Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen Wissenschaftsförderung
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AUTOR AUS DER FORSCHUNG<br />
Prof. Dr. Henry Schäfer<br />
ist Ordinarius an der Universität Stuttgart und<br />
Inhaber des Lehrstuhls „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre<br />
und Finanzwirtschaft“, Abteilung III<br />
des Betriebswirtschaftlichen Instituts.<br />
Nachhaltige Geldanlagen in der<br />
betrieblichen Altersvorsorge<br />
Geschäftspotenzial nimmt Konturen an<br />
Die tatsächliche Nachfrage nach nachhaltigen<br />
Geldanlagen seitens deutscher<br />
betrieblicher Altersvorsorgeeinrichtungen<br />
(bAV-Einrichtungen) ist bislang<br />
verhalten. Es lässt sich aber eine Lockerung<br />
in der bisherigen Zurückhaltung<br />
wahrnehmen und es sind erste Affi nitäten<br />
zum nachhaltigen Geldanlegen in bAV-<br />
Einrichtungen festzustellen.<br />
Am Ausgangspunkt steht wie in so vielen europäischen<br />
Nachbarländern auch in Deutschland<br />
eine Regulierung: <strong>die</strong> seit 2002 bestehende<br />
gesetzliche Nachhaltigkeits-Berichtspfl icht <strong>für</strong><br />
bAV-Einrichtungen der externen Durchführungswege<br />
(Pensionsfonds, Pensionskasse,<br />
Direktversicherung). Auch wenn der seinerzeit<br />
von den Initiatoren des Alterszertifi zierungsgesetzes<br />
erhoffte Impuls <strong>für</strong> eine breit ausgerichtete<br />
Nachhaltigkeit in der Geldanlage von<br />
bAV-Einrichtungen im Vergleich zu den Erwartungen<br />
fast ausgeblieben ist, sorgen <strong>die</strong><br />
sprunghaft gewachsenen medialen Berichterstattungen<br />
zu Nachhaltigkeitsthemen (Klimawandel,<br />
Finanzkrise etc.), Initiativen aus<br />
dem politiknahen Bereich (z.B. Rat <strong>für</strong> Nachhaltige<br />
Entwicklung) und <strong>die</strong> zunehmende<br />
Sensibilisierung der deutschen Bevölkerung<br />
<strong>für</strong> Themen der Nachhaltigkeit und Corporate<br />
Social Responsibility (CSR) <strong>für</strong> immer mehr<br />
Handlungsdruck. Zusätzlich mag der Blick auf<br />
<strong>die</strong> erfolgreiche <strong>Praxis</strong> nachhaltiger Geldanlagepolitiken<br />
von bAV-Einrichtungen in Europa<br />
und in Übersee, vor allem in den USA, manche<br />
der deutschen bAV-Einrichtungen nachdenklich<br />
stimmen.<br />
Aufgrund der Komplexität der Anlageziele<br />
und -restriktionen der einzelnen bAV-Durchführungswege,<br />
der Bandbreite der Interpretationsmöglichkeiten<br />
des Begriffs nachhaltige<br />
Geldanlagen und einer unvollständigen Datenlage<br />
gelingt eine objektive Quantifi zierung<br />
der tatsächlichen Bestände und Potenziale<br />
deutscher bAV-Einrichtungen an nachhaltigen<br />
Geldanlagen momentan nicht, sondern nur in<br />
Form von Trend- und Tendenzaussagen. Dennoch<br />
ist davon auszugehen, dass sich der<br />
<strong>Sparkassen</strong>- Finanzgruppe als Anbieter von<br />
nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen<br />
im mehrere Milliarden Euro umfassenden bAV-<br />
Markt ein nicht zu vernachlässigendes Absatzpotenzial<br />
eröffnet, welches auszuschöpfen ein<br />
nicht zu ignorierendes, da Ertrag versprechendes<br />
Ziel ist.<br />
Die teilweise noch zu verzeichnende Zurückhaltung<br />
oder auch Unentschlossenheit<br />
der bAV-Einrichtungen bezüglich nachhaltiger<br />
Geldanlagen sehen Experten aus <strong>Wissenschaft</strong><br />
und <strong>Praxis</strong> vor allem begründet<br />
− im Fehlen eines Track Records bzw. aktiver<br />
Nachhaltigkeits-Vorreiter unter den bAV-<br />
Einrichtungen,<br />
− in der Be<strong>für</strong>chtung einer Performance-Einbuße,<br />
z.B. aufgrund einer möglichen Einschränkung<br />
des Anlageuniversums,<br />
− im mangelnden Angebot an nachhaltigen<br />
Geldanlageprodukten, <strong>die</strong> den Anlagepräferenzen<br />
der bAV-Einrichtungen entgegenkommen.<br />
Diesen Hinderungsgründen <strong>für</strong> eine derzeit<br />
noch geringe Anlagebereitschaft in nachhaltige<br />
Geldanlagen kann <strong>die</strong> <strong>Sparkassen</strong>-<br />
Finanzgruppe Rechnung tragen und sie als<br />
Potenzial verstehen, wenn sie eine auf <strong>die</strong> jeweiligen<br />
Spezifi ka der einzelnen bAV-Durchführungswege<br />
abgestimmte Marktbearbeitungsstrategie<br />
entwickelt. Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> das Gelingen der Marktbearbeitung sind<br />
hierbei bedarfsgerechte und passgenaue<br />
Kommunikations- und Vertriebskonzepte, vor<br />
allem in den Bereichen der Beratung und Betreuung<br />
<strong>die</strong>ser speziellen Zielgruppe.<br />
Unterstützend wirken kann das eigene aus<br />
dem öffentlichen Auftrag (dem „genetischen<br />
Code“) und der besonderen Kundennähe<br />
sowie dem gesellschaftlichen Engagement<br />
resultierende, prinzipiell hohe Nachhaltigkeits-Potenzial<br />
der <strong>Sparkassen</strong>-Finanzgruppe.<br />
Indem Institute der <strong>Sparkassen</strong>-Finanzgruppe<br />
glaubwürdig belegen können, dass Nachhaltigkeit<br />
<strong>für</strong> sie weniger ein vorübergehendes<br />
„Aktionsthema“ ist, sondern eine Frage ihrer<br />
Unternehmensverantwortung, können sie<br />
Prof. Dr. Henry Schäfer<br />
auch sog. bAV-Initiatoren und -Multiplikatoren<br />
wie Firmen- und Privatkunden erreichen und<br />
sie <strong>für</strong> das Thema nachhaltige Geldanlagen in<br />
der bAV gewinnen. Diese wiederum können<br />
als Versorgungsempfänger, Versicherte oder<br />
Berater der bAV-Einrichtungen einen verstärkenden<br />
Einfl uss auf deren Nachfrage nach<br />
nachhaltigen Geldanlagen haben. Instituten<br />
der <strong>Sparkassen</strong>- Finanzgruppe eröffnen sich<br />
somit verschiedene Zugangswege zu unterschiedlichen<br />
Kundengruppen (sog. Cross-<br />
Selling-Potenzial). Neben der eigenen Werteorientierung<br />
ist eine professionelle Fachkompetenz<br />
eine weitere zentrale Anforderung<br />
an Institute der Spar kassen-Finanzgruppe, um<br />
im Vertrieb nach haltiger Geldanlagen im Rahmen<br />
des Vermögensmanagements von bAV-<br />
Einrichtungen erfolgreich zu sein und Wettbewerbsvorteile<br />
zu erlangen.<br />
Abhängig vom jeweiligen Vermögensmanagementansatz<br />
(standardisiert oder individualisiert),<br />
vom Komplexitätsgrad nachhaltiger<br />
Geldanlageprodukte (vorgefertigt oder<br />
maßgeschneidert, „hellgrün“ oder „dunkelgrün“)<br />
und dem organisationsspezifi schen Beratungsbedarf<br />
(hoch oder niedrig) lassen sich<br />
<strong>Wissenschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> – Mitteilungen 71 7