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Neue Dimension im Tunnelbau

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<strong>Neue</strong> <strong>D<strong>im</strong>ension</strong> <strong>im</strong> <strong>Tunnelbau</strong><br />

"Trude" - "Tief runter unter die Elbe" so<br />

nennen die Hamburger die mächtige<br />

Schildvortriebsmaschine, mit der<br />

gegenwärtig die vierte Elbtunnelröhre<br />

gebohrt wird. Die Anlage hat einen<br />

Bohrdurchmesser von 14,2 Metern. Damit<br />

ist "Trude" die weltweit größte<br />

Vortriebsanlage für Lockergestein.<br />

Der 1996 begonnene <strong>Tunnelbau</strong> soll <strong>im</strong><br />

Jahr 2003 fertig gestellt und dem<br />

Straßenverkehr übergeben werden.<br />

Rückansicht der 60 Meter langen und<br />

2600 Tonnen schweren<br />

Vortriebsanlage (links), Blick in den<br />

Rohbau der Tunnelröhre mit<br />

Transportgleis (rechts).<br />

Im Eröffnungsjahr 1975 war der Elbtunnel mit seinen drei Röhren ein<br />

zukunftsweisendes Bauwerk. Pro Tag passierten damals <strong>im</strong> Schnitt 56 000<br />

Fahrzeuge den für eine Belastung von ca. 70 000 Kfz in 24 Stunden ausgelegten<br />

Tunnel. Inzwischen sind es weit über 100 000 Fahrzeuge und Staus vor den<br />

Einfahrtstoren an der Tagesordnung. Das Bundesverkehrsministerium erteilte<br />

daher 1995 der Arbeitsgemeinschaft 4. Röhre Elbtunnel den Auftrag zu einem<br />

Erweiterungsbau. Er soll künftig den Verkehr unter der Elbe durch eine zusätzliche<br />

Nord-Süd-Verbindung flüssiger und sicherer gestalten.<br />

Größter Unterwassertunnel<br />

Die Segmente der drei vorhandenen Elbtunnel-Röhren waren noch in einer offenen<br />

Baggerrinne <strong>im</strong> Flussgrund abgesetzt worden. Heute dagegen ermöglicht die<br />

fortgeschrittene Schildvortriebstechnik ein wirtschaftlicheres und<br />

umweltschonenderes Verfahren. So fällt z. B. kein schadstoffbelasteter Aushub<br />

mehr an, der mit hohen Kosten entsorgt werden musste. Etwa 2561 Meter der<br />

insgesamt ca. 3101 Meter langen Tunnelstrecke werden <strong>im</strong><br />

Schildvortriebsverfahren gebaut. Unter der Elbe, die hier eine Fahrwassertiefe von<br />

mehr als 15 Metern hat, ist man inzwischen durch; bei Redaktionsschluss waren<br />

noch etwa 400 Meter unter dem Nordufer zu bohren. Die fertige Röhre wird einen<br />

Innendurchmesser von 12,35 Metern und eine Durchfahrtshöhe von 4,90 Metern<br />

haben. Sie ist damit der zurzeit größte <strong>im</strong> Schildvortrieb hergestellte<br />

Unterwassertunnel.<br />

Knapp unter dem Keller<br />

Trotz modernster Technik war und ist das Bohren der vierten Elbtunnelröhre kein<br />

leichtes Vorhaben. Der Vortrieb muss bei einem dauernden Wasserdruck von über<br />

40 Metern Wassersäule an der Tunnelsohle unterschiedlichste Bodenstrukturen<br />

bewältigen. Dazu gehören Sand, Geröll, Schlick, Geschiebemergel und Findlinge.<br />

1. Auffüllung Sand<br />

2. Sand/Kiese<br />

3. Kies/Geröll<br />

4. Klei<br />

5. Geschiebemergel<br />

6. Lauenburger Ton<br />

7. Geschiebelehm<br />

8. Gl<strong>im</strong>mterton (Tertiär)<br />

Die 4. Tunnelröhre unterquert die Elbe, deren Fahrwassertiefe an dieser Stelle über<br />

15 Meter beträgt, in einem großen Bogen. Bei der Bohrung musste eine komplizierte


Bodenstruktur durchfahren werden.<br />

"Trude" unterquerte die Elbe bei vollem Schiffsverkehr mit einer sehr geringen<br />

Bodenüberdeckung von ca. acht bis 13 Metern. Die mechanischen Eigenschaften<br />

dieser Überdeckung wurden deshalb vor Baubeginn durch Bodenverdichtung<br />

verbessert. Im Uferzonenbereich nähert sich das Schneidrad der<br />

Schildvortriebsmaschine zum Teil bis auf ca. 9,50 Meter der Kellersohle<br />

vorhandener Wohnhäuser. Das erforderte besondere Sicherheitsmaßnahmen wie<br />

Bodeninjektionen, um Setzungen zu verhindern. Einem gigantischen Maulwurf<br />

vergleichbar arbeitet sich die rund 2 600 Tonnen schwere Schildvortriebsmaschine<br />

pro Tag etwa sechs Meter voran. Durch Drehbewegungen baut das mit über 100<br />

Schälmessern und ca. 30 Rollenmeißeln bestückte Schneidrad den Boden ab. Die<br />

Vortriebsgeschwindigkeit schwankt je nach Bodenbeschaffenheit zwischen zwei<br />

und 35 Mill<strong>im</strong>etern pro Minute.<br />

Der <strong>Tunnelbau</strong> erfordert insgesamt rund 11<br />

500 in einem eigens errichteten Werk<br />

produzierte Stahlbetonfertigteile (Tübbings),<br />

die per Bahn transportiert werden<br />

Täglich bis zu sechs Ringe<br />

Zwischen der Stirnseite des Bohrers und der Abbaufläche (Ortsbrust) ist ein<br />

Gemisch aus einer speziellen Stützflüssigkeit und Erde. Es wird durch ein<br />

Luftpolster ständig unter Druck gehalten, damit die vor dem Schneidrad stehende,<br />

senkrechte "Bodenplatte" nicht einstürzt. In die Stützflüssigkeit fallende Steinblöcke<br />

werden durch einen Steinbrecher zerkleinert und mit dem abgebauten Boden durch<br />

eine Förderleitung zur Separieranlage über Tage gepumpt. Dem Bohrvorgang folgt<br />

sofort der ringförmige Einbau vorgefertigter Stahlbetonteile, der so genannten<br />

Tübbings, aus denen sich die Tunnelwand zusammensetzt. So können max<strong>im</strong>al<br />

sechs neue Tunnelringe in 24 Stunden entstehen.<br />

Ohne Druckluft geht nichts<br />

Die Tunnelröhre besteht aus insgesamt 1280<br />

Ringen, die jeweils aus neun Tübbings<br />

zusammengesetzt sind.<br />

Druckluft dient vor allem zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung des Druckes auf<br />

den Schneidradraum. Je nachdem, ob gerade Vortrieb stattfindet oder nicht,<br />

schwankt der Luftbedarf zwischen 5 und 25 m 3 /min. Kurzzeitig kann er jedoch auch<br />

bis auf 150 m 3 /min ansteigen.<br />

Wirtschaftliche Container-Lösung<br />

Zur Grundlastversorgung wurden zwei Schraubenkompressoren KAESER ES 280


in Containern installiert, die bei 8 bar jeweils 25,92 m 3 /min Druckluft erzeugen. Die<br />

von KAESER konzipierten Containeranlagen verfügen über eine integrierte<br />

Druckluft- und Kondensataufbereitung sowie über ein Steuerungs- und<br />

Lüftungssystem. Sie sind zwischen -20 und +40 °C Außentemperatur problemlos<br />

einsetzbar. Der Vorteil dieser Lösung liegt in der schnellen Montage und der<br />

flexiblen Einsetzbarkeit der Kompressoren. Das ausgereifte Anlagenkonzept<br />

ermöglicht aber auch - wie hier - einen langfristigen stationären Einsatz. Für<br />

erhöhten Druckluftbedarf und als Reserveaggregate bei Stromausfall stellte man<br />

zusätzlich sechs dieselgetriebene Baukompressoren KAESER Mobilair 260 auf.<br />

Diese leistungsfähigen Anlagen haben eine Liefermenge von 25,5 m 3 /min bei 8<br />

bar. Je zwei Mobilair-Kompressoren ist ein Aufbereitungscontainer zugeschaltet, in<br />

dem die Druckluft gereinigt wird.<br />

Hohe Sicherheit<br />

So präsentiert sich "Trude" den Besuchern der neuen<br />

Elbtunnelröhre. Der Bohrdurchmesser der<br />

Vortriebsanlage beträgt 14,2 m.<br />

Im Normalbetrieb st<strong>im</strong>mt eine übergeordnete Mikroprozessorverbundsteuerung<br />

MVS 8000 die Leistung der beiden elektrisch angetriebenen KAESER-<br />

Schraubenkompressoren auf den jeweiligen Druckluftbedarf der Baustelle ab.<br />

Besteht erhöhter Bedarf, so startet die MVS automatisch die Baukompressoren.<br />

Selbst wenn einmal der Strom ausfallen sollte, ist die Druckluftversorgung<br />

gesichert: Dann versorgt ein Notstromaggregat die elektrisch betriebenen<br />

Nebensysteme, und gleichzeitig werden die dieselgetriebenen Kompressoren<br />

verbrauchsabhängig gestartet und gesteuert. Damit steht auch unter diesen<br />

Bedingungen die geforderte Max<strong>im</strong>alluftmenge von 150 m 3 /min zur Verfügung.<br />

Höchste Druckluftverfügbarkeit<br />

gewährleistet die installierte<br />

KAESER-<br />

Kompressorenstation.

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