - andersals bei der Interpretation werbender"terroristischer Texte" - in der herrschendenLehre (54) und, wie gezeigt, in der gerichtlichenInterpretationsarbeit noch nichtdie Einsicht in die Bedeutung der Rezipientenfür die Bedeutung der Texte durchgesetzt,die Suche nach dem Wortsinn unddessen Grenze wird fortgesetzt.!'5)Dabei ist der Versuch, die Wortlautgrenzeals Abgrenzungskriterium zu instrumentalisieren,wenigstens in komplizierteren Fällen,schon aus logischen Gründen problematisch.Soll die Wortlautgrenze nämlich alsAbgrenzungskriterium die Grenze markieren,die nicht überschritten werden darf, sosetzt die Entscheidung darüber, ob mit derzu prüfenden Interpretation diese Grenzebereits überschritten ist, die Kenntnis dieserGrenze gerade voraus. I 5(,) Es wird ein bereitsvor dem Interpretationsvorgang vorhandenes,in Terrorismusverfahren häufig angstbesetztesVorverständnis über die "möglicheBedeutung" des Wortlauts benützt, um diemögliche Bedeutung festzusetzen.Der ,,(Wort)sinn" etabliert daher nicht eine(insofern auch nur verdinglicht zu denkende)Bedeutung, die nur mehr aufgefundenwerden muß, er bereitet nicht den Bodenfür die weitere Interpretation. Bedeutungentsteht im juristischen Kontext vielmehrdurch einen paradigmatischen Sprachgebrauchder Gerichte.Spricht ein Strafgericht sein Urteil, sosetzt es im Verhältnis zum Verurteilten einenexplizit performativen Sprechakt, zu dessenEigenheiten es u.a. gehört, nicht wahr oderfalsch zu sein. (57 ) Ein Verurteilter kann, wenner (idealtheoretisch) sein Urteil vernimmt,darauf nicht sinnvoll "Das ist nicht wahr!"antworten.Wird das Urteil jedoch - beispielsweisein einer juristischen Fach<strong>zeitschrift</strong> - veröffentlicht,wird es zu einem Bericht über eineexplizit performative Äußerung und es erhälteine neue Qualität, weil es nun vom raumzeitlichenEntstehungszusammenhang abgekoppeltund - von seinem Autor und demprimären Empfänger dieser Nachrichtenweitgehend unabhängig - zum Zwecke existiert,Leser der Zeitschrift über eineSprachspielregel zu instruieren. Die konkretenEntstehungsbedingungen des Textsmüssen dann für seine weitere Verwendungnicht mehr unbedingt eine Rolle spielen (58).Die illokutionäre Funktion des Textes ist einevollkommen andere, darin liegt auch seinweiteres "politisches" Potential. Es kann mitKriterien wie" wahr" und "falsch" darüberdiskutiert werdenZwar hat sich möglicherweise die "Bedeutung"der sprachlichen Äußerung im Sinneihrer Lokution nicht verändert, wohl aberihre Rolle (59) und damit ihre "Äußerungs bedeutung",weil es einen Unterschied, dersich in der dem Sprechakt folgenden Handlungerst offenbart (60), macht, wer was zuwem sagt I6 !), und ob dies in einer "face to facecommunication" (die natürlich genausoder Gefahr von Mißverständnissen ausgesetztist (62 » oder aber in Form eines schriftlichenTextes, von dessen Entstehung kaummehr bekannt ist als der Autor - und oftnicht einmal dieser - geschieht.Eine zitierte Entscheidung dient als seinerperformativen Funktion entledigtes (63)Paradigma, das - möglicherweise als ostensivesZeichen - dazu dient, eine Verwendungsweiseeines (oder zumeist mehrerer) normativen(r)Texte(s) aufzuzeigen und so alsGrundlage weiterer Ähnlichkeits- oderGleichheitsschlüsse (64) und also als Grundla-Recht & Gesellschaftge für vom Leser des Kommentars (oder einesdogmatischen Werks), der zum Autor einesUrteils werden will (soll heißen: muß),erst herzustellender textueller Bezieh ungen (65)zu fungieren, wenn der Rezipient dies will.Die Bedeutung eines sprachlichen Ausdruckswird durch paradigmatische Verwendungsweisen,derer es bedarf, um eine nichtauf bloßes Regelbefolgen zu verkürzende (66)Praxis zu erzeugen, die die Regel allein nichterj':eugen kann 167>, etabliert und gelernt 168>,manchmal verändert. (69 )Die "Bedeutung" normativer Texte wirdalso von Rezipienten - beispielsweise anderenGerichten - hergestellt, nicht aufgefunden.Wir wissen, oder glauben wissen zukönnen, ob ein in der realen Welt "vorgefundenes"(will heißen: konstruiertes) Gebildeeinem Tatbestand, beispielsweise dem derMitgliedschaft in einer terroristische Vereinigung"entspricht"; wir wissen, ob und wanndie Frau aus dem eingangs erwähnten Beispieleine terroristische Vereinigung unterstützthat und wann sie sich der Aussage entschlagendarf, nicht wegen des "Wortsinns"der Normen, sondern, weil wir aufgrund unserer- notwendig historisch orientierten - juristischenSozialisation Paradigmen kennen.Zur Kenntnis zu bringen, wie diese entstehen,ist Aufgabe der Rechtstheorie, sie zudiskutieren, Element einer Rechtshiltur."Notice that the similarity is ,arguable',wh ich means that it must be arguedfor, similarityis not something one finds, but somethingone must establish, and when one establishesit one establishes the configurationsof the cited cases as weil as of the case that isto be decided."170)Dritter und letzter Teilfolgt.Mag. Nikolaus Forgo arbeitet als Universitätsassistentam Institut für Römisches Recht und AntikeRechtsgeschichte der Universität Wien.1993}, S. 137.(54) Anders allerdings in Arbeiten - um hier beispielhaft eilügedeutsc1sprachige ZUnetltle11 - wie Dietrich Busse, JuristischeSemantik (Berlin 1993); idem, Recht als Text. LitlgllistischeUtlterSUchll1lgm zur Arbeit mit Sprache in einerInstitution (Tübingetl 1992); idem, Textinterpretation.Sprachtheoretische Grundlagen einer explikativen Semantik(OpladeJl 1992); Ralph Christet/set/, Was heißt Geset-z.,esbindung.?Eine <strong>recht</strong>slinguistische Untersuchung (Berlin1989);Bmtd Jeand' Heur, Sprachliches ReJeretlzverhalten bei derjuristischen Entscheidungstätigkeit (Berlitl 1989); Müller(Anm. 53); idem, Stmkturiermde Rechtslehre (2. Auf!. Ber­!in 1994); idem, Essays zur Theorie VOtl Recht und Verfasslltlg(Berlin1990}.(55) Vgl. statt aller Ilur Karl Lanillz, Juristische Methodenlehre(6. Auf!. BerlinlHeidelberg/New York 1991), S. 320-324.(56) Busse, Juristische Semantik (A1l1n. 54), S. 40.(57) Eike von Savigny, Die Philosophie der normalen Sprache.Eine kritische Einfühmng in die "ordinary languagephilosophy" (3. Auf!. Frankfurt/Maitl 1993), S. 135 I;Günther Grewmdorf, H abm explizit pe/formative Außenmgetleinen Wahrheitswert.?, in: idem (Hrsg.), Sprechakttheorieund Semantik (Frankfurt/ MaiI11979), S.175-196mwN;Günther Grewetldorf, Explizit performative Außertl1lgetl undFeststellungen, in: idem (Hrsg.), S.197-216; Dieter Wutlder/ich,Was ist ein Sprechakt.?, in: Grewend01f( Hrsg.), S.275 ff, hier: S. 279; Günther GreweJldorf/Fritz Hamm/Wolfgang Stel'lleJeld, Sprachliches Wissetl (5. Auf!. Frankfurt/MaitI1991),S. 382.(58) Busse, Textinterpretation (Anm. 54), S. 161(59) Vgl. John L. Austin, Zur Theorie der Sprechakte (dt. 2 ..Auf!ageStuttgart 1979), S. I18.(60) Vgl. dazu Peter Fuchs, Die Emichbarkeit der Gesellschaft.Zur Konstmktion und Imagination <strong>gesellschaft</strong>licherEinheit (Frankfurt/Main 1992}, S. 84.(61) Eike von Savigny, Zum Begriff der Sprache. KOllvC1ltion,Bedeutung, Zeichen (Stuttgart 1983), S. 91 f(62) Stanley Fish, With the ComplimetJts of the Author: Ref!ectionson Austin and Derrida, in: idem, Doing What ComesNaturally (Oxford 1989), S. 37-67, hier: S. 421(63) "Ich verurteile X zu Y" ist ein performativer Akt, "DasGericht Z hat X zu Y verurteilt", nicht. Vgl. dazu Ailstin(Atl1n. 59), S. 83.(64) Gleichheitsschluß wohl zB bei UrteileJl über NameJl. Vgl.zB VwGH, ÖJZ 1989, S. 471: " ,Ke/'C11 , ist keingebräuchlicherVOl'llame [iSd §§ 2 Abs 2,21 Abs 2 PStG, N. F.]."(65) Busse, Recht als Text (A1l1n. 54), S. 581(66) Gerhard Gamm, Flucht aus der Kategorie. Die Positivierungdes Unbestimmten als Ausgang der Moderne(Frankfurt/Main1994), S.144.(67) vgl Ludwig Wittgenstein, Über Gewißheit (Werkausgabein 8 Bätldell, Band 8 [Frankfurt/Main 1984J), § 139:"Um eine Praxis festzulegeJl, getlügen nicht Regeln, sondemman braucht auch Beispiele. Unsere Regeln lassetJ Hintertürmoffen, 1I1Id die Praxis muß für sich selbst SOrgC1l. "; Vgl.dazu auch Gamm (A1l1n. 43), S. 142-151.(68) Busse, Textinterpretation (Atlm 54), S. 40.(69) vgl. zB OGH, ÖJZ 1989, S. 375, wo der OGH zu § 23Abs 1 ("Eine Ehe ist nichtig, wenn sie ausschliejJlich odervorwiegend zu dem Zweck geschlossetl ist, der Frau dieF iihnmg des F amiliC1lnamms des Mannes oder den Erwerbder Staatsangehörigkeit des Mannes zu ermöglichen, ohnedaß die eheliche Lebmsgemeinschaft begründet werden soll. ")eine nachträgliche, systemwidrige Lücke, die durch Analogiezu schliejJen wäre, postuliert lind ausführt: ,,§ 23 Abs 1EheG ist in seinem zweiten Regelungsfall daher il1 folgmde11lSinne zu lesm: ,Ei1le Ehe ist nichtig, wC1ln sie allssdiliejJlil'hodervorwiegelld Zll dem Zweck geschlosseIl ist, einem Ehegatten[. . .] den Erwerb der Staatsbiirgersd/(/ft des anderenZll ermb'glichen, ohne daß die ehelidle Lebe1l.l[!,1!11II'i1l.ldl((/ibegründet werden soll. '" (Heruorhebllllg;11I ()/~~ill(//).(70) Statlfey Fish, Workillg Oll the (,'haill (Jallg: IlIfI'/YJ11'f11fi011 in Law and Literatllre, ill: idem, Doillg ((111111, 0':),S. 87-1 02, hiC/~ S. 94 (fletvodll!bltllg;11I ()/~1!.;1IIt1),Nr 2/95JURIDIKUMSeite 19


irRecht & Gesellschaft _______________________________ _von KlausRichtermehr gegen die Rechten und eineihrer wesentlichen Methoden,nämlich den Rassismus,außer der, daß sie am Ende sind,ein- und überholt von der Wirklichkeit,einer Wirklichkeit desTodes.Heute sind es prominentePolitik und herrschende Medien,die Gas geben und jene Plätzeund Räume schaffen, die vonden realen Personen, die fürRechtsextremismus stehen, nurnoch besetzt werden. Von diesenStellen aus diffundiert dasRechte und seine Terminologiein den allgemeinen Diskurs, indie Umgangssprache, in den politischenAlltag, wie durch eine.semipermeable Membran. Dieoft beschworene "kulturelle Hegemonie",ein banales, griffigesund daher beliebtes Versatzstückaus der Theorie AntonioGramcis, hat längst stattgefunden."Ausländerproblem" und"Ethnopluralismus" wurdenschon lange - auch von GrünenDas Geslhältder ReIhten"Im Holz sindjene Wege, die meistverwachsen jäh im Unbegangenmaufhören. Jeder verläuft gesondert,aber im selbm Wald. Holzmacherund Waldhüter kennet! die Wegt'. Siewissen, was es heißt, auf einemHolzweg zu sein. "(Martin Heidegger,"Holzwege")••Uber die rationale Kritik desRechtsextremismus läßtsich heute sagen, daß sie beendetist, genauso wie ihr Objekt,der Rechtsextremismus, inWahrheit schon lange zu Endeist. Und auch moralisch-ökonomischeGroßprojekte in der Artvon Lichtermeeren und SchindlerschenListen haben sich indie eigene Tasche gelogen, geseIlschaftssanitäreAufklärungenund psychologische Lösungenstehen vor ihrem Bankrott.Denn in Wirklichkeit bedarfes keiner Erklärungen mehrüber und keine Manifestationenund SozialdemokratInnen, kritischenAutorinnen - verwendetund geführt, ohne Anführungszeichen.Die Kritik lieferte demRechtsextremismus nicht nur intellektuelle'< (" wissenschaftliche")Potenz und Theorie, sondernhat ihrerseits, wie auch derallgemeine Sprachgebrauch, immermehr seine Strategien, Erklärungsansätzeund Wendungenübernommen. Die Haidersund Vranitzkys, die Matzkas,Löschnaks, Krenns und Nimmerrichtersund wie sic alleheißen, stehen nun vor ihrenelenden Kindern und werdendie Geister, die sie riefen, nichtmehr los.Eine Politik, die die Werteder Demokratie und Solidaritätverschleudert, kann sich nurnoch hilflos empören über jene,die das schon längst getan haben.In einer Zeit, in der sichpolitische Niveau- und liberaleStandpunktlosigkeit zu einerBewegung orgal1ls1eren kann,sind wir entsetzt über jene, dieihre Gesinnung in unser Bewußtseinsprengen.Die von hier aus zunächstmit der Arroganz des Nichtbetroffenseinsbeobachteten Exzessevon Mölln, Solingen undso viel zu vielen anderen, späterdie der Brief- und dann derRohrbomben, wirken - zumindestin öffentlichen Stellungnahmenund medial - nunmehrtraumatisch, als Schock: "EtwasUnmögliches geschah".Dennoch kam gerade als solcherSchock jeder Mord "zurrichtigen Zeit": Noch bevor dasEntsetzliche geschah, war in individuellenKanzler-Phantasienund massenwirksamen Kleinformatenschon mehr als ausreichendPlatz dafür frei, war dieGewalt verbal und medial ausreichendvorformuliert und -konstruiert. Einen so starkenWiderhall und " ... damit eine sostarke Vorbildwirkung fand esvor allem deshalb, weil es schonerwartet wurde. Das Unglückwar bis in jede Einzelheit, ähnlichwie die [ ... ] Katastrophe inTschernobyl, vorausgesagt worden",wenn auch für manchenicht explizit genug, hör- undsichtbar aber lange schon für jene,die es hören und sehen wollten.Der "frei flottierende Signifikant"Rechtsextremismus, dessenFunktion lange auch undmanchmal nur die der ressentimentgeladenenDenunziationwar, hat sich niedergelassen.• Die Ansätze der neuerenForschung, die monokausale ErklänlOgenund die Sündenbockfunktionvon definiert "neonazistischen" Gruppen ablehnt(" ... die Entwickl.ung und AusbreitungfremdenfeindlicherEinstellungen und Gewalt (ist)als Ausdruck eines neuen zentralen<strong>gesellschaft</strong>lichen Konflil


________________________________ Recht & GesellschaftMEINUNGSVIELFALT UND RUNDFUNKFREQUENZENMutwilligeVerknappungWar die Mühe der Regionalradiobehörde,denösterreichischen Printmedienauch eine Regionalradiolizenzzu erteilen, umsonst?Ich denke: ia, denndie Rechtsauffassung, daßihre Entscheidungen auf einergesetzeswidrigen Verordnungbasieren, ist nichtvollkommen abwegig!1990 wurde von SPÖ und ÖVP ein ersterEntwurf eines Bundesgesetzes über die Veranstaltungregionalen Hörfunks (Regional radiogesetz)vorgelegt. Nach diesem sollte dieNutzung der Frequenzen in der Art undWeise verordnet werden, daß den ProgrammveranstalterInneneine flächendeckendeVersorgung innerhalb eines Bundeslandesermöglicht wird. In der Folge istes über intensive Diskussionen gelungen,auch in Österreich ein Bewußtsein zu schaffen- wozu auch die zahlreichen Piratensenderder letzten Jahre beigetragen haben-, daß die Privatisierung des Hörfunks nichteine rein wirtschaftliche Angelegenheit ist,sondern vor allem unter dem Aspekt derMeinungs- und Medienvielfalt zu beurteilenist. Es ist inzwischen auch europaweit unbestritten,daß zur Auf<strong>recht</strong>erhaltung der Meinungs-und Medienvielfalt maßgeblichnichtkommerzielle freie Medien beitragen.Die Bewußtseinsbildung in diese Richtunginnerhalb der Koalitionsparteien war insofernvon Erfolg gekrönt, als in demschließlich beschlossenen Regionalradiogesetz(RRG) neben Regionalradio auch dieVeranstaltung von Lokalradio vorgesehenwurde und die Vergabe einer Lizenz nichtn ur auf Kapital<strong>gesellschaft</strong>en beschränktblieb.Deshalb wurden auch die Bestimmungenbezüglich des Frequenznutzungsplanes dahingehendergänzt, daß für Regionalradiover-anstalterInnen nicht mehr eine flächetzdedcetzde,sondern eine möglichst großflächige Versorgunginnerhalb eines Bundeslandes ermöglichtwerden sollte. Und bei der Frequenzplanungsollten auch die Bedürfnisse des lokalenHörfunks berücksichtigt werden. Weiterenotwendige Anpassungen des RRG andie Bedürfnisse lokaler, aber auch nichtkommerzieller,freier RadioveranstalterInnenwurden leider nicht vorgenommen.Nun hat das Lokalradio ausschließlich imZusammenhang mit dem Frequenznutzungsplanin den gesetzlichen BestimmungenEingang gefunden. Daher wirkt eswie ein Fremdkörper, der mit vielen anderengesetzlichen Bestimmungen nicht inEinklang zu bringen ist. So ist z.B. auch fürdie Vergabe einer Lokalradiolizenz in Bludenzdie zwanzigköpfige Regionalradiobehördein Wien zuständig; es gelten aberauch dieselben Programmgrundsätze, wonachdie Programme den Grundsätzen derObjektivität und Meinungsvielfalt zu entsprechenhaben, was bei konsequenter Auslegungdie Veranstaltung von Radioprogrammendurch die Volksgruppen (Slowenen,Kroaten, Ungarn, Roma Sinti, ... ) eigentlichunmöglich macht. Problematisch ist aberauch, daß es auch zu keiner klaren Definitiongekommen ist, was ein Lokalradio voneinem Regionalradio unterscheidet: Diehöchstzulässige Sendeleistung kann es wohlnicht sein. Denn beispielsweise kann in Wienmit jedem Sender praktisch die ganzeStadt versorgt werden. Eine Trennung zwischenLokalradio und Regionalradio ist in Ballungsräumengar nicht möglich.(I)GesetzwidrigerFrequenznuftungsplanAus den Bestimmungen des RRG geht eindeutighervor, daß der ORF und die ProgrammveranstalterInnenvon Privatradios einenunterschiedlichen Versorgungsauftraghaben. Während der ORF gemäß § 3 Ans. 1Rundfunkgesetz verpflichtet ist, möglichst allezum Betrieb eines Rundfunkempfanggerätesbe<strong>recht</strong>igten Bewohnerinnen des Bundesgebietesnach Maßgabe der technischen Entwicklungmit mindestens drei Hörfunkprogrammenzu versorgen, ist für die privatenRegionalradios lediglich eme möglichst§2 Abs.2·R.eSiioncdradipgesetz(2) Der Bundesminister .für öffentlicheWirtschaft und Verkehr hat diese Zuordnungin der Weise vorzunehmen,daßL die Erfüllung der gesetzlichen Aufgabendes öst.erreichischen Rundfunksbyzüglich seiner. Hörfunkprogrammenicht beeinträchtigt wird,2 .. den Programrnveranstaltern einemöglichst großflächige Vyrsorgung innerhalbeines.· Bundeslandes errnöglichtwird und3, auf die. Bedürfrlisse des lokalen Hörfun~sBedacht genommen wird.großflächige Versorgung eines Bundeslandes sicherzustellen.Ein Frequenznutzungsplan,der für die Regionalradios in Österreich dieselbeVersorgungsbreite wie für den ORFvorsieht, entspricht somit nicht der im Gesetzvorgesehenen Verordnungsermächtigung(§ 2 RRG). Dies vor allem auch deshalb,da durch diese Frequenzplanung fürdie Veranstaltung von Lokalradio keine ausreichendeAnzahl von Frequenzen mehr vorhandenist, obwohl nach dem RRG daraufausdrücklich Bedacht zu nehmen ist. Sokonnte, laut dem Entwurf für einen Frequenznutzungsplan"Lokalradio", für dieStadt Salzburg(2) und Umgebung sowie fürdas Südburgenland überhaupt keine Lokalfrequenzmehr zur Vergabe ausgeschriebenwerden bzw. muß erst berechnet und koordiniertwerden. Was Wien betrifft, so mußangesichts der zu erwartenden Interessentlnnenbezweifelt werden, daß mit drei Frequenzenfür Lokalradio auf die Bedürfnissewirklich in ausreichendem Miße Bedachtgenommen wurde.Gemäß Art. 18 Abs. 2 B-VG sind Verordnungennur aufgrund der Gesetze zu erlassen.Das bedeutet, daß in einer Verordnungnur das festgeschrieben werden darf, was inden wesentlichen Konturen bereits im Gesetzselbst vorgezeichnet wurde. Da gemäߧ 2 Abs. 2 Z. 2 RRG für die Regionalradiobetreiberinnennur eine möglichst großflächigeVersorgung innerhalb eines Bundeslandes vorgesehenist, ist der Frequenznutzungsplan(BGBI 957/1993) gesetzeswidrig, da nieht(1) Laut EntwlI1f eines Freqllenzl/lltzlIlI[!.JjJ/tlllt.l' ///1'Lokalradios silld z.B. eil/er Lizellz jiir SiirlJ:iimll'1l "dillFrequenzen zllgeoldnet. !ll/derel:reit.l' i.l'l dill' 1,(J~'IIlm'dio/izellzjiirdetl Ra/1l1I K/af!,o!li/l1Vii/11th 11111 dl'lIlSetIdestalldol1 Dobrat.l'th f!,eplallt, /)IIZI1 i.l'II/lI'(:III11(/'·km, daß auch die Regio"a!radio Kriml/'II (,'/'.1'111/111 Ih/'Programm 11111' iiber deli Smrlr.l'tlllldol'l /)o/IIfI/,l'lh 11/1.1'strahleIl wi/I, Wlilill /il:~1 (/11'0 hll'/' dl'1' (1III,'IJ,hlt'l! '''''Ischell Loka/- IIlId RI(~iollltimdill?(2) So wllrrll' tli/' f{ tlll/IIIIII,I',I'f'llIlj/t'(}/'/'ll.:/' (11 11 :1, I (J(;1') 11111' tI/'.I'hlllll bis hml/' illl 111111111/1/(,1'."/1111111111 /1behtlllt!tlt, ,",(iljlil' Sltldl/lI;t~ II/lrl ('III,t;i'/JiI//j! "",//Fn'lllll'll,~ ~'olin/illll'll \',"(II/m hili 11""Nr 2/95.,URIDIKUM


Recht & Gesellschaftnur eine großflächige, sondern wie für denORF eine flächendeckende Versorgung verordnetwurde und diese Versorgung nichtnur innerhalb, sondern über die einzelnenBundesländer hinausgeht. Außerdem könnenaufgrund dieser Planung die Bedürfnissedes lokalen Hörfunks nicht mehl' erfLllltwerden.Die vorgesehene Nutzung der Frequenzenermöglicht die Ausstrahlung des oberösterreichischenRegionalmdioprogrammesnicht nur in Oberösterreich, sondel'l1 auch inSalzburg und Umgebung, die Ausstrahlungdes burgenländisehen Regionalradioprogrammesin der Bundeshauptstadt Wien undin Teilen Niederöstel'reichs. Das Regionalradioprogrammkann auch im SUdbul'gcnlandempfangen werden. Danll1 ~(ndcrn auch dievorgesehenen Richtantennen nichts. Diesmag zwar für die Regionalradio<strong>gesellschaft</strong>enim Burgenland sowie in Niedel'österreiehund Oberösterreich von großem wirtschaftlichenInteresse sein, entspricht abcl' nicht dergesetzlichen Ermächtigung des § 2 Abs. 2 Z2 RRG: "eine möglichst gro13f11ichigc Versorgunginnerhalb eines Bundeslandes",Lokalradio: Die Letztenbeißen die HundeDiese Zuteilung von FrequenzeuandererBundesländer führt aber auehdazll, daß dieBedürfnisse des lokalen Hörfllnl~s nichtmehr abgedeckt werden können. Am deutlichstenläßt sich dies in den Fällen der StadtSalzburg, Wien und des SUdburgenlandesbelegen.Im Rahmen der Lokalfrequenzplanungstellte sich heraus, daß für die Stadt Salzburgund Umgebung - entgegen den Ausführungenzum Frequenznutzungsplan für Regionalradio- keine Frequenzen fLlr das Lokalradiomehr" vorrätig" sind. Der rege Briefverkehrmit Bayern belegt, daß offensichtlichdie Koordinierung einer Frequenz miterheblichen Schwierigkeiten verbunden ist.Aber auch für das Südburgenland ist keineFrequenz mehr "vorrätig", wie aus dem"Frequenznutzungsplan Lokalradio", derdem Hauptausschuß zur Beschlußfassungvorgelegt werden sollte, hervorgeht. Diesbringt vor allem für die dort lebenden ungarischenund kroatischen Volksgruppen sowiefür Roma und Sinti erheblich nachteiligeFolgen mit sich, da ihnen damit auch auf lokalerEbene die Möglichkeit genommenwird, ein Radioprogramm in ihrer Muttersprachezu veranstalten.(3)Weiters ist die Verknappung der Frequenzenfür Lokalradios in Wien problematisch.Obwohl sich in Wien allein bei derVergabe der Lizenz für ein Regionalradiomehr als 10 ernsthafte BetreiberInnen beworbenhaben, werden für Wien insgesamtnur 5 Frequenzen ausgeschrieben (2 Lizenzenfür Regionalradio und 3 Lizenzen fürLokalradio).Seite 22Tatsächlich haben aber private, insbesonderekommerzielle RadiobetreiberInnenüberhaupt kein lnteresse, ein BundeslandfHichendeckend zu versorgen. Deren logischesInteresse besteht insbesondere darin,daß ihre Programme in den Ballungszentrenempfangen werden können. Eine flächendeckendeVersorgung eines Bundeslandeswäre für einen privaten Betreiber auch nichtfinanzierbar. (Zu diesem Zweck stehen demORF eben auch die Gebühren zu.) So will in'firol der Lizenzwerber Regionalradio Tirolvon den 55 Frequenzen in der Endausbaustufe20, in der Steiermark der LizenzwerberRegionalradio Steiermark von den 51 zugeordnetenFrequenzen in der Endausbaustufe5, allenfalls 8 Frequenzen, in Niederösterreichder Lizenzwerber RPN von den 27 zugeordnetenFrequenzen 5 (darunter die Wienerund Linzer Frequenz) und in Kärntender Lizenzwerber Regionalradio Kärntenvon den 36 zugeordneten Frequenzen 1(Dobratsch), allenfalls 3 Frequenzen nutzen.Der unterschiedliche Frequenzbedarf -je nachdem ob ein Bundesland flächendeckendoder nur möglichst großflächig zuversorgen ist - zeigt sich bei den bestehendenSenderketten des ORF: Bei Ö-Regionalsind für eine flächendeckende Versorgung inden gebirgigeren Bundesländern, wie beispielsweiseSteiermark, Tirol oder Salzburg,30-50 Frequenzen notwendig. Bei Blue DanubeRadio hingegen sind es für eine möglichstgroßflächige Versorgung nur 5 -10 Frequenzen14>, womit aber immer noch mehr als75% der Bevölkerung erreicht werden können.Ein gesetzeskonformer Frequenznutzungsplanhätte demnach bewirkt, daß fürden lokalen Bedarf erheblich mehr Frequenzenzur Verfügung gestanden wären.Derzeit ist es so, daß die RegionalradiobetreiberInnennatürlich kein Interesse habenwerden, die von ihnen nicht genütztenFrequenzen lokalen ProgrammveranstalterInnenzur Verfügung zu stellen, weil sieSich logischerweise keine Konkurrenz schaffenwollen. Es ist daher zu befürchten, daßein Großteil der durch den Frequenzplanden LizenznehmerInnen zugeordneten Frequenzennur gehortet werden.Verstoß gegen dieMenschen<strong>recht</strong>skonventionDa es im Frequenzbereich nur beschränkteRessourcen gibt, führt dies zwingend zurEinschränkung der Meinungsvielfalt imRundfunkbereich. Daher ist bei der Aufteilungder Frequenzen ein besonders strengerMaßstab anzulegen. Die in Österreich erfolgteFrequenzaufteilung ist auch im Sinnedes Urteiles des Europäischen Gerichtshofsfür Menschen<strong>recht</strong>e (EGMR) vom24.11.1993 verfassungs<strong>recht</strong>lich bedenklich.Der EGMR bringt in diesem Urteil deutlichzum Ausdruck, daß die Meinungsäußerungsfreiheitdes"Art. 10 Europäische Men-JURIDIKUMschen<strong>recht</strong>skonvention nicht nur die Verbreitungvon Meinungen über das MediumRundfunk, sondern auch die Freiheit zumEmpfang von Informationen beinhaltet.Dies bedeutet, daß der Staat als Garant derMeinungsfreiheit die Voraussetzungen dafürzu schaffen hat, daß diese Grundsätze auchverwirklicht werden können. Er hat dieGrundvoraussetzungen dafür zu schaffen,daß sich im Medienbereich Pluralismus entwickelnkann. Mit dem Frequenznutzungsplan(BGBI 957/1993) kommt die RepublikÖsterreich dieser Verpflichtung jedoch nichtnach.Vielmehr führt die Verordnung zu einerEinschränkung der Möglichkeit, Informationenund Meinungen über den Hörfunk zuverbreiten bzw. zu empfangen. So haben wieschon angeführt die Volksgruppen im Südburgenlandkeine Möglichkeit, Radioprogrammein ihrer Muttersprache zu senden,womit ihnen gleichzeitig als EmpfängerInnenauch die Freiheit der Wahl genommenwird. Dies ist weder aus technischen Gründennotwendig, noch sonst in irgendeinerArt und Weise sachlich ge<strong>recht</strong>fertigt. Damitkommt es gerade im Hörfunkbereich, derwegen seiner weiten Verbreitungsmöglichkeiteine wesentliche Rolle für die Freiheitder Meinungsäußerung in der demokratischenGesellschaft hat, zu einer konventionswidrigenBeschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit.Die Vergabe der Regionalradiolizenzendurch die Regionalradiobehörde erfolgte innahezu allen Bundesländern an die marktbeherrschendenPrintmedien, die sich zu diesemZweck zu Betreiber<strong>gesellschaft</strong>en zusammengeschlossenhaben. Dies zeigt deutlich,daß nicht nur die Meinungs- und Medienvielfaltgefährdet ist sondern auch dieMedienkonzentration durch diese Praxis inÖsterreich noch verstärkt wird.Es ist bedauerlich, daß die österreichischeBundesregierung die Chance nichtgenützt hat, mit der Privatisierung des Hörfunkbereiches,Pluralismus zumindest indiesem Bereich der elektronischen Medienzu verwirklichen. Dies wäre vor allem auchangesichts der in Österreich vorherrschendenMedienkonzentration von enormer Bedeutunggewesen.RA Dr. Sepp Brugger arbeitet in der Rechtsabteilungdes Grünen Klubs im Parlament.(3) Bei der Vergabe der Regioflalradiolizenzen wurdeinsbesondere in Kärnten die Nichtberücksichtigung derslowenischetl Volksgruppe damit begriindet, daß diese eineLokalradiolizenz erhaltetI werde. Laut Frequenzflutzungsplatl/iir Lokalradio ist da/iir im Süd kärntnerRaum (im Siedlungsgebiet der Slowenen) auch eine Kettemit zehn Frequenzen vorgesehen.(4) In Tirol sind/iir Blue Danube Radio 10 Frequetlzen,in der Steiermark 5 Frequenzen, in Salzburg 6Frequenzen, in Oberästerreich 4 Frequenzen, in Niederö'sterreich4 Frequenzen, in Burgenland 1 und inKärnten 3 Frequenzetl zugeordnet.,Nr 2/95


________________________________ Recht & GesellschaftDIE SUCHE NACH JURISTISCHER INFORMATIONMit elektronischenMethodenElektronische Rechtsinformationssystemekönnen die Suche nachiuristischen Texten vereinfachen.Keineswegswerden sie iedoch diegedruckte Fachliteraturersetzen können. Um sichin der zunehmendenInformationsflut zu<strong>recht</strong>zufinden,sind sowohlelektronische als auchkonventionelle Suchmethodennotwendig.Juristische Arbeit besteht zu einem großenTeil aus Arbeit an Texten. Rechtsanwälteverfassen Schriftsätze, Richter Urteile, VerwaltungsjuristenBescheide, RechtswissenschaftlerAufsätze und Bücher, StudentenDiplomarbeiten und Dissertationen. Die Erstellungall dieser neuen juristischen Texteerfolgt in der Regel unter Verwendung bereitsvorhandener Rechtstexte - ein zivil<strong>recht</strong>lichesUrteil etwa basiert auf den eingebrachtenSchriftsätzen, den einschlägigenRechtsnormen und der entsprechenden Judikatur.Deshalb müssen Juristen für die Suchenach dem Material, auf dem ihre Arbeitaufbaut, viel Zeit und Energie verwenden.Es handelt sich dabei um eine Aufgabe, diekeineswegs neu ist. Daher existieren schonseit vielen Jahrzehnten in gedruckter Formverschiedene Rechtsdokumentationssysteme,auch wenn sich dieser Begriff erst imZusammenhang mit der elektronischen Datenverarbeitungeingebürgert hat.Alle Rechtsdokumentationssysteme (herkömmlichegenauso wie elektronische) dienendemselben Ziel: Sie sollen helfen, einejuristische Entscheidung oder die Arbeit aneinem juristischen Text vorzubereiten, indemder Zugang zu relevanten Rechtsnor-men, Judikatur und Literatur erleichtertwird. Wegen der ständig zunehmenden Informationsfüllewird es immer schwieriger,die für den konkreten Fall relevanten Datenaufzufinden. Für diesen Zustand wurdenschon vor geraumer Zeit die einprägsamenBezeichnungen "Informationslawine" und"Informationskrise" geprägt. Einen Auswegaus dieser Krise sieht man schon seit einigerZeit im verstärkten Einsatz von EDV.Tatsächlich ist die Datenmenge, die alljährlichzur Dokumentation anfällt, enorm undder Einsatz von EDV scheint geradezu geschaffen,um die "Sklavenarbeit des Suchens,des Sammelns und des BereitsteIlensvon Informationen" durch die Maschine vornehmenzu lassen.KonventionelleRechtsdokumentationDie folgende Aufzählung soll dazu dienen,die gewohnten, konventionellen juristischenHilfsmittel nach ihrem Inhalt zu strukturierenund damit den Vergleich mit elektronischerRechtsdokumentation vorzubereitenund zu erleichtern.Kommentare dokumentieren zunächst bestimmteRechtsnormen. Nach dem Gesetzeswortlautwird die einzelne Vorschrift vomAutor näher erläutert, wobei dem Gesetzesaufbaugefolgt wird. Dabei steht meist dieVerarbeitung der einschlägigen Judikatur imVordergrund, sie wird aber häufig durch Literaturhinweiseund eigene Anmerkungenergänzt. Kommentare bilden damit einRechtsinformationssystem, das häufig alledrei Arten von Rechtstexten (Rechtsnormen,Judikatur, juristische Literatur, wenn auch inverschiedener Intensität) berücksichtigt. Siestellen zu einem bestimmten Rechtsgebietzu einem bestimmten Zeitpunkt das umfassendstekonventionelle Rechtsdokumentationssystemdar. Damit sind aber gleichzeitigauch die Grenzen der Information aufgezeigt,die aus Kommentaren gewonnen werdenkann: Es ist immer nur ein eingeschränktesRechtsgebiet umfaßt, vielleichtsogar nur ein einziges Gesetz. Der Kommentarist nur zu einem bestimmten Zeitpunktaktuell, der noch dazu erheblich vor dem derDrucklegung liegt. Bei einem gebundenenKommentar gibt es außerdem kcille kOllll'm,table Möglichkeit einer laufendcll Aktll


Recht & Gesellschaftstimmter Rechtsgebiete, in erster Linie alsojuristische Literatur, regelmäßig aber auchHinweise auf Judikatur (eventuell mit kurzerInhaltsangabe). Auf die jeweils relevantenRechtsnormen wird in der Regel nur verwiesen.Ihre Aufgabe ist es, für vertiefte Informationzu einem bestimmten Rechtsgebietzu sorgen oder einen Überblick zu einemjuristischen Thema zu bieten.Itzdices bilden eine wertvolle Hilfe beimSuchen nach Judikatur und Literatur zu verschiedenstenRechtsgebieten. Sie verweisenmeist auf Judikatur und auf juristische Literatur,erscheinen allerdings mit einer erheblichenZeitverzögerung und müssen jahrgangsweisedurchgearbeitet werden. Die Suchekann außerdem nur "eindimensional",entweder nach einer Norm oder, wenn vorgesehen,nach einem Stichwort vorgenommenwerden.Schon diese kurze Übersicht zeigt, wieunterschiedlich der Inhalt der einzelnenkonventionellen Rechtsdokumentationssystemeist. Der praktizierende Jurist ist mitihnen durch seine tägliche Arbeit aber sovertraut, daß er sich dessen gar nicht bewußtwird. Sie sind aber keineswegs nach einerbestimmten Systematik entwickelt worden,sondern haben sich im Laufe von Jahrzehntennach den sehr unterschiedlichen Bedürfnissender verschiedenen Rechtsanwenderentwickelt. Mit wachsender Zahl derRechtstexte, mit zunehmender Komplexitätder geregelten Materien und der damit verbundenenSpezialisierung hat sich auch dieAnzahl der Publikationsorgane immer weitervermehrt (ein Ende dieser Entwicklung istnicht abzusehen). Dazu kommt noch, daßsich der Inhalt der einzelnen Publikationenteilweise überlagert und überschneidet, wassowohl bei Entscheidungssammlungen alsauch ganz besonders bei den Zeitschriftender Fall ist. Nicht selten findet man ein unddieselbe Entscheidung in fünf oder nochmehr juristischen Publikationen veröffentlicht.Und das in einem so kleinen Land wieÖsterreich! Diese Tatsache wird aber nichtweiter hinterfragt und als selbstverständlichhingenommen. Die zahlreichen, verschiedenenRechtspublikationen entsprechen offenbarden unterschiedlichen Informationsbedürfnissender verschiedenen Leserkreise -niemand fordert das "eine, alles umfassende"gedruckte Rechtsinformationssystem.Ein vernünftiges Umgehen mit den traditionellenRechtsdokumentationssystemensetzt deshalb neben dem juristischen Fachwissenauch ein fundiertes Wissen über denInhalt der einzelnen Publikationsorgane voraus,das häufig erst <strong>recht</strong> mühsam in der Praxisbeim Bearbeiten der ersten Suchaufträgeerworben wird.ElektronischeRechtsdokumentationNeben den aufgezählten traditionellenHilfsmitteln werden seit einigen Jahren auchfür den österreichischen Rechtsbereichverschiedene elektronische Rechtsdokumentationssystemeangeboten. Diese Dokumentationssystemeenthalten juristische Informationenauf verschiedenen Speichermedienabrufbereit.Es stellt sich nun die Frage, in welchemVerhältnis diese neuen Informationsmethodenzu den herkömmlichen stehen. Bedeutendie elektronischen Rechtsdokumentationssystemedas Ende der traditionellen juristischenBibliothek?Ergebnis auf Knopfdruck?Sehr häufig wird den Juristen suggeriert, mitHilfe des EDV-Einsatzes stehen nun alle Informationen"auf Knopfdruck" zur Verfügung.Richtig ist daran nur, daß es prinzipiellmöglich ist, auf die riesige Menge aller inden verschiedenen Datenbanken gespeichertenDokumente direkt zuzugreifen.Aber natürlich will niemand alle Dokumente.Gefragt sind nicht hunderttausend Entscheidungen,sondern die für den geradevorliegenden Fall passenden und entscheidenden.Um diese zu finden, genügt aberkeineswegs ein "Knopfdruck", sondern esbedarf eines Sachverstandes auf verschiedenenGebieten, den der Benutzer als "Grundausstattung"mitbringen muß. Es kann nichtgenug betont werden, daß Rechtskenntnisseund juristische Methodik durch EDV-Einsatzkeinesfalls ersetzt werden können! Wei-""". '"',gEl~lq.;;,.;X ' ".,> •. "ti.~r.Q~k~~~i,;;was:die~Wz~iS,j.iil'fJ ••••Was;dieJ101izeloi~ht; 'X;idarfr ", i ,i..;;••;.Kerm~nSieJhre~; ... "_.'Re~qt~'?i iEinll/'ldr-~uilzjg;iiAnt\IV~r~~n. ii :.0'Vertdeö{' ."'i @~)E6t_it~ii~i'F(',:·'·_·YiWRf,*IRfIE·~J~~!~~ß~I~~~.!~~:~.~:; ,'.~~ !:",:::"': ,:,.BefgS:teiggassEl1~ti~:'1.1?q'{l!i~f'! ."iii ...•.. i ... /i .i·iiii.;;;... Fax4.o?~i~i~8Si;i i.i' •• i;;/i.pr~i.~:J'i!.?("'"",ö~!~1Iczzgr:. eprto{ab 50 ~*'iPPQ;9fr~i);i• Bea(htenSieden··Bestelischein auf. i Se.ite49;! " Ci@0ffi'ex'VEREIN FOR FREIE STUDIEN UND BRAUCHBARE INFORMATIONBarbara SteinerDatenspiegelder österreichischenund deutschenRechtsgeschichte_______ "o.chml ... lalN,~~:~~ ,~~I~~:~:~"~-:~,~:!~ ~,,~: ,~=:',,~ :~~~:~


ters sind gute Kenntnisse über den Inhaltder in Frage kommenden Datenbanken zurErarbeitung einer Suchstrategie notwendig.Spezifisches EDV-Wissen sollte immer wenigernotwendig sein, gewisse Grundkenntnissesind aber spätestens beim Auftretender ersten Fehlermeldung mehr als nützlich.Auch die Vorstellung, daß durch EDV­Einsatz die gesamte Sucharbeit, wie sie inder Vergangenheit geleistet werden mußte,dem Juristen vom Computer abgenommenwerden kann, ist unrichtig. Um vom EDV­Einsatz nicht enttäuscht zu werden, ist eswichtig, daß man sich auch die Grenzen derAutomatisierung vor Augen hält. Das juristischeDenken selbst ist nach wie vor nicht ersetzbar,der elektronische Jurist weit undbreit nicht in Sicht!Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhangauch, daß Rechtsdatenbanken nieals Ersatz für gedruckte juristische Publikationenkonzipiert worden sind. Es handeltsich vielmehr um neue elektronische Publikationen,die - mit zusätzlichen Möglichkeiten- neben die traditionellen Rechtsinformationssystemetreten. Das Konzept derÜbernahme vorhandener Printmedien in dieDatenbanken brachte allerdings mit sich,daß bis heute neue, zusätzliche Möglichkeitender Datenverarbeitung hinsichtlich Darstellungsweise,Interaktivität, Multimedia,Hypertext, Aufzeigen von Verweisstrukturenetc nicht oder erst in ersten Ansätzenverwirklicht wurden. Juristische Autorenproduzieren ja nach wie vor ausschließlichfür Printmedien und deren Möglichkeiten.Daher besteht zur Zeit der wesentliche qualitativeUnterschied von Rechtsdatenbankenzu traditioneller Rechtsdokumentation inder vielfach größeren Datenmenge, auf dieunmittelbar zugegriffen werden kann und ineinem vielfältigen Angebot an neuenSuchmethoden, die sich vor allem durch dieVerknüpfung von Suchbegriffen ergeben.Deshalb hat sich auch herausgestellt, daßdie juristischen Datenbanken zunächst keineswegszur Milderung der "Informationskrise"beigetragen haben. Die Antwort aufdie Frage, wo welche Informationen in weicherForm gefunden werden können, ist jedenfallsdann zusätzlich erschwert, wennman über Umfang und Inhalt der Rechtsdatenbankennicht genügend Bescheid weiß.Dem Juristen ist seit langer Zeit geläufig,was er an Information erwarten kann, wenner einen Großkommentar, eine Monographie,eine Gesetzesausgabe, eine Zeitschriftetc zu Rate zieht. Er weiß auch, wie er dieseInformationsquelle benutzen muß, damit erzu der in seiner konkreten Situation geradebenötigten Information (nicht mehr undnicht weniger) kommt. Gar nicht geläufig istdem Juristen aber, was ihn in den verschiedenenRechtsdatenbanken an Informationerwartet und wie er diese optimal für seinkonkretes Informationsbedürfnis nützenkann.Bei elI1em gezielten Einsatz könnenNr 2/95Rechtsdatenbanken sehr wohl helfen,schneller und sicherer als bisher zu den gewünschtenInformationen zu gelangen. DieVoraussetzungen dafür ließen sich durch eineentsprechende Ausbildung relativ leichtschaffen, das Problem an sich ist ja keineswegsneu. Auch bei den traditionellen Publikationenist es ohne Wissen um deren Inhaltunmöglich, das für den konkreten Bedarfpassende Rechtsinformationssystem auszuwählen.Über dieses Wissen, ebenso wie dieFachkenntnisse kann aber nur ein ausgebildeterJurist verfügen. Die Suche in Rechtsdatenbankenist daher - ebenso wie die Suchein konventionellen Publikationen juristischeArbeit und sollte deshalb von Juristendurchgeführt werden!Vorteile/NachteileVergleicht man die elektronische Rechtsdokumentationmit konventioneller Rechtsdokumentation,so ergibt sich etwa folgendesBild:Vorteile der EDV-Dokumentation:• gezielte Suche quer durch den gesamtenDatenbestand• die Suche erstreckt sich über mehrereJahrgänge• verschiedene Suchkriterien sind miteinanderverknüpfbar• größere Aktualität als bei Büchern(schließt die zeitliche Lücke etwa beiKommentaren)• keine "Ermüdung" beim Suchvorgang• Suchen mit EDV macht mehr SpaßNachteile der EDV-Dokumentation:• kein laufender Überblick möglich• Datenbestand zeitlich begrenzt• kein " Blättern" wie in einem Buch möglich• Bibliothek ist schöner und repräsentativer• am Bildschirm kann schlecht gelesenwerden• Kosten von Online-Abfragen teilweiseschwer abschätzbarSchon diese kurze Gegenüberstellung vonVor- und Nachteilen der elektronischenRechtsdokumentation zeigt, daß Rechtsdatenbankenkeineswegs die gedruckte juristischeLiteratur ersetzen können (was ja auchnie geplant war). Meines Erachtens kann dieBedeutung der Printmedien, insbesondereder Zeitschriften, als primäre Informationsquellezur Verschaffung eines ständigenÜberblicks über die laufende Rechtsentwicklungnicht genug betont werden. Geradedas "Querlesen" von Fach<strong>zeitschrift</strong>en,um im entscheidenden Moment zu wissen,daß es "zu diesem Problem eine Entscheidunggab" und ein entspanntes "Blättern"durch eine Zeitschrift oder ein Buch sinddurch Rechtsdatenbanken zur Zeit keinesfallsersetzbar. Dieses Überblickswissen istaber von entscheidender Bedeutung insbesonderebei der Entwicklung einer erfolgrei-JURIDIKUMRecht & Gesellschaftehen Suchstrategie für eine Datenbankl'e"eherehe.Von den konventionellen Rechtsinfilrmationssystemensind jene am ehesten durchDatenbanken ersetzbar, die schon bisher dieFunktion eines Nachschlagwerkes hatten,wenn auch in gedruckter Form - also Entscheidungssammlungenund Indices. Bei allenanderen wird man auf eine gedruckteFassung (eventuell neben einer elektronischenzum besseren Suchen) nicht verzichtenkönnen.Die Suchstrategie -"Ariadnes Faden.llNeben den Kenntnissen über den Datenbankinhaltspielt vor allem die Wahl derrichtigen Suchstrategie für den Erfolg einerAbfrage eine ganz entscheidende Rolle. Wersich an den Computer setzt und eine schnellesErgebnis "Marke Knopfdruck" erwartet,wird bald ernüchtert sein und den Datenbankenden Rücken kehren. Deshalb soll imfolgenden die Erarbeitung einer Suchstrategie,die gleichsam "Ariadnes Faden" im Labyrinth der Information bildet, dargestelltwerden. Eine weitere Illustrierung durchAbfragebeispiele muß einem gesondertenBeitrag vorbehalten bleiben.Die Suche in einer Datenbank kann indrei Hauptteile unterteilt werden:1. Die Vorbereitung2. Die Durchführung3. Die Auswertung des Suchergebnisses1. VorbereitungEiner der wesentlichen Aufgaben der Vorbereitungauf eine juristische Recherche ist es,die Hauptaspekte der konkreten Problemstellungherauszuschälen. Zu den einzelnenHauptaspekten können dann bei Bedarfweitere Stichworte und Rechtsnormen notiertwerden.Dies soll kurz an einem einfachen Anfragebeispielanschaulich gemacht werden.Nehmen wir folgende Problemstellung an:"Ist es möglich, daß durch eine Karikatur derTatbestand der Ehrenbeleidigung erfülltwird?"Diese Problemstellung beinhaltet zunächstoffensichtlich die Hauptaspekte:• Karikatur und Beleidigung (straf<strong>recht</strong>lichund zivil<strong>recht</strong>lich).• Der Jurist erkennt aber noch einen weiterenHauptaspekt, nämlich: Kunstfreiheit;und hinter diesen drei Hauptaspektl!ndie einschlägigen Rechtsnormen §* 11 tbzw. 115 StGB, § 1330 ABGB und Art17a StGG.• Der dritte Hauptaspekt und die dnHthlU"gigen Rechtsnormen können nu!' bei elll,sprechender juristische!' Bildung erkllllillSeite 25


Recht & Gesellschaftwerden. Ohne sie besteht aber die Gefahr,daß die Abfrage unvollständig oderwenig zielführend ausfällt.Die Anzahl der österreichischen Rechtsdatenbankenist noch <strong>recht</strong> überschaubar.Ohne einen Überblick und ohne eingehendeKenntnisse über Inhalt und Aufbau dereinzelnen Datenbanken ist es aber unmöglich,die für den konkreten Anwendungsfallpassende(n) Datenbank(en) auszuwählen.Die einzelnen Hauptaspekte der Anfragemüssen häufig mit logischen Operatoren verknüpftwerden. Die am meisten verwendetenOperatoren sind und und oder.Zunächst kann nach den Hauptaspekteneiner Abfrage alleine gesucht werden. Bei einerzu großer Anzahl von FundsteIlen ist essinnvoll, die;: Hauptaspekte mit und zu verknüpfen,weil sie ja im Idealfall gemeinsamim Dokument vorkommen müssen. Das Problemder Synonyme, Endungen, etc kanndurch eine Verknüpfung mit oder bzw durchsog "Maskierung" gelöst werden. Im Allgemeinenwird man zunächst mit einermöglichsteinfachen Suchlogik arbeiten. Wirklichkomplizierte Verknüpfungen sind nur beiganz wenigen Abfragen notwendig.Für die Verknüpfung mit und gilt alsFaustregel, daß sie das Gesamtergebnis auf1/10 des kleinsten Teilergebnisses drückt:(Aspekt A liefert 1000 Dokumente, AspektB liefert 100 Dokumente, Verknüpfung Aund B liefert etwa 10 Dokumente).Ein verwertbares Endergebnis wird - vonDatenbank zu Datenbank etwas verschieden- bei maximal 50 (bei Index- bzw Verweisdatenbankenca 100) Fundstellen liegen.2. Durchführung der SucheBei der Durchführung der Suche ist vor allemzu bedenken, daß es fast immer mehrereMöglichkeiten gibt, ein Rechtsproblem inwenigen Suchbegriffen "abzubilden". Vonder gewählten Variante hängt natürlich auchdas Suchergebnis ab.Es empfiehlt sich in der Praxis, eher mitspezielleren Begriffen zu beginnen und erstim Laufe einer Abfrage auf allgemeinere Begriffeauszudehnen, um nicht im Ergebnisder Suche zu "ertrinken". Für Juristen giltweiters, daß die Verwendung von juristischenFachbegriffen oder von Rechtsnormeneine gezieltere Suche ermöglicht. Erhältman nicht auf Anhieb ein zufriedensteIlendesErgebnis so gilt die Devise: Nichtvorschnell aufgeben und die Datenbank verfluchen!In solchen Fällen empfiehlt es sich,andere Möglichkeiten zu überlegen, wie dieAbfrage formuliert werden kann. Auch bereitsgefundene Dokumente können Anregungenfür mögliche Suchbegriffe geben.Schließlich ist noch zu sagen: auch ein(durch mehrere Suchvarianten abgesichertes)"Nullergebnis" ist ein Ergebnis. Es sagtnämlich aus, daß zum vorliegenden Suchproblemin den Publikationen, die in der jeweiligenDatenbank gespeicherten sind, ebenkein passendes Dokument vorhanden ist.3. Auswertung desSuchergebnissesDie Auswertung des Suchergebnisses umfaßtvor allem: Das Sichten des Suchergebnissedurch Durchsicht des Ausdrucks odermit Mitteln der Textverarbeitung; bei Verweisdatenbankendie Volltextbeschaffung;das Bewerten der Information, um darausSchlüsse zu ziehen.Gerade der Auswertung einer Recherchekommt eine entscheidende Rolle im Ablaufeiner Datenbanksuche zu, die häufig unterschätztwird. Man sollte dafür genügend Zeiteinplanen. Letztlich kann eine Datenbanknur Informationsmaterial zur Verfügung steilen.Was davon im konkreten Fall von Bedeutungist, kann nur der Benutzer mit seinemFachwissen entscheiden. Er sollte aberbereits vor Beginn einer Abfrage bedenken,daß ihm diese (oft <strong>recht</strong> mühsame) Auswertungdes Suchergebnisse keinesfalls vomComputer abgenommen werden kann!Denken müssen wir - Gott sei Dank -nach wie vor selber!Dr. Dietmar Jahnel ist Universitötsassistent am Institutfür Verwaltungs- und Verfassungs <strong>recht</strong> der UniversitötSalzburg und Leiter des Hochschulkurses fürRechtsinformatik.;;q DieGrüne Bildungswerkstatt präsentiertStreitenu m d i 'e R e pub I I •k> Montag 8. Mai> 19:30 Uhr> Odeon:Taborstraße 10,1020 Wien> Eintritt Frei!!Um die Republik streiten u.a.:>Josef BroukalJournalist>Josef CapBundesgeschäftsführer SPÖ> Fritz CzoklichZeitzeuge>Madeleine PetrovicBundessprecherin der Grünen> Ma"rtin ZumtobelUnternehmer> Moderation:> > > > > > > > >>Barbara Coudenhove-KalergiJURIDIKUMNr 2/95


(DES-)INTEGRATIONUberprüfung eines BegriffsMartin Michael RoßZwischen Ein-, Ent- undAusgrenzung den Prozessenvon Integration undDesintegration nachspüren,ohne diese als Zustandzu postulieren - daskönnte als Proiekt einer"Transversalen Vernunft"zu einer politischen Praxisder DiHerenz werden.Nr '2/95" ... ein ganz etfaßtes Ding verliert mit einemMale seinen Umfang und schmilzt zu einem Begriffein ... "Robert MusilVorbemerkungDesintegration ist die Auflösung, die Spaltung eitleSvollständigen Ganzen in zerstreute Teile. Diesevorläufige Bestimmung betont zunächstein Geschehen. Mit dem Begriff kann aberauch ein Zustand, in dem sich etwas nachder Auflösung befindet, gemeint sein. Undin diesem - negativen - Begriff ist auch dieFrage nach dessen positivem Pendant - Integration- enthalten. Anders gesagt, ist indie Frage nach der Bestimmung von "Desin-JURIDIKUMtegration" jene nach der Bestimmung von"Integration" sozusagen integriert.Nun ist diese Begriffsstruktur nicht voraussetzungslos.Wenn "Integration", ihremGegensatz entsprechend, vorläufig bestimmtwird, dann bedeutet dieser Begriff die Einbeziehung,Eingliederung in ein größeres Ganzes -die (Wieder-)Herstellung einer Einheit aus Differenziertem- bzw. den Zustand, in dem sichetwas nach der Einbeziehung befindet. Sowohlder Auflösung als auch der Einbeziehungmuß eine treibende Kraft zugrundeliegen.Die Frage nach "Desintegration" bzw."Integration" ist zugleich eine nach dieserKraft, ist die Frage: Wer (rles)it/!fgrio1 wild)Seite '27


Desintegration __________________________________________________________________________ __Wenden wir uns dem positiven Begriffzu, und akzentuieren wir das künstliche Momentder Bestimmung: (Wieder-)Herstellungeiller Einheit aus Differenziertem.Um ein vielleicht geläufiges Beispiel zunehmen: Jeder Trainer einer Fußballmannschaftsteht vor der Aufgabe, aus elf Individualistenein Team herzustellen. Die Fähigkeitender einzelnen Spieler sind so differenziert,daß es darauf ankommen wird, ihnenin der Einheit der Mannschaft jenenPlatz zuzuweisen, an dem sie am "mannschaftsdienlichs-ten"agieren können. Dabeiwird er idealerweise so vorgehen, daß dieSpieler ihre individuellen Fähigkeiten dortam besten entfalten können. Das integrierendeGeschehen bekommt dadurch einesimultane Struktur: Es geht darum, ein effizientesTeam zu formen, indem zugleichjeder einzelne Spieler so eingesetzt wird,daß er das, was er am besten kann, auch ameffizientesten zur Wirkung bringt.Selbstverständlich ist damit ein Ideal formuliert,und die Praxis zeigt, daß es nur seltenerreicht wird. (Von der Nennung gewisserMannschaften soll hier abgesehen werden,da fußballerische Leistungen derart divergierendbeurteilt werden und solche Urteiledeshalb schon zu den Glaubenssachengehören.) Schließlich handelt es sich um einsportliches Spiel, das viele Faktoren aufweist,die oft genug nicht beeinflußt werdenkönnen: Kurzschlußhandlungen, Müdigkeit,körperliche Unterlegenheit, mangelnde Interpretationsfähigkeitdes Spielleiters, Wet-Worauf es nun ankommt, ist, daß derTrainer diesem Ideal umso näher rückt, jeweniger er die Individualität des einzelnenSpielers unterdrückt. Denn es gibt währenddes Spiels immer wieder Situationen, in denendie Taktik kurzfristig verändert werdenmuß, und dies hat der Spieler zu entscheiden.Das heißt, er muß bis zu einem gewissenGrad autonom handeln können, indem erbeispielsweise solo einen Vorstoß in Richtunggegnerisches Tor unternimmt, sich alsozeitweilig desintegriert. Diese Selbst-Desintegrationist aber nie eine vollständige - selbstwenn der Spieler das wollte; denn die anderenspielen mit, werden für diese kurze Zeitsich so bewegen und postieren, daß sie beieinern eventuellen Fehler eingreifen, also in­If:l!.l'fIliv wirken können. Weil sich dieser Fall,in mannigfachen Varianten, während desIJ:llllzen Spiels ereignet, kann er mit Fug undRecht als Normalfall bezeichnet werden. Esfil\tk:t also ein situationsabhängiger Ausgleichstlltt.So zeige sich, daß Integration und Desin­It'lJ,!'ution scHlldig ineinander übergehen.I }lInillN folgt auch, daß eine zustandshaftfI J S. ,Ilm/Mnl IFt/IIII. I\()III/IIIII/(/h~'(fhlnd// {kr 11/1.1'­/lli {j"'II'nddti,l'd/r' Um/l'illflt·,'/,t;/I/lig SS/ /1)89substanzialistische Bestimmung beider Begriffesolchen Übergang planiert. SowohlAuflösung als auch Einbeziehung wohnt daskünstliche Moment der Herstellung inne.Diese ist aber nie abgeschlossen, Integrationund Desintegration sind nie vollständig. Einederartige Fassung der beiden Begriffe hebtdurch ihren Übergangscharakter das Ereignishaftehervor. Es fragt sich nun, wie dieBegriffsstruktur beschaffen ist, wenn sie imGegensatz dazu vom Zustandshaften dominiertwird.. ZuständeIn den letzten Jahren wurde wiederholt dieFrage gestellt, ob in Österreich lebende Personenohne österreichische Staatsbürgerschaftdas Wahl<strong>recht</strong> erhalten sollen. Ohnein extenso auf die Debatte einzugehen, sollennun die beiden gegenläufigen Argumentationssträngezusammenfassend besprochenwerden: Die BefürworterInnen argumentierenhauptsächlich so, daß sie meinen, wer inÖsterreich lebt und arbeitet, somit Steuern,Abgaben, Sozial- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgezahlt, auch wählen bzw. gewähltwerden dürfen soll. Die GegnerInnenbinden das Recht auf politische Mitbestimmungstrikt an die Staatsbürgerschaft. Wersie nicht hat, soll auch nicht wählen dürfen.Diese beiden Auffassungen stehen einanderdiametral gegenüber, wobei anzumerkenist, daß viele der pro-Stimmen dieses Wahl<strong>recht</strong>nur auf kommunaler Ebene verwirklichtsehen wollen. Beiden Aufassungenwohnen nun integrative bzw. desintegrativeMomente inne:Pro - Hier ist zustandshafte Integrationinsoferne angezielt, als das AusländerInnen­Wahl<strong>recht</strong> verfassungsmäßig zujixieren ist.Es gibt ganz offensichtlich die Einsicht indie bei dieser Problematik evidente Unausgewogenheitzwischen vorhandenen Pflichten(Steuern zahlen etc.) und verweigerten(politischen) Rechten, wobei das Wahl<strong>recht</strong>als Menschen<strong>recht</strong> aufgefaßt wird. DiesesPostulat ist insoferne relevant, als die Menschen<strong>recht</strong>evon ihrem Grundgedanken herals angeboren gelten, jeder Mensch also vonGeburt an in den Zustand versetzt ist, sie zubesitzen.Eine zustandshafte Desintegration isthier weniger stark ausgebildet und von österreiehiseherWarte aus gesehen deshalb nichtvon Bedeutung, weil sich das desintegrativeMoment auf die Herkunftsstaaten derNicht-ÖsterreicherInnen beschränkt.Contra - Die Gegnerinnen des AusländerInnen-Wahl<strong>recht</strong>sargumentieren aufnationalstaatlicher Grundlage und mit einemoft sehr unklar gefaßten Heimat-Begriff. Ausnationalökonomischen Gründen wurde zwareine Integration etwa von Gastarbeiterinnender Gntlldsatz. der Gleichheit vor dem Gesetz ein 1I1e1lsdl/!/I<strong>recht</strong>.11/1sschlif(/Jlich Staatsbürger sind allsdrücklieh,g/I!id/ vordetll Gesl!tz.' (11,t. 7 B-VG, 11rt. 2 StGG)."JURIDIKUMstillschweigend geduldet. Doch dieser Begriffvon Integration ist mit der eingangs angeführtenDefinition nur marginal verwandt.Es ist nämlich nicht klar, wie weit das für dieBestimmung notwendige "größere Ganze"gefaßt ist, und es entsteht dabei der Eindruck,daß ein Interesse daran besteht, dieseVagheit auf<strong>recht</strong>zuerhalten. Die Beziehungzwischen "Heimat" und "Staat" ist emotionalbesetzt und wird vordergründig oft indifferentbehandelt.Zugleich ist das desintegrative Momentrelativ stark ausgeprägt. Dies schon alleindeshalb, weil man sich hier auf die Verfassungfestlegt, die das Wahl<strong>recht</strong> an dieStaatsbürgerschaft knüpft und in der derGrundsatz der Gleichheit vor dem Gesetzkein Menschen<strong>recht</strong> ist.!') Das ergibt, daßdie AusländerInnen zwar mit Einschränkungengeduldet, aber vom vollständigenpolitischen Ganzen abgespalten - eben desintegriert- werden.Es zeigt sich, daß bei aller Untersehiedliehkeitbeide Auffassungen in einem wesentlichenPunkt gewisse Ähnlichkeit haben:in dem der <strong>gesellschaft</strong>spolitischen Verbindlichkeitder Verfassung. In ihr drückt sich- wenigstens formal - aus, wie offen eineGesellschaft ist, es ist ein Zustand fixiert. Somitbleibt als Zwischenergebnis, daß es dieVerfassung ist, die gewisse Richtlinien fürdas Ausmaß von Desintegration bzw. Integrationvorgibt. Dabei ist deutlich, daß dasdem zugrunde liegende Denken starr dualistisch/polargeprägt ist: - innen/außen,Freund/Feind ... : "Die Integrationsleistungeiner offenen Gesellschaft drückt sich demgegenüberin ihrer (bzw. ihrer VertreterInnen)Fähigkeit aus, Arenen, Mythen undSymbole zur Austragung politischer Konflikteso zu definieren, daß Konfrontation (undEntwicklung) ohne absolute Polarisierungmöglich bleibt." (2)DiHerenzenUm beim Wahl<strong>recht</strong>sbeispiel zu bleiben:Das Feststellen von Gleichheiten zwischenverschiedenen Individuen und ihrenLebensformen hat mit Integration nochnichts zu tun. Vor allem deshalb nicht, weiles von oben, von außen sieht und in seinemformal zusammenfassenden Habitus die Differenzenplaniert. Die Pluralität der Lebensformen- und AusländerInnen in Österreichleben anders - ist heute eine <strong>gesellschaft</strong>licheGrundsituation, die ernst genommenwerden muß. Dazu bedarf es einer Offenheitder Gesellschaft - ob das eine Verfassung garantierenkann, ist eine andere Frage. Feststeht, daß Differenz in solcher Offenheitwahrnehmbar und das als different Erkanntezu meinem Gegenüber wird. Doch wie beziehensich differente Lebensformen aufeinanderbzw. auf die ihnen de facto übergeord-(2) 1I1an/red Leitgeb, Zlim Integrations problem bürgerlichenRechts. In: JURIDIKU1I1- Zeitschrift im Rechtsstaat2/ J 994, S. 27.Nr 2/95


______________________________________ Desintegrationnete Instanz des Staates? - Das rührt an diealte platonische Frage nach den Weisen dermöglichen Beziehung von Einem und Vie­IemY)Es gibt deren vier: Die durchdringende -Eines geht durch vieles Unterschiedlichehindurch; die umfassende - Vieles wird vonEinem umfaßt; die zusammentreffende - Eineskommt durch die Verknüpfung von Vielemzustande; schließlich die absondernde Weise­Vieles besteht ohne jegliche Einheit.Die erste Weise eröffnet die Frage nachdem möglichen gemeinsamen Wesen verschiedenerLebensformen. Egal, was es ist(etwa das Faktum des Mensch-Seins, woransich die Allgemeingültigkeit der Menschen<strong>recht</strong>eanschließt) - wenn die einzelnenLebensformen so betrachtet werden, ist dieseseine, gemeinsame Wesen apriori gesetzt,es ist integriert - zustandshaft. Die Pluralitätkann so auf ein jedem Einzelelement inhärentesGrundgesetz zurückgeführt werden.Ein solches Gemeinsames, das dem Differentenimmanent ist, kann auch extrapoliertund hierarchisch als äußeres, übergeordnetes,umfassendes Prinzip behauptet werden.Dazu muß der betreffende Gegenstandsbereichgenau abgesteckt werden -was sich nicht unterordnen läßt, wird ausgeschlossen,desintegriert, um den einen Zustandder von oben geregelten Lebensformenunberührt zu lassen.ProzesseDemgegenüber zeichnen sich die beiden anderenWeisen des Verhältnisses von Einemzu Vielem durch ihren prozessualen Charakteraus. Die absondernde Weise beschreibtzunächst eine Pluralität einzelner Lebensformen,die noch nicht miteinander in Verbindunggetreten sind, aber durchaus konfrontativangelegt sind. Eine solche separative, jadesintegrative Betrachtungsweise wäre dannaffirmativ und letztendlich die Beliebigkeitfördernd, wenn sie wie oben prinzipialistischvorginge und die Möglichkeiten je eigenerund selbstorganisierter Übergänge außeracht ließe. So würde ein Zustand erreicht,der Veränderung - wenn überhaupt - nur innerhalbeines eng gesteckten Rahmens zuließe.Schon das konfrontative Momentzeigt, daß die absondernde Betrachtungsweiseeiner spezifischen Vernunftstruktur bedarf,die auf zumindest drei Ebenen wirksamist: Es wird über die Verfaßtheit differenterLebensformen reflektiert, die dieMöglichkeit von Übergängen zwischen ihnenmiteinkalkulieren muß; es wird die Praxissolcher Übergänge beschrieben; und aufdiesen beiden Ebenen zeigt sich, daß einesolche Vernunft zugleich auch das Mediumabgibt für den Widerstreit heterogener Momente.(3) Vgl. Platon, Sophistes 253 d--e.(4) So Wolfgang Welsch, Unsere postmoderne Moderne.Weinheim 1991 (1. Auf!. 1987), S. 242, in einem Ab-Nr 2/95Damit ist der Boden bereitet für das Zusammentreffenvon Heterogenem. Dadurchdaß Übergänge möglich sind und auch praktiziertwerden, ist ein Schritt auf eine wieauch immer geartete Einheit vollzogen. Diegegenseitige Integration der einzelnen Lebensformenlegt die Bedingungen, unter denensie passiert, stets neu fest. Hier werdendie Prozesse nicht verdinglicht, sondern inihrer Beweglichkeit belassen.Das befördert die einzelnen Lebensformenin ihrer Entwicklung und legt sie nichtauf Positionen fest, von wo aus es dannschwierig, wenn nicht sogar unmöglich ist,etwa eine Konfrontation (die der Versuch einesÜbergangs ist) ohne vollständige, unüberbrückbarePolarisierung zu führen. Esgeht somit um das Zusammentreffen unterBeibehaltung des je Besonderen und zugleichum das Sich-Absondern, ohne auf die Möglichkeitvon wie auch immer gestaltetenGemeinsamkeiten zu verzichten."Wo immer es um das Zusammenlebender Menschen geht, ist Politisches imSpiel. "(4) Zunächst klingt das wie eine Binsenweisheit,die herrschende politische Praxislehrt aber, daß gerade angesichts der Pluralitätder Lebensformen und der mit ihnenverbundenen partikularen Interessen dasvermeintlich selbstverständliche Politischeneu zu bestimmen ist. Insbesondere das derzeitexekutierte Konzept der Inneren SicherheitÖsterreichs, dessen Abschottungsideologiedem Postulat der Öffnung nach Europawiderspricht, zeigt nolens volens die Notwendigkeiteiner solchen Neuorientierungauf.Anhand dieses Beispiels ist aber offensichtlichgeworden, daß eine politische Praxisder Differenz nötig ist. Alleinvertretungsansprüchezu erheben und durchzusetzen bereitetzunehmend Schwierigkeiten. Daskommt daher, daß man sich allzu sehr auf einenStandpunkt festlegt. Selbstverständlichwird hier nicht die Forderung erhoben, opportunistisch(um nicht zu sagen, politicallycorreet) sein Fähnchen in den gerade günstigenWind zu hängen; es geht auch nicht darum,einer Werte-Beliebigkeit das Wort zureden.Es geht darum, Widerstreits-Politik zutreiben: ,,[Der Widerstreits-Politiker] erkennt,daß jeder Zug andere legitime Möglichkeitentilgt, daß inkommensurable Rechteaneinander scheitern und daß die politischeAufgabe und Lösung nicht darin liegenkann, dem ,einen richtigen' Standpunkt zumSieg zu verhelfen, sondern daß es jenseitssolcher Durchsetzung mit dem unaufhebbarenKonflikt der vielen legitimen Ansprücheanders und noch einmal im Sinn von Ge<strong>recht</strong>igkeitumzugehen gilt. "(5) Die dafürnötige Erkenntnis und Haltung beruht aufder Einsicht in die Heterogenität und dieGrundsituation des Widerstreits: "Wer dieseschnitt, wo Lyotards Idee einerphilosophischeIl Politikerörtert wird. - Viele der hier unter " DijferrmzeJ1 " vorgetrage1lellÜberlegungetl verdankm sich diesem BliCh.JURIDIKUMSicht gewonnen hat und deren Konsequenzensich nicht verstellt, der wird mit Konflikten,die er als Folge dieser grundsätzlichenWiderstreitsituation erkennt, anders umgehenals derjenige, der noch dem Irrtum deseinzig richtigen Weges nachjagt. "(6) Die(Des-)Integrationsproblematik ist ein Beispieldafür. Jede/r Einzelne schließt anderezugleich aus und ein. Das ist so alltäglich geworden,daß es nicht mehr auffällt. Und weiles nicht mehr a~ffällt, wird nicht darübernachgedacht.Die kulturell bedingte grundsätzlicheAndersheit der Lebensform von in Österreichansässigen Ausländerinnen ist jedochso auffällig, daß ein solches Nachdenkennotwendig geworden ist. Doch muß vorhernoch die (eigentlich gar nicht so) neue Situationwahrgenommen werden, und zwar hinsichtlichder erwähnten Übergänge. Ein absolut(istisch)esBeharren auf der eigenen Positionverhindert das, wirkt desintegrativ undselbst-desintegrativ zugleich.Es ist aber auch wertend, etwa dann,wenn die auffällige Andersheit als störendbezeichnet wird. Aber auch Integration kannabsolutistisch daherkommen, nämlich dann,wenn ungeklärt bleibt, zu wessen und weichenBedingungen integriert werden soll.Die Zwangs beglückung ist dann nicht mehrweit entfernt.Transversale VernunftIntegration und Desintegration wären alsozwei Gesichter einer transversalen Vernunft(Welsch), die in ihrem Grundvermögen wederdem abgrenzenden, noch dem entgrenzendenDenken die Macht einräumt. Sie hatVermittlung und Verbindlichkeit auf ihreFahnen geschrieben, Pluralität und Differenzgälten ihr als höchste Werte, wäre siehierarchisch strukturiert. Sie baut auf Wahrnehmungund Urteilskraft. Ihre Maximekönnte sein: Erst schauen, dann denken,dann handeln. Dazu sind Kriterien sicherlichunabdingbar. Sie sind aber stets neu zu erarbeitenund nicht von einer einmal fixiertenPosition aus herzuleiten. Ihre Anwendungwürde dann nicht nur allzu mechanisch vonstattengehen, sie würde auch dem Bereichder Übergänge das Transitorische nehmen.Beide, die Herstellung einer Einheit ausDifferenziertem und die Auflösung einesvollständigen Ganzen in zerstreute Teile,geschehen unter der Bedingung von Einheitlichkeitund negieren letztlich Differenz- aber nur dann, wenn sie nicht als zusammengehörigund nicht als prozessual erkanntwerden.Dr. Martin Michael Roß ist Philosoph und Kunstwissenschaftier,lebt in Wien und lehrt Ästhetik undallgemeine Kunstwissenschaft am Institut für Kunstgeschichteder Universität Innsbruck.(5) Ebda.(6) Welsin 1991, S. 244.Seite 29


Desintegration ____________________________________________________________________________ ~_POLITISCH KONKRET:Die Pathogeneseeiner Methodologie"Sobald BegriHe wie ,Treuund Glauben', ,gute SiHen'usw. nicht auf die individualistischebürgerliche Verkehrs<strong>gesellschaft</strong>,sondernauf das Interesse desVolksganzen bezogen werden,ändert sich in der Tatdas gesamte Recht, ohnedaß ein einziges ,positives'Gesetz geändert zu werdenbrauchte./I (earl SchmiH)"Meine WÜ'nsche sind dunkel und blutrotl khmuß handeln. "(I)Garl Schmitt ist seit zehn Jahren totil.l. Anläßlichseines Todes erschienen derartig vieledivergierende Nekrologe, daß darüber eineigenes Buch geschrieben wurde.!')Er hat 1912 im Alter von 24 Jahren einBlich - seine Dissertation - geschrieben, dasden T'iccl "Gesetz und Urteil" (4) trägt. Eshandelt sich dabei um eine juristische Methodologie,die 1969 neu aufgelegt wurdeund in der Literatur relativ wenig Beachtungfindet. Hier sollen daher eine kurze Diskussiondieser Arbeit und, im weiteren Verlauf,der "spezifisch juristischen" MethodologieGarl Schmitts geleistet werden.Dabei wird v.a. auch auf "Die drei Artendes <strong>recht</strong>swissenschaftlichen Denkens" (5)einzugehen sein. Auf diese beiden Schriftenkonzentriert sich dieser Aufsatz. I !»Gesetz und Urteil,,[ M J an datf die Frage: wann ist richtig entschieden?nicht mit der Frage: wann ist richtig interpn:tiert?identifizieren. "(7)Thema des Buches ist das richtige Recht.GuU stellt sich die Aufgabe zu klären, wanneine richterliche Entscheidung juristisch"richtig" sei. Was "richtig" in diesem Zusammenhangheißen soll, bleibt vorerst imDunkeln, gemeint ist wohl eine Praktolo-gie l8 >, die den von Schmitt entwickelten methodischenRichtlinien folgt.Bevor er jedoch diese entwickelt, widmeter sich der Kritik. Nach Übernahme der vonder Frei<strong>recht</strong>sschule entwickelten Argumentegegen die - heute wohl von niemandemmehr explizit vertretene (9) - Vorstellung, eine"richtige Entscheidung" sei das Resultateines logischen Schlusses nach dem Schemaeines Syllogismus, formuliert Schmitt Argumentegegen Interpretationsversuche nachdem "Willen des Gesetzes" und nach dem"Willen des Gesetzgebers" (GuU, S. 22ff.)IIO), wobei er auch auf die Willkürlichkeitder Entscheidung zwischen Analogie und argumentume contrario hinweist (GuU,S. 27f.). Die subjektiv-historische Methodekonstruiere e'inen Willen des Gesetzgebersund sei sich nicht bewußt, es mit einer Fiktionzu tun zu haben, die objektive Methodeauf der Suche nach dem Willen des Gesetzesjage einem Phantom nach, das "das schlimmereGespenst" (GuU, S. 30) und also einebenfalls ungeeignetes Kriterium zur Bewertungder Richtigkeit einer Entscheidung(GuU, S. 36) sei. "Den Richter, der wissenwill, warum er ein Jahr Gefängnis und nichtein Jahr und einen Tag als Strafe festsetzt,auf die Grundsätze der General- und Spezialpräventionverweisen, heißt einfach, ihnzum besten halten. 11 I) " (GuU, S. 109)Während sich diese ablehnende Haltunggegenüber "klassischer Auslegung" noch imRahmen einer reflektierten, jedoch auf demBoden einer grundsätzlichen Anerkennungder richterlichen Gesetzesbindung operierendenMethoden<strong>kritik</strong> bewegen könnte, tutSchmitt noch einen weiteren, viel radikalerenSchritt, indem er sich der Bürde des Gesetzesvöllig entledigt. Die Gesetzmäßigkeiteiner richterlichen Entscheidung sei nämlichnicht Kriterium für deren Richtigkeit. Vielmehrformuliert Schmitt folgendes Prinzip:(1) Ingeborg Bachmatl1l am 10. akt. 1945, ill: eadcm,Briefe an Feliciatl (Miinchet!IZlilich 1991), S. 35.(2) Er starb am 7. April 1985 ill Plettenberg. Vgl. zuseinem Lebet! Paul Noack, Carl Sdlmitt. Eille BilJgm·phie(BerlitI1993).(3) Günter Maschke, Der Tod des Ca1'l Sdl1l1itt (Wi/!//1987),(4) Carl Schmitt, Gesetz und Urteil. Einl! UlIlU:Wdlllllgzum Problem der Rechtspraxis (Berlin /912). Im.J(JI·genden: GuU. Zitiert wird nach dererstCli Aufltlf;e.(5) Ca1'l Schmitt, Über die drei ArteIl des rcchtswis.\·f,IJ·schaftlichm Dmkms (Hamburg 1934). Imfolgl!1lde//:ÜdA.(6) Währmd staats- und völker<strong>recht</strong>stheoretischc Aspekteder Arbeit Carl Schmitts literarisch gut erschlosse/l sind,ist das Interesse an methodologischm Fragen im Zusam·mmhang mit diesem Autor bisher eher gering geweset!.Symptomatisch zB Helmut Rumpf, Carl Schmitt undThomas Hobbes.ltIeelle Beziehungen und aktuelle Bedeutungmit eitler Abhandlung über: Die F riihschriftC1lCarl Schmitts (Berlin 1972), hier: S. 12, der, entgegendem Titel, Gu U als" rein juristische Arbeit" unberücksichtigtläßt. Vgl. allerdings - aus der neueren Literatur- zu GuU zB Heiner Bielefeldt, Kampf und Entscheidung.Politischer Existenzialismus bei Carl Schmitt,Seite 30Hdlllllth Plcssner und Karl Jaspers (Wiirzburg 1994),-;,Iücr: S. 20-23; Lorenz Kiefer, Begründung, DezisionIIl1d Politische Theologie. Zu drei frühen Schriften von(:ar! Sdml;tt, in: ARSP 1990, S. 479-499, hier v.a.:480-483.(7) GIIU, S. 11.(8) Sdlmitt betontmehrlIlaIs (zB.: GuU S. 81), daß sichseitlI! Ulltl!/'Silchung mit ihren methodischen Richtlinien111/1' (llifdie Praxis - und nicht auf die wissenschaftliche(11IId fll.w dogmatische) Bearbeitung des Rechts - beziehe.Dil!s ist allerdings angesichts der sogleich darzustellendl!fltIIl!thodisdlcJI Prinzipien, die Schmitt entwickelt, eineal.\' SdllltzbehrJllptllngflt1lgierende Banalität.(9) VKI. a/le/Ylings noch Horst Bartholomeyczik,DieKIIIISI der Gr!sctzesauslegung (3. Auf/. FrankfurtlMain/965), hier: eS'. 36: "Die Wortinterpretation ist der Be­Killll dcr Geser;:,csatlwendung und gleichzeitig die Vorbereitungder Auslegung, nicht aber Endputlkt derRedJtsjiJ/rlIIJlK. (Hervorhebung von mir, im Originalvorhcl/}dcne Hnvorhebung getilgt.) Vgl. auch § 3 StGBder DDR VOtll 18. 1. 1968 (hier zitiert nach HeitlZZipf, Klimilltllpolitik [2. Auflage HeidelberglKarlsruhe1980), S. 120 f): Eine Straftat liegt nicht vor, wenndie Handlung zwar dem Wortlaut eines gesetzlichenTatbestands entspricht,jedoch die Auswirklt1l-JURIDIKUMgen der Tat auf die Rechte und Interessen der Bürgeroder der Gesellschaft und die Schuld des Täters unbedeutendsind. (Hervorhebungvotl mir)(10) Vgl. für eine modernere Version dieser DifferenzierungRalf Dreier, Zur Problematik und Situation derVerjassungsinterpretation, in: idern, Recht - MoralltIeologie(FrankfurtlMain 1981), S. 106-145, hier:S. 114 At/m. 43 lind ihm folgend Delf Buchwald, Diecanones der Auslegung und rationale juristische Begründung,itl: ARSP 1993, S. 16-47, hier: S. 23. Diebeiden Autoren gelangen, da sie zwischen einerseits subjektiv-objektiverund andererseits historisch-geltungszeitlieherBetrachtungsweise differenzieren, zu einer Tetra­Jlomie der theoretisch möglichen Auslegungsziele. Dabeispielett jedoch, wie auch beide richtigfeststellen, der "objektiv-historische"und der "subjektiv-geltutlgszeitliche"(der überdies ohnehin nur eine hypothetische Kotlstruktiondarstelletl kb'nnte ulld dem Richter ein noch weiteresFeld an "Auslegungsmöglichkeiten" gewährte) Gesichtspunktin der Diskussion eine unbedeutende Rolle.(11) Mit dem sich anschlidJenden Hinweis, daß sich eillezur Festsetzung des konkretetl Strafmaßes bettutzte Praxisherausbilde, hat Schmitt <strong>recht</strong>. So bestehetl in Österreichbekanntlich deutliche regionale Untet'Schiede, wasdie mit einer Verurteilullg eillhergehetlde Straf/ast be-Nr 2/95


"Eine gesetzmäßige Entscheidung ist heute[nur mehr, N.F.] dann richtig, wenn anzunehmenist, daß ein anderer Richter ebensoentschieden hätte. ,Ein anderer Richter, bedeutethier den empirischen Typus des modernen<strong>recht</strong>sgelehrten Juristen." (Gu U,S. 71)112) ,,[D]er andere Richter ist eben dernormale juristisch gebildete Richter; wobeidas Wort ,normal' im quantitativ-durchschnittlichenSinne gebraucht ist; nicht alsBezeichnung eines Idealtypus, nicht qualitativ-teleologisch."(GuU, S. 79)Als positives Argument für seine Auffassungmacht Schmitt zunächst dieTatsache geltend, daß es Kollegialgerichtegäbe, deren Funktion es sei,Besonderheiten in der <strong>recht</strong>lichenAuffassung der einzelnen Richterauszugleichen, weil dadurch dieWahrscheinlichkeit erhöht werde,daß die Entscheidung voraussehbarund berechenbar werde. Dadurchwerde dem Postulat der Einheitlichkeitder Rechtssprechung, welchemZiel auch die Einrichtung des Instanzenzugesdiene, eher entsprochenwerden können. Wenn eineMehrheit von Richtern an der Entscheidungbeteiligt sei, sei es eherplausibel anzunehmen, daß andereRichter ebenso entschieden hätten.Weiters argumentiert Schmitt, daßdie Funktion der Begründung gerichtlicherEntscheidungen nicht ineiner Selbstkontrolle oder in einemErklärungsversuch an die Parteien,sondern ebenfalls darin zu findensei, andere Richter oder den "Typus[, .. ] einers] gelehrten Juristen, der selbstverständlichauch Verständnis für die Fragendes praktischen Lebens hat" (GuU, S. 85),zu überzeugen, die Entscheidung also voraussehbarbzw. - im Nachhinein betrachtet­"im Sinne der juristischen Praxis erklärlich"(GuU S. 86) zu machen.Wenn ein Richter von der herrschendenMeinung abgehe, so habe er dies mit derartigeinleuchtenden Argumenten zu tun, daßseine Abweichung vorhersehbar und berechenbarbleibe. Präjudizien dienten also derVorhersehbarkeit der Entscheidung, beialeatorischen Entscheidungen - als derenBeispiel Schmitt ein wechsel<strong>recht</strong>liches Problemanführt (GuU S. 104-106) - sei wichtig,daß überhaupt entschieden werde, die Frageder inhaltlichen Richtigkeit trete hinter diedurch das Präjudiz geschaffene Rechtsbestimmtheitzurück. Vertreten wird hier alsoein antiindividualistischer Dezisionismus.trifft. Vgl. dazu Arno Pi/gram, Die erste iisterreichischeRückfallsstatistik - ein Mittel zur Evalttation regionalerStrafenpolitik, in: Ö1Z 1991, S. 577 ff; ManfredBurgstaller/Franz Gsaszar, Zur regionalen StrafeIlpraxisin Österreich, in.' Ö1Z 1985, S. 1 f/ und S. 43 ff.;Mml/red Burgstaller/Franz Gsaszar, Ergänzll1lgSlttltersltchungenzur regionalm Strafellpraxis, in: Ö1Z1985, S. 417 ff; Manfred Burgstaller/Franz Gsaszar,Ergänzltngsuntersuchungm Zttr regionalen Strafettpra-Nr 2/95Statt also eine reflektiertere Methodikzum Zwecke einer rationaleren Interpretationnormativer Texte, als dies mit Hilfe derüberkommenen Interpretationsmethodenmöglich ist, zu entwickeln, macht Schmittdas Gesetz überhaupt entbehrlich.Dabei beirrt ihn § 1 GVG ("Die richterlicheGewalt wird durch unabhängige, nurdem Gesetze unterworfene Gerichte ausgeübt.") nicht. IJ3 ) Indem Schmitt nämlichdartut, daß Fälle, in denen eine glatte Subsumptionunter den Gesetzestext möglichwäre, kaum denkbar seien und er anschließend- statt eine entwickeltere Methodikzur Arbeit mit Texten zu erarbeiten -die Suche nach dem Willen des Gesetzesoder des Gesetzgebers (zu Recht) als willkürlichdiskreditiert, glaubt er, das Gesetzesbindungspostulatals inhaltsleere petitioprincipii ignorieren zu können, weshalb manvon diesem "keine Antwort auf die grundlegendeFrage [nach der Richtigkeit einerEntscheidung, N.F.] erwarten [wird] können."(GuU, S. 11).Diese Argumentation hat jedoch natürlichihrerseits eine petitio principii zur Voraussetzung.Denn aus dem Scheitern einerbedeutungsidealistischen, normativen Textennicht ge<strong>recht</strong> werdenden Methodik mitHilfe einer ihrerseits wiederum bedeutungsidealistischen,an gängigen Vorstellungenvon der "Bedeutung des Wortlauts" orientiertenArgumentation den Schluß auf dieBelanglosigkeit eben jener normativen Texxis,in: Straf<strong>recht</strong>liche Pmblt:tttf! di/r Gegellwat11985, S.129-187; Frallz Gsdszar, Kriminalitiit IInr! Strafverfolgungseit dem StGB 1975, in.' Ö./Z /992, S.434-442,hier illsbesondere.· S. 439. Vgl. Zll ii/mlichi/Il lokalen Differenzenitl der delltschen aktuelleIl Stra!zlImessllllgspraxisGhristian Pfeiffer, GlaStlost ill der Stl"ljl/stiz - EmpirischeForschung auf der SI/che l/ach Strafzllmessllllgsge<strong>recht</strong>igkeit,in.' DRiZ 1990, S. 441-445.(12) Im Original eingerückt.JURIDIKUMte zu schließen, um nach dem undcl't~1l Hkh,ter rufen zu können, setzt voraus, was (~1i Ilt',weisen soll: daß Erkenntnis über' I \:xte Jen,seits einer alltagstheoretischen Vorstdlurq,\ihrer Bedeutung nicht möglich ist.Was nach diesem rhetorischen Kunstgriffbleibt, ist die Suche nach einer über ~dlgc,meine, schriftsprachlich verfaßte Normennicht mehr vermittelbaren Einheit. Das Po,stulat, es komme darauf an, so zu entscheiden,wie ein anderer Richter entschieden habenwürde, eliminiert nach Beseitigung derGesetzesbindung in weiterer Folge auehnoch die Zulässigkeit von Differenz unterRichtern.Daß eine juristische Entscheidung richtigsei, wenn ein anderer - muß also heißen: potentielljeder andere - Richter ebenso entschiedenhaben würde, setzt in letzter Konsequenzein verdinglichtes Corpus(<strong>recht</strong>s)politisch gleichgeschalteter Richtervoraus, die statt einer gesetzlichen nur mehrihrer eigenen Kontrolle, die fremdgesteuertwerden kann, unterliegen. Wer anders entscheidet,entscheidet falsch. Es ist nichtweit, bis er endlich zum zersetzenden Feindwird. "Ohne den Grundsatz der Artgleichheitkönnte der nationalsozialistische Staatnicht bestehen und wäre sein Rechtslebennicht denkbar; er wäre mit all seinen Einrichtungenseinen - bald überlegen kritisierenden,bald unterwürfig sich assimilierenden-liberalen oder marxistischen Feindenausgeliefertli.) [ ... ] Bis in die tiefsten, unbewußtestenRegungen des Gemüts, aber auchbis in die kleinste Gehirnfaser hinein, stehtder Mensch in der Wirklichkeit dieser VolksundRassenzugehörigkeit. Objektiv ist nichtjeder, der es sein möchte und der mit subjektivgutem Gewissen glaubt, er habe sichgenug angestrengt, um objektiv zu sein.Ein Artfremder mag sich noch so kritischgebären und noch so scharfsinnig bemühen,mag Bücher lesen und Bücher schreiben, erdenkt und versteht anders, weil er anders geartetist, und bleibt in jedem entscheidendenGedankengang in den existenziellenBedingungen seiner eigenen Art. Das ist dieobjektive Wirklichkeit der ,Objektivität'." (15)Die drei Arten des <strong>recht</strong>s·wissenschaftlichen Denkens"Es kann bei plötzlich eintretenden Änderungendes Rechtslebens, bei einer ,stürmi;chen Entwick­Izmg des Rechtsbewußtsein,{. . .] die Bestimmungdarüber, wie ein anderer Richter entscheiden würde,sehr schnell sich ändern. "(16)(13) Vgl. zur Problematik des § 1 GVG im Nationalsozialismusauch Dieter Simotl, Waren die NS-Richter"unabhängige Richter" im Silllle des § 1 GVG, i1l.· RJ 4(I985), S. 103-116; Niklas LlIhma1lt1, Das Recht derGesellschaft (FrankfIlt1/i1!1ain 1993), S. 82/(14) Garl Schmitt, Staat, Bewegung, Volk (Hambl/rg1933), S. 45.(15) ebd. S. 48.(16) GlIU, s. 117.Seite 31


Der Text beginnt mit einer Dreiteilung desmöglichen Verständnisses von Recht. Dieseskönne entweder als eine Regel, als eine Entscheidungoder als eine konkrete Ordnungaufgefaßt werden. Daraus resultieren die vonSchmitt behaupteten drei Arten des <strong>recht</strong>swissenschaftlichenDenkens: Das RegelundGesetzesdenken, das Entscheidungsdenkensowie das konkrete Ordnungs- undGestaltungsdenken. Das germanische Rechtdes Mittelalters sei durch konkretes Ordnungsdenkengeprägt gewesen, doch sei diesesdurch die Rezeption des römischenRechts verdrängt worden und habe einemabstrakten Normativismus Platz machenDie rein normativistische Methode isoliereund verabsolutiere die Norm. Das Gesetzwäre der Herrscher über die Menschen, dielex der rex, womit erreicht werden könne,daß die Norm die konkrete Königs- oderFührerordnung zerstören könne. Ein normativistischerRechtsbegriff sei aber verfehlt,weil nur von einem konkreten Ordnungsdenkenher beispielsweise der Begriff desVerbrechers gedacht werden könne. In einemstreng normativistischen Verständniserfülle ein Verbrecher nur einen Tatbestand,sei nicht mehr der Inbegrifffür Unordnung.Man könne nicht mehr zwischen Ordnungund Unordnung, zwischen der juristisch gebotenenBehandlung eines Verlöbnisses, dasfälschlicherweise als bloßer Vertrag begriffenwerde, und eines Raubmordes unterscheiden,weil beide ja bloß Anlässe einer Gesetzesanwendungwären. Zwar könne man sichdas Funktionieren menschlicher Beziehungenals eine bloße Funktion genereller, berechenbarerNormen vorstellen, dies wäreaber nur in inhaltlich nicht "aufgeladenen"Bereichen wie der Erstellung eines Fahrplanssinnvoll. Die allgemeine juristische13egrifflichkeit setze hingegen einen Rekursauf die konkrete Ordnung voraus, ein Terlninuserhalte erst dadurch seine Bedeutung,derer sich der Normativismus bedienenmUsse. "Eine gesetzliche Regelung setztNormalbegriffe voraus, die so wenig aus dergesetzlichen Regelung entstehen, daß vielmehrgerade die Normierung ohne sie ganzunverständlich wird und man nicht einmalmehr von einer ,Norm' sprechen kannn. Einegenerelle Regel soll zwar von der konkrerenEinzellage unabhängig sein und sichtlber den Einzelfall erheben, weil sie vieleFlille und nicht nur einen einzelnen Fall regelnsoll; aber sie erhebt sich nur in einemsehr beschränkten Maße, nur in einem ganzbestimmten Rahmen, und nur bis zu einerbescheidenen Höhe über die konkrete Lage.Überschreitet sie dieses Maß, so trifft undbetrifft sie nicht mehr den Fall, den sie regelnsoll. Sie wird sinn- und beziehungslos. "(OdA, S. 23). Die Rechtsordnung sei also an"konkrete Normalbegriffe" gebunden, dienicht aus allgemeinen Normen abgeleitetseien, sondern solche aus ihrer eigenen Ordnungheraus und für ihre eigene Ordnunghervorbrächte.Der zweite "ewige Typus" (ÜdA, S. 25)des Umgangs mit dem Recht sei der Dezisionismus,als dessen typischer VertreterThomas Hobbes anzusehen sei. Der Dezisionistentscheide um des Entscheidens willen.Die Entscheidung .entstehe aus einemnormativen Nichts und in einer konkretenJURIDIKUMUnordnung, die in Ordnung gebracht werde,indem entschieden würde, egal wie. DieEntscheidung mache den Entscheidendenzum Souverän und erzeuge Ordnung.Aus Normativismus und Dezisionismusentstehe als uneigenständige Mischformzwischen Entscheidungs- und Gesetzesdenkender Positivismus, das Rechtsdenken seihier zum bloßen am Konfliktfall orientiertenLegalitätsdenken degeneriert. Nur der zweifelloseInhalt der Norm sei für den PositivistenMaßstab der Entscheidung, dieser klareInhalt könne aber nicht aufgefunden werden,weil die Suche nach dem Zweck oderdem Willen des Gesetzes sinnlos, die Sicherheitder Entscheidung nicht daraus, sondernnur aus der relativ stabilen Situation desStaats im 19. Jahrhunderts deduzierbar sei."Schon die einfachsten Probleme der Auslegungund der Beweiswürdigung [!) mußteneinen darüber belehren, daß die Festigkeitund Sicherheit auch der ganz sorgfältig undumständlich geschriebenen Gesetzestexte insich selbst überaus fraglich blieb. Wortlautund Wortsinn, Entstehungsgeschichte,Rechtsgefühl und Verkehrsbedürfnisse wirkenbei der Entstehung des ,zweifellosen'Inhalts des Gesetzestextes [ ... ) in der verschiedenartigstenWeise durcheinander."(ÜdA, S. 34) Daher müsse sich der Positivistdezisionistisch einer nicht letztbegründbarenEntscheidung unterwerfen, wodurch die Suchenach dem Geltungsgrund der Norm abgebrochenund stattdessen der Wille der geradeherrschenden Macht anerkannt werdenmüsse, ohne daß diese Macht als konkreteOrdnung verstanden werden könne.Wie in GuU negiert Schmitt also wiederumdie Möglichkeit, rational begründbareErkenntnisse aus normativen Texten zu gewinnen.Den Ausweg aus den Dilemmata vonNormativismus, Dezisionismus und derMischform des Positivismus bietet fürSchmitt daher nun nur mehr die (Rück-)Besinnungauf konkrete Ordnungen, als derenVordenker Hegel reklamiert wird, im Volke.Als EinbruchsteIlen dieses neuen Denkensdienten Generalklauseln und unbestimmteBegriffen neuer Art, wie gute Sitten, Treuund Glauben, deren Auftreten sich im neuenStaat häufe und derer weder Gesetzgebungnoch Rechtsprechung mehr entbehrenkönnten. Wohin seine methodische Konzeptionführt, erkennt Schmitt selbst in bestechenderKlarheit: "Sobald Begriffe wie,Treu und Glauben', ,gute Sitten' usw. nichtauf die individualistische bürgerliche Verkehrs<strong>gesellschaft</strong>,sondern auf das Interessedes Volksganzen bezogen werden, ändertsich in der Tat das gesamte Recht, ohne daßein einziges ,positives' Gesetz geändert zuwerden brauchte. Ich bin deshalb der Über-(17) Vgl. zu vergleichbaren antiromanistischen Reflexenin der juristischen Diskussion Richard Gamauf, DieKritik am Rtimischm Recht im 19. und 20. Jahrhundert,erscheint voraussichtlich in: Wiener HumanistischeBlätter 1995.Nr 2/95


, _______________________________________ Desintegrationzeugung, daß sich in diesen Generalklauselneine neue juristische Denkweise durchsetzenkann. Dorch dürfen sie dann nicht alsbloßes Korrektiv des bisherigen Positivismus,sondern müssen als das spezifischeMittel eines neuen <strong>recht</strong>swissenschaftlichenDenktypus gehandhabt werden." (OdA,S.59)Schmitt nimmt also das bereits in GuUbegonnene Unternehmen der Entwertungdes Gesetzes wieder auf, die Konsequenz istdie Auflösung des Gesetzesbegriffs.(lH) Nurder Focus auf die Bewertung der Richtigkeiteiner Entscheidung hat sich ein wenig verschoben.Nicht mehr der - scheinbar unpolitische- andere Richter, sondern die konkretenationalsozialistische Volksordnung wirdzum Kriterium. Der Richter wird durch dasKollektiv des Volks ersetzt. Richtig ist nun,was der konkreten Volksordnung ge<strong>recht</strong>wird, womit die konkrete Maßnahme auchschon legitimiert ist. Das Individuum deseinzelnen Richters wird in die Ordnung inkorporiertund dadurch "mit Bedeutung undeiner übersteigerten Realität aufgeladen.Umgekehrt wird das Kollektiv dabei vereinheitlicht."(19)Die Idee der Volksordnung bedarf, umendgültig wirksam werden zu können, nunnoch eines Symbols in Form ihres Repräsentanten.Das ist Hitler, der Führer(Z


Desintegration ______________________________________________________________________________ _ZUR INSZENIERUNG GROßKOALITIONÄRER FREMDENPOLITIKIn besterGesellschaftMehr noch als diekonkreten Aktivitätenstaatlicher Organe hat dasZusammenspiel vonvorbereitender Präsentation,nachvollziehenderTat und beschwichtigenderKommentierung großkoalitionärerFremdenpolitikdas politischeKlima dieser Republikauf Dauer verändert.Unter den abgefeimten Praktikern von heute hatdie Lüge längst ihre ehrliche Funktion verloren,fiber Reales zu täuschen. Keiner glaubt keinem, allewissen Bescheid. Gelogen wird nur, um dem {mdernzu verstehen zu geben, daß einem nichts (It/ihm liegt, daß man seiner nicht bedatf, daß einemgleichgültig ist, was er über einen denkt. Die Li/ge,einmal ein liberales Mittel der Kommtmikatioft,ist heute zu einer der Techniken der Unvn:\"chämtheitgeworden, mit deren Hilfe jeder Einzelne dieKälte um sich verbreitet, in deren Schurz ergerleihenkann.'/)Nach einem bekannten Bonmot waren dieMenschen, die durch die Lücken der BerlinerMauer strömten, die Kinder des Fernsehens.Mittlerweile sollte klar geworden sein,daß die Auswirkungen eben dieser sich permanentintensivierenden technologischcnund soziokulturellen Revolution auch westeuropäische(Wohlfahrts)Staaten vor weitreichendeEntscheidungen stellen wird.Ein (hypothetisches) Ganzes ist möglicherweisenur in seinen Teilen zu begreifen:globale Probleme werden regional erfahrbar,komplexe soziale Muster lassen sich exemplarischan lokalen politischen Reaktionenfestmachen.Intensiver Wandel wird über eine Vielzahlvon "Freisetzungen" erlebt, auf dieMenschen und Institutionen immer dann,wenn sie nicht (nur) als Chancen zu interpretierensind, mit Verunsicherung undAngst reagieren (müssen). Typischerweisegeht der Verlust an "fraglosen", "naturgesetzlichen" Sicherheiten Hand in Hand mitdem an identitätsstiftender, kultureller Orientierung.Die politisch bislang überzeugendsteSpiegelung dessen, was ich als zweite industrielleRevolution bezeichnen möchte, istdie strategische Neuausrichtung der (damaligen)FPÖ hin zu einer kompromißlos <strong>recht</strong>spopulistischenund systemkritischen Partei/Bewegung.Sie ist zugleich die (bisher)kompromißloseste politische Wette auf dieSprengkraft jener möglicherweise säkularenEntwicklung.Eine Entscheidung, die schon bishernicht ohne Wirkung blieb: Die Entpuppungder F hat wesentlich zur Gründung und Etablierungeiner fünften (und möglicherweisebald einer sechsten) Parlaments partei und zucinem breiten Kaleideskop strategischerNeuorientierungen im Umfeld der vormaligenGroßparteien beigetragen. Von ihremEinfluß etwa auf die Asyl-, Fremden- undSicherheitspolitik wissen die Vertreter allerverbliebenen Parteien in bewegten Wortenzu berichten.Dennoch scheint mir, was hier in undmittlerweise auch zur Bewegung geriet, in~Cinen organisatorischen und politischenSpielräumen bis heute nur wenig ausgeleuchtet.Sowenig es den VertreterInnendiescr Bewegung zu verdenken ist, daß sievon den Rahmenbedinungen ihrer Wettenicht mehr als notwendig bzw. tunlich publikmachen, so sehr verwundert die Sprachlosigkeitihrer politischen Gegner.Nicht, daß es an Ansätzen dazu mangelte(gerade das nicht), vielmehr verflachen Bilder,Symbole und Sprachregelungen mit eindrücklicherRegelmäßigkeit zu Stereotypenoder gleichsam rituell vorgebrachten Formeln.Stellvertretend sei hier nur an dasgroßkoalitionäre Unternehmen "Abgrenzung",das längst zur (offenbar auch nochvergeblichen) "Ausgrenzung" mutierte, erinnert.Eine Ursache ist wohl in dem Umstandzu suchen, daß die Dynamik des zugrundeliegendensoziokulturellen Wandels häufigunterschätzt, Stabilität und Innovationskraftder bestehenden politischen Ordnung undihrer Institutionen dagegen tendentiell überschätztwerden. Gerade die offensichtlichschwindende Integrations- und Innovationsfähigkeitetablierter Institutionen schafft jeneSpielräume, in denen sich Kritik zuglaubwürdigen Gegenentwürfen verfestigenkann.Die wachsenden strukturellen Problemeder bestehenden Ordnung manifestierensich nicht zuletzt in einer hohen Abnützungsrateihrer RepräsentantInnen. Auchhier spielt der Verlust an KommunikationsundIntegrationsfähigkeit eine entscheidendeRolle. Es wäre allerdings zu fragen, wieweitder dramatische Verlust an Glaubwürdigkeit,mit dem sich RepräsentantInnender nunmehr "alten" Ordnung konfrontiertsehen, über jenes Maß hinausgeht, das sichals notwendige Begleiterscheinung dynamischenWandels erklären läßt.Mit anderen Worten: welchen aktiven Beitragliefern die Repräsentantlnnen der zweitenRepublik zu ihrer Demontage/!' Es bietet sichan, diese Frage im Kontext der Asyl- undFremdenpolitik der letzten Jahre nachzugehen.Dies sei in drei Schritten versucht:• einige Bemerkungen zum Phänomenensozialen und politischen Wandels.• einige persönliche Thesen zu Intentionund Wirkung der großkoalitionärenAsysl- und Fremdenpolitik.• Skizzen zu den langfristigen (Neben)Wirkungendieses Unternehmens.1. Sozialer undpolitischer WandelWillst du den Weg des Himmels ergründen, so betrachtedie Wiederkehr der Jahreszeiten. Willst duden Weg der Erde ergründen, so finde heraus,welche Bäume auf ihr wachsen. Willst du den Wegder Menschen ergriinden, so laß sie haben, was siewollen. Huainanzi (21Die sozialen Systemen immanente Dynamikist ein unerschöpfliches Thema. Da es mirim folgenden um poltische Aspekte sozialenWandels geht, kann ich mich auf drei in diesemKontext zentrale Aspekte beschränken(auch hier stellvertretend für eine Vielzahlmöglicher Näherungen).1.1 MobilisierungDer Begriff Mobilisierung ist deshalb vonInteresse, weil er eine Brücke zwischen derBeschreibung des zugrundeliegenden sozialenPhänomens und seinen politischen Implikationenschlägt. Unter Mobilisierung seihier ein Prozeß verstanden, durch den "diealten sozialen, psychologischen und' politi-(1) Theodor W. Adortlo, Minima Moralia, 21.Aufl.1993, S. 28.(2) Zitate aus: Thomas Cleary (Hrsg.), Das Tao der Politik(Hauinanzi), Boston 1991.(3) Kar! Deutsch, Sozial Mobilization and PoliticalDeve!opment,In: American Politcal Seiet/ce Revie'7Ji) 55(161), S. 493-514.Seite 34JURIDIKUMNr 2/95


_______________________________________________________________________________ Desintegrationsehen Loyalitäten und Bindungen aufgebrochenwerden", wodurch die Menschen "ansprechbarfür die Akzeptanz neuer Verhaltensmusterwerden" (3).In diesem Sinn ist "soziale Mobilisierung"ein elementares Muster sozialenWandels. Andererseits kann der Begriff"auch das in Phasen raschen sozialen Wandelswichtigste strategische Ziel politscher Bewegungenund Parteien bezeichnen.Zunächst eine kurze Rekonstruktion jenesZyklus, der mir als (sozialwissenschaftlicher)Zugang am zweckmäßigsten erscheint.Ausgangspunkt ist ein Zustand relativer Integration,charakterisiert durch ein hohesMaß an wechselseitiger Übereinstimmung• zwischen (Sub)Systemen vonNormen, Rollen und statusrelevantenDeterminanten vonGruppen und Individuen.(normative Dimension von Integration)• zwischen den jeweils internalisiertenRollen, Erwartungenund Einstellungen bzw. diesenund dem normativen Rahmenandererseits. (psychosozialeDimension von Integration)• zwischen dominanten Hypothesenund Erwartungen undReaktionen der Umwelt. (materielleDimension von Integration)Markante und dauerhafteBrüche und Verschiebungen ineiner oder mehreren Dimensionenkönnen als Hinweis auf einen(2) Prozeß sozialer Desintegrationinterpretiert werden. DieFolge wird (3) eine (partielle)Entwurzelung und Freisetzungvon Individuen und sozialenGruppen sein. Die Reaktion aufdiese Ent-Bindung ist vorerst (4) eine Formpsychologische Mobilisierung (Rückzug,Auflösen von Bindungen) und in weitererFolge möglicherweise die Besinnung auf (5)Formen "aktiver" Mobilisierung (dh. nachhaltigenÄnderungen von Verhaltensmustern).1.2. ReintegrationDer Zyklus schließt mit unterschiedlichenFormen der (6) (Re)Integration, die zugleichdie politische Dimension des Begriffs anschaulichwerden lassen: Assimilation Hiurtüber kleine Adaptionen im Gesamtsystemund weitreichende Anpassungen der mobilisiertenGruppen. Reintegration über strukturellenWandel geht mit weitreichendenVeränderungen innerhalb <strong>gesellschaft</strong>licherStrukturen einher, Reintegration durch Demobilisierunggeschieht über Repression.Damit sind grundlegende Integrations-(4) Letlelis Kruse, Soziale Repräsemation des Mall liesin deralltäglichetl Rede, In: Uwe Flick (Hrsg.), Psyd/O-Nr 2/95mechanismen moderner Gesellschaften angesprochen:Öffnung und reformatorischeDynamik, das Abfedern in der bestehendeninstitutionellen Ordnung oder Vergemeinschaftungüber Repression sind jene dreiKomponenten, die den policy mix politscherStrategien in Zeiten dynamischen <strong>gesellschaft</strong>lichenWandels prägen (müssen).1.3. Soziale RepräsentationDie politische Auseinandersetzung ist nichtzuletzt eine um ideologische Hegemonie,um die Plausibilität von Begriffen, Interpretationsmusternund -last but not least - umdie Glaubwürdigkeit von Personen. In radikalerVerkürzung könnte man vielleicht voneiner Auseinandersetzung um die (Re)Formulierungund Etablierung "sozialer Repräsentationen"sprechen, jener "Wissensform",über die "innerhalb einer Gesellschaftoder Sprachgemeinschaft allgemeineVorstellungen, Wissensbestände, Alltagstheorien(und) Interpretationssysteme zu bestimmtenSachverhalten"(;) transportiert undkonserviert werden.Weil "Selbsterfahrung nur in den von sozialenRepräsentationen zur Verfügung gestelltenBegriffen möglich" ist und wir daher"uns selbst und andere (nur) durch auf unswirkende soziale Repräsentationen kennenlernen"''',setzen (gemeinsame) soziale Repriisentationenauch den mentalen Fähigkeitelleiner Gruppe bestimmte Grenzen.Formen und Folgen der Reformulierungder Asyl- und Fremdenpolitik durch diegrof.le Koalition können in den Kategorieneiner Auseinandersetzung um Formen derlo.~;,' rI",I" Soziall'll, S. 2,1/.(.1) f). OI',I"i!nl/ill/ & H.f? Ma('CIIs, Das Selbst als sozialeJURIDIKUM(De)Mobilisierung, (Re)Integration und dieVerankerung sozialer Repräsentationen betrachtetwerden. Zuvor ist jedoch in einigenStich worten die dieser Arbeit zugrundeliegendeInterpretation von Intention und Wirkungsmechanismender großkoalitionärenAsyl- und Fremdenpolitik zu erläutern.2. Eine Strategie •••Spirituelle Füherschaft ist die vortrefflichste Führerschaft.Die nächstbeste besteht darin, es dmJI!J enschert zmmö"glich zu machm, Fehler zu begehert.An dritter Stelle kommt jme Führerschaft,die das Würdige belohnt und das Zerstärerischebestraft·Wohl auch in Hinblick auf die Erfahrungenmit dem Wiener Wahlkampf der (damaligen)FPÖ entschieden sich die RepräsentantInnender (damals) großen Koalition offenbarfür eine Option, die die Begrenzung <strong>recht</strong>sstaatlieherPrinzipien und Praktiken zugunstender Stabilisierung des (<strong>gesellschaft</strong>lichen,aber auch politischen) status quo bewußtin Kauf nahm.Schon die Ankündigungen und halbherzigenBeschwichtigungen der stolzen Strategenkündigten ungeschminkt vom Kippender bisherigen Ordnungsmuster. Die Zielsetzungwar erklärtermaßen eine doppelte:• Zuwanderung und Aufenthaltsbedingungenvon BürgerInnen fremder Staaten zureglementieren.• die Abwanderung von BürgerInnen zur(damaligen) FPÖ zu begrenzen.Die Drohung mit einem Erfolg der FPÖfungierte als sprichwörtliche Rute im Fenster.Die Rechtfertigungsstrategien "Vorbeugunggegen Rechtsrutsch " und "Schutz fürstrukturell benachteiligte ÖsterreicherInnnen"erlaubten das Abwälzen von Verantwortungauf• den politischen Gegner, dessen Verhalten"es" erst notwendig machte,• MitbürgerInnen, deren vorweg- undweitgehend <strong>kritik</strong>los hingenommene Reaktion"es" vertretbar machte,• schließlich die Betroffenen selbst (derenbloße Existenz ja offenbar bereits destabilisierendwirkte).Die konkrete Umsetzung bedurfte, insoweitsie über rein legistische Maßnahmenhinausging, einer ambivalenten medialenChoreographie. Im Zentrum stand das aufdringlichinszenierte Rollenspiel zwischeneinem beschwichtigenden "staatstragenden"Bundeskanzler, einem Innenminister alsgemütlich-effizientem Biedermann und -freiwillig oder nicht - einem Sektionschef"fürs Grobe".Dabei mußte (und sollte) das Rollenspielzwischen Bundeskanzler, Innenminister,Sektionschef und Komparsen zum Prototypfür individuelle Verdrängungsstrategien werden.Die Möglichkeit, Befriedigung überRepräseJltatioll, lt!: Uwe Flick (Hrsg.), Psyd/Ologie desSozialelI, S. 160.Seite 35


den harten Vollzug und persönliche Entlastungentlang der Selbstinszenierung derverantwortlichen Politiker zu verbinden erwiessich als vielleicht effizienteste Entlastungsstrategie.Doch damit nicht genug: Im Lauf derZeit schuf der mitleidlose, vielfach offenbarsystematisch mißbräuchliche Vollzug((,) einUmfeld, in dem sich buchstäblich niemanddem Wissen um die immanente Gewalt entziehenkonnte. Jenseits aller Inszenierungengewöhnten sich Österreicherinnen undÖsterreicher an die aus eigener (mittelbarer)Erfahrung bekannten drastischen "Nebenwirkungen"der neuen, eben nicht nur erklärtermaßengewaltbereiteren Politik.Dies mag mit einem zweiten Effekt derdifferenzierten Inszenierung von Gewaltbereitschaftzusammenhängen: Das Zusammenspielvon vorbereitender Präsentation,nachvollziehender Tat und beschwichtigenderKommentierung wurde auch als direkteDemonstration einer neuen Macht desStaatsapparats erlebt. Wie jede Manifestationrepressiver politischer Macht lud auchdiese zu persönlicher Regression, etwa inForm von Resignation und Apathie ein.Zur ursprünglich breiten Akzeptanz derAsyl- und Fremdenpolitik mag auch beigetragenhaben, daß• die dauernde Berufung auf krisenhafteEntwicklungen (sei es an der Grenzenach Ungarn, sei es im 15. Bezirk) undderen "Überwindung" ein systematischüberzeichnetes Bild von den Risken derMigration zeichnete,• die öffentliche politische Rückendeckungauch für Übergriffe undMißbrauch im Sicherheitsapparat ein Gefühlpersönlicher Ohnmacht erzeugenmußte (und sollte),• die akzentuierte Verknüpfung einer Vielzahlvon Verunsicherungen (Arbeit, Wohnen,Sicherheit) mit dem Thema Zuwanderungzur "Einsicht in die Notwendigkeit"beitrug oder zumindest zum Fatalismusverführte.Die Nationalratswahl ist geschlagen, überdas Zwischenergebnis in der politischen undideologischen Auseinandersetzung sind wenigWorte zu verlieren. An Darstellungender Folgen dieser Politik für direkt betroffeneMenschen mangelt es ebensowenig wiean Bemühungen, die schlimmsten Härtendes Systems zu mildern. Selbst die Hoffnungauf die Wiederherstellung <strong>recht</strong>staatlicherZustände ist noch nicht notwendigerweiseverloren zu geben.'13 . ... und die FolgenGerade in Hinblick auf die weiteren Stationender politschen Auseinandersetzung umForm, Gehalt und Ziel der aktuellen und zuerwartenden Mobilisierungen wären allerdingseinige Anmerkungen zu den längerfristigenWirkungen des eingeschlagenenWeges anzubringen. Ich möchte mich dabeian den skizzierten Rahmen von Mobilisierung,Integration und soziale Repräsentationenhalten und muß aus Platzgründen aufeine systematischere Auseinandersetzungverzichten.3.1. Soziale RepräsentationenWenn Menschen überhaupt von Regierenden beeinflußtwerden, dann folgen sie dem, was die Regierendentun, nicht dem, was die Regierenden sagen.Die Reformulierung sozialer Repräsentationenvollzog sich auf zwei Ebenen: bewußtneu (und negativ) interpretiert wurden Be-JURIDIKUMgriffe wie Fremde, AusländerInnen usw.Hier muß ein Hinweis auf die damit in Kaufgenommene und vielfach dokumentierte destruktiveDynamik genügen.Die zweite Verschiebung betraf - teilsgewollt, teils ungewollt - die sozialen Repräsentationender VertreterInnen der neuenPolitik sowie der Institutionen, die sie vollzogenbzw. mittrugen. Es kann nicht verwundern,daß mit der Zeit vor allem die unerwarteteSkrupellosigkeit in Inszenierung,Umsetzung und Verteidigung der neuen Politikdie Wahrnehmungen der AkteurInnenzu prägen begann - und dies durchaus inbeide Richtungen. Ich kann hier nur drei fürmich besonders interessante Punkte herausgreifen:3.1.1. Demoralisierung: Verweigerte Solidaritätund verdrängte Menschlichkeit gegenüberden Betroffenen sind eine bewußte(wenn auch subjektiv vielleichtnur temporäre) Entscheidung gegen humanistischeTraditionen. Die gegen alleAppelle durchgehaltene Entsolidarisierungführt zur dauerhaften Enttäuschungüber den Stellenwert von Toleranz undHumanität in dieser Gesellschaft.3.1.2. Desintegration: Der drastisch vorgelebtetaktisch motivierte Verzicht auf moralischePrinzipien nimmt den Repräsentantender (ehemaligen) Volksparteiendas wichtigste Integrationsinstrumentariuminnerhalb des jeweiligen politischenSpektrums. Warum aber sollen einzelneInteressensgruppen bzw. Personen beitaktischem Bedarf nicht nach denselbenmenschenverachtenden Prinzipien handeln?3.1.3. Enthumanisierung: Der andauerndeMißbrauch von Begriffen, Wendungenund Argumentationen, die mit humanistischenPositionen verknüpft sind, bewirktihre schleichende Um- und damit Entwertung.Gerade die gewollte Hohlheitgroßkoalitionärer Beschwichtigungengerät unversehens zur Hohlheit jeglicherhumanistisch inspirierter Argumentation.Typischerweise wird die Diskussion inRandbereiche und Positionen abgedrängt,die bereits eine vorweggenommene Anerkennungdes status quo oder auch eine stilleKomplizenschaft zu suggerieren scheinen. Indiesem Klima kann in einer Erregung überbewußte Manipulationen auch die stille Einsichtin deren Notwendigkeit vermutet werden.In der mahnenden Erinnerung kann etwashilflos Nostalgisches, in der Auseinandersetzungmit konkreten Mißständen etwasNaives, in der Einforderung elementarer(Menschen)Rechte etwas Resignatives unhintergehbar mitschwingen.Die Akzentverschiebungen in den sozialenRepräsentationen zentraler Personenund Institutionen müssen in vielfacher Formderen Integrations- und (im Falle konstruktiverIntentionen) Kommunikationsfahigkeit(6) vgl. etwa die aktuelle Studie des UNHCR.Nr 2/95


_______________ Desintegrationbeeinträchtigen. Der Weg zu weiteren Polarisierungenscheint vorgezeichnet.3.2. ReintegrationStrenge Gesetze und harte Strafen sind nicht dasWerk wahrhaft herrschender Könige.Implementation und Stabilisierung des skizziertenSystems verlangten (und verlangen)drastische Interventionen in das demokratischeGefüge der nunmehr alten (noch: zweiten)Republik. Bei aller partieller Transparenzerfordert schon die Auf<strong>recht</strong>erhaltungdes Systems den systematischen Rückgriffauf Mittel der Täuschung, Verleugnung und- wo möglich - der Repression.Für viele Menschen ist damit im politisch-administrativenSystem die beängstigendeKonfrontation mit Instrumenten undMechanismen einer derartigen Kampagneverbunden. Eine nicht zu unterschätzendeZahl wird in persönliche moralische Konfliktegetrieben, andere müssen zumindest mitdem Wissen um das Vorgehen von Behördenund PolitkerInnen leben.'Die Verarbeitung dieser individuell nichtlösbaren Konflikte kann z.B. über persönlicheRegression (Unterwerfung unter undAnlehnung an die Obrigkeit), Verdrängungoder Leugnung (mit intensiver Anlehnungan die herrschende Ideologie) erfolgen. Esist allerdings schwer vorstellbar, auch beiweitgehender" Reparatur" des Anlaßfalleswieder zum status quo ante zurückzukehren.Damit geht eine Akzentverschiebungstaatlicher Integrationsmechanismen einher:offene, reformorientierte Mechanismen werdenzunehmend durch strukturkonservierendeund zumindest partiell durch klar an Repressionorientierte Verhaltensmuster abgelöst.Hier muß der Verweis etwa auf dasVerhalten des Innenminister(ium)s gegenüberParlament, Regierung und Partei oderdie veränderte Rolle von Polizei und Gerichtenim Vollzug des Asyl- und Fremden<strong>recht</strong>sgenügen.Das Verblassen des Kontexts, innerhalbdessen humanistische Positionen überhauptformulierbar sind, schwächt dabei schon vorabdie Position demokratischer, pluralistischenWerten verpflichteter Politikerlnnenund Institutionen.3.3. Mobilisierung... Dies heißt sich in der Formlosigkeit verbergen.Wer kiinnte M eisterschajt über die Form erlangen,der sich nicht in der Formlosigkeit zu verbergenwüßte/'Die vermutlich interessantesten Auswirkungenwerden Design und Vollzug des AsylundFremden<strong>recht</strong>s allerdings auf die Möglichkeitenund Instrumente der politischenMobilisierung in dieser Gesellschaft haben.Die unhintergehbare Neuerung liegt nichtso sehr in der Repression an sich (es gibt vermutlichin turbulenten politischen Zeitenkeine Königswege), sondern in Stil und Gehaltder sorgsam inszenierten Präsentation.Nr 2/95Der bewußte ({iiel,!,.!'iIT auf Formen derVergemeinschaftllll,l'" dl'l Illtegration überFreund-Feind SchclIlala 1IIId welln nötig­Repression, der Appell :111 cill nationales,,\Vir" in AbgrenzlIlll', 111 .11'11 "allderen", alldas ist nicht etwa Polilik dt'r F lind andererBewegungen im lillkl'll IllId <strong>recht</strong>en politischenSpektrum (das lIal i!dich auch), sondernTeil der medialeIl l'I:lS('lltatioll von Innenministerund Blllllksk:lll/kr dieser Republik.Dabei wird CiIH' I',all/l' (;esellsehaftals Geisel genomllll'll: NIl'llialid kann unddarf sich der Veranlll'olll'lll: J'ilr das elltziehen,was in enrw:ilTIII'IIl111l 1'''1111


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____________________________________________________________________ Sehen/Hören/lesenModellversuch Ill .. ETiiter·Opfer·AusgleichMit dem seit 1.1.1992 durchgeführten Modellversuchdes Außergerichtlichen Tatausgleichsim Erwachsenenstraf<strong>recht</strong> (ATA-E)(I)- im Jugendgerichtsgesetz (JGG) seit 1989geregelt (ATA-J) - wurden Wege eines Täter-Opfer-Ausgleichs,einer Konfliktregelunggefunden. Schon 1987 wurde der § 42 StGB,wonach Straftaten, die mit nicht mehr als einemJahr Freiheitsstrafe bedroht sind, nichtstrafbar sind, wenn die Schuld des Tätersgering ist, die Tat nur unbedeutende Folgennach sich gezogen hat und die Bestrafungweder spezial- noch general präventiv gebotenist, dahingehend novelliert, daß er als Instrumentverwendet werden kann, Strafedurch Wiedergutmachung zu ersetzen. § 42StGB kann nun für ATA-E angewendet werden,wenn die Straftaten mit nicht mehr als3 Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind und dieTat vor allem " (. . .}zmbedeutsame Folgen nachsith gezogen hat ode7~ sofem sich der Täter zumindestemstlith darum bemiiht hat, die Folgen derTat im wesentlichen beseitigt, gutgematht odersonst ausgeglichen W07y!m sind (. .. )". Mit Hilfedieser gesetzlichen" Krücke" wurde dann1992 in Zusammenarbeit von Justizminister,SozialarbeiterInnen der Bewährungshilfe,RichterInnen und StaatsanwältInnen dasProjekt gestartet: Liegt eine konfliktregelungstauglicheTat vor, weist sie also gemäߧ 42 StGB mangelnde Strafwürdigkeit auf,wird (ähnlich den betreffenden Bestimmungendes JGG) von der Staatsanwaltschaft einTatausgleich initiiert und zwischen SchädigerInund Geschädigtem/r (AnwältInnen) inZusammenarbeit mit SozialarbeiterInnen einAusgleich gesucht. Wird ein solcher gefunden,wird das Strafverfahren eingestellt.In der Publikation des Instituts fürRechts- und Kriminalsoziologie wird vor allemüber den Modellversuch ATA-E, seineAnwendbarkeit und Tauglichkeit resumiert,es werden aber auch auf konstruktive WeiseMöglichkeiten für eine Erweiterung desATA-E dargestellt, Entwicklungen des politischenHintergrunds und des (vor allem materiellen)Straf<strong>recht</strong>s analysiert und das - wasdieses Buch so interessant macht - sowohlvon PraktikerInnen, also RichterInnen, An-Nr 2/95wältInnen und Soziologlnnen, als auch vonTheoretiker Innen."Das Straf<strong>recht</strong> beansprucht - nur auf detl erstenBlick - Sthtttzfunktiollen gegmiiber,je nachSprachgebrauch, "elementaren Werten des Gemeinsthaftslebetls"oder " Rechtsgiitem ". DerSchutz greift bei der realm Verlet-;wng solcherWerte oder Gilter ein, meint aber in Wirklichkeitdie dahinterstehende Normverletzzmg, währenddie Giiterverlet-zung selbst Ilur deretl Materialisierungist. Auch die etwa beabsichtigte Präventiongilt oft nicht der Vermeidung von Giiter-, sondemvon Normverletzzmgen (Jakobs 1983, S7), wovondie Güterdanll profitieren (könnetl)." (KlausSessar)(1) "Kollflikte rege/li statt strafm", A. Pawlo·wski 11. B.Glaeset; JURID1KUJI;f 2/94, S10/Barbora SteinerJahrbuch für Rechts- und Kriminalsoziologie '94, Auswegaus dem Straf<strong>recht</strong> - der Außergerichtliche Tatausgleich,Nomos VerlagsGmbH, Baden-Baden 1994Neue RechtsdatenbankSeit Februar 1995 ist die Arge Daten -Österreichische Gesellschaft für Datenschutzüber das Internet erreichbar. Auf demServer der Arge Daten sind Informationenzu Datenschutz, Datensicherheit, Telekommunikationund vergleichbaren Themenkreisenverfügbar.Neben der Zeitschrift dcr Arge Daten("Datenschutz und Informations<strong>recht</strong>"), derBibliothek der Arge Daten und allen Stellungnahmender Arge Daten zu Gesetzesentwürfenim Rahmen des Begutachtungsverfahrenswird auch eine Rcchtsdatenbankangeboten. Derzeit sind in der Rechtsdatenbankdas österreichische Datenschutzgesetzin allen Versionen und der gemeinsameStandpunkt der EU-Richtlinie zum Datenschutzenthalten. An der Erfassung weitererRechtsvorschriften, etwa des Fernmeldegesetzes,des Auskunftspflichtgesetzes und derDatenschutzbestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes,wird gearbeitet.Die Gesetze werden paragraphenweiseJURIDIKUMabgespeichert. Ist in einer Bestimmung einanderer Paragraph erwähnt, der ebenfalls inder Datenbank gespeichert ist, so gelangtman zu diesem Paragraphen, indem maneinfach die Stelle anklickt, an der er erwähntwird. Ebenso leicht kann man von einem Paragraphenaus zum nächsten oder vorigenParagraphen gelangen. Existieren von einerBestimmung verschiedene Versionen, sosind auch diese abrufbar. Am Fuß jedes Paragraphenwird angezeigt, welche Novellewelche Teile des Paragraphen geändert hat.Klickt man an diese Stelle, so erhält man Informationenüber diese Novelle (etwa Übergangsbestimmungen,Inkrafttreten und dieNummern der "Materialien "). Außerdemkann man in allen Datenbanken auch umfangreicheSuchen durchführen und sich soz. B. alle Paragraphen anzeigen lassen, dieein bestimmtes WOrt enthalten.Die Internet-Adressen der Arge Daten lautenhttp://www.ad.or.at(WorldWideWeb)bzw.privacy@email.ad.or.at(Email). Wer keinen Internet­Zugang hat, kann sich an die Arge Daten, Sautergasse20, 1170 Wien, Tel. 0222/4897893-0 bzw. Fax:0222/4897893-10 wenden.Menschen<strong>recht</strong>auf ROMProgrammiertes Lernen und pädagogischesSpielen: Amnesty Interactive, entwickeltvon "ehrenamtlichen" Künstlern und Programmierern,will in die US-amerikanischenSchulen bringen, was die Entwickler dieserSoftware als "one of the most important issuesfacing humankind" bezeichnen. Das hehreProdukt versucht, der UNO-Menschen<strong>recht</strong>sdeklaration(Universal declaration ofhuman rights) und den Aktivitäten von AmnestyInternational den Weg zu ebnen in dieHerzen und Hirne US-amerikanischer Kids.Um das zu erreichen verwendet man alleMittel, die uns von CD-ROMs bekannt sind:farbenfrohe Bilder chinesischer Schulkinderund thailändischer Reisbauern, unterlegt mitTrommelmusik und Maschinengewehrsalven,animierte Clips und Video-InterviewsSeite 39


Sehen/Hören/Lesenusw. Um dem didaktischen Anspruch genügezu tun, gibt es zusätzlich Lebensläufeausgesuchter Häftlinge und statistische Datenaus den sogenannten Entwicklungsländern(Gambia - Lebenserwartung: 47 Jahre).So wie jedes Lehrmittel sollte AmnestyInteractive unter fachkundiger Anleitungseinen Zielen wenigstens nahe kommenkönnen, hoffen Kritiker in den Staaten.Möglicherweise kann es engagierten Erzieherngelingen, mit Hilfe der satten optischenund akkustischen Effekte das zu transportieren,was mit Begriffen wie "human family"und "barbarous acts" auf dem intellektuellenund geschmacklichen Niveau vorweihnachtlicherCharity-Veranstaltungen abgehandeltwird. Das Produkt paßt mit seinen"rich visuals" und dem "great soundtrack" indie mittlerweile lange Reihe von mit Kunstwortenwie "Infomercial" oder "Edutainment"bezeichneten Artgenossen und fügtsich unauffällig ins CD-Regal zwischen SegaJoypolis und PC-Karaoke Classic Oldies.Klaus RichterAmnesty Interactive, zurzeit nur erhältlich in den USAbei The Voyager Company, Tel. +1 (212) 431 5199,Preis ca. US$ 10,-Das Asylgesetz 1991Das Buch "Das Asylgesetz 1991" soll einBeitrag zum österreichischen Asyl<strong>recht</strong> aus<strong>recht</strong>swissenschaftlicher Sicht sein. Es wirdspeziell auf verfassungs<strong>recht</strong>liche, verfahrens<strong>recht</strong>licheund völker<strong>recht</strong>liche Aspektedes Asyl<strong>recht</strong>s eingegangen. Der erste Teildes Buches behandelt die Grundlagen desAsyl<strong>recht</strong>s, insbesondere auch die historischeEntwicklung. Der zweite Teil beschäftigtsich mit den wichtigsten Aspekten desmateriellen Asyl<strong>recht</strong>s, also dem Flüchtlingsbegriff,dem Asylbegriff und den Ausschluß-und Verlusttatbeständen. Der dritteTeil schließlich hat das Asylverfahrens<strong>recht</strong>zum Inhalt.Die historische Entwicklung des Asyl<strong>recht</strong>swird im Buch eher stidiwortartig abgehandelt.Es werden sozusagen nur dieMeilensteine herausgegriffen. Der/die histo-Seite 40risch interessierte LeserIn kann sich überdie Literaturangaben zu einem !listorisehenGesamtbild des Asyl<strong>recht</strong>s hinüberhanteln.Dennoch soll nicht unerwähnt bleiben, daßteilweise die Historie so lapidar abgehandeltwird, daß der/dem geneigten LeserIn offeneFragen nicht erspart bleiben. Die Rechtsgrundlagendes geltenden Asyl<strong>recht</strong>s hingegenwerden sehr genau dargelegt und lassenkeine Wünsche offen. Bemerkenswert istdie Feststellung Rohrböcks, daß das AsylG1991 als Querschnittsmaterie keine eindeutigekompetenz<strong>recht</strong>liche Grundlage hat.Zum zweiten Teil, also der Beschäftigungmit dem materiellen Asyl<strong>recht</strong>, istgleich zu Beginn die abweichende Meinungzur herrschenden Lehre bezüglich des materiellenFlüchtlingsbegriffs auffällig. Der Autorgeht von einer wohltuend anderen Sichtdes Tatbestandmerkmals "begründeteFurcht" aus, nämlich von einer objektiven,und begründet dies mit dem Schutzzweckder Genfer Flüchtlingskonvention (GFK),die auch Personen schützen will, die auswelchem Grunde auch immer nicht fähigsind, so etwas wie Furcht zu entwickeln.Bezüglich des Tatbestandsmerkmals Verfolgungsgefahrist die Ansicht Rohrböcks bemerkenswert,daß er den Verfolgerstaat miteinem Maß-Staat vergleicht. Fällt die Analysenegativ aus, liegt ein Indiz für eine Verfolgungsgefahrvor. Der Autor ist auch derwohlbegründeten Meinung, daß ein Verfolgerstaatnicht selbst Verfolgungshandlungengesetzt haben muß, sondern schon die Unterlassungvon Schutzpflichten, die sich wiederumaus einem Vergleich mit einem Maß­Staat ergeben, für die Qualifikation als Verfolgerstaatausreicht. Auch plädiert Rohrböckfür eine liberale Ansicht bezüglich derbetreffenden Schutzgüter. Nicht nur Lebenund Freiheit sollen dies sein, sondern dasSchutzgütersystem muß generell offen sein.Ein beschränktes Schutzgütersystem könntesehr leicht den Schutzzwecken der GFK widersprechen.:~i;Bezüglich des Verfolgerstaates sei nochangemerkt, daß gewisse Eingriffe in dieSphäre der vermeintlichen Verfolgten zulässigsind. Ob diese Eingfiffe zulässig sind,wird wiederum mit einem Vergleich mit einemMaß-Staat eruiert.Interessant ist auch die Behandlung derFrage, wann der Tatbestand der Verfolgungvorliegen muß. Rohrböcks Ansicht, dies solleder Zeitpunkt der Bescheiderlassung sein,scheint mir die begründetste. Weiters ist aufdie Feststellung hinzuweisen, daß das Tatbestandselement"Furcht vor Verfolgung"nicht in Konnex mit der Ausreise bzw. derFlucht gebracht werden darf, sondern nurmit dem "Außeriandesbefinden". Ob derFlüchtling bei seiner Ausreise aus dem VerfolgerstaatFurcht vor Verfolgung gehabt hat,ist also irrelevant.Betont werden muß außerdem, daß es fürdie Flüchtlingseigenschaft egal ist, ob sichdie betreffende Person im Feststellungszeitpunktlegal oder illegal im In- oder AuslandJURIDIKUMbefindet, oder ob sie legal oder illegal eingereistist.Bezüglich der Auffassung, das Asylgesetzgewähre ein subjektives Recht auf Bezugvon Integrationshilfe, ist zu bemerken, daßdie Beweisführung hiezu plausibel erscheint.Der dritte Teil des Buches, nämlich dasAslyverfahren, ist vor allem für die in derPraxis Tätigen eine wertvolle Hilfe, zumalbis dato dieser Bereich publizistisch unterbelichtetwar.Matthias BlumeJosef Rohrböck, Das Asylgesetz 1991, Völker<strong>recht</strong>liche,verfassungs<strong>recht</strong>liche und verfahrens<strong>recht</strong>licheProbleme, Orac Verlag, Wien 1994.FeministischeWissenschaftIn der vom Wissenschaftsministerium herausgegebenenReihe "Materialien zur Förderungvon Frauen in der Wissenschaft" istnun der dritte Band "Von den Bemühungender Frauen in der Wissenschaft Fuß zu fassen"erschienen. Die Aufsätze, von Wissenschafterinnenaus den verschiedesten Bereichenverfaßt, beschäftigen sich mit denMaßnahmen zur Förderung von Frauen inder Wissenschaft sowie mit Initiativen vonFrauen an den österreichischen Universitäten- inter- als auch inneruniversitär: feministischePhilosophie, Frauengruppen an Instituten,Frauenforschung an den Universitäten,für und durch das Wissenschaftsministeriumetc. Die teilwiese etwas bunte Zusammenstellunggibt einen umfassendenÜberblick über die Schwierigkeiten, Auseinandersetzungenund Aktivitäten jener österreichischenWissenschafterinnen, die in denvom Staat vorgegebenen Ausbildungs- undForschungsstätten tätig sind - als Studentinnen,Professorinnen oder Forscherinnen.Barbara SteinerVon den Bemühungen der Frauen in der WissenschaftFuß zu fassen, aus der Reihe "Materialien zur Förderungvon Frauen in der Wissenschaft", Gertrud SeiserjEva Knollmayer (Hg.), BundesministeriumfürcWissenschaft und Forschung, Wien 1994.Nr 2/95


Verein Tiroler JuristinnenLeopoldstraße 31 a6020 InnsbruckWide,denstatus ,uogericht als "Mentorinnengruppe"tätig war,um Frauen Unterstützungbei der SteIlensuche,im Fortkommenund in der Fortbildungzu bieten.Die Ziele des VereinsTiroler J uristinnensind jedoch darüberhinausgehend. Einerseitsgeht es sehr wohl darum, ein berufsspezifischesNetzwerk fürFrauen zu schaffen, da Frauenin dieser männlich dominiertenBerufssparte unterrepräsentiertsind und nicht auf sie unterstützendeOrganisationen und Beziehungenzurückgreifen können.Durch das vermehrte Vor-Der Verein setzt sich aus Juristinnen,die in den verschiedenstenBereichen tätigsind oder noch studieren, zusammenund hat derzeit 60 Mitglieder.Entwickelt hat sich der Vereinaus einer Frauengruppe, dieam Tiroler Landes- und Bezirksdringenvon Frauen soll ein Einflußauf Lehre, Gesetzgebungund Rechtsprechung erzielt werden.Die patriarchalen und frauenfeindlichenAnwendungenund Inhalte von Recht sollen sozurückgedrängt werden.Andererseits bietet der Vereinauch Seminare zu frauenspezifischenRechtsfragen an, wiezum Beispiel "Straf- und zivil<strong>recht</strong>licheMöglichkeiten beiGewaltanwendung", "Die Frauim Arbeits<strong>recht</strong>", "Ehe, Scheidung,Unterhalt", "Bürgschaftsübernahmedurch (Ehe-)Frauen" usw.Aber auch theoretische Themenwerden in Seminaren behandelt,zum Beispiel die <strong>gesellschaft</strong>spolitischenAuswirkungenvon Gleichstellungspolitikunter dem Blickwinkel einesfeministisch-theoretischen Ansatzes,oder Aspekte zu einemfeministischen Frauen<strong>recht</strong> unterEinbeziehung der Frauen<strong>recht</strong>sgeschichteund verschiedener<strong>recht</strong>sphilosphischerTheorien.Die herrschende Rechtsordnungorientiert sich an männlichenLebensmustern und Bedürfnissen.Daher übergeht beispielsweiseauch die Gleichstellungspolitikdie unterschiedlichenLebenssituationen vonFrauen und Männern, wodurchder Status quo bestehender Geschlechter-bzw. Herrschaftsverhältnissezementiert und fortgesetztwird. Durch die spezifischeForm der Abstraktion, dem Absehenvon sozialen Bedingungen,Abhängigkeitsverhältnissen,Gewalt gegen Frauen usw.wird die materielle Ungleichheitund die Diskriminierung derFrauen legalisiert. Es müßte einStudium & Berufneues (öffentliches und privates)Recht begründet werden, dasfähig ist, die Geschlechterdifferenzaufzunehmen. Eine Errichtungvon Institutionen, die sichmit Frauen betreffenden Problemenbeschäftigt, könnte dazubeitragen, daß Unterschiedewahrgenommen werden, so daßdie Gesellschaft von ihnenKenntnis nimmt und sich an ihnenorientiert. Dies würde deutlichaufzeigen, daß die Interessender beiden Geschlechterpartiell verschieden sind, womitdie Geschlechterdifferenz voneinem verschleierten ungleichenKonflikt zu einem sichtbarenübergehen könnte. Eine feministischeGesellschaftsanalyse unddamit einhergehend eine feministischeAnalyse des Rechtssystemssind notwendige Voraussetzungenzum Erkennen <strong>gesellschaft</strong>licherund <strong>recht</strong>licherStrukturen. Hilfreich wäre hierdie Einrichtung eines Frauen­Rechtsarchives, was auch ein"F ernziel " des Vereins darstellt.Außerdem soll zu diesem Zweckein Lesekreis eingerichtet werden,in dem verschiedene theoretischeAnsätze behandelt werden.Das sind sehr hoch gesteckteZiele, aber es ist unser Anliegen,uns in größerem Ausmaß anRechtsbildung und Rechtsanwendungzu beteiligen, insbesonderebei Maßnahmen, dievorrangig Frauen betreffen.Alexandra WeissJährlich neu im MaiDas Buch zum Studium• Immatrikulation/Inskription• alle Studienmöglichkeiten• Berufsinformation• Ausländerzulassung• Stipendienerhältlich im Bundesministerium fürWissenschaft und ForschungAbteilung I/B/14, Postfach 1041014 WienEine Information des WissenschaftsministeriumsNr 2/95 JURIDIKUM Seite 41


Studium & BerufBESTANDSAUFNAHME ZU EINEM EXOTISCHEN PHÄNOMEN (1)Frauenforschungam JuridicumFrauenforschung wird amWiener Juridicum erst seitca. zwei Jahren betrieben.Wie könnte an diesemHort des Traditionalismusder "Fremdkörper" Frauenforschunginstitutionalisiertwerden?Die Frauenforschung an der Juridischen Fakultätder Universität Wien hat eine sehrjunge Geschichte, die in engem Zusammenhangmit den Möglichkeiten steht, die dersogenannte "Frauentopf" bietet. Da nämlichjede verfügbare Lehrveranstaltungsstundeaus dem Fakultätskontingent dazu benötigtwird, um die Studierenden für ihre Prüfungenvorzubereiten, können unhabilitierte AssistentInnenan der Juridischen Fakultät faktischnur vorlesungsbegleitende Lehrveranstaltungen(Repetitorien, Übungen) abhalten.Wollen diese Aktivitäten auch im Bereichfrauenspezifischer Lehre setzen, sindsie gänzlich auf das Kontingent für Frauenforschungangewiesen., Zwei Spezifika lassen sich bislang feststellen:Seit Ilse Zatloukat-Reiter mit ihrenKollegen Nikolaus Benke und MarkusGrassl die erste einschlägige Lehrveranstaltungim Sommersemester 1993 über die"Frau in der europäischen Rechtsgeschichte"abgehalten hat, war Frauenforschung -wiewohl von einzelnen Frauen initiiert - amJuridicum niemals nur "Frauensache". Dieszum einen auf der Ebene des Lehrpersonals,wobei sich die Kooperation mit den angesprochenenKollegen, die Frauenforschungzu ihrem echten Anliegen gemacht haben,als sehr fruchtbar erwiesen hat. Zudem gibtes nur wenige Frauen am Juridicum, die sichmit derart einschlägigen Themen befassen.Zum anderen ist das Publikum weitgehendgemischt, wiewohl freilich tendentiell dieStudentinnen in der (großen) Überzahl sind.Das zweite Charakteristikum betrifft den Inhaltder angebotenen Lehrveranstaltungen.Bislang werden sie vor allem von VertreterInnender sogenannten "Grundlagenfächer",also Rechtsgeschichte, RömischesRecht und Rechtstheorie veranstaltet. Indiesem Rahmen sind die angebotenen Veranstaltungenzumeist interdisziplinär.FrauenforschungsgruppeJuridicumDas Angebot an frauenspezifischen Lehrveranstaltungenexpandierte in den darauffolgendenSemestern. So entstand das Anliegen,ein hausinternes Netzwerk zu schaffen,um der Frauenforschung eine Art Heimat zubieten, die sie an dieser Fakultät noch nichthat. Die Gruppe soll eine Plattform zur Vermittlungvon Informationen (2), zum Erfahrungsaustauschund für grundsätzliche Überlegungenbieten. Ein weiterer Anlaß für derenvon Ilse Zatloukal-Reiter und ElisabethI-Iolzleithner initiierte Gründung war derEntwurf eines Frauenförderungsplans fürdas Wissenschaftsressort. Eine der erstenAktivitäten der Gruppe war es, eineStellungnahme dazu zu verfassen.I.l)de Kontinuitäten zugunsten von Perspektivenzu überwinden.Denn juridische Fakultäten fungiertenbislang vielfach als Beschützer und Bewahrerpatriarchaler Systeme. Tradition wirdhochgehalten, gerade in <strong>gesellschaft</strong>spolitischenBelangen. Traditionalismus kann geradezuals "Berufskrankheit" des Juristenbezeichnet werden. (4 ) Denn das traditionalistischeElement stellt, wie Nikolaus Benkeformuliert, nicht allein einen "Faktor objektivierterRechtsfindung" dar. Benke identifiziertden juristischen Traditionalismus als"Systemelement". Daß die Rechtsstrukturvor allem zwei Qualitäten - Kohärenz undKontinuität - aufzuweisen hat, sei mit massivenKonsequenzen verbunden: "U mkohärent zu sein, wird [die Rechtsordnung]ein hohes Maß von Schlüssigkeit in Begriffund System anstreben - ein Ziel, für das siebereit ist, Verkürzungen ihrer Weitsicht undihrer Rechtsanschauungen vorzunehmen."Damit lassen sich freilich rasche Adaptierungenan geänderte Verhältnisse schlecht vereinbaren,was einen "Traditionalismus imDenken und Handeln der Juristinnen undJuristen" begünstige.Juridische Fakultätenund JuristinnenSo ist es auch kein Wunder, daß Frauenforschungan der Wiener RechtswissenschaftlichenFakultät keinerlei Tradition hat, wederin der Lehre noch in der Wissenschaft. Ganzim Gegenteil wird die Option, sich auf diesemGebiet publizistisch oder in der Lehrezu betätigen, von vielen Frauen eher als karriereschädigendund wenig profilierungsträchtigeingestuft. Als fatal erweist sich indieser Hinsicht, daß es zur Zeit keine einzigeordentliche Professorin, lediglich vieraußerordentliche Professorinnen und nur eineDozentin gibt. Es fehlen also "Gallionsfiguren"mit entsprechender Vorbildwirkung,die es Assistentinnen ermöglichen könnten,sich an ihnen zu orientieren und die auch jeneaktive Unterstützung auf diesem Gebietgeben könnten. So überwiegt die Angst vorGhettoisierung, denn die überwiegende,wenn auch nicht ausnahmslose Haltung, dieseitens der Professoren eingenommen wird,pendelt zwischen offener und versteckter,aber merkbarer Ablehnung und "Gewährenlassen".Nicht zuletzt ist für viele die Möglichkeit,Recht aus feministischer, also einer"parteilichen" Perspektive zu betrachten,neu und ungewohnt. Darüber hinaus ist dasInteresse an Rechtsfragen, die vorrangigFrauen betreffen, kaum vorhanden. Das istumso erstaunlicher, als die Situation vonFrauen seit Jahren immer wieder Thema(1) Ich danke insbesondere IIse Zatfoukat-Reiter fürihre Diskussionsbereitschaft und Mithilfe bei der Erstellungdieses Textes. Eine e1Weitnte und er@as andersakzClltuierte Fassung dieses Aufsatzes erscheint in: IngvildBirlchan (Herausgeberin), Feministische Kontexte.Seite 42Mittlerweile hat die Frauenforschungsgruppeeinen monatlicher Jour Fixe eingerichtet.Jeden ersten Mittwoch im Monattreffen sich interessierte Fachvertreterinnenund Studentinnen zum Informationsaustausch.Ein wichtiges Anliegen ist dabei, dieinterdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern,also etwa Forschung und Lehre in geltend<strong>recht</strong>lichenFächern mit jenen ausGrundlagenfächern zu kombinieren. Geradeaus feministischer Sicht scheint es wichtig,aus <strong>recht</strong>shistorischer und <strong>recht</strong>sphilosophischerPcrspektive heraus einen <strong>recht</strong>spolitischenAnspruch zu erheben. So könnte derAnstoß gegeben werden, noch zu schildernfIlstit/ltionen,Projekte, Debatten und der Frallenfo·rdenlllgspltl1l,Zeitschrift für Hochschuldidaktik2/1995.(2) Viele KollegInnen wußten etwa gar nicht, daß es den"Frauentopf' gibt.JURIDIKUM(3) Dieser Frauenfördertl1lgsplan wurde als BGBI.Nr.229/1995 mit 1. April 1995 erlassen.(4) Vgl. dazu Nikolaus Benke, Juristl1ltlCllatlsbildungeinfemimstischer Ir1Weg? Manuskript, erscheint imÖsterreichischen loumal für Rechtspolitik 1/95.Nr 2/95


von Gesetzen bzw. Gesetzesänderungen (5)sowie von teilweise - gelinde gesagt - erstaunlichenErkenntnissen des VfGH ist.Der VfGH geht in seinem Erk über das Pensionsalteretwa als" unbestritten" davon aus,daß "Frauen bisher die Hauptlast der Haushaltsführungund Kindererziehung trugenund noch immer tragen, sodaß verheirateteFrauen ebenso wie Frauen, die in einer Lebensgemeinschaftmit einem Mann leben,vor allem aber Frauen, denen die Obsorgefür Kinder oder sonstige Angehörige obliegtund die überdies berufstätig sind, in der Regeleiner doppelten Belastung ausgesetztwaren und noch sind." (VfSlg 8871, 27.) Dasniedrigere Pensionsalter von Frauen aus diesemGrund beizubehalten hält der VfGH allerdingsnicht für sachlich ge<strong>recht</strong>fertigt. ImNachtarbeitsverbotserkenntnis argumentiert erfolgendermaßen: "Ein möglichst weitreichendesVerbot der Nachtarbeit für Frauenwird [ ... ] nach wie vor für notwendig gehalten.Daß das Ziel - Hintanhaltung der konkretenGefahr einer Mehrbelastung durchNachtarbeit - ge<strong>recht</strong>fertigt ist, steht außerZweifel". Es sei Aufgabe des Gesetzgebers,ob der den (noch) für erforderlich gehaltenenSchutz gewährt und damit indirekt "dieüberkommene Rollenverteilung zwischenden Geschlechtern verfestigt, oder die Angleichungder Lebensverhältnisse von Frauenund Männern auf Kosten eines verläßlichenSchutzes der gegenwärtig Betroffenenfür die Zukunft vorantreibt". (VfGH 1992)Bezeichnend ist auch das Magistraerkenntnis,dessen Essenz darin besteht, "daß der geschlechtsneutraleGebrauch der männlichenSprachform durch den Gesetzgeber zulässigist". (VfGH 1993)Recht als Instrument •••Bei allen Bestrebungen, Recht und (konventionelle)Moral zu trennen, sind doch vieleNormen und <strong>recht</strong>liche Institutionen sowiederen Auslegung Ausdruck einer patriarchalischenGesellschaftsordnung. Die <strong>recht</strong>swissenschaftlicheBetrachtung wiedcrum hatteund hat bestärkende Wirkung bzw., wennder Gesetzgeber allzu forsch die Gleichbe<strong>recht</strong>igungvoranzutreiben scheint, dämpfendeWirkung, was die Beförderung derGleichbehandlung von Frauen anbelangt.Als kleines Beispiel Koziol- WeIser, Grundrißdes bürgerlichen Rechts Bd. 2, über daseheliche Kind: "Die Eltern sollen [ ... ] in derAusübung der Recht und Pflichten einvernehmlichvorgehen (§ 144 ABGB)" Dazu folgendererhellender Kommentar der beidenAutoren: "Das Gesetz ist in seinem Bestreben,die Gleichstellung beider Elternteile(5) Vgl. nurbeispie/sweise Reformen in Privat<strong>recht</strong> (Familimreclltsrefonn),Straf<strong>recht</strong> (Vergewaltigung in derEhe) und Arbeits<strong>recht</strong> (Geser:G über die Gleichbehand­Itmgvoll Frau und Mann bei der Festsetzung des Entgelts(Gleichbehandlungsgesetz) BGBI 1979/108)(6) So ist etwa im noch ausfiihrlicher vorzustellenden B­GBG, BGBI.Nr. 100/1993, zwar eine FralIenquote fürNr 2/95herbeizuführen, über den vernünftig verstandenenGleichheitsgrundsatz hinausgegangen.Dadurch blieb offen, welcher Ehegattedie einzelnen Rechte und Pflichten gegenüberden Kindern wahrzunehmen hat, wennkein Einvernehmen erzielt wird .... Mit demGleichheitsgrundsatz wäre es durchaus vereinbargewesen, im Falle mangelnden Einverständnissesdie Pflege und Erziehungprimär der Frau, die Unterhaltsleistung hingegenprimär dem Mann zuzuweisen, einGedanke, dem das Gesetz ohnehin beim unehelichenKind gefolgt ist (vgl. § 166ABGB)." - Vereinbar wohl eher mit denherrschenden <strong>gesellschaft</strong>lichen Strukturenals mit dem Gleichheitsgrundsatz.Von manchen feministischen Kritikerinnenwird Recht aus diesen Gründen einer radikalenund fundamentalen Kritik als patriarchalischesHerrschaftsinstrument unterworfenund mit größter Skepsis betrachtet.Mir scheint es allerdings nicht angebracht,das Kind solcher Art mit dem Bade auszuschütten.Recht ist das <strong>gesellschaft</strong>lich wirksamsteInstrument, soweit es überhaupt einwirksames Instrumentarium zur Steuerungeiner Gesellschaft gibt. Gesetzliche Reformenhaben oft Vorreiterfunktion, sollen einZeichen dafür geben, daß sich eine Gesellschaftin einer bestimmten Richtung verändernsollte. Gerade die Gesetzgebung kannentscheidende und vor allem durchsetzbareImpulse kurz- und mittelfristiger Art setzen.Zwar stellt sich gerade bei progressiven Gesetzeswerkendas Problem, daß der reformerischeWille nicht durch ein entsprechendesSanktionensystem flankiert wird, was dieDurchsetzung der in den Normen verkörpertenIdeen faktisch hochgradig in Fragestellt.(6) Dennoch muß die Forderung nach<strong>recht</strong>lichen Reformen immer wieder anoberster Stelle stehen. Die durch Rechtsnormeneingerichteten Strukturen und Verfahrenhaben Schurzmantelfunktion und nochjede programmatische Norm hat <strong>gesellschaft</strong>licheSignalwirkung.••• das Bundes­GleichbehandlungsgesetzEinen Meilenstein in der Rechtsentwicklung- nicht nur inhaltlich, sondern auchsprachlich (in welchem Gesetz ist sonst von"B LI ndeskanzlerin oder Bundeskanzler" (7) dieRede?) - stellt das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz(B-GBG) dar, auf dessen Grundlageder vieldiskutierre Frauenförderungsplanfür das Wissenschaftsressort erlassenwurde. Heide Normensysteme illustrierenden vom österreichischen Gesetzgeber erkanntenHandlungsbedarf und sind einden öffeJltlich/!ll Di/!llst vorp:esdlliebeJl, bei deren Nichterreic/uillga//erd;Jlp:.\' kdll/: SflllktirJJleJlllormiert sind. Esist lediglith ein Be,irhts.l:ystelll fes/p:e/egt (§ 53).(7) § 53 Abs. 3 Hlilldes-G/dlhbehfllldllltlgsG(8) AusseJldllllg Zl/r Begtttachtllllg des Entwurfs eillesBUlldesgesetzes iibel' Gleichbehaliri/ltIlg IIlId FördeTltngVOll Frauen im BlI1ldesdietist Itlld übel' ÄlIderullgm desJURIDIKUMStudium & Berufdeutliches Signal für dessen Erkenntnis, daßdie fortdauernde Diskriminierung von Frauendurch formale Gleichbehandlung offensichtlichnicht zu beheben ist. Als Ziel desB-GBG wird die "Verankerung des Grundsatzesdes Gleichbehandlungsgebotes sowiebesonderer Förderungsmaßnahmen fürFrauen im Bereich des öffentlichen Dienstes"(H)angegeben. Für den Fall einer bestehendenUnterrepräsentation von Frauenwerden besondere Fördermaßnahmen fürFrauen angeordnet. § 42 schreibt etwa diebevorzugte Aufnahme von Frauen, diegleich qualifiziert sind (wie der beste männlicheBewerber) und § 43 die Bevorzugungvon Frauen beim beruflichen Aufstieg vor,wobei jeweils eine Quote von 40% als Zielangegeben wird.Quoten setzen an dem Punkt an, an demDiskriminierung sichtbar wird, das heißt, ander signifikanten Unterrepräsentanz vonFrauen: "Wenn in einer Gesellschaft, in derformale Chancengleichheit verwirklicht ist,eine auffällige Korrelation besteht zwischenden Inhabern gut und besser dotierter Stellen,Ämter und Funktionen auf der einenSeite und einer für diese Stellen, Ämter undFunktionen irrelevanten Eigenschaft, nämlichder des Geschlechts [ ... J, auf der anderenSeite, dann muß man annehmen, daß dieStrukturen dieser Gesellschaft die Diskriminierungeiner [ ... ] gesellsehaftliche[n] Gruppenfördern und unterstützen." (91 Da die Situationder Unterrepräsentation von Frauenschwerpunktmäßig auf den Führungsebenenin Wirtschaft und politischer Elite, besteht,muß sich eine Politik der Frauenförderungauf diese Bereiche besonders konzentrieren.Ob diese Politik nach Ansicht derBetrachterin oder des Betrachters des Einsatzesvon Quoten bedarf, wird davon abhängen,wie gravierend die strukturelle Diskriminierungeingeschätzt wird. Ein Plädoyerfür Quoten geht von zwei Prämissen aus: Erstenswird der Wert der Gleichbe<strong>recht</strong>igunghoch angesetzt und zweitens wird davonausgegangen, daß sich ohne Quoten im Blickauf <strong>gesellschaft</strong>liche Gleichbe<strong>recht</strong>igung sobald nichts ändern wirdyolDa das B-GBG Frauenquoten für den öffentlichenDienst vorschreibt, ist die Schlußfolgerungzulässig, daß diese vom Gesetzgeberals <strong>recht</strong>liches Instrumentarium anerkanntsind. Es besteht die Hoffnung, daßsich auch die VertreterInnen der RechtswissenschaftlichenFakultät dieser Anerkennunganschließen. Bislang gibt es allerdingskein Signal hinsichtlich der Notwendigkeitoder auch nur Wünschbarkeit von Quotenregelungen.Man kommt nicht umhin festzustellen,daß der Gesetzgeber zumindest inAusschreibungsgeserMs und Verwaltungsakademiegesetzes,GZ 141.210/1-//11/92,29.(9) Beate Rässler, Quotierung utld Ge<strong>recht</strong>igkeit: EitlÜberblick über die Debatte, in: Rossler(Hrsg.), Quotierungund Ge<strong>recht</strong>igkeit. Eitle moralphilosophische Kontroverse,Frankfmt/Maitl - New York 1993, 7-28, 8.(10) Rössler, 1993, 10.Seite 43


Studium & Berufdieser Hinsicht wesentlich progressiver istals jene, die in der Wissenschaft eine Vordenkerrolleeinnehmen könnten. Bedenktman allerdings, daß gerade an der Wiener JuridischenFakultät in den öffentlich-<strong>recht</strong>lichenFächern das Kelsensche Dogma gelehrtwird, die Aufgabe der Rechtswissenschaftsei lediglich, das Recht zu beschreiben,so nimmt dieses Phänomen schon wenigerwunder.Wahlfach Frauenforschung?Erfreulich, daß trotz allem die Frauenforschungam Juridicum floriert. Bemerkenswertist das große Interesse und hohe Engagementvon Seiten der Studierenden für dieam Juridicum angebotenen Lehrveranstaltungen,was umso erstaunlicher ist, als diesemit ihrer Teilnahme rein für den Studienfortgang- außer einem weiteren Horizont -nichts gewinnen. Dort erworbene Zeugnissesind nirgendwo anrechenbar. So entstanddas Anliegen, Forschung und Lehre zu denGeschlechterdifferenz zu institutionalisieren.Eine Untergruppe der FrauenforschungsgruppeJuridicum überlegt nun, inwieweitdiese Lehrveranstaltungen im Rahmeneines Wahlfachs in den Studienplan integriertwerden könnten. Wie bei den Planungenfür eine Ringvorlesung sind auchhier Grundsatzüberlegungen von großer Bedeutung.Es wird der Frage nachgegangen,was sich Assistentinnen und Studentinnenvon Forschungen im Bereich Recht - Geschlechterdifferenzerwarten. Dabei werdenProblemfelder aufgesucht, nach Disziplinenkategorisiert und interdisziplinäre Überlegungenangestellt. Zu erwähnen ist, daß insbesonderevon Seiten der Studierenden beiden letzten beiden vorgestellten Projektengroßes Engagement gezeigt wird. Diese sinddazu aufgerufen, ihre Wünsche und Interessenzu artikulieren und Anregungen für Forschungund Lehre zu geben.Das große Problem, das sich hier stellt, istfreilich <strong>recht</strong>licher Natur. Zur Installierungeines derartigen Wahlfachs wäre es notwendig,den Studienplan zu ändern - und dasbedingt eine Gesetzesänderung. Es bestehtaber durchaus die Hoffnung, im Rahmen einergenerellen Erweiterung des Wahlfachangebotsauch die Frauenforschung "unterzubringen".Abschließend ist zu hoffen, daßdie Anstrengungen einzelner Personen aufdem Gebiet dessen, was mit einem Überbegriffals "Feministische Jurisprudenz" bezeichnetwerden könnte, eine ähnliche Förderungund Anerkennung erlangen werden,wie dies in den USA schon seit mehr als einemJahrzehnt selbstverständlich ist. Anhandder angeführten Beispiele aus Judikaturund Lehre sollte jedenfalls deutlich gewordensein, daß die verschiedenen Rechtsdisziplinenauf allen Ebenen dringend einerfeministischen Durchdringung harren.Mag', Elisabeth Holzleithner ist Vertragsassistentinam Institut für Rechtsphilosophie und Rechtstheoriean der Universität Wien.Wozu VERHILFT EIN KONSTRUKTIONISTISCHES WIRKLICHKEITSMODELL? (1)Feststellung undInterpretationDie Feststellung iuristischrelevanter Tatsachen ist dieVoraussetzung iuristischerEntscheidungen und dahervon größter Wichtigkeit.Sich der dem WirklichkeitsverstehenvorausgehendenMechanismenbewußt zu werden, bringtLicht ins Dunkel iuristischerEntscheidungsfindung.Wie stellen RichterInnen Tatsachen fest?Fragen Sie danach, und Sie bekommen häufigals Antwort zu hören, wie schwierig dieTatsachenfeststellung ist; fragen Sie Lehrbücher,so stoßen Sie irgendwann vermutlichauf die mittlerweile klassische Auffassungvon Engisch (2), wonach" Tatsachenfeststellungund (<strong>recht</strong>liche) Subsumtion begrifflichstreng geschieden (sind)". Jene habe es mitder Existenz von "wirklichkeitsartigen " Gegenständenzu tun, deren Vorhandenseinletztlich aufgrund von Wahrnehmungen festgestelltwerde; die Subsumtion drehe sichhingegen um die Gleichsetzung des konkretenFalles mit den vom gesetzlichen Tatbestandgemeinten Fällen aufgrund von Wertungoder Erfahrung.('» Offen bleibt die Frage,wie herausgefunden wird, ob jene bestimmtenMomente im konkreten Fall vorliegen,die der gesetzliche Tatbestand be-(1) Der 7. Familie/lrichtertag am 6. u1ld 7. Mai 1994in Salzburg, zu welchem der Autor als Referent ei1lesArbeitskreises geladm wurde, stand unter dem Generalthemader richterlichen Wahrheitsfindung und ihrerGrenzen. Zusammenfassung aus: Wallner, Feststellungund Interpretation. Ein Beitrag zum Begriff des Beweismsim Rechtsprozeß; iur. Diss., WietJ 1993(2) Kar! Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwmdung,Heidelberg 1960(3) Engisch 1960, 113(4) Engisch, ebmda(5) nach Robert AleX'y, Theorie der juristischen Argu-schreibt: Dies sei nach Engisch "durch dieüblichen Beweismethoden aufzuklären".(4)Zwar war es gerade Engisch, der mit seinem"berühmtesten Nebensatz" (5) betonthat, daß Tatsachenfeststellung und <strong>recht</strong>licheBeurteilung nicht in einem zeitlichenNacheinander ablaufen können, sondern eseines ständigen "Hin- und Herwandern desBlickes" zwischen Lebenssachverhalt undRechtsbegriffen bedarf: (6) Nicht alles, wasgeschehen ist, ist für die <strong>recht</strong>liche Beurteilungwesentlich. Auf der anderen Seite sindnur jene Normen für den einzelnen Fall bedeutsam,die auf das tatsächlich Geschehenezumindest abstrakt anwendbar sind. Zwarhat also Engisch die Position vertreten, daßkeine allgemeingültige Methode im Sinneeiner "Betriebsanleitung" angegeben werdenkönne, wie Urteilsbildung in den Köpfender RichterInnen vor sich zu gehen hat,sondern er sieht die Beweiswürdigungsarbeitin allen ihren Facetten eher, wie es derOGH ausdrückt, als einen "kritisch-psychologischenVorgang",(7) der zu "voller Gewißheit"(8)oder doch zu "hochwahrscheinlicherGewißheit" (9), nach anderer Meinungauch zu "persönlicher Gewißheit, wenn auchnicht zu von allen Zweifeln freier Überzeugung"(i 0) führen soll. Dem ist zunächst vollaufzuzustimmen, weil sich alle Versuche,richterliche Beweiswürdigungsarbeit - wiemenschliches Urteilen im allgemeinen - deterministischzu beschreiben, als zu oberflächlicheAnnäherungen an das Phänomender menschlichen Urteilskraft erwiesen haben.Engisch bleibt aber eine Erklärung für denVorgang des Beweisens schuldig, die versucht,den Vorgang richterlicher Tatsachenfeststellungzu beschreiben ..mentation, F rankfurt/Maitl 1991, 281, wurde die gleichzu besprechende Wendung vom "Hin- und Herwa1ldemdes Blicks" eher beiläufig i1l die Methode1ldiskussio1l ei1lgeführt.(6) Engisch 1960,15(7) SSt 39/41(8) SSt 45/23(9) SSt 45/23(10) deutsche BGHZ 53/245, 255 f(11) Siegfried J. Schmidt, Über die Rolle V01l Selbstorga1lisatio1lbeim Sprachverstehm, i1l: Woljga1lg Krohn,Gü1lter Küppers (Hg): Ermergmz. Die E1Itstehungv01lSeite 44JURIDIKUMNr 2/95


Richterliche Tatsachenfeststellung könnteals allgemeiner Verstehensprozeß beschriebenwerden: Die Kognitionstheorie hatnach Schmidt(ll) zuletzt Verstehenstheorienentwickelt, womit zwei Standard-Hypothesenverworfen werden, die zumindest dieAlltagshermeneutik, aber auch diejenige vielerWissenschaftlerInnen und vermutlichauch diejenige vieler Richterinnen (bzwRechtsanwenderInnen) immer noch bestimmen:a) Verstehen sei "Bedeutungsentnahme" auseinem Text (Schriftsatz, Schilderung eineszusammenhängenden Geschehnisablaufesdurch Zeugen) undb) der bedeutungstragende Text (Sachverhalt)determiniere den Verstehensvorgang.Stattdessen entstehen zwei neue Hypothesen:al) Verstehen resultiert vielmehr aus der Interaktionvon Sprecherwissen und Textinformation,ist also ein Austarieren vonschemageleiteten und textgeleitetenOperationen undbl) Verstehen ist ein subjektzentrierter, strategiegeleiteter,intentionaler und effizienzorientierter,flexibler Prozeß.(l21Auch das richterliche Verstehen vonSachverhalten wäre demnach ein ziel gerichteterVorgang, darauf gerichtet, die den Rezipienten/Richterumgebende Welt durchsichtig,intelligibel zu machen. Dieser Befundharmoniert mit den Erkenntnissen der Systembiologieebenso wie mit konstruktivistischenAnsätzen der Erkenntnistheorie: Wirmachen im Allgemeinen die uns begegnendeWelt sinnvoll, indem wir Zusammenhängekonstruieren. Verstehen ist ein Konstruktionsvorgang,zu welchem die einzelnenWörter des Satzes (= die einzelnen Elementedes Sachverhaltes) das beitragen, was hierfür den Zusammenhang gebraucht wird,nicht aber alles, was potentiell in ihnensteckt. Demnach ist etwa die verstehendeVerarbeitung einer Äußerung erst dann zuEnde, wenn das Ergebnis den Hörer/Rezipienten/Richterhier und jetzt befriedigt. Esbefriedigt ihn, wenn es sinnvoll ist.


Studium & Berufsichten, sein Wissen, seine Interessen,seine Gefühlslage, seine Annahme- undAbwehrbereitschaften einschätzen zukönnen (anwaltliehe Vertretung, insbesondereIntervention).Kommunikation bedeutet nicht bloß etwasmitteilen, sondern auch den Anspruchauf die Aufmerksamkeit und die - als höchstaktiv vorgestellte! - Verstehenstätigkeit einesanderen zu erheben: Ohne die anderen,ohne die Kommunikationspartner, ist nichtnur Kommunikation unmöglich bzw sinnlos;unmöglich wird dann jegliche subjektgebundeneWirklichkeitskonstruktion (" Tatsache"),weil alle Wirklichkeitsmodelle sich inder Interaktion bestätigen müssen, um alsgemeinsame Wirklichkeit zum Bezugspunktvon Erleben und Handeln werden zu können.lwDies darf nicht darüber hinwegtäuschen,daß der Bereich des Bewußtseins und derBereich der Kommunikation vollständig autonomsind und sie sich nicht überlappenkönnen. Was letztlich beim Vorgang zB derrichterlichen Beweiswürdigung im Rezipientenpassiert, entzieht sich jeglicher deterministischerBeschreibung. Ein noch so mächtigerGedanke, schreibt Baecker (2 2), eine nochso mitreißende Mitteilung, eine noch so bedeutungsschwereInformation sind keineGedanken. Alles was die Kommunikationvermag, ist das Auslösen bestimmter Bewußtseinsinhalteim Adressaten, und diesnur unter bestimmten - wenn auch üblicherweisegegebenen Voraussetzungen.Gleichzeitig ist Verstehen auch ein sozialerProzeß in situativen und sozialen Kontexten.So etwas wie ein "objektives Verstehen"gibt es nicht und - als eine Unterform desVerstehens - demnach auch kein objektivesFeststellen.Für gewöhnlich herrscht nun Einigkeitdarüber, daß "die Wirklichkeit nicht vollständigerkennbar" ist und man sich ihr immernur annähern könne. Das Diktum vonder nicht bis ins Letzte feststell baren, aberdoch prinzipiell vorhandenen, außenliegendenWirklichkeit fungiert allerdings auchvielfach als Imm~nisierungsstrategie: Alsobegnügen wir uns mit dem, was einfach zuerkennen ist.Die Auffassung von Wirklichkeit als Konstruktbedeutet jedoch, daß zwar keine invariante,außenliegende Objektivität, grundsätzlichaber sehr wohl und gerade deswegenErkennbarkeit vorliegt, nämlich innerhalbder Grenzen dessen, was intersubjektiv fürWirklichkeit gehalten wird: eine auf Kommunikationberuhende, soziale Übereinstimmung.Innerhalb dieses Rahmens (a) findet(21) Schmidt 1992, 305(22) Dirk Baccker, Die Unterscheidungzwische1l Komtfllttlikatiollulld BewußtseilI, in Krohn, Kiippers (Hg)1992,235(23) Utlter anderem desweget/ katln es fiir unseretl Bereichimmerlltlf"jllristisdle Tatsachett geben: Das Feldder spezifisch <strong>recht</strong>lichm Bedetttu11g VOti Lebettssachver-Seite 46Verstehen und Beweisen statt, (b) ist es sehrwohl sinnvoll, von "Tatsachen" zu sprechenund (c) hat man sich aber .auch um die genaueFeststellung von Tatsachen zubemühen. 12J )Jeder einzelne Akt der Beweiswürdigung,der zu einer Urteilsbildung über den Sachverhaltführt, muß als emergentes Phänomenbeschrieben werden (Emergenz bezeichnetdas plötzliche Auftreten einer neuenQualität, die sich jeweils nicht durch dieEigenschaften oder Reaktionen der beteiligtenElemente erklären läßt, sondern nurdurch eine jeweils besondere, selbstorganisierendeProzeßdynamik 12.). Die oft für absolutgehaltenen Gesetzmäßigkeiten der Naturwissenschaftensind ebenfalls bloß Anschauungsformen.Nach Prigogine!Stengershandelt es sich bei einem "Naturgesetz"eher um eine Wette. (25 ) Auch in den Naturwissenschaftentreffen wir keineswegs aufein unvoreingenommenes Beobachtennatürlicher Vorgänge, welches sodann inphysikalischer, biologischer, chemischer etc.Weise "gewürdigt" würde. 12 ") Wie bei allermenschlicheren Erkenntnis, finden wir auchdort eine Art von Engischs Hin- und Herwandemdes Blicks zwischen dem Bild, das wirfeststellen möchten oder feststellen zu könnenglauben und dem zu interpretierenden"Material", dem Phänomen, dem Sachverhalt:"Das untersuchte Phänomen mußpräpariert und isoliert werden, bis es eineridealen Situation nahekommt, die zwar physikalischunerreichbar sein mag, aber demangenommenen begrifflichen Schema entspricht."(27) Gadamer zur weitverbreitetenWissenschaftsgläubigkeit: "Seibst eine Weltgleichung,die alles Seiende zur Abbildungbrächte, sodaß auch noch der Beobachter desSystems in den Gleichungen des Systemsaufträte, setzte noch immer den Physikervoraus, der als der Rechnende nicht der Berechneteist. [...] Als Wissenschaft hat die(Physik) den Gegenstandsbereich vorentworfen,dessen Erkenntnis seine Beherr­~chung bedeutet. "(28)Wenn Engisch das <strong>recht</strong>liche Urteil aufden für hinreichend sicher gehaltenen, naturwissenschaftlichenMethoden der Sachverhaltsfeststellungaufbauen wollte, dieseselbst sich aber für unzuständig erklären,weil auch sie schemageleitete Feststellungentreffen und keineswegs imstande sind,"bloß" zu beschreiben, was sie sehen, gehtuns das Fundament für die Begründung des<strong>recht</strong>lichen Urteils verloren.Manchmal wird der "festgestellte Sachverhalt"als in der Rechtssprache eigenständigdefiniert verstanden und ihm eine andereBedeutung beigemessen als in der Alltagshaltettbezeichnet den RahmetI, itltlerhalb dessetl Phänomenettauf bestimmte Art und Weise Bedeutung zugewiesenwird.(24) Krohtl/Kiippers, 1992, Glossar(25) lIya Prigogine/Isabelle Stengers, Dialog mit derNatur, dt. Miinchetl1990, 304(26) tlach Stephetl Hawking, Eine kurze Geschichte derJURIDIKUMsprache. Das wird zum Teil gemacht, wennvon dem "als feststehend angenommenen"Sachverhalt die Rede ist. Aber abgesehendavon, daß nicht <strong>recht</strong> ersichtlich ist, woraufwir denn stattdessen zurückgreifen wollen,wenn nicht auf Entitäten, die auch außerhalbder Rechtssprache einen wohIverstandenenSinn ergeben, fehlte dann auch jeglicheEinflußnahme <strong>recht</strong>licher Regel~ aufreale Lebenssachverhalte; die beiden Weitenhätten nichts mehr miteinander zu tun.Der Begriff vom festgestellten Sachverhaltmuß daher immer in einer Weise verstandenwerden, die auch in der Alltagssprache einenhinreichend definierten Sinn ergibt.Aus diesem Grunde stimmt es nicht, daßes in der richterlichen Beweiswürdigungsarbeitja nur darum gehe, einen Sachverhalt alsfestgestellt angenommen zu bezeichnen. Vielmehrist auf der seit Aristoteles unter anderemauch von Engisch vertretenen Forderung zubeharren, daß das <strong>recht</strong>liche Urteil einenAnspruch auf Wahrheit oder Richtigkeit erhebt,welchem Anspruch nicht dadurchgenüge getan wird, daß wir etwas als Wahrheitannehmen oder ausgeben, sondern nurdadurch, daß wir diese Wahrheit ermitteln.Der jeweilige Fall wäre dann allerdings nichtmehr an einer, als unveränderbar und subjektunabhängigvorgestellten Wahrheit auszurichten,welche für sich genommen, ohnejede Interpretation, ein sinnloser Begriff ist,sondern wäre umgekehrt die Wahrheit proFall auszurichten und also jeweils zu konstruieren.Dabei dürfen nie die bisherigenÜberzeugungen und Vormeinungen außeracht gelassen werden, welche bislang denRahmen der Wahrheit abgeben. Erst dieEinbeziehung aller bekannten und noch zuentwickelnder Parameter, die beim juristischenSchließen eine Rolle spielen, kann zuder Einsicht führen, daß es das schließendeErkenntnissubjekt ist, welches einen Sachverhaltaus der Vergangenheit neu konstruiert,daß es dabei höchst aktiv kreiert unddaß, sollen Urteile nicht im luftleeren Raumschweben, es dabei schließlich auf Übereinstimmungund Akzeptanz zur sozialen Wirklichkeitmit all ihren grundsätzlich veränderbarenVormeinungen zu achten hat.Das wäre wohl der kompliziertere, im Effektaber doch elegantere, weil widerspruchsfreieWeg, nicht etwas in falsch verstandenerBescheidenheit "für wahr zu halten,weil die volle Wahrheit doch nicht erkennbarist", sondern vielmehr auszuloten,was wir unter Wahrheit ohnehin verstehenund sinnvoll erweise nur verstehen können ...Dr. Benedikt Wallner ist Rechtsanwalt in Wien.Zeit, Reit/bek 1988, 29(27) Prigogine/Stetlgers 1990, 47(28) Hans-Georg Gadamer, Gesammelte Werke, Band1, HermC1leutik: Wahrheit und Methode -1, Tiibillgen1986,455f(29) Engisch 1960, 4Nr 2/95


Studium & Beruf ________________________________________________________ _von Sabine·WagnerFluth, ausdem Budget(der Universitäts- und HochschulprofessorInnen sowie deswissenschaftlichen und künstlerischenPersonals), denen nach§ 106 Abs. 5 letzter Satz UOGebenfalls ein Recht zur Stellungnahmezukommt, wurde derVorschlag nicht unterbreitet,ebensowenig den Mitgliederndes akademischen Rats (§ 108Abs.3 UOG).Was steckt dahinter? StudienassistentInnensind teil beschäftigteVertragsbedienstetedes Bundes (meist im Ausmaßvon 20 Wochenstunden), die aufAntrag der Personalkommisssionvom Rektor aufgenommen werden(§ 42 UOG). Auch die Verlängerungder Verträge muß... unächst praktisch unbe­... merkt wurde kü"fzlich einGesetzesänderungsvorschlag derRegierung ins Parlament eingebracht,der sich bereits in 3. Lesungbefindet: Zielsetzung diesesVorschlags ist es, die in denUniversitäts betrieb maßgeblicheingebundenen StudienassistentInnenin der bisherigen Formeinzusparen. Dies geschah ohneRücksprache mit Universitätsangehörigen,obwohl nach §107Abs.3 Universitätsorganisationsgesetz(UOG) Gesetzesentwürfe,die Universitätsangelegenheitenberühren, der Rektorenkonferenzzur Erstattung einerStellungnahme vorzulegen sind.Auch den beiden im UOG vervomRektor genehmigt werden.Bisher hatten StudienassistenrInnenVerträge für jeweils einJahr und waren sozial einigermaßenabgesichert. Sie sollen,wenn es zu der vorgeschlagenenGesetzesänderung kommt, ersetztwerden durch sog. "StudienassistentInnenneuen Typs".Diese werden nur mehr Verträgefür vier Monate erhalten, dasheißt, genau von Semesteranfangbis -ende. Dies bringt etlicheNachteile mit sich. Vor allembesteht ja grundstitzlich dieMöglichkeit, wissenschaftlicheArbeiten sowie das Korrigierenvon Diplomprüfungen auch undgerade in vorlesungsfreien Zeitendurchzuflihren. Dies wirdankerten Bundeskonferenzen dann für Studienassistelltlnnenalso nicht mehr möglich sem(zumindest nicht bezahlt).Überhaupt stellt sich die Frage,welche Funktionen StudienassistentInnendenn eigentlichim (Aus)Bildungsbetrieb Universitäterfüllen (sollten): Nach§ 42 Abs. 1 UOG sind die Aufgabenvon StudienassistentInnenprimär dic Mitwirkung bei Lehrveranstaltungenund wissenschaftlichenArbeiten. Tatsächlichsind sie billige Arbeitskräfte,die für viclerlei Arbeiten einsetzbarsind und keine starke Interesscnvcrtretunghaben. StudienassistentInnensind in den diverscnlIniversitätsgremien inder Praxis nicht vertreten; außerdemsind sie, wenn sie einehöherc Position anstreben, aufihre Vorgesetzten angewiesenund werden tunlichst vermeiden,es sich mit diesen zu verscherzen.Gerade die "Massenabfcrtigungsarbeiten",wie vorallem das Verbessern von Klausurcnund Diplomprüfungen,wcrden vorwiegend von Studicnassistentlnnenverrichtet. Insoferntragen diese weseniichdazu bei, daß das Prüfungssystem- wic mangelhaft auch immer- funktioniert. Auch werdenStuclienassistenrInnen oft zuTHtigkeiten herangezogen, dieeigentlich nicht zu ihrem Aufgabenbereichgehören. Außerdemsi nel StudienassistenrInnen derPersonen kreis, aus dem sich derwissenschaftliche Nachwuchsrekrutiert. Die vorgesehenenÄnderungen bedeuten, kurz gesagt,eine zusätzliche Unsicherheitfür StudienassistentInnen(kUrzere Verträge, immer wiederUnterbrechungen des Dienstverhältnisses,kaum Einarbeitungszeit,Erschwerung des Einstiegsals VertragsassistentInnennach Studienabschluß), die jaschon jctzt nicht gerade rosigeArheitsbedingungen haben.RubrikFraglich ist auch der finanzielleEinsparungseffekt. In dermomentanen Form mit den Einjahresverträgenverdienen SrudienassistenrInnensoviel, daß sieaus der Familienbeihilfe herausfallen.Bei den vorgesehenenViermonatsverträgen, wobei diesenicht durchgehend ein Jahrabdecken dürfen, sondern essind pro Jahr nur zwei solcheVerträge möglich, beziehen StudienassistentInnen(sofern siedie sonstigen Voraussetzungenerfüllen), wieder Familienbeihilfe.Es handelt sich also umnichts anderes als Budgetflucht,da die Personalkosten zulastender Familienbeihilfe verringertwerden. Überdies werden durchdie kürzere Vertragsdauer wohloder übel mehr StudienassistentInnendes "neuen Typs" angestelltwerden mussen, damit vorallem der Prüfungsbetrieb weiterhinauf<strong>recht</strong>erhalten werdenkann.Aus den genannten Gründenverabschiec;lete das Fakultätskollegiumder juridischen Fakultätin Wien eine Resolution, in derdie vorgeschlagenen Änderungenbetreffend Studienassistenrinnenabgelehnt werden. Diesewird dem Bundesminister fürWissenschaft vorgelegt werden.Abschließend bleibt mlfnoch, mit Bedauern festzustellen,daß wieder einmal bei jenenbegonnen wird, kurzsichtigenSozialabbau zu betreiben, diesich am wenigsten dagegen zurWehr setzen können. Inwieferndiese Sparmaßnahmen an derUniversität nur die StudienassistenrInnenbetreffen werdenoder ob auch andere Universitätsangehörigedavon erfaßtwerden, ist noch nicht abzusehen.Sabine Wagner ist Mitglied der BasisgruppeJuridicumjGRAS.Flüchtlinge verschwinden hinter Gittern. Tag für Tag. Ihre einzige "Schuld": Siesuchten in Österreich Schutz vor Verfolgung. Was erwartet sie hier? Schubhaft statt Asyl.Flüchtlinge stehen draußen vor der Tür. Ohne Arbeit, ohne Wohnung, ohnePapiere. Hoffnungslos. Sie alle sind Opfer des geltenden Asyl- und Fremden<strong>recht</strong>s. Opfereiner menschenverachtenden Politik.Wir fordern einen Kurswechsel. Österreich muß wieder Asylland werden.Nr 2/95JURIDIKUM Seite 47


ServiceBenjamin Davy,"Menschen Rechte Polizei - Eine Information über das neueSicherheitspolizeigesetz",Broschüre, 66 Seiten, A6,15," ÖS zzgl. Porto,"mol'i~.'r.lfllKriminalitiitin ÖslcncichS! .. !icnmr!WJio~drrKrimin.,r.tiit,:ntltH!u~Dr. Arno Pilgram,"Kriminalität in Österreich - Studien zur Soziologie deKriminalitätsentwicklung" (1980),Verlag für Gesellschafts<strong>kritik</strong>, 280 Seiten,20," ÖS zzgl. PortoDATENSPIEGELd:·r;"I~rlrl\hl:·.:i~"Il'\fd(!e\l~hcnri,·,j,l';.:\-...(hiciH\·Barbara Steiner,"Datenspiegel der österreichischenund deutschen Rechtsgeschichte",Skriptum, 2. Auflage, 52 Seiten, A5, geheftet,80," öS zzgl. PortoDr. Arno Pilgram," ... endet mit dem Tode - Die lebenslange Strafe in Österreich"mit Interviews von Paul Yvon und Texten vonJack Unterweger,Verlag für Gesellschafts<strong>kritik</strong>, 200 Seiten,198," öS zzgl. PortoFORTSCHRlnUCHE S2{lWISSENSCHAFT 199(14)""".""""",,,,,,y,,,,,~-,,,,,",.,.",,'


,.,,ServicePROBEHEFTEGeneigte leserinnen und leser, die das JURIDIKUM un°aufgefordert zugesendet bekommen, erhalten damit un°verbindlich ein kostenloses Probeexemplar.Wenn Sie das JURIDIKUM regelmäßig beziehen möch·ten, biffen wir Sie, den Bestellschein auf dieser Seite zuverwenden. Für Probeheh-Empfehlungen, das heißt fürHinweise auf Personen, denen wir sinnvollerweise ein Pro'behen zusenden könnten, sind wir stets dankbar.LIEFERBARE HEFTEBestellungen miffels des Bestellscheins auf dieser Seite1/89: Frauen und Recht:Ist Justitia ein Mann?2/89: Medien und Recht:Freiheit ohne Vielfalt?3/89: Strafen· oder leben lassen4/89: Umwelt<strong>recht</strong>:Verwaschen und verschlampt5/89: Sozialismus und Recht1/90: Schreie der Freiheit2/90: Verwallung der Armut3/90: Freiheit und Demokratie4/90: Sexualität und Siitlichkeit5/90: Das Gesicht der Macht1/91: Schöner Wohnen3/91: Juristen' ein (Zu)Stand4/91: Verspielter Staat5/91: Macht spielt Staat1/92: Die Fremden2/92: VerrächHichtes Kind3/92: Gestellte Au~ahme4/92: Der Prozeß5/92: Weltausbesserung1/93: Gih & Geld2/93: Subsidiarität3/93: Arbeit in Europa4/93: Frauen Recht Politik5/93: Der Traum von Sicherheit1/94: Föderalismus in Europa2/94: Wider den Notstand3/94: Risiko Ges.m.b.H.4/94: Grenzen des Rechtsstaats5/94: Neue Weltordnung1/95: Cyberlaw - Digitales Recht2/95: Desintegrationzuzüglich PorloBUCHHANDLUNGENÖS/DM/SFr10,-/1,50/1,-10,-/1,50/1,-10,-/1,50/1,-10,-/1,50/1,-10,-/1,50/1,-10,-/1,50/1,-10,-/1,50/1,-10,-/1,50/1,-10,-/1,50/1,-10,-/1,50/1,-20,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5020,-/3,-/2,5030,-/4,50/4,-30,-/4,50/4,-30,-/4,50/4,-30,-/4,50/4,-30,-/4,50/4,-30,-/4,50/4,-30,-/4,50/4,-Klagen~rt: Drava; Graz: ÖH·Service.(enter; Salzburg:Rupertusbuchhandel; Wien: 1, Kolisch; 1, Winter; 1, Süd·wind; 1 ,lentralbuchhandlung; 1,Juristenshop/Juridicum;7, Steppenwolf; 7, Frauenzimmer; 9, Reisebuchladen; 9,löwenherz; 17, Buchhandlung beim JörgerbadABONNEMENTÖS/DM/SFrJURIDIKUM·Normalabo ................................................................... 120,·/26,·/23,'JURIDIKUM·Förderabo ................................................................ ab 200,·/40,·/37,'JURIDIKUM·Ermäßigungsabo ............................................................. 90,. 122,' /19,'Übriges Ausland: Inlandspreise zzgl. VersandkostenDie Preise für das Ermäßigungsabo gehen für SludenHnnen SchülerInnen, leserInnen oh·ne Einkommen, Zivil· und Präsenzdiener IbiHe Nachweis!!. Das Abo für leserInnen, diesich im Strafvollzug befinden, ist kostenlos.Das Abo verlängert sich automatisch um 5 Ausgaben, wenn nicht vor Ablauf der Abo·Periode schrihlich gekündigt wird. Das Abo ist gegen Rechnung im voraus zahlbar.Ich bestelle hiemito ... JURIDIKUM-Einzelheft(e) Nr.o ... JURIDIKUM-Jahrgänge:o ... Stück "Menschen Rechte Polizei"o· ... Stück "Datenspiegel Rechtsgeschichte"o ... Stück "Fortschrittliche Wissenschaft:ooDatum:Zur österreich ischen Verfassung~'... Stück "Kriminalität in Österreich"... Stück "... endet mit dem Tode-Die lebenslange Strafe in Österreich"Ich bestelle hiemitUnterschrift:[J ein JURIDIKUM-Abo(120,- öS/26,-DM/23,- SFr)o ein JURIDIKUM·Förderabo(ab 200,' öS/40"DM/37,' SFr)o ein JURIDIKUM-Ermäßigungsabo(90,- öS/22,·DM/19,- SFr)ab der nächsterreichbaren Ausgabe.KOMPLETTE JAHRGANGEJahrgang 1989 (ohne Nullnummer) .......... 40,' öS / 5,50 DM / 5,' SFrJahrgang 1990 (vollständig) .................... 40,· öS / 5,50 DM / 5,' SFrJahrgang 1991 (ohne Heh2/91) ............. 60,· öS/8,50 DM/ 7,50 SFrJahrgang 1992 (vollständig) .................... 80,· öS/11,50 DM/10,' SFrJahrgang 1993 (vollständig) .................... 80,· öS/11,5 DM/10,' SFrJahrgang 1994 (vollständig) .................... 120,' öS/26,' DM/23,' SFrSenden Sie bitte. ein ko .. h:m'lo .. ~~ ..Probeexemplar an:Das Abo gilt für 5 Ausgaben (1 Jahr) - es verlängert sich jeweils um eine weitere Periode,wenn es nicht innerhalb der laufenden Periode gekündigt wird.Datum:Unterschrift:--_._-----------------------


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DOKUMENTENSERVICE DES GRÜNEN KLUBSMit dem Dokumentenservice will der Grüne Klub seine parlamentarischen Initiativen und andere im Bereich des Grünen Klubs erarbeitete Materialieneiner breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Aufgenommen werden aber auch wichtige Berichte und Vorlagen der Bundesregierung.Die ausgewählten Dokumente sind im Anschluß aufgelistet. Bitte auf der nebenstehenden Postkarte die jeweilige Kennziffer vermerken.Weiters plant der Grüne Klub, sämtliche parlamentarische Anträge, Anfragen, Presseaussendungen, etc. per Mailbox unentgeltlich zur Verfügung zustellen. Zur Kommunikation mit dieser Mailbox ist ein ganzer Telephonanschluß, ein Modem und ein Computer notwendig. Sollten Sie an dieserMailbox Interesse haben, bitten wir Sie, dies auf dieser Bestellkarte beim Absender zu vermerken.Europa• Bericht der Bundesregierung über das Ergebnis derVerhandlungen über den Beitritt Österreichs zur EU,Best.Nr. 104, S 80,c• Der EU-Beitritt im Parlament, Abweichende Stellungnahmeder Grünen, Best.Nr. 105, S 20,-• EU-Begleit-B-VG, Antrag des Grünen Klubs, Best.Nr.107, S 10,-Wohn<strong>recht</strong>• Antrag der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen undFreunde zur Änderung des Miet<strong>recht</strong>sgesetzes,Best.Nr. 150, S 10,-• Abweichende Stellungnahme der AbgeordnetenStoisits zum 3. Wohn<strong>recht</strong>sänderungsgesetz, Best.Nr.151, S 10,-Wahl<strong>recht</strong>• Abweichende Stellungnahme des AbgeordnetenVoggenhuber zur neuen Nationalratswahlordnung,Best.Nr. 180, S 10,-• Grüner Antrag Nationalratswahlordnung, Best.Nr.181, S 20,-Umwelt• Abweichende Stellungnahme zur GewO-Novelle1992, Best.Nr. 202, S 10,-• Abweichende Stellungnahme zum Umweltinformationsgesetz,Best.Nr. 203, S 50,-• Materialien zum Thema "Abfallpolitik", Best.Nr. 206,S 10,-• Materialien zum Thema "Ökosteuern", Best.Nr.207, S 10,-• Materialien zum Thema "Ozon", Best.Nr. 208, S10,-• Materialien zum Thema "Pestizide", Best.Nr. 209,S 10,-• Materialien zum Thema "Naturschutz", Best.Nr. 21 0,S 10,-• Abweichende Stellungnahme zum Umwelt·förderungsgesetz, Best.Nr. 211, S 10,-• Marlies Meyer, Materialien zum UVP·Gesetz,Best.Nr. 212, S 50,-• Abweichende Stellungnahme zum Washingtonel' M·tenschutzabkommen, Best.Nr. 213, S 10,-Rechnungshof• Schriftliche Ausführungen des Grünen Klubs im Ruhmender ParI. Enquete "Zukunftsperspektiven einereffizienten öffentlichen Gebarungskontrolle dmchParlament und RH", Best.Nr. 300, S 10,-Ausländer/innen• Zweiter Alternativer Wanderungsbericht, Best.Nr.300, S 10,-• Abänderungsanträge zum Asylgesetz, Aufenthaltsgesetzund Fremdengesetz, Best.Nr. 311, S10,-• Ausländer/innenombudsmannlfraugesetz, Best.Nr.312, S 10,-• Entwurf zur NoveIIierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes,Best.Nr. 313, S 10,-Justiz• Abweichende Stellungnahme zum "Privatkonkursgesetz" , Best.Nr. 350, S 10;-• Abweichende Stellungnahme zum Strafvollzugsgesetz,Best.Nr. 351, S 10,-Medien• Abweichende Stellungnahme zum Regionalradiogesetz,Best.Nr. 370, S 10,-• Grüner Entwurf Privatradiogesetz, Best.Nr. 371,S 10,-Wirtschaft• Anmerkungen, Stellungnahme und Anträge zum Steuerreformgesetz1993, Best.Nr. 390, S 20,-• Schriftliche Ausführungen des Grünen Klubs imRahmen der Parlamentarischen Enquete "Die Zukunftdes Industriestandortes Österreich"; Stellungnahmedes Grünen Klubs "Anforderung an eineaktive Industriepolitik", Juni 1994, Best.Nr. 391,S 10.-• Das Grüne Energiesteuerkonzept, Best.Nr. 392,S 20 'Verkehr• Transitvertrag: Zahlen, Daten Fakten, Best.Nr. 410,.S 10,-.• Text des Transitabkommens, Best.Nr. 411, S 20,-• SelbstbindungsbeschlUsse des Parlaments und derBundesregierung zum Transitvertrag, Best.Nr. 412,S 10,- .• Entschließungsantrag des Grünen Klubs betreffendgenerelles Tempolimit 80/100, Best.Nr. 413, S 10,-• EntschlieBungsantrag des Grünen Klubs betreffendgenerelles Nachtfuhrverbot, Best.Nr. 414, S 10,-• Flugverkehr und Umwelt, Best.Nr. 415, S 20,-• Kostenwahrheit im Verkehr, Best.Nr. 416, S 10,-• Stellungnuhme zum Entwurf eines FluglärmGesetzes(Novelle 1994), Best.Nr. 417, S 10,-Soziales• Grundlul!en eines I!rllnen Pensionsmodells,Best.Nr.450, S 10,-• Abweichende Stellunl!nllhme zum arbeits<strong>recht</strong>lichenBellleitlleNclz im Ruhmen des Gleichbe-Dokumcntcscl'vice des Grünen KlubsBestellung:Ich bestelle hiermit folgende DokumenteBestellnummerSUllIllle:KostenbeitragBiUt' dlt' l'oNlknrlc lind di

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