Gender-Aspekte in Studium und Schule
Gender-Aspekte in Studium und Schule
Gender-Aspekte in Studium und Schule
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Untersuchungen wissen wir: Jungen bekommen<br />
schlechtere Noten, gehen häufiger<br />
auf Hauptschulen <strong>und</strong> brechen eher<br />
die <strong>Schule</strong> ab. Das hat auch etwas damit<br />
zu tun, dass es <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dertagesstätte<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong> der Gr<strong>und</strong>schule kaum männliche<br />
Erzieher <strong>und</strong> Lehrer gibt“ 4 , so B<strong>und</strong>esfamilienm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />
Krist<strong>in</strong>a Köhler.<br />
Dass alle<strong>in</strong> der Mangel von<br />
Männern <strong>in</strong> unseren K<strong>in</strong>dergärten<br />
<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen<br />
Jungen zu Bildungsverlierern<br />
macht, wird niemand behaupten<br />
wollen. Die Dreigliedrigkeit<br />
des Schulsystems <strong>und</strong> die Ghettoisierung<br />
von Hauptschulen,<br />
die defizitäre Ausstattung der<br />
<strong>Schule</strong>n <strong>und</strong> die Herausforderungen<br />
e<strong>in</strong>er gel<strong>in</strong>genden Integrationspolitik<br />
s<strong>in</strong>d wesentliche<br />
Felder, die beim Thema „Bildungsverlierer“<br />
diskutiert werden.<br />
Es ist verständlich, wenn Frauen<br />
<strong>und</strong> Lehrer<strong>in</strong>nen auf fragwürdige<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>seitige Argumentationen<br />
zur Problematik der männlichen<br />
Bildungsverlierer mit Abwehr<br />
reagieren, nach denen beispielsweise<br />
Lehrer<strong>in</strong>nen Mädchen bevorzugen.<br />
So verweist der Bildungsforscher Jürgen<br />
Budde darauf, dass die Leistungsdifferenzen<br />
zwischen Jungen <strong>und</strong> Mädchen <strong>in</strong> den<br />
Schulformen, <strong>in</strong> denen mehr Frauen unterrichten<br />
(Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Hauptschule), ger<strong>in</strong>ger<br />
s<strong>in</strong>d als am Gymnasium, der Schulform<br />
mit den wenigsten Jungen <strong>und</strong> den<br />
meisten männlichen Lehrern. 5<br />
Das Stichwort für e<strong>in</strong>e geschlechtergerechtere<br />
<strong>Schule</strong> muss „<strong>Gender</strong>kompetenz“<br />
heißen. Es bedarf Frauen <strong>und</strong> Männer, die<br />
sich des sozial konstruierten Anteils ihrer<br />
Geschlechterrolle bewusst s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> die<br />
selbstreflektiert mit Jungen wie Mädchen<br />
arbeiten. E<strong>in</strong> paritätisch besetztes, heterogenes<br />
Lehrerteam, bestehend aus verschiedensten<br />
Persönlichkeiten, wäre dann,<br />
neben der <strong>Gender</strong>kompetenz dieser Lehrkräfte,<br />
e<strong>in</strong>e vorbildhafte Voraussetzung<br />
für e<strong>in</strong>e gute <strong>und</strong> geschlechterbewusste<br />
<strong>Schule</strong>. Denn Lehrer/<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d eben auch<br />
nur Menschen <strong>und</strong> wirken nicht nur durch<br />
ihre soziale <strong>und</strong> fachliche Kompetenz auf<br />
die Schüler/<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>.<br />
Neue Lehrer braucht das Land<br />
Mehr Männer für e<strong>in</strong> <strong>Studium</strong> als<br />
Gr<strong>und</strong>schullehrer zu motivieren hat sich<br />
deshalb im Zuge e<strong>in</strong>es Maßnahmen-Paketes<br />
für e<strong>in</strong>e geschlechtergerechtere Schu-<br />
ph·fr 2011/1<br />
le auch die Pädagogische Hochschule zum<br />
Ziel gesetzt. Das Gleichstellungsbüro hat<br />
mit Unterstützung von Kolleg/<strong>in</strong>nen aus<br />
verschiedenen Fächern, Gr<strong>und</strong>schullehramtstudenten<br />
<strong>und</strong> Referendaren, e<strong>in</strong>en<br />
Flyer kreiert, der neue Zielgruppen unter<br />
den Männern ansprechen soll. Denn,<br />
so ist man sich auch hier e<strong>in</strong>ig, ohne e<strong>in</strong><br />
verändertes Berufsbild wird man die Zahl<br />
der männlichen Gr<strong>und</strong>schullehrer nicht<br />
erhöhen. Außer dem Flyer gehören auch<br />
die Website www.ph-freiburg.de/maenner<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Schulaktion zu dieser Kampagne.<br />
Vor allem männliche Jugendliche <strong>und</strong><br />
Männer, die vor ihrem schul<strong>in</strong>tegrierten<br />
Praktikum oder vor der Entscheidung für<br />
e<strong>in</strong>en Studiengang stehen, sollen dabei<br />
erreicht werden <strong>und</strong> sich mit der Idee ause<strong>in</strong>andersetzen,<br />
mit K<strong>in</strong>dern zu arbeiten.<br />
Sicher kann die Hochschule nur e<strong>in</strong>en<br />
sehr kle<strong>in</strong>en Beitrag zu e<strong>in</strong>em veränderten<br />
Image des Gr<strong>und</strong>schullehramts beitragen,<br />
aber als Ausbildungsstätte für Lehrer/<strong>in</strong>nen<br />
steht sie hier <strong>in</strong> der Verantwortung.<br />
E<strong>in</strong>e gendergerechte <strong>Schule</strong> trägt zur Professionalisierung<br />
von Bildung bei. Davon<br />
profitieren nicht nur Lehrkräfte, unabhängig<br />
vom Geschlecht, sondern <strong>in</strong>sbesondere<br />
die Schüler/<strong>in</strong>nen.<br />
Die Referendare <strong>und</strong> ehemaligen<br />
Studenten der Pädagogischen<br />
Hochschule: Sebastian Siebrecht (l.) <strong>und</strong><br />
Benjam<strong>in</strong> Schneider. Sie berichteten<br />
über ihre Erfahrungen <strong>in</strong> <strong>Studium</strong> <strong>und</strong><br />
Beruf sowie über die Notwendigkeit<br />
e<strong>in</strong>er veränderten Wahrnehmung<br />
von der Arbeit mit K<strong>in</strong>dern. Weitere<br />
Interviews mit Studierenden <strong>und</strong><br />
angehenden Gr<strong>und</strong>schullehrern s<strong>in</strong>d auf<br />
www.ph-freiburg.de/maenner zu f<strong>in</strong>den.<br />
Anmerkungen<br />
1) Budde, Jürgen (2006): Dramatisieren, Differenzieren<br />
- Entdramatisieren. Männlichkeitskonstruktionen<br />
im Unterricht. In: Der Deutschunterricht, H.<br />
1/2006, S. 86-91, S. 90.<br />
2) Rohrmann, Tim (2006). „Männer <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dertagese<strong>in</strong>richtungen<br />
<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen“, Internetquelle:<br />
http://www.wechselspiel-onl<strong>in</strong>e.de/literatur/Texte_TR/Rohrmann%20<strong>in</strong>%20Krabel_Stuve%202006.<br />
pdf. S.13.(09/03/2011).<br />
3) Ebd.<br />
4) Aus e<strong>in</strong>em Interview mit der B<strong>und</strong>esfamilienm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />
Dr. Krist<strong>in</strong>a Köhler, geführt von der Welt<br />
am Sonntag am 7.12.2009. Quelle: Internetseite<br />
des B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isteriums für Familie, Senioren,<br />
Frauen <strong>und</strong> Jugend: http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/<br />
aktuelles,did=132980.html, 12.10.2010.<br />
5) Budde, Jürgen. In: Informationsblatt der Gesellschaft<br />
für Chancengleichheit: Chancen. Gleichheit<br />
<strong>und</strong> Politik. Sonderdruck 12/2009. Berl<strong>in</strong>: ZWD-<br />
Mediengesellschaft, S. 7.<br />
27