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Wie wünschen sich Mädchen und Jungen den Mathematikunterricht ...

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Katrin Bekermann<br />

<strong>Wie</strong> <strong>wünschen</strong> <strong>sich</strong> <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Mathematikunterricht</strong>?<br />

Eine Untersuchung zu geschlechtstypischen Präferenzen hin<strong>sich</strong>tlich des<br />

<strong>Mathematikunterricht</strong>s an Haupt- <strong>und</strong> Realschulen<br />

Masterarbeit<br />

Dokument Nr. V148001<br />

http://www.grin.com/<br />

ISBN 978-3-640-58915-9<br />

9 783640 589159


Inhaltsverzeichnis<br />

- 1 -<br />

Inhaltsverzeichnis..................................................................................................................... 1<br />

Abbildungsverzeichnis............................................................................................................. 2<br />

Tabellenverzeichnis.................................................................................................................. 3<br />

1 Einleitung........................................................................................................................... 4<br />

2 Theorieteil: <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> im MINT-Bereich................................................... 6<br />

2.1 Problembereiche...................................................................................................................... 6<br />

2.1.1 Geschlechtsspezifische Fächer- <strong>und</strong> Berufswahl ............................................................ 7<br />

2.1.2 Ergebnisse der vergleichen<strong>den</strong> Schulleistungsforschung.............................................. 12<br />

2.1.3 Folgerungen................................................................................................................... 20<br />

2.2 Ursachen <strong>und</strong> Erklärungsansätze........................................................................................... 23<br />

2.2.1 Die Bedeutung von kulturellen Stereotypen.................................................................. 24<br />

2.2.2 Externale Faktoren: Sozialisationseinflüsse .................................................................. 29<br />

2.2.3 Internale Faktoren: Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen ........................................ 36<br />

2.3 Zwischenfazit ........................................................................................................................ 39<br />

3 Praxisteil: Eigene Untersuchung ................................................................................... 45<br />

3.1 Fragestellung ......................................................................................................................... 45<br />

3.1.1 Darstellung vorhan<strong>den</strong>er Untersuchungen: Die Studie Jahnke-Kleins ......................... 45<br />

3.1.2 Forschungsfrage <strong>und</strong> Hypothesen ................................................................................. 49<br />

3.2 Methodisches Vorgehen ........................................................................................................ 51<br />

3.2.1 Auswahl <strong>und</strong> Charakterisierung der Stichprobe............................................................ 51<br />

3.2.2 Auswahl der Untersuchungsmethode............................................................................ 53<br />

3.2.3 Fragebogen als Messinstrument .................................................................................... 54<br />

3.2.4 Durchführung der Untersuchung................................................................................... 57<br />

3.2.5 Beschreibung des Auswertungsverfahrens.................................................................... 58<br />

3.3 Ergebnisdarstellung............................................................................................................... 62<br />

3.3.1 Ergebnisse in Bezug auf die Hypothesen ...................................................................... 63<br />

3.3.2 Weiterführende Untersuchungsergebnisse .................................................................... 72<br />

3.4 Interpretation <strong>und</strong> Diskussion................................................................................................ 75<br />

3.4.1 Interpretation der Ergebnisse......................................................................................... 75<br />

3.4.2 Diskussion der Untersuchung........................................................................................ 81<br />

3.5 Zusammenfassung................................................................................................................. 84<br />

4 Schlussfolgerungen für <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> .................................................... 86<br />

5 Fazit.................................................................................................................................. 91<br />

6 Literaturverzeichnis ....................................................................................................... 94<br />

Anhang


Abbildungsverzeichnis<br />

- 2 -<br />

Abbildung 1: StudienanfängerInnen im ersten Hochschulsemester in Mathematik 1975-2000<br />

(BLK, 2002, S. 55)..................................................................................................................... 9<br />

Abbildung 2: Prüfungsfächer im Abitur – Studienberechtigte Frauen 1980 – 1999 (BLK,<br />

2002, S. 30) .............................................................................................................................. 10<br />

Abbildung 3: Prüfungsfächer im Abitur – Studienberechtigte Männer 1980 – 1999 (BLK,<br />

2002, S. 30) .............................................................................................................................. 11<br />

Abbildung 4: Beispiel für eine Häufigkeitsverteilung – hier der Variablen „Gründlichkeit“ –<br />

gruppiert nach Geschlecht........................................................................................................ 60<br />

Abbildung 5: Verteilung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> auf die Merkmalsausprägungen der<br />

Variablen „Gr<strong>und</strong>bedürfnis_Verstehen“.................................................................................. 64<br />

Abbildung 6: Verteilung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> auf die Merkmalsausprägungen der<br />

Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ .............................................................. 65<br />

Abbildung 7: Verteilung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> auf die Merkmalsausprägungen der<br />

Variablen „Abwechslung“........................................................................................................ 66<br />

Abbildung 8: Verteilung der SchülerInnen mit einem starken Bedürfnis nach Abwechslung<br />

auf die Merkmalsausprägungen der Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“..... 67<br />

Abbildung 9: Verteilung aller SchülerInnen auf die Merkmalsausprägungen der Variablen<br />

„Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ ............................................................................... 68<br />

Abbildung 10: Verteilung der SchülerInnen mit einem starken Bedürfnis nach Gründlichkeit,<br />

viel Zeit <strong>und</strong> Sicherheit auf die Merkmalsausprägungen der Variablen „Abwechslung“ ....... 69<br />

Abbildung 11: Verteilung aller SchülerInnen auf die Merkmalsausprägungen der Variablen<br />

„Abwechslung“ ........................................................................................................................ 70�


Tabellenverzeichnis<br />

- 3 -<br />

Tabelle 1: StudienanfängerInnen im ersten Hochschulsemester in Mathematik /<br />

Naturwissenschaften im Studienjahr 2000 (BLK, 2002, S. 53)................................................. 8<br />

Tabelle 2: Anzahlen der SchülerInnen der in die Stichprobe einbezogenen Haupt- <strong>und</strong><br />

Realschulklassen ...................................................................................................................... 52<br />

Tabelle 3: Verteilung der SchülerInnen mit unterschiedlichem Schuljahrgang in <strong>den</strong><br />

ausgewerteten Fragebögen ....................................................................................................... 63<br />

Tabelle 4: Verteilung der SchülerInnen unterschiedlichen Alters in <strong>den</strong> ausgewerteten<br />

Fragebögen............................................................................................................................... 63<br />

Tabelle 5: Korrelationen für die Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong><br />

„Abwechslung“ für die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler .................................................................. 71<br />

Tabelle 6: Korrelationen für die Variablen „Gründlichkeit“, „Zeit“, „Sicherheit“, „Summe_<br />

Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“.............................................................. 72<br />

Tabelle 7: Kreuztabelle für die Variablen „Zeit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ ................................... 73<br />

Tabelle 8: Prozentuale Anteile von Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern mit Zustimmung zu <strong>den</strong><br />

verschie<strong>den</strong>en Items ................................................................................................................. 74<br />

Tabelle 9: Prozentuale Anteile von Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern mit Zustimmung zu Aussagen,<br />

die insgesamt abgelehnt wur<strong>den</strong> .............................................................................................. 78�


1 Einleitung<br />

- 4 -<br />

Zunächst möchte ich von einigen persönlichen Erfahrungen aus meiner eigenen Schulzeit<br />

berichten, die mir seit damals in Erinnerung geblieben sind. Die erste Erfahrung hängt damit<br />

zusammen, dass ich zusammen mit einer Schulfre<strong>und</strong>in im 11. Schuljahr freiwillig <strong>den</strong> Kurs<br />

„Informatik“ belegte. Die Gründe dafür sind für mich heute nicht mehr durchschaubar, wahr-<br />

scheinlich war es Neugierde, was mich in dem Fach Informatik erwartet. Dort fan<strong>den</strong> wir uns<br />

gemeinsam mit ca. 12 <strong>Jungen</strong> wieder, viele davon waren aus unserer Sicht „Computerfreaks“.<br />

Die Tatsache, dass wir die einzigen <strong>Mädchen</strong> waren, war für mich die erste merkwürdige Be-<br />

gebenheit. Die zweite bestand darin, dass der Lehrer <strong>sich</strong> überschwänglich freute, dass zwei<br />

<strong>Mädchen</strong> dabei waren, <strong>und</strong> allein uns bei<strong>den</strong> einen Teil seiner Begrüßungsrede zum neuen<br />

Schuljahr widmete. Nach einem Halbjahr, in dem unser Interesse an <strong>den</strong> Inhalten des Infor-<br />

matikunterrichts nicht geweckt wer<strong>den</strong> konnte <strong>und</strong> in dem zumindest ich mich gegenüber <strong>den</strong><br />

<strong>Jungen</strong> als nicht sehr fähig für dieses Fach einstufte, verließen wir <strong>den</strong> Kurs wieder.<br />

Die zweite Erfahrung ist gegenüber der zuerst geschilderten sehr positiv zu sehen. So führe<br />

ich heute die Wahl des Studienfachs Mathematik darauf zurück, dass eine weibliche Lehrkraft<br />

mich am Ende des 11. Schuljahres erfolgreich motiviert hat, <strong>den</strong> Leistungskurs Mathematik<br />

zu wählen. Diese recht junge <strong>und</strong> sehr kompetente Lehrerin, die nebenbei bemerkt die zur<br />

damaligen Zeit einzige weibliche Physiklehrkraft an unserem Gymnasium war, hat zwei der<br />

drei 11. Klassen in Mathematik unterrichtet. Den Mathematik-Leistungskurs besuchten im<br />

folgen<strong>den</strong> Schuljahr neun <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> vier <strong>Jungen</strong>.<br />

Nachdem ich mich im Rahmen einer kleinen Arbeit während des Studiums mit dem Thema<br />

„<strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> im MINT 1 -Bereich“ auseinander gesetzt habe, wur<strong>den</strong> mir mögliche<br />

Zusammenhänge dieser Ereignisse aus dem 11. Schuljahr klar. Ist Informatik wirklich ein<br />

<strong>Jungen</strong>fach? Warum hat <strong>sich</strong> der Informatiklehrer so deutlich über die Anwesenheit von zwei<br />

<strong>Mädchen</strong> gefreut? Ist der große Anteil an Schülerinnen am Leistungskurs Mathematik auf die<br />

weibliche Lehrkraft zurückzuführen? Die Antworten, die ich bisher auf diese Fragen gefun-<br />

<strong>den</strong> habe, waren eine große Motivation, mich in der vorliegen<strong>den</strong> Arbeit erneut <strong>und</strong> vertie-<br />

fend mit dem Thema auseinander zu setzen.<br />

Die Arbeit teilt <strong>sich</strong> dabei in zwei große Bereiche. Im ersten Teil erfolgt eine theoretische<br />

Auseinandersetzung mit dem Thema „<strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> im MINT-Bereich“. Dabei wer-<br />

<strong>den</strong> Problembereiche (s. 2.1) aufgezeigt, die mit der geschlechtsspezifischen Fächer- <strong>und</strong> Be-<br />

rufswahl zusammenhängen <strong>und</strong> die <strong>sich</strong> auch in <strong>den</strong> Ergebnissen der vergleichen<strong>den</strong> Schul-<br />

1 Die Abkürzung „MINT“ steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft <strong>und</strong> Technik.


- 5 -<br />

leistungsforschung zeigen. Zusammenfassend wer<strong>den</strong> Nachteile festgehalten, die <strong>sich</strong> aus der<br />

unterschiedlichen Teilhabe von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> am MINT-Bereich ergeben. Daran an-<br />

schließend folgt eine Darstellung von Erklärungsansätzen (s. 2.2), in <strong>den</strong>en Ursachen für die<br />

Problembereiche zu fin<strong>den</strong> sind. Dabei wird die Bedeutung von symbolischen Determinanten,<br />

wie kulturelle Stereotypisierungen, insbesondere Geschlechterrollenstereotypisierungen, auf-<br />

gezeigt <strong>und</strong> ferner wer<strong>den</strong> die Einflüsse der Sozialisation <strong>und</strong> von Persönlichkeitsmerkmalen<br />

dargelegt. Die Erklärungsansätze stehen in einem komplexen Ursachenzusammenhang, wer-<br />

<strong>den</strong> aus Grün<strong>den</strong> der Über<strong>sich</strong>t aber getrennt dargestellt.<br />

Nach einem Zwischenfazit schließt <strong>sich</strong> im zweiten großen Teil der Arbeit eine empirische<br />

Untersuchung an. Dabei wurde aus dem differenzierten Themenbereich der Aspekt des Ma-<br />

thematikunterrichts herausgegriffen, nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong> der eigenen zukünftigen Tätigkeit<br />

als Mathematiklehrerin. Die Gr<strong>und</strong>lage der Untersuchung bildet eine Studie von Sylvia Jahn-<br />

ke-Klein, deren Fragestellung nach geschlechtstypischen <strong>und</strong> bei<strong>den</strong> Geschlechtern gemein-<br />

samen Präferenzen für <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> aufgegriffen wird (s. 3.1). Danach wer<strong>den</strong><br />

das methodische Vorgehen (s. 3.2) sowie die Ergebnisse der Untersuchung beschrieben. Dar-<br />

an schließt <strong>sich</strong> eine Interpretation <strong>und</strong> Diskussion der Untersuchung an.<br />

Letztlich sind, was hier einer der bedeutendsten Teile der Arbeit darstellt, Konsequenzen für<br />

<strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> zu ziehen (s. 4.), bevor ein abschließendes Fazit gezogen wird.


- 6 -<br />

2 Theorieteil: <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> im MINT-Bereich<br />

Zunächst möchte ich eine allgemeine Einführung in die Thematik „<strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> im<br />

MINT-Bereich“ geben, bevor ich mich im Praxisteil speziell der Frage zuwende, welche<br />

Wünsche <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> in Bezug auf <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> haben. Dies erfüllt<br />

vor allem <strong>den</strong> Zweck, die Notwendigkeit der Untersuchung eben jener Frage deutlich zu ma-<br />

chen, indem ein differenzierter Überblick über Problembereiche zum oben genannten Thema<br />

<strong>und</strong> zugehörigen Erklärungsansätzen gegeben wird, die dem heutigen Forschungsstand ent-<br />

sprechen.<br />

2.1 Problembereiche<br />

In <strong>den</strong> 1960er Jahren wurde der Ausbau des Bildungssystems unter anderem damit begründet,<br />

Ungleichheiten bei der Bildungsbeteiligung abzubauen. Denn in empirischen Studien konnte<br />

gezeigt wer<strong>den</strong>, dass es in Abhängigkeit von Konfession, Schicht, Geschlecht <strong>und</strong> Region<br />

unübersehbar unterschiedliche Bildungschancen gibt. Entsprechend stand das „katholische<br />

Arbeitermädchen vom Lande“ als Kunstfigur für diese Ungleichheit (vgl. Avenarius et al.,<br />

2003, S. 202). Tatsächlich ist ein Ergebnis der Bildungsreform ab <strong>den</strong> 1970er Jahren die<br />

nachhaltige Verbesserung der Bildungschancen von <strong>Mädchen</strong> (vgl. Schuster et al., 2004, S.<br />

13). Faulstich-<strong>Wie</strong>land (2004, S. 1 f.) stellt unter anderem die Veränderungen der Teilhabe<br />

der Geschlechter an allgemeiner Bildung dar. Zu <strong>den</strong> Daten aus dem Jahr 2000 konstatiert sie,<br />

dass fast ein Drittel der 16-jährigen Schülerinnen gegenüber nur knapp einem Viertel der 16-<br />

jährigen Schüler ein Gymnasium besuchen. In der Realschule sind etwas mehr junge Frauen<br />

als Männer vertreten, nämlich 18,3 % gegenüber 17,5 %. In der Hauptschule fin<strong>den</strong> <strong>sich</strong> unter<br />

<strong>den</strong> 16-Jährigen mehr <strong>Jungen</strong> als <strong>Mädchen</strong> (16,5 % gegenüber 13,6 %). Die Sonderschule<br />

besuchen 2,4 % der jungen Frauen <strong>und</strong> 3,8 % der jungen Männer.<br />

Neben diesen Zahlen gibt es weitere Hinweise darauf, dass die <strong>Mädchen</strong> von der Bildungsre-<br />

form profitiert haben <strong>und</strong> mittlerweile die <strong>Jungen</strong> im allgemeinen Schulwesen benachteiligt<br />

sind: Von <strong>den</strong> vom Schulbesuch zurückgestellten Kindern haben die <strong>Jungen</strong> einen Anteil von<br />

60 %, wohingegen die <strong>Mädchen</strong> bei <strong>den</strong> vorzeitig Eingeschulten überrepräsentiert sind. Auch<br />

unter <strong>den</strong>jenigen SchülerInnen, die ein Schuljahr wiederholen, befin<strong>den</strong> <strong>sich</strong> mehr <strong>Jungen</strong> als<br />

<strong>Mädchen</strong> (vgl. Avenarius et al., 2003, S. 204 f.).<br />

Die hier beschriebene, seit Jahren anwachsende Bildungsbeteiligung von jungen Frauen stellt<br />

eine gute Ausgangsbasis für <strong>den</strong> Einstieg in weiterqualifizierende Berufsausbildungen <strong>und</strong>


- 7 -<br />

Studiengänge dar, womit <strong>sich</strong> unter anderem auch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen<br />

(vgl. BLK, 2002, S. 27).<br />

Inwiefern <strong>sich</strong> trotz alledem Probleme stellen, soll im Folgen<strong>den</strong> deutlich wer<strong>den</strong>, indem ne-<br />

ben der Ausbildungs- <strong>und</strong> Studienbeteiligung junger Männer <strong>und</strong> Frauen insbesondere Ge-<br />

schlechterdifferenzen bei der Fächerwahl in der Schule <strong>und</strong> bei der anschließen<strong>den</strong> Berufs-<br />

wahl aufgezeigt wer<strong>den</strong>, die mit weitreichen<strong>den</strong> Konsequenzen verb<strong>und</strong>en sind. Einen Beitrag<br />

zu der aufzuweisen<strong>den</strong> Problemkonstellation leisten auch die internationalen Vergleichsstu-<br />

dien IGLU (Internationale Gr<strong>und</strong>schul-Lese-Studie), TIMSS (Third International Mathema-<br />

tics and Science Study) <strong>und</strong> PISA (Programme for International Stu<strong>den</strong>t Assessment), die<br />

hin<strong>sich</strong>tlich der Kompetenzen im sprachlichen, mathematischen <strong>und</strong> naturwissenschaftlichen<br />

Bereich jeweils auch Geschlechterdifferenzen herausgestellt haben.<br />

2.1.1 Geschlechtsspezifische Fächer- <strong>und</strong> Berufswahl<br />

Avenarius et al. (2003, S. 205 f.) schließen, dass die Vorteile, die <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> junge Frauen<br />

aus dem allgemein bil<strong>den</strong><strong>den</strong> Schulwesen mitbringen, im Berufsbildungs- <strong>und</strong> Erwerbssystem<br />

prozessual entwertet wer<strong>den</strong>. Innerhalb des dualen Systems der Berufsausbildung sind junge<br />

Frauen mit 41 % (2001) an der Gesamtzahl der Auszubil<strong>den</strong><strong>den</strong> unterdurchschnittlich vertre-<br />

ten. Gegenüber dem Ausbildungsspektrum der männlichen Auszubil<strong>den</strong><strong>den</strong> ist das der weib-<br />

lichen Auszubil<strong>den</strong><strong>den</strong> deutlich eingeschränkter. So wer<strong>den</strong> mehr als die Hälfte der Ausbil-<br />

dungsverträge von Frauen in <strong>den</strong> zehn am häufigsten gewählten Ausbildungsberufen abge-<br />

schlossen, bei <strong>den</strong> Männern ist es nur ungefähr ein Drittel. Bei <strong>den</strong> Frauen dominieren Berufe<br />

aus dem Bereich Industrie <strong>und</strong> Handel (Bürokauffrau, Kauffrau im Einzelhandel, Industrie-<br />

kauffrau) sowie Freie Berufe wie Arzt- <strong>und</strong> Zahnarzthelferin. Die männlichen Auszubil<strong>den</strong>-<br />

<strong>den</strong> präferieren insbesondere Handwerksberufe (KFZ-Mechaniker, Maler <strong>und</strong> Lackierer, E-<br />

lektroinstallateur, Tischler).<br />

Während <strong>sich</strong> unter <strong>den</strong>jenigen, die ein Berufsvorbereitungsjahr oder ein Berufsgr<strong>und</strong>bil-<br />

dungsjahr absolvieren, überproportional viele junge Männer befin<strong>den</strong>, wird die neben der Be-<br />

rufsausbildung im dualen System bestehende Möglichkeit vollzeitschulischer Berufsausbil-<br />

dungen überwiegend von Frauen in Anspruch genommen. Im Schuljahr 2001/2002 betrug der<br />

Frauenanteil an <strong>den</strong> Schulen des Ges<strong>und</strong>heitswesens 82 %. Zudem sind Frauen mit 72,3 % im<br />

Schuljahr 2001/2002 überdurchschnittlich an Berufsfachschulen vertreten. Auf der einen Seite<br />

zeichnen <strong>sich</strong> die dort überwiegend von Frauen erworbenen Berufsausbildungen <strong>und</strong> die<br />

nichtärztlichen medizinischen Berufe durch geringe Verdienst- <strong>und</strong> Aufstiegsmöglichkeiten<br />

aus <strong>und</strong> wer<strong>den</strong> deshalb als „Sackgassenberufe“ bezeichnet. Auf der anderen Seite handelt es


- 8 -<br />

<strong>sich</strong> um Ausbildungsangebote in expandieren<strong>den</strong> Beschäftigungsfeldern. Viele, vor allem von<br />

jungen Männern ergriffene handwerkliche Ausbildungsberufe weisen hingegen rückläufige<br />

Zahlen auf (vgl. ebd., S. 206). Faulstich-<strong>Wie</strong>land hält fest: „Die Benachteiligungsstrukturen in<br />

der beruflichen Bildung sind also in einem Wandel begriffen, gehen aber noch eher zu Lasten<br />

der Frauen“ (Faulstich-<strong>Wie</strong>land, 2004, S. 2).<br />

Nicht nur im Ausbildungsbereich, sondern auch im Hochschulbereich sind Segregationen<br />

nach Geschlecht <strong>und</strong> fachlicher Bildung vorhan<strong>den</strong>, womit die <strong>Mädchen</strong> ihre Qualifizie-<br />

rungsgewinne im schulischen Bereich nicht in berufliche Platzierungen umsetzen können<br />

(vgl. Nissen, Keddi & Pfeil, 2003, S. 25). Zwar war das Geschlechterverhältnis im Hoch-<br />

schulsystem im Jahr 2002/2003 annähernd ausgeglichen, jedoch führten hierzu geschlechts-<br />

spezifische Unterschiede in <strong>den</strong> Studierquoten, da unter <strong>den</strong> AbiturientInnen die Frauen mit<br />

55,2 % (2000) überwogen (vgl. Avenarius et al., 2003, S. 206 f.).<br />

Besonders auffällig ist weiterhin das Geschlechterstereotype akademische Wahlverhalten. So<br />

sind Frauen insbesondere in <strong>den</strong> Sprach- <strong>und</strong> Kulturwissenschaften, der Veterinärmedizin <strong>und</strong><br />

der Kunst <strong>und</strong> Kunstwissenschaft überproportional vertreten, in der Humanmedizin, <strong>den</strong><br />

Agrar-, Forst- <strong>und</strong> Ernährungswissenschaften leicht überdurchschnittlich (vgl. ebd., S. 207).<br />

Zahlen zu <strong>den</strong> hier besonders interessieren<strong>den</strong> Fachbereichen Mathematik, Naturwissenschaf-<br />

ten <strong>und</strong> Ingenieurwissenschaften liefert der Bericht der BLK (2002, S. 42 ff.):<br />

Tabelle 1: StudienanfängerInnen im ersten Hochschulsemester in Mathematik / Naturwissenschaften<br />

im Studienjahr 2000 (BLK, 2002, S. 53)<br />

Deutlich er<strong>sich</strong>tlich ist die unterschiedliche Präferenz für die Fächergruppe Mathematik / Na-<br />

turwissenschaften von Studienanfängerinnen <strong>und</strong> Studienanfängern (37,3 % zu 62,7 %). Da-<br />

bei ist allerdings festzuhalten, dass in dieser Fächergruppe im Studienjahr 2000 mit 21912<br />

Studienanfängerinnen ein Höchststand erreicht wurde <strong>und</strong> damit ein zunehmendes Interesse<br />

von Studienanfängerinnen an Mathematik <strong>und</strong> Naturwissenschaften vorhan<strong>den</strong> ist. Dies ist<br />

zum einen darauf zurückzuführen, dass das Fach Informatik einen großen Zulauf erhielt –<br />

)


- 9 -<br />

wenngleich die weiblichen Studienanfängerinnen nur 18,3 % ausmachen –, zum anderen dar-<br />

auf, dass in Mathematik, Physik <strong>und</strong> Chemie der Anteil der männlichen Studienanfänger<br />

sank. Hinzuweisen ist zudem auf <strong>den</strong> „ermutigen<strong>den</strong>“ Anteil der Frauen in <strong>den</strong> Fächern Ma-<br />

thematik (54,3 %) <strong>und</strong> Chemie (49,7 %), in <strong>den</strong>en sie die Männer ein- bzw. überholt haben<br />

(vgl. BLK, 2002, S. 53 ff.).<br />

Abbildung 1: StudienanfängerInnen im ersten Hochschulsemester in Mathematik 1975-2000<br />

(BLK, 2002, S. 55)<br />

Zugleich muss darauf hingewiesen wer<strong>den</strong>, dass Frauen ihr Studium häufiger als Männer mit<br />

einer Lehramtsprüfung abschließen. So schlossen die Frauen im Jahr 2000 ihr Studium in der<br />

Fächergruppe Mathematik / Naturwissenschaften zu 59,2 % mit einer Lehramtsprüfung ab, zu<br />

35,6 % mit einem Diplom <strong>und</strong> nur zu 26,3 % mit einer Promotion (vgl. BMBF, 2002a, S. 220<br />

f., zitiert nach Faulstich-<strong>Wie</strong>land, 2004, S. 3).<br />

Ähnlich große Diskrepanzen wie zwischen <strong>den</strong> Studienanfängern <strong>und</strong> -anfängerinnen in In-<br />

formatik <strong>und</strong> Physik gibt es auch zwischen <strong>den</strong>jenigen in <strong>den</strong> Ingenieurswissenschaften:<br />

77,9 % der StudienanfängerInnen waren im Studienjahr 2000 männlich, nur 22,1 % weiblich.<br />

Dennoch gilt auch hier, dass die Frauen in jenem Jahr <strong>den</strong> höchsten Stand seit 25 Jahren er-<br />

reicht haben. Schaut man <strong>sich</strong> ausgewählte Fächer in der Fächergruppe der Ingenieurswissen-<br />

schaften an, ist der Anteil der Frauen unter <strong>den</strong> StudienanfängerInnen im Jahr 2000 im Fach<br />

Architektur besonders groß (55,5 %), im Fach Bauingenieurwesen liegt er bei nur 23,4 %, in<br />

Elektrotechnik bei 9 %, in Maschinenbau bei 18,5 % <strong>und</strong> im Fach Wirtschaftsingenieurwesen<br />

bei 22,2 %. Der Studienbereich Maschinenbau stellt trotz seiner geringen Prozentzahl bei <strong>den</strong><br />

Frauen das zahlenmäßig meist gewählte Ingenieurfach dar. Dabei ist allerdings zu beachten,


- 10 -<br />

dass im Studienbereich Maschinenbau Frauen im Fach Maschinenbau/-wesen, dem klassi-<br />

schen technischen Fach, mit nur 10 % vertreten sind, hingegen im Fach Textil- <strong>und</strong> Beklei-<br />

dungstechnik mit 84 % (vgl. BLK, 2002, S. 43 ff.). 2<br />

Schuster et al. (2004, S. 23) halten fest, dass trotz zahlreicher bildungspolitischer Bemühun-<br />

gen weiterhin eine Unterrepräsentanz von Frauen in zukunftsweisen<strong>den</strong> technischen <strong>und</strong> na-<br />

turwissenschaftlichen Ausbildungs- <strong>und</strong> Berufsfeldern konstatiert wer<strong>den</strong> muss. Nissen, Ked-<br />

di <strong>und</strong> Pfeil (2003, S. 39) meinen insbesondere, dass weniger <strong>Mädchen</strong> eine Ausbildung wäh-<br />

len, umso technischer diese ist. Die Zahlen zu <strong>den</strong> Studienanfängerinnen belegen, dass <strong>sich</strong><br />

erhebliche Unterschiede innerhalb der Ingenieurs- <strong>und</strong> Naturwissenschaften zeigen, die ver-<br />

deutlichen, dass die sogenannten „harten“ oder ausschließlich technisch wirken<strong>den</strong> Studien-<br />

gänge <strong>den</strong> geringsten Frauenanteil haben (vgl. BLK, 2002, S. 43).<br />

Entschei<strong>den</strong>d für die spätere Berufs- <strong>und</strong> Studienwahl ist bereits die Fächerwahl in der Schu-<br />

le. Auch hier existieren die „Geschlechterreviere des Wissens“ (vgl. Jahnke-Klein, 2008b, S.<br />

19 f.). Die folgen<strong>den</strong> Abbildungen veranschaulichen die geschlechtstypische Wahl der Prü-<br />

fungsfächer im Abitur:<br />

Abbildung 2: Prüfungsfächer im Abitur – Studienberechtigte Frauen 1980 – 1999 (BLK, 2002, S.<br />

30)<br />

2 Als Beleg für Geschlechterdifferenzen in der Ausbildungs- <strong>und</strong> Berufswahl sollen diese Ausführungen genügen.<br />

Es wird darauf verzichtet, weitere Geschlechterdifferenzen darzustellen, beispielsweise in Bezug auf <strong>den</strong><br />

Wissenschaftsbetrieb, <strong>den</strong> Weiterbildungsbereich oder die Erwerbstätigkeit, wo Frauen unterrepräsentiert sind<br />

bzw. eine bestimmte Geschlechterverteilung hin<strong>sich</strong>tlich der Fächerwahl, der Beschäftigungsfelder oder der<br />

beruflichen Position vorliegt (vgl. dazu Faulstich-<strong>Wie</strong>land, 2004, S. 3 f.; vgl. auch Avenarius et al., 2003, S. 207<br />

f. <strong>und</strong> Schuster et al., 2004, S. 22).


- 11 -<br />

Abbildung 3: Prüfungsfächer im Abitur – Studienberechtigte Männer 1980 – 1999 (BLK, 2002,<br />

S. 30)<br />

Die Frauen zeigen klare Präferenzen für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik <strong>und</strong> für<br />

die „weiche“ Naturwissenschaft Biologie, wohingegen Chemie <strong>und</strong> Physik ebenso deutlich<br />

abgelehnt wer<strong>den</strong>. Bei <strong>den</strong> Männern ist die Wahl des Faches Mathematik herausragend. Im<br />

Bericht der BLK (2002, S. 27 f.) heißt es dazu, dass bei <strong>Mädchen</strong> wie bei <strong>Jungen</strong> ein deutli-<br />

cher Anstieg bei der Wahl des Faches Mathematik als Prüfungsfach auszumachen ist, nach-<br />

dem das Schulfach Mathematik zunehmend verpflichtendes Abiturfach gewor<strong>den</strong> ist. Unter<br />

<strong>den</strong> Studienberechtigten des Jahrgangs 1999 legten insgesamt 63 % der Schülerinnen <strong>und</strong> 73<br />

% der Schüler ein Abitur mit dem Fach Mathematik ab. Seit 1980 hat es zunächst bei bei<strong>den</strong><br />

Geschlechtern einen Anstieg bezüglich der Wahl des Leistungskurses Mathematik gegeben,<br />

der aber seit 1996 wieder geringer wird.<br />

In Bezug auf die naturwissenschaftlichen Fächer ist festzuhalten, dass Biologie als Abiturfach<br />

von mehr <strong>Mädchen</strong> als <strong>Jungen</strong> gewählt wurde (50 % gegenüber 30 %). Hingegen wählten<br />

deutlich mehr <strong>Jungen</strong> als <strong>Mädchen</strong> sowohl Chemie (14 % zu 9 %) als auch Physik (28 % zu<br />

4 %) als Abiturfach. Das Abiturfach Physik ist dabei für <strong>Mädchen</strong> das mit Abstand unbelieb-<br />

teste Fach, gefolgt von dem Fach Chemie (vgl. ebd., S. 28 f.).<br />

Der stark gestiegene Anteil von <strong>Mädchen</strong> mit dem Abiturfach Mathematik auf 63 % wird als<br />

ermutigend gesehen: „Dort liegen Potenziale für mögliche Entscheidungen für eine Studien-<br />

fachwahl in naturwissenschaftlichen <strong>und</strong> technischen Fächern sowie Informatik“ (ebd., S. 35).<br />

Trotzdem sind laut Bericht des BLK (ebd., S. 35) Maßnahmen zur Stärkung der Entscheidung<br />

von <strong>Mädchen</strong> für das Leistungsfach Mathematik erforderlich. Als hinderlich für die Chancen<br />

der <strong>Mädchen</strong>, <strong>sich</strong> für technisch-naturwissenschaftliche Studiengänge <strong>und</strong> Informatik zu ent-


- 12 -<br />

schei<strong>den</strong>, wird die seit 20 Jahren unverändert geringe Wahl der Fächer Physik <strong>und</strong> Chemie<br />

betrachtet.<br />

<strong>Wie</strong> weiter unten zu sehen sein wird, steht das Interesse an <strong>den</strong> Fächern des MINT-Bereichs<br />

in einem Zusammenhang mit <strong>den</strong> dort erbrachten Leistungen. So sind die Schulfächer nicht<br />

nur in Bezug auf das Interesse, sondern auch im Hinblick auf die Leistung <strong>und</strong> die Selbstein-<br />

schätzung zwischen <strong>den</strong> Geschlechtern in bestimmte „Reviere“ aufgeteilt. Auch aus <strong>den</strong> nun<br />

darzustellen<strong>den</strong> Ergebnissen der internationalen Vergleichsstudien wird deutlich, dass Mäd-<br />

chen in sprachlichen, <strong>Jungen</strong> in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern dominieren<br />

(vgl. Nyssen & Hoppe, 2005, S. 135).<br />

2.1.2 Ergebnisse der vergleichen<strong>den</strong> Schulleistungsforschung 3<br />

Geschlechterunterschiede sind oft Gegenstand empirischer Bildungsforschung, wobei die<br />

Feststellung von Differenzen im Bereich der Lesekompetenz zugunsten der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> im<br />

Bereich mathematisch-naturwissenschaftlicher Leistungen zugunsten der <strong>Jungen</strong> typisch ist.<br />

Es ist zu beachten, dass die Größe dieser Unterschiede in Abhängigkeit von verschie<strong>den</strong>en<br />

Aspekten variiert. So ist nicht in allen Inhaltsbereichen einer Domäne der Vorsprung der Jun-<br />

gen bzw. <strong>Mädchen</strong> gleich hoch. Außerdem ist mit einer zunehmen<strong>den</strong> Verweildauer im Bil-<br />

dungssystem von zunehmen<strong>den</strong> Unterschie<strong>den</strong> auszugehen sowie von einer kulturabhängigen<br />

Höhe der Geschlechterunterschiede, die je nach Staat unterschiedlich ausfällt (vgl. Bonsen,<br />

Lintorf & Bos, 2008, S. 125 f.). Eine genaue Betrachtung eben dieser Zusammenhänge soll<br />

nun geschehen. Einbezogen wer<strong>den</strong> auch Ergebnisse zur Einstellung der SchülerInnen gegen-<br />

über dem jeweiligen Fach sowie deren fähigkeitsbezogenes Selbstkonzept.<br />

Lesekompetenz<br />

IGLU 2006 weist am Ende der vierjährigen Gr<strong>und</strong>schulzeit für alle Teilnehmerstaaten Unter-<br />

schiede zwischen <strong>den</strong> Geschlechtern in Bezug auf die Lesekompetenz zugunsten der <strong>Mädchen</strong><br />

auf (vgl. Hornberg et al., 2007, S. 217). PISA 2006 zeigt, dass die 15-jährigen <strong>Mädchen</strong> in<br />

allen OECD 4 -Teilnehmerstaaten über höhere Lesekompetenzen verfügen als <strong>Jungen</strong>, womit<br />

3 Die Ergebnisse der Vergleichsstudien wer<strong>den</strong> vordergründig im Hinblick auf vorhan<strong>den</strong>e oder nichtvorhan<strong>den</strong>e<br />

Geschlechterunterschiede dargestellt. Zudem findet eine fachspezifische Eingrenzung statt: Die durch die Tests<br />

ermittelten Leistungen im sprachlichen Bereich <strong>und</strong> die Lesekompetenz wer<strong>den</strong> nicht detailliert beschrieben, da<br />

im Folgen<strong>den</strong> eine Konzentration auf <strong>den</strong> MINT-Bereich <strong>und</strong> insbesondere auf die Mathematik stattfin<strong>den</strong> soll.<br />

Zudem wird die vielfach getestete <strong>und</strong> heute <strong>sich</strong>erlich bedeutsame Computervertrautheit <strong>und</strong> –nutzung von<br />

Jugendlichen vernachlässigt, um die thematische Eingrenzung einzuhalten.<br />

4 OECD steht als Abkürzung für “Organisation for Economic Co-Operation and Development”.


- 13 -<br />

<strong>sich</strong> die Geschlechterdifferenzen der Gr<strong>und</strong>schule in diesem Bereich somit in der Sek<strong>und</strong>ar-<br />

stufe I fortsetzen (vgl. Drechsel & Artelt, 2007, S. 234).<br />

Mathematische Kompetenz<br />

Mit TIMSS 2007 wur<strong>den</strong> unter anderem auch Geschlechterunterschiede in Mathematik von<br />

Gr<strong>und</strong>schülerInnen der 4. Klassenstufe untersucht. Dabei wur<strong>den</strong> in vielen Staaten keine sig-<br />

nifikanten Leistungsunterschiede zwischen <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> festgestellt, Deutschland<br />

bildet jedoch mit wenigen anderen Staaten eine Ausnahme. So lassen <strong>sich</strong> in Deutschland in<br />

Mathematik höhere Kompetenzen der <strong>Jungen</strong> als der <strong>Mädchen</strong> feststellen, wobei <strong>sich</strong> in nur<br />

drei anderen Staaten höhere Vorsprünge der <strong>Jungen</strong> zeigten <strong>und</strong> in einigen Staaten auch Un-<br />

terschiede zugunsten der <strong>Mädchen</strong>. Anders als in vielen Staaten ist in Deutschland eine deut-<br />

liche Verteilung der Geschlechter nach Kompetenzstufen erkennbar: Die oberen bei<strong>den</strong> Stufe<br />

erreichen 34 % der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> 41 % der <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> auf <strong>den</strong> unteren bei<strong>den</strong> Kompetenzstu-<br />

fen sind 25 % der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> 18 % der <strong>Jungen</strong> vertreten (vgl. Bonsen, Lintorf & Bos,<br />

2008, S. 126 f.).<br />

Mit TIMSS/II 5 wur<strong>den</strong> die Mathematik- <strong>und</strong> Naturwissenschaftsleistungen des 7. <strong>und</strong> 8. Jahr-<br />

gangs untersucht. Dabei konnte festgestellt wer<strong>den</strong>, dass <strong>Mädchen</strong> in Mathematik beträchtlich<br />

schwächere Leistungen erreichen als <strong>Jungen</strong> (vgl. Max-Planck-Institut für Bildungsforschung,<br />

1997, S. 21). Dies lässt <strong>sich</strong> auch durch die PISA-Ergebnisse belegen: <strong>Wie</strong> schon bei PISA<br />

2003, so zeigten <strong>sich</strong> nämlich auch bei PISA 2006 insgesamt höhere Werte mathematischer<br />

Kompetenz für <strong>Jungen</strong> als für <strong>Mädchen</strong>, wobei im OECD-Durchschnitt die Werte der Mäd-<br />

chen 11 Punkte niedriger liegen als die der <strong>Jungen</strong>. Der Kompetenzunterschied zwischen <strong>den</strong><br />

Geschlechtern ist in Deutschland besonders groß. Hier ergibt <strong>sich</strong> eine Differenz von 20<br />

Punkten, die nur in Japan ebenso groß bzw. in Österreich mit 23 Punkten größer ist. In der<br />

Mehrzahl der übrigen OECD-Staaten sind die Unterschiede ebenfalls signifikant. Eine Aus-<br />

nahme bildet Island, wo die <strong>Mädchen</strong> ten<strong>den</strong>ziell höhere Kompetenzwerte erzielen als <strong>Jungen</strong><br />

(vgl. Frey et al., 2007, S. 263). Gegenüber der PISA-Erhebung von 2003 ist der Vorsprung<br />

der <strong>Jungen</strong> vor <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> im OECD-Durchschnitt konstant geblieben, in Deutschland hat<br />

er <strong>sich</strong> jedoch von 9 auf 20 Punkte erheblich vergrößert. Die Steigerung der <strong>Jungen</strong> kann da-<br />

bei im Wesentlichen auf Zuwächse bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> im unteren sowie auf eine Verschlechte-<br />

rung bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> im oberen Kompetenzbereich zurückgeführt wer<strong>den</strong> (vgl. ebd., S.<br />

267).<br />

5 Third International Mathematics and Science Study, Untersuchung der Population II (Sek<strong>und</strong>arstufe I), 1994-<br />

1996


- 14 -<br />

Mit der PISA-Erhebung von 2003, in der das Schwerpunktgebiet Mathematik war, wurde<br />

außerdem die Kompetenz „Problemlösen“ untersucht, bei der die <strong>Mädchen</strong> einen Vorsprung<br />

vor <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> besitzen. Dies ist bemerkenswert, weil die Bereiche Mathematik <strong>und</strong> Pro-<br />

blemlösen sehr ähnliche kognitive Anforderungen stellen <strong>und</strong> die Problemlösekompetenz als<br />

ein Indikator für das kognitive Potential im Bereich Mathematik verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> kann.<br />

Wichtig zu erwähnen ist zudem, dass die Problemlösekompetenz im Gegensatz zur mathema-<br />

tischen Kompetenz durch Aufgabenstellungen erfasst wird, die auf mathematische Symbolik<br />

verzichten <strong>und</strong> keine Nähe zur Schulmathematik vermuten lassen (vgl. Zimmer, Burba &<br />

Rost, 2004, S. 212 ff.). Deshalb lässt <strong>sich</strong> das<br />

„divergente Ergebnismuster […] eher als ein Effekt der Einkleidung der Aufgaben (eher<br />

mathematisch-symbolhaft vs. alltagsnah <strong>und</strong> fächerübergreifend) interpretieren <strong>und</strong> weist<br />

nicht auf einen basalen Unterschied von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> in <strong>den</strong> kognitiven Voraussetzungen<br />

für mathematische Kompetenz hin.“ (ebd., S. 214)<br />

Ein Vergleich der Skalenwerte von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> in <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Kompetenzbereichen<br />

zeigt, dass die Werte deutscher Schülerinnen für Problemlösen im Mittel 18 Skalenpunkte<br />

über <strong>den</strong>en für Mathematik liegen, bei <strong>den</strong> Schülern beträgt der Unterschied nur 3 Punkte.<br />

Dies ist als ein Indiz dafür zu sehen, dass gerade bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> das eigentlich vorhan<strong>den</strong>e<br />

kognitive Potential im Bereich Mathematik nur zum Teil genutzt wird. Zugleich zeigt der<br />

internationale Vergleich, dass <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> durchaus zu ähnlichen Leistungen in der<br />

Mathematik fähig sind. Zimmer, Burba <strong>und</strong> Rost (ebd., S. 215) vermuten, dass jedoch in vie-<br />

len Staaten die Vermittlung der fachlichen Inhalte oder auch geschlechtsspezifische Rollen-<br />

erwartungen <strong>den</strong> Kompetenzerwerb von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> auf unterschiedliche Weise<br />

beeinflussen. 6<br />

Zielgruppe der TIMSS/III 7 -Erhebung waren SchülerInnen der Sek<strong>und</strong>arstufe II. Für <strong>den</strong> gym-<br />

nasialen <strong>Mathematikunterricht</strong> lässt <strong>sich</strong> festhalten, dass substantielle Leistungsunterschiede<br />

zwischen Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern bestehen. Betrachtet man differenzierter die Leistungs-<br />

ergebnisse von Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Leistungskursen, zeigt <strong>sich</strong> überraschend, dass <strong>sich</strong> in <strong>den</strong> selbst-<br />

gewählten Leistungskursen ein deutlicher Leistungsvorsprung der <strong>Jungen</strong> gegenüber <strong>den</strong><br />

<strong>Mädchen</strong> ergibt, während die Leistungen in <strong>den</strong> Gr<strong>und</strong>kursen annähernd gleich sind. Bau-<br />

mert, Bos <strong>und</strong> Watermann (1999, S. 133 ff.) vermuten, dass die Leistungsstandards in ma-<br />

thematischen Gr<strong>und</strong>kursen im Mittel relativ niedrig sind, sodass sie nivellierend wirken.<br />

6 Weitere Ausführungen dazu folgen (s. 2.2)<br />

7 Third International Mathematics and Science Study, Untersuchung der Population III (Sek<strong>und</strong>arstufe II), 1994-<br />

1996


Naturwissenschaftliche Kompetenz<br />

- 15 -<br />

TIMSS 2007 erfasste neben der Mathematikleistung von Gr<strong>und</strong>schülerInnen des 4. Schul-<br />

jahrgangs auch deren naturwissenschaftliche Kompetenzen. Dabei zeigten <strong>sich</strong> ähnliche Er-<br />

gebnisse zu <strong>den</strong>en, die für die mathematische Kompetenz festgestellt wor<strong>den</strong> waren: Während<br />

in vielen Staaten keine signifikanten Leistungsunterschiede zwischen <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />

auftraten, wies die Studie für deutsche <strong>Jungen</strong> höhere Kompetenzen aus als für die deutschen<br />

<strong>Mädchen</strong>. In keinem anderen Staat war die Punktedifferenz zugunsten der <strong>Jungen</strong> größer als<br />

in Deutschland. Eine Betrachtung der Verteilung der Geschlechter auf die unterschiedlichen<br />

Kompetenzstufen zeigt, dass im Gegensatz zu <strong>den</strong> meisten Staaten, in <strong>den</strong>en nur marginale<br />

Geschlechterunterschiede erkennbar sind, in Deutschland deutliche Differenzen bestehen: So<br />

erreichen 8 % der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> 11 % der <strong>Jungen</strong> die oberste Naturwissenschaftskompetenz-<br />

stufe; 27 % der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> 20 % der <strong>Jungen</strong> erreichen nicht mehr als die Kompetenzstufe<br />

II (vgl. Bonsen, Lintorf & Bos, 2008, S. 126 f.).<br />

Mit TIMSS/II konnte nachgewiesen wer<strong>den</strong>, dass die <strong>Jungen</strong> des 7. <strong>und</strong> 8. Schuljahres im<br />

Fach Physik deutlich bessere Leistungen zeigen als die <strong>Mädchen</strong>. Im Fach Biologie hingegen<br />

lassen <strong>sich</strong> keine Leistungsunterschiede zwischen <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> zeigen (vgl. Max-<br />

Planck-Institut für Bildungsforschung, 1997, S. 21).<br />

Bei PISA 2006 wurde der inhaltliche Schwerpunkt auf die Naturwissenschaften gesetzt. Ge-<br />

genüber <strong>den</strong> Geschlechterdifferenzen im Lesen <strong>und</strong> in Mathematik zeigt <strong>sich</strong> in der Gesamt-<br />

skala bei <strong>den</strong> Naturwissenschaften ein recht ausgeglichenes Bild. So unterschei<strong>den</strong> <strong>sich</strong> im<br />

OECD-Durchschnitt die Mittelwerte der <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> nur um 2 Punkte, in Deutsch-<br />

land um 7 Punkte zugunsten der <strong>Jungen</strong>, wobei diese Differenz jedoch nicht signifikant ist. In<br />

der Türkei <strong>und</strong> in Griechenland erzielen die <strong>Mädchen</strong> eine signifikant höhere mittlere Kompe-<br />

tenz in <strong>den</strong> Naturwissenschaften als die <strong>Jungen</strong> (vgl. Prenzel et al., 2007, S. 87).<br />

Betrachtet man die Anteile beider Geschlechter auf <strong>den</strong> unteren <strong>und</strong> oberen Kompetenzstufen,<br />

lassen <strong>sich</strong> größere Differenzen feststellen: In der Spitzengruppe der OECD-Staaten, die die<br />

bei<strong>den</strong> oberen Kompetenzstufen V <strong>und</strong> VI erreicht, befin<strong>den</strong> <strong>sich</strong> mehr <strong>Jungen</strong> als <strong>Mädchen</strong><br />

(57,1 % gegenüber 42,9 %). Dies trifft ebenfalls für Deutschland zu, wo die <strong>Jungen</strong> mit<br />

59,7 % auf <strong>den</strong> Kompetenzstufen V <strong>und</strong> VI überrepräsentiert sind. Länder, in <strong>den</strong>en die An-<br />

teile von <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> annähernd ausgeglichen sind, sind Finnland <strong>und</strong> Neuseeland.<br />

Was <strong>den</strong> unteren Leistungsbereich betrifft, so sind auch hier die <strong>Jungen</strong> überrepräsentiert. Im<br />

OECD-Durchschnitt befin<strong>den</strong> <strong>sich</strong> auf oder unter der Kompetenzstufe I mehr <strong>Jungen</strong> als<br />

<strong>Mädchen</strong> (52,4 % gegenüber 47,6 %), wobei die größten Geschlechterunterschiede in Finn-<br />

land, in der Türkei <strong>und</strong> in Griechenland festgestellt wer<strong>den</strong> konnten. In Deutschland sind die


- 16 -<br />

Anteile von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> auf oder unter der Kompetenzstufe I jedoch fast ausgegli-<br />

chen (50,1 % zu 49,9 %) (vgl. ebd., S. 87 f.).<br />

Im Unterschied zur Gesamtskala zeigen <strong>sich</strong> ebenfalls Geschlechterdifferenzen in Bezug auf<br />

zwei der drei Teilkompetenzen. In allen OECD-Staaten erreichen die <strong>Mädchen</strong> signifikant<br />

höhere Werte auf der Teilskala „Naturwissenschaftliche Fragestellungen erkennen“ als die<br />

<strong>Jungen</strong>. Hingegen erzielen auf der Teilskala „Naturwissenschaftliche Phänomene erklären“<br />

die <strong>Jungen</strong> in fast allen OECD-Staaten signifikant höhere Werte als die <strong>Mädchen</strong>, wobei die<br />

Differenz in Deutschland deutlich über dem OECD-Durchschnitt liegt <strong>und</strong> die Geschlechter-<br />

unterschiede insbesondere im oberen Kompetenzbereich auftreten. Im Hinblick auf die dritte<br />

Teilkompetenz „Naturwissenschaftliche Evi<strong>den</strong>z nutzen“ sind unter <strong>den</strong> OECD-Staaten nur<br />

wenige signifikante Geschlechterunterschiede zu beobachten. In Deutschland ist die Differenz<br />

zugunsten der <strong>Jungen</strong> nicht statistisch signifikant (vgl. ebd., S. 94).<br />

Ferner ließen <strong>sich</strong> die Aufgaben aus der Teilkompetenz „Naturwissenschaftliche Phänomene<br />

erklären“ verschie<strong>den</strong>en Wissenssystemen zuordnen. Auf diese Weise konnten Geschlechter-<br />

differenzen bezüglich der drei Wissenssysteme „Physikalische Systeme“, „Lebende Systeme“<br />

<strong>und</strong> „Erd- <strong>und</strong> Weltraumsysteme“ festgestellt wer<strong>den</strong>. Mit Ausnahme der Türkei erzielen die<br />

<strong>Jungen</strong> in allen OECD-Staaten signifikant höhere Kompetenzwerte im Bereich „Physikalische<br />

Systeme“ als die <strong>Mädchen</strong>. In Bezug auf <strong>den</strong> Wissensbereich „Lebende Systeme“ ist im<br />

OECD-Durchschnitt ebenfalls ein Vorsprung der <strong>Jungen</strong> zu verzeichnen, der aber deutlich<br />

geringer ausgeprägt ist als der zuvor beschriebene. In Deutschland ist die Differenz statistisch<br />

nicht signifikant. Was das Wissenssystem „Erd- <strong>und</strong> Weltraumsysteme“ betrifft, so erreichten<br />

die <strong>Jungen</strong> mit Ausnahme von vier Staaten in allen OECD-Staaten signifikant höhere Werte<br />

als die <strong>Mädchen</strong> (vgl. ebd., S. 94 f.). Zusammenfassend lässt <strong>sich</strong> somit sagen, dass „<strong>sich</strong> für<br />

Deutschland erwartungsgemäß eine relative Stärke der <strong>Mädchen</strong> im Bereich lebende Systeme<br />

[zeigt]“ (ebd., S. 95).<br />

TIMSS/III hat in der gymnasialen Oberstufe die Leistungen von SchülerInnen im Fach Physik<br />

erhoben. Dabei zeigten <strong>sich</strong> substantielle Leistungsdifferenzen zwischen jungen Frauen <strong>und</strong><br />

Männern. Im Unterschied zum Fach Mathematik zeigen <strong>sich</strong> die Differenzen sowohl im<br />

Gr<strong>und</strong>kurs als auch im Leistungskurs <strong>und</strong> sind in diesen bei<strong>den</strong> Kursniveaus sogar annähernd<br />

gleich groß (vgl. Baumert, Bos & Watermann, 1999, S. 133 f.).


- 17 -<br />

Einstellungen zum Fach <strong>und</strong> fachspezifisches Fähigkeitsselbstkonzept 8<br />

TIMSS 2007 hat neben <strong>den</strong> Schülerleistungen auch das fachspezifische Fähigkeitsselbstkon-<br />

zept <strong>und</strong> die Einstellung zum Unterrichtsfach erhoben. Dabei zeigte <strong>sich</strong>, dass die Gr<strong>und</strong>schü-<br />

lerInnen insgesamt sowohl zur Mathematik als auch zu <strong>den</strong> Naturwissenschaften eine ausge-<br />

sprochen positive Einstellung haben, auch wenn man die Geschlechter getrennt betrachtet. In<br />

vielen Staaten fin<strong>den</strong> <strong>sich</strong> nur geringe oder nicht signifikante Unterschiede. In Bezug auf Ma-<br />

thematik zählt Deutschland allerdings zu <strong>den</strong> Staaten mit <strong>den</strong> höchsten <strong>und</strong> zugleich statis-<br />

tisch bedeutsamen Differenzen zwischen <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong>, wobei ein deutlicher Vor-<br />

sprung zugunsten der <strong>Jungen</strong> <strong>sich</strong>tbar ist. Anders ist dies in <strong>den</strong> Naturwissenschaften, wo in<br />

Deutschland keinerlei Unterschiede in der Einstellung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> bestehen.<br />

„Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler in <strong>den</strong> deutschen Gr<strong>und</strong>schulen stehen dem naturwissenschaftli-<br />

chen Unterricht gleichermaßen <strong>und</strong> zwar ausgesprochen positiv gegenüber“ (Bonsen, Lintorf<br />

& Bos, 2008, S. 133). Bemerkenswert ist zudem, dass <strong>sich</strong> in anderen Staaten die signifikan-<br />

ten Unterschiede in der Einstellung zu <strong>den</strong> Naturwissenschaften zugunsten der <strong>Mädchen</strong> ab-<br />

zeichnen (vgl. ebd., S. 131 ff.).<br />

Die sehr positive Gr<strong>und</strong>haltung der Gr<strong>und</strong>schülerInnen gegenüber dem mathematischen <strong>und</strong><br />

naturwissenschaftlichen Unterricht spiegelt <strong>sich</strong> im Vertrauen in die eigenen Kompetenzen<br />

wider. So war bei <strong>den</strong> in TIMSS untersuchten SchülerInnen sowohl ein hohes mathematikbe-<br />

zogenes als auch naturwissenschaftsbezogenes Selbstkonzept erkennbar. Im Hinblick auf das<br />

mathematikbezogene Selbstkonzept ergeben <strong>sich</strong> jedoch größere <strong>und</strong> einheitliche Unterschie-<br />

de: Die <strong>Jungen</strong> besitzen in fast allen Staaten ein signifikant höheres Selbstkonzept, wobei<br />

Deutschland auch hier zu <strong>den</strong> Staaten mit <strong>den</strong> höchsten Differenzen gehört. In Bezug auf das<br />

naturwissenschaftsbezogene Selbstkonzept sind die Geschlechterdifferenzen in vielen Staaten<br />

statistisch nicht bedeutsam. Neben vier anderen Staaten lassen <strong>sich</strong> in Deutschland jedoch<br />

signifikante Differenzen zugunsten der <strong>Jungen</strong> feststellen (vgl. ebd., S. 133 ff.).<br />

Bonsen, Lintorf <strong>und</strong> Bos (2008, S. 134) resümieren, dass in allen Staaten die Geschlechterdif-<br />

ferenzen in <strong>den</strong> fachbezogenen Einstellungen <strong>und</strong> im fachbezogenen Selbstkonzept im natur-<br />

wissenschaftlichen Bereich geringer ausgeprägt sind als im mathematischen Bereich. Dies<br />

zeigt <strong>sich</strong> besonders deutlich in Deutschland: <strong>Jungen</strong> weisen eine deutlich positivere Einstel-<br />

lung zu Mathematik <strong>und</strong> ein besseres mathematisches Selbstkonzept auf, während <strong>sich</strong> bei der<br />

8 Unter dem Selbstkonzept eines Menschen sind dessen Vorstellungen von <strong>sich</strong> selbst zu fassen (kognitive Repräsentation<br />

des Selbst). Es enthält neben objektivierbarem Faktenwissen (z. B. über die eigene Nationalität)<br />

subjektive Überzeugungen (z. B. in Bezug auf die eigene Intelligenz), welche aus Erfahrungen mit der Umwelt<br />

resultieren. Somit ist das Selbstkonzept als multidimensional anzusehen. Die subjektiven Überzeugungen zu<br />

eigenen Fähigkeiten setzen <strong>sich</strong> aus verschie<strong>den</strong>en Facetten zusammen (beispielsweise das verbale oder mathematische<br />

Fähigkeitsselbstkonzept). In der Regel sind die Ausprägungen der unterschiedlichen Fähigkeitsselbstkonzepte<br />

einer Person relativ unabhängig voneinander (vgl. Schütte et al., 2007, S. 126).


- 18 -<br />

Einstellung zur Naturwissenschaft gar keine <strong>und</strong> beim naturwissenschaftlichen Selbstkonzept<br />

nur geringe Differenzen zeigen.<br />

PISA 2006 erfasste neben der naturwissenschaftlichen Kompetenz von 15-Jährigen auch das<br />

Interesse an <strong>den</strong> Naturwissenschaften sowie Schülermerkmale <strong>und</strong> Berufswahlneigungen.<br />

Hin<strong>sich</strong>tlich des naturwissenschaftlichen Interesses wur<strong>den</strong> diejenigen SchülerInnen einbezo-<br />

gen, die zu <strong>den</strong> oberen 25 % der Kompetenzverteilung im Naturwissenschaftstest gehörten.<br />

Zu beachten ist zudem, dass das Interesse an <strong>den</strong> Naturwissenschaften kontextualisiert, d. h.<br />

im Kontext eines spezifischen Themenbereichs, erhoben wurde. In Deutschland bek<strong>und</strong>en<br />

über 43 % der hochkompetenten Jugendlichen ein unterdurchschnittliches Interesse für die<br />

Naturwissenschaften, wobei die Verteilung der <strong>Mädchen</strong> auf die Interessenquartile eher un-<br />

auffällig ist. Dies kann damit zusammenhängen, dass die Zusammenstellung von Kontexten<br />

<strong>und</strong> Inhaltsbereichen im PISA-Test die hochkompetenten <strong>Mädchen</strong> unter Interessenaspekten<br />

gleichermaßen angesprochen hat wie die hochkompetenten <strong>Jungen</strong> (vgl. Prenzel, Schütte &<br />

Walter, 2007, S. 108 ff.).<br />

Der Begriff „Schülermerkmale“ umfasst Einschätzungen der eigenen naturwissenschaftlichen<br />

Kompetenz, motivationale Orientierungen sowie Freude <strong>und</strong> das Interesse daran, in <strong>den</strong> Na-<br />

turwissenschaften Neues zu lernen. Diese Schülermerkmale stehen in einem engen wechsel-<br />

seitigen Zusammenhang <strong>und</strong> wirken zugleich auf <strong>den</strong> gegenwärtigen <strong>und</strong> zukünftigen Lern-<br />

prozess in einer Domäne. 9 In Bezug auf das naturwissenschaftliche Fähigkeitsselbstkonzept<br />

hat PISA 2006 Geschlechterdifferenzen festgestellt: So berichten die <strong>Jungen</strong> in allen Staaten<br />

ein höheres Selbstkonzept für die Naturwissenschaften als die <strong>Mädchen</strong>. In Deutschland be-<br />

steht ein recht deutlicher Geschlechtereffekt, der jedoch etwas geringer ausgeprägt ist als der-<br />

jenige für die Fähigkeitsselbstkonzepte in <strong>den</strong> Kompetenzbereichen Mathematik <strong>und</strong> Lesen,<br />

die in PISA 2003 bzw. PISA 2000 erhoben wur<strong>den</strong>. Bemerkenswert bezüglich der Geschlech-<br />

terdifferenz in <strong>den</strong> Naturwissenschaften ist, dass die Differenz für die subjektiven Fähigkeits-<br />

urteile größer ausfällt als jene für die naturwissenschaftliche Kompetenz. Die zweite in PISA<br />

2006 erfasste Kognition ist die Selbstwirksamkeitserwartung 10 , wo die Geschlechterdifferenz<br />

in Deutschland deutlich geringer ausfällt <strong>und</strong> kaum als bedeutungsvoll einzuschätzen ist.<br />

Trotzdem ist festzuhalten, dass die <strong>Jungen</strong> in Deutschland wie in allen OECD-Staaten höhere<br />

9 Zu weiteren Ausführungen s. 2.2.3.<br />

10 Selbstwirksamkeitserwartungen beziehen <strong>sich</strong> auf konkrete Aufgaben <strong>und</strong> Problemstellungen sowie auf die<br />

Bewertung der eigenen Fähigkeit, die konkreten Anforderungen erfolgreich bewältigen zu können. Sie sind<br />

damit weniger abstrakt als das Selbstkonzept <strong>und</strong> enger als dieses mit <strong>den</strong> tatsächlichen Kompetenzen eines<br />

Menschen verknüpft (vgl. Schütte et al., 2007, S. 127).


- 19 -<br />

Werte aufweisen als die <strong>Mädchen</strong>. Was die motivationalen <strong>und</strong> emotionalen Orientierungen 11<br />

betrifft, so liegen die Ausprägungen deutscher SchülerInnen leicht unter dem OECD-<br />

Durchschnitt, die Geschlechterdifferenz ist aber teilweise deutlich größer als dieser:<br />

„<strong>Mädchen</strong> sind weniger motiviert als <strong>Jungen</strong>, <strong>sich</strong> später in naturwissenschaftlichen Inhaltsbereichen<br />

zu betätigen (intrinsisch-zukunftsorientierte Motivation), schätzen die Bedeutsamkeit<br />

<strong>und</strong> Instrumentalität von naturwissenschaftlicher Kompetenz für ihr Leben<br />

<strong>und</strong> insbesondere für ihre spätere Berufstätigkeit als etwas geringer ein (extrinsischinstrumentell)<br />

<strong>und</strong> berichten auch ten<strong>den</strong>ziell weniger Freude <strong>und</strong> Interesse an der Beschäftigung<br />

mit naturwissenschaftlichen Themen.“ (Schütte et al., 2007, S. 136)<br />

Während in <strong>den</strong> meisten OECD-Staaten anteilig mehr <strong>Mädchen</strong> als <strong>Jungen</strong> eine naturwissen-<br />

schaftsbezogene Berufserwartung angeben, zeigt <strong>sich</strong> in Deutschland ein fast ausgeglichenes<br />

Bild. Dies ist ange<strong>sich</strong>ts der zuvor festgestellten Geschlechterdifferenzen in <strong>den</strong> selbstbezo-<br />

genen Kognitionen zunächst überraschend. Eine Erklärung für die hohen Prozentzahlen der<br />

<strong>Mädchen</strong>, die <strong>den</strong>ken, im Alter von 30 Jahren einen naturwissenschaftsbezogenen Beruf aus-<br />

zuüben, ist darin zu sehen, dass zur Einteilung der Berufe eine recht weite Naturwissen-<br />

schaftsdefinition verwendet wurde. So wer<strong>den</strong> auch die von Frauen häufig ergriffenen pflege-<br />

rischen <strong>und</strong> medizinischen Fachberufe als naturwissenschaftsbezogen klassifiziert (vgl. ebd.,<br />

S. 125 ff.).<br />

Die PISA-Erhebung aus dem Jahr 2003 schloss eine Untersuchung zu Schülermerkmalen im<br />

Fach Mathematik ein, wobei es um Selbstvertrauen, das emotionale <strong>und</strong> motivationale Enga-<br />

gement sowie um das Lernverhalten <strong>und</strong> die Selbstregulation ging. Pekrun & Zirngibl (2004,<br />

S. 191 ff.) betonen, dass diese Merkmale zum einen als Ergebnisse, zum anderen als Bedin-<br />

gungen von Bildungsprozessen in diesem Fach anzusehen sind. In Bezug auf das leistungsbe-<br />

zogene Selbstvertrauen wur<strong>den</strong> das Selbstkonzept <strong>und</strong> die Selbstwirksamkeit untersucht. In<br />

bei<strong>den</strong> Bereichen erreichen die <strong>Jungen</strong> deutlich höhere Werte als die <strong>Mädchen</strong>. Die Ausprä-<br />

gung des Geschlechterunterschieds ist dabei in Deutschland im Vergleich mit <strong>den</strong> anderen<br />

Ländern besonders groß. Zudem sind die Unterschiede im Selbstvertrauen deutlich größer als<br />

die Geschlechterunterschiede in der mathematischen Kompetenz, die in derselben Erhebung<br />

gemessen wurde.<br />

Als Indikatoren für fachbezogenes emotionales <strong>und</strong> motivationales Engagement wur<strong>den</strong><br />

Freude <strong>und</strong> Interesse, die Mathematikangst, die kompetitive Leistungsmotivation sowie die<br />

11 PISA 2006 untersuchte in Bezug auf Naturwissenschaften zwei Motivationsformen. Es wurde zum einen die<br />

intrinsische Motivation erfasst, eine berufliche Tätigkeit in einem naturwissenschaftlichen Gebiet auszuüben<br />

(intrinsisch-zukunftsorientierte Motivation). Zum anderen wurde die Instrumentalität von Lernanstrengungen<br />

<strong>und</strong> Inhalten im schulischen Unterricht allgemein <strong>und</strong> im Besonderen für spätere berufliche Chancen <strong>und</strong> Berufstätigkeit<br />

erhoben (extrinsisch-instrumentelle Motivation). In Bezug auf die emotionalen Orientierungen wur<strong>den</strong><br />

in PISA 2006 die Freude an der Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen Themen <strong>und</strong> das Interesse an<br />

Wissenszugewinn in diesem Bereich erfasst (vgl. Schütte et al., 2007, S. 127 f.).


- 20 -<br />

instrumentelle Motivation 12 erhoben. In allen vier Bereichen fallen die Werte für die <strong>Mädchen</strong><br />

ungünstiger aus als für die <strong>Jungen</strong>, wobei die Geschlechterunterschiede in Deutschland größer<br />

ausfallen als in <strong>den</strong> meisten anderen Ländern. Der größte Geschlechterunterschied ergibt <strong>sich</strong><br />

in Bezug auf die instrumentelle Motivation: So sind in Deutschland <strong>Jungen</strong> viel stärker davon<br />

überzeugt, dass es <strong>sich</strong> für die eigenen Berufs- <strong>und</strong> Zukunftsaus<strong>sich</strong>ten lohnt, Anstrengungen<br />

in das Fach Mathematik zu investieren (vgl. ebd., S. 203 ff.).<br />

Hin<strong>sich</strong>tlich des Lernverhaltens wur<strong>den</strong> vier zentrale Lernstrategien in die Erhebung einbezo-<br />

gen, nämlich Elaboration, <strong>Wie</strong>derholen, Kontrolle <strong>und</strong> Anstrengung. Im nationalen Schüler-<br />

fragebogen wurde zusätzlich die Selbstregulation des Lernens in Mathematik erfasst. Im Ver-<br />

gleich zu <strong>den</strong> Schülern weisen die Schülerinnen geringere Durchschnittswerte für <strong>den</strong> Einsatz<br />

von Elaborationsstrategien <strong>und</strong> Selbstregulation auf, höhere Werte dagegen für kognitiv rigi-<br />

de, eher oberflächliche Strategien des <strong>Wie</strong>derholens <strong>und</strong> Auswendiglernens von Lösungsalgo-<br />

rithmen (vgl. ebd., S. 205 ff.).<br />

Die Bef<strong>und</strong>e für <strong>den</strong> Sek<strong>und</strong>arbereich I lassen <strong>sich</strong> mit Hilfe der TIMSS/III-Erhebung auch<br />

für <strong>den</strong> Sek<strong>und</strong>arbereich II bestätigen. So ist sowohl im Fachgebiet Mathematik als auch Phy-<br />

sik das fachspezifische Selbstvertrauen von Schülerinnen geringer als das von Schülern, die<br />

dazu neigen, ihre Fähigkeiten zu überschätzen. Dies gilt selbst bei vergleichbarer Fachleis-<br />

tung (vgl. Baumert, Bos & Watermann, 1999, S. 134 ff.).<br />

2.1.3 Folgerungen<br />

Im Zusammenhang mit diesen Ergebnissen soll an dieser Stelle verdeutlicht wer<strong>den</strong>, welche<br />

Nachteile aus <strong>den</strong> Geschlechterdifferenzen im Bereich Schule <strong>und</strong> vor allem im Berufssystem<br />

resultieren. So führt die oben dargelegte Tatsache, dass Frauen die in der Regel gesellschaft-<br />

lich hoch bewerteten, gut bezahlten <strong>und</strong> zukunftsträchtigen Berufe im MINT-Bereich mei<strong>den</strong><br />

<strong>und</strong> stattdessen zu gesellschaftlich gering bewerteten <strong>und</strong> oft schlecht bezahlten Berufen ten-<br />

dieren, zusammen mit der immer noch überwiegend von Frauen geleisteten, unbezahlten<br />

Haus- <strong>und</strong> Reproduktionsarbeit zu einer deutlich schlechteren materiellen Situation von Frau-<br />

en <strong>und</strong> nicht selten sogar zu wirtschaftlicher Abhängigkeit (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 5).<br />

Neben einem interessanten Beruf <strong>und</strong> einer ge<strong>sich</strong>erten <strong>und</strong> eigenständigen Lebensgr<strong>und</strong>lage<br />

kann der MINT-Bereich Frauen noch mehr bieten. Dies kann anhand der Sichtweisen auf Ma-<br />

thematik verdeutlicht wer<strong>den</strong>, die Vollrath (2001, S. 10 ff.) nennt, <strong>und</strong> zwar Mathematik als<br />

12 Unter der kompetitiven Leistungsmotivation ist die Motivation zu verstehen, besser als andere in einem Fach<br />

abzuschnei<strong>den</strong>. Die instrumentelle Motivation bezieht <strong>sich</strong> auch hier auf die wahrgenommene Instrumentalität<br />

von Lernanstrengungen im Fach Mathematik für die nachschulischen Ausbildungs- <strong>und</strong> Berufschancen (vgl.<br />

Pekrun & Zirngibl, 2004, S. 194).


- 21 -<br />

allgemeinbil<strong>den</strong>des Fach, als qualifizierendes Fach <strong>und</strong> als authentisches Fach, deren Aufga-<br />

ben hier nur auszugsweise dargestellt wer<strong>den</strong>. So kann Mathematik als allgemeinbil<strong>den</strong>des<br />

Fach zur Entfaltung der Persönlichkeit beitragen, indem man Mathematik betreibt <strong>und</strong> <strong>sich</strong><br />

dabei der im Menschen angelegten Fähigkeit, mathematisch zu <strong>den</strong>ken, bewusst wird <strong>und</strong> aus<br />

seinem mathematischen Können Selbstbewusstsein gewinnt. Zudem leistet Mathematik einen<br />

Beitrag zur Umwelterschließung <strong>und</strong> hilft <strong>den</strong> Menschen, Erkenntnis über die sie umgebende<br />

Natur zu gewinnen <strong>und</strong> diese Erkenntnis zur Lösung praktischer Probleme zu nutzen. Insbe-<br />

sondere im Hinblick auf diese Möglichkeit der aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Le-<br />

ben sollten Männer <strong>und</strong> Frauen gleichberechtigt sein. Mathematik ermöglicht zudem eine<br />

besondere Art der Weltwahrnehmung, der Beschreibung der Umwelt, des Erkenntnisgewinns<br />

<strong>und</strong> der Kommunikation allgemein (vgl. auch Niedersächsisches Kultusministerium, Kern-<br />

curriculum 2006, S. 7). Die Bedeutung von Mathematik als qualifizierendes Fach – d. h. zur<br />

Vermittlung von Qualifikationen für das weitere Leben (vor allem Schule <strong>und</strong> Beruf) – wurde<br />

bereits dargelegt. Bei der dritten Sichtweise auf Mathematik, Mathematik als authentisches<br />

Fach, geht es unter anderem darum, eine zuverlässige Erfahrung von Mathematik zu ermögli-<br />

chen <strong>und</strong> so eine angemessene Vorstellung von Mathematik zu vermitteln sowie <strong>den</strong> Aufbau<br />

einer Beziehung zwischen Mathematik <strong>und</strong> Wirklichkeit beim einzelnen zu unterstützen (vgl.<br />

Vollrath, 2001, S. 25 ff.).<br />

Neben diesen Vorzügen aus individueller Sicht ist eine stärkere Beteiligung von Frauen am<br />

MINT-Bereich auch aus gesellschaftlicher Sichtweise <strong>wünschen</strong>swert. Der Bericht der BLK<br />

(2002, S. 25 f.) offenbart, dass naturwissenschaftliche <strong>und</strong> ingenieurwissenschaftliche Stu-<br />

diengänge für die Weiterentwicklung <strong>und</strong> Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland von zu-<br />

nehmend hoher Bedeutung sind. Zugleich ist eine Diskrepanz zwischen dem Bedarf <strong>und</strong> <strong>den</strong><br />

tatsächlichen Absolventen <strong>und</strong> Absolventinnen der genannten Studiengänge festzustellen.<br />

Dabei wird auch auf die Kompetenz von Frauen gesetzt. So findet eine Verschwendung von<br />

Ressourcen statt, wenn Frauen ihr mathematisch-naturwissenschaftlich-technisches Potential<br />

nicht entwickeln <strong>und</strong> in die Gesellschaft einbringen. Zukunftsprobleme lassen <strong>sich</strong> durch ei-<br />

nen weiteren Blickwinkel, der auch die weibliche Perspektive mit einschließt, besser lösen<br />

(vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 5 f.).<br />

Im Zuge der Ausführungen zu <strong>den</strong> Geschlechterunterschie<strong>den</strong> in sämtlichen Feldern des<br />

MINT-Bereichs soll jedoch nicht einseitig auf die (oftmals benachteiligten) <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong><br />

Frauen eingegangen wer<strong>den</strong>. Daneben möchte ich kurz auf einige wichtig erscheinende As-<br />

pekte eingehen, die <strong>sich</strong> negativ für die <strong>Jungen</strong>- bzw. Männerseite darstellen <strong>und</strong> über die


- 22 -<br />

Diaz (2008, S. 13 ff.) einen Überblick gibt. So hat der Wandel von einer Industriegesellschaft<br />

hin zu einer wissensbasierten Dienstleistungsgesellschaft zu einem deutlichen Abbau von<br />

Arbeitsplätzen im traditionell stärker von Männern dominierten, produzieren<strong>den</strong> Gewerbe <strong>und</strong><br />

in Teilen des Handwerks geführt. Damit einher geht eine Zunahme von Arbeitsplätzen im<br />

klassisch weiblich besetzten Dienstleistungsbereich. Bei dieser Verlagerung der Beschäftig-<br />

tenzahlen in <strong>den</strong> genannten Wirtschaftssektoren hat <strong>sich</strong> jedoch das Berufswahlverhalten jun-<br />

ger Männer kaum geändert <strong>und</strong> weist nach wie vor geschlechterstereotype Präferenzen auf.<br />

Somit stellt <strong>sich</strong> auch für die <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> Männer die Berufs- <strong>und</strong> Studienwahl recht einge-<br />

schränkt dar. Dies hat insbesondere Auswirkungen für <strong>Jungen</strong> mit mittleren <strong>und</strong> niedrigen<br />

Bildungshintergrün<strong>den</strong>, deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch die geschlechterstereoty-<br />

pe Berufswahl sinken.<br />

Hinzu kommt, dass eine fortschreitende Erosion der Normalarbeitsverhältnisse festzustellen<br />

ist, die <strong>sich</strong> durch Vollzeitbeschäftigung, Arbeitsplatzkontinuität <strong>und</strong> soziale Sicherung aus-<br />

zeichnen. Dabei sinkt die Erwerbstätigenquote der Männer von einem relativ hohen Niveau<br />

ab, während die der Frauen ansteigt. Männliche <strong>und</strong> weibliche Erwerbsbiografien gleichen<br />

<strong>sich</strong> stärker an <strong>und</strong> die traditionell männliche Versorgerrolle – mit dem Mann als Haupternäh-<br />

rer der Familie <strong>und</strong> der Frau als Hausfrau <strong>und</strong> Mutter – verliert an Dominanz. Problematisch<br />

ist, dass dieses Rollenbild als normatives Leitbild häufig erhalten bleibt <strong>und</strong> gerade bei <strong>den</strong><br />

<strong>Jungen</strong> weiterhin seine Wirkung entfaltet (vgl. ebd., S. 14).<br />

Ein weiterer Problembereich für junge Männer besteht darin, dass der wirtschaftliche Struk-<br />

turwandel auch zu Veränderungen in <strong>den</strong> beruflichen Qualifikationsanforderungen führt <strong>und</strong><br />

neben fachlichen Fähigkeiten soziale Kompetenzen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Da-<br />

bei wird jedoch <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> der Zugang zu eigenen sozialen Ressourcen erschwert, da zum<br />

einen viele <strong>Jungen</strong> in Phasen männlicher Sozialisation sozial unterfordert wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> zum<br />

anderen soziale Kompetenzen gesellschaftlich als eher weibliche Eigenschaften interpretiert<br />

wer<strong>den</strong>. Den <strong>Jungen</strong> bzw. Männern können dadurch nicht nur in privaten Kontexten, sondern<br />

auch im Berufseinstieg <strong>und</strong> in der Erwerbsbiografie Nachteile entstehen (vgl. ebd., S. 14 f.).<br />

Aufgr<strong>und</strong> der angeführten Nachteile, von <strong>den</strong>en beide Geschlechter auf verschie<strong>den</strong>e Weise<br />

betroffen sind, soll im Folgen<strong>den</strong> auf die Ursachen für die geschlechtstypischen Fächer- <strong>und</strong><br />

Berufswahlen eingegangen wer<strong>den</strong>, auf die bereits die Ergebnisse der großen Vergleichsun-<br />

tersuchungen Hinweise geben. So deutet die Tatsache, dass sowohl in <strong>den</strong> Naturwissenschaf-<br />

ten als auch in der Mathematik Geschlechterdifferenzen je nach Staat zugunsten der <strong>Jungen</strong><br />

oder zugunsten der <strong>Mädchen</strong> bestehen – <strong>und</strong> das schon in der Gr<strong>und</strong>schule –, darauf hin, dass


- 23 -<br />

kulturelle Faktoren bei der größeren Distanz der <strong>Mädchen</strong> zu mathematisch-naturwissen-<br />

schaftlichen Fächern von Bedeutung sind (vgl. Janke-Klein, 2006, S. 99). <strong>Wie</strong> oben beschrie-<br />

ben, erzielten sowohl in PISA 2006 als auch in PISA 2003 die 15-jährigen <strong>Jungen</strong> in Deutsch-<br />

land bessere Leistungen in der Mathematik als die gleichaltrigen <strong>Mädchen</strong>, wobei beispiels-<br />

weise in Island die <strong>Mädchen</strong> in bei<strong>den</strong> Erhebungen bessere Ergebnisse erreichten. 13<br />

Ebenfalls dargelegt wur<strong>den</strong> die in PISA 2003 getesteten Kompetenzen im Bereich „Problem-<br />

lösen“ im Vergleich zu <strong>den</strong> mathematischen Kompetenzen, wobei <strong>sich</strong> für die bei<strong>den</strong> Berei-<br />

che in Bezug auf die Geschlechterdifferenzen unterschiedliche Ergebnisse ergeben. Zimmer,<br />

Burba <strong>und</strong> Rost (2004, S. 215) haben daraufhin vermutet, dass die <strong>Mädchen</strong> das eigentlich<br />

vorhan<strong>den</strong>e kognitive Potential im Bereich Mathematik nur zum Teil nutzen. Auch die Hin-<br />

tergründe für diese Vermutung wer<strong>den</strong> im folgen<strong>den</strong> Punkt erörtert.<br />

2.2 Ursachen <strong>und</strong> Erklärungsansätze<br />

Im Hinblick auf die Unterrepräsentanz von <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen im MINT-Bereich lassen<br />

<strong>sich</strong> vielfältige, zum Teil miteinander in Zusammenhang stehende Ursachen angeben. Im Fol-<br />

gen<strong>den</strong> wird der Versuch unternommen, diese in geordneter Weise <strong>und</strong> detailliert darzulegen.<br />

Dabei wird deutlich wer<strong>den</strong>, dass das Verhalten der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> auch <strong>Jungen</strong> zum einen<br />

durch externale Faktoren, zum anderen durch internale Faktoren erklärt wer<strong>den</strong> kann.<br />

Zunächst wird gezeigt, dass die bereits für die heutige Zeit nachgewiesene Benachteiligung<br />

der Frauen eine lange Vergangenheit hat, die als Gr<strong>und</strong> dafür angesehen wer<strong>den</strong> kann, dass<br />

der MINT-Bereich insgesamt als männlich konnotiert wird. Es wird dann – für die vergange-<br />

ne <strong>und</strong> heutige Zeit – dargestellt, mit welchen Mechanismen eine solche Konnotation stattfin-<br />

det, <strong>und</strong> damit, wie kulturelle Stereotype aufrecht erhalten wer<strong>den</strong>. Einen großen Bereich<br />

nehmen nachfolgend die externalen Faktoren ein, unter die die Sozialisationseinflüsse der<br />

Familie, der Gleichaltrigengruppe (peer group), der Medien <strong>und</strong> diejenigen aus dem Feld<br />

Schule zu fassen sind. Hier sollen die Sozialisationsinstanzen Familie <strong>und</strong> Schule im Vorder-<br />

gr<strong>und</strong> stehen. In Bezug auf <strong>den</strong> zuletzt genannten Punkt sind insbesondere der Einfluss der<br />

Lehrkräfte sowie der des Unterrichts interessant. Von weitreichender Bedeutung sind schließ-<br />

lich die internalen Faktoren für die Abstinenz der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen im MINT-Bereich.<br />

13 Dazu kann angemerkt wer<strong>den</strong>, dass für isländische Frauen die Verbindung von Kindern <strong>und</strong> Karriere selbstverständlich<br />

ist. Isländische Frauen leben völlig anders als in Deutschland, was nicht zuletzt mit der geschichtlichen<br />

Entwicklung des Landes <strong>und</strong> der Aufgaben der Frauen zusammenhängt. Dabei unterscheidet <strong>sich</strong> das weibliche<br />

Rollenbild, mit dem isländische <strong>Mädchen</strong> aufwachsen, deulich von dem der Deutschen. Hingegen ist in der<br />

Schweiz, wo besonders große Geschlechterdifferenzen im mathematisch-naturwissenschaftlichen Selbstkonzept<br />

bestehen, eine sehr konservative Einstellung verbreitet (vgl. Jahnke-Klein, 2006, S. 108).


- 24 -<br />

Hier wird die Rolle der Selbsteinschätzungen der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen, damit zusammenhän-<br />

gend die Rolle ihres Attributionsstils sowie die ihrer motivationalen <strong>und</strong> emotionalen Orien-<br />

tierungen aufgedeckt.<br />

2.2.1 Die Bedeutung von kulturellen Stereotypen 14<br />

Der MINT-Bereich, insbesondere die Mathematik, gilt in unserer Gesellschaft unverändert als<br />

männliche Domäne (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 14). Die Konnotation des MINT-Bereichs als<br />

männlich hat dabei eine lange Tradition <strong>und</strong> hängt auch mit der Benachteiligung der Teilhabe<br />

von Frauen am Schul- <strong>und</strong> Bildungssystem zusammen. So wurde <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> lange Zeit das<br />

Recht auf Bildung, insbesondere auf <strong>Mathematikunterricht</strong>, vorenthalten, unter anderem mit<br />

der Begründung, dass Frauen eine geringere mathematische Begabung haben. Diese Annahme<br />

ist auch heute noch weit verbreitet (vgl. ebd., S. 6).<br />

Zur vergangenen Benachteiligung der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen seien hier nur einige Anhalts-<br />

punkte genannt: Trotz der Einführung der allgemeinen Schulpflicht in Preußen im Jahr 1717,<br />

die für <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> galt, hatten die <strong>Mädchen</strong> kaum Zugang zu Schulunterricht, der<br />

über die Vermittlung der elementarsten Kenntnisse hinausging. Die höhere Schulbildung war<br />

<strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> vorbehalten (vgl. Srocke, 1989, S. 228, zitiert in Jahnke-Klein, 2001, S. 7). Selbst<br />

die unter anderem aus wirtschaftlichen Grün<strong>den</strong> seit <strong>den</strong> 1820er Jahren gegründeten „Höheren<br />

Töchterschulen“ boten <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> nur elementaren Rechenunterricht, der die mündliche<br />

<strong>und</strong> schriftliche Addition <strong>und</strong> Subtraktion einschloss, damit sie ein Haushaltsbuch führen<br />

konnten. Diese Einschränkung in Bezug auf <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> wurde wegen der Vor-<br />

stellung vollzogen, dass Frauen nicht zu strenger Denkfähigkeit, sondern nur zu gefühlsbeton-<br />

ter Arbeit fähig seien. Aktuell wurde die Diskussion über <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> für Mäd-<br />

chen, als in <strong>den</strong> 1880er Jahren die Auseinandersetzungen um <strong>den</strong> Zugang der <strong>Mädchen</strong> zur<br />

Abiturprüfung begannen. Denn man wollte auch bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> nicht auf das Abiturfach<br />

Mathematik verzichten. Trotzdem konnte <strong>sich</strong> der <strong>Mathematikunterricht</strong> zunächst nur an <strong>den</strong><br />

<strong>Jungen</strong>schulen etablieren, während die <strong>Mädchen</strong> in Deutschland beinahe während des gesam-<br />

ten 19. Jahrh<strong>und</strong>erts nur <strong>den</strong> elementaren Rechenunterricht <strong>und</strong> keinen <strong>Mathematikunterricht</strong><br />

erhielten (vgl. Kinski, 1993, S. 163 ff.; vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 8 f.).<br />

Erst als zwischen 1900 <strong>und</strong> 1909 in <strong>den</strong> deutschen Ländern <strong>den</strong> Frauen die Zulassung zur<br />

Immatrikulation gewährt wurde <strong>und</strong> von 1909 bis 1919 Mathematik bei der Studienfachwahl<br />

weiblicher Studierender an dritter Stelle stand – womit an <strong>den</strong> höheren <strong>Mädchen</strong>schulen die<br />

14 Der Begriff „Stereotyp“ bezeichnet weit verbreitete, vereinfachend-schematisierende <strong>und</strong> verzerrte Kognitionen<br />

von Aspekten der sozialen Welt (z. B. Gruppen, Nationen, Berufe) (vgl. Hilgers, 1994, S. 42).


- 25 -<br />

Voraussetzungen für das Studium geschaffen wer<strong>den</strong> mussten –, begann in Preußen 1908 die<br />

Neuordnung des höheren <strong>Mädchen</strong>schulwesens. Diese erbrachte erstmals ein <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong>schu-<br />

len vergleichbares Niveau in Mathematik <strong>und</strong> Naturwissenschaften. Letztlich wurde in der<br />

Riechertschen Schulreform von 1924 das <strong>Jungen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong>schulwesen sowohl organisa-<br />

torisch als auch vom Fächerkanon her nach <strong>den</strong> gleichen Kriterien geregelt (vgl. Tobies,<br />

1997, S. 21 ff.; vgl. Kinski, 1993, S. 165).<br />

Mit diesen Daten kann festgehalten wer<strong>den</strong>, dass aus heutiger Sicht die <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> jungen<br />

Frauen erst seit ca. 100 Jahren einen Zugang zu schulischer <strong>und</strong> universitärer mathematischer<br />

Bildung haben. Jahnke-Klein (2001, S. 10) hält fest, dass auch nach der Gleichberechtigung<br />

im Schulbereich die Diskussion um eine mögliche geringere mathematische Begabung der<br />

<strong>Mädchen</strong> noch nicht beendet war. So wur<strong>den</strong> zahlreiche Untersuchungen zu geschlechtsspezi-<br />

fischen intellektuellen Fähigkeiten, insbesondere zu mathematischen Fähigkeiten, durchge-<br />

führt, über die aus <strong>den</strong> 1970er bis 1990er Jahren Beermann, Heller <strong>und</strong> Menacher (1992, S.<br />

29 ff.) einen Überblick geben. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass zwar Leistungsun-<br />

terschiede bezüglich mathematischer Fähigkeiten zwischen <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> öfter beo-<br />

bachtet wur<strong>den</strong>, dass aber die Untersuchungsergebnisse keineswegs einheitlich <strong>und</strong> besonders<br />

die Messmetho<strong>den</strong> bzw. Tests häufiger umstritten sind. Neuere sozialwissenschaftliche Erhe-<br />

bungen 15 legen nahe, dass die Tatsache, dass <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen in naturwissenschaftlich-<br />

technisch orientierten Ausbildungsgängen <strong>und</strong> Berufen stark unterrepräsentiert sind, nicht<br />

durch ein geringeres intellektuelles Leistungsvermögen der jungen Frauen erklärt wer<strong>den</strong><br />

kann (vgl. ebd., S. 37). Ebenso ist festzuhalten, dass eine biologische Bedingtheit von beson-<br />

derer mathematischer Begabung bisher nicht nachgewiesen wer<strong>den</strong> konnte. Gravierend ist<br />

jedoch, dass spektakuläre Thesen über eine geringere mathematische Begabung von <strong>Mädchen</strong><br />

<strong>und</strong> Frauen häufig unkritisiert über die Medien an die Öffentlichkeit gelangen <strong>und</strong> als selbst-<br />

erfüllende Prophezeiung wirken, d. h. <strong>Mädchen</strong> bei der Teilhabe an Mathematik entmutigen<br />

(vgl. ebd., S. 42 f.).<br />

Entsprechend fasst auch Jahnke-Klein (2001, S. 14) zusammen, dass der gegenwärtige For-<br />

schungsstand nicht auf eine „naturgegebene“ fehlende Eignung der <strong>Mädchen</strong> für Mathematik<br />

schließen lässt, <strong>und</strong> hebt hervor, dass die Unterschiede in <strong>den</strong> Mathematikleistungen zwischen<br />

<strong>den</strong> Individuen deutlich größer sind als zwischen <strong>den</strong> Geschlechtern.<br />

15 Als Beispiel dafür ließen <strong>sich</strong> auch die unterschiedlichen Ergebnisse für Geschlechterdifferenzen im Bereich<br />

der mathematischen Kompetenz sowie der Problemlösekompetenz anführen, die in PISA 2003 erhoben wur<strong>den</strong><br />

(s. 2.1.2).


- 26 -<br />

Trotz dieser Bef<strong>und</strong>e wird der MINT-Bereich bis in die heutige Zeit als männlich stereotypi-<br />

siert (vgl. ebd., S. 14). Dies schließt kulturelle Vorstellungen <strong>und</strong> Zuschreibungen von „ty-<br />

pisch männlichen“ <strong>und</strong> „typisch weiblichen“ Berufen <strong>und</strong> Tätigkeitsfeldern ein (vgl. Schuster<br />

et al., 2004, S. 32). Um die Mechanismen der Stereotypisierung nachvollziehbar darzulegen,<br />

wer<strong>den</strong> zunächst einige gr<strong>und</strong>legende Begriffe erläutert.<br />

Im Gegensatz zu der Bezeichnung „sex“ für das biologische Geschlecht wird das soziale Ge-<br />

schlecht mit dem englischen Begriff „gender“ bezeichnet. Geschlecht kann dabei als soziale<br />

Konstruktion betrachtet wer<strong>den</strong>, was bedeutet, dass es in dem zumindest in allen westlichen<br />

Gesellschaften vorherrschen<strong>den</strong> kulturellen System der Zweigeschlechtlichkeit in jeweils spe-<br />

zifischen, historischen konkreten Situationen <strong>und</strong> Kontexten erst hergestellt wer<strong>den</strong> muss <strong>und</strong><br />

es nicht etwas ist, das man im Sinne einer Eigenschaft einfach „hat“. „Gender“ ist damit mehr<br />

als eine genetische Disposition oder etwas generell Unveränderliches. Es ist ein Ergebnis von<br />

Erziehung, Bildung, Rollenzuweisungen <strong>und</strong> Selbsti<strong>den</strong>tifikation, das über Lebenschancen,<br />

Bilder, Modelle, Normen etc. in kulturellen <strong>und</strong> sozialen Praktiken vermittelt wird (vgl. Nis-<br />

sen, Keddi & Pfeil, 2003, S. 120 f.; vgl. Enders-Dragässer, 2009, S. 21 f.).<br />

Ein bedeutender Begriff in diesem Zusammenhang ist ferner der des „doing gender“, der <strong>den</strong><br />

Sachverhalt bezeichnet, dass ständig durch Körpersprache <strong>und</strong> durch die Ausbildung von be-<br />

stimmten Interessen die Geschlechtszugehörigkeit dargestellt <strong>und</strong> hergestellt wird, damit für<br />

die Umwelt eine Erkennung als dem entsprechen<strong>den</strong> Geschlecht zugehörig erreicht wird (vgl.<br />

Schneider, 2009, S. 89). Flaake (2006, S. 29) beschreibt „doing gender“ als ein aktives, aber<br />

häufig unbewusstes Herstellen von Geschlechterdifferenzen, das <strong>sich</strong> zwischen verschie<strong>den</strong>en<br />

Personengruppen, wie beispielsweise unter Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern oder zwischen Leh-<br />

ren<strong>den</strong> <strong>und</strong> SchülerInnen, abspielen kann.<br />

Das Erkennen der Geschlechtszugehörigkeit geht mit dem Einnehmen einer Geschlechterrolle<br />

bzw. Geschlechterrollenstereotypen 16 einher. Geschlechterrollenstereotype stellen dabei einen<br />

„relativ vage umschriebene[n] Bereich von Konnotationen in Form eines Eigenschaftskonzep-<br />

tes [dar], das <strong>den</strong> alltagspsychologischen Wissensbestand geschlechterspezifischer Merkmale<br />

umfaßt“ (Hilgers, 1994, S. 41). Sie dienen der Orientierung <strong>und</strong> Bewältigung der Komplexität<br />

des Lebens (vgl. Keller, 1998, S. 33). Gerade in dieser hilfreichen Vereinfachung der Kom-<br />

16 Seit in <strong>den</strong> 1970er Jahren das Konzept der Geschlechterrolle dominiert, das als Sammelbegriff für <strong>den</strong> Komplex<br />

unterschiedlicher Verhaltenserwartungen, herangetragen von einer konkreten Gesellschaft an weibliche <strong>und</strong><br />

männliche Mitglieder, steht, ist statt von „Geschlechterstereotypen“ von „Geschlechterrollenstereotypen“ die<br />

Rede. So wird letzterer Begriff auch in dieser Arbeit verwendet. Geschlechterstereotype als Eigenschaftskataloge<br />

für weibliche <strong>und</strong> männliche Individuen vernachlässigen verhaltensrelevante Aspekte eines Stereotyps sowie die<br />

Bedeutung der sozialen Situation (vgl. Hilgers, 1994, S. 54).


- 27 -<br />

plexität der Wirklichkeit könnte einer der Gründe für die Beständigkeit von Geschlechterrol-<br />

lenstereotypen liegen (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 15).<br />

Betrachtet man weitergehend die Bestandteile des männlichen bzw. weiblichen Geschlechter-<br />

rollenstereotyps, erhält man bereits Hinweise auf die Konnotation des MINT-Bereichs als<br />

männlich. So nennen Keller (1998, S. 33) <strong>und</strong> Flaake (2006, S. 30 f.) als Kennzeichen des<br />

männlichen Stereotyps Eigenschaften wie Aktivität, Durchsetzungsfähigkeit, Leistungsstre-<br />

ben, mathematische <strong>und</strong> technische Fähigkeiten, Unabhängigkeit <strong>und</strong> Dominanz. Diesem<br />

Leitbild gelungener Männlichkeit möglichst nahe zu kommen, geschieht über Prozesse der<br />

Hierarchisierung unter <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> sowie der Abgrenzung von <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong>. Als zentrale<br />

Felder für Männlichkeitsinszenierungen gelten dabei die Bereiche Sport <strong>und</strong> Technik. Von<br />

weiblich konnotierten Seiten einer Person, die mit Abhängigkeit <strong>und</strong> Schwäche, Un<strong>sich</strong>erhei-<br />

ten, Angst <strong>und</strong> Hilflosigkeit verb<strong>und</strong>en sind, wird Abstand genommen, ebenso von einem<br />

aktiven Bemühen um gute Schulleistungen, z. B. durch Fleiß <strong>und</strong> Aufmerksamkeit im Unter-<br />

richt, das nach An<strong>sich</strong>t der <strong>Jungen</strong> weiblich konnotiert ist (vgl. ebd., S. 30 f.).<br />

Folgt man dem weiblichen Geschlechterrollenstereotyp, sind Frauen emotional, sozialorien-<br />

tiert, passiv <strong>und</strong> verfügen über eine „praktische Intelligenz“ (vgl. Keller, 1998, S. 33). Flaake<br />

(2006, S. 34) postuliert, dass <strong>sich</strong> Frauen- <strong>und</strong> damit auch <strong>Mädchen</strong>bilder seit <strong>den</strong> 90er Jahren<br />

stark gewandelt haben <strong>und</strong> es gegenwärtig in öffentlichen Diskursen um „moderne <strong>Mädchen</strong><br />

als starke <strong>Mädchen</strong>“ geht. So wird in <strong>den</strong> Medien ein selbstbewusstes <strong>Mädchen</strong> gezeigt, das<br />

über <strong>sich</strong> <strong>und</strong> die Welt Bescheid weiß <strong>und</strong> seine Meinung sagt. 17 Aktivität <strong>und</strong> Eigenständig-<br />

keit sind damit mittlerweile selbstverständliche Elemente in gesellschaftlichen Weiblichkeits-<br />

bildern. Dennoch haben Vorstellungen von Schönheit <strong>und</strong> attraktiver Körperlichkeit noch<br />

immer einen großen Stellenwert. Auch für die Weiblichkeitsinszenierungen hat die gleichge-<br />

schlechtliche peer group eine große Bedeutung, im Gegensatz zu <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> geht es hier je-<br />

doch nicht um Inklusion <strong>und</strong> Exklusion, eher wer<strong>den</strong> unterschiedliche Konzepte von Weib-<br />

lichkeit verhandelt. Dabei sind Interessen an <strong>und</strong> gute Leistungen in Schulfächern, die als<br />

männlich konnotiert sind, etwa aus dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich, stö-<br />

rende Elemente <strong>und</strong> wer<strong>den</strong> abgelehnt (vgl. ebd., S. 34 ff.).<br />

Insbesondere tradierte Vorstellungen von Geschlechterdifferenzen, wie sie weiter oben bei-<br />

spielsweise auch durch die (nicht begründbare) Auffassung einer fehlen<strong>den</strong> mathematischen<br />

Begabung von <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen gegeben ist, haben Einfluss auf (Selbst-)Etikettierungen,<br />

17 <strong>Wie</strong> auch im Punkt 1.1.3 noch zu sehen sein wird, ist der Aspekt des hohen Selbstbewusstseins bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong><br />

neu. Inwieweit dieses auch im Kontext der Beschäftigung mit mathematisch-naturwissenschaftlichen Feldern<br />

zutrifft, bleibt an dieser Stelle offen. Bisherige Untersuchungen, die noch dargestellt wer<strong>den</strong>, weisen in<br />

Bezug darauf <strong>Mädchen</strong> ein geringes Selbstvertrauen zu.


- 28 -<br />

Deutungshorizonte von Erfahrungen <strong>und</strong> Interaktionen zwischen <strong>den</strong> Geschlechtern. Dies<br />

führt zu <strong>den</strong> eben beschriebenen Geschlechterrollenstereotypen <strong>und</strong> damit zusammenhängend<br />

auch zu vergeschlechtlichten Revieren des Wissens bzw. zu einer Vergeschlechtlichung von<br />

Tätigkeitsfeldern <strong>und</strong> Berufen (vgl. Schuster et al, 2004, S. 32; vgl. Schneider, 2009, S. 94).<br />

Bestimmte Fächer wer<strong>den</strong> als „weiblich“ <strong>und</strong> als „männlich“ festgelegt, z. B. durch Bezeich-<br />

nungen wie „harte“ <strong>und</strong> „weiche“ Wissenschaften:<br />

„So wird Technik allgemein als ,harte‘ Wissenschaft bezeichnet. Dies spiegelt auch <strong>den</strong><br />

androzentrischen Technikbegriff wider, der Technik weitgehend mit Maschinen gleich<br />

setzt <strong>und</strong> Frauen […] für technisch inkompetent erklärt. Kochen <strong>und</strong> Kindererziehung<br />

sind allerdings ebenfalls technische Tätigkeiten. Der androzentrische Technikbegriff beschreibt<br />

somit keineswegs objektiv bestimmte Tätigkeiten, sondern dient vielmehr als<br />

Maßstab für ihre geschlechtshierarchische Bewertung.“ (Schneider, 2009, S. 94).<br />

Entsprechend führen Schuster et al. (2004, S. 35 ff.) aus, dass mit Technik vor allem die Be-<br />

reiche assoziiert sind, in <strong>den</strong>en Männer tätig sind, nämlich Entwicklung, mathematisches <strong>und</strong><br />

naturwissenschaftliches Gr<strong>und</strong>lagenwissen sowie Reparatur, <strong>und</strong> somit zur männlich konno-<br />

tierten Technikkultur ein eingeschränkter Technikbegriff gehört. Die Konstruktion von<br />

„Männlichkeit <strong>und</strong> Technik“ wird erst durch die Trennung von Entwicklung, Erfindung, Re-<br />

paratur von Nutzung <strong>und</strong> Bedienung technischer Geräte ermöglicht. Neben dem Fachbereich<br />

Technik lässt <strong>sich</strong> als Beispiel für ein kulturell geprägtes Berufsbild das des Ingenieurs oder<br />

Naturwissenschaftlers anführen, das männlich konnotiert ist. Dabei findet eine solche Konno-<br />

tation sowohl durch die Männer als auch durch die Frauen statt.<br />

Mit Schuster et al. (ebd., S. 34) lässt <strong>sich</strong> zusammenfassen, dass die dem kulturellen Bild von<br />

Weiblichkeit entsprechen<strong>den</strong> Geschlechterrollenstereotype, wie soziale Kompetenzen <strong>und</strong><br />

Emotionalität, aber auch die weiter oben genannten, einen Gegensatz zur kulturellen Deutung<br />

von Technik <strong>und</strong> Naturwissenschaft – <strong>und</strong> es ließe <strong>sich</strong> Mathematik ergänzen – bil<strong>den</strong>. Diese<br />

Fachbereiche wer<strong>den</strong> <strong>den</strong> Männern zugeordnet <strong>und</strong> mit männlichen Attributionen konnotiert,<br />

wie z. B. Rationalität, Objektivität <strong>und</strong> Abstraktion.<br />

Diese Geschlechterrollenstereotype spielen im Prozess des Heranwachsens in allen lebensge-<br />

schichtlichen Phasen eine Rolle, insbesondere aber in der Adoleszenz beim Mann- bzw. Frau-<br />

Wer<strong>den</strong>. Dabei setzen <strong>sich</strong> Jugendliche mit Geschlechterbildern <strong>und</strong> Geschlechterverhältnis-<br />

sen auseinander <strong>und</strong> der Druck zur Konformität mit tradierten Geschlechterrollenmustern<br />

verstärkt <strong>sich</strong>. Abweichungen von kulturellen Normierungen bzw. „geschlechtsuntypisches<br />

Verhalten“ können einen Verlust an sozialer Anerkennung, eine Beeinträchtigung der Selbst-<br />

wertgefühle <strong>und</strong> konflikthafte I<strong>den</strong>tifikationsprozesse zur Folge haben. Insbesondere Frauen,


- 29 -<br />

die Interesse am MINT-Bereich zeigen, laufen Gefahr, „unweiblich“ zu gelten (vgl. ebd., S.<br />

33 ff.; vgl. Flaake, 2006, S. 29 ff.).<br />

Da Geschlechterrollenstereotype als kognitive Wissensbestände während der Sozialisation<br />

erworben wer<strong>den</strong> (vgl. Keller, 1998, S. 34), wird im Folgen<strong>den</strong> die Bedeutung von Sozialisa-<br />

tionsinstanzen, insbesondere der Familie <strong>und</strong> Schule, für die Abstinenz der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong><br />

Frauen vom MINT-Bereich dargelegt.<br />

2.2.2 Externale Faktoren: Sozialisationseinflüsse<br />

„Mit der Sprache erwerben die Kinder die Kenntnisse über die Geschlechterzuordnung<br />

des Symbolsystems der Zweigeschlechtlichkeit. Im Alltag erfahren sie durch eigene Beobachtungen,<br />

Aussagen anderer Personen oder über Medien [] Hinweise über ´typische´<br />

Eigenschaften der Geschlechter. Die Geschlechterstereotype entstehen aber erst durch<br />

Einordnung dieser Eigenschaften <strong>und</strong> Verhaltensweisen in die männliche oder weibliche<br />

Geschlechterkategorie. Die Regeln dieser Einordnung wer<strong>den</strong> durch wichtige Sozialisationsinstanzen<br />

wie Eltern, Lehrpersonen, Gleichaltrige <strong>und</strong> Medien geliefert.“ (Keller,<br />

1998, S. 34).<br />

Zudem wird auch das Individuum selbst sehr früh aufgr<strong>und</strong> seines biologischen Geschlechts<br />

in die Gesellschaft eingeordnet, was eine geschlechtsspezifische Sozialisation ermöglicht. Bei<br />

der familiären <strong>und</strong> schulischen Sozialisation kommt dabei Rollenmodelleinflüssen eine be-<br />

deutende Funktion zu. Gerade in <strong>den</strong> Fächern Mathematik, Naturwissenschaften <strong>und</strong> Technik<br />

ist jedoch ein Mangel an weiblichen Rollenmodellen festzustellen. So wird in der Schule fort-<br />

geschrittener Mathematik- oder Physikunterricht häufig von einer männlichen Lehrkraft er-<br />

teilt. Es sind deshalb vor allem „effektive“ Rollenmodelle nötig, d. h. mathematisch-technisch<br />

begabte <strong>und</strong> interessierte Frauen, die nicht als unweiblich erlebt wer<strong>den</strong>, um <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong><br />

Frauen an <strong>den</strong> MINT-Bereich heranzuführen (vgl. Beermann, Heller & Menacher, 1992, S. 54<br />

ff.). Jahnke-Klein (2001, S. 16) hält überdies fest, dass das Fehlen solcher Modelle wiederum<br />

zur Stereotypsierung des MINT-Bereichs als männliche Domäne beiträgt.<br />

Die Einstellungen <strong>und</strong> Erwartungen der Eltern stehen in einer engen Verbindung mit <strong>den</strong> Rol-<br />

lenmodelleffekten. Dabei beeinflussen die Aufgabenverteilung im Elternhaus zwischen Mut-<br />

ter <strong>und</strong> Vater sowie die Geschlechterrollenvorstellungen der Eltern das Interesse eines Mäd-<br />

chens für „typische“ bzw. „untypische“ Hobbies, Studiengänge oder Berufe. Untersuchungen<br />

zeigen beispielsweise, dass die Berufstätigkeit der Mutter eine Rolle für die Wahl von jungen<br />

Frauen für Fächer des MINT-Bereichs spielt. <strong>Mädchen</strong>, deren Mütter jedoch eine traditionelle<br />

Rolle für <strong>sich</strong> <strong>und</strong> ihre Töchter einnehmen, zeigen eher das geschlechtstypische Wahlverhal-<br />

ten. Zudem konnte festgestellt wer<strong>den</strong>, dass schon die Hilfe bei Hausaufgaben zur Stereotypi-<br />

sierung von Mathematik, Naturwissenschaft <strong>und</strong> Technik als männliche Domäne beiträgt,<br />

indem nämlich der Vater in der Regel bei Fachgebieten hilft, die männlich konnotiert sind, die


- 30 -<br />

Mutter hingegen bei <strong>den</strong> übrigen Hausaufgaben, vor allem bei Sprachen (vgl. Beermann, Hel-<br />

ler & Menacher, 1992, S. 57).<br />

Weiterhin steht fest, dass die Interessen <strong>und</strong> Aktivitäten in der frühen Kindheit bereits eine<br />

Rolle für die Entwicklung von Fähigkeiten spielen, die für gute Leistungen in Mathematik<br />

<strong>und</strong> Physik nötig sind. <strong>Jungen</strong> haben einen signifikant häufigeren Umgang mit technischem<br />

Spielzeug, Werken <strong>und</strong> Baukästen <strong>und</strong> dadurch einen für die <strong>Mädchen</strong> später schwer aufzuho-<br />

len<strong>den</strong> Erfahrungsvorsprung. Entsprechend berichten junge Frauen mit einer Ausbildung im<br />

naturwissenschaftlich-technischen Bereich häufig über männliche <strong>und</strong> androgyne Jugendakti-<br />

vitäten (vgl. ebd., S. 57). Insbesondere sind die handwerklich-technischen Hobbies <strong>und</strong> Beru-<br />

fe der Väter bedeutsam, die maßgeblich die Auswahl von <strong>und</strong> <strong>den</strong> Zugang zu bestimmten<br />

(Spiel-)Materialien <strong>und</strong> Werkzeugen bestimmen <strong>und</strong> ihren Kindern technische Kompetenzen<br />

vermitteln (vgl. Schuster et al., 2004, S. 39).<br />

Ebenso konnte in Untersuchungen gezeigt wer<strong>den</strong>, dass viele Väter von Töchtern, die ein in-<br />

genieurswissenschaftliches Studium aufgenommen haben, einen handwerklich-technischen<br />

Beruf ausüben, vielfach selbst Ingenieure sind (vgl. ebd., S. 39). In <strong>den</strong> PISA-Erhebungen<br />

wurde ebenfalls der Einfluss des Elternhauses auf die Entwicklung von mathematischem bzw.<br />

naturwissenschaftlichem Interesse, Selbstkonzept bzw. <strong>den</strong> fachlichen Kompetenzen <strong>und</strong> Be-<br />

rufserwartungen in diesen Bereichen untersucht. So hält Ehmke (2004, S. 242) auf der Gr<strong>und</strong>-<br />

lage von PISA 2003 fest, dass die familiäre Wertschätzung von Mathematik im Elternhaus<br />

unter anderem mit dem Selbstkonzept, mit Freude <strong>und</strong> Interesse, mit instrumenteller Motiva-<br />

tion, Elaboration <strong>und</strong> mit Selbstregulation auf SchülerInnenseite positiv korreliert. Für <strong>den</strong><br />

Leistungsdruck im Elternhaus fin<strong>den</strong> <strong>sich</strong> dagegen positive Zusammenhänge mit Angst <strong>und</strong><br />

kompetitiver Leistungsmotivation in Mathematik. Somit beeinflusst das Elternhaus die affek-<br />

tiv-motivationale Entwicklung von SchülerInnen im Fach Mathematik. Der Einfluss der El-<br />

tern im Bereich der Naturwissenschaften wurde in PISA 2006 untersucht. Dabei konnte fest-<br />

gestellt wer<strong>den</strong>, dass <strong>sich</strong> sowohl im Durchschnitt der OECD-Staaten als auch speziell für<br />

Deutschland ein bedeutsamer Unterschied in <strong>den</strong> naturwissenschaftlichen Kompetenzen der<br />

Kinder in Abhängigkeit davon zeigt, ob beide Eltern einen naturwissenschaftlichen Beruf<br />

ausüben oder kein Elternteil dies tut. In Deutschland erzielen die <strong>Mädchen</strong> eine höhere natur-<br />

wissenschaftliche Kompetenz, wenn nur ein Elternteil einen naturwissenschaftlichen Beruf<br />

ausübt; dagegen lässt <strong>sich</strong> bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> nur ein signifikanter Kompetenzunterschied fest-<br />

stellen, wenn der Vater einen Beruf mit Bezug zu <strong>den</strong> Naturwissenschaften aufweist. Dies<br />

zeigt <strong>sich</strong> auch bei <strong>den</strong> Berufserwartungen der Jugendlichen: <strong>Jungen</strong> orientieren <strong>sich</strong> eher an<br />

der Berufsrolle des Vaters <strong>und</strong> äußern eine entsprechende Berufsvorstellung, wenn der Vater


- 31 -<br />

einen naturwissenschaftlichen Beruf ausübt. Entgegen der von Schuster et al. (2004, S. 39)<br />

festgestellten, weiter oben bereits dargestellten Bef<strong>und</strong>e, dass Töchter mit einem ingenieurs-<br />

wissenschaftlichen Studium vielfach Väter mit einem handwerklich-technischen Beruf haben,<br />

wurde in PISA 2006 herausgestellt, dass <strong>sich</strong> in Deutschland in der naturwissenschaftlichen<br />

Berufsvorstellung der <strong>Mädchen</strong> keine signifikanten Unterschiede in Abhängigkeit von der<br />

elterlichen Berufsgruppe feststellen lassen. Weitere Bef<strong>und</strong>e waren, dass für die naturwissen-<br />

schaftliche Kompetenzausprägung bzw. Berufsvorstellung sowohl der <strong>Mädchen</strong> als auch der<br />

<strong>Jungen</strong> die elterliche Karriereerwartung eine Rolle spielt, hingegen ist die Einschätzung der<br />

Eltern hin<strong>sich</strong>tlich der allgemeinen Wichtigkeit der Naturwissenschaften <strong>und</strong> hin<strong>sich</strong>tlich der<br />

persönlichen Wertschätzung von Naturwissenschaften nicht von Bedeutung (vgl. Maurischat,<br />

Taskinen & Ehmke, 2007, S. 220 f.).<br />

Eine wichtige Rolle spielen wiederum die elterlichen subjektiven Ursachenzuschreibungen<br />

bei der Entstehung von Interesse <strong>und</strong> bei der Leistungsentwicklung. In Untersuchungen konn-<br />

te festgestellt wer<strong>den</strong>, dass Eltern Leistungserfolge ihrer Töchter bevorzugt mit Fleiß <strong>und</strong> An-<br />

strengung, die der Söhne hingegen mit Fähigkeiten <strong>und</strong> Begabung erklärten. Zudem schätzen<br />

Mütter <strong>und</strong> Väter die Anstrengung sowie die Schwierigkeit der Aufgabe für ihre Töchter hö-<br />

her ein als für ihre Söhne <strong>und</strong> erachteten die Tragweite der Mathematik für ihre Söhne rele-<br />

vanter als für die Töchter. Allgemein wer<strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> in Bezug auf elterliche Unterstützung<br />

<strong>und</strong> Erwartungen bevorzugt. Gleichzeitig kann festgehalten wer<strong>den</strong>, dass die Selbstwahrneh-<br />

mungen, Erwartungen <strong>und</strong> Bewertungen der Aufgabenschwierigkeit von Kindern sowohl mit<br />

ihrer Wahrnehmung der Einstellungen <strong>und</strong> Erwartungen der Eltern als auch mit der tatsächli-<br />

chen Einschätzung der Eltern bezüglich der Fähigkeiten ihres Kindes korrelieren. Dies legt<br />

nahe, dass Eltern die Leistungen ihrer Kinder eher durch ihre Erwartungen hin<strong>sich</strong>tlich der<br />

Begabung ihrer Kinder als durch Rollenmodelle beeinflussen. Durch die unterschiedliche<br />

Leistungsattribution vermitteln sie ihren Kindern unterschiedliche Einstellungs- <strong>und</strong> Erklä-<br />

rungsmuster für ihre Leistungsfähigkeit. Durch <strong>den</strong> Prozess der Internalisierung wird insbe-<br />

sondere das Begabungsselbstkonzept, allgemein <strong>und</strong> speziell in Hin<strong>sich</strong>t auf mathematisch-<br />

naturwissenschaftliche Fächer, von jungen Frauen negativ beeinflusst (vgl. Beermann, Heller<br />

& Menacher, 1992, S. 57 ff.).<br />

Bei LehrerInnen sind ähnliche Attributionsmuster wie bei <strong>den</strong> Eltern nachgewiesen wor<strong>den</strong>.<br />

So ist in verschie<strong>den</strong>en Untersuchungen festgestellt wor<strong>den</strong>, dass <strong>Mädchen</strong> in der Schule vor<br />

allem für Fleiß <strong>und</strong> Sorgfalt gelobt wer<strong>den</strong>, <strong>Jungen</strong> dagegen für gute Leistungen <strong>und</strong> dass<br />

<strong>Jungen</strong> generell <strong>und</strong> in Bezug auf naturwissenschaftliche Fächer als begabter als <strong>Mädchen</strong>


- 32 -<br />

eingestuft wer<strong>den</strong>, auch bei i<strong>den</strong>tischer Leistung. Daher wird vermutet, dass Lehrkräfte offen-<br />

<strong>sich</strong>tlich eine geschlechterstereotype Wahrnehmung von Begabungsunterschie<strong>den</strong> haben, die<br />

im Zusammenhang damit steht, dass sie Naturwissenschaften als männliche Disziplinen anse-<br />

hen (vgl. ebd., S. 61 f.).<br />

Auch Schuster et al. (2004, S. 44 f.) bestätigen, dass die Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Bewertungs-<br />

prozesse von LehrerInnen häufig noch – <strong>und</strong> meist unbemerkt – durch die herrschen<strong>den</strong> Ge-<br />

schlechterrollenstereotypisierungen geprägt sind. Diese führen dazu, dass Lehrkräfte be-<br />

stimmte Verhaltensweisen von SchülerInnen erwarten. Beispielsweise wird im naturwissen-<br />

schaftlichen Unterricht bei <strong>Mädchen</strong> weniger Interesse vorausgesetzt als bei <strong>Jungen</strong>. <strong>Mädchen</strong><br />

selbst wiederum richten ihr Verhalten an der sozialen Erwünschtheit bzw. ihre Leistungsein-<br />

schätzung an <strong>den</strong> Kompetenzzuschreibungen der Lehrkräfte aus. Die Einstellungen der Lehr-<br />

kräfte beeinflussen somit das Selbstbild von SchülerInnen <strong>und</strong> dadurch nachhaltig das Lern-<br />

verhalten.<br />

Erwähnenswert in diesem Kontext ist ferner, dass die geschlechtstypischen Fähigkeitszu-<br />

schreibungen der Lehrkräfte bei älteren SchülerInnen stark ausgeprägt sind <strong>und</strong> möglicher-<br />

weise einflussreicher sind als die der Eltern. In Bezug auf Rollenmodelle kann aber nicht nur<br />

eine kompetente <strong>und</strong> gleichzeitig „weibliche“ Lehrerin das Interesse der <strong>Mädchen</strong> am MINT-<br />

Bereich steigern, sondern auch ein Lehrer kann dies bewirken, wenn er zum Ausdruck bringt,<br />

dass es <strong>sich</strong> nicht widerspricht, Frau zu sein <strong>und</strong> Interesse an Mathematik, Informatik, Natur-<br />

wissenschaft <strong>und</strong> Technik zu haben 18 (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 19).<br />

Im Kontext Schule haben nicht nur Lehrkräfte einen Einfluss auf die Einstellungen <strong>und</strong> die<br />

Leistungsentwicklung von SchülerInnen bezüglich der Fächer im MINT-Bereich, selbst das<br />

Schulbuch leistet einen Beitrag dazu. So zeigt eine Analyse der Inhalte von deutschen Schul-<br />

büchern, dass <strong>sich</strong> Geschlechterrollenstereotypisierungen auch hier niederschlagen:<br />

„Dabei ist nicht nur von Bedeutung, welches Frauen- <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong>bild <strong>den</strong> Schülerinnen<br />

vermittelt wird, sondern, <strong>und</strong> dies gilt insbesondere im Bereich der Technik, was ihnen an<br />

Wissen vorenthalten wird.“ (Beermann, Heller & Menacher, 1992, S. 62).<br />

Jahnke-Klein (2001, S. 19 f.) hält in Rückgriff auf verschie<strong>den</strong>e Untersuchungen fest, dass<br />

eine Bewegung im Schulbuchmarkt ist. Während Schulbücher in <strong>den</strong> 1970er <strong>und</strong> 1980er Jah-<br />

ren noch sehr stark Geschlechterrollenstereotype transportierten, so etwa <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> Männer<br />

als aktiv, wissenschaftlich <strong>und</strong> technisch interessiert <strong>und</strong> versiert, <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen als<br />

18 Jahnke-Klein äußert <strong>sich</strong> dabei in Bezug auf Untersuchungsergebnisse, die Beermann, Heller <strong>und</strong> Menacher<br />

(1992, S. 56) beschreiben, dass es nämlich Hinweise gibt, dass Frauen mit atypischer Fächerwahl <strong>sich</strong> primär am<br />

Vater als Rollenmodell orientieren. Dies steht wiederum im Widerspruch mit <strong>den</strong> zuvor dargestellten Ergebnissen<br />

von PISA 2006, dass bei <strong>Mädchen</strong> kein Zusammenhang von naturwissenschaftlicher Berufsvorstellung <strong>und</strong><br />

elterlicher Berufsgruppe besteht. Die Untersuchungsergebnisse zur Wirkung des Vaters bzw. allgemein eines<br />

Mannes als Rollenmodell für die <strong>Mädchen</strong> sind demnach widersprüchlich.


- 33 -<br />

passiv <strong>und</strong> für „untergeordnete Dienste“ (Küche, Einkauf, Wäsche, Kinder) zuständig dar-<br />

stellten, haben <strong>sich</strong> diejenigen aus <strong>den</strong> 90er Jahren in Bezug darauf verbessert. Zwar kommen<br />

berufstätige Frauen in neueren Büchern häufiger vor, die Darstellung weiblicher Berufstätig-<br />

keit entspricht jedoch längst nicht der gesellschaftlichen Realität. <strong>Mädchen</strong> wer<strong>den</strong> öfter in<br />

„untypischen“ Situationen gezeigt, während aber die Darstellung der <strong>Jungen</strong> dem traditionel-<br />

len Bild verhaftet bleibt. Zudem liegt auch in <strong>den</strong> 1990er Jahren der Frauenanteil bei nur<br />

knapp 30 %; Männer <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> dominieren in Text <strong>und</strong> Bild. 19 Tanzberger (2003, S. 34)<br />

hält fest, dass auch in aktuellen Mathematikschulbüchern <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen noch nicht zu<br />

50 % repräsentiert sind. So fehlen neben <strong>den</strong> berühmten männlichen Mathematikern <strong>und</strong> be-<br />

kannten Männern „große Frauen“ <strong>und</strong> insbesondere Mathematikerinnen in <strong>den</strong> Büchern.<br />

Frauen <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> wer<strong>den</strong> sprachlich nicht <strong>sich</strong>tbar gemacht <strong>und</strong> erhalten wesentlich we-<br />

niger berufliche I<strong>den</strong>tifikationsangebote. 20<br />

Neben dem Schulbuch unterstützen auch Curricula <strong>und</strong> didaktische Materialien die geschlech-<br />

terstereotypen Images von Fächern des MINT-Bereichs. So sind Stoffvermittlung <strong>und</strong> Inhalte<br />

des naturwissenschaftlichen Unterrichts eher an der Lebenswelt der <strong>Jungen</strong> orientiert <strong>und</strong> be-<br />

rück<strong>sich</strong>tigen kaum die Lerninteressen <strong>und</strong> Erfahrungsbereiche der <strong>Mädchen</strong>. Beispielsweise<br />

zeigen <strong>Mädchen</strong> ein großes Interesse an Naturphänomenen sowie Themen, die einen Bezug<br />

zum menschlichen Körper oder zur gesellschaftlichen Bedeutung von Physik aufweisen, was<br />

in <strong>den</strong> meisten Lehrplänen aber wenig Berück<strong>sich</strong>tigung findet. <strong>Jungen</strong> dagegen interessieren<br />

<strong>sich</strong> für technische Geräte <strong>und</strong> Versuchsaufbauten. Mehr Interesse als für andere naturwissen-<br />

schaftliche Fächer zeigen <strong>Mädchen</strong> dagegen für Biologie, wo sie die Unterrichtsinhalte als<br />

lebenspraktisch empfin<strong>den</strong> <strong>und</strong> Verbindungen zwischen <strong>den</strong> besprochenen Themen <strong>und</strong> ihrer<br />

eigenen Lebenswelt herstellen können (vgl. Schuster et al., 2004, S. 42 f.). Es kann festgehal-<br />

ten wer<strong>den</strong>, dass <strong>Mädchen</strong><br />

„also kein prinzipielles Desinteresse an Naturwissenschaften <strong>und</strong> Technik [haben]. Vielmehr<br />

verlieren sie ihr Interesse im Laufe der Zeit, da sie in ihrer Sozialisation kaum positive<br />

Technikerfahrungen vermittelt bekommen <strong>und</strong> die in der Schule vermittelten Themen<br />

ihrem Lebens- <strong>und</strong> Relevanzbereich nicht entsprechen.“ (ebd., S. 43)<br />

Dies kann in ähnlicher Weise auch für <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> angenommen wer<strong>den</strong>. So<br />

gibt es seit längerer Zeit zumindest Vermutungen darüber, dass im <strong>Mathematikunterricht</strong> die<br />

Interessen <strong>und</strong> Bedürfnisse der <strong>Mädchen</strong> hin<strong>sich</strong>tlich der Unterrichtsinhalte <strong>und</strong> –metho<strong>den</strong><br />

zu wenig berück<strong>sich</strong>tigt wer<strong>den</strong> (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 21).<br />

19 Immerhin wurde 1994 zum ersten Mal ein Mathematikbuch als mädchenfre<strong>und</strong>lich ausgezeichnet. Dabei handelte<br />

es <strong>sich</strong> um „Schnittpunkt“ von Klett für das 5. Schuljahr in Niedersachsen (vgl. Effe-Stumpf, 1995, S. 5).<br />

20 Tanzberger bezieht <strong>sich</strong> hier vermutlich auf Mathematikbücher, die in Österreich verwendet wer<strong>den</strong>. Sie<br />

macht keine weiteren Angaben z. B. in Bezug auf <strong>den</strong> Namen, Verlag oder <strong>den</strong> Schuljahrgang, für <strong>den</strong> die Bücher<br />

vorgesehen sind.


- 34 -<br />

Ferner konnten in Bezug auf die Interaktionsstruktur im koedukativen Unterricht Geschlech-<br />

terdifferenzen herausgestellt wer<strong>den</strong>. Bestätigt durch zahlreiche Untersuchungen der Bil-<br />

dungsforschung ist die unreflektierte alltägliche Konstruktion von sozialem Geschlecht durch<br />

Interaktionen von LehrerInnen <strong>und</strong> SchülerInnen eines der größten Hindernisse für tatsächli-<br />

che Gleichberechtigung in Schulen. So belegen Interaktionsstudien massive geschlechtsspezi-<br />

fische Unterschiede im Verhalten von Lehren<strong>den</strong> gegenüber Lernen<strong>den</strong>, was unter anderem<br />

die unterschiedliche Wahrnehmung <strong>und</strong> Behandlung sowie die unterschiedliche Rückmeldung<br />

von <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> auf ihr schulisches Verhalten betrifft. Als Beispiel kann hier das<br />

Ergebnis einer Erhebung in Deutschland unter Mathematik- <strong>und</strong> Physiklehrkräften angeführt<br />

wer<strong>den</strong>, die von Begabungsunterschie<strong>den</strong> zwischen <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> überzeugt waren,<br />

was <strong>sich</strong> auf das Leistungsselbstkonzept <strong>und</strong> die Erfolgszuver<strong>sich</strong>t der SchülerInnen auswirk-<br />

te – bei <strong>Mädchen</strong> besonders ungünstig (vgl. Schneider, 2009, S. 95). Desweiteren zeigen Un-<br />

tersuchungen, dass <strong>Jungen</strong> häufiger aufgerufen wer<strong>den</strong> als <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> dass <strong>Jungen</strong> beson-<br />

ders stark das Unterrichtsgeschehen in <strong>den</strong> mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern<br />

dominieren. Von einer formalen Gleichbehandlung der Geschlechter als dem eigentlichen<br />

Zielanspruch der Koedukation 21 – kann somit nicht die Rede sein (vgl. Beermann, Heller &<br />

Menacher, 1992, S. 63 ff.).<br />

Konform dazu resümiert Jahnke-Klein (2001, S. 23), dass koedukativer Unterricht geschlech-<br />

terstereotype Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen zu verstärken scheint. So nimmt das Inte-<br />

resse an <strong>den</strong> als männlich konnotierten Disziplinen bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> ab, bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> hin-<br />

gegen zu. Andersherum verhält es <strong>sich</strong> beim Interesse an Deutsch <strong>und</strong> Fremdsprachen. Dies<br />

ist ein Gr<strong>und</strong> dafür, dass der koedukative Unterricht in <strong>den</strong> vergangenen Jahren noch einmal<br />

in Frage gestellt wor<strong>den</strong> ist. Bestärkend wirken Untersuchungen mit SchülerInnen von koe-<br />

dukativen Schulen im Vergleich zu Schülerinnen von reinen <strong>Mädchen</strong>schulen. So konnte un-<br />

ter anderem nachgewiesen wer<strong>den</strong>, dass im 12. Jahrgang Schülerinnen von <strong>Mädchen</strong>schulen<br />

an Technik, Mathematik <strong>und</strong> Naturwissenschaften mehr Interesse haben als Schülerinnen von<br />

koedukativen Schulen, wobei jene in Mathematik sogar die Werte der Schüler erreichen. Zu-<br />

dem sind die Schülerinnen der <strong>Mädchen</strong>schulen überzeugter von ihren eigenen Fähigkeiten<br />

<strong>und</strong> zeigen eine weniger geschlechtstypische Präferenz für die Leistungskurswahl <strong>und</strong> Aus-<br />

bildungswünsche als die koedukativ unterrichteten Schülerinnen (vgl. Beermann, Heller &<br />

Menacher, 1992, S. 68). Ausgehend von einer eigenen Untersuchung vermutet Kessels, dass<br />

monoedukative Lerngruppen deshalb erfolgreich sind, weil „<strong>Mädchen</strong> in diesen Gruppen<br />

21 An dieser Stelle erscheint eine Darstellung der Koedukationsdebatte der letzten Jahrzehnte angemessen. Um<br />

<strong>den</strong> Rahmen dieser Arbeit einzuhalten, wird darauf verzichtet. Stattdessen wer<strong>den</strong> hier zumindest einige Kritikpunkte<br />

der Koedukation angedeutet.


- 35 -<br />

zeitweilig vergessen, dass sie <strong>Mädchen</strong> sind <strong>und</strong> deshalb <strong>den</strong> maskulin konnotierten Unter-<br />

richtsinhalten gegenüber aufgeschlossener sind als in gemischten Gruppen“ (Kessels, 2005, S.<br />

161). 22<br />

Schließlich wird hier auf <strong>den</strong> deutschen <strong>Mathematikunterricht</strong> hingewiesen, in dem immer<br />

noch der fragend-entwickelnde Unterricht 23 dominiert. Helga Jungwirth hat das Verhalten von<br />

<strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> in einem solchen Unterricht untersucht <strong>und</strong> herausgestellt, dass die jun-<br />

gentypischen Modifikationen der im fragend-entwickeln<strong>den</strong> Unterricht üblichen Interakti-<br />

onsmuster <strong>den</strong> Ablauf des Unterrichtsgesprächs perfektionieren, bei <strong>den</strong> mädchentypischen<br />

Modifikationen dagegen wird das fragend-entwickelnde Gr<strong>und</strong>muster eher gestört. Ein gutes<br />

Zusammenspiel zwischen Schüler bzw. Schülerin <strong>und</strong> Lehrkraft signalisiert jedoch mathema-<br />

tische Kompetenz auf Seiten der SchülerInnen (vgl. Jungwirth, 1995, S. 60).<br />

Insbesondere in Situationen, in <strong>den</strong>en es um Nichtwissen oder Nichtverstehen der SchülerIn-<br />

nen geht, zeigen <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> ein unterschiedliches Verhalten. <strong>Jungen</strong> stellen diese<br />

Situationen nicht als Defizit, sondern nur als momentane Un<strong>sich</strong>erheit, vorübergehen<strong>den</strong><br />

Konzentrationsmangel oder bloßen Irrtum dar. Sie signalisieren gedankliche Arbeit in Form<br />

von Rekapitulieren, Überlegen, Abwägen. Dadurch wird der Eindruck von Kompetenz auf-<br />

recht erhalten. Bei <strong>Mädchen</strong> hingegen wer<strong>den</strong> Wissens- <strong>und</strong> Verständnismängel überdeutlich<br />

<strong>sich</strong>tbar. Sie bleiben häufig bei ihrem Lösungsweg, wobei die Lehrperson in einem fragend-<br />

entwickeln<strong>den</strong> Unterricht zum richtigen Ergebnis führen möchte. Schülerinnen schweigen<br />

aber eher, als die Hinweise der Lehrperson aufzugreifen (vgl. Jungwirth, 1991, S. 154 ff.).<br />

Wenn die Verwendung der Versuch-Irrtum-Methode gefordert wird, sind <strong>Mädchen</strong> weniger<br />

aktiv als <strong>Jungen</strong> am Interaktionsprozess beteiligt. „Ihre typische Reaktion auf nicht eindeutig<br />

beantwortbare Fragen scheint ein abwartendes Schweigen zu sein“ (ebd., S. 149).<br />

Ein weiterer Punkt ist, dass <strong>Mädchen</strong> in Übungs- <strong>und</strong> <strong>Wie</strong>derholungsphasen häufig überkom-<br />

plette, d. h. vollständige Antworten geben. Die Reaktion der Lehrperson besteht darin, die<br />

bereits genannten Aspekte nochmals abzufragen. Dadurch <strong>und</strong> durch <strong>den</strong> in der Regel auftre-<br />

22 Diese Vermutung äußert Kessels (2005, S. 160 f.) mit Rückgriff auf das Modell des „dynamischen Selbst“<br />

nach Hannover. Demnach verfügen Personen über verschie<strong>den</strong>e I<strong>den</strong>titätsaspekte, die je nach Situation aktiviert<br />

wer<strong>den</strong>. Dabei wird die Geschlechtsi<strong>den</strong>tität, also das Selbstwissen als <strong>Mädchen</strong> bzw. Junge, in monoeduaktiven<br />

Gruppen weniger stark aktiviert als in koedukativen Gruppen, was insbesondere eben Auswirkungen auf das<br />

Engagement von <strong>Mädchen</strong> im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht hat.<br />

23 Der Gr<strong>und</strong>gedanke dieser Unterrichtsform besteht darin, nicht zu belehren, sondern möglichst viele Ideen von<br />

<strong>den</strong> SchülerInnen selbst hervorbringen zu lassen <strong>und</strong> dadurch das eigenständige Denken zu fördern. Im Schulalltag<br />

ist jedoch eine Abweichung von diesem ursprünglichen Sinn zu beobachten: So erfolgt die typische Interaktionsstruktur<br />

nach dem Schema „Frage – Antwort – Bewertung der Antwort“. Dadurch, dass die Lehrperson die<br />

Antworten schon kennt, wird lediglich die Fähigkeit oder Bereitschaft der SchülerInnen überprüft, auf die Fragen<br />

zu antworten. Die Reaktion der Lehrperson auf einzelne Schülerbeiträge wird dadurch bestimmt, inwieweit<br />

diese mit dem geplanten Unterrichtsverlauf übereinstimmen (vgl. Jungwirth, 1994a, S. 138, zitiert in Jahnke-<br />

Klein, 1998, S. 40). Die negativen Folgen dieses Vorgehens sind vielfältig (s. dazu Jahnke-Klein, 1998, S. 41 f.).


- 36 -<br />

ten<strong>den</strong> Fall, dass die überkomplette Darstellung nicht explizit honoriert wird, entsteht nicht<br />

der Eindruck besonderer Kompetenz, sondern eher, dass <strong>sich</strong> die <strong>Mädchen</strong> nicht klar genug<br />

ausdrücken können (vgl. Jungwirth, 1995, S. 60; vgl. Jungwirth, 1991, S. 163 f.).<br />

2.2.3 Internale Faktoren: Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen<br />

Laut Jahnke-Klein (2001, S. 148) wurde durch die Untersuchungen von Jungwirth die Eigen-<br />

beteiligung der <strong>Mädchen</strong> an der Konstruktion des Bildes von „Weiblichkeit“ im Umgang mit<br />

Mathematik deutlich. Dies zeigte <strong>sich</strong> auch in ihrer eigenen Studie (s. 3.1.1). Die Beteiligung<br />

an der Konstruktion der Stereotype geschieht dabei dadurch, dass die <strong>Mädchen</strong> <strong>sich</strong> im Unter-<br />

richt so verhalten, als seien sie im Fach Mathematik weniger kompetent (vgl. Jahnke-Klein,<br />

2008b, S. 25 ff.).<br />

Eine Erklärung für das Verhalten der <strong>Mädchen</strong> besteht für Jahnke-Klein (2001, S. 149; 2008b,<br />

S. 22 f.) im fehlen<strong>den</strong> Vertrauen vieler <strong>Mädchen</strong> in ihre mathematische Befähigung, das mit<br />

der Zuschreibung der Mathematik zum männlichen Geschlecht in Zusammenhang steht. 24<br />

Denn die Entwicklung des Fähigkeitsselbstkonzepts sowie danach die Ausdifferenzierung von<br />

Interessen erfolgt laut Faulstich-<strong>Wie</strong>land (2004, S. 7) auf der Basis des „doing gender“, d. h.<br />

danach, was als geschlechtsadäquat gilt. Neben dem Selbstvertrauen <strong>und</strong> dem Interesse ist bei<br />

der Ausschöpfung des eigenen Leistungspotentials auch die Überzeugung des Nutzens der<br />

dort gelernten Inhalte für das weitere Fortkommen von Bedeutung. Weiter oben (s. 2.1.2)<br />

wurde anhand der Ergebnisse der vergleichen<strong>den</strong> Schulleistungsforschung (PISA <strong>und</strong><br />

TIMSS) detailliert dargelegt, dass sowohl in <strong>den</strong> Naturwissenschaften als auch in Mathematik<br />

die <strong>Jungen</strong> höhere Werte erreichen, was das Fähigkeitsselbstkonzept <strong>und</strong> die Selbstwirksam-<br />

keitserwartung, das Interesse <strong>und</strong> die Einstellung zum Fach sowie motivationale Orientierun-<br />

gen betrifft. Ausnahmen bestan<strong>den</strong> nur bei der Messung weniger einzelner Faktoren, bei de-<br />

nen keine Geschlechterdifferenzen festgestellt wer<strong>den</strong> konnten. Das Ergebnis kann dabei für<br />

die gesamte Schullaufbahn angenommen wer<strong>den</strong>.<br />

Diese ungünstige Lage der <strong>Mädchen</strong> im Hinblick auf mathematisch-naturwissenschaftliche<br />

Fächer lässt <strong>sich</strong> durch weitere Untersuchungen bestätigen. Beispielsweise wurde festgestellt,<br />

dass die Einstellungs- <strong>und</strong> Zuneigungswerte für Biologie <strong>und</strong> Chemie bei <strong>Mädchen</strong> höher<br />

sind, die für Mathematik <strong>und</strong> Physik hingegen bei <strong>Jungen</strong>, <strong>und</strong> dass <strong>Mädchen</strong> bereits ab dem<br />

24 Das fehlende Vertrauen in die eigene mathematisch-naturwissenschaftliche Kompetenz kann als ein Deutungsmuster<br />

für das Verhalten der <strong>Mädchen</strong>, mit dem sie <strong>sich</strong> am Konstruktionsprozess des Bildes von Weiblichkeit<br />

aktiv beteiligen, gesehen wer<strong>den</strong>. Weitere, hier nicht dargelegte Interpretationsmöglichkeiten bestehen<br />

zum einen in der unterschiedlichen Präferenz für einen prädikativen bzw. funktionalen Denkstil <strong>und</strong> zum anderen<br />

im soziolinguistischen Erklärungsansatz (vgl. Jahnke-Klein, 2006, S. 106 f.).


- 37 -<br />

5. Schuljahr ein deutlich geringeres Interesse an Physik zeigen als die <strong>Jungen</strong>, das jedoch von<br />

einzelnen Fachgebieten abhängig ist (vgl. Beermann, Heller & Menacher, 1992, S. 52). Jahn-<br />

ke-Klein (2001, S. 149 ff.) beschreibt im Zusammenhang mit <strong>den</strong> Ergebnissen ihrer Untersu-<br />

chung zu geschlechtstypischen Präferenzen hin<strong>sich</strong>tlich des <strong>Mathematikunterricht</strong>s (s. 3.1.1)<br />

die Ausprägung des Vertrauens von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> in ihre mathematische Befähigung.<br />

Auf der Seite der Schülerinnen besteht – vor allem in <strong>den</strong> höheren Jahrgangsstufen – die An-<br />

<strong>sich</strong>t, ihnen würde Mathematik nicht liegen. Diese Überzeugung fehlender mathematischer<br />

Begabung konnte bei vielen Schülerinnen nicht einmal durch eine gute Mathematiknote er-<br />

schüttert wer<strong>den</strong>. Zugleich zeigte <strong>sich</strong> bei <strong>den</strong> befragten <strong>Mädchen</strong> eine Ten<strong>den</strong>z zur externa-<br />

len Kausalattributierung, indem sie die eigenen guten Leistungen auf äußere Bedingungen<br />

zurückführten, wie Glück, Fleiß, helfende Eltern oder eine gute Lehrkraft. Mit <strong>den</strong> Studien,<br />

die Beermann, Heller <strong>und</strong> Menacher (1992, S. 44 f.) anführen, lässt <strong>sich</strong> ergänzen, dass die<br />

<strong>Mädchen</strong> Misserfolge der mangeln<strong>den</strong> eigenen Begabung zuschreiben. Jahnke-Klein (2001,<br />

S. 151) vermutet, dass die Schülerinnen dadurch ihre eigenen Leistungen <strong>und</strong> damit ihre ma-<br />

thematische Begabung „vertuschen“ wollten, um die eigene Weiblichkeit wiederherzustellen.<br />

Die <strong>Jungen</strong> äußerten Überzeugungen, die auf ein stabiles Selbstvertrauen im Fach Mathema-<br />

tik schließen ließen. So glaubten besonders jüngere Schüler an eine „naturgegebene“ mathe-<br />

matische Befähigung. Die Schüler neigen dazu, ihre Misserfolge auf die eigene Faulheit, un-<br />

glückliche Umstände oder unzulängliche LehrerInnen zurückzuführen (vgl. ebd., S. 152 f.).<br />

Schließlich kann festgehalten wer<strong>den</strong>, dass die Annahme einer naturgegebenen mathemati-<br />

schen Begabung zu einem selbstbewussteren Umgang mit Mathematik, einer höheren Er-<br />

folgszuver<strong>sich</strong>t <strong>und</strong> diese wiederum zu einer höheren Erfolgswahrscheinlichkeit führt. Dage-<br />

gen beeinflusst die Annahme einer natürlichen mathematischen Minderbegabung das Verhal-<br />

ten im <strong>Mathematikunterricht</strong> negativ. Es kann zu Angst vor Mathematik, Furcht vor Misser-<br />

folg sowie einer so genannten „erlernten Hilflosigkeit“ 25 kommen, was zu einer niedrigeren<br />

Erfolgswahrscheinlichkeit <strong>und</strong> schlechteren Leistungen führt. Somit haben beide Annahmen<br />

die Ten<strong>den</strong>z zu einer <strong>sich</strong> selbst erfüllen<strong>den</strong> Prophezeiung (vgl. ebd., S. 153 ff.).<br />

Die Selbsteinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit hat überdies Bedeutung für die Ent-<br />

wicklung von Motivation <strong>und</strong> vermittelt darüber als Vorhersagewert für weitere Leistungen<br />

sowie die Leistungskurs- <strong>und</strong> Berufswahl. So haben Untersuchungen gezeigt, dass die Konse-<br />

quenzen für <strong>den</strong> Fall der Wahl eines Physikleistungskurses oder eines naturwissenschaftlich-<br />

technischen Berufes von 13- bis 17-Jährigen umso negativer beurteilt wur<strong>den</strong>, je geringer die<br />

25 Eine Situation der „erlernten Hilflosigkeit“ liegt vor, wenn eine Person nach häufiger Erfahrung mit Situationen,<br />

in <strong>den</strong>en sie durch ihre Reaktionen eine unangenehme Erfahrung nicht vermei<strong>den</strong> konnte, eine resignative<br />

Haltung einnimmt (vgl. Beermann, Heller & Menacher, 1992, S. 45).


- 38 -<br />

Einschätzung der eigenen Kompetenz in der Mathematik war (vgl. Beermann, Heller & Me-<br />

nacher, 1992, S. 50). Es bleibt somit festzuhalten, dass<br />

„bestimmte Verhaltensweisen, Selbstwahrnehmung <strong>und</strong> affektive Einstellungen von<br />

<strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen die Interessen <strong>und</strong> Leistungen in Mathematik, Naturwissenschaften<br />

<strong>und</strong> Technik beeinflussen. Durch das Verhaftetsein in gesellschaftlich bedingten Stereotypen<br />

der Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung stehen junge Frauen häufig unter dem Zwang,<br />

ihre weibliche Attraktivität mit der Ausbildung <strong>und</strong> Berufsrolle zu verbin<strong>den</strong>.“ (ebd., S.<br />

52 f.)<br />

Da aber Mathematik bzw. der gesamte MINT-Bereich männlich konnotiert ist, ist es insbe-<br />

sondere für <strong>Mädchen</strong> in der Adoleszenz, in der eine I<strong>den</strong>tifikation mit der weiblichen Ge-<br />

schlechterrolle erfolgt, besonders schwierig, <strong>sich</strong> mit diesem Bereich zu i<strong>den</strong>tifizieren (vgl.<br />

Jahnke-Klein, 2001, S. 54). Nach der „Masculine I<strong>den</strong>tification Hypothesis“ müssen <strong>sich</strong><br />

Frauen mit der männlichen Geschlechterrolle i<strong>den</strong>tifizieren, um Interesse <strong>und</strong> Fähigkeiten für<br />

Mathematik zu entwickeln. Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frau-<br />

en mit einer androgynen oder maskulinen Geschlechterrolle <strong>sich</strong> eher für einen technischen<br />

Beruf interessieren als jene, die <strong>sich</strong> selbst als feminin einstufen (vgl. Beermann, Heller &<br />

Menacher, 1992, S. 46 f.).<br />

Die Auswirkungen der Konnotation des MINT-Bereichs als männlich auf das Selbstkonzept<br />

<strong>und</strong> schließlich auf die Leistungen der <strong>Mädchen</strong> konnte Carmen Keller für das Fach Mathe-<br />

matik aufzeigen. In ihrer Untersuchung, die sie in der Schweiz in Zusammenhang mit TIMSS<br />

durchführte, stellte sie heraus, dass die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler Mathematik <strong>und</strong> noch stär-<br />

ker Physik als männliche Domäne betrachteten, Sprachen <strong>und</strong> ganz schwach Biologie hinge-<br />

gen als weibliche Domäne. Diese Stereotypisierungen nahmen vom 6. bis zum 8. Schuljahr<br />

zu. Die Lehrpersonen stereotypisierten die Schulfächer noch stärker als die SchülerInnen als<br />

männliche oder weibliche Domänen. Dies ist bemerkenswert, da das Ausmaß der Geschlech-<br />

terunterschiede in der Leistung, im Selbstvertrauen <strong>und</strong> im Interesse an Mathematik in kei-<br />

nem Verhältnis zum Ausmaß der Stereotypisierungen von Mathematik als männliche Domäne<br />

durch die Lehrpersonen stand. Eine Auswirkung zeigte <strong>sich</strong> aber darin, dass die <strong>Jungen</strong> im<br />

<strong>Mathematikunterricht</strong> signifikant höhere Erwartungen der Lehrkraft wahrnahmen als die<br />

<strong>Mädchen</strong> (vgl. Keller, 1998, S. 86 ff.).<br />

Keller (ebd., S. 106 f.) stellte bei der Korrelation der einzelnen Faktoren heraus, dass Schüler-<br />

Innen mit einem hohen Selbstvertrauen <strong>und</strong> hoher Zuschreibung von Mathematik zum eige-<br />

nen Geschlecht bessere Mathematikleistungen erzielen. Der Faktor Geschlecht hat, wenn<br />

gleichzeitig der Faktor Selbstvertrauen in die Analyse einbezogen wird, hingegen keinen sig-<br />

nifikanten Einfluss auf die Leistung. Daraus schließt die Autorin, dass nicht das Geschlecht


- 39 -<br />

zu <strong>den</strong> Geschlechterdifferenzen in der Leistung führt, sondern das durch das Geschlecht be-<br />

dingte Selbstvertrauen. <strong>Mädchen</strong> erreichen deshalb schlechtere Leistungen in Mathematik,<br />

weil sie in geringes Selbstvertrauen in die eigene Mathematikleistungsfähigkeit haben (vgl.<br />

ebd., S. 106 f.). Das Selbstvertrauen der <strong>Mädchen</strong> ist dabei umso geringer, je niedriger die<br />

von ihnen empf<strong>und</strong>ene Erwartung der Lehrperson ist <strong>und</strong> je stärker die Lehrperson Mathema-<br />

tik als männliche Domäne betrachtet (vgl. ebd., S. 111).<br />

Zusammenfassend lässt <strong>sich</strong> mit Schuster et al. (2004, S. 47) postulieren, dass stereotype Ge-<br />

schlechtervorstellungen maßgeblich die Selbsteinschätzung der Fähigkeiten von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Mädchen</strong> beeinflussen. Das Selbstvertrauen ist wiederum zum einen für die Leistungs- <strong>und</strong><br />

Interessenentwicklung von Bedeutung, zum anderen auch für die schulischen Schwerpunkt-<br />

setzungen <strong>und</strong> die Berufswahl (vgl. Zimmer, Burba & Rost, 2004, S. 221 f.). Bestätigen lässt<br />

<strong>sich</strong> dies durch die Ergebnisse von TIMSS 2007 für <strong>den</strong> Gr<strong>und</strong>schulbereich: Laut Bonsen,<br />

Lintorf <strong>und</strong> Bos (2008, S. 138) lassen <strong>sich</strong> die Leistungsunterschiede von <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Jun-<br />

gen in Mathematik offen<strong>sich</strong>tlich gänzlich durch Geschlechterdifferenzen im Selbstkonzept<br />

erklären, die in <strong>den</strong> Naturwissenschaften nur zum Teil. Für <strong>den</strong> Sek<strong>und</strong>arbereich I belegen die<br />

Ergebnisse von PISA 2003 bzw. 2006, dass in Deutschland im Fach Mathematik große Unter-<br />

schiede in <strong>den</strong> emotionalen <strong>und</strong> motivationalen Selbsteinschätzungen von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> Mäd-<br />

chen bestehen, die aber nicht die Größe der Kompetenzunterschiede widerspiegeln. 26 In <strong>den</strong><br />

Naturwissenschaften ist ebenfalls ein – wenn auch schwacher – Zusammenhang zwischen<br />

dem Fähigkeitsselbstkonzept der SchülerInnen <strong>und</strong> ihrer fachlichen Kompetenz vorhan<strong>den</strong><br />

(vgl. Zimmer, Burba & Rost, 2004, S. 219 ff.; vgl. Schütte et al., 2007, S. 144).<br />

2.3 Zwischenfazit<br />

Bevor eine Überleitung zum zweiten großen Teil dieser Arbeit stattfindet, der eine eigene<br />

Untersuchung behandelt, sollen die bisherigen Ausführungen kurz zusammengefasst wer<strong>den</strong>.<br />

Es wurde festgestellt, dass die <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> jungen Frauen, die nach dem heutigen Stand-<br />

punkt im allgemein bil<strong>den</strong><strong>den</strong> Schulwesen Vorteile haben <strong>und</strong> im Mittel höhere Abschlüsse<br />

erzielen, diese im Berufsbildungs- <strong>und</strong> Erwerbssystem nicht einsetzen können. Dies wurde<br />

anhand der geschlechtstypischen Fächerwahlen im Ausbildungs- sowie im Hochschulbereich<br />

belegt. Auch wenn heute die jungen Frauen häufiger das Studienfach Mathematik wählen als<br />

26 <strong>Wie</strong> oben beschrieben (s. 2.1.2) haben <strong>sich</strong> die Geschlechterdifferenzen in Bezug auf die mathematische<br />

Kompetenz in PISA 2006 gegenüber PISA 2003 erheblich vergrößert. Leider liegen mir keine Ergebnisse vor,<br />

inwieweit die Unterschiede in <strong>den</strong> fachlichen Kompetenzen von 2006 mit <strong>den</strong> Selbsteinschätzungen der SchülerInnen,<br />

insbesondere deren Selbstkonzept <strong>und</strong> Selbstwirksamkeit, korrelieren.


- 40 -<br />

Männer, muss beachtet wer<strong>den</strong>, dass sie häufiger als die Männer das Studium mit einer Lehr-<br />

amtsprüfung <strong>und</strong> weniger häufig als diese mit einem Diplom oder einer Promotion abschlie-<br />

ßen. Dies hat längerfristig Auswirkungen auf die Verteilung der Geschlechter auf verschie<strong>den</strong><br />

gut bezahlte <strong>und</strong> gesellschaftlich unterschiedlich angesehene berufliche Positionen, wobei die<br />

Frauen eher benachteiligt sind. Besonders zeigt <strong>sich</strong> dies am geringen Frauenanteil in <strong>den</strong><br />

Ingenieurswissenschaften. Für diese Fächergruppe ist insbesondere Mathematik eine Gr<strong>und</strong>-<br />

lagenwissenschaft, weshalb der stark gestiegene Anteil der <strong>Mädchen</strong> mit dem Abiturfach Ma-<br />

thematik auf 63 % als ermutigend gesehen wird. Dennoch ist es erforderlich, <strong>Mädchen</strong> für die<br />

Wahl des Leistungskurses Mathematik sowie für die Wahl der Fächer Chemie <strong>und</strong> Physik zu<br />

bestärken, deren geringe Präferenz eine Wahl von technisch-naturwissenschaftlichen Studien-<br />

gängen <strong>und</strong> Informatik behindert (vgl. BLK, 2002, S. 35).<br />

Anhand der Ergebnisse der vergleichen<strong>den</strong> Schulleistungsforschung wurde dann differenziert<br />

dargelegt, dass die deutschen <strong>Jungen</strong> gegenüber <strong>den</strong> deutschen <strong>Mädchen</strong> sowohl in Mathema-<br />

tik als auch in <strong>den</strong> Naturwissenschaften dominieren, was zum einen die fachlichen Kompe-<br />

tenzen betrifft, zum anderen die Einstellungen zum Fach <strong>und</strong> das fachspezifische Fähigkeits-<br />

selbstkonzept. Nur im Fach Biologie sind nach TIMSS/II die Leistungen von <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Jungen</strong> im Sek<strong>und</strong>arbereich I ausgeglichen. Eine weitere Ausnahme bildet die Einstellung von<br />

Gr<strong>und</strong>schülerInnen zur Naturwissenschaft, wo in Deutschland keine Geschlechterunterschie-<br />

de bestehen. Dementsprechend halten Schütte et al. (2007, S. 144) fest, dass die Effekte zum<br />

Nachteil der <strong>Mädchen</strong> in <strong>den</strong> Naturwissenschaften weniger bedeutsam sind als die in PISA<br />

2003 festgestellten Effekte in Bezug auf Mathematik.<br />

Aus <strong>den</strong> Ergebnissen dieser Untersuchungen wur<strong>den</strong> bereits Hinweise auf die Ursachen für<br />

die Abstinenz der Frauen vom MINT-Bereich aufgenommen, so, dass kulturelle Faktoren von<br />

Bedeutung sind <strong>und</strong> die <strong>Mädchen</strong> das eigentlich vorhan<strong>den</strong>e kognitive Potential im Bereich<br />

der Mathematik nicht nutzen. Weitere Erklärungsansätze für die geschlechtstypischen schuli-<br />

schen Leistungen sowie für die geschlechtstypischen Fächer- <strong>und</strong> Berufswahlen, die auch die<br />

<strong>Jungen</strong> einschränken – was noch durch <strong>den</strong> oben beschriebenen wirtschaftlichen Struktur-<br />

wandel verstärkt wird –, folgten im zweiten Abschnitt des ersten Teils dieser Arbeit.<br />

Hier wur<strong>den</strong> vielfältige, miteinander in Zusammenhang stehende Ursachen für die Geschlech-<br />

terdifferenzen in Bezug auf die Teilhabe von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> am MINT-Bereich darge-<br />

legt. Es erfolgte dabei eine analytische Trennung der Bereiche, in die die Ursachen <strong>und</strong> Erklä-<br />

rungsansätze einzuordnen sind, was einen detaillierten Einblick in die Zusammenhänge mög-<br />

lich machte. Es hat <strong>sich</strong> gezeigt, dass Mechanismen, mit <strong>den</strong>en Geschlechterrollenstereotypi-


- 41 -<br />

sierungen direkt oder indirekt vor allem auf die Interessen- <strong>und</strong> Leistungsentwicklung wirken,<br />

in allen Bereichen wirksam sind: zum ersten auf der symbolischen Ebene, wo es um die (Re-<br />

)Produktion von kulturellen Stereotypen geht, zum zweiten auf der gesellschaftlichen Ebene,<br />

auf der Sozialisationseinflüsse wirksam sind, <strong>und</strong> zum dritten auf der Ebene des Individuums,<br />

dessen Persönlichkeitsmerkmale eine Rolle spielen. 27<br />

In Bezug auf <strong>den</strong> zuerst genannten Bereich wurde gezeigt, dass die Konnotation des MINT-<br />

Bereichs als männlich eine lange Tradition hat <strong>und</strong> aus heutiger Sicht <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> junge<br />

Frauen erst seit ca. 100 Jahren einen Zugang zu schulischer <strong>und</strong> universitärer mathematischer<br />

Bildung haben. Die Stereotypisierung des MINT-Bereichs, insbesondere der Mathematik, als<br />

männliche Domäne hat <strong>sich</strong> bis heute gehalten, trotzdem der aktuelle Forschungsstand nicht<br />

auf eine geringere mathematische Begabung der <strong>Mädchen</strong> schließen lässt. Um dies weiter zu<br />

beleuchten, wur<strong>den</strong> nach einigen Begriffsklärungen Bestandteile des weiblichen <strong>und</strong> männli-<br />

chen Geschlechterrollenstereotyps beschrieben. Dabei wurde zudem angedeutet, auf welche<br />

Weise Männlichkeits- bzw. Weiblichkeitsinszenierungen ablaufen. Nachdem auch herausge-<br />

stellt wurde, dass tradierte Vorstellungen von Geschlechterdifferenzen zu vergeschlechtlich-<br />

ten Revieren des Wissens bzw. zu einer Vergeschlechtlichung von Tätigkeitsfeldern <strong>und</strong> Be-<br />

rufen führen, wurde deutlich, dass <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen in einen Konflikt mit ihrer Ge-<br />

schlechterrolle geraten, wenn sie <strong>sich</strong> für <strong>den</strong> als männlich konnotierten MINT-Bereich inte-<br />

ressieren bzw. dort gute Leistungen erbringen. <strong>Wie</strong> oben beschrieben, verstärkt <strong>sich</strong> der<br />

Druck zu geschlechtstypischem Verhalten besonders während der Adoleszenz. Gerade hier<br />

fin<strong>den</strong> aber wichtige schulische <strong>und</strong> berufliche Entscheidungsprozesse statt.<br />

An dieser Stelle soll wiederum deutlich gemacht wer<strong>den</strong>, dass nicht nur die <strong>Mädchen</strong> durch<br />

die genannten Geschlechterrollenstereotype eingeschränkt wer<strong>den</strong>, sondern auch die <strong>Jungen</strong>.<br />

So wer<strong>den</strong> beispielsweise die hohen Erwartungen oftmals zu einem Zwang zur Dominanz <strong>und</strong><br />

Kompetenz <strong>und</strong> männliche Überlegenheit muss ständig unter Beweis gestellt wer<strong>den</strong>. Auf der<br />

anderen Seite dürfen Gefühle von Kleinheit, Schwäche <strong>und</strong> Hilflosigkeit nicht gezeigt wer-<br />

<strong>den</strong>. In einem engen Zusammenhang damit stehen Leistungsverweigerung, Verhaltensauffäl-<br />

ligkeiten, selbstzerstörerisches Verhalten <strong>und</strong> die zunehmende Jugendgewalt als Ventil für die<br />

Wut, die eigene Emotionalität ständig unterdrücken zu müssen (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S.<br />

55 ff.). Erwähnenswert ist, dass gerade auch der <strong>Mathematikunterricht</strong> die <strong>Jungen</strong> in die gän-<br />

gigen Klischees zwingt, da hier Denk- <strong>und</strong> Verhaltensweisen von Bedeutung sind, die als<br />

27 Beermann, Heller <strong>und</strong> Menacher (1992, S. 70 ff.) legen integrative Ansätze zur Erklärung von Geschlechterdifferenzen<br />

bei beruflichen <strong>und</strong> schulischen Entscheidungen hin<strong>sich</strong>tlich des MINT-Bereichs dar mit der Begründung,<br />

dass solche Differenzen eben nicht durch einen einzelnen Faktor beeinflusst wer<strong>den</strong>, sondern nur<br />

durch eine Kombination unterschiedlicher Einflussgrößen erklärbar sind. Eine Darstellung solcher integrativen<br />

Ansätze in dieser Arbeit würde zu weit führen.


- 42 -<br />

männlich angesehen wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> von <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> Konkurrenzorientierung, Dominanz sowie<br />

ein einfaches Verstehen gefordert wer<strong>den</strong> (vgl. Jahnke-Klein, 1995, S. 62).<br />

Da Geschlechterrollenstereotype während der Sozialisation erworben wer<strong>den</strong>, wur<strong>den</strong> an-<br />

schließend die Einflüsse der bei<strong>den</strong> wichtigen Sozialisationsinstanzen Familie <strong>und</strong> Schule<br />

dargestellt. Die Eltern können dabei die emotionalen <strong>und</strong> motivationalen Orientierungen so-<br />

wie die Leistungen ihrer Kinder durch eigene Rollenvorstellungen, durch die Unterstützung<br />

von besonderen Freizeitaktivitäten <strong>und</strong> der Vergabe von bestimmten Spielsachen, durch die<br />

eigenen Hobbies <strong>und</strong> Berufe beeinflussen. Außerdem spielt die Wertschätzung von Mathema-<br />

tik im Elternhaus eine bedeutende Rolle. Hinzu kommt, dass ein starker Einfluss, der vermut-<br />

lich bedeutsamer ist als derjenige, <strong>den</strong> die Eltern durch Rollenmodelle auslösen, von <strong>den</strong> el-<br />

terlichen subjektiven Ursachenzuschreibungen bei der Entwicklung von Interesse <strong>und</strong> Leis-<br />

tungen ausgeht. <strong>Wie</strong> oben dargestellt, erklären Eltern die guten Leistungen ihrer Töchter be-<br />

vorzugt mit Fleiß <strong>und</strong> Anstrengung, die der Söhne mit Kompetenz <strong>und</strong> Begabung. Diese Er-<br />

klärungsmuster wer<strong>den</strong> leicht von <strong>den</strong> Kindern internalisiert.<br />

Ähnliche Attributionsmuster sind auch bei LehrerInnen festgestellt wor<strong>den</strong>, die überdies eine<br />

geschlechterstereotype Wahrnehmung von Begabungs- <strong>und</strong> Interessenunterschie<strong>den</strong> haben.<br />

Auf diese Weise nehmen auch LehrerInnen Einfluss auf das Selbstbild der SchülerInnen <strong>und</strong><br />

ihr Lernverhalten. Daneben wirkt im Feld der Sozialisationsinstanz Schule auch das Schul-<br />

buch auf die Einstellungen <strong>und</strong> die Leistungsentwicklung von SchülerInnen, indem es auch<br />

heute noch Frauen <strong>und</strong> Männer in geschlechtstypischen Situationen <strong>und</strong> Berufen darstellt <strong>und</strong><br />

gerade in Mathematikbüchern die <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> Männer überrepräsentiert sind. Betrachtet man<br />

die Curricula, lässt <strong>sich</strong> feststellen, dass die Inhalte <strong>und</strong> Metho<strong>den</strong> im mathematisch-<br />

naturwissenschaftlichen Unterricht nicht <strong>den</strong> Interessen <strong>und</strong> Bedürfnissen der <strong>Mädchen</strong> ent-<br />

gegenkommen. Dies gilt vor allem für <strong>den</strong> koedukativen Unterricht, in dem insbesondere die<br />

Interaktionen zuungunsten der <strong>Mädchen</strong> verlaufen. Dies wurde oben anhand des in Deutsch-<br />

land immer noch weit verbreiteten fragend-entwickeln<strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong>s ausführlich<br />

dargestellt. Die <strong>Mädchen</strong> verhalten <strong>sich</strong> in dieser Unterrichtsform auf eine Weise, die sie als<br />

weniger kompetent darstellt. Die <strong>Jungen</strong> hingegen bewirken mit ihrem Verhalten <strong>den</strong> An-<br />

schein von mathematischer Kompetenz, die aber nicht gegeben sein muss.<br />

Schließlich wurde in Anlehnung an Jahnke-Klein (2001, S. 148) herausgestellt, dass die Mäd-<br />

chen aktiv an der Konstruktion des Bildes von Weiblichkeit beteiligt sind. Ein Gr<strong>und</strong> dafür ist<br />

in dem fehlen<strong>den</strong> Vertrauen der <strong>Mädchen</strong> in ihre mathematische Befähigung zu sehen. Für die<br />

Ausschöpfung des eigenen Leistungspotentials wur<strong>den</strong> weiterhin das Interesse sowie die Ü-


- 43 -<br />

berzeugung des Nutzens der in <strong>den</strong> Fächern des MINT-Bereichs gelernten Inhalte für das wei-<br />

tere Fortkommen als bedeutende Aspekte angegeben. Nach einem Hinweis auf die detaillierte<br />

Darstellung zu Bef<strong>und</strong>en diesbezüglich aus der vergleichen<strong>den</strong> Schulleistungsforschung, hier<br />

TIMSS <strong>und</strong> PISA, wur<strong>den</strong> weitere Ergebnisse verschie<strong>den</strong>er Untersuchungen dargelegt. Eine<br />

davon war die von Jahnke-Klein (ebd., S. 149 ff.), die die Annahme einer natürlichen mathe-<br />

matischen Minderbegabung bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> die Annahme einer naturgegebenen ma-<br />

thematischen Begabung bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> herausstellte, wobei beide Annahmen die Ten<strong>den</strong>z zu<br />

einer <strong>sich</strong> selbst erfüllen<strong>den</strong> Prophezeiung haben. Nach der Darstellung der Untersuchungser-<br />

gebnisse von Keller (1998, S. 86 ff.) wurde festgehalten, dass stereotype Geschlechtervorstel-<br />

lungen maßgeblich die Selbsteinschätzung der Fähigkeiten von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> beein-<br />

flussen. Das Selbstvertrauen wiederum ist von Bedeutung für die Entwicklung von Leistung<br />

<strong>und</strong> Interesse sowie für Fächerwahlen in der Schule <strong>und</strong> schließlich die Berufswahl.<br />

Mit Schütte et al. (2007, S. 129) kann hier festgehalten wer<strong>den</strong>, dass die Persönlichkeits-<br />

merkmale der SchülerInnen aus zweierlei Sichtweisen betrachtet wer<strong>den</strong> können <strong>und</strong> deshalb<br />

eine Wechselwirkung zwischen Lernprozessen <strong>und</strong> jenen Merkmalen vorhan<strong>den</strong> ist. Diese<br />

kann sowohl in negative als auch in positive Richtung eine Steigerung der Entwicklung der<br />

Leistungen, des Interesses <strong>und</strong> des Selbstvertrauens bewirken. So können die Schülermerkma-<br />

le Fähigkeitsselbstkonzept, Selbstwirksamkeitserwartung sowie emotionale <strong>und</strong> motivationale<br />

Orientierungen auf der einen Seite als Bildungsvoraussetzungen betrachtet wer<strong>den</strong>, indem sie<br />

auf Lernprozesse <strong>und</strong> damit auf <strong>den</strong> gegenwärtigen <strong>und</strong> zukünftigen Kompetenzerwerb in<br />

einer Domäne wirken. Auf der anderen Seite können das Fähigkeitsselbstkonzept <strong>und</strong> die<br />

Selbstwirksamkeitserwartungen als Bildungsergebnis angesehen wer<strong>den</strong>, da diese in Bezug<br />

auf aktuelle Anforderungen durch die jeweilige Lerngeschichte beeinflusst wer<strong>den</strong>.<br />

Die Zusammenhänge der Persönlichkeitsmerkmale mit weiteren Aspekten wie <strong>den</strong> Sozialisa-<br />

tionseinflüssen <strong>und</strong> <strong>den</strong> Geschlechterrollenstereotypen sind in <strong>den</strong> bisherigen Ausführungen<br />

deutlich gewor<strong>den</strong> – nicht zuletzt daran, dass nicht immer eine saubere Trennung vorgenom-<br />

men wer<strong>den</strong> konnte. Da insbesondere auch die negativen Folgen der unterschiedlichen Teil-<br />

habe von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> am MINT-Bereich dargestellt wur<strong>den</strong>, schließt <strong>sich</strong> nun die<br />

Frage an, an welcher Stelle Ansatzpunkte zur Verbesserung der Lage zu sehen sind. Eine gro-<br />

be Unterscheidung stellen dabei außerschulische Vorhaben <strong>und</strong> schulische Veränderungen<br />

dar 28 (vgl. Faulstich-<strong>Wie</strong>land, 2004, S. 9). Ohne diese weiter zu erläutern, sind als Beispiele<br />

28 Darüber hinaus lassen <strong>sich</strong> Maßnahmen zur Einstellungsänderung von SchülerInnen <strong>und</strong> Eltern nennen, z. B.<br />

um Rollenstereotype abzubauen oder <strong>den</strong> Attributionsstil für <strong>Mädchen</strong> positiv zu verändern. Zu weiteren Erläu-


- 44 -<br />

für außerschulische Maßnahmen die Einrichtung von Internetportalen für <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frau-<br />

en, Projekte von Unternehmen für <strong>Mädchen</strong>, wie der Girl´s Day 29 oder Technik-Abenteuer-<br />

Camps, Berufsorientierungsinitiativen, beispielsweise der <strong>Mädchen</strong>-Technik-Tag, Projekte<br />

von Hochschulen, wie Sommerhochschulen oder Studiengänge im MINT-Bereich nur für<br />

Frauen, Begleitmaßnahmen für Frauen beim Studien- <strong>und</strong> Berufseinstieg sowie Initiativen zur<br />

Fortbildung, zur Elitenförderung <strong>und</strong> zur gezielten Fachkräfterekrutierung zu nennen (vgl.<br />

Schuster et al., 2004, S. 55 ff.; vgl. BLK, 2002, S. 70 ff.). Recht bekannt ist darüber hinaus<br />

das im Juni 2008 von der B<strong>und</strong>esregierung erstellte Programm „Komm, mach MINT“ 30 , wo-<br />

bei es darum geht, in einem nationalen Pakt zwischen Politik, Wirtschaft <strong>und</strong> Wissenschaft<br />

unter anderem das Bild der MINT-Berufe in der Gesellschaft zu verändern <strong>und</strong> junge Frauen<br />

für naturwissenschaftliche <strong>und</strong> technische Studiengänge zu begeistern (vgl. Jahnke-Klein,<br />

2008a, S. 3 f.).<br />

In Bezug auf die Schule hält Kaiser (2004, S. 376) fest, dass die bisherige Praxis an Schulen<br />

weitgehend ohne eine bewusste Fokussierung von Geschlechterdifferenzen im didaktischen<br />

Denken erfolgt. Sie vermutet, dass die Schule <strong>sich</strong> damit auch an der Reproduktion der hier-<br />

archischen Geschlechterverhältnisse beteiligt, 31 wobei sie durchaus zu einer geschlechterbe-<br />

wussten Bildung beitragen könnte. Genau hier soll der Ansatzpunkt für meine eigene Unter-<br />

suchung liegen. Wenn in der im folgen<strong>den</strong> Teil der Arbeit dargestellten Studie geschlechtsty-<br />

pische Präferenzen für <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> herausgestellt wer<strong>den</strong> können, ist es mög-<br />

lich, Konsequenzen für die Unterrichtspraxis zu ziehen, was hier ein gr<strong>und</strong>legendes Anliegen<br />

ist. Ausführungen zu schulischen Veränderungsmöglichkeiten, die auf eine gleichberechtigte<br />

Teilhabe von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> am MINT-Bereich abzielen, folgen deshalb später (s. 4.).<br />

terungen verweise ich auf Beermann, Heller & Menacher (1992, S. 82 ff.) <strong>und</strong> Nissen, Keddi & Pfeil (2003, S.<br />

141 ff.).<br />

29<br />

Dieser wird in Niedersachsen nicht mehr als Girl´s Day, sondern als „Zukunftstag für <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong>“<br />

bezeichnet (vgl. Jahnke-Klein, 2008a, S. 3).<br />

30<br />

Die Internetpräsentation ist unter www.komm-mach-mint.de erreichbar.<br />

31<br />

Nyssen (2004, S. 391) führt aus, dass die Kritik daran, dass in der Schule die gesellschaftliche Geschlechterhierarchie<br />

reproduziert wird, unter dem Begriff des „heimlichen Lehrplans“ der Geschlechtererziehung zusammengefasst<br />

wurde, der eben Geschlechterrollenstereotype, kulturelle Wertungen <strong>und</strong> Bilder von Weiblichkeit<br />

<strong>und</strong> Männlichkeit transportiert.


- 45 -<br />

3 Praxisteil: Eigene Untersuchung<br />

Dieser Teil der Arbeit behandelt die von mir durchgeführte Untersuchung. Dabei wird im<br />

ersten Unterpunkt die Fragestellung dargelegt, die auf der Studie von Sylvia Jahnke-Klein<br />

basiert, die ebenfalls beschrieben wird. Im zweiten Unterpunkt wird das gesamte methodische<br />

Vorgehen dargelegt, das die Auswahl <strong>und</strong> Charakterisierung der Stichprobe, die Auswahl der<br />

Forschungsmethode, <strong>den</strong> Fragebogen als Messinstrument, die Durchführung der Untersu-<br />

chung sowie das Auswertungsverfahren impliziert. Danach wer<strong>den</strong> im dritten Punkt die Er-<br />

gebnisse der Befragung differenziert dargelegt. Im vierten Punkt folgen eine Interpretation<br />

<strong>und</strong> eine Diskussion dieser Ergebnisse, wobei unter anderem bei der Interpretation Verbin-<br />

dungen zu vorhan<strong>den</strong>en Untersuchungen hergestellt wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> bei der Diskussion das Vor-<br />

gehen gemäß der klassischen Gütekriterien empirischer Sozialforschung überprüft wird. Ab-<br />

schließend wird eine knappe Zusammenfassung gegeben.<br />

3.1 Fragestellung<br />

Zunächst wer<strong>den</strong> das Untersuchungsdesign sowie die Ergebnisse der Studie von Sylvia Jahn-<br />

ke-Klein vorgestellt, die Gr<strong>und</strong>lage für meine eigene Untersuchung ist. Deshalb können aus<br />

<strong>den</strong> Ergebnissen, die Jahnke-Klein herausgestellt hat, die Fragestellung <strong>und</strong> Hypothesen für<br />

meine Untersuchung abgeleitet wer<strong>den</strong>.<br />

3.1.1 Darstellung vorhan<strong>den</strong>er Untersuchungen: Die Studie Jahnke-Kleins<br />

Aus der Perspektive des Ansatzes der „egalitären Differenz“ 32 hat Sylvia Jahnke-Klein ge-<br />

schlechtstypische <strong>und</strong> bei<strong>den</strong> Geschlechtern gemeinsame Präferenzen im Hinblick auf <strong>den</strong><br />

<strong>Mathematikunterricht</strong> untersucht. Eine weitere, <strong>sich</strong> anschließende forschungsleitende Frage<br />

lautete, wie <strong>Mathematikunterricht</strong> aussehen muss, der <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> gefällt. Da diese<br />

Fragen Forschungsdesiderate in der Mathematikdidaktik darstellten <strong>und</strong> somit ein explorati-<br />

ves Vorgehen angemessen war, ist Jahnke-Klein gemäß der qualitativen Sozialforschung vor-<br />

gegangen (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 82 f.).<br />

32 Im „Differenzansatz“ wird im Gegensatz zum „Defizitansatz“ nicht auf Defizite, sondern auf die spezifischen<br />

Stärken von <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen geschaut, wobei <strong>den</strong> Lebensformen, Leistungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen von<br />

Frauen der gleiche Wert zugemessen wird wie <strong>den</strong>en der Männer. Mit „egalitärer Differenz“ ist eine demokratische<br />

Differenzvorstellung gemeint, die Emanzipation nicht mit Assimilation <strong>und</strong> Differenz nicht mit Hierarchie<br />

gleichsetzt (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 80 ff.).


- 46 -<br />

Die von ihr gewählte wissenschaftstheoretische Ausgangsposition ist die interpretative Unter-<br />

richtsforschung 33 <strong>und</strong> in diesem Bereich das kommunikativ-aufklärerische Modell 34 . Bei die-<br />

sem Modell sollen nicht nur neue Erkenntnisse gewonnen, sondern das untersuchte Unter-<br />

richtsgeschehen verändert wer<strong>den</strong>, wobei eine konstruktivistische Sicht auf Unterricht einge-<br />

nommen wird. Zur Veränderung der Unterrichtsrealität ist eben auch eine Erhebung der Bin-<br />

nenperspektive von SchülerInnen wichtig, die Jahnke-Klein mit Hilfe von offenen Fragebö-<br />

gen erfasst hat. Sie hat dabei 212 Schülerinnen <strong>und</strong> 203 Schüler aus drei Klassen der Orientie-<br />

rungsstufe, vier Klassen von Gesamtschulen, eine Realschulklasse sowie neun Gymnasial-<br />

klassen der Schuljahrgänge 5 bis 13 mehrfach im Laufe eines Schuljahres zum erteilten Ma-<br />

thematikunterricht befragt. Der Fokus lag auf gelungenem Unterricht, um Ansatzpunkte für<br />

positive Veränderungen im <strong>Mathematikunterricht</strong> zu fin<strong>den</strong>. An der Untersuchung nahmen<br />

unter anderem LehrerInnen teil, die nach <strong>den</strong> Konzepten des „sanften <strong>Mathematikunterricht</strong>s“<br />

sowie des MUED e. V. (Mathematik-Unterrichts-Einheiten-Datei) unterrichteten, die nach der<br />

An<strong>sich</strong>t von Jahnke-Klein <strong>den</strong> Bedürfnissen der <strong>Mädchen</strong> stärker entgegenkommen (vgl.<br />

ebd., S. 83 ff.).<br />

Bei der Auswertung der Fragebögen, in <strong>den</strong>en sechs Satzanfänge zu <strong>den</strong> Themenbereichen<br />

„Unterrichtsinhalte“, „Unterrichtsmetho<strong>den</strong>“, „LehrerInnenverhalten“, „Verhalten der Mit-<br />

schülerInnen“, „eigenes Verhalten“, „Störfaktoren beim Lernen“ vorgegeben waren, stand die<br />

Rekonstruktion der Bedeutung <strong>und</strong> des Sinns der Äußerungen der SchülerInnen im Vorder-<br />

gr<strong>und</strong>. Dabei sollten Hypothesen nicht vorab formuliert wer<strong>den</strong>, sondern während des For-<br />

schungsprozesses entstehen (Generierung von Deutungshypothesen mit dem Status von Ver-<br />

mutungen) (vgl. ebd., S. 92 ff.).<br />

Als ein erstes Ergebnis ihrer Untersuchung hat Jahnke-Klein festgestellt, dass <strong>sich</strong> sowohl<br />

<strong>Jungen</strong> als auch <strong>Mädchen</strong> besonders wohl fühlen, wenn sie <strong>den</strong> Unterrichtsstoff verstan<strong>den</strong><br />

haben. So ist die Aussage „Am wohlsten habe ich mich im Unterricht gefühlt, wenn ich alles<br />

verstan<strong>den</strong> habe“ eine der am häufigsten in <strong>den</strong> Fragbögen gegebenen Antworten. Die Folgen<br />

unverstan<strong>den</strong>en <strong>Mathematikunterricht</strong>s sind vielfältig <strong>und</strong> reichen von Desinteresse, Resigna-<br />

tion, totaler Ablehnung des Faches bis hin zu Angstzustän<strong>den</strong>. Einige SchülerInnen beschrie-<br />

33 Zum interpretativen Paradigma sei angemerkt, dass in diesem die Wirklichkeit als soziale Konstruktion betrachtet<br />

wird, wobei in jeder Interaktion auch das Geschlecht von Bedeutung ist. Dabei stellt <strong>sich</strong> zum Thema<br />

„Frauen <strong>und</strong> Mathematik“ die auch in Jahnke-Kleins Untersuchung geltende Leitfrage, wie die Beteiligten in der<br />

Interaktion „Weiblichkeit“ bzw. „Männlichkeit“ im Hinblick auf <strong>den</strong> Umgang mit Mathematik herstellen (vgl.<br />

Jahnke-Klein, 2001, S. 84 f.).<br />

34 In diesem sollen die „subjektiven Sinnstrukturen der Interaktion nicht nur auf der Oberfläche [erfasst wer<strong>den</strong>],<br />

sondern darüber hinaus kritisch auf Missverständnisse <strong>und</strong> Verzerrungen [befragt wer<strong>den</strong>], die auf Seiten der<br />

Erforschten <strong>und</strong> ForscherInnen <strong>den</strong>kbar sind. Die Interpretationsleistungen der Beteiligten sollen hier zu Veränderungen<br />

von Deutungs- <strong>und</strong> Handlungsmustern führen“ (Jahnke-Klein, 2001, S. 83 f.).


- 47 -<br />

ben, dass <strong>sich</strong> auf der anderen Seite ihre Einstellung zum <strong>Mathematikunterricht</strong> verändert hat,<br />

sie <strong>sich</strong> auch mehr beteiligen, wenn sie mehr verstan<strong>den</strong> <strong>und</strong> Erfolgserlebnisse haben. Auf<br />

Seiten einiger Schülerinnen stand zudem das ausgeprägte Bedürfnis, <strong>sich</strong> ganz <strong>sich</strong>er sein zu<br />

wollen, <strong>den</strong> Stoff auch wirklich verstan<strong>den</strong> zu haben. Diese Schülerinnen meldeten <strong>sich</strong> im<br />

Unterricht nur, wenn sie <strong>sich</strong> über die Richtigkeit ihrer Antworten <strong>sich</strong>er waren (vgl. ebd., S.<br />

103 ff.).<br />

Das Gefühl, <strong>den</strong> Stoff verstan<strong>den</strong> zu haben, stellte <strong>sich</strong> jedoch bei <strong>Jungen</strong> ten<strong>den</strong>ziell eher ein,<br />

was Auswirkungen auf die gewünschte Unterrichtskultur hat. Zwischen <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />

bestehen somit deutliche Unterschiede im Bereich der bevorzugten Unterrichtskultur, wobei<br />

<strong>sich</strong> die <strong>Mädchen</strong> in ihren Wünschen als recht einheitliche Gruppe zeigte (vgl. ebd., S. 136).<br />

Die Mehrheit der <strong>Mädchen</strong>, der <strong>sich</strong> ein Teil der <strong>Jungen</strong> 35 anschloss, forderte ein gründli-<br />

ches Vorgehen im Unterricht <strong>und</strong> lehnte jeglichen Zeitdruck ab. Das bedeutet, dass diese<br />

SchülerInnen <strong>sich</strong> ausführliche Erklärungen <strong>wünschen</strong>, bis alle <strong>den</strong> Stoff verstan<strong>den</strong> haben<br />

oder das Gefühl haben, <strong>den</strong> Unterrichtsstoff zu verstehen. Sie wollten außerdem von der<br />

Lehrperson bei Bedarf persönliche Hilfestellung erhalten, die zum Beispiel darin bestand, auf<br />

Wunsch jede Frage zu beantworten <strong>und</strong> individuelle Hilfe bei Verständnisschwierigkeiten zu<br />

geben. Ein weiterer Aspekt bestand darin, dass es besonders für die Schülerinnen, aber auch<br />

für einen Teil der Schüler, wichtig war, dass die Lehrperson immer wieder nachfragte, ob<br />

alles verstan<strong>den</strong> wurde, <strong>und</strong> dass sie selbst auch nachfragen durften. Dabei wurde auch öfter<br />

die Rück<strong>sich</strong>tnahme leistungsschwächerer SchülerInnen betont. Das Nachfragen der <strong>Mädchen</strong><br />

bestand manchmal nur darin, <strong>sich</strong> zu ver<strong>sich</strong>ern, dass sie <strong>den</strong> Stoff auch wirklich verstan<strong>den</strong><br />

hatten. Daneben tauchte bei <strong>den</strong> SchülerInnen der Wunsch auf, möglichst lange bei einem<br />

Thema zu verweilen <strong>und</strong> jedes Thema erschöpfend zu behandeln. Ein weiteres Charakteristi-<br />

kum dieser gewünschten Unterrichtskultur war schließlich die Forderung nach mehr Zeit<br />

beim Lernen, die gebraucht wird, um richtig zu verstehen, <strong>sich</strong> mit einem neuen Thema ver-<br />

traut zu machen <strong>und</strong> ausführlich mitzuschreiben (vgl. ebd., S. 108 ff.).<br />

Das beschriebene Bedürfnis nach Sicherheit konnte Jahnke-Klein auch noch unter einem an-<br />

deren Aspekt herausstellen: So äußerten viele <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> einige <strong>Jungen</strong> <strong>den</strong> Wunsch<br />

nach „Haltegriffen“ zum Festhalten im <strong>Mathematikunterricht</strong>. Dabei wünschten <strong>sich</strong> insbe-<br />

sondere die <strong>Mädchen</strong>, aber auch einige <strong>Jungen</strong>, Aufgaben mit der Möglichkeit zur Selbstkon-<br />

trolle sowie Arbeitsblätter mit zusätzlichem Erklärungs- <strong>und</strong> Übungsmaterial. Diese Schüler-<br />

35 Die im Folgen<strong>den</strong> beschriebenen Wünsche äußerten sieben von zehn <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> vier von zehn <strong>Jungen</strong>,<br />

wobei die <strong>Mädchen</strong> ihre Wünsche öfter wiederholten <strong>und</strong> diesen sprachlich mehr Nachdruck verliehen als die<br />

<strong>Jungen</strong>. Bei <strong>den</strong> jüngeren SchülerInnen waren diese Wünsche etwas öfter zu beobachten als bei <strong>den</strong> älteren<br />

SchülerInnen (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 108).


- 48 -<br />

Innen legten zudem Wert auf <strong>den</strong> Vergleich der Aufgabenlösungen <strong>und</strong> Lösungsblätter. Ent-<br />

sprechend ihrem Sicherheitsbedürfnis wünschten sie <strong>sich</strong> auch ein Vorgehen nach dem<br />

Schulbuch. Ein „Haltegriff“ für diese <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> waren zudem Schemata, Merksät-<br />

ze <strong>und</strong> Regeln. Ein weiterer Aspekt dieser gewünschten Unterrichtskultur war jener, dass <strong>sich</strong><br />

die SchülerInnen gegenseitig <strong>den</strong> Unterrichtsstoff erklären <strong>und</strong> mit <strong>den</strong> MitschülerInnen zu-<br />

sammenarbeiten wollten. Besonders oft stand dabei der Wunsch nach Gruppenarbeit im Vor-<br />

dergr<strong>und</strong>, aber auch der nach Partnerarbeit wurde geäußert. Insbesondere die <strong>Mädchen</strong> gaben<br />

besonders häufig an, dass sie anderen gerne <strong>den</strong> Stoff erklärten. Jahnke-Klein vermutet, dass<br />

die Schülerinnen dabei in dreifacher Hin<strong>sich</strong>t profitieren: Sie erhalten ein positives Gefühl,<br />

jemandem zu helfen, die Rückver<strong>sich</strong>erung, selbst <strong>den</strong> Stoff richtig verstan<strong>den</strong> zu haben, so-<br />

wie eine Stärkung des Selbstvertrauens. Letztlich wur<strong>den</strong> in <strong>den</strong> Fragebögen Situationen <strong>und</strong><br />

Aufgaben ohne Haltegriffe abgelehnt, da damit ein Gefühl der Un<strong>sich</strong>erheit <strong>und</strong> des Alleinge-<br />

lassenseins mit komplexen Anforderungen einhergeht, was <strong>sich</strong> häufig bei Hausaufgaben, in<br />

<strong>den</strong>en neuer Stoff erarbeitet wer<strong>den</strong> soll, oder Klausuren mit nicht bekanntem Inhalt zeigt.<br />

Dabei lehnten die <strong>Jungen</strong> häufiger als die <strong>Mädchen</strong> Hausaufgaben ab, was Jahnke-Klein da-<br />

mit begründet, dass Hausaufgaben für die <strong>Mädchen</strong> eine zusätzliche Übungsmöglichkeit dar-<br />

stellen. Sie wünschten <strong>sich</strong> zugleich eine Kontrolle der Aufgaben bzw. einen Vergleich der<br />

Lösungen. Im Unterschied zu <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> lehnten darüber hinaus sowohl die jüngeren als<br />

auch die älteren Schülerinnen neue Herausforderungen in <strong>den</strong> Klassenarbeiten explizit ab <strong>und</strong><br />

forderten eine intensive Vorbereitung. Für einen Teil der SchülerInnen waren Textaufgaben,<br />

die kaum Haltegriffe bieten, da sie <strong>sich</strong> nicht nach einem vorgegebenen Schema lösen lassen,<br />

unbeliebt (vgl. ebd., S. 117 ff.).<br />

Diejenigen SchülerInnen, die <strong>sich</strong> die bisher beschriebene Unterrichtskultur wünschten, haben<br />

dies damit begründet, dass sie <strong>sich</strong>er sein wollten, <strong>den</strong> Unterrichtsstoff auch wirklich <strong>und</strong><br />

richtig verstan<strong>den</strong> zu haben, dass sie keine Fehler machen <strong>und</strong> keine Überraschungen erleben<br />

wollten (vgl. ebd., S. 137).<br />

Ein Teil der <strong>Jungen</strong> 36 , dem <strong>sich</strong> nur sehr selten <strong>Mädchen</strong> anschlossen, bezieht eine klare Ge-<br />

genposition:<br />

„Sie beklagten <strong>sich</strong> über Monotonie <strong>und</strong> Langeweile durch zu ausführliche Erklärungen,<br />

zu viele <strong>Wie</strong>derholungen, zu anspruchslose Aufgaben vom gleichen Typ. Einige lehnten<br />

auch zu viel Rück<strong>sich</strong>tnahme auf leistungsschwächere SchülerInnen explizit ab. Stattdes-<br />

36 Im persönlichen Gespräch quantifizierte Frau Jahnke-Klein diese Gruppe von <strong>Jungen</strong> mit etwa 30 % von der<br />

Gesamtgruppe der befragten <strong>Jungen</strong>. In ihrem Buch schreibt sie, dass ca. drei von zehn <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> jedes zwölfte<br />

<strong>Mädchen</strong> diese Unterrichtskultur forderten. Dabei zeichnete <strong>sich</strong> bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> beim Vergleich der Klassen 5/6<br />

mit <strong>den</strong> Klassen 7 bis 13 eine leicht zunehmende Ten<strong>den</strong>z ab. Außerdem formulierten die <strong>Jungen</strong> die Unterrichtskritik<br />

viel massiver als die <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> wiederholten sie öfter (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 130).


- 49 -<br />

sen wünschten sie <strong>sich</strong> mehr Abwechslung durch einen schnelleren Themenwechsel <strong>und</strong><br />

anspruchsvollere Aufgaben“ (ebd., S. 129).<br />

Der von vielen <strong>Jungen</strong> geäußerte Wunsch nach mehr Abwechslung <strong>und</strong> Herausforderung war<br />

jedoch nicht immer ein Hinweis auf ein schnelleres Verstehen des Unterrichtsstoffs. So legten<br />

einige Schüler sowohl Wert auf einen schnellen Themenwechsel als auch auf ausführliche<br />

Erklärungen. Und einige forderten trotz vorhan<strong>den</strong>er Verständnisschwierigkeiten einen<br />

schnellen Themenwechsel, weil mit einem neuen Thema die Hoffnung auf einfache Einfüh-<br />

rungsst<strong>und</strong>en bzw. die Chance für einen Neuanfang verb<strong>und</strong>en ist. Diese Schüler wünschten<br />

<strong>sich</strong> jedoch erst recht ein neues Thema, wenn das alte verstan<strong>den</strong> wor<strong>den</strong> ist, um <strong>sich</strong> nicht zu<br />

langweilen. Jahnke-Klein vermutet, dass das Bedürfnis nach Gründlichkeit <strong>und</strong> Genauigkeit<br />

bei diesen Schülern nicht so ausgeprägt ist wie bei vielen <strong>Mädchen</strong>, <strong>den</strong>en das <strong>sich</strong>ere Beherr-<br />

schen des Unterrichtsstoffs Erfolgserlebnisse verschafft (vgl. ebd., S. 134 f.).<br />

Der Teil der <strong>Jungen</strong>, der diese Unterrichtskultur bevorzugt, begründete seine Wünsche damit,<br />

dass sie <strong>sich</strong> langweilten, wenn sie <strong>den</strong> Unterrichtsstoff sowohl verstan<strong>den</strong> als auch nicht ver-<br />

stan<strong>den</strong> haben. Im letzteren Fall gingen sie davon aus, dass neue Themen oder zumindest der<br />

Einstieg in ein neues Thema einfacher wird. Außerdem wollten sie herausgefordert wer<strong>den</strong><br />

(vgl. ebd., S. 137).<br />

Zusammenfassend kann man sagen, dass <strong>sich</strong> zwei gegensätzliche Positionen bil<strong>den</strong>, wobei<br />

dem Wunsch nach Gründlichkeit <strong>und</strong> Genauigkeit der nach Herausforderung <strong>und</strong> Tempo ge-<br />

genübersteht. Jahnke-Klein hat verschie<strong>den</strong>e Ursachen für die konträren Wünsche herausge-<br />

stellt. Zum einen ist das vorhan<strong>den</strong>e oder das nicht vorhan<strong>den</strong>e Vertrauen in die eigene ma-<br />

thematische Kompetenz entschei<strong>den</strong>d. Auf der Seite der <strong>Mädchen</strong> steht eher Furcht vor Miss-<br />

erfolg, auf der Seite der <strong>Jungen</strong> eher die Hoffnung auf Erfolg. Außerdem spielen das unter-<br />

schiedlich stark ausgeprägte Bedürfnis nach Gründlichkeit <strong>und</strong> Genauigkeit <strong>und</strong> das nach Si-<br />

cherheit eine wesentliche Rolle (vgl. ebd., S. 135 & S. 174).<br />

3.1.2 Forschungsfrage <strong>und</strong> Hypothesen<br />

Ausgehend von <strong>den</strong> soeben angeführten Ergebnissen der qualitativen Untersuchung Jahnke-<br />

Kleins, die in <strong>den</strong> 1990er Jahren durchgeführt wurde <strong>und</strong> in der überwiegend SchülerInnen<br />

vom Gymnasium (neben einigen SchülerInnen aus der Orientierungsstufe, Realschule <strong>und</strong><br />

Gesamtschulen) befragt wur<strong>den</strong>, erscheint es interessant, die Gültigkeit der Ergebnisse jener<br />

Untersuchung zu überprüfen, zum einen in Bezug darauf, ob die SchülerInnen der heutigen<br />

Zeit dieselben geschlechtstypischen Präferenzen hin<strong>sich</strong>tlich des <strong>Mathematikunterricht</strong>s ha-<br />

ben, zum anderen in Bezug darauf, ob solche Präferenzen auch allein von Haupt- <strong>und</strong> Real-


- 50 -<br />

schülerInnen geäußert wer<strong>den</strong>. Die wichtigste Forschungsfrage besteht demnach in der Frage,<br />

ob <strong>sich</strong> die bei<strong>den</strong> von Jahnke-Klein herausgestellten SchülerInnengruppen mit <strong>den</strong> Wün-<br />

schen nach unterschiedlichen Unterrichtskulturen auch unter <strong>den</strong> heutigen Haupt- <strong>und</strong> Real-<br />

schülerInnen i<strong>den</strong>tifizieren lassen.<br />

Der Entscheidung, was untersucht wer<strong>den</strong> soll, <strong>und</strong> der entsprechen<strong>den</strong> Problemformulierung,<br />

wie sie gerade in knapper, präziser Form durchgeführt wurde, folgt die Phase der Hypothe-<br />

senbildung (vgl. Raithel, 2006, S. 31). Hypothesen lassen <strong>sich</strong> in dieser Arbeit als Lösungs-<br />

entwürfe für das Forschungsproblem verstehen, die im Forschungsprozess selbst überprüft<br />

wer<strong>den</strong> (vgl. Pfeiffer & Püttmann, 2006, S. 36). Gr<strong>und</strong>lage der Hypothesenbildung ist eine<br />

Literaturanalyse, um einen Überblick über <strong>den</strong> aktuellen Forschungsstand zu erhalten (vgl.<br />

Raithel, 2006, S. 31). Da in diesem Fall eine Aushandlung des Themas <strong>und</strong> der Ziele der Un-<br />

tersuchung zwischen Frau Jahnke-Klein <strong>und</strong> mir stattgef<strong>und</strong>en hat, ist die einzige Bezugs-<br />

gr<strong>und</strong>lage die in 3.1.1 dargestellte Studie.<br />

<strong>Wie</strong> beschrieben, hat Jahnke-Klein (2001, S. 103 ff.) herausgestellt, dass ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis<br />

aller SchülerInnen darin besteht, die im <strong>Mathematikunterricht</strong> behandelten Inhalte verstehen<br />

zu wollen. Im Anschluss daran hat die Autorin im Auswertungsverfahren zwei Gruppen von<br />

SchülerInnen i<strong>den</strong>tifiziert, die eine gegensätzliche Unterrichtskultur bevorzugen. Deshalb sind<br />

folgende Hypothesen zu überprüfen:<br />

(1) <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> fühlen <strong>sich</strong> im <strong>Mathematikunterricht</strong> besonders wohl, wenn sie<br />

alles verstan<strong>den</strong> haben.<br />

(2) Es lassen <strong>sich</strong> zwei Gruppen von SchülerInnen bil<strong>den</strong>, die <strong>sich</strong> eine gegensätzliche<br />

Unterrichtskultur <strong>wünschen</strong>:<br />

Zur ersten Gruppe gehören die Mehrheit der <strong>Mädchen</strong> (7 von 10) <strong>und</strong> ein Teil der<br />

<strong>Jungen</strong> (4 von 10). Diese <strong>wünschen</strong> <strong>sich</strong> ein gründliches Vorgehen, keinen Zeitdruck<br />

<strong>und</strong> „Haltegriffe“ zum Festhalten im <strong>Mathematikunterricht</strong>.<br />

Zur zweiten Gruppe gehört ein Teil der <strong>Jungen</strong> (3 von 10). Diese <strong>wünschen</strong> <strong>sich</strong> we-<br />

niger Monotonie <strong>und</strong> mehr Abwechslung im <strong>Mathematikunterricht</strong>. 37<br />

Tritt der Fall ein, dass eine oder beide Hypothesen mit <strong>den</strong> zu erheben<strong>den</strong> Daten widerlegt<br />

wer<strong>den</strong>, schließen <strong>sich</strong> weitere forschungsleitende Fragen an, <strong>und</strong> zwar, ob es – gemessen an<br />

einzelnen Aussagen – deutliche geschlechtstypische Wünsche für <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong><br />

gibt <strong>und</strong> ob es Zusammenhänge von bestimmten Präferenzen mit dem Schuljahrgang der<br />

SchülerInnen gibt.<br />

37 Zu dieser Gruppe gehört außerdem ca. jedes 12. <strong>Mädchen</strong>, was hier jedoch vernachlässigt wird.


3.2 Methodisches Vorgehen<br />

- 51 -<br />

Um die Forschungsfragen zu klären <strong>und</strong> die Hypothesen zu überprüfen, wurde eine Befra-<br />

gung durchgeführt. Im folgen<strong>den</strong> Abschnitt wird zunächst die Stichprobe, bestehend aus<br />

Haupt- <strong>und</strong> RealschülerInnen, näher charakterisiert. Daran anschließend folgen eine Begrün-<br />

dung der Auswahl der Forschungsmethode sowie eine Beschreibung des Fragebogens, der als<br />

Messinstrument fungiert, was auch eine Schilderung seiner Erstellung einschließt <strong>und</strong> damit<br />

eine Begründung für die Auswahl der einzelnen Items. Etwas kürzer wird dann die Durchfüh-<br />

rung der Untersuchung beschrieben. Zuletzt wird das Auswertungsverfahren dargelegt, um<br />

die im nächsten Abschnitt folgende Ergebnisdarstellung nachvollziehbar zu machen.<br />

3.2.1 Auswahl <strong>und</strong> Charakterisierung der Stichprobe<br />

Unerlässlich zur Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen ist die exakte Definition<br />

der Gr<strong>und</strong>gesamtheit (vgl. Raithel, 2006, S. 53). Zur Gr<strong>und</strong>gesamtheit gehören in diesem Fall<br />

alle SchülerInnen deutscher Haupt- <strong>und</strong> Realschulen 38 vom 5. bis 10. Schuljahr, ohne dass<br />

weitere Eigenschaften vorausgesetzt wer<strong>den</strong>.<br />

Weiterhin kann als Ziel einer Stichprobe im quantitativen Forschungsprozess festgesetzt wer-<br />

<strong>den</strong>, Generalisierungen auf die Gr<strong>und</strong>gesamtheit vorzunehmen, was als „Repräsentativitäts-<br />

schluss“ bezeichnet wird. Dazu sollte die Stichprobe als Teilmenge aller Untersuchungsein-<br />

heiten 39 die untersuchungsrelevanten Eigenschaften der Gr<strong>und</strong>gesamtheit möglichst genau<br />

abbil<strong>den</strong>. Dies wird optimal in einer Zufallsstichprobe erreicht, die die Gewähr dafür stellt,<br />

dass aus <strong>den</strong> Ergebnissen einer Stichprobe in Bezug auf die Verteilung aller Merkmale auf die<br />

Verteilung dieser Merkmale in der Gr<strong>und</strong>gesamtheit geschlossen wer<strong>den</strong> kann (vgl. ebd., S.<br />

53 ff.). Einfache Zufallsstichproben sind jedoch in der Praxis oft nicht realisierbar: So muss<br />

man <strong>sich</strong> in wissenschaftlichen Untersuchungen „meist mit anfallen<strong>den</strong> Stichproben, Schnee-<br />

ballstichproben, selbstselektiven Stichproben u. a. begnügen, die bestenfalls quasi-zufälligen<br />

Charakter aufweisen“ (Pfeiffer & Püttmann, 2006, S. 61).<br />

Dies ist ebenfalls bei der vorliegen<strong>den</strong> Untersuchung der Fall. Da eine Abschlussarbeit wie<br />

diese von dem bzw. der Studieren<strong>den</strong> selbst organisiert <strong>und</strong> finanziert wer<strong>den</strong> muss, habe ich<br />

zunächst telefonisch an Ol<strong>den</strong>burger Haupt- <strong>und</strong> Realschulen angefragt. Die zuerst kontaktier-<br />

38 Hier wird die Gr<strong>und</strong>gesamtheit auf SchülerInnen an deutschen Schulen eingegrenzt, weil Jahnke-Klein ihre<br />

Untersuchung ebenfalls nur an deutschen Schulen durchgeführt hat <strong>und</strong> unter dem Einbezug von SchülerInnen<br />

aus anderen Ländern durchaus ein anderes Untersuchungsergebnis <strong>den</strong>kbar wäre, was <strong>sich</strong> mit dem Einfluss von<br />

kulturellen Faktoren bei der Teilhabe von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> am MINT-Bereich erklären ließe (s. 2.2).<br />

39 Eine Untersuchungseinheit, ebenso wie ein Merkmalsträger, ist in diesem Fall eine Person bzw. – genauer<br />

ausgedrückt – ein Schüler oder eine Schülerin der Haupt- oder Realschule.


- 52 -<br />

ten Schulen waren die Haupt- <strong>und</strong> Realschulen Eversten <strong>und</strong> Alexanderstraße. Da ich von<br />

allen vier Schulen eine Zusage erhielt, tätigte ich keine weiteren Anrufe, um die Arbeit in<br />

einem Rahmen zu halten, der zu bewältigen ist.<br />

Somit habe ich eine willkürliche Auswahl getroffen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die<br />

Aufnahme von Merkmalsträgern in die Stichprobe unkontrolliert ohne einen Auswahlplan<br />

erfolgt. Es muss hier angemerkt wer<strong>den</strong>, dass Aussagen über die Gr<strong>und</strong>gesamtheit auf der<br />

Basis einer willkürlichen Auswahl keinesfalls wissenschaftlichen Kriterien genügen (vgl. Rai-<br />

thel, 2006, S. 55). Die willkürliche Auswahl trifft dabei jedoch nur auf die Wahl des Ortes der<br />

Schulen zu, indem ich zunächst Kontakt zu Schulen aus Ol<strong>den</strong>burg gesucht habe. Innerhalb<br />

dieser Stadt erfolgt jedoch eine zufällige Auswahl der Haupt- <strong>und</strong> Realschulen, indem ich<br />

eine Liste der verfügbaren Schulen erstellt <strong>und</strong> aus dieser in unbewusster Reihenfolge Schu-<br />

len für <strong>den</strong> Anruf gewählt habe.<br />

Zu <strong>den</strong> SchülerInnen der Haupt- <strong>und</strong> Realschulen Alexanderstraße <strong>und</strong> Eversten liegen mir<br />

ausschließlich die Zahlen zu <strong>den</strong> Klassenstärken vor. Anhand dieser lässt <strong>sich</strong> die Stichprobe<br />

charakterisieren, was über<strong>sich</strong>tlich in der folgen<strong>den</strong> Tabelle geschehen soll:<br />

Jahr-<br />

Anzahl an SchülerInnen<br />

gang HS Alexanderstr. HS Eversten RS Alexanderstr. RS Eversten gesamt<br />

5 22 (1 Klasse) 19 (1 Klasse) 60 (2 Klassen) 44 (2 Klassen) 145<br />

6 18 (1 Klasse) 35 (2 Klassen) 50 (2 Klassen) 51 (2 Klassen) 154<br />

7 29 (2 Klassen) 35 (2 Klassen) 42 (2 Klassen) 45 (2 Klassen) 151<br />

8 59 (3 Klassen) 48 (2 Klassen) 54 (2 Klassen) 53 (2 Klassen) 214<br />

9 42 (2 Klassen) 43 (2 Klassen) 53 (2 Klassen) 55 (2 Klassen) 193<br />

10 42 (2 Klassen) 33 (2 Klassen) 72 (3 Klassen) 62 (3 Klassen) 209<br />

SLK 40 - 16 (1 Klasse) - - 16<br />

gesamt<br />

212 229 331 310<br />

HauptschülerInnen: 441 RealschülerInnen: 641<br />

Tabelle 2: Anzahlen der SchülerInnen der in die Stichprobe einbezogenen Haupt- <strong>und</strong> Realschulklassen<br />

1082<br />

Bei der Stichprobe handelt es <strong>sich</strong> demnach um 441 HauptschülerInnen aus 23 Klassen <strong>und</strong><br />

641 RealschülerInnen aus 26 Klassen der Jahrgänge 5 bis 10. Insgesamt wer<strong>den</strong>– sofern es<br />

keine Ausfälle gibt – 1082 SchülerInnen befragt. Leider habe ich weder einen Einblick in die<br />

40 SLK steht als Abkürzung für Sprachlernklasse.


- 53 -<br />

Verteilung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> in diesen Klassen erhalten noch über andere Charakte-<br />

ristika wie beispielsweise die Staatsangehörigkeit.<br />

3.2.2 Auswahl der Untersuchungsmethode<br />

Da Untersuchungsergebnisse aus der Studie Jahnke-Kleins vorliegen, ist hier kein explorati-<br />

ves Vorgehen – wie es bei ihr der Fall war, da der Forschungsbereich noch unbekannt war –,<br />

sondern ein explanatives Vorgehen angemessen (vgl. Schwetz et al., 2008, S. 46). Dabei geht<br />

es um das Erklären von Phänomenen: „Mit Hilfe quantifizierender Metho<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> Struktu-<br />

ren über überindividuelle Zusammenhänge <strong>und</strong> Regeln zwischen Begebenheiten aufgedeckt“<br />

(Raithel, 2006, S. 11 f.).<br />

Da insbesondere bereits vorliegende, wissenschaftlich gewonnene Aussagen über ge-<br />

schlechtstypische Präferenzen hin<strong>sich</strong>tlich des <strong>Mathematikunterricht</strong>s überprüft wer<strong>den</strong> sol-<br />

len, wobei auch die Anzahlen von SchülerInnen mit jeweils <strong>den</strong>selben Wünschen eine Rolle<br />

spielt, bietet <strong>sich</strong> hier die quantitative Methode der strukturierten, schriftlichen Befragung mit<br />

einem geschlossenen Fragebogen an. Die Vorzüge für diese Untersuchungsmethode bestehen<br />

darin, dass Daten von einer großen Anzahl von SchülerInnen zu erhalten sind, wobei der or-<br />

ganisatorische, der zeitliche <strong>und</strong> der Kostenaufwand für <strong>den</strong> Forschen<strong>den</strong> bzw. die Forschen-<br />

de tragbar sind <strong>und</strong> die teilnehmen<strong>den</strong> SchülerInnen zeitlich relativ wenig in Anspruch ge-<br />

nommen wer<strong>den</strong>. Mit Fichten et al. (2007, S. 45) lässt <strong>sich</strong> als weiterer Vorteil anführen, dass<br />

aufgr<strong>und</strong> der Anonymität der Befragung ten<strong>den</strong>ziell ehrlichere Antworten gegeben wer<strong>den</strong> als<br />

bei anderen Metho<strong>den</strong>. Die Anonymisierung hat jedoch zugleich <strong>den</strong> Nachteil, dass unklare<br />

Antworten während der Erhebung <strong>und</strong> Auswertung der Daten nicht hinterfragt wer<strong>den</strong> kön-<br />

nen. Ein Vorzug der schriftlichen gegenüber der mündlichen Befragung besteht außerdem<br />

darin, dass Merkmale <strong>und</strong> Verhaltensweisen des Interviewers als mögliche Fehlerquelle in der<br />

Regel keinen Einfluss haben. Als Nachteile der schriftlichen Befragung, die auch hier zutref-<br />

fen können, lassen <strong>sich</strong> weiterhin anführen, dass die Befragungssituation kaum hinreichend<br />

kontrollierbar ist, bei Verständnisproblemen keine Hilfe erfolgen kann <strong>und</strong> das Risiko besteht,<br />

dass einzelne Fragen weniger sorgfältig, unvollständig oder überhaupt nicht ausgefüllt wer<strong>den</strong><br />

(vgl. ebd., S. 45; vgl. Raithel, 2006, S. 66).


- 54 -<br />

3.2.3 Fragebogen als Messinstrument 41<br />

<strong>Wie</strong> bereits erwähnt, wird zur Erhebung der Daten ein Fragebogen mit geschlossenen Fragen<br />

eingesetzt, womit im Vergleich zu offenen Fragen eine Vergleichbarkeit der Antworten, eine<br />

höhere Durchführungs- <strong>und</strong> Auswertungsobjektivität, ein geringerer Aufwand bei der Aus-<br />

wertung, ein geringerer Zeitaufwand für <strong>den</strong> Befragten <strong>und</strong> eine leichtere Beantwortbarkeit<br />

für Befragte mit Verbalisierungsschwierigkeiten gegeben sind (vgl. Diekmann, 2005, S. 408).<br />

Der zuletzt genannte Aspekt spielt insbesondere für die HauptschülerInnen eine Rolle, von<br />

<strong>den</strong>en meiner Einschätzung nach ein großer Teil nichtdeutscher Herkunft ist bzw. Eltern mit<br />

nichtdeutscher Herkunft hat. Probleme mit geschlossenen Fragen kann es allerdings geben,<br />

wenn die Befragten mit Ge<strong>sich</strong>tspunkten konfrontiert wer<strong>den</strong>, zu <strong>den</strong>en sie <strong>sich</strong> noch keine<br />

Meinung gebildet haben. In diesem Fall besteht die Gefahr der Suggestivwirkung. Desweite-<br />

ren muss bedacht wer<strong>den</strong>, dass man mit geschlossenen Fragen nur Informationen im Rahmen<br />

der vorgegebenen Kategorien erhält (vgl. Fichten et al., 2007, S. 38; vgl. Raithel, 2006, S.<br />

69). Dies stellt durchaus einen kritischen Punkt dar, wenn auch durch die Untersuchungser-<br />

gebnisse Jahnke-Kleins meiner An<strong>sich</strong>t nach ein gutes Kategoriensystem vorliegt.<br />

Bei <strong>den</strong> geschlossenen Fragen handelt es <strong>sich</strong> um Alternativfragen. Das bedeutet, dass nur<br />

zwei Antwortmöglichkeiten gegeben sind, hier „Ja“ <strong>und</strong> „Nein“ (vgl. Fichten et al., 2007, S.<br />

39). Auf die empfohlene Einführung von Indifferenzangeboten durch die Kategorie „Weiß<br />

nicht“ – um der Problematik der eingeschränkten Antwortmöglichkeiten zu begegnen – (vgl.<br />

ebd., S. 38) wurde ab<strong>sich</strong>tlich verzichtet, da die SchülerInnen eine Entscheidung treffen soll-<br />

ten, was außerdem ohne langes Überlegen geschehen sollte.<br />

Die Auswahl <strong>und</strong> Formulierung von Fragen für <strong>den</strong> Fragebogen ist auf die Weise geschehen,<br />

dass ich Aussagen von damals befragten SchülerInnen, die Jahnke-Klein in ihrer Arbeit als<br />

typisch <strong>und</strong> mehrfach genannt für eine bestimmte Kategorie von Präferenzen angeführt hat, in<br />

Items umgewandelt habe. 42 Dabei musste aber auch eine Auswahl an Items getroffen wer<strong>den</strong>,<br />

die immer wieder danach rücküberprüft wurde, ob mit <strong>den</strong> Items die von Jahnke-Klein <strong>und</strong><br />

auch in dieser Untersuchung gelten<strong>den</strong> Kategorien vollständig erfasst wer<strong>den</strong> (vgl. Mummen-<br />

dey, 1999, S. 58 ff.). Die von mir zu befragen<strong>den</strong> SchülerInnen haben 26 solcher Items, die<br />

als Aussagen formuliert sind, zu lesen <strong>und</strong> sollen ankreuzen, ob diese für sie zutreffen (Ja)<br />

oder eben nicht (Nein).<br />

41 Der Fragebogen ist angehängt (s. Anlage 1).<br />

42 Da Jahnke-Klein in ihrer Auswertung durch Kategorienbildung <strong>den</strong> umgekehrten Weg gegangen ist, nämlich<br />

ausgehend von konkreten Aussagen abstrakte Begriffen gebildet hat, bestand der Vorgang der Operationalisierung<br />

für mich im Zurückverfolgen dieses Weges. Dadurch konnten die Begriffe der theoretischen Ebene, die<br />

nicht direkt beobachtbar sind, wie z. B. der Wunsch nach gründlichem Vorgehen, in Forschungsoperationen<br />

übersetzt wer<strong>den</strong> (vgl. dazu Pfeiffer & Püttmann, 2006, S. 39 f.).


- 55 -<br />

Bei der Erstellung des Fragebogens konnten keine der zahlreichen Hinweise für die Anord-<br />

nung der Fragen aus der Literatur (z. B. bei Raithel, 2006, S. 74 ff. oder Fichten et al., 2007,<br />

S. 40 f.) berück<strong>sich</strong>tigt wer<strong>den</strong>, weil zum einen die 26 Items als gleichrangig anzusehen sind<br />

<strong>und</strong> keine unterschiedlichen Funktionen oder Erkenntnisab<strong>sich</strong>ten erfüllen, <strong>und</strong> weil es zum<br />

anderen in Absprache mit Frau Jahnke-Klein sinnvoll erscheint, die Items, die verschie<strong>den</strong>en<br />

Kategorien von Präferenzen hin<strong>sich</strong>tlich des <strong>Mathematikunterricht</strong>s angehören, möglichst gut<br />

zu mischen.<br />

Bei der Formulierung der Fragen wur<strong>den</strong> jedoch die Anhaltspunkte aus der Fachliteratur be-<br />

rück<strong>sich</strong>tigt, wie etwa, dass die Fragen eindeutig <strong>und</strong> klar formuliert sein sollen, dass die Fra-<br />

gen einfache Worte enthalten, kurz <strong>und</strong> präzise sein sollen, keine bestimmten Antworten pro-<br />

vozieren (keine Suggestivfragen) sowie neutral <strong>und</strong> nicht hypothetisch formuliert sein sollen<br />

(vgl. Raithel, 2006, S. 73; vgl. Fichten et al., 2007, S. 37).<br />

Im Folgen<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> nun die im Fragebogen er<strong>sich</strong>tlichen Items <strong>den</strong> von Jahnke-Klein ge-<br />

bildeten Kategorien zugeordnet. Dem gemeinsamen Bedürfnis von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong>, die<br />

Inhalte des <strong>Mathematikunterricht</strong>s verstehen zu wollen, sind drei Items zuzuordnen:<br />

� Am wohlsten fühle ich mich im Unterricht, wenn ich alles verstan<strong>den</strong> habe<br />

� Ich möchte alles ganz genau verstehen<br />

� Ich habe Angst vor <strong>den</strong> Mathematikst<strong>und</strong>en, wenn ich etwas nicht verstan<strong>den</strong> habe<br />

Aus der zweiten Hypothese (s. 3.1.2) lassen <strong>sich</strong> vier Antwortkategorien filtern, <strong>und</strong> zwar der<br />

Wunsch nach einem gründlichen Vorgehen (5 Items),<br />

� Die Lehrerin / der Lehrer sollte so lange erklären, bis alle es verstan<strong>den</strong> haben<br />

� Die Lehrerin / der Lehrer sollte jedes Thema gründlich <strong>und</strong> ausführlich behandeln<br />

� Die Lehrerin / der Lehrer sollte erst mit einem neuen Thema anfangen, wenn alle das alte<br />

Thema verstan<strong>den</strong> haben<br />

� Die Lehrerin / der Lehrer sollte öfter zu meinem Platz kommen <strong>und</strong> meine Fragen beantworten<br />

� Die Lehrerin / der Lehrer sollte immer wieder nachfragen, ob auch wirklich alle Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler das Thema oder die Aufgabe verstan<strong>den</strong> haben<br />

die Ablehnung von Zeitdruck (2 Items),<br />

� Die Lehrerin / der Lehrer sollte uns genug Zeit geben <strong>und</strong> uns in unserem eigenen Tempo arbeiten<br />

lassen<br />

� Am wohlsten fühle ich mich im Unterricht, wenn wir alles ganz langsam besprechen<br />

das Bedürfnis nach „Haltegriffen“ zum Festhalten im <strong>Mathematikunterricht</strong> (12 Items)<br />

� Vor Klassenarbeiten sollte im Unterricht alles gut geübt wer<strong>den</strong><br />

� Ich helfe meinen Mitschülerinnen <strong>und</strong> Mitschülern gerne<br />

� Ich wünsche mir, dass wir Regeln <strong>und</strong> Merksätze aufschreiben<br />

� Ich wünsche mir, dass wir mehr Gruppenarbeit machen


- 56 -<br />

� Wenn wir Aufgaben im Unterricht oder Hausaufgaben bekommen, sollten die Ergebnisse danach<br />

immer verglichen wer<strong>den</strong><br />

� Ich mag Textaufgaben nicht<br />

� Die Lehrerin / der Lehrer sollte genau sagen, was in einer Klassenarbeit dran kommt<br />

� Ich finde es gut, wenn ich eine Frage oder Aufgabe auch mit dem Partner oder Nachbarn besprechen<br />

kann<br />

� Die Lehrerin / der Lehrer sollte uns genügend Aufgaben zum Üben geben<br />

� Es wäre gut, wenn öfter eine Schülerin oder ein Schüler etwas erklärt, <strong>den</strong>n dann verstehen es<br />

die Mitschülerinnen <strong>und</strong> Mitschüler besser<br />

� Ich wünsche mir mehr Aufgaben, die ich selbst kontrollieren kann, indem zum Beispiel ein<br />

Lösungsbogen zur Verfügung gestellt wird<br />

� Die Lehrerin / der Lehrer sollte uns viel Material geben<br />

sowie der Wunsch nach weniger Monotonie <strong>und</strong> mehr Abwechslung (4 Items).<br />

� Ich möchte gerne durch mehr schwierige Aufgaben herausgefordert wer<strong>den</strong><br />

� Es ist langweilig, wenn wir viel wiederholen <strong>und</strong> immer die gleichen Aufgaben bekommen<br />

� Wenn ich Lehrerin / Lehrer wäre, würde ich nicht so lange erklären <strong>und</strong> öfter das Thema<br />

wechseln<br />

� Ich langweile mich, wenn wir im Unterricht nur langsam vorankommen <strong>und</strong> Themen oder<br />

Aufgaben zu lange besprechen<br />

Im Anschluss an die Ja-Nein-Fragen wer<strong>den</strong> das Alter, die Klasse <strong>und</strong> das Geschlecht abge-<br />

fragt. Ein weiterer Bestandteil des Fragebogens ist ein Informationsschreiben für die Schüler-<br />

Innen, mit dem der Fragebogen beginnt. In diesem wer<strong>den</strong> die SchülerInnen über das Thema<br />

<strong>und</strong> das Ziel der Untersuchung, über die Anonymität sowie die Freiwilligkeit der Teilnahme<br />

informiert. Das Ziel der Untersuchung ist dabei mit der Aussage angegeben, herausfin<strong>den</strong> zu<br />

wollen, wie <strong>sich</strong> SchülerInnen ihren <strong>Mathematikunterricht</strong> <strong>wünschen</strong>. Es wurde ab<strong>sich</strong>tlich<br />

darauf verzichtet, die SchülerInnen darüber zu informieren, dass es um geschlechtstypische<br />

Wünsche im Hinblick auf <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> geht, um das Ergebnis der Befragung<br />

nicht zu beeinflussen.<br />

Desweiteren wird mit diesen einführen<strong>den</strong> Worten auch beab<strong>sich</strong>tigt, das Interesse der Be-<br />

fragten selbst an der Beantwortung des Fragebogens zu wecken, was als vorteilhaft angesehen<br />

wird (vgl. Raithel, 2006, S. 77). Dies geschieht mit dem Hinweis darauf, dass Lehrkräfte <strong>den</strong><br />

Unterricht besser auf die Wünsche <strong>und</strong> Bedürfnisse ihrer SchülerInnen in Bezug auf <strong>den</strong> Ma-<br />

thematikunterricht abstimmen können, wenn sie wissen, welche diese sind.


- 57 -<br />

3.2.4 Durchführung der Untersuchung<br />

Nach der Fertigstellung des (vorläufigen) Fragebogens ist ein Pretest naheliegend, um die<br />

Verständlichkeit von Formulierungen zu überprüfen <strong>und</strong> ggf. die Befragungszeit zu ermitteln<br />

(vgl. Fichten et al., 2007, S. 41 f.). Dies hat in diesem Fall in einem kleinen Rahmen stattge-<br />

f<strong>und</strong>en, wobei zwei Realschülerinnen des 5. Schuljahres, die mir persönlich bekannt sind, <strong>den</strong><br />

Fragebogen ausgefüllt haben. Die anschließende Frage nach unverständlichen Formulierun-<br />

gen oder Wörtern verneinten beide. Die für die Befragung der eigentlichen Untersuchung an-<br />

gegebene Zeit von 10 min wurde im Pretest ermittelt, in dem die eine Schülerin knapp 10 min<br />

zum Ausfüllen benötigte, die andere etwa 10,5 min.<br />

Die Befragung wurde schließlich im Zeitraum vom 08. bis zum 19. Juni 2009 durchgeführt.<br />

Ich selbst als Forscherin war in der Erhebungssituation nicht anwesend. Nachdem in <strong>den</strong> bei-<br />

<strong>den</strong> zuerst kontaktierten Schulen von der Schulleitung die Vorgabe gemacht wurde, die klas-<br />

senweise abgezählten Fragebögen in die Fächer der LehrerInnen zu verteilen, sodass die Klas-<br />

sen- bzw. die MathematiklehrerInnen die Fragebögen ausfüllen lassen, wurde dieses Vorge-<br />

hen auf meinen Vorschlag hin auch von der Schulleitung der anderen bei<strong>den</strong> Schulen als<br />

praktikabler angesehen als ein mehrtätiger Aufenthalt in der Schule meinerseits.<br />

Mit Fichten et al. (ebd., S. 43) kann hier angemerkt wer<strong>den</strong>, dass die Erhebungssituation, ins-<br />

besondere auch die Anwesenheit der ForscherInnen, Auswirkungen auf die Qualität einer<br />

Befragung hat. So ist zum einen mit einer höheren Rücklaufquote zu rechnen, wenn die Fra-<br />

gebögen in Gegenwart der ForscherInnen ausgefüllt wer<strong>den</strong>. Zum anderen besteht in diesem<br />

Fall die Möglichkeit für die Befragten, Rückfragen zu stellen. Dabei muss allerdings vorab<br />

geklärt wer<strong>den</strong>, welche Erläuterungen gegeben wer<strong>den</strong>, da auf ein übereinstimmendes Vorge-<br />

hen zu achten ist.<br />

Aufgr<strong>und</strong> meiner Abwesenheit während der Erhebung konnte ich <strong>den</strong> Einfluss der Lehrkräfte<br />

auf das Antwortverhalten der SchülerInnen nicht kontrollieren. Um jedoch einige formale<br />

Anhaltspunkte zu geben, erhielten die LehrerInnen von mir ein Anschreiben 43 . In diesem<br />

wur<strong>den</strong> sie über das Thema, das Ziel <strong>und</strong> in knapper Form über <strong>den</strong> Hintergr<strong>und</strong> der Befra-<br />

gung informiert. Desweiteren ist darin die Bitte enthalten, zuerst die Elterninformation 44 <strong>und</strong><br />

ein bis zwei Tage später die Fragebögen zu verteilen, verb<strong>und</strong>en mit dem entschei<strong>den</strong><strong>den</strong><br />

Hinweis, dass die Befragung nicht viel mehr als 10 min Zeit in Anspruch nehmen sollte. Dies<br />

hat <strong>den</strong> Hintergr<strong>und</strong>, dass die SchülerInnen die einzelnen Aussagen ohne langes Nach<strong>den</strong>ken,<br />

43 Dieses ist im Anhang einsehbar (s. Anlage 2).<br />

44 Die Genehmigung durch die Landesschulbehörde setzt voraus, dass sowohl die Eltern – da die SchülerInnen<br />

überwiegend minderjährig sind – als auch die SchülerInnen über die Freiwilligkeit der Teilnahme, Ziel <strong>und</strong> Inhalt<br />

des Vorhabens, die Art ihrer Beteiligung an der Untersuchung sowie über die Verwendung der erhobenen<br />

Daten aufzuklären sind.


- 58 -<br />

eben spontan, danach bewerten sollen, ob sie für sie zutreffen oder nicht. Davon versprechen<br />

Frau Jahnke-Klein <strong>und</strong> ich uns eine möglichst wahrheitsgemäße Angabe der Einstellungen<br />

<strong>und</strong> Wünsche der SchülerInnen.<br />

3.2.5 Beschreibung des Auswertungsverfahrens<br />

Die Auswertung der in der Befragung gewonnenen Daten erfolgte mit Hilfe des Statistik-<br />

Programms SPSS Statistics 17. Zunächst wurde ein Kodeplan erstellt, d. h., dass eine Liste<br />

aller im Fragebogen erhobenen Items, <strong>den</strong>en jeweils Variablennamen zugeordnet wer<strong>den</strong> –<br />

hier der Fragebogenchronologie entsprechend Item1 bis Item26 sowie die Variablennamen<br />

Alter, Schuljahrgang, Geschlecht –, mit allen dazugehörigen Ausprägungen erstellt wird, wo-<br />

bei jeder Variable <strong>und</strong> Merkmalsausprägung ein spezieller Wert zugeordnet wird. Diese re-<br />

gelgeleitete Zuweisung von Zahlen führt zu einer Merkmalsmessung. Die Menge aller Merk-<br />

malsmessungen bezeichnet man als quantitative Daten einer Untersuchung. Der Kodeplan<br />

diente in einem nächsten Schritt als Gr<strong>und</strong>lage für das Anlegen einer Datenmatrix . Dies ist<br />

eine Tabelle, in diesem Fall eine SPSS-Tabelle, in die die erhobenen Daten eingegeben wer-<br />

<strong>den</strong> (vgl. Bortz & Döring, 2006, S. 2 f.; vgl. Raithel, 2006, S. 83 ff.).<br />

Die in der vorliegen<strong>den</strong> Untersuchung eingesetzten dichotomen Ja-Nein-Fragen wur<strong>den</strong> mit 0<br />

für „Nein“ <strong>und</strong> 1 für „Ja“ kodiert, beim Geschlecht steht 1 für die Ausprägung „weiblich“ <strong>und</strong><br />

2 für „männlich“. Das Alter <strong>und</strong> der Schuljahrgang wur<strong>den</strong> nicht kodiert, hier wurde das em-<br />

pirische Relativ unverändert als numerisches Relativ übernommen (vgl. Pfeiffer & Püttmann,<br />

2006, S. 42). Nach der Eingabe der Daten aller Fragebögen lag der Rohdatensatz vor.<br />

Mit Hilfe des Programms SPSS Statistics 17 war es im Anschluss daran möglich, die Daten<br />

zu analysieren. Das Ziel der statistischen Analyse besteht auch in diesem Fall darin, die in <strong>den</strong><br />

Daten enthaltenen Informationen <strong>sich</strong>tbar zu machen <strong>und</strong> zu interpretieren, um auf dieser<br />

Gr<strong>und</strong>lage angemessene Entscheidungen treffen zu können. Zu unterschei<strong>den</strong> ist die Deskrip-<br />

tivstatistik, mit deren Modelle <strong>und</strong> Techniken empirische Daten zusammenfassend geordnet,<br />

dargestellt <strong>und</strong> verdichtet wer<strong>den</strong> können, von der Inferenzstatistik. Deren Techniken, die vor<br />

allem in Wahrscheinlichkeitsberechnungen bestehen, dienen dazu, aufgr<strong>und</strong> von empirischen<br />

Daten Aussagen über die Richtigkeit von Hypothesen zu formulieren, d. h. also, Schlussfolge-<br />

rungen von der Stichprobe auf die Gr<strong>und</strong>gesamtheit zu ziehen (vgl. ebd., S. 69; vgl. Raithel,<br />

2006, S. 119). In der Auswertung wird auf beide Formen der Statistik zurückgegriffen.<br />

Bei der Analyse der Daten mit Hilfe des Statistik-Programms wur<strong>den</strong> zunächst für je<strong>den</strong><br />

Schüler bzw. jede Schülerin die Items zu <strong>den</strong> einzelnen Kategorien summiert (zur Zuordnung


- 59 -<br />

der Items zu <strong>den</strong> Antwortkategorien s. 3.2.3). Dadurch wur<strong>den</strong> die Variablen „Gr<strong>und</strong>bedürf-<br />

nis_Verstehen“, wo bei drei Items Werte zwischen 0 <strong>und</strong> 3 erreicht wer<strong>den</strong> können 45 , „Gründ-<br />

lichkeit“ mit Werten von 0 bis 5, „Zeit“ mit dem höchsten zu erreichen<strong>den</strong> Wert von 2, „Si-<br />

cherheit“ mit Werten zwischen 0 bis 12 sowie „Abwechslung“ mit Werten von 0 bis 4 gebil-<br />

det. Außerdem wurde zusätzlich die Variable „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ durch<br />

Summieren der Werte für die drei zuvor erstellten Variablen gebildet. Die Variablen „Sum-<br />

me_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ sind auf die bei<strong>den</strong> Gruppen von<br />

SchülerInnen mit der Präferenz für eine bestimmte Unterrichtskultur zu beziehen. Die zuerst<br />

genannte Variable ist mit der einen Gruppe von SchülerInnen in Verbindung zu bringen, die<br />

<strong>sich</strong> ein gründliches Vorgehen, keinen Zeitdruck <strong>und</strong> „Haltegriffe“ zum Festhalten im Ma-<br />

thematikunterricht – dies entspricht einem Bedürfnis nach Sicherheit – <strong>wünschen</strong>; die Variab-<br />

le „Abwechslung“ mit der anderen Gruppe von SchülerInnen, die <strong>sich</strong> weniger Monotonie<br />

<strong>und</strong> mehr Abwechslung im <strong>Mathematikunterricht</strong> <strong>wünschen</strong>.<br />

Das Programm SPSS Statistics 17 bot dann die Möglichkeit, die Daten im Sinne der Deskrip-<br />

tivstatistik zusammenfassend darzustellen. Dabei wur<strong>den</strong> zunächst Häufigkeitsverteilungen 46<br />

erstellt, <strong>und</strong> zwar für die Anteile der Geschlechter <strong>und</strong> für die jeweilige Verteilung von Jun-<br />

gen <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> auf die Merkmalsausprägungen der einzelnen Variablen. Letzteres wurde<br />

sowohl für die einzelnen Items durchgeführt als auch für die durch Summierung neu gebilde-<br />

ten Variablen. Da die Verteilung der Geschlechter unter <strong>den</strong> gesamten teilnehmen<strong>den</strong> Schüle-<br />

rInnen – wie erwartet – ungleich war, wurde statt mit absoluten Häufigkeiten mit relativen<br />

Häufigkeiten gearbeitet, die <strong>den</strong> Anteil angeben, <strong>den</strong> die Ausprägung unter allen betrachteten<br />

<strong>Jungen</strong> bzw. <strong>Mädchen</strong> hat. Die Häufigkeitsverteilungen wur<strong>den</strong> in diesem Fall jeweils gra-<br />

fisch mit Säulendiagrammen dargestellt, wobei die Säulen gruppiert wur<strong>den</strong> nach dem Ge-<br />

schlecht (vgl. Pfeiffer & Püttmann, 2006, S. 71 ff.; vgl. Raithel, 2006, S. 126 ff.).<br />

Die Diagramme der Häufigkeitsverteilungen geben somit einen Überblick über die Verteilung<br />

der Geschlechter an <strong>den</strong> Merkmalsausprägungen der einzelnen Variablen, sodass bereits ein<br />

Eindruck gewonnen wer<strong>den</strong> kann, inwieweit die in <strong>den</strong> Hypothesen postulierte Verteilung der<br />

Geschlechter an <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> oben genannten Gruppen zutrifft. Als Beispiel soll für die Variab-<br />

le „Gründlichkeit“ eine solche Häufigkeitsverteilung gezeigt wer<strong>den</strong>:<br />

45<br />

Dies bedeutet zugleich, dass bei dem Merkmal „Gr<strong>und</strong>bedürfnis_Verstehen“ eine Merkmalsausprägung von 0,<br />

1, 2 oder 3 möglich ist.<br />

46<br />

Häufigkeitsverteilungen stellen einen Analysebereich der univariaten Statistik dar, bei der eine Variable analysiert<br />

wird (vgl. Raithel, 2006, S. 118 & S. 126). Aufgr<strong>und</strong> der nominalskalierten Variablen sind keine weiteren<br />

Techniken wie etwa Maße der zentralen Ten<strong>den</strong>z oder der Streuung sinnvoll.


- 60 -<br />

Abbildung 4: Beispiel für eine Häufigkeitsverteilung – hier der Variablen „Gründlichkeit“ –<br />

gruppiert nach Geschlecht<br />

Eine weitere Möglichkeit, die Verteilung der Geschlechter in Bezug auf die Merkmalsausprä-<br />

gungen einer Variablen zu untersuchen, besteht darin, Boxplots zu erstellen. Diese wur<strong>den</strong> für<br />

die oben angegebenen, durch Summierung neu gebildeten Variablen angefertigt. Das Boxplot<br />

stellt dabei die mittleren 50 % einer geordneten Datenmenge dar, d. h., diejenigen Daten, die<br />

zwischen dem ersten <strong>und</strong> dritten Quartil liegen. Zusätzlich wird mit einem etwas dickeren<br />

Balken der Median angezeigt – derjenige Punkt der Messwertskala, oberhalb <strong>und</strong> unterhalb<br />

dessen jeweils die Hälfte der Messwerte liegen –, sowie durch kleinere Balken außerhalb des<br />

Kastens der kleinste <strong>und</strong> der größte Wert. Extremwerte als Werte, die <strong>sich</strong> mehr als drei Kas-<br />

tenlängen außerhalb befin<strong>den</strong>, wer<strong>den</strong> aber mit einem Stern gekennzeichnet (vgl. Schwetz et<br />

al., 2008, S. 163 ff.).<br />

Mit <strong>den</strong> bisherigen Analysetechniken können die Hypothesen jedoch nicht genau geprüft<br />

wer<strong>den</strong>. Um zu entschei<strong>den</strong>, ob die in der zweiten Hypothese (s. 3.1.2) vermuteten Gruppen<br />

auch in der Stichprobe vorliegen, wur<strong>den</strong> diejenigen SchülerInnen mit einer starken Ausprä-<br />

gung des Merkmals „Abwechslung“ gefiltert. So kann zum einen die Verteilung der Ge-<br />

schlechter an dieser SchülerInnengruppe, zum anderen die Häufigkeitsverteilung dieser Schü-<br />

lerInnen in Bezug auf die Variable „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ durch Säulen-<br />

diagramme dargestellt wer<strong>den</strong>. Dabei kann insbesondere auch ein Vergleich zu der Häufig-


- 61 -<br />

keitsverteilung aller SchülerInnen für dieselbe Variable stattfin<strong>den</strong>. Zur Bestätigung der Hy-<br />

pothese muss die Gruppe der gefilterten SchülerInnen eine deutlich geringere Ausprägung der<br />

Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ aufweisen. Ein entsprechendes Verfahren<br />

wurde durchgeführt mit einer Gruppe von SchülerInnen, die aufgr<strong>und</strong> einer starken Ausprä-<br />

gung des Merkmals „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ gefiltert wur<strong>den</strong>. Für diese<br />

wur<strong>den</strong> ebenfalls durch Säulendiagramme die Häufigkeitsverteilungen sowohl in Bezug auf<br />

die Geschlechter als auch hin<strong>sich</strong>tlich der Merkmalsausprägungen der Variablen „Abwechs-<br />

lung“ darstellt, die deutlich geringer im Vergleich mit der Gesamtgruppe ausfallen müssen,<br />

folgt man der Hypothese.<br />

Schließlich können die bivariaten Metho<strong>den</strong> 47 der Kreuztabellierung <strong>und</strong> der Korrelations-<br />

rechnung Aufschluss über die Zusammenhänge zweier Variablen geben. Von <strong>den</strong> Variablen<br />

„Gründlichkeit“, „Zeit“, „Sicherheit“, „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong> „Ab-<br />

wechslung“ wurde jede Variable mit jeder anderen kombiniert, um eine Kreuztabelle mit Pro-<br />

zentwerten zu erstellen <strong>und</strong> um eine Korrelationsrechnung durchzuführen. Diese Analysever-<br />

fahren wur<strong>den</strong> außerdem zuerst für die gesamte Gruppe <strong>und</strong> danach nach Geschlechtern ge-<br />

trennt angewendet. Die Kreuz- bzw. Kontingenztabelle dient dazu, die gemeinsame Häufig-<br />

keitsverteilung zweier Variablen darzustellen <strong>und</strong> Zusammenhänge zu entdecken oder zu prü-<br />

fen. Dabei wer<strong>den</strong> Fallgruppen betrachtet, die durch die Kombination der Merkmalsausprä-<br />

gungen beider Variablen definiert wer<strong>den</strong>. Neben dieser tabellarischen Verteilungsdarstellung<br />

zweier Variablen bietet die Kreuztabelle auch statistische Tests wie <strong>den</strong> Chi-Quadrat-Test<br />

(nach Pearson) an. Mit diesem kann überprüft wer<strong>den</strong>, ob ein statistisch signifikanter Zusam-<br />

menhang zwischen <strong>den</strong> Variablen besteht. Liegt für <strong>den</strong> Chi-Quadrat-Wert eine Signifikanz<br />

von p < 0,005 vor, handelt es <strong>sich</strong> um eine signifikante Beziehung; liegt für <strong>den</strong> Wert eine<br />

Signifikanz von p < 0,001 vor, besteht zwischen <strong>den</strong> getesteten Variablen eine hoch signifi-<br />

kante Beziehung. 48 Zu beachten ist, dass aufgr<strong>und</strong> des Chi-Quadrat-Tests keine Rückschlüsse<br />

auf eine Kausalität möglich sind (vgl. Raithel, 2006, S. 136 ff.).<br />

Desweiteren wurde mit Korrelationsrechnungen die Stärke der statistischen Zusammenhänge<br />

ermittelt. Der Korrelationskoeffizient (hier nach Pearson) stellt eine Messzahl für die Eindeu-<br />

tigkeit des linearen Zusammenhangs dar. Der Wert 1 steht dabei für extrem positive Korrela-<br />

tionen, der Wert -1 für extrem negative Korrelationen <strong>und</strong> der Wert 0 dafür, dass kein linearer<br />

47 „Die bivariate Statistik befasst <strong>sich</strong> mit der Erforschung […] von Zusammenhängen (Assoziationen) zweier<br />

Untersuchungsvariablen, dem Herausarbeiten von Beziehungen zwischen zwei Merkmalen […] <strong>und</strong> ihre Quantifizierung<br />

anhand von Zusammenhangsmaßen. Zusammenhangsmaße versuchen durch eine Messzahl (Kontingenz-,<br />

Korrelations- oder Regressionskoeffizient) die Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen zum<br />

Ausdruck zu bringen“ (Raithel, 2006, S. 136).<br />

48 Auf weitere <strong>und</strong> exaktere Ausführungen bezüglich der statistischen Tests wird hier verzichtet. Dazu verweise<br />

ich auf die angegebene Literatur.


- 62 -<br />

Zusammenhang gemessen wer<strong>den</strong> konnte. 49 Der Korrelationskoeffizient ist umso kleiner, je<br />

geringer der lineare Zusammenhang zwischen <strong>den</strong> Merkmalen ist. Bei einem Wert zwischen 0<br />

<strong>und</strong> 0,2 spricht man von einer geringen Korrelation, bei einem Wert zwischen 0,2 <strong>und</strong> 0,6 von<br />

einer mittleren Korrelation <strong>und</strong> bei einem Wert zwischen 0,6 <strong>und</strong> 1,0 von einer starken Korre-<br />

lation. 50 <strong>Wie</strong> beim Chi-Quadrat-Wert kann auch vom Korrelationskoeffizienten alleine noch<br />

nicht auf einen kausalen Zusammenhang geschlossen wer<strong>den</strong> (vgl. ebd., S. 152 ff.; vgl. Pfeif-<br />

fer & Püttmann, 2006, S. 87 ff.).<br />

3.3 Ergebnisdarstellung<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage der eben dargestellten Verfahren wurde die Auswertung durchgeführt,<br />

sodass nun die Ergebnisse der Untersuchung dargelegt wer<strong>den</strong> können. Als erstes ist festzu-<br />

halten, dass ingesamt 618 von <strong>den</strong> 1082 verteilten Fragebögen zurückkamen. Davon konnten<br />

606 Fragebögen ausgewertet wer<strong>den</strong>. Fünf Fragebögen wur<strong>den</strong> nicht in die Auswertung ein-<br />

bezogen, da offen<strong>sich</strong>tlich war, dass der Schüler bzw. die Schülerin seinen/ihren Fragebogen<br />

nach einem Muster angekreuzt hat (z. B. abwechselnd Ja <strong>und</strong> Nein oder ausschließlich Ja oder<br />

Nein). Weitere sieben Fragebögen wur<strong>den</strong> aussortiert, weil die Angabe des Geschlechts fehlte<br />

oder nicht eindeutig war. Auffällig waren zudem sechs Fragebögen, bei <strong>den</strong>en auch mehrere –<br />

zwischen sieben <strong>und</strong> vierzehn – Items nicht eindeutig oder gar nicht angekreuzt waren. Diese<br />

Fragebögen wur<strong>den</strong> aber trotzdem in die Auswertung einbezogen.<br />

Weitere, vorab darzulegende Fakten sind die Verteilung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> sowie die<br />

Verteilung von SchülerInnen unterschiedlicher Jahrgänge <strong>und</strong> unterschiedlichen Alters in <strong>den</strong><br />

in die Auswertung einbezogenen Fragebögen. Die Angabe des Geschlechts <strong>und</strong> des Schul-<br />

jahrgangs erfolgte durchgehend, beim Alter fehlten dagegen drei Angaben. Die Berechnung<br />

der Häufigkeiten führte zu dem Ergebnis, dass 289 Schülerinnen (47,7 %) <strong>und</strong> 317 Schüler<br />

(52,3 %) an der Untersuchung teilgenommen haben, sowie zu folgen<strong>den</strong> Ergebnissen, die<br />

tabellarisch dargestellt wer<strong>den</strong>:<br />

49 Genauer müsste man an dieser Stelle ausführen, dass ein Korrelationskoeffizient, der von 0 verschie<strong>den</strong> ist,<br />

anzeigt, dass die Nullhypothese, dass es in der Gr<strong>und</strong>gesamtheit keinen Zusammenhang gibt, widerlegt ist <strong>und</strong><br />

die Alternativhypothese angenommen wer<strong>den</strong> kann (vgl. Raithel, 2006, S. 154 f.). Da bisher die Unterscheidung<br />

von Null- <strong>und</strong> Alternativhypothese vernachlässigt wurde, wird auch weiterhin auf Ausführungen diesbezüglich<br />

verzichtet.<br />

50 Zu dieser Einteilung fin<strong>den</strong> <strong>sich</strong> in der Literatur jedoch unterschiedliche Angaben.


- 63 -<br />

Schuljahrgang<br />

5 6 7 8 9 10<br />

Häufigkeiten 107 57 104 81 146 111<br />

Prozent 17,7 9,4 17,2 13,4 24,1 18,3<br />

Tabelle 3: Verteilung der SchülerInnen mit unterschiedlichem Schuljahrgang in <strong>den</strong> ausgewerteten<br />

Fragebögen<br />

Alter<br />

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19<br />

Häufigkeiten 7 57 70 90 74 101 146 53 4 1<br />

Prozent 1,2 9,4 11,6 14,9 12,2 16,7 24,1 8,7 0,7 0,2<br />

Tabelle 4: Verteilung der SchülerInnen unterschiedlichen Alters in <strong>den</strong> ausgewerteten Fragebögen<br />

Im Folgen<strong>den</strong> sollen zunächst Ergebnisse dargelegt wer<strong>den</strong>, auf deren Gr<strong>und</strong>lage die in Punkt<br />

3.1.2 aufgestellten Hypothesen überprüft wer<strong>den</strong> können. Daran anschließend wer<strong>den</strong> weitere<br />

ausgewählte, zum Teil differenziertere Ergebnisse der Untersuchung dargelegt.<br />

3.3.1 Ergebnisse in Bezug auf die Hypothesen<br />

Zur Überprüfung der ersten Hypothese, dass <strong>sich</strong> <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> im Mathematikunter-<br />

richt besonders wohl fühlen, wenn sie alles verstan<strong>den</strong> haben, kann eine Analyse von drei<br />

Items herangezogen wer<strong>den</strong>. Da die Verteilung der Geschlechter in <strong>den</strong> Fragebögen ungleich<br />

ist, wer<strong>den</strong> nicht die absoluten Häufigkeiten, sondern die Prozentzahlen dargestellt. Die unten<br />

eingefügte Abbildung 5 zeigt, dass sowohl <strong>Jungen</strong> als auch <strong>Mädchen</strong> ein starkes Bedürfnis<br />

haben, die im <strong>Mathematikunterricht</strong> behandelten Inhalte verstehen zu wollen. Dabei ist das<br />

Bedürfnis der <strong>Mädchen</strong> etwas stärker ausgeprägt. So lassen <strong>sich</strong> 96,2 % der <strong>Mädchen</strong> ausma-<br />

chen, die <strong>den</strong> Wert 2 oder 3 erreichen; bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> ist der Anteil mit 89 % etwas geringer.<br />

Zudem besteht ein deutlicher Unterschied zwischen <strong>den</strong> Geschlechtern auf der Stufe mit der<br />

höchsten Ausprägung, wo 35,6 % der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> 21,5 % der <strong>Jungen</strong> zu fin<strong>den</strong> sind:


- 64 -<br />

Abbildung 5: Verteilung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> auf die Merkmalsausprägungen der Variablen<br />

„Gr<strong>und</strong>bedürfnis_Verstehen“<br />

Das etwas stärkere Bedürfnis der Schülerinnen, alles verstehen zu wollen, spiegelt <strong>sich</strong> kon-<br />

sequenterweise auch in <strong>den</strong> Antworten auf die einzelnen Items wider. 51 Hier haben 99 % der<br />

Schülerinnen gegenüber 94,3 % der Schüler die Aussage bejaht, dass sie <strong>sich</strong> am wohlsten im<br />

Unterricht fühlen, wenn <strong>sich</strong> alles verstan<strong>den</strong> haben. 96,5 % der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> 91,8 % der<br />

<strong>Jungen</strong> möchten zudem alles ganz genau verstehen. Demgegenüber lässt <strong>sich</strong> ein recht deutli-<br />

cher Geschlechterunterschied in Bezug auf das Item „Ich habe Angst vor <strong>den</strong> Mathematik-<br />

st<strong>und</strong>en, wenn ich etwas nicht verstan<strong>den</strong> habe“ herausstellen. So wurde dieses von 38,5 %<br />

der Schülerinnen bejaht, jedoch nur von 24,6 % der Schüler.<br />

Die Analyse der Daten zur Überprüfung der zweiten Hypothese gestaltete <strong>sich</strong> etwas kompli-<br />

zierter. Hier ging es darum, zu zeigen, dass <strong>sich</strong> zwei möglichst trennscharfe Gruppen von<br />

SchülerInnen bil<strong>den</strong>, die <strong>sich</strong> eine gegensätzliche Unterrichtskultur <strong>wünschen</strong>, wobei dem<br />

Wunsch nach einem gründlichen Vorgehen <strong>und</strong> „Haltegriffen“ zum Festhalten im Mathema-<br />

51 s. Anhang (Anlage 8)


- 65 -<br />

tikunterricht sowie die Ablehnung von Zeitdruck der Wunsch nach weniger Monotonie <strong>und</strong><br />

mehr Abwechslung im <strong>Mathematikunterricht</strong> gegenübersteht.<br />

Zunächst kann die Verteilung der Geschlechter auf die Merkmalsausprägungen verschie<strong>den</strong>er<br />

Variablen betrachtet wer<strong>den</strong>, hier der Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong><br />

„Abwechslung“:<br />

Abbildung 6: Verteilung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> auf die Merkmalsausprägungen der Variablen<br />

„Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“


- 66 -<br />

Abbildung 7: Verteilung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> auf die Merkmalsausprägungen der Variablen<br />

„Abwechslung“<br />

Es ist er<strong>sich</strong>tlich, dass in <strong>den</strong> höheren Ausprägungsgra<strong>den</strong> der zuerst dargestellten Variablen<br />

deutlich mehr Schülerinnen zu fin<strong>den</strong> sind. Dabei zeigt <strong>sich</strong> der höhere Anteil der <strong>Mädchen</strong><br />

auch in <strong>den</strong> jeweils höchsten Ausprägungsgra<strong>den</strong> der Merkmale „Gründlichkeit“, „Zeit“ <strong>und</strong><br />

„Sicherheit“. 52 Dagegen sind in <strong>den</strong> höheren Werten für die Variable „Abwechslung“ mehr<br />

Schüler angesiedelt. Dieses Ergebnis kann auch durch die zugehörigen Boxplots verdeutlicht<br />

wer<strong>den</strong>. 53 Diese zeigen, dass in Bezug auf die Variable „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicher-<br />

heit“ die mittleren 50 % der Werte der <strong>Mädchen</strong> zwischen <strong>den</strong> Werten 13 <strong>und</strong> 16 liegen, wo-<br />

bei der Median 15 ist. Bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> ist das erste Quartil 12, das dritte 16 <strong>und</strong> der Median<br />

14. Hin<strong>sich</strong>tlich der Variablen „Abwechslung“ liegen 50 % der Daten der <strong>Mädchen</strong> zwischen<br />

1 <strong>und</strong> 2, die der <strong>Jungen</strong> aber zwischen 1 <strong>und</strong> 3.<br />

<strong>Wie</strong> in der Beschreibung des Auswertungsverfahrens erwähnt, wur<strong>den</strong> diejenigen SchülerIn-<br />

nen gefiltert, die eine starke Ausprägung des Merkmals „Abwechslung“ haben, um dann die<br />

52<br />

Säulendiagramme, durch die die Häufigkeitsverteilungen für diese Variablen dargestellt wer<strong>den</strong>, befin<strong>den</strong> <strong>sich</strong><br />

im Anhang (s. Anlage 3).<br />

53<br />

Diese sind im Anhang er<strong>sich</strong>tlich (s. Anlage 4).


- 67 -<br />

Verteilung dieser SchülerInnen bezüglich der Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicher-<br />

heit“ zu betrachten <strong>und</strong> dadurch eine Abgrenzung der Gruppen erkennen zu können.<br />

Setzt man einen Filter für die Ausprägung 3 <strong>und</strong> 4 hin<strong>sich</strong>tlich der Variablen „Abwechslung“,<br />

wird eine Gruppe von 170 SchülerInnen (28,05 %) gebildet, in der <strong>sich</strong> 71 <strong>Mädchen</strong> (24,6 %)<br />

<strong>und</strong> 99 <strong>Jungen</strong> (31,2 %) befin<strong>den</strong>. Erstellt man für diese SchülerInnengruppe ein Säulendia-<br />

gramm, das die Häufigkeitsverteilung für die Variable „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicher-<br />

heit“ zeigt, ergibt <strong>sich</strong> eine Verschiebung in die Richtung einer geringeren Ausprägung ge-<br />

genüber der Verteilung für alle SchülerInnen. So sind die prozentualen Anteile der SchülerIn-<br />

nen mit einem starken Bedürfnis nach Abwechslung an <strong>den</strong> Merkmalsausprägungen bis zum<br />

Wert 12 höher als die Anteile unter Einbezug aller SchülerInnen. Andersherum verhält es <strong>sich</strong><br />

in Bezug auf die Ausprägungen ab dem Wert 13. Der größte Unterschied von 4,62 Prozent-<br />

punkten ist beim Wert 12 festzustellen.<br />

Abbildung 8: Verteilung der SchülerInnen mit einem starken Bedürfnis nach Abwechslung auf<br />

die Merkmalsausprägungen der Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“


- 68 -<br />

Abbildung 9: Verteilung aller SchülerInnen auf die Merkmalsausprägungen der Variablen<br />

„Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“<br />

Betrachtet man eine Gegenüberstellung entsprechender Diagramme, deren Säulen nach <strong>den</strong><br />

bei<strong>den</strong> Geschlechtern gruppiert sind, 54 zeigt <strong>sich</strong> die Verschiebung nach links bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong><br />

überdeutlich, bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> hingegen weniger klar. Während die Säulen der <strong>Jungen</strong> der<br />

gefilterten Gruppe bei <strong>den</strong> Werten 11 <strong>und</strong> 12 am höchsten sind, ist dies für die <strong>Mädchen</strong> bei<br />

<strong>den</strong> Werten 14 <strong>und</strong> 15 der Fall. Demgegenüber sind die meisten <strong>Jungen</strong> der Gesamtgruppe bei<br />

<strong>den</strong> Werten 13 <strong>und</strong> 14, die meisten <strong>Mädchen</strong> aber unverändert bei <strong>den</strong> Werten 14 <strong>und</strong> 15 aus-<br />

zumachen.<br />

Desweiteren ergibt eine Filterung derjenigen SchülerInnen mit der Ausprägung 4 in Bezug<br />

auf die Variable „Abwechslung“ eine Gruppe von 28 SchülerInnen, die <strong>sich</strong> in 13 <strong>Mädchen</strong><br />

(4,5 %) <strong>und</strong> 15 <strong>Jungen</strong> (4,7 %) aufteilt. Die auf gleiche Weise wie zuvor erstellten Diagram-<br />

me sind jedoch nicht aussagekräftig.<br />

Ein entsprechendes Auswertungsverfahren hat stattgef<strong>und</strong>en, indem SchülerInnen mit einer<br />

hohen Ausprägung des Merkmals „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ gefiltert wur<strong>den</strong>,<br />

hier mit <strong>den</strong> Werten größer als 16. Zu dieser Gruppe gehören insgesamt 186 SchülerInnen<br />

54 s. Anhang (Anlage 5)


- 69 -<br />

(30,7 %), davon 84 <strong>Jungen</strong> (26,5 %) <strong>und</strong> 102 <strong>Mädchen</strong> (35,3 %). Vergleicht man die Häufig-<br />

keitsverteilungen dieser Gruppe in Bezug auf die Ausprägungen des Merkmals „Abwechs-<br />

lung“ mit der gesamten Gruppe, zeigt <strong>sich</strong> wiederum eine deutliche Verschiebung in die Rich-<br />

tung einer geringeren Ausprägung. Deutliche Unterschiede zwischen <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Gruppen<br />

bestehen in der Verteilung an <strong>den</strong> Ausprägungsgra<strong>den</strong> 0 <strong>und</strong> 1 sowie 3 <strong>und</strong> 4. So verteilen<br />

<strong>sich</strong> 53,2 % der SchülerInnen mit einem starken Wunsch nach Gründlichkeit, viel Zeit <strong>und</strong><br />

<strong>sich</strong>erheitsspen<strong>den</strong><strong>den</strong> Maßnahmen im <strong>Mathematikunterricht</strong> auf die Merkmalsausprägungen<br />

0 <strong>und</strong> 1, bei der Gesamtgruppe sind es nur 41 %. Der Anteil der Gruppe der gefilterten Schü-<br />

lerInnen an <strong>den</strong> Ausprägungen 3 <strong>und</strong> 4 liegt bei 18,8 %, der der Gesamtgruppe aber bei 28 %.<br />

Abbildung 10: Verteilung der SchülerInnen mit einem starken Bedürfnis nach Gründlichkeit,<br />

viel Zeit <strong>und</strong> Sicherheit auf die Merkmalsausprägungen der Variablen „Abwechslung“


- 70 -<br />

Abbildung 11: Verteilung aller SchülerInnen auf die Merkmalsausprägungen der Variablen<br />

„Abwechslung“<br />

Auch hier lassen <strong>sich</strong> entsprechende Diagramme erstellen, die eine Verteilung der Geschlech-<br />

ter einbeziehen. 55 Dabei zeigen die <strong>Mädchen</strong> mit einem starken Wunsch nach Gründlichkeit,<br />

viel Zeit <strong>und</strong> Sicherheit eine deutlich geringere Präferenz für mehr Abwechslung als die Mäd-<br />

chen der Gesamtgruppe. Bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> ist dieser Effekt ebenfalls vorhan<strong>den</strong>. Große Unter-<br />

schiede zwischen <strong>den</strong> Gruppen sind in Hin<strong>sich</strong>t auf die unteren <strong>und</strong> oberen Ausprägungsgrade<br />

zu sehen: Während 58,8 % der <strong>Mädchen</strong> der gefilterten Gruppe <strong>sich</strong> kaum Abwechslung<br />

<strong>wünschen</strong> (Wert 0 bis 1), sind es in der Gesamtgruppe nur 46 %. Demgegenüber haben von<br />

<strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> der gefilterten Gruppe 16,6 % einen starken Wunsch nach Abwechslung (Wert<br />

3 bis 4), <strong>den</strong> in der Gesamtgruppe der <strong>Mädchen</strong> aber 24,6 % äußern. Bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> betragen<br />

die Unterschiede zwischen <strong>den</strong> Gruppen in bei<strong>den</strong> Fällen ungefähr 10 Prozentpunkte.<br />

Schließlich geben, wie oben beschrieben, Kreuztabellen <strong>und</strong> Korrelationsrechnungen Auf-<br />

schluss über mögliche Zusammenhänge zwischen Variablen. Um zu überprüfen, ob <strong>sich</strong> recht<br />

55 s. Anhang (Anlage 6)


- 71 -<br />

trennscharf die in der zweiten Hypothese postulierten Gruppen bil<strong>den</strong> lassen – wie es mit <strong>den</strong><br />

bisher dargelegte Ergebnissen schon versucht wurde –, sollen der Chi-Quadrat-Wert sowie die<br />

Korrelation nach Pearson für die Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong><br />

„Abwechslung“ betrachtet wer<strong>den</strong>. Der Chi-Quadrat-Test ergibt eine Signifikanz von<br />

p < 0,001, was bedeutet, dass es <strong>sich</strong> um eine hoch signifikante Beziehung zwischen <strong>den</strong> bei-<br />

<strong>den</strong> Variablen handelt. Dies kann auch durch die Korrelationsrechnungen sowohl für die<br />

<strong>Mädchen</strong> als auch für die <strong>Jungen</strong> bestätigt wer<strong>den</strong>:<br />

Geschlecht<br />

weiblich<br />

männlich<br />

Summe_Gründlichkeit<br />

_Zeit_Sicherheit<br />

Abwechslung<br />

Summe_Gründlichkeit<br />

_Zeit_Sicherheit<br />

Abwechslung<br />

Korrelationen<br />

**. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.<br />

Summe_Gründ-<br />

lichkeit_Zeit_<br />

Sicherheit Abwechslung<br />

Korrelation nach Pearson 1 -,252 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000<br />

N 289 289<br />

Korrelation nach Pearson -,252 ** 1<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000<br />

N 289 289<br />

Korrelation nach Pearson 1 -,245 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000<br />

N 317 317<br />

Korrelation nach Pearson -,245 ** 1<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000<br />

N 317 317<br />

Tabelle 5: Korrelationen für die Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“<br />

für die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

Für beide Geschlechter zeigt der Korrelationskoeffizient eine mittlere Korrelation an – an der<br />

Grenze zu einer geringen Korrelation. Der Korrelationskoeffizient für die Gesamtgruppe be-<br />

trägt dabei -0,262. Die negative Zahl weist auf eine negative Korrelation hin, was bedeutet,<br />

dass großen Werten der Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicher-heit“ kleinen Werten<br />

der Variablen „Abwechslung“ entsprechen (<strong>und</strong> umgekehrt).


- 72 -<br />

3.3.2 Weiterführende Untersuchungsergebnisse<br />

Um an die bisherigen Korrelationsrechnungen anzuknüpfen, sollen zunächst Berechnungen,<br />

in die weitere Variablen einbezogen wur<strong>den</strong> <strong>und</strong> die interessante Ergebnisse zeigen, dargelegt<br />

wer<strong>den</strong>:<br />

Gründlichkeit<br />

Zeit<br />

Sicherheit<br />

Korrelationen<br />

Gründlich-<br />

keit Zeit Sicherheit<br />

Korrelation nach Pearson 1 ,334 **<br />

,236 **<br />

Summe_<br />

Gründlich-<br />

keit_Zeit_<br />

Sicherheit<br />

Abwechs-<br />

lung<br />

,648 ** -,170 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,000<br />

N 606 603 606 606 606<br />

Korrelation nach Pearson ,334 **<br />

1 ,227 **<br />

,545 ** -,282 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,000<br />

N 603 603 603 603 603<br />

Korrelation nach Pearson ,236 **<br />

,227 **<br />

1 ,856 ** -,172 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,000<br />

N 606 603 606 606 606<br />

Korrelation nach Pearson ,648 **<br />

Summe_ Gründ-<br />

lichkeit_Zeit_<br />

Sicherheit<br />

Abwechslung<br />

,545 **<br />

,856 **<br />

1 -,262 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,000<br />

N 606 603 606 606 606<br />

Korrelation nach Pearson -,170 **<br />

-,282 **<br />

-,172 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,000<br />

-,262 ** 1<br />

N 606 603 606 606 606<br />

**. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.<br />

Tabelle 6: Korrelationen für die Variablen „Gründlichkeit“, „Zeit“, „Sicherheit“, „Summe_<br />

Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“<br />

So weisen die Variablen „Gründlichkeit“, „Zeit“ <strong>und</strong> „Sicherheit“ eine hoch signifikante Be-<br />

ziehung auf, die <strong>sich</strong> auch durch die Chi-Quadrat-Tests bestätigen lässt. Dabei zeigt der Kor-<br />

relationskoeffizient jeweils eine mittlere Korrelation an. Diese ist in allen Fällen positiv, was<br />

bedeutet, dass beispielsweise hohe Werte von „Gründlichkeit“ hohen Werten von „Sicher-<br />

heit“ entsprechen. Verknüpft man diese drei Variablen mit dem Merkmal „Abwechslung“<br />

zeigt <strong>sich</strong>, dass jeweils hoch signifikante Zusammenhänge vorliegen. Dabei sind alle Korrela-<br />

tionen negativ. Die Korrelationskoeffizienten weisen aber darauf hin, dass bei <strong>den</strong> Variablen<br />

„Gründlichkeit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ sowie „Sicherheit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ nur eine geringe


- 73 -<br />

Korrelation vorliegt, bei <strong>den</strong> Variablen „Zeit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ eine mittlere Korrelation.<br />

Letzteres Ergebnis lässt <strong>sich</strong> gut anhand der entsprechen<strong>den</strong> Kreuztabelle zeigen. Hier ist zu<br />

sehen, dass ein großer Anteil der Stichprobe im Bereich einer geringen Ausprägung der Vari-<br />

ablen „Abwechslung“ (Werte 0 bis 2) <strong>und</strong> einer starken Ausprägung der Variablen „Zeit“<br />

(Wert 2) zu fin<strong>den</strong> ist, der hier rot markiert ist:<br />

% der Gesamtzahl<br />

Zeit<br />

Zeit * Abwechslung Kreuztabelle<br />

Abwechslung<br />

,00 1,00 2,00 3,00 4,00 Gesamt<br />

,00 ,5% 1,8% 3,2% 3,0% 1,0% 9,5%<br />

1,00 2,8% 7,6% 13,4% 13,1% 1,3% 38,3%<br />

2,00 12,1% 16,4% 14,3% 7,1% 2,3% 52,2%<br />

Gesamt 15,4% 25,9% 30,8% 23,2% 4,6% 100,0%<br />

Tabelle 7: Kreuztabelle für die Variablen „Zeit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“<br />

Im Falle der Verknüpfung der Variablen „Gründlichkeit“, „Zeit“ <strong>und</strong> „Sicherheit“ mit der<br />

Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ ergeben <strong>sich</strong> – wie erwartet – starke bzw.<br />

in Bezug auf das Merkmal „Zeit“ mittlere positive Korrelationen.<br />

Zudem lassen <strong>sich</strong> diese Korrelationsrechnungen auch einzeln für <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />

durchführen. 56 Während bei <strong>den</strong> Schülern die Korrelationskoeffizienten in Bezug auf die Va-<br />

riablen „Gründlichkeit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ sowie „Zeit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ etwas geringer<br />

ausfallen im Vergleich zu der Gesamtgruppe, sind diejenigen der Schülerinnen im Vergleich<br />

etwas höher. Umgekehrt verhält es <strong>sich</strong> hin<strong>sich</strong>tlich der Merkmale „Sicherheit“ <strong>und</strong> „Ab-<br />

wechslung“, deren Beziehung bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> zudem nicht signifikant ist. Der Korrelations-<br />

koeffizient weist hier auf eine geringe negative Korrelation hin. Dieser Fall ohne signifikan-<br />

ten Zusammenhang stellt eine Ausnahme dar.<br />

Desweiteren sollen hier auffällige Ergebnisse in Bezug auf Geschlechterdifferenzen bei der<br />

Beantwortung einzelner Items dargestellt wer<strong>den</strong>. 57 <strong>Wie</strong> bereits erwähnt (s. 3.3.1), geben<br />

deutlich mehr <strong>Mädchen</strong> als <strong>Jungen</strong> an, Angst vor <strong>den</strong> Mathematikst<strong>und</strong>en zu haben, wenn sie<br />

etwas nicht verstan<strong>den</strong> haben. Hier liegt der Anteil der Schülerinnen bei 38,5 %, der der<br />

Schüler bei 24,6 %. Bei <strong>den</strong> übrigen Items zur Antwortkategorie, die Inhalte des Mathematik-<br />

56 Die entsprechende Tabelle ist im Anhang als Anlage 7 eingefügt.<br />

57 Die Häufigkeitsverteilung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> hin<strong>sich</strong>tlich einzelner Items ist angehängt (s. Anlage 8).


- 74 -<br />

unterrichts verstehen zu wollen, liegen keine großen Geschlechterunterschiede vor. Dies gilt<br />

ebenfalls für die Items zu <strong>den</strong> Kategorien „Wunsch nach einem gründlichen Vorgehen“ <strong>und</strong><br />

„Ablehnung von Zeitdruck“.<br />

In Bezug auf die Antwortkategorie, dass ein Bedürfnis nach „Haltegriffen“ zum Festhalten im<br />

<strong>Mathematikunterricht</strong> besteht, weisen die Hälfte der Items ein deutlich unterschiedliches<br />

Antwortverhalten von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> auf, wobei stets die <strong>Mädchen</strong> die gegebenen I-<br />

tems stärker bejahen als die <strong>Jungen</strong>. Deutliche Unterschiede sind in folgen<strong>den</strong> Items auszu-<br />

machen:<br />

Item Schülerinnen Schüler<br />

Ich helfe meinen Mitschülerinnen <strong>und</strong> Mitschülern gerne. 86,1 % 74,4 %<br />

Ich wünsche mir, dass wir Regeln <strong>und</strong> Merksätze aufschreiben.<br />

Wenn wir Aufgaben im Unterricht oder Hausaufgaben<br />

bekommen, sollten die Ergebnisse danach immer verglichen<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

57,5 % 43,3 %<br />

78,3 % 67,6 %<br />

Ich mag Textaufgaben nicht. 68,2 % 54,3 %<br />

Ich finde es gut, wenn ich eine Frage oder Aufgabe auch<br />

mit dem Partner oder Nachbarn besprechen kann.<br />

Ich wünsche mir mehr Aufgaben, die ich selbst kontrollieren<br />

kann, indem zum Beispiel ein Lösungsbogen zur Verfügung<br />

gestellt wird.<br />

97,2 % 88,3 %<br />

76,8 % 66,9 %<br />

Tabelle 8: Prozentuale Anteile von Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern mit Zustimmung zu <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en<br />

Items<br />

Letztlich ist in Bezug auf die Antwortkategorie „Wunsch nach mehr Abwechslung <strong>und</strong> weni-<br />

ger Monotonie“ beim Item „Ich möchte gerne durch mehr schwierige Aufgaben herausgefor-<br />

dert wer<strong>den</strong>“ eine stärkere Zustimmung auf Seiten der <strong>Jungen</strong> festzustellen. So bejahen<br />

45,3 % der <strong>Jungen</strong> diese Aussage gegenüber 26,6 % der <strong>Mädchen</strong>. Etwas geringer fällt die<br />

Geschlechterdifferenz beim Item „Ich langweile mich, wenn wir im Unterricht nur langsam<br />

vorankommen <strong>und</strong> Themen oder Aufgaben zu lange besprechen“ aus, dem 66 % der <strong>Jungen</strong><br />

<strong>und</strong> 57,6 % der <strong>Mädchen</strong> zustimmen.<br />

Schließlich wur<strong>den</strong> Zusammenhänge von Präferenzen für eine bestimmte Unterrichtskultur<br />

mit dem Schuljahrgang untersucht. Dazu wur<strong>den</strong> nach Schuljahrgang gruppierte Säulendia-<br />

gramme für die Variablen „Gr<strong>und</strong>bedürfnis_Verstehen“, „Gründlichkeit“, „Zeit“, „Sicher-<br />

heit“, „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ erstellt sowie Korrelati-


- 75 -<br />

onsrechnungen für die bei<strong>den</strong> zuletzt genannten Variablen jeweils mit dem Merkmal „Schul-<br />

jahrgang“ durchgeführt. Auf der Gr<strong>und</strong>lage der Diagramme konnten keine regelmäßigen oder<br />

auffälligen Verteilungen herausgestellt wer<strong>den</strong>. Die Korrelationsrechnungen geben an, dass<br />

keine signifikanten Zusammenhänge bestehen.<br />

3.4 Interpretation <strong>und</strong> Diskussion<br />

Nach dieser rein deskriptiven Darstellung der Untersuchungsergebnisse schließen <strong>sich</strong> eine<br />

Interpretation der Ergebnisse sowie eine Diskussion der Untersuchung im Ganzen an. <strong>Wie</strong> im<br />

Folgen<strong>den</strong> zu sehen sein wird, wer<strong>den</strong> bei der Interpretation die Ergebnisse mit vorhan<strong>den</strong>en<br />

Ergebnissen anderer, zuvor beschriebener Untersuchungen in Verbindung gebracht, wobei<br />

hier vordergründig die Studie Jahnke-Kleins aufgegriffen wird. Die Diskussion beinhaltet<br />

insbesondere eine kritische Betrachtung meiner Untersuchung anhand der klassischen Güte-<br />

kriterien empirischer Forschung.<br />

3.4.1 Interpretation der Ergebnisse<br />

Vergleicht man die hier gewonnenen Ergebnisse mit <strong>den</strong>en Jahnke-Kleins, sind Übereinstim-<br />

mungen, aber noch in größerer Zahl bemerkbare Unterschiede festzustellen, was in der Kon-<br />

sequenz zu einer Annahme der ersten <strong>und</strong> einer Ablehnung der zweiten Hypothesen führt.<br />

Betrachtet man zunächst die erste Hypothese (s. 3.1.2), kann diese mit <strong>den</strong> Untersuchungser-<br />

gebnissen bestätigt wer<strong>den</strong>. So befin<strong>den</strong> <strong>sich</strong> über 96 % der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> fast 90 % der Jun-<br />

gen auf <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> höchsten Ausprägungsgra<strong>den</strong> der Variablen, die das Gr<strong>und</strong>bedürfnis ab-<br />

bildet, die im <strong>Mathematikunterricht</strong> behandelten Inhalte verstehen zu wollen. Das Item „Am<br />

wohlsten fühle ich mich im Unterricht, wenn ich alles verstan<strong>den</strong> habe“, das als Aussage in<br />

der Studie Jahnke-Kleins (2001, S. 103) zu <strong>den</strong> am häufigsten gegebenen Antworten in ihren<br />

Fragebögen zählte, wurde auch in meiner Untersuchung von 99 % der <strong>Mädchen</strong> sowie von<br />

94,3 % der <strong>Jungen</strong> bejaht.<br />

In Bezug auf ein Item dieser Kategorie bestehen allerdings Unterschiede zu <strong>den</strong> Ergebnissen<br />

Jahnke-Kleins (ebd., S. 107): So hat die Autorin <strong>den</strong> Wunsch, alles ganz genau verstehen zu<br />

wollen <strong>und</strong> <strong>sich</strong> ganz <strong>sich</strong>er sein zu wollen, <strong>den</strong> Stoff auch wirklich verstan<strong>den</strong> zu haben, aus-<br />

schließlich <strong>den</strong> Schülerinnen zugeordnet. Nach <strong>den</strong> Ergebnissen, die meine Stichprobe her-<br />

vorgebracht hat, ist jedoch sowohl der Anteil der <strong>Mädchen</strong> (96,5 %) als auch der der <strong>Jungen</strong><br />

(91,8 %) mit diesem Wunsch sehr hoch.


- 76 -<br />

In Bezug auf die zweite Hypothese konnte durch die eigene Analyse festgehalten wer<strong>den</strong>,<br />

dass mehr <strong>Mädchen</strong> als <strong>Jungen</strong> eine starke Präferenz für einen Unterrichtsstil haben, der<br />

durch ein gründliches Vorgehen, viel Zeit <strong>und</strong> <strong>sich</strong>erheitsspen<strong>den</strong>de Maßnahmen gekenn-<br />

zeichnet ist. Mehr Schüler als Schülerinnen bevorzugen hingegen einen abwechslungsreichen,<br />

weniger monotonen Unterricht. Diese Ten<strong>den</strong>z ist ein erster Hinweis auf die von Jahnke-<br />

Klein (ebd., S. 108 ff.) herausgestellte Gruppenbildung. So hat sie 7 von 10 <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> nur<br />

4 von 10 <strong>Jungen</strong> der zuerst genannten Unterrichtskultur zugeordnet, der zuletzt genannten<br />

aber 3 von 10 <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> jedes zwölfte <strong>Mädchen</strong>.<br />

Um ein genaueres Bild von einer möglichen Gruppenbildung <strong>und</strong> <strong>den</strong> Anteilen der Ge-<br />

schlechter daran in Bezug auf meine Stichprobe zu erhalten, wur<strong>den</strong> jeweils – wie oben be-<br />

schrieben – die SchülerInnen mit einer starken Ausprägung für das Merkmal „Summe_<br />

Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ sowie „Abwechslung“ gefiltert. Beide Analysen der Ge-<br />

schlechterverteilung ergeben ein zu <strong>den</strong> eben beschriebenen Ergebnissen Jahnke-Kleins deut-<br />

lich verschie<strong>den</strong>es Resultat (trotz der zuvor festgestellten Ten<strong>den</strong>z in dieselbe Richtung): Der<br />

Anteil an <strong>Jungen</strong> an der Gruppe, die recht stark einen abwechslungsreichen Unterricht präfe-<br />

rieren, liegt zwar bei 31,2 % - was ungefähr der Quantifizierung 3 von 10 entspricht –, jedoch<br />

gehören dieser Gruppe auch ca. 28 % der <strong>Mädchen</strong> an. Dies steht in einem deutlichen Unter-<br />

schied zur Hypothese, dass der Gruppe kaum <strong>Mädchen</strong> angehören, allenfalls jedes zwölfte.<br />

Ebenso liegen Diskrepanzen beim Vergleich für die Gruppe derjenigen SchülerInnen vor, die<br />

<strong>sich</strong> eine Unterrichtskultur <strong>wünschen</strong>, die von Gründlichkeit, viel Zeit <strong>und</strong> dem Vorhan<strong>den</strong>-<br />

sein von „Haltegriffen“ gekennzeichnet ist. Dieser Gruppe gehören der vorliegen<strong>den</strong> Untersu-<br />

chung zufolge 35,3 % der <strong>Mädchen</strong> an – also deutlich weniger als 7 von 10 – sowie 26,5 %<br />

der <strong>Jungen</strong>, was ebenfalls weniger als vermutet sind. Die Gruppe der <strong>Mädchen</strong>, die <strong>sich</strong> diese<br />

Unterrichtskultur wünscht, ist somit gerade ein halb mal so groß wie die Gruppe, die <strong>sich</strong> in<br />

der Studie Jahnke-Kleins gezeigt hat.<br />

Trotzdem eine Schwierigkeit bei der Analyse <strong>und</strong> Bewertung der Ergebnisse darin besteht,<br />

dass die zu erwartende Bildung von Gruppen nicht alle SchülerInnen erfasst, da 3 von 10<br />

<strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> 3 von 10 <strong>Jungen</strong> unberück<strong>sich</strong>tigt bleiben, kann bis hierher festgehalten wer-<br />

<strong>den</strong>, dass die Anteile der Geschlechter an <strong>den</strong> Gruppen deutlich anders ausfallen als erwartet.<br />

Die genannte Schwierigkeit macht <strong>sich</strong> weiterhin bei der Bewertung der Trennschärfe der<br />

Gruppen bemerkbar. Die oben beschriebene Verschiebung in die Richtung einer geringeren<br />

Merkmalsausprägung in Bezug auf die Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“<br />

bzw. „Abwechslung“ bei <strong>den</strong> SchülerInnen mit einer Präferenz für das jeweils andere Merk-


- 77 -<br />

mal weist darauf hin, dass <strong>sich</strong> eine Aufspaltung in zwei Gruppen abzeichnet, selbst wenn<br />

man die ungewisse Verteilung der übrigen 30 % der SchülerInnen berück<strong>sich</strong>tigt.<br />

In Bezug auf diejenigen SchülerInnen, deren Wunsch nach Abwechslung sehr stark war, hat<br />

<strong>sich</strong> ferner auf der Seite der <strong>Jungen</strong> die Ablehnung eines gründlichen, zeitaufwändigen <strong>und</strong><br />

Sicherheit geben<strong>den</strong> Vorgehens im Unterricht wesentlich deutlicher abgezeichnet als bei <strong>den</strong><br />

<strong>Mädchen</strong>. Die Hinweise auf eine Aufspaltung in zwei Gruppen sind dadurch bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong><br />

klarer zu sehen als bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong>.<br />

Die Ten<strong>den</strong>z zur Bildung von Gruppen, die aber nicht sehr trennscharf sind, belegen auch die<br />

Korrelationsrechnungen. Es wurde insgesamt eine hoch signifikante Beziehung zwischen <strong>den</strong><br />

Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ festgestellt. Dabei<br />

ist der Korrelationskoeffizient dem Bereich einer mittleren Korrelation an der Grenze zum<br />

Bereich einer geringen Korrelation zuzuordnen.<br />

Insgesamt ist mit diesen Ergebnissen festzuhalten, dass die Gruppen <strong>sich</strong> nicht so deutlich<br />

voneinander abgrenzen, wie in <strong>den</strong> Ergebnissen Jahnke-Kleins dargestellt ist <strong>und</strong> wie in der<br />

zweiten Hypothese postuliert wurde – womit diese widerlegt ist. Das Resultat meiner Unter-<br />

suchung ist deshalb auffällig, weil Jahnke-Klein (2001, S. 137) die Wünsche <strong>und</strong> Forderun-<br />

gen, die mit der jeweiligen Unterrichtskultur einhergehen, als konträr bezeichnet hat.<br />

Die weiterführen<strong>den</strong> Analysen haben gezeigt, dass die einzelnen Variablen, die Jahnke-Klein<br />

als Faktoren für eine Unterrichtskultur herausgestellt hat, nämlich „Gründlichkeit“, „Zeit“ <strong>und</strong><br />

„Sicherheit“, ebenfalls nur eine mittlere Korrelation aufweisen. Dies bedeutet, dass der lineare<br />

Zusammenhang zwischen jeweils zwei dieser Merkmale nicht sehr groß ist. Daraus kann wie-<br />

derum geschlossen wer<strong>den</strong>, dass die SchülerInnen, die diese Unterrichtskultur präferieren,<br />

nicht alle der drei Faktoren gleichermaßen bevorzugen.<br />

Desweiteren konnte herausgestellt wer<strong>den</strong>, dass die Variablen „Gründlichkeit“ <strong>und</strong> „Ab-<br />

wechslung“ sowie „Sicherheit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ nur gering korrelieren, bei der Verknüp-<br />

fung der Variablen „Zeit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ aber eine mittlere Korrelation vorliegt. Das<br />

heißt – berück<strong>sich</strong>tigt man, dass eine negative Korrelation gegeben ist –, dass <strong>sich</strong> der<br />

Wunsch nach einem gründlichen Vorgehen <strong>und</strong> der nach mehr Abwechslung <strong>und</strong> weniger<br />

Monotonie nicht unbedingt ausschließen, ebenso wenig wie das Bedürfnis nach „Haltegrif-<br />

fen“ zum Festhalten im <strong>Mathematikunterricht</strong> <strong>und</strong> das nach Abwechslung. Es liegt die Ver-<br />

mutung nahe, dass ein Teil der SchülerInnen diese Wünsche jeweils gemeinsam geäußert hat.<br />

Die entsprechen<strong>den</strong> Korrelationsrechnungen wur<strong>den</strong> auch einzeln für <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />

durchgeführt. Auffällig war dabei der nicht signifikante Zusammenhang der Merkmale „Si-


- 78 -<br />

cherheit“ <strong>und</strong> „Abwechslung“ bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong>. Dies bedeutet, dass zu Schülerinnen, die <strong>sich</strong><br />

<strong>sich</strong>erheitsspen<strong>den</strong>de Maßnahmen im <strong>Mathematikunterricht</strong> <strong>wünschen</strong>, keine Voraussage<br />

über deren Präferenz oder Ablehnung eines abwechslungsreichen Unterrichtsstils möglich ist.<br />

Bei der Analyse einzelner Items haben <strong>sich</strong> insbesondere hin<strong>sich</strong>tlich der Antwortkategorie,<br />

dass ein Bedürfnis nach „Haltegriffen“ zum Festhalten im <strong>Mathematikunterricht</strong> besteht,<br />

deutliche Geschlechterdifferenzen ergeben, wobei die <strong>Mädchen</strong> die Hälfte der Items dieser<br />

Kategorie deutlich stärker bejaht hat als die <strong>Jungen</strong>. Dieses Ergebnis geht konform mit dem-<br />

jenigen Jahnke-Kleins, die herausgestellt hat, dass deutlich mehr <strong>Mädchen</strong> als <strong>Jungen</strong> ein<br />

starkes Bedürfnis nach „Haltegriffen“ haben (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 117).<br />

Einen Unterschied zu ihren Ergebnissen gab es jedoch in Bezug auf die Items zur Kategorie<br />

„mehr Abwechslung <strong>und</strong> weniger Monotonie“. Während Jahnke-Klein die Aussagen hierzu<br />

ausschließlich einer Teilgruppe der <strong>Jungen</strong> zuordnet, zeigt <strong>sich</strong> in der vorliegen<strong>den</strong> Untersu-<br />

chung bei zwei Items ein nahezu i<strong>den</strong>tisches Antwortverhalten der Geschlechter, bei einem<br />

Item ein leichter <strong>und</strong> bei einem Item ein größerer Geschlechterunterschied. Letzterer besteht<br />

beim Wunsch nach Herausforderung durch mehr schwierige Aufgaben, <strong>den</strong> ungefähr 45 %<br />

der <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> 27 % der <strong>Mädchen</strong> äußern.<br />

Schließlich kann festgehalten wer<strong>den</strong>, dass mit Ausnahme von vier Items – in einem Fall da-<br />

von verneinen nur die Mehrzahl der Schüler die Aussage – jedes Item des Fragebogens von<br />

mehr als der Hälfte der <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> bejaht wurde. Dabei zeigt <strong>sich</strong> auf bei<strong>den</strong> Seiten<br />

bei einem großen Teil der Aussagen eine äußerst starke Zustimmung. Insbesondere bei <strong>den</strong><br />

Antwortkategorien „Gr<strong>und</strong>bedürfnis Verstehen“, „Gründlichkeit“ <strong>und</strong> „viel Zeit“ liegen bei<br />

allen bis auf jeweils ein Item die Prozentwerte der SchülerInnen, die zustimmen, bei (zum<br />

Teil deutlich) über 80 %. Dies bedeutet, dass jeweils eine große Gruppe der SchülerInnen die<br />

jeweiligen Bedürfnisse äußert <strong>und</strong> es interessant ist, welche Aussagen dagegen von einem<br />

Großteil der SchülerInnen abgelehnt wer<strong>den</strong>. Dies sind:<br />

Item Schülerinnen Schüler<br />

Ich habe Angst vor <strong>den</strong> Mathematikst<strong>und</strong>en, wenn ich etwas<br />

nicht verstan<strong>den</strong> habe.<br />

Ich möchte gerne durch mehr schwierige Aufgaben herausgefordert<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Wenn ich Lehrerin / Lehrer wäre, würde ich nicht so lange<br />

erklären <strong>und</strong> öfter das Thema wechseln.<br />

38,5 % 24,6 %<br />

26,6 % 45,3 %<br />

16,5 % 15,4 %<br />

Tabelle 9: Prozentuale Anteile von Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern mit Zustimmung zu Aussagen,<br />

die insgesamt abgelehnt wur<strong>den</strong>


- 79 -<br />

Das Thema Angst scheint bei vielen SchülerInnen keine bedeutende Rolle zu spielen, zumin-<br />

dest nicht in Verbindung mit nicht verstan<strong>den</strong>en Inhalten des <strong>Mathematikunterricht</strong>s. Jedoch<br />

sollte trotzdem der nicht geringe Anteil an SchülerInnen, der das Vorkommen von Angst äu-<br />

ßert, ernst genommen wer<strong>den</strong>.<br />

Nicht eindeutig zu erklären ist für mich das Antwortverhalten auf das Item „Wenn ich Lehrer-<br />

in / Lehrer wäre, würde ich nicht so lange erklären <strong>und</strong> öfter das Thema wechseln“. So haben<br />

die SchülerInnen trotz der überwiegen<strong>den</strong> Ablehnung dieser Aussage anhand von zwei Items<br />

angegeben, dass sie <strong>sich</strong> langweilen, wenn viel wiederholt wird, sie immer dieselben Aufga-<br />

ben erhalten, sie im Unterricht nur langsam vorankommen <strong>und</strong> Themen oder Aufgaben zu<br />

lange besprechen. Ein Gr<strong>und</strong> für die starke Ablehnung des zuerst genannten Items kann darin<br />

bestehen, dass der Inhalt der Aussage gegenüber dem Inhalt der anderen bei<strong>den</strong> Items deutli-<br />

cher formuliert ist <strong>und</strong> nicht mit dem Wort „langweilig“ in Verbindung gebracht wurde. Zu-<br />

dem geben in <strong>den</strong> Aussagen zur Kategorie „Gründlichkeit“ die meisten SchülerInnen an, dass<br />

jedes Thema ausführlich behandelt wer<strong>den</strong> soll <strong>und</strong> die Lehrkraft so lange erklären soll, bis<br />

alle es verstan<strong>den</strong> haben. Führt dies jedoch zu Langeweile, die vermutlich viele SchülerInnen<br />

während ihrer Schulzeit empfin<strong>den</strong>, wer<strong>den</strong> ausführliche Erklärungen <strong>und</strong> ein gründliches<br />

Behandeln der Themen abgelehnt.<br />

Tabelle 9 zeigt außerdem, dass insbesondere auf der Seite der Schülerinnen nur ein recht ge-<br />

ringer Anteil durch schwierige Aufgaben herausgefordert wer<strong>den</strong> möchte. Auch wenn – wie<br />

gerade erwähnt – ein Großteil der Schülerinnen angibt, <strong>sich</strong> zu langweilen, wenn viel wieder-<br />

holt wird oder Themen <strong>und</strong> Aufgaben zu lange besprochen wer<strong>den</strong>, sehe ich dieses Ergebnis<br />

als deutliches Indiz dafür an, dass bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong> ein geringeres Zutrauen in die eigene ma-<br />

thematische Kompetenz vorhan<strong>den</strong> ist als bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong>, wie es auch aus Untersuchungser-<br />

gebnissen – unter anderem aus <strong>den</strong>en von PISA 2003 – bekannt ist, die im ersten Teil dieser<br />

Arbeit dargestellt wur<strong>den</strong> (s. 2.1.2 <strong>und</strong> 2.2.3).<br />

Zu <strong>den</strong> oben dargelegten Ergebnissen der PISA-Erhebung aus dem Jahr 2003 können weitere<br />

Bezüge hergestellt wer<strong>den</strong>. So hat <strong>sich</strong> in dieser wie auch hier herausgestellt, dass die Werte<br />

für <strong>den</strong> Faktor „Mathematikangst“ für die <strong>Mädchen</strong> ungünstiger ausfallen als für die <strong>Jungen</strong>.<br />

Die im Vergleich zu <strong>den</strong> Schülern etwas höhere Präferenz der Schülerinnen für ein gründli-<br />

ches Vorgehen <strong>und</strong> viel Zeit im <strong>Mathematikunterricht</strong> kann mit dem in PISA festgestellten<br />

geschlechtsspezifischen Einsatz von Lernstrategien in Verbindung gebracht wer<strong>den</strong>, wobei<br />

die <strong>Mädchen</strong> eher die Strategien des <strong>Wie</strong>derholens <strong>und</strong> Auswendiglernens von Lösungsalgo-<br />

rithmen anwen<strong>den</strong>, die <strong>Jungen</strong> eher Elaborationsstrategien (vgl. Pekrun & Zirngibl, 2004, S.


- 80 -<br />

205 ff.). Für das <strong>Wie</strong>derholen <strong>und</strong> Auswendiglernen wird eben mehr Zeit benötigt als beim<br />

Einsatz von Elaborationsstrategien.<br />

Das von mehr <strong>Mädchen</strong> als <strong>Jungen</strong> geäußerte Bedürfnis nach einem gründlichen Vorgehen,<br />

viel Zeit <strong>und</strong> <strong>sich</strong>erheitsspen<strong>den</strong><strong>den</strong> Maßnahmen hängt <strong>sich</strong>erlich – neben dem geringen Ver-<br />

trauen der <strong>Mädchen</strong> in ihre eigene mathematische Befähigung – auch mit ihrer externen Kau-<br />

salattributierung zusammen, indem sie die eigenen Leistungen auf äußere Bedingungen, wie<br />

Glück, Fleiß, helfende Eltern <strong>und</strong> gute Lehrkräfte, zurückführen. Für Misserfolge machen die<br />

<strong>Mädchen</strong> hingegen die mangelnde eigene Begabung verantwortlich (s. 1.1.3). Es ist anzu-<br />

nehmen, dass diese Denkweise dazu führt, dass <strong>sich</strong> die Schülerinnen durch ein gründliches<br />

Vorgehen im <strong>Mathematikunterricht</strong> <strong>und</strong> viel Zeit für das Lernen gute Leistungen versprechen.<br />

„Haltegriffe“ zum Festhalten im <strong>Mathematikunterricht</strong>, wie eine Kontrolle der Aufgaben, eine<br />

gründliche Vorbereitung auf Klausuren <strong>und</strong> viel Übungsmaterial, bieten zudem auch bei einer<br />

Annahme einer geringen eigenen Begabung für Mathematik die Hoffnung auf Erfolg.<br />

Erwähnenswert erscheint mir schließlich, dass oben (s. 2.1.3) festgehalten wurde, dass kultu-<br />

relle Faktoren bei der größeren Distanz der <strong>Mädchen</strong> zu mathematisch-naturwissenschaft-<br />

lichen Fächern eine Rolle spielen (vgl. Jahnke-Klein, 2006, S. 99). Meinem eigenen Erfah-<br />

rungswert aus dem Fachpraktikum an der Hauptschule Eversten nach zu urteilen, weisen un-<br />

gefähr 50 % der HauptschülerInnen eine nichtdeutsche Herkunft auf. In der Realschule dürfte<br />

dies auch zu einem großen Teil der Fall sein. Da mir aber keine ge<strong>sich</strong>erten <strong>und</strong> differenzier-<br />

ten Daten zur kulturellen – <strong>und</strong> auch hier nicht zur vernachlässigen<strong>den</strong> sozialen – Herkunft<br />

der SchülerInnen vorliegen, können keine weiteren Aussagen zu möglichen Erklärungen der<br />

Untersuchungsergebnisse in dieser Richtung gemacht wer<strong>den</strong>.<br />

Ebenso schwierig sind Vermutungen zu Erklärungen zu äußern, die die Unterschiede zwi-<br />

schen <strong>den</strong> hier vorliegen<strong>den</strong> Ergebnissen <strong>und</strong> <strong>den</strong>en Jahnke-Kleins auf <strong>den</strong> Zeitpunkt der Er-<br />

hebung sowie die einbezogenen Stichproben zurückführen. Es kann <strong>sich</strong>erlich angenommen<br />

wer<strong>den</strong>, dass SchülerInnen in <strong>den</strong> 1990er Jahren, von <strong>den</strong>en der größte Teil das Gymnasium<br />

besuchte, andere emotionale <strong>und</strong> motivationale Orientierungen in Bezug auf <strong>den</strong> Mathema-<br />

tikunterricht zeigten als heutige Haupt- <strong>und</strong> RealschülerInnen. Dies kann <strong>sich</strong> auf die ge-<br />

wünschte Unterrichtskultur auswirken. Ob dies eine Erklärung ist <strong>und</strong> wie <strong>sich</strong> solche Aus-<br />

wirkungen im Einzelnen bemerkbar machen, wurde hier jedoch nicht nachgeprüft. In Bezug<br />

auf diesen Punkt sowie <strong>den</strong> vorher angesprochenen könnten <strong>sich</strong> weitere Untersuchungen<br />

anschließen.


- 81 -<br />

3.4.2 Diskussion der Untersuchung<br />

Bevor eine abschließende Zusammenfassung gegeben wird, soll die Vorbereitung, Durchfüh-<br />

rung, Auswertung <strong>und</strong> Interpretation der Untersuchung anhand der Hauptgütekriterien aus der<br />

Klassischen Testtheorie 58 kritisch betrachtet wer<strong>den</strong>. Dies sind die nun nacheinander zu<br />

durchlaufen<strong>den</strong> Gütekriterien Objektivität, Reliabilität sowie Validität (vgl. Raithel, 2006, S.<br />

42). 59<br />

Der Grad der Objektivität eines Messinstruments drückt aus, in welchem Ausmaß die Befun-<br />

de intersubjektiv sind, d.h. unabhängig von der jeweiligen Person, die das Messinstrument<br />

verwendet. Objektivität kann unter anderem erreicht wer<strong>den</strong> durch eine weitgehende Standar-<br />

disierung des Messinstruments, der Situation, der Auswertung sowie der Verarbeitung der<br />

Messergebnisse. Entsprechend sind die Durchführungs-, Auswertungs- <strong>und</strong> Interpretations-<br />

objektivität zu unterschei<strong>den</strong> (vgl. ebd., S. 42 f.; vgl. Pfeiffer & Püttmann, 2006, S. 46).<br />

Die Durchführungsobjektivität sehe ich hier in einem recht hohen Maße als gegeben an. Eine<br />

Bedingung dafür ist allerdings, dass die Lehrkräfte, die die Fragebögen verteilt haben, <strong>sich</strong> an<br />

die von mir gegebenen Hinweise gehalten haben <strong>und</strong> somit <strong>den</strong> SchülerInnen die Möglichkeit<br />

eröffnet haben, ungestört, aber in einem kurzen Zeitraum von etwa zehn Minuten <strong>den</strong> Frage-<br />

bogen auszufüllen. Eine weitere Bedingung dafür, dass ein hoher Grad an Objektivität bei der<br />

Durchführung vorliegt, ist auch, dass die Lehrkräfte nicht durch Hinweise, Erklärungen oder<br />

Erläuterungen zur Untersuchung, Beantwortung des Fragebogens oder einzelner Items Ein-<br />

fluss auf das Antwortverhalten der SchülerInnen genommen haben. Dies kann ich allerdings<br />

nicht nachprüfen.<br />

Auch in Bezug auf die Auswertung ist die Objektivität als ziemlich hoch einzuschätzen, zu-<br />

mindest hin<strong>sich</strong>tlich der meisten Punkte. So bieten fast alle Techniken <strong>und</strong> Verfahren der<br />

Auswertung, die in dieser Arbeit angewendet wur<strong>den</strong>, keinen Spielraum für einen subjektiven<br />

Einfluss auf die Messergebnisse. Eine Ausnahme stellt ein Verfahren dar, nämlich die Aus-<br />

wahl der Gruppe, die aufgr<strong>und</strong> einer hohen Ausprägung der Variable „Abwechslung“ bzw.<br />

„Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ gefiltert wurde, um deren Verteilung auf die<br />

Merkmalsausprägungen der jeweils anderen Variablen zu überprüfen. An dieser Stelle wurde<br />

aufgr<strong>und</strong> des subjektiven Eindrucks ein Messwert festgelegt, oberhalb dessen die SchülerIn-<br />

nen gefiltert wur<strong>den</strong>.<br />

58 Bei der Klassischen Testtheorie handelt es <strong>sich</strong> um eine Messfehlertheorie, in der die Auswahl der Indikatoren<br />

bzw. Items getrennt von der Skalierung behandelt wird. Der Gegenstand ist nicht in der Genese des Datenmaterials<br />

zu sehen, „vielmehr wird dieses als gegeben vorausgesetzt <strong>und</strong> ex-post auf der Gr<strong>und</strong>lage von Modellannahmen<br />

auf seine Qualität (,Güte‘) hin überprüft“ (Pfeiffer & Püttmann, 2006, S. 45).<br />

59 Die einzelne Überprüfung von sogenannten Nebengütekriterien würde hier zu weit führen. Es soll nur angemerkt<br />

wer<strong>den</strong>, dass ich die hier vorgenommene Messung für die praktische Durchführung durchaus als ökonomisch,<br />

vergleichbar <strong>und</strong> nützlich einschätze (vgl. Raithel, 2006, S. 42).


- 82 -<br />

Da die Interpretation weitestgehend darin bestand, anhand der Untersuchungsergebnisse die<br />

Hypothesen als bestätigt oder widerlegt zu beurteilen sowie die Ergebnisse mit <strong>den</strong>en Jahnke-<br />

Kleins zu vergleichen, kam es darauf an, beim Vergleichen möglichst genau vorzugehen <strong>und</strong><br />

auch Einzelheiten zu berück<strong>sich</strong>tigen. Da dies geschehen ist <strong>und</strong> die Folgerungen aus <strong>den</strong><br />

Ergebnissen als nachvollziehbar einzuschätzen sind, bewerte ich auch die Interpretationsob-<br />

jektivität als recht hoch.<br />

Nach Pfeiffer <strong>und</strong> Püttmann (2006, S. 46 f.) bezeichnet die Reliabilität <strong>den</strong> Grad der Genau-<br />

igkeit der Messung bzw. die Größe des Messfehlers. Das bedeutet, dass wiederholte Messun-<br />

gen unter gleichen Bedingungen möglichst zu gleichen Ergebnissen führen. Dabei können für<br />

die praktische Bestimmung der Reliabilität verschie<strong>den</strong>e Techniken angewendet wer<strong>den</strong>,<br />

durch die <strong>sich</strong> ein Reliabilitätskoeffizient bestimmen lässt.<br />

Eine Technik stellt die Test-Retest-Methode dar, bei der das Messinstrument nach einem Zeit-<br />

intervall wiederholt angewendet wird, was hier aufgr<strong>und</strong> der zeitlichen <strong>und</strong> organisatorischen<br />

Umstände nicht möglich war. Insbesondere erscheint es unmöglich, genau dieselben Schüler-<br />

Innen wiederholt zu befragen. Ebenso kann die Paralleltest-Methode, bei der die Messung mit<br />

zwei vergleichbaren, möglichst ähnlichen Messinstrumenten zu demselben Zeitpunkt erfolgt,<br />

nicht angewendet wer<strong>den</strong> (vgl. Raithel, 2006, S. 43 f.; vgl. Mummendey, 1999, S. 75 ff.).<br />

Ein häufig genutztes Verfahren stellt die Methode der Testhalbierung (split-half-Reliabilität)<br />

dar. Diese prüft, wie sehr zwei gleiche Testhälften übereinstimmend messen. Hier soll die<br />

Erweiterung dieses Verfahrens eingesetzt wer<strong>den</strong>, <strong>und</strong> zwar die Schätzung der Reliabilität mit<br />

der Itemkonsistenzanalyse anhand des Cronbachs Alpha-Koeffizienten, was auch als Homo-<br />

genitätsanalyse bezeichnet wird. Dabei wird der Fragebogen in alle möglichen Hälften aufge-<br />

teilt <strong>und</strong> es wird dann als gemittelter Wert über die interne Konsistenz des Instruments infor-<br />

miert. Man kann dies auch als Versuch deuten, abzuschätzen, wie sehr bei einer Skala eine<br />

Eindimensionalität vorliegt: „Damit ist Cronbachs � auch ein Indikator der Konstruktvalidität,<br />

wenn […] die Skala nicht aus zu vielen Items besteht“ (Rost, 2007, S. 156). Ein starker Gr<strong>und</strong><br />

dafür, dass diese Form der Reliabilitätsanalyse angewendet wird, besteht darin, dass der<br />

Cronbachs Alpha-Koeffizient mit Hilfe des Statistik-Programms SPSS berechnet wer<strong>den</strong><br />

kann (vgl. ebd., S. 156; vgl. Raithel, 2006, S. 44 & S.114 ff.).<br />

In <strong>den</strong> Ergebnissen der Reliabilitätsanalyse 60 ist zunächst der Wert für Cronbachs Alpha mit<br />

0,458 angegeben. Dieser ist nach <strong>den</strong> Beurteilungsrichtlinien für Testkennwerte (vgl. Raithel,<br />

60 Die Ergebnisse der mit Hilfe von SPSS erstellten Reliabilitätsanalyse sind angehängt (s. Anlage 9).


- 83 -<br />

2006, S. 117) als niedrig einzuschätzen. 61 In der letzten Spalte der großen Tabelle ist der ver-<br />

änderte Wert von Cronbachs Alpha angegeben, wenn das jeweilige Item bei der Analyse un-<br />

berück<strong>sich</strong>tigt bliebe. Dabei zeigt <strong>sich</strong>, dass bei fünf Items meines Fragebogens, deren Werte<br />

rot markiert sind, <strong>sich</strong> der Alpha-Koeffizient ohne diese verbessern würde, was ein Hinweis<br />

auf die mangelnde Eignung des Items ist (vgl. ebd., S. 116 f.).<br />

Zudem lässt <strong>sich</strong> in der zweitletzten Spalte der großen Tabelle der Trennschärfekoeffizient –<br />

dort bezeichnet mit „Korrigierte Item-Skala-Korrelation“ – ablesen. Dieser bringt zum Aus-<br />

druck, wie gut ein Item inhaltlich alle anderen Items der Skala widerspiegelt bzw. wie proto-<br />

typisch ein Item für diese Skala ist. Leider erweisen <strong>sich</strong> die Trennschärfe für alle bis auf das<br />

letzte Item als niedrig (vgl. Raithel, 2006, S. 117).<br />

Somit kann an dieser Stelle festgehalten wer<strong>den</strong>, dass die Reliabilität, gemessen anhand des<br />

Cronbachs Alpha-Koeffizienten sowie des Trennschärfekoeffizienten, gering ist. Ein Gr<strong>und</strong><br />

dafür ist darin zu vermuten, dass – wie oben beschrieben – eine starke Ten<strong>den</strong>z der Schüler-<br />

Innen zu einer Zustimmung zu <strong>den</strong> Items vorhan<strong>den</strong> ist. Konsequenterweise müssen eine<br />

Veränderung oder Selektion von Items erfolgen. Dies hätte vor der eigentlichen Untersuchung<br />

geschehen müssen, nachdem eben dieses ungünstige Ergebnis durch einen Pretest herausge-<br />

stellt wor<strong>den</strong> wäre, an dem eine große Anzahl an Personen – nach Mummendey (1999, S. 72)<br />

möglichst größer als 100 – teilgenommen hat.<br />

Schließlich ist die Validität bzw. Gültigkeit dieser Untersuchung zu beurteilen. Diese be-<br />

zeichnet das Ausmaß, in dem das Messinstrument tatsächlich das zu messende Konstrukt er-<br />

fasst (vgl. Pfeiffer & Püttmann, 2006, S. 47). Nach Diekmann (2005, S. 223) sind Objektivität<br />

<strong>und</strong> Reliabilität nur notwendige Minimalanforderungen an ein Messinstrument, das Hauptziel<br />

ist hingegen die Konstruktion möglichst valider Instrumente.<br />

Eine Möglichkeit zur Prüfung der Validität besteht in der Expertenvalidierung, bei der soge-<br />

nannte Experten des zu untersuchen<strong>den</strong> Gegenstandsbereichs eine Einschätzung der Gültig-<br />

keit der zum Einsatz geplanten Skala vornehmen (vgl. Raithel, 2006, S. 45). Dies ist in die-<br />

sem Fall geschehen, indem Frau Jahnke-Klein als Expertin für genau <strong>den</strong> Gegenstandsbe-<br />

reich, der hier getestet wurde, die Fragebogen-Items ergänzt, selektiert <strong>und</strong> umformuliert hat.<br />

Damit kann zugleich die Inhaltsvalidität als hoch eingestuft wer<strong>den</strong>. Diese bezieht <strong>sich</strong> dar-<br />

auf, dass möglichst alle Aspekte der Dimension, die gemessen wer<strong>den</strong>, berück<strong>sich</strong>tigt wer<strong>den</strong><br />

(vgl. ebd., S. 46). Die Inhaltsvalidität wird zudem dadurch verstärkt, dass ich mich bei der<br />

Erstellung des Fragebogens sehr eng an die von Jahnke-Klein beschriebenen Ergebnisse ge-<br />

61 Die Werte des Alpha-Koeffizienten liegen zwischen 0 <strong>und</strong> 1, wobei Werte über 0,8 als akzeptabel angesehen<br />

wer<strong>den</strong>. Laut Raithel (2006, S. 115) wer<strong>den</strong> in der Praxis meist auch weit niedrigere Koeffizienten akzeptiert.


- 84 -<br />

halten habe. Nach der Auswahl <strong>und</strong> Formulierung der Items habe ich in einem zweiten<br />

Durchsehen überprüft, ob die Items die zu messende Eigenschaft möglichst gut repräsentieren<br />

<strong>und</strong> jeder von ihr genannte Aspekt einbezogen ist.<br />

Die Kriteriums- <strong>und</strong> Konstruktvalidität sind hier nur schwierig einzuschätzen bzw. deren Ü-<br />

berprüfung ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich. Denn die Kriteriumsvalidität gibt an,<br />

in welchem Grad die mit einem Messinstrument erzielten Resultate mit anderen relevanten<br />

Merkmalen empirisch korrelieren, wobei diese Außenkriterien unabhängig mit anderen Mess-<br />

instrumenten erhoben wer<strong>den</strong> müssen. Und Konstruktvalidität liegt vor, wenn aus dem Kon-<br />

strukt empirisch überprüfbare Aussagen über Zusammenhänge dieses Konstrukts mit anderen<br />

Konstrukten theoretisch hergeleitet wer<strong>den</strong> können <strong>und</strong> <strong>sich</strong> diese Zusammenhänge empirisch<br />

nachweisen lassen. Die Konstruktvalidität stellt dabei ein weitreichendes, kumulatives For-<br />

schungsprogramm dar (vgl. ebd., S. 46). Immerhin bestand in der Vorbereitungsphase der<br />

Untersuchung eine große Bemühung darin, die zu untersuchen<strong>den</strong> theoretischen Konstrukte,<br />

ihre Operationalisierungen sowie deren Zusammenhänge möglichst vollständig zu erfassen.<br />

3.5 Zusammenfassung 62<br />

Die Gr<strong>und</strong>lage der Untersuchung bildete die Studie von Sylvia Jahnke-Klein, in der ge-<br />

schlechtsspezifische <strong>und</strong> bei<strong>den</strong> Geschlechtern gemeinsame Präferenzen in Bezug auf <strong>den</strong><br />

<strong>Mathematikunterricht</strong> untersucht wur<strong>den</strong>. Sie konnte anhand von qualitativ ausgerichteten,<br />

offenen Fragebögen herausstellen, dass sowohl <strong>Jungen</strong> als auch <strong>Mädchen</strong> <strong>sich</strong> besonders wohl<br />

fühlen, wenn sie <strong>den</strong> Unterrichtsstoff verstan<strong>den</strong> haben. Da das Gefühl, <strong>den</strong> Stoff verstan<strong>den</strong><br />

zu haben, <strong>sich</strong> jedoch bei <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> ten<strong>den</strong>ziell eher einstellte als bei <strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong>, wünsch-<br />

ten <strong>sich</strong> die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler auch eine verschie<strong>den</strong>e Unterrichtskultur.<br />

Das Interesse der vorliegen<strong>den</strong> Untersuchung besteht darin, die Gültigkeit der Ergebnisse<br />

jener Untersuchung zu überprüfen. Dies geschieht in Bezug darauf, ob die Haupt- <strong>und</strong> Real-<br />

schülerInnen der heutigen Zeit gegenüber SchülerInnen aus <strong>den</strong> 1990er Jahren, die überwie-<br />

gend das Gymnasium besuchten, dieselben geschlechtstypischen Präferenzen hin<strong>sich</strong>tlich des<br />

<strong>Mathematikunterricht</strong>s äußern. Konform zu <strong>den</strong> Resultaten Jahnke-Kleins waren hier die Hy-<br />

pothesen zu überprüfen, ob <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> <strong>sich</strong> im <strong>Mathematikunterricht</strong> besonders<br />

wohl fühlen, wenn sie alles verstan<strong>den</strong> haben, <strong>und</strong> ob <strong>sich</strong> zwei Gruppen von SchülerInnen<br />

bil<strong>den</strong> lassen, die <strong>sich</strong> eine gegensätzliche Unterrichtskultur <strong>wünschen</strong>. Zur ersten Gruppe<br />

62 Hier soll eine Zusammenfassung gegeben wer<strong>den</strong>, wie es im Falle von Darstellungen empirischer Untersuchungen<br />

üblich ist. Im Sinne eines Abstracts wer<strong>den</strong> in Kürze über die Fragestellung, <strong>den</strong> theoretischen Hintergr<strong>und</strong>,<br />

die Methodik sowie über Resultate informiert.


- 85 -<br />

gehören dabei die Mehrheit der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> ein Teil der <strong>Jungen</strong>, die <strong>sich</strong> eine gründliches<br />

Vorgehen <strong>und</strong> „Haltegriffe“ zum Festhalten im <strong>Mathematikunterricht</strong> <strong>wünschen</strong> sowie Zeit-<br />

druck ablehnen. Zur zweiten Gruppe gehört ein Teil der <strong>Jungen</strong>, der <strong>sich</strong> weniger Monotonie<br />

<strong>und</strong> mehr Abwechslung wünscht.<br />

Diese Fragestellungen wur<strong>den</strong> mit quantitativ orientierten, geschlossenen Fragebögen unter-<br />

sucht, die an 441 HauptschülerInnen <strong>und</strong> 641 RealschülerInnen aus Ol<strong>den</strong>burg verteilt wur-<br />

<strong>den</strong>. Eine Auswertung der Fragebögen geschah mit Hilfe des Statistik-Programms SPSS Sta-<br />

tistics 17, wobei aus dem Bereich der univariaten Statistik das Verfahren der Darstellung von<br />

Häufigkeitsverteilungen durch Säulendiagramme, Tabellen <strong>und</strong> Boxplots genutzt wurde so-<br />

wie aus dem Bereich der bivariaten Statistik die Metho<strong>den</strong> der Kreuztabellierung, einge-<br />

schlossen die Berechnung des Chi-Quadrat-Wertes, <strong>und</strong> der Korrelationsrechnung angewen-<br />

det wur<strong>den</strong>.<br />

Bedeutende Ergebnisse der Analysen waren die, dass die erste Hypothese durch die Untersu-<br />

chungsdaten von 606 SchülerInnen bestätigt wer<strong>den</strong> konnte, die zweite jedoch abgelehnt<br />

wurde. In Bezug auf die zweite Hypothese konnte aber festgestellt wer<strong>den</strong>, dass die Ten<strong>den</strong>z<br />

zur Bildung von zwei Gruppen vorhan<strong>den</strong> ist. Die Geschlechterverteilungen waren dabei wie-<br />

derum völlig anders als erwartet. In weiterführen<strong>den</strong> Analysen wurde herausgestellt, dass so-<br />

wohl die Faktoren, die Jahnke-Klein unter einer Unterrichtskultur zusammengefasst hat, näm-<br />

lich Gründlichkeit, viel Zeit <strong>und</strong> <strong>sich</strong>erheitsspen<strong>den</strong>de Maßnahmen, jeweils nur eine mittlere<br />

Korrelation aufweisen als auch die Verknüpfung dieser Faktoren mit der Variablen „Ab-<br />

wechslung“ nur zu einer geringen bzw. zu mittleren Korrelationen führt. Ein Teil der befrag-<br />

ten SchülerInnen wünscht <strong>sich</strong> demnach diese Faktoren für <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> jeweils<br />

gemeinsam. Desweiteren war klar zu sehen, dass die Schülerinnen die Hälfte der Items zur<br />

Kategorie „,Haltegriffe‘ zum Festhalten im <strong>Mathematikunterricht</strong>“ deutlich stärker bejaht als<br />

die Schüler. Insgesamt konnte eine starke Ten<strong>den</strong>z der SchülerInnen zur Zustimmung zu <strong>den</strong><br />

Items beobachtet wer<strong>den</strong>, was einen der Gründe dafür ausmachen könnte, dass die Reliabilität<br />

nur zu einem geringen Grad vorliegt, was bei Überlegungen zur Güte der Messung festgestellt<br />

wurde. Die Kriterien der Objektivität sowie der Validität wur<strong>den</strong> aber in einem recht hohen<br />

Maße als gegeben eingeschätzt.


- 86 -<br />

4 Schlussfolgerungen für <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong><br />

<strong>Wie</strong> oben angekündigt (s. 2.3), besteht ein Ziel der Untersuchung darin, auf der Gr<strong>und</strong>lage der<br />

Untersuchungsergebnisse Konsequenzen für <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> abzuleiten. Dabei sol-<br />

len insbesondere geschlechtstypische Präferenzen berück<strong>sich</strong>tigt wer<strong>den</strong>, um schulische Ver-<br />

änderungsmöglichkeiten, die auf eine gleichberechtigte Teilhabe von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong><br />

am MINT-Bereich abzielen, anführen zu können. Trotzdem <strong>sich</strong> nicht so deutlich wie erwar-<br />

tet geschlechtstypische Wünsche für die Unterrichtskultur herausgestellt haben bzw. die ver-<br />

mutete Gruppenbildung nicht bestätigt wer<strong>den</strong> konnte, sollen hier mit Bezug auf die Resultate<br />

der Untersuchung einige Vorschläge für einen geschlechterbewussten <strong>und</strong> –gerechten Ma-<br />

thematikunterricht unterbreitet wer<strong>den</strong>.<br />

In der Fachliteratur sind in diesem Zusammengang einige Konzepte zu fin<strong>den</strong>, oft genannt<br />

wird das Konzept der „reflexiven Koedukation“. 63 Dessen Ziel besteht darin, das Geschlech-<br />

terverhältnis zugunsten eines gleichberechtigten Zusammenlebens zu verändern. Dabei soll<br />

eine Revision des Curriculums stattfin<strong>den</strong>, das <strong>den</strong> Erfahrungen, Interessen <strong>und</strong> Lebensper-<br />

spektiven beider Geschlechter entsprechen muss. Außerdem sollen Geschlechterstereotypisie-<br />

rungen auf Seiten der LehrerInnen bewusst gemacht <strong>und</strong> abgebaut wer<strong>den</strong> sowie in unmittel-<br />

barem Zusammenhang damit <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> in ihrer jeweiligen Individualität ernst<br />

genommen wer<strong>den</strong>, ohne sie auf ihre Geschlechtszugehörigkeit zu reduzieren oder festzule-<br />

gen (vgl. Nyssen, 2004, S. 399). Dies entspricht auch <strong>den</strong> Aussagen des Berichts der BLK<br />

(2002, S. 77), nach dem die B<strong>und</strong>esländer einen besonderen Bedarf der methodisch-<br />

didaktischen <strong>und</strong> inhaltlichen Differenzierung <strong>und</strong> Weiterentwicklung des mathematisch-<br />

naturwissenschaft-lichen Unterrichts im Sinne einer für <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> bewusst gestal-<br />

teten Koedukation anerkennen. Die Länder setzen <strong>sich</strong> dabei unter anderem als Ziele, zur<br />

Förderung des Interesses von <strong>Mädchen</strong> an mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern die<br />

schulfachlichen Vorgaben, beispielsweise in <strong>den</strong> Bereichen Unterrichtsorganisation, Lehr-<br />

<strong>und</strong> Lernmaterial <strong>und</strong> Curriculumentwicklung, weiterzuentwickeln sowie Maßnahmen zu<br />

einer subjektiv angemessenen Selbsteinschätzung von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> zu fördern, ins-<br />

besondere das Selbstvertrauen von <strong>Mädchen</strong> in ihre mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />

Fähigkeiten zu stärken.<br />

63 Dieses Konzept, das der oftmals vorgebrachten Kritik an der Koedukation begegnet – wie z. B., dass Kommunikations-<br />

<strong>und</strong> Interaktionsformen an <strong>den</strong> <strong>Jungen</strong> ausgerichtet sind <strong>und</strong> geschlechterstereotype Zuschreibungen<br />

erhalten bleiben –, wird häufig als Alternative zum monoedukativen Unterricht genannt (vgl. Schuster et al.,<br />

2004, S. 55; vgl. Faulstich-<strong>Wie</strong>land, 2004, S. 9).


- 87 -<br />

Auch wenn Jahnke-Klein (2006, S. 109) der Meinung ist, dass curriculare Veränderungen<br />

allein nicht ausreichen wer<strong>den</strong>, um eine gleiche Teilhabe der Frauen am MINT-Bereich zu<br />

erzielen, sondern weitere Gleichstellungsmaßnahmen notwendig sind, sagt sie zugleich, dass<br />

die Schulen deshalb nicht von ihrer Aufgabe entlastet sind, die <strong>Mädchen</strong> im MINT-Bereich<br />

angemessen zu fördern.<br />

An dieser Stelle soll ihr Konzept des Sinnstiften<strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong>s für <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Jungen</strong> (vgl. Jahnke-Klein, 2001, S. 223 ff.) aufgegriffen wer<strong>den</strong>, das sie als Konsequenz auf<br />

die Ergebnisse ihrer eigenen Studie (s. 3.1.1) entwirft. 64 Da die Ergebnisse der vorliegen<strong>den</strong><br />

Untersuchung in einigen Aspekten übereinstimmen, in anderen nur ten<strong>den</strong>ziell oder gar nicht,<br />

sollen Bestandteile ihres Konzepts dahingehend überprüft wer<strong>den</strong>, ob sie als Vorschläge für<br />

einen <strong>Mathematikunterricht</strong>, der <strong>den</strong> hier geäußerten Präferenzen der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />

entspricht, gegeben wer<strong>den</strong> können. Der Sinnstiftende <strong>Mathematikunterricht</strong> sieht dabei Ver-<br />

änderungen auf der Ebene der Inhalte, Metho<strong>den</strong> <strong>und</strong> der Unterrichtskultur vor <strong>und</strong> trägt diese<br />

Bezeichnung, weil Jahnke-Klein davon ausgeht, dass Verstehen mit dem Erleben von Sinn<br />

einhergeht (vgl. ebd., S. 250).<br />

Sinnstiftender <strong>Mathematikunterricht</strong> versucht, durch sinnstiftende Inhalte ein ganzheitliches<br />

Bild von Mathematik zu zeichnen, was notwendig erscheint, weil SchülerInnen laut Jahnke-<br />

Klein (ebd., S. 250) derzeitig Mathematik mit Formellernen sowie Anwendungen im Bereich<br />

der mathematischen Alltagskultur <strong>und</strong> mathematiknaher Berufe assoziieren. Die Beschäfti-<br />

gung mit Mathematik wird aber für alle SchülerInnen interessant, wenn im Unterricht die<br />

Vielfalt der Dimensionen von Mathematik deutlich wird, wobei der formale, der Anwen-<br />

dungs- <strong>und</strong> Prozesscharakter der Mathematik berück<strong>sich</strong>tigt <strong>und</strong> die Möglichkeit gegeben<br />

wer<strong>den</strong> sollte, Mathematik als Bestandteil unserer Gesellschaft <strong>und</strong> Kultur zu erfahren. Ein<br />

angemessenes Gesamtbild der Mathematik kann unter anderem dadurch <strong>sich</strong>tbar wer<strong>den</strong>, dass<br />

<strong>den</strong>kwürdige Probleme aufgeworfen wer<strong>den</strong>, die Ästhetik der Mathematik zur Geltung<br />

kommt sowie historische Bezüge aufgenommen wer<strong>den</strong> (vgl. ebd., S. 225 ff.). Da in der vor-<br />

liegen<strong>den</strong> Untersuchung die Items, die mit dem Begriff „langweilig“ assoziiert sind, sowohl<br />

von <strong>den</strong> Schülerinnen als auch von <strong>den</strong> Schülern stark bekräftigt wur<strong>den</strong> <strong>und</strong> auf bei<strong>den</strong> Sei-<br />

ten jeweils bei einem Teil der SchülerInnen der Wunsch nach Abwechslung stark ausgeprägt<br />

ist, liegt hiermit eine Möglichkeit vor, durch sinnstiftende Inhalte die Motivation der Schüler-<br />

Innen zu fördern. Durch die Berück<strong>sich</strong>tigung der verschie<strong>den</strong>en Aspekte der Mathematik<br />

kann der Unterricht zudem abwechslungsreich gestaltet sowie auf die Bedürfnisse der Schü-<br />

64 Dabei bezieht Jahnke-Klein auch weitergehende Untersuchungsergebnisse ein, die in dieser Arbeit nicht dargestellt<br />

wur<strong>den</strong>. Dabei handelt es <strong>sich</strong> um gemeinsame Präferenzen von <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong>, die als „Brücken“<br />

für <strong>den</strong> koedukativen Unterricht zu sehen sind (vgl. dazu Jahnke-Klein, 2001, S. 175 ff.).


- 88 -<br />

lerInnen individuell abgestimmt wer<strong>den</strong>. Da außerdem sinnstiftende Inhalte das Verständnis<br />

fördern sollen, kommt dies dem von allen SchülerInnen geäußerten Bedürfnis entgegen, die<br />

im <strong>Mathematikunterricht</strong> behandelten Inhalte verstehen zu wollen.<br />

Der folgende, von Jahnke-Klein (ebd., S. 229 ff.) genannte Aspekt des Sinnstiften<strong>den</strong> Ma-<br />

thematikunterricht ist derjenige, die methodische Monokultur – häufig fragend-entwickelnder<br />

Unterricht im Wechsel mit Einzel- <strong>und</strong> Partnerarbeit – durch eine methodische Vielfalt zu<br />

ersetzen. Dabei sollen lehrgangsförmige Unterrichtsformen, in der die Lehrperson die führen-<br />

de Rolle trägt, <strong>und</strong> stärker selbst organisierte Unterrichtsformen, wie moderierter Unterricht<br />

(Arbeit in Gruppen bzw. Teams) <strong>und</strong> individualisierter Unterricht (Einzel- <strong>und</strong> Partnerarbeit),<br />

ausbalanciert wer<strong>den</strong>. Dieser Vorschlag entspricht auch <strong>den</strong> Forderungen, die die hier befrag-<br />

ten SchülerInnen stellen. So möchte die Mehrheit der SchülerInnen mehr Gruppenarbeit ma-<br />

chen <strong>und</strong> eine Frage oder Aufgabe auch mit dem Partner besprechen können. Zudem geben<br />

die meisten an, dass sie MitschülerInnen gerne helfen <strong>und</strong> es gutheißen, wenn öfter ein Schü-<br />

ler oder eine Schülerin etwas erklärt. Die stärker selbst organisierten Lernformen <strong>und</strong> der in-<br />

dividualisierte Unterricht dürften dem Bedürfnis nach Gründlichkeit, ausreichend Zeit <strong>und</strong><br />

dem starken Sicherheitsbedürfnis – vor allem auf der Seite der <strong>Mädchen</strong> – entgegenkommen.<br />

Desweiteren verlangt Sinnstiftender <strong>Mathematikunterricht</strong> eine sinnstiftende Unterrichtskultur<br />

als Gegenpol dazu, dass die mathematisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen durch Objek-<br />

tivität, Wertneutralität <strong>und</strong> das Ausblen<strong>den</strong> von Emotionalität geprägt sind, was eher mit der<br />

traditionellen <strong>Jungen</strong>sozialisation in Beziehung steht. Eine sinnstiftende Unterrichtskultur soll<br />

positive Klimaerfahrungen ermöglichen, die das Interesse an <strong>den</strong> Fächern steigern <strong>und</strong> Lern-<br />

freude fördern. Es soll Raum geschaffen wer<strong>den</strong> für die subjektiven Sichtweisen der Schüler-<br />

Innen, für wechselseitige Verständigung, für eine produktive Auseinandersetzung mit Feh-<br />

lern, für Umwege <strong>und</strong> alternative Lösungen, für einen kreativen <strong>und</strong> spielerischen Umgang<br />

mit Mathematik, aber auch für die körperlichen, psychischen <strong>und</strong> emotionalen Bedürfnisse<br />

von SchülerInnen <strong>und</strong> LehrerInnen. Zusammenfassend sind diese Aspekte unter <strong>den</strong> Begrif-<br />

fen „Zeitökologie“ <strong>und</strong> „Sich-gegenseitig-ernst-nehmen“ zu fassen. Unter dem Stichpunkt<br />

„Zeitökologie“ ist insbesondere zu verstehen, dass das eigene Tempo der SchülerInnen Be-<br />

rück<strong>sich</strong>tigung fin<strong>den</strong> sollte, ihnen schöpferische Pausen zugestan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, kein künstli-<br />

ches Lerntempo vorgegeben wird <strong>und</strong> kein Zeitdruck herrscht (vgl. ebd., S. 236 ff. & S. 250).<br />

Insbesondere die angesprochenen Aspekte der wechselseitigen Verständigung sowie eines<br />

fehlerfre<strong>und</strong>lichen Umgangs sollten <strong>den</strong> in der vorliegen<strong>den</strong> Untersuchung – vor allem von<br />

<strong>den</strong> <strong>Mädchen</strong>, aber auch von vielen <strong>Jungen</strong> – geäußerten Bedürfnis nach <strong>sich</strong>erheitsspen<strong>den</strong>-<br />

<strong>den</strong> Maßnahmen <strong>und</strong> einem gründlichen Vorgehen entgegenkommen. Auch der Wunsch eines


- 89 -<br />

Großteils der befragten SchülerInnen nach ausreichend Zeit <strong>und</strong> der Ermöglichung, im eige-<br />

nen Lerntempo zu arbeiten, kann durch diesen Vorschlag Jahnke-Kleins berück<strong>sich</strong>tigt wer-<br />

<strong>den</strong>. Beachtet man auch, dass immerhin mehr als 38 % der Schülerinnen <strong>und</strong> knapp ein Vier-<br />

tel der <strong>Jungen</strong> angeben, Angst vor <strong>den</strong> Mathematikst<strong>und</strong>en zu haben, wenn sie etwa nicht<br />

verstan<strong>den</strong> haben, ist ein „Sich-gegenseitig-ernst-nehmen“ <strong>und</strong> ein Bezug zu <strong>den</strong> emotionalen<br />

Bedürfnissen der SchülerInnen von besonderer Bedeutung.<br />

Jahnke-Klein (2001, S. 241 ff. & S. 251) schließt ferner in dieses Unterrichtskonzept ein, dass<br />

die Selbstwirksamkeitserwartungen der SchülerInnen gesteigert wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> ihr Sozialverhal-<br />

ten gestärkt wird. So sieht die Autorin es als sinnvoll an, das Selbstvertrauen der <strong>Mädchen</strong> zu<br />

steigern statt deren Wünschen im Einzelnen zu entsprechen, um ihnen aus der Unselbststän-<br />

digkeit <strong>und</strong> Abhängigkeit zu verhelfen, die sie in der traditionellen, an Geschlechterrollenste-<br />

reotypen orientierten Erziehung erhalten. Als Maßnahmen zur Steigerung der Selbstwirksam-<br />

keitserwartungen der <strong>Mädchen</strong> können das Ermöglichen von Erfolgserlebnissen angeführt<br />

wer<strong>den</strong>, das Lernen am Modell – Vorbilder können beispielweise ältere Schülerinnen oder<br />

auch Frauen in Schulbüchern sein –, das Gewähren von Suggestion, Zuspruch <strong>und</strong> Ermuti-<br />

gung sowie von positiven Klimaerfahrungen. Letzteres bedeutet, dass <strong>Mathematikunterricht</strong><br />

mit positiven Emotionen verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> keine Angst <strong>und</strong> kein Stress vorhan<strong>den</strong> sein sollten<br />

(vgl. ebd., S. 224 & 241 ff.). Da – wie oben beschrieben – nur ein sehr geringer Anteil der<br />

<strong>Mädchen</strong> durch schwierige Aufgaben herausgefordert wer<strong>den</strong> möchte, was ich hier als Hin-<br />

weis auf ein geringes Selbstbewusstsein der <strong>Mädchen</strong> gedeutet habe, sind die angeführten<br />

Maßnahmen durchaus als sinnvoll anzusehen. Insbesondere auch das von <strong>den</strong> Schülerinnen<br />

wesentlich stärker zum Ausdruck gebrachte Bedürfnis nach „Haltegriffen“ zum Festhalten im<br />

<strong>Mathematikunterricht</strong> ist ein Gr<strong>und</strong> für Maßnahmen zur Stärkung des Selbstvertrauens der<br />

<strong>Mädchen</strong>. Zu be<strong>den</strong>ken ist hier aber auch, dass immerhin fast 55 % der Schüler es ablehnen,<br />

durch schwierige Aufgaben herausgefordert zu wer<strong>den</strong>, <strong>und</strong> dass auch viele Schüler <strong>sich</strong> si-<br />

cherheitsspen<strong>den</strong>de Maßnahmen <strong>wünschen</strong>. Deshalb sollten insbesondere diejenigen Schüler,<br />

die Anzeichen eines mangeln<strong>den</strong> Zutrauens in die eigenen (mathematischen) Fähigkeiten zei-<br />

gen, ebenso ermutigt wer<strong>den</strong>. Die Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartungen der Schüle-<br />

rInnen dürfte gerade an Hauptschulen eine bedeutende Rolle spielen.<br />

Der Aspekt, die Entwicklung des Selbstvertrauens der <strong>Jungen</strong> zu unterstützen, ist zudem im<br />

Zusammenhang mit der von Jahnke-Klein (ebd., S. 246 ff.) vorgeschlagenen sozialen <strong>Jungen</strong>-<br />

förderung zu sehen. Weitere Maßnahmen in diesem Zusammenhang sind eine Schulung des<br />

Kommunikationsvermögens, eine Auseinandersetzung mit traditioneller Männlichkeit sowie


- 90 -<br />

erlebnis- <strong>und</strong> körperorientiertes Arbeiten. Dies soll zugleich zur Verbesserung des Klassen-<br />

<strong>und</strong> Schulklimas beitragen. Diese Vorschläge sehe ich vor allem als angemessen in Bezug auf<br />

das Ausmaß des mathematikbezogenen Selbstkonzeptes der <strong>Jungen</strong> im Vergleich zu <strong>den</strong><br />

<strong>Mädchen</strong>, die Bestandteile des männlichen Geschlechterrollenstereotyps sowie die Folgen des<br />

Sozialisationsdrucks auf die <strong>Jungen</strong> an. Ich sehe jedoch keine Bezüge zu der hier vorliegen-<br />

<strong>den</strong> Untersuchung, weshalb eine Bewertung der Nützlichkeit dieser Maßnahmen als Konse-<br />

quenz auf die Untersuchungsergebnisse an dieser Stelle ausbleibt.<br />

Zusammenfassend kann angemerkt wer<strong>den</strong>, dass das Konzept des Sinnstiften<strong>den</strong> Mathema-<br />

tikunterrichts durchaus als angemessen in Bezug auf die Wünsche der heutigen Haupt- <strong>und</strong><br />

RealschülerInnen bewertet wer<strong>den</strong> kann, jedoch in einigen Punkten ergänzt wer<strong>den</strong> sollte, die<br />

bereits genannt wur<strong>den</strong> bzw. noch zu nennen sind.<br />

Zu be<strong>den</strong>ken ist vor allem, dass eine deutliche Ten<strong>den</strong>z der SchülerInnen zur Zustimmung zu<br />

<strong>den</strong> Items vorhan<strong>den</strong> ist. Deshalb sollte zum einen generell ermöglicht wer<strong>den</strong>, dass die The-<br />

men <strong>und</strong> Aufgaben gründlich besprochen wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> genügend Zeit gegeben wird, damit die<br />

SchülerInnen <strong>sich</strong> mit <strong>den</strong> Themen auseinandersetzen können bis sie das Gefühl haben, alles<br />

verstan<strong>den</strong> zu haben. Sicherheitsspen<strong>den</strong>de Maßnahmen sollten zunächst auf je<strong>den</strong> Fall gege-<br />

ben wer<strong>den</strong>, jedoch ist, wie ich Jahnke-Klein zustimme, darauf zu achten, dass diese die<br />

SchülerInnen nicht in Abhängigkeit halten, sondern – kombiniert mit Maßnahmen zur Stär-<br />

kung des Selbstvertrauens – sukzessive zurückgenommen wer<strong>den</strong>. Zum anderen sollte trotz-<br />

dem ein abwechslungsreicher Unterricht stattfin<strong>den</strong>, in dem ein zu langes Besprechen von<br />

Themen oder Aufgaben, das zu Langeweile führt, vermie<strong>den</strong> wird <strong>und</strong> der insbesondere <strong>den</strong>-<br />

jenigen SchülerInnen, die das Bedürfnis dazu haben, Herausforderungen bietet.<br />

Ferner haben <strong>sich</strong> in dieser Untersuchung die in <strong>den</strong> Hypothesen postulierten Gruppen nicht<br />

sehr deutlich herausgebildet. Vor allem konnten keine auffälligen Geschlechterverteilungen<br />

ausgemacht wer<strong>den</strong>. Es wurde die Vermutung geäußert, dass viele SchülerInnen nicht glei-<br />

chermaßen das Bedürfnis nach Gründlichkeit, viel Zeit <strong>und</strong> „Haltegriffen“ zum Festhalten im<br />

<strong>Mathematikunterricht</strong> ausdrücken <strong>und</strong> dass einige SchülerInnen <strong>den</strong> Wunsch nach Abwechs-<br />

lung gleichzeitig mit einem oder mehreren der zuvor genannten nennen (s. 3.4.1). Infolgedes-<br />

sen sollte darauf geachtet wer<strong>den</strong>, dass die individuellen Präferenzen der SchülerInnen Be-<br />

rück<strong>sich</strong>tigung fin<strong>den</strong>. Es ist anzunehmen, dass die Wünsche innerhalb einer Geschlechter-<br />

gruppe stärker differieren als diejenigen zwischen <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong>. Darin ist zugleich<br />

ein Ansatzpunkt für das abschließende Fazit zu sehen, der nach einer knappen Zusammenfas-<br />

sung dieser Arbeit aufgegriffen wird.


5 Fazit<br />

- 91 -<br />

In der Einleitung dieser Arbeit wur<strong>den</strong> zwei persönliche Erfahrungen geschildert, für deren<br />

Merkwürdigkeiten schon dem Theorieteil Erklärungen entnommen wer<strong>den</strong> können. So kann<br />

bestätigt wer<strong>den</strong>, dass <strong>Mädchen</strong> in einem Informatikkurs eine Ausnahme darstellen <strong>und</strong> <strong>sich</strong><br />

mein damaliger Lehrer überschwänglich über die Anwesenheit von zwei Schülerinnen gefreut<br />

hat, weil eben Frauen in diesem Fachbereich stark unterrepräsentiert sind. Desweiteren kann<br />

nach <strong>den</strong> theoretischen Ausführungen vermutet wer<strong>den</strong>, dass die junge, kompetente Mathe-<br />

matiklehrerin durch Ermutigung <strong>und</strong> Vorbildwirkung dafür gesorgt hat, dass relativ viele<br />

<strong>Mädchen</strong> <strong>den</strong> Mathematikleistungskurs gewählt haben.<br />

Die im Theorieteil dieser Arbeit dargelegten Problembereiche sowie entsprechende Erklä-<br />

rungsansätze zum Thema „<strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> im MINT-Bereich“ sollten dabei vor allem<br />

<strong>den</strong> Zweck erfüllen, die Notwendigkeit der im Praxisteil dargestellten Untersuchung deutlich<br />

zu machen. Es wurde zunächst anhand von Statistiken zur Fächer- <strong>und</strong> Berufswahl deutlich<br />

gemacht, dass <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> junge Frauen im MINT-Bereich eine Minderheit darstellen <strong>und</strong><br />

damit zusammenhängend ihre Vorteile, die sie aus dem allgemein bil<strong>den</strong><strong>den</strong> Schulwesen mit-<br />

bringen, nicht im Berufs- <strong>und</strong> Erwerbssystem umsetzen können, was schließlich zur Vertei-<br />

lung der Geschlechter auf verschie<strong>den</strong> gut bezahlte <strong>und</strong> unterschiedlich angesehene berufliche<br />

Positionen führt. Ein weiterer Problembereich wurde mit <strong>den</strong> Ergebnissen der vergleichen<strong>den</strong><br />

Schulleistungsforschung aufgeworfen, die zeigen, dass die deutschen <strong>Jungen</strong> gegenüber <strong>den</strong><br />

deutschen <strong>Mädchen</strong> sowohl in Mathematik als auch in <strong>den</strong> Naturwissenschaften dominieren<br />

in Bezug auf die fachlichen Kompetenzen, die Einstellungen zum Fach sowie im Hinblick auf<br />

das fachspezifische Selbstkonzept. Die Nachteile, die <strong>sich</strong> für Frauen, aber auch Männer, <strong>und</strong><br />

für die Gesellschaft im Ganzen ergeben, wur<strong>den</strong> daran anschließend dargelegt. Die für die<br />

beschriebenen Geschlechterdifferenzen verantwortlichen Ursachen <strong>und</strong> Erklärungsansätze<br />

wur<strong>den</strong> auf drei Ebenen erläutert, <strong>und</strong> zwar auf der symbolischen Ebene, wo es um die Re-<br />

produktion von kulturellen Stereotypen geht, auf der gesellschaftlichen Ebene, auf der Sozia-<br />

lisationseinflüsse auf das Individuum wirken, <strong>und</strong> auf der individuellen Ebene, wo Persön-<br />

lichkeitsmerkmale des Individuums eine Rolle spielen. Ein wichtiges Fazit der Auseinander-<br />

setzung mit <strong>den</strong> Ursachenzusammenhängen war dasjenige, dass vor allem Geschlechterrollen-<br />

stereotype <strong>und</strong> damit einhergehend das mangelnde Selbstvertrauen der <strong>Mädchen</strong> in die eige-<br />

nen mathematischen Fähigkeiten für die Distanz der <strong>Mädchen</strong> im MINT-Bereich verantwort-<br />

lich sind.


- 92 -<br />

Aufgr<strong>und</strong> der <strong>sich</strong> daraus ergeben<strong>den</strong> Nachteile schließt <strong>sich</strong> die Frage an, welche Maßnah-<br />

men ergriffen wer<strong>den</strong> können. Außerschulische Vorhaben wur<strong>den</strong> nur kurz angedeutet. Im<br />

Rahmen der schulischen Maßnahmen hat <strong>sich</strong> meine eigene Untersuchung angeboten, in der<br />

die Frage im Vordergr<strong>und</strong> stand, welche Wünsche <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> in Bezug auf <strong>den</strong><br />

<strong>Mathematikunterricht</strong> haben. Wenn nämlich der <strong>Mathematikunterricht</strong>, der – wie in <strong>den</strong> Aus-<br />

führungen im ersten Teil der Arbeit geschildert wurde – oftmals <strong>den</strong> Bedürfnissen der <strong>Jungen</strong><br />

stärker entgegenkommt, auch die Wünsche der <strong>Mädchen</strong> berück<strong>sich</strong>tigt, können deren Selbst-<br />

konzept gestärkt, ihr Interesse <strong>und</strong> ihre Bereitschaft gesteigert wer<strong>den</strong>, bessere bzw. ihrer Be-<br />

gabung entsprechend Leistungen zu erbringen.<br />

Die Untersuchung stütze <strong>sich</strong> dabei auf eine bereits vorliegende Studie von Sylvia Jahnke-<br />

Klein zu eben derselben Frage. Ihre Antwortkategorien wur<strong>den</strong> operationalisiert, um einen<br />

quantitativ orientierten 65 Fragebogen zu erstellen, der an 441 HauptschülerInnen <strong>und</strong> 641 Re-<br />

alschülerInnen verteilt wurde. Es zeigte <strong>sich</strong> in Übereinstimmung mit <strong>den</strong> Ergebnissen Jahn-<br />

ke-Kleins, dass <strong>sich</strong> <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> besonders wohl fühlen, wenn sie <strong>den</strong> Unterrichts-<br />

stoff verstan<strong>den</strong> haben. Nicht so deutlich wie erwartet konnte eine Bildung von zwei Schüler-<br />

gruppen mit der Präferenz zu verschie<strong>den</strong>en Unterrichtskulturen herausgestellt wer<strong>den</strong>. Insbe-<br />

sondere waren die Geschlechterverteilungen klar verschie<strong>den</strong>en zu <strong>den</strong> Resultaten, die Jahn-<br />

ke-Klein herausgestellt hat. Auch insgesamt waren nur leichte geschlechtstypische Wünsche<br />

festzustellen; am deutlichsten lag der Unterschied vor, dass die Schülerinnen ein stärkeres<br />

Bedürfnis nach „Haltegriffen“ zum Festhalten im <strong>Mathematikunterricht</strong> haben.<br />

Dementsprechend schwierig gestaltete es <strong>sich</strong>, Konsequenzen aus <strong>den</strong> Untersuchungsergeb-<br />

nissen für die Gestaltung des <strong>Mathematikunterricht</strong>s zu ziehen. Da <strong>sich</strong> zumindest die von<br />

Jahnke-Klein postulierte Gruppenbildung ten<strong>den</strong>ziell abgezeichnet hat, wurde vordergründig<br />

ihr Konzept des Sinnstiften<strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong>s aufgegriffen.<br />

Schließlich ist aus pädagogischer Sicht die Frage zu stellen, ob es überhaupt legitim ist, Ge-<br />

schlechterdifferenzen zu thematisieren, oder ob diese nicht gerade dadurch verstärkt wer<strong>den</strong>.<br />

<strong>Wie</strong> auch schon am Schluss des vierten Abschnitts festgehalten wurde, sind die Unterschiede<br />

zwischen <strong>den</strong> Individuen größer als die zwischen <strong>den</strong> Geschlechtern. So ist es einerseits wich-<br />

tig, mehr die Individuen zu betrachten <strong>und</strong> an ihren individuellen Kompetenzen anzusetzen.<br />

Andererseits setzen <strong>sich</strong> nach Kaiser (2006, S. 87) Geschlechterdifferenzen auch durch, wenn<br />

65 Dazu möchte ich anmerken, dass ich im Rahmen dieser Arbeit neben <strong>den</strong> Inhalten der theoretischen Ausführungen<br />

in dem Bereich der quantitativen Sozialforschung wohl am meisten Erkenntnisse gewonnen habe. Da<br />

diese Forschungsrichtung für mich ein unbekanntes Feld war, war es spannend, am Ende des Studiums auch<br />

noch einmal das Vorgehen in der quantitativen Sozialforschung kennen zu lernen, nachdem ich zuvor ausschließlich<br />

qualitativ geforscht habe.


- 93 -<br />

diese nicht explizit thematisiert wer<strong>den</strong>. Solche Differenzen in der Praxis zu negieren, würde<br />

aber bedeuten, die alltäglichen Geschlechterkonstruktionen unbemerkt weiter wirken zu las-<br />

sen. Mit Schneider (2009, S. 93 ff.) lässt <strong>sich</strong> daran anschließend festhalten, dass es die Auf-<br />

gabe von Pädagogen <strong>und</strong> Pädagoginnen ist, für die Herstellung gleicher Entwicklungs- <strong>und</strong><br />

Lernchancen für alle beteiligten Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen zu sorgen. Dies erfordert einen of-<br />

fenen Gender-Begriff, der Geschlecht in der Vielfalt von sozialen Ausprägungen erfasst.<br />

So bin auch ich der Meinung, dass eine Auseinandersetzung mit Geschlechterdifferenzen –<br />

insbesondere in der Ausbildung von LehrerInnen – notwendig erscheint, um Benachteiligun-<br />

gen von <strong>Jungen</strong> oder <strong>Mädchen</strong>, die mit Geschlechterstereotypisierungen zusammenhängen, zu<br />

vermei<strong>den</strong>. Trotzdem in der vorliegen<strong>den</strong> Untersuchung geschlechtsspezifische Präferenzen<br />

für <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> nicht so deutlich wie erwartet herausgestellt wer<strong>den</strong> konnten –<br />

wobei zu beachten ist, dass nur ein begrenzter Bereich an möglichen Wünschen für <strong>den</strong> Ma-<br />

thematikunterricht herausgegriffen wurde –, sind die aus anderen Untersuchungen bekannten<br />

Unterschiede zwischen <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> in Bezug auf die fachspezifischen Leistungen,<br />

das fachbezogene Fähigkeitsselbstkonzept sowie auf emotionale <strong>und</strong> motivationale Orientie-<br />

rungen im MINT-Bereich einerseits im Unterricht zu berück<strong>sich</strong>tigen, andererseits durch ent-<br />

sprechende Maßnahmen, wie sie in dieser Arbeit angedeutet wur<strong>den</strong>, zu verringern.<br />

<strong>Wie</strong> ich Tanzberger (2003, S. 35) zustimmen kann, geht es auch für meine zukünftige Tätig-<br />

keit als Lehrerin insgesamt darum, das Bild von Mathematik als männlicher, „harter“ Wissen-<br />

schaft in Frage zu stellen <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> zu ermuntern, <strong>sich</strong> in diesen Bereich einzumischen.<br />

Für LehrerInnen ist es wichtig <strong>und</strong> notwendig, dass kulturelle Stereotype, insbesondere Ge-<br />

schlechterrollenstereotype, die im schulischen Alltag meist unbewusst zum Tragen kommen<br />

<strong>und</strong> kurz- sowie längerfristig Benachteiligungen zur Folge haben können, der Reflexion zu-<br />

gänglich gemacht wer<strong>den</strong> (vgl. Hilgers, 1994, S. 189).<br />

Dies sind erste Ansatzpunkte, um <strong>den</strong> Geschlechterunterschie<strong>den</strong> auf verschie<strong>den</strong>en Ebenen<br />

des MINT-Bereichs entgegenwirken zu können. <strong>Wie</strong> in dieser Arbeit auch deutlich gewor<strong>den</strong><br />

ist, sind weitreichende, ineinander greifende Maßnahmen notwendig, um Veränderungen zu<br />

bewirken. Da Geschlechterrollenstereotype äußerst beständig sind <strong>und</strong> hauptsächlich von die-<br />

sen ausgehend Geschlechterdifferenzen im MINT-Bereich entstehen, wird es <strong>sich</strong> <strong>sich</strong>erlich<br />

um einen durchaus langwierigen <strong>und</strong> mit Anstrengungen verb<strong>und</strong>enen Prozess handeln, der<br />

jedoch – macht man <strong>sich</strong> insbesondere die Vorteile bewusst, die <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> Frauen sowie<br />

auch die Gesellschaft bei einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen <strong>und</strong> Männern am<br />

MINT-Bereich erwarten können – auf je<strong>den</strong> Fall lohnenswert erscheint.


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(2007): Lesekompetenzen von <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> im internationalen Vergleich. In:<br />

Bos, Wilfried; Hornberg, Sabine; Arnold, Karl-Heinz; Faust, Gabriele; Fried, Lilian;<br />

Lankes, Eva-Maria; Schwippert, Knut; Valtin, Renate (Hrsg.): IGLU 2006. Lesekompetenzen<br />

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Jahnke-Klein, Sylvia (2008b): Warum Anna heute immer noch Bürokauffrau wird – Über die<br />

Geschlechterreviere des Wissens. In: Jahnke-Klein, Sylvia (Hrsg.): Girl´s Day, Boy´s<br />

Day Zukunftstag – mehr als nur eine Berufsorientierung. Ol<strong>den</strong>burg: Didaktisches<br />

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Budrich<br />

Nyssen, Elke (2004): Gender in <strong>den</strong> Sek<strong>und</strong>arstufen. In: Glaser, Edith; Klika, Dorle; Prengel,<br />

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Pfeiffer, Dietmar K.; Püttmann, Carsten (2006): Metho<strong>den</strong> empirischer Forschung in der Erziehungswissenschaft.<br />

Ein einführendes Lehrbuch. Baltmannsweiler: Schneider Verl.<br />

Hohengehren<br />

Prenzel, Manfred; Schöps, Katrin; Rönnebeck, Silke; Senkbeil, Martin; Walter, Oliver; Carstensen,<br />

Claus H.; Hammann, Marcus (2007): Naturwissenschaftliche Kompetenz im<br />

internationalen Vergleich. In: Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2006. Die<br />

Ergebnisse der dritten internationalen Vergleichsstudie. Münster [u. a.]: Waxmann. S.<br />

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Prenzel, Manfred; Schütte, Kerstin; Walter, Oliver (2007): Interesse an <strong>den</strong> Naturwissenschaften.<br />

In: Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2006. Die Ergebnisse der<br />

dritten internationalen Vergleichsstudie. Münster [u. a.]: Waxmann. S. 107-124<br />

Raithel, Jürgen (2006): Quantitative Forschung. Ein Praxiskurs. <strong>Wie</strong>sba<strong>den</strong>: VS Verl. für Sozialwissenschaften<br />

Rost, Detlef H. (2007): Interpretation <strong>und</strong> Bewertung pädagogisch-psychologischer Studien.<br />

2., überarb. <strong>und</strong> erw. Auflage. Weinheim & Basel: Beltz<br />

Schneider, Claudia (2009): Gender Mainstreaming – Anregungen zur Gestaltung einer schülerInnen-<br />

<strong>und</strong> lehrerInnen „gerechten“ Schule. In: Seemann, Malwine; Kuhnhenne,<br />

Michaela (Hrsg.): Gender Mainstreaming <strong>und</strong> Schule. Anstöße für Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

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naturwissenschaftliche Kompetenz <strong>und</strong> Berufserwartung. In: Deutsches<br />

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(2008): Einführung in das quantitativ orientierte Forschen <strong>und</strong> erste Analysen mit<br />

SPSS. <strong>Wie</strong>n: Facultas<br />

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Tobies, Renate (1997): Einführung: Einflussfaktoren auf die Karriere von Frauen in Mathematik<br />

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Heidelberg, Berlin: Spektrum Akad. Verl.<br />

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In: Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2003. Der Bildungsstand der Jugendlichen<br />

in Deutschland – Ergebnisse des zweiten internationalen Vergleichs.<br />

Münster [u. a.]: Waxmann. S. 211-224


Anhang<br />

� Anlage 1: Fragebogen<br />

� Anlage 2: Informationsschreiben für die Lehrkräfte<br />

� Anlage 3: Häufigkeitsverteilungen wichtiger Variablen<br />

� Anlage 4: Boxplots für die Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ <strong>und</strong><br />

„Abwechslung“<br />

� Anlage 5: Vergleich der Häufigkeitsverteilung von SchülerInnen mit starker<br />

Ausprägung des Merkmals „Abwechslung“ mit der aller SchülerInnen in Bezug auf<br />

die Variable „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“<br />

� Anlage 6: Vergleich der Häufigkeitsverteilung von SchülerInnen mit starker<br />

Ausprägung des Merkmals „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“ mit der aller<br />

SchülerInnen in Bezug auf die Variable „Abwechslung“<br />

� Anlage 7: Korrelationsrechnungen wichtiger Variablen getrennt nach Geschlecht<br />

� Anlage 8: Häufigkeitsverteilungen einzelner Items<br />

� Anlage 9: Ergebnisse der Reliabilitätsanalyse


�<br />

������������������������������������<br />

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�<br />

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Anlage 1<br />

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������������������������������������������������������������������������������������� � �<br />

���������������������������������������������������������������������������������� � �<br />

�����������������������������������������������������������������������������������������<br />

������������������������<br />

��������������������������������������������������������������������������������������<br />

�����������������<br />

� �<br />

� �<br />

����������������������������������������������������������������������� � �<br />

�������������������������������������������������������������������������������������������<br />

����������������������������������������������<br />

���������������������������������������������������������������������������������������<br />

����������<br />

����������������������������������������������������������������������������������������<br />

�����<br />

� �<br />

� �<br />

� �<br />

�������������������������������������������������������������������������������� � �<br />

�����������������������������������������������������������������������������������������<br />

������������������������������������������<br />

�����������������������������������������������������������������������������������<br />

������������������������������<br />

� �<br />

� �<br />

���������������������������������������������������������� � �<br />

�������������������������������������������������������������������������������������<br />

������������������������������������������������������������������<br />

����������������������������������������������<br />

�<br />

��������������������������<br />

� �<br />

Anlage 1


�<br />

�<br />

�����������������������������<br />

�<br />

�������������������������������<br />

�<br />

������������������������������������������<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Anlage 1<br />

Vielen Dank für deine Teilnahme!�


�<br />

Anlage 2<br />

Katrin�Bekermann��������������������������������Universität�Ol<strong>den</strong>burg���������������������������������Fachbereich�Mathematik�<br />

�<br />

� �<br />

���������������������������������������������<br />

�<br />

����������herzliches Dankeschön für ���� Unterstützung bei der Umfrage.�<br />

������������������������<br />

�<br />

Im Rahmen meiner Abschlussarbeit im Studiengang Master of Education (Realschule) möchte ich mit<br />

dieser Befragung, an der voraus<strong>sich</strong>tlich ca. 1100 Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler der Haupt- <strong>und</strong> Real-<br />

schule vom 5. bis zum 10. Schuljahrgang teilnehmen, herausfin<strong>den</strong>, ob <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> ����<br />

��������� Bedürfnisse hin<strong>sich</strong>tlich des <strong>Mathematikunterricht</strong>s haben. Wenn dies der Fall ist, sollte<br />

über Konsequenzen für die Gestaltung des <strong>Mathematikunterricht</strong>s ������������ �������� ������������<br />

����Forschungsinteresses ist unter anderem die Tatsache, dass es bisher noch nicht gelungen ist, die<br />

geschlechtertypische Fächer- <strong>und</strong> Berufswahl von <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> aufzubrechen, was eben<br />

auch ein gesellschaftliches Interesse darstellt.�<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler ��������������������������������������������������������������ü�������<br />

���������������������������������typische Präferenzen in Bezug auf <strong>den</strong> <strong>Mathematikunterricht</strong> geht, um<br />

das Ergebnis nicht zu beeinflussen.�<br />

�<br />

Ich bitte Sie darum, zunächst die Eltern������������� <strong>und</strong> ein bis zwei Tage später ����������ö-<br />

������������������������������������������������������������������������������������������������������������<br />

��������������������<br />

�<br />

Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung. �<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Mit fre<strong>und</strong>lichen Grüßen,�<br />

�����������������<br />

�<br />

�<br />

�<br />


Verteilung der SchülerInnen auf die Ausprägungen der Variablen „Gr<strong>und</strong>bedürfnis_Verstehen“<br />

Verteilung der SchülerInnen auf die Merkmalsausprägungen der Variablen „Abwechslung“<br />

Anlage 3


Verteilung der SchülerInnen auf die Ausprägungen der Variablen „Gründlichkeit“<br />

Verteilung der SchülerInnen auf die Merkmalsausprägungen der Variablen „Zeit“<br />

Anlage 3


Anlage 3<br />

Verteilung der SchülerInnen auf die Merkmalsausprägungen der Variablen „Sicherheit“


Anlage 3<br />

Verteilung der SchülerInnen auf die Merkmalsausprägungen der Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“


Boxplot für die Variable „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“<br />

Boxplot für die Variable „Abwechslung“<br />

Anlage 4


Anlage 5<br />

Verteilung der SchülerInnen mit starker Ausprägung des Merkmals „Abwechslung“ auf die Merkmalsausprägungen der Variablen<br />

„Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“


Anlage 5<br />

Verteilung aller SchülerInnen auf die Merkmalsausprägungen der Variablen „Summe_Gründlichkeit_Zeit_Sicherheit“


Anlage 6<br />

Verteilung der SchülerInnen mit einem starken Bedürfnis nach Gründlichkeit, viel Zeit <strong>und</strong> Sicherheit<br />

auf die Ausprägungen der Variablen „Abwechslung“<br />

Verteilung aller SchülerInnen auf die Merkmalsausprägungen der Variablen „Abwechslung“


Geschlecht<br />

weiblich<br />

männlich<br />

Gründlichkeit<br />

Zeit<br />

Sicherheit<br />

Summe_Gründ-<br />

lichkeit_Zeit_<br />

Sicherheit<br />

Abwechslung<br />

Gründlichkeit<br />

Zeit<br />

Sicherheit<br />

Summe_Gründ-<br />

lichkeit_Zeit_<br />

Sicherheit<br />

Abwechslung<br />

Korrelationen<br />

Gründlich-<br />

keit Zeit Sicherheit<br />

Korrelation nach Pearson 1 ,304 **<br />

Summe_<br />

Gründlich-<br />

keit_Zeit_<br />

Sicherheit<br />

,177 ** ,637 **<br />

Anlage 7<br />

Abwechs-<br />

lung<br />

-,200 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,002 ,000 ,001<br />

N 289 287 289 289 289<br />

Korrelation nach Pearson ,304 **<br />

1 ,210 ** ,553 **<br />

-,300 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,000<br />

N 287 287 287 287 287<br />

Korrelation nach Pearson ,177 **<br />

,210 **<br />

1 ,825 **<br />

-,115<br />

Signifikanz (2-seitig) ,002 ,000 ,000 ,051<br />

N 289 287 289 289 289<br />

Korrelation nach Pearson ,637 **<br />

,553 **<br />

,825 ** 1 -,252 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,000<br />

N 289 287 289 289 289<br />

Korrelation nach Pearson -,200 **<br />

-,300 **<br />

-,115 -,252 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,001 ,000 ,051 ,000<br />

N 289 287 289 289 289<br />

Korrelation nach Pearson 1 ,359 **<br />

,277 ** ,667 **<br />

1<br />

-,137 *<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,015<br />

N 317 316 317 317 317<br />

Korrelation nach Pearson ,359 **<br />

1 ,226 ** ,539 **<br />

-,255 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,000<br />

N 316 316 316 316 316<br />

Korrelation nach Pearson ,277 **<br />

,226 **<br />

1 ,867 **<br />

-,184 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,001<br />

N 317 316 317 317 317<br />

Korrelation nach Pearson ,667 **<br />

,539 **<br />

,867 ** 1 -,245 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,000 ,000 ,000 ,000<br />

N 317 316 317 317 317<br />

Korrelation nach Pearson -,137 *<br />

-,255 **<br />

-,184 ** -,245 **<br />

Signifikanz (2-seitig) ,015 ,000 ,001 ,000<br />

N 317 316 317 317 317<br />

**. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.<br />

*. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.<br />

Korrelationen wichtiger Variablen für <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />

1


Anlage 8<br />

Die folgen<strong>den</strong> Abbildungen wer<strong>den</strong> ausnahmsweise ohne zusätzliche Beschriftung eingefügt. Es ist<br />

jeweils für jedes Item die Verteilung der <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> auf die Antwortmöglichkeiten „Ja“ <strong>und</strong><br />

„Nein“ dargestellt. Die Aussagen sind immer unter dem Säulendiagramm zu sehen.<br />

Die Items sind nicht in der Fragebogenchronologie geordnet, sondern danach, welcher Antwort-<br />

kategorie sie entsprechen (s. 3.2.3). Die Antwortkategorie steht dabei über <strong>den</strong> zu <strong>den</strong> Items<br />

gehören<strong>den</strong> Abbildungen.<br />

Items zur Kategorie „Bedürfnis, die Inhalte des <strong>Mathematikunterricht</strong>s verstehen zu wollen“


Anlage 8


Items zur Kategorie „Wunsch nach einem gründlichen Vorgehen“<br />

Anlage 8


Anlage 8


Items zur Kategorie „Ablehnung von Zeitdruck“<br />

Anlage 8


Anlage 8<br />

Items zur Kategorie „Bedürfnis nach ,Haltegriffen‘ zum Festhalten im <strong>Mathematikunterricht</strong>“


Anlage 8


Anlage 8


Anlage 8


Anlage 8


Anlage 8


Items zur Kategorie „Wunsch nach weniger Monotonie <strong>und</strong> mehr Abwechslung“<br />

Anlage 8


Anlage 8


Anlage 8


Die Lehrerin / der Lehrer sollte so lange<br />

erklären, bis alle es verstan<strong>den</strong> haben.<br />

Vor Klassenarbeiten sollte im Unterricht<br />

alles gut geübt wer<strong>den</strong>.<br />

Die Lehrerin / der Lehrer sollte jedes<br />

Thema gründlich <strong>und</strong> ausführlich<br />

erklären.<br />

Ich helfe meinen Mitschülerinnen <strong>und</strong><br />

Mitschülern gerne.<br />

Ich wünsche mir, dass wir Regeln <strong>und</strong><br />

Merksätze aufschreiben.<br />

Ich möchte gerne durch mehr schwierige<br />

Aufgaben herausgefordert wer<strong>den</strong>.<br />

Ich wünsche mir, dass wir mehr<br />

Gruppenarbeit machen.<br />

Am wohlsten fühle ich mich im Unterricht,<br />

wenn ich alles verstan<strong>den</strong> habe.<br />

Die Lehrerin / der Lehrer sollte uns genug<br />

Zeit geben <strong>und</strong> uns in unserem eigenen<br />

Tempo arbeiten lassen.<br />

Es ist langweilig, wenn wir viel<br />

wiederholen <strong>und</strong> immer die gleichen<br />

Aufgaben bekommen.<br />

Wenn wir Aufgaben im Unterricht oder<br />

Hausaufgaben bekommen, sollten die<br />

Ergeb-nisse danach immer verglichen<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Reliabilitätsstatistiken<br />

Cronbachs Alpha Anzahl der Items<br />

,458 26<br />

Item-Skala-Statistiken<br />

Skalenmittelwert,<br />

wenn Item<br />

weggelassen<br />

Skalenvarianz,<br />

wenn Item<br />

weggelassen<br />

Korrigierte Item-<br />

Skala-<br />

Korrelation<br />

Anlage 9<br />

Cronbachs Alpha,<br />

wenn Item<br />

weggelassen<br />

17,39 7,361 ,122 ,449<br />

17,30 7,518 ,194 ,450<br />

17,37 7,220 ,233 ,435<br />

17,49 7,163 ,153 ,443<br />

17,76 6,928 ,182 ,435<br />

17,92 7,553 -,048 ,483<br />

17,65 7,017 ,160 ,440<br />

17,32 7,350 ,251 ,440<br />

17,41 7,362 ,099 ,452<br />

17,65 7,489 -,024 ,478<br />

17,54 7,001 ,202 ,433<br />

Ich möchte alles ganz genau verstehen. 17,34 7,272 ,255 ,436<br />

Ich mag Textaufgaben nicht. 17,70 7,364 ,019 ,470<br />

Die Lehrerin / der Lehrer sollte genau<br />

sagen, was in einer Klassenarbeit dran<br />

kommt.<br />

Am wohlsten fühle ich mich im Unterricht,<br />

wenn wir alles ganz langsam besprechen.<br />

17,34 7,381 ,169 ,445<br />

17,68 6,815 ,235 ,424


Die Lehrerin / der Lehrer sollte erst mit<br />

einem neuen Thema anfangen, wenn alle<br />

das alte Thema verstan<strong>den</strong> haben.<br />

Ich finde es gut, wenn ich eine Frage<br />

oder Aufgabe auch mit dem Partner oder<br />

Nachbarn besprechen kann.<br />

Die Lehrerin / der Lehrer sollte uns<br />

genügend Aufgaben zum Üben geben.<br />

Es wäre gut, wenn öfter eine Schülerin<br />

oder ein Schüler etwas erklärt, <strong>den</strong>n dann<br />

ver-stehen es die Mitschülerinnen <strong>und</strong><br />

Mitschüler besser.<br />

Wenn ich Lehrerin / Lehrer wäre, würde<br />

ich nicht so lange erklären <strong>und</strong> öfter das<br />

Thema wechseln.<br />

Die Lehrerin / der Lehrer sollte öfter zu<br />

meinem Platz kommen <strong>und</strong> meine Fragen<br />

beantworten.<br />

Ich habe Angst vor <strong>den</strong><br />

Mathematikst<strong>und</strong>en, wenn ich etwas nicht<br />

verstan<strong>den</strong> habe.<br />

Ich wünsche mir mehr Aufgaben, die ich<br />

selbst kontrollieren kann, indem zum<br />

Beispiel ein Lösungsbogen zur Verfügung<br />

gestellt wird.<br />

Ich langweile mich, wenn wir im<br />

Unterricht nur langsam vorankommen<br />

<strong>und</strong> Themen oder Aufgaben zu lange<br />

besprechen.<br />

Die Lehrerin / der Lehrer sollte uns viel<br />

Material geben.<br />

Die Lehrerin / der Lehrer sollte immer<br />

wieder nachfragen, ob auch wirklich alle<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler das Thema<br />

oder die Aufgabe verstan<strong>den</strong> haben.<br />

17,43 7,159<br />

Anlage 9<br />

,197 ,437<br />

17,36 7,330 ,175 ,443<br />

17,59 7,180 ,107 ,451<br />

17,69 6,987 ,165 ,439<br />

18,13 7,659 -,066 ,477<br />

17,63 6,997 ,172 ,438<br />

17,97 7,201 ,096 ,453<br />

17,57 6,992 ,190 ,434<br />

17,68 7,876 -,167 ,507<br />

17,74 6,926 ,184 ,435<br />

17,42 6,964 ,314 ,419<br />

Ergebnisse der Reliabilitätsanalyse; Items mit rot markierten Werten weisen darauf hin, dass <strong>sich</strong> der<br />

Wert von Cronbachs Alpha ohne diese verbessern würde

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