Immobilienpreise steigen schneller als die Mieten - Wirtschaftszeitung
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SEITE 26 | NOVEMBER 2012 FIRMENPORTRÄT WIRTSCHAFTSZEITUNG<br />
EinOberpfälzerExot<br />
aufhoherSee<br />
DieMSTReedereisteuert<br />
vonSchnaittenbachaus<br />
67Massengutfrachter<br />
überdenAtlantik.<br />
VON ANGELA SONNTAG<br />
SCHNAITTENBACH. Von Rotterdam<br />
nach New York, durch den Golf von<br />
Mexiko, weiter entlang an der südamerikanischen<br />
Küste. Sechs Wochen<br />
auf einem Schiff, allein mit 22 Männern.<br />
„Ich freue mich darauf, bald auf<br />
See zu fahren“, erzählt Julia Graf. Auf<br />
See fahren bedeutet für sie nicht, Hafenmetropolenzubesichtigenoderauf<br />
einem Kreuzfahrtschiff durch <strong>die</strong> Karibik<br />
zu schippern. Die 19-Jährige ist<br />
Auszubildende zur SchifffahrtskauffraubeiderMineralienSchiffahrtSpeditionundTransportGmbH(MST),eine<br />
Hochseereederei, <strong>die</strong> mit 67 Massengut-<br />
und Mehrzweckfrachtern alle<br />
Arten von Schüttgütern durch den atlantischenBereichvomPanamaKanal<br />
biszumSuezKanaltransportiert.<br />
Eine 19-Jährige mit 22 Seeleuten<br />
auf einem Frachterschiff mit einer<br />
Tragfähigkeit von 30000 Tonnen ist<br />
abernichtdasKuriosesteanderHochseereederei.<br />
Die MST hat ihren Firmensitz<br />
in Schnaittenbach, einer<br />
4100-Einwohner-Stadt inmitten der<br />
Oberpfalz im Landkreis Amberg-Sulzbach,<br />
weit weg von Häfen, Flüssen<br />
und der hohen See. Jürgen W. Ruttmann,<br />
ein gebürtiger Hamburger,<br />
gründete 1985 das Schifffahrtsunternehmen.Ausschlaggebendwar<strong>die</strong>damaligeengeZusammenarbeitaufdem<br />
Schifffahrtssektor mit den Amberger<br />
Kaolinwerken in Hirschau.Aber noch<br />
ein weiterer Grund beeinflusste <strong>die</strong><br />
Standortwahl.NacheinerSchifffahrtsausbildung<br />
in Hamburg arbeitete Jürgen<br />
W. Ruttmann in einer Reederei in<br />
Rotterdam.Dorttraferaufseinenspäteren<br />
Geschäftspartner Dieter Heckmann<br />
von den Kaolinwerken. Heckmann<br />
war von der Arbeit des Schifffahrtskaufmanns<br />
begeistert und<br />
machteihmdenVorschlag,selbsteine<br />
Reederei zu gründen. „Ich sagte zu<br />
ihm,gibmirfünfMillionenMark,den<br />
RestbekommeichvonderBank“,erinnertsichRuttmann.Heckmannwilligteein,mitderBedingung,denFirmensitzderReedereinachBayernzulegen,<br />
um ein Auge auf seine Investition zu<br />
haben.<br />
Noch nie ein Schiff verloren<br />
Seit der Gründung 1985 wächst <strong>die</strong><br />
FlottederMassengutfrachter.Momentan<br />
gehören 67 Schiffe mit einer Tragfähigkeit<br />
zwischen 1000 und 38000<br />
Tonnen DWAT (Deadweight = Tragfähigkeit)<br />
zur modernen Tonnage, zwei<br />
weitere 35000-Tonnen-Schiffe werden<br />
gerade in China gebaut. Damit gehört<br />
das Schnaittenbacher Schifffahrtsunternehmen<br />
zu den größeren in<br />
Deutschland. Im Vergleich dazu: Die<br />
Durchschnittsreederei hatachtSchif-<br />
fe. Jürgen W. Ruttmann hat 2009 <strong>die</strong><br />
Geschäftsführung an seinen Sohn<br />
Matthias M. Ruttmann übergeben.<br />
Trotzdem ist der Seniorchef im Geschäftsgebäude<br />
präsent und lässt es<br />
sich auch nicht nehmen, persönlich<br />
zu einer Schiffstaufe in <strong>die</strong> USA zu<br />
kommen.<br />
Insgesamt 12o Mitarbeiter arbeiten<br />
indenBürosderMSTunddesTochterunternehmens<br />
in Hamburg, Rostock,<br />
Rotterdam, Antwerpen, Rio de Janeiro<br />
und Schnaittenbach. 1000 Seeleute<br />
JürgenW. Ruttmann<br />
SENIORCHEFDERMSTREEDEREI<br />
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sind auf den Schiffen im Atlantik unterwegs.<br />
Die Hauptarbeit aber geschiehtinSchnaittenbach.SeitJulisitzen<br />
<strong>die</strong> 50 Mitarbeiter im neuen Geschäftsgebäude<br />
Am Ruttmann-Kai 1,<br />
das – passend zur Schifffahrt – <strong>die</strong><br />
Form eines Katamarans hat. Befrachtung,<br />
Schiffsmanagement, Besatzung,<br />
EDVundTechnik–dasalleswirdvon<br />
<strong>die</strong>ser Schaltzentrale aus gesteuert.<br />
„Unsere technischen und kaufmännischenMitarbeiterfliegenallevierWochen<br />
zu den Schiffen zur technischen<br />
Überprüfung“,soRuttmann.Versicherungs-Richtlinien<br />
und TÜV-Vorgaben<br />
haben bei MST oberste Priorität. Ruttmann:<br />
„Im Vergleich zu Passagierschiffen<br />
sind unsere Frachter um einiges<br />
sicherer. Wir haben noch nie ein<br />
Schiffverloren.“<br />
Alle zweieinhalb Jahre müssen <strong>die</strong><br />
Schiffe aus dem Wasser und in einer<br />
Werft überprüft werden. Das und<br />
auch <strong>die</strong> Vorgabe, dass alle vier bis<br />
sechs Monate <strong>die</strong> Crew gewechselt<br />
wird, muss bei der Planung mit bedachtwerden.DieSchiffederMSTfahren<br />
keine festen, immer gleichen Routen<br />
wie in der Containerschifffahrt.<br />
„Das finde ich langweilig“, so Ruttmann.<br />
„Unsere ‚Yulia‘ mit knapp<br />
31000 Tonnen ist beispielsweise gerade<br />
von Rotterdam beladenmit Getrei-<br />
de nach Algerien unterwegs, das<br />
nächste Ziel oder <strong>die</strong> Ladung stehen<br />
noch nicht fest.“ Ist <strong>die</strong> Fracht im Hafen<br />
angekommen, ist im LeistungsspektrumderReedereiauchderweitere<br />
Transport im Angebot. Ob Bahntransporte<br />
oder Straßengüterverkehr,<br />
<strong>die</strong> MST organisiert Kombinationsmöglichkeiten<br />
mit anderen Verkehrsträgern.<br />
Das gilt für den Nah- und<br />
Fernverkehr ebenso wie für grenzübergreifende<br />
Transporte – geplant in<br />
Schnaittenbach.<br />
BereuthatJürgenW.Ruttmann<strong>die</strong><br />
Entscheidung, mit seiner Reederei in<br />
<strong>die</strong> Oberpfalz zu gehen, nie. Es gebe<br />
auchVorteile.„Beiunsist<strong>die</strong>Fluktuation<br />
des Person<strong>als</strong> sehr gering.“ Hier<br />
wird kaum jemand abgeworben wie<br />
beispielsweiseinHamburg.DieMitarbeiter<br />
umgekehrt werden nach HamburgerStandardbezahlt.<br />
Ein Exot in Hamburg<br />
AuchJuliaGrafhatihreEntscheidung,<br />
eine Ausbildung zur Schifffahrtskauffrau<br />
zu machen, bisher nicht bereut.<br />
Sie suchte nach dem Abitur nach einem<br />
Beruf aus dem kaufmännischen<br />
Bereich, der aber auch viel mit Sprachenzu<br />
tun hat.Genaudas hatsie bei<br />
der Reederei gefunden. Noch dazu<br />
kann sie mit dem Rad in <strong>die</strong> Arbeit<br />
fahren, da sie selbst aus Schnaittenbach<br />
ist. Dass sie zur Berufsschule<br />
blockweise viermal für sechs Wochen<br />
nach Hamburg muss, stört sie nicht.<br />
„Als Bayer bin ich zwar ein Exot in<br />
Hamburg, aber in der Berufsschule<br />
dort lerne ich einiges“, erklärt <strong>die</strong> 19-<br />
Jährige.<br />
Neben der theoretischen AusbildungdurchläuftJuliaGrafimFirmenhaus<br />
alle Abteilungen von Buchhaltung<br />
bis Befrachtung. Und dann<br />
kommt natürlich noch der vier- bis<br />
sechswöchige Aufenthalt auf einem<br />
Schiff.„Miristessehrwichtig,dassalleunsereAuszubildendenwährendihrerLehrzeitaufSeesind“,erklärtRuttmann<br />
<strong>die</strong>se Vorgehensweise auch für<br />
weiblicheLehrlinge.Erselbsthatwährend<br />
seiner Lehrzeit, obwohl <strong>die</strong> in<br />
Hamburg war, kein einziges Mal ein<br />
Schiff gesehen. „Ihr könnt euch <strong>die</strong><br />
Schiffe auf Bildern ansehen, bekamen<br />
wir <strong>als</strong> Antwort von unsern Ausbildern“,<br />
erzählt Ruttmann. Das ist bei<br />
der MST Reederei ganz anders. Allerdings<br />
gibt es eine besondere Zugabe<br />
für Frauen. Da sie alleine unter einer<br />
reinen Männerbesatzung sind, dürfen<br />
sie ihren Vater, Bruder oder Freund<br />
mit auf das Schiff nehmen. Aber Jürgen<br />
W. Ruttmann erzählt mit einem<br />
Lächeln: „Die letzte Frau, <strong>die</strong> auf einem<br />
unserer Schiffe war, hat ihren<br />
Freund nach zwei Wochen nach Hausegeschickt.“<br />
Die „Yulia“ gehört zu den größeren Schiffen der MST. Sie hat eine Tragfähigkeitvonrund31<br />
000 Tonnen. Fotos:MSTReederei<br />
FAHRTROUTEN UND LADUNG DER MST<br />
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DieFahrtroutenallerMST-eigenenwie<br />
auchderzugechartertenSchiffeerstreckensichvonderOstküstederVereinigtenStaatenundderOstküsteKanadasbiszumUS-Golf,derkanadischenWestküste,Südamerika,KaribikundEuropa<br />
einschließlichMittelmeer,Nordseeund<br />
demBaltischenMeer.ImWinterbefährt<br />
<strong>die</strong>MSTauchdenSt.-Lawrence-Strom<br />
undSkandinavienmitHilfederEisklasse-Schiffe.<br />
Alle ArtenvonSchüttgüternkönnen<br />
vondenSchiffenderMSTtransportiert<br />
werden.ÜblicheLadungensindMassengüterwieKaolin,Erz,Getreide,Industriesalz,Düngemittel,Aluminiumoxid,Schlacke,Eisensulfat,KohleundPetrolkoks.ZusätzlichzudenMassengutfrachternwerdenfünfKombischiffefür<br />
FlüssigkaolinmiteinerGesamtkapazität<br />
von129000DWAT(Tragfähigkeit)eingesetzt.<br />
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