Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen-Finanzgruppe eV
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AUS DER FORSCHUNG<br />
AUTORIN<br />
Dr. Dilek Bülbül<br />
ist wissenschaftliche Assistentin an der durch<br />
<strong>die</strong> Helaba geförderten House-of-Finance-<br />
Stiftungsprofessur <strong>für</strong> Finance und Accounting<br />
an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.<br />
Vertrauen im Bankennetzwerk:<br />
Eine Analyse am Beispiel der <strong>Sparkassen</strong>-<br />
<strong>Finanzgruppe</strong><br />
Forschungsprojekt über dezentrale Verbundstrukturen im Bankenmarkt<br />
Dass Vertrauen im Kreditwesen eine<br />
zentrale Rolle spielt, ist natürlich eine<br />
uralte Erkenntnis, aber manchmal<br />
könnte man meinen, sie sei in Vergessenheit<br />
geraten. Die Finanzkrise hat <strong>die</strong>se Tatsache<br />
wieder in aller Deutlichkeit in unser<br />
Blickfeld gerückt. Fachleute ebenso wie<br />
<strong>die</strong> Allgemeinheit mussten ein weiteres<br />
Mal erkennen, wie wichtig Vertrauen im<br />
Finanzgeschehen ist und wie bedeutend<br />
es <strong>für</strong> <strong>die</strong> Stabilität eines Finanzsystems<br />
ist. Während der Finanzkrise konnte insbesondere<br />
im Interbankenmarkt ein drastischer<br />
Verlust von Vertrauen unter den<br />
Marktteilnehmern beobachtet werden,<br />
und anschließend konnte man nur allzu<br />
deutlich verfolgen, welcher Anstrengungen<br />
es bedurfte, ein Stück des verlorenen<br />
Vertrauens im Markt wieder herzustellen.<br />
Vor <strong>die</strong>sem Hintergrund analysiert <strong>die</strong><br />
hier vorzustellende Untersuchung, wovon<br />
das Ausmaß des Vertrauens in Bankennetzwerken<br />
abhängt und wodurch dort<br />
Vertrauen erzeugt und erhalten werden<br />
kann und dass Bankennetzwerke, selbst<br />
in Zeiten einer Finanzkrise, gut funktionieren<br />
konnten. Das Netzwerk der <strong>Sparkassen</strong><br />
ist da<strong>für</strong> ein ideal geeignetes Untersuchungsobjekt.<br />
Deshalb beschäftigt<br />
sich <strong>die</strong>se Arbeit speziell mit dem Zusammenspiel<br />
der Akteure in der <strong>Sparkassen</strong>-<br />
<strong>Finanzgruppe</strong> und dessen Bedeutung <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Stabilität des Verbundes.<br />
Bankenkrisen<br />
In der Bankenliteratur wurden bisher <strong>die</strong><br />
Ursachen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Entstehung von Bankenkrisen<br />
schon sehr oft untersucht. Dabei erwies<br />
sich <strong>die</strong> Ansteckungsgefahr als der wohl wichtigste<br />
Auslöser da<strong>für</strong>, dass <strong>die</strong> Krise einer einzelnen<br />
Bank auf ein ganzes Bankensystem<br />
übergreift. Die meisten einschlägigen Untersuchungen<br />
zeigen, dass enge Verfl echtungen<br />
Dominoeffekte verursachen und zum Zusammenbruch<br />
des Bankensystems führen können.<br />
Das lässt vermuten, dass Bankennetzwerke, in<br />
denen es enge Beziehungen zwischen den beteiligten<br />
Banken gibt, eher krisenverschärfend<br />
wirken könnten. Im Gegensatz dazu argumentieren<br />
Allen/Gale (2000) in ihrer bahnbrechenden<br />
Arbeit über Finanzsysteme, dass, je enger<br />
<strong>die</strong> Verfl echtungen sind, desto resistenter das<br />
System ist. Leitner (2005) baut auf <strong>die</strong>sem theoretischen<br />
Modell von Allen/Gale auf. In seiner<br />
Untersuchung zeigt er, dass eine notwendige<br />
Bedingung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Stabilität eines Netzwerkes<br />
das Vorhandensein einer koordinierenden<br />
Stelle (Zentraler Koordinator) ist. Erfüllt der Koordinator<br />
seine Rolle gut und genießt er selbst<br />
Vertrauen, führt <strong>die</strong>s dazu, dass Banken eher<br />
bereit sind andere Banken zu unterstützen,<br />
um den Zusammenbruch des gesamten Systems<br />
zu verhindern.<br />
Während der Finanzkrise war es zu beobachten,<br />
dass sich <strong>die</strong> Institute der <strong>Sparkassen</strong>-<br />
<strong>Finanzgruppe</strong> gegenseitig unterstützt haben.<br />
Dies erfolgte durch unterschiedliche Maßnahmen,<br />
wie beispielsweise durch zusätzliche Eigenkapitaleinlagen<br />
oder Bereitstellung von<br />
Liquidität <strong>für</strong> Landesbanken durch <strong>die</strong> <strong>Sparkassen</strong><br />
und andere Verbundinstitute. Diese<br />
und weitere Maßnahmen wurden von den<br />
Regionalverbänden der <strong>Sparkassen</strong> und dem<br />
Deutschen <strong>Sparkassen</strong>- und Giroverband<br />
(DSGV) koordiniert. Es ist auffällig, dass <strong>die</strong><br />
<strong>Sparkassen</strong>-<strong>Finanzgruppe</strong> trotz des allgemeinen<br />
Vertrauensverlustes am Bankenmarkt und<br />
trotz der Verluste der Landesbanken – <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />
<strong>Sparkassen</strong>-<strong>Finanzgruppe</strong> sehr belasteten –<br />
als Bankennetzwerk ihre Stabilität über <strong>die</strong> Finanzkrise<br />
hinweg aufrechterhalten und sogar<br />
stärken konnte.<br />
Die <strong>Sparkassen</strong>-<strong>Finanzgruppe</strong> als<br />
Forschungsobjekt<br />
Die <strong>Sparkassen</strong>-<strong>Finanzgruppe</strong> mit ihrer besonderen<br />
Organisationsstruktur ist ein geeignetes<br />
Forschungsobjekt, um Stabilitätsaspekte<br />
im Bankenmarkt zu untersuchen. Ihre<br />
Netzwerkstruktur weist große Ähnlichkeiten<br />
mit den theoretischen Modellen von Allen/<br />
Gale (2000) und Leitner (2005) auf: Die Insti-<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard H. Schmidt<br />
Dr. Dilek Bülbül<br />
12 <strong>Wissenschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> – Mitteilungen 73