Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen-Finanzgruppe eV
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AUS DER FORSCHUNG AUTOR<br />
Christian Barthruff ist Doktorand am<br />
Lehrstuhl Finanzwirtschaft der Universität<br />
Stuttgart und Stipendiat der <strong>Wissenschaft</strong>sförderung.<br />
Die Relevanz von Nachhaltigkeitsrisiken<br />
im Firmenkundenkreditgeschäft<br />
Diskussion aktueller Entwicklungen und Herausforderungen<br />
Das Thema Nachhaltigkeit hat in den<br />
vergangenen Jahren in der Finanzbranche<br />
zunehmend an Bedeutung gewonnen.<br />
Beispiele wie <strong>die</strong> Ölkatastrophe<br />
der Exxon Valdez, der Untergang der Deepwater<br />
Horizon oder der Reaktorunfall von<br />
Fukushima haben gezeigt, dass Umweltrisiken<br />
einen erheblichen Einfl uss auf <strong>die</strong><br />
Kreditwürdigkeit von Unternehmen haben<br />
können. Als Folge der Ölkatastrophe<br />
durch den Untergang der Deepwater Horizon<br />
im Golf von Mexiko fi el z. B. der Aktienkurs<br />
von BP von 69,48 USD auf 26,75 USD,<br />
<strong>die</strong> Kreditwürdigkeit wurde von AA auf<br />
BBB herabgestuft und der Risikozuschlag<br />
stieg von 44 auf 600 Basispunkte an. 1 Wie<br />
<strong>die</strong> Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung<br />
zeigen, <strong>die</strong> mit Unterstützung der<br />
<strong>Wissenschaft</strong>sförderung der <strong>Sparkassen</strong>-<br />
<strong>Finanzgruppe</strong> e. V. an der Universität<br />
Stuttgart durchgeführt wurde, berücksichtigen<br />
Kreditinstitute daher zunehmend<br />
Nachhaltigkeitsrisiken im Firmenkundenkreditgeschäft<br />
und fordern <strong>die</strong><br />
Einhaltung ökologischer und sozialer<br />
Mindeststandards.<br />
Ziel der Stu<strong>die</strong> war es, <strong>die</strong> Relevanz von Nachhaltigkeitsaspekten<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Kreditvergabe von<br />
Banken und <strong>Sparkassen</strong> im deutschsprachigen<br />
Raum zu erfassen und <strong>die</strong> operative Umsetzung<br />
der Nachhaltigkeitsprüfung in bestehenden<br />
Prozessen zu analysieren. Im Rahmen<br />
der Stu<strong>die</strong> wurden unter anderem 16 Kreditinstitute<br />
in Deutschland, Österreich und der<br />
Schweiz untersucht.<br />
Als Grundlage <strong>für</strong> <strong>die</strong> Berücksichtigung von<br />
Nachhaltigkeitsaspekten bei der Kreditvergabe<br />
<strong>die</strong>nen häufi g internationale Standards und<br />
Initiativen wie <strong>die</strong> UN Principles for Responsible<br />
Investment (PRI), der UN Global Compact<br />
oder <strong>die</strong> Equator Principles. Des Weiteren<br />
konnte im Rahmen der Untersuchung gezeigt<br />
werden, dass viele Kreditinstitute eigene Standards<br />
zu sensiblen Branchen oder kritischen<br />
1 Vgl. Bauer/Hann, 2010, S. 2.<br />
Themen implementiert haben. Am häufi gsten<br />
existieren dabei branchenspezifi sche Standards<br />
zu den Sektoren Rüstung, Energie und<br />
Landwirtschaft sowie Standards zu den Themen<br />
Klimawandel, Korruption, Menschenrechte<br />
und Steuerhinterziehung.<br />
Kein einheitliches Vorgehen bei der<br />
Prüfung<br />
Gegenüber der Projektfi nanzierung, bei der<br />
sich <strong>die</strong> Equator Principles als Standard durchgesetzt<br />
haben, existiert <strong>für</strong> das Firmenkundenkreditgeschäft<br />
bisher noch kein Standard zur<br />
Prüfung von Nachhaltigkeitsaspekten. Eine große<br />
Herausforderung stellt daher bisher noch<br />
<strong>die</strong> operative Umsetzung der Nachhaltigkeitsstandards<br />
und Sektorrichtlinien dar. Zwar haben<br />
viele Kreditinstitute mittlerweile Richtlinien<br />
zur Prüfung von Nachhaltigkeitsaspekten<br />
verabschiedet, jedoch sind <strong>die</strong>se Richtlinien<br />
oft nur unverbindlich formuliert oder werden<br />
nicht konsequent in den operativen Prozessen<br />
der Kreditvergabe umgesetzt. Daneben existiert<br />
nach Einschätzung von Nachhaltigkeitsexperten<br />
noch ein erheb licher Verbesserungsbedarf<br />
bei der Schulung von Mitarbeitern sowie<br />
der Ausgestaltung von Arbeitsanweisungen <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Nachhaltigkeitsprüfung.<br />
Bezüglich der Verantwortlichkeit <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Nachhaltigkeitsprüfung ist auffällig, dass <strong>die</strong><br />
Zuständigkeit <strong>für</strong> <strong>die</strong> Nachhaltigkeitsprüfung<br />
unterschiedlich geregelt ist. So erfolgt <strong>die</strong> Prüfung<br />
u. a. durch <strong>die</strong> Marktseite (Kundenbetreuer),<br />
<strong>die</strong> Marktfolge oder <strong>die</strong> Nachhaltigkeitsabteilung.<br />
Entsprechend der heterogenen<br />
Ver antwortlichkeit sind auch <strong>die</strong> Anforderungen<br />
an <strong>die</strong> beteiligten Mitarbeiter im Rahmen<br />
der Nachhaltigkeitsprüfung sehr unterschiedlich.<br />
In Kreditinstituten, bei denen der Kundenbetreuer<br />
oder der Kreditanalyst <strong>für</strong> <strong>die</strong> Nachhaltigkeitsprüfung<br />
verantwortlich ist, müssen<br />
<strong>die</strong> Mitarbeiter über ein vertieftes, spezifi sches<br />
und v.a. aktuelles Wissen über <strong>die</strong> von ihnen betreuten<br />
Sektoren/Branchen und <strong>die</strong> damit einhergehenden<br />
Nachhaltigkeitsrisiken verfügen.<br />
In Kreditinstituten mit einer eigenen Nachhal-<br />
Christian Barthruff, MBA<br />
tigkeitsabteilung, <strong>die</strong> bei kritischen Fragen zurate<br />
gezogen werden kann, ist da gegen bei<br />
den Kundenbetreuern häufi g ein Grundverständnis<br />
über mögliche Nachhaltigkeitsrisiken<br />
der Sektoren und Branchen ausreichend. Das<br />
tief gehende Spezialwissen liegt in <strong>die</strong>sem Fall<br />
bei den jeweiligen Nachhaltigkeitsexperten wie<br />
z. B. Umweltsachverständigen.<br />
Neben der Regelung der Verantwortlichkeit<br />
und der Komplexität der Transaktionen hängt<br />
<strong>die</strong> Anforderung an <strong>die</strong> Mitarbeiter auch vom<br />
Grad der Standardisierung der Nachhaltigkeitsprüfung<br />
ab. So ist <strong>die</strong> Qualität der Bewertung<br />
bei einer individualisierten Prüfung der mit einer<br />
Kreditvergabe einhergehenden Nachhaltigkeitsrisiken<br />
insbesondere von den Fähigkeiten<br />
des Kundenbetreuers abhängig. Bei einer<br />
weitestgehend standardisierten Nachhaltigkeitsprüfung,<br />
bei der eine begrenzte Anzahl<br />
von Nachhaltigkeitsaspekten standardisiert abgefragt<br />
wird, sind <strong>die</strong> Anforderungen an <strong>die</strong><br />
Mitarbeiter dagegen deutlich geringer.<br />
Ansätze zur Prüfung von<br />
Nachhaltigkeitsrisiken<br />
Hinsichtlich der Integration der Nachhaltigkeitsprüfung<br />
in <strong>die</strong> Geschäftsprozesse nutzen<br />
Kreditinstitute verschiedene Instrumente wie<br />
8 <strong>Wissenschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> – Mitteilungen 73