Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen Wissenschaftsförderung
Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen Wissenschaftsförderung
Wissenschaft für die Praxis - Sparkassen Wissenschaftsförderung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Der Themenblock zu Rechtsfragen wurde<br />
von Thorsten Müller, Leiter der Forschungsstelle<br />
Umweltenergierecht der Universität<br />
Würzburg, mit einer Einordnung der Bio gaseinspeisung<br />
in den Kontext des Um welt -<br />
energierechts eingeleitet. Die Transformation<br />
der Energienutzung bei der Biogaseinspeisung<br />
basiere auf den Säulen Substitution fossiler<br />
bzw. atomarer Energieträger und Effi zienz.<br />
Müller wies an <strong>die</strong>ser Stelle auf Schwächen des<br />
Energiereduktionsrechts hin und sah eine verstärkte<br />
Anwendung der Suffi zienzstrategie als<br />
zusätzliche Möglichkeit, den Energieverbrauch<br />
zu reduzieren. Weiterhin fl ankiere <strong>die</strong> Biogaseinspeisung<br />
<strong>die</strong> Haupt instrumente EEG und<br />
EEWärmeG und gehöre damit zum Klimaschutzrecht.<br />
Im Folgenden wurden unmittelbare<br />
Anreize zur Biogaseinspeisung durch <strong>die</strong><br />
Gasnetzzugangsverordnung erläutert. Finanzielle<br />
Anreize würden vor allem durch <strong>die</strong> Kostenteilung<br />
<strong>für</strong> den Anlagenanschluss sowie <strong>die</strong><br />
Freistellung von Wartungskosten und Einspeiseentgelten<br />
geliefert. Hemmnisse wiederum<br />
würden durch günstige Netzzugangsregelungen<br />
abgebaut. Die Erörterung eines alternativen<br />
Biogaseinspeisegesetzes ergab mehr<br />
Nach- als Vorteile, vor allem hätte es <strong>die</strong> Zersplitterung<br />
des Rechts der Erneuerbaren Energien<br />
zur Folge. Nach Müller bedarf der Regelungsbereich<br />
der Biogaseinspeisung einer<br />
Fortentwicklung, vor allem im Hinblick auf eine<br />
Optimierung anhand der Klimaschutzeffekte<br />
und der Sicherung von Nachhaltigkeit, z.B.<br />
durch <strong>die</strong> Gewährleistung der Biogasaufbereitung<br />
über eine KWK-Pfl icht. In Anbetracht der<br />
schnellen Entwicklung des Umweltenergierechts<br />
werde ein anderes Design benötigt, das<br />
z.B. einer CO -Bilanz entlang der Wertschöp-<br />
2<br />
fungskette gerecht werden könne. Auch in der<br />
anschließenden Diskussion wurden Architekten<br />
<strong>für</strong> ein konsistentes Umweltenergierecht<br />
gefordert, um z.B. Widersprüche des Gesetzgebers<br />
im Umgang mit Biogas, das teils als erneuerbare,<br />
teils als konventionelle Energie behandelt<br />
würde, aufzulösen.<br />
Daniel Konrad, LL.M, Referent in der Bundesnetzagentur,<br />
behandelte in seinem Vortrag<br />
zu Regulierungsfragen der Biogaseinspeisung<br />
zunächst <strong>die</strong> Anschlusspfl icht des<br />
Netzbetreibers bzw. dessen Pfl icht zur Erweiterung<br />
der Netzkapazitäten nach der neuen<br />
GasNZV. Er erörterte Optionen und Probleme<br />
verschiedener Anschlussvarianten wie <strong>die</strong><br />
Rückspeisemöglichkeit im örtlichen Verteilnetz<br />
oder den direkten Anschluss an das vorhandene<br />
Fernleitungsnetz, wobei nicht nur<br />
<strong>die</strong> Kalkulation der Anschlusskosten Schwierigkeiten<br />
bereiten könne, sondern auch der<br />
Wunsch der Netzbetreiber nach Bevorzugung<br />
gesamtwirtschaftlich kostengünstigerer Anschluss<br />
varianten. Bei der Frage der wirtschaftlichen<br />
Zumutbarkeit gestalte sich <strong>die</strong> Bestimmung<br />
einer Obergrenze schwierig, <strong>die</strong><br />
mög licher weise erreicht sein könne, wenn<br />
Kosten des Netzanschlusses einen bestimmten<br />
Prozentsatz der Kosten der Biogasanlage<br />
übersteigen. Zum Anschlussverfahren erläuterte<br />
Konrad den Umfang der Pfl icht des Netzbetreibers<br />
zur Vereinbarung eines Realisierungsfahrplans<br />
vom Abschluss des Netz anschlussvertrages<br />
an bis zur Inbetriebnahme<br />
des Anschlusses. Neue Regelungen zum Anschlussvertrag<br />
beträfen vor allem <strong>die</strong> Kostenteilung<br />
des Netzanschlusses und eine Kostendeckelung<br />
<strong>für</strong> den Anschlussnehmer, <strong>die</strong><br />
allerdings bei einer Verbindungsleitung nur<br />
bis zu einem Kilometer gelte. Allerdings sei<br />
<strong>die</strong> Interpretation <strong>die</strong>ser Regelung noch offen,<br />
ungeklärt sei, ob <strong>die</strong>se Begünstigung immer<br />
<strong>für</strong> den ersten Kilometer jedes Anschlusses<br />
oder nur <strong>für</strong> Anschlüsse mit einer Gesamtlänge<br />
von einem Kilometer gelte. Elementare<br />
Themen seien weiterhin <strong>die</strong> Pfl icht des Netzbetreibers<br />
zur Sicherstellung der tatsächlichen<br />
Verfügbarkeit des Netzanschlusses, <strong>die</strong><br />
Haftungsklausel sowie <strong>die</strong> Möglichkeit, Dienstleistungsvereinbarungen<br />
abzuschließen. Die<br />
Regelung zum Methanschlupf sei verschärft<br />
worden, fraglich sei hier jedoch, ob eine<br />
Rechtsfolge existiere <strong>für</strong> den Fall, dass der<br />
Nachweis des Anschlussnehmers fehle. Eine<br />
wichtige Norm der neuen GasNZV sei weiterhin,<br />
dass Kosten <strong>für</strong> <strong>die</strong> Umstellung einer Anlage<br />
infolge des Wechsels der Gasqualität<br />
vom Netzbetreiber zu tragen seien. Da keine<br />
Übergangsbestimmungen geregelt sind, wurden<br />
abschließend auch Fragen zur Anwendbarkeit<br />
der neuen Regelungen erörtert.<br />
Den nachfolgenden thematischen Abschnitt<br />
zu Vertrags- und Versicherungsaspekten<br />
der Biogaseinspeisung eröffnete RA Hartwig<br />
von Bredow von der Kanzlei Schnutenhaus<br />
& Kollegen mit einem Vortrag zur Vertragsgestaltung,<br />
den er mit Erläuterungen zu EEGrechtlichen<br />
Hintergründen der Vertragsentstehung<br />
begann. Beim Biomasseliefervertrag als<br />
erstem relevanten Kontrakt in der Wertschöpfungskette<br />
sei besonders zu beachten, dass<br />
Biomasse <strong>die</strong> Anforderungen des EEG nicht<br />
nur im Sinne des Nawaro-Bonus zu erfüllen<br />
habe, sondern bereits an <strong>die</strong>ser Stelle auch<br />
künftige Forderungen der Nachhaltigkeitsver-<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
ordnung zu berücksichtigen seien. Für das Lieferverhältnis<br />
zwischen den Betreibern einer<br />
Biogas- und Biogasaufbereitungsanlage wurde<br />
neben den Haftungsklauseln besonders <strong>die</strong><br />
Preisanpassungsklausel hervorgehoben, <strong>die</strong><br />
äußerst bedeutsam sei durch <strong>die</strong> langen Rohgas-Lieferverträge<br />
von teilweise 20 Jahren. Zu<br />
den Biomethanlieferverträgen erörterte von<br />
Bredow, wie schwierig und vielschichtig es sei,<br />
den Übergabepunkt festzulegen. Bei Kontrakten<br />
mit Gasnetzbetreibern unterscheide man<br />
zwischen Verträgen zu Gasnetzanschluss und<br />
zu Gasnetzzugang mit Ein- und Ausspeisevertrag.<br />
Grundsätzlich unterliege ein Gasnetzbetreiber<br />
einem gesetzlichen Kontrahierungszwang,<br />
nachdem er zu Angebot und Abschluss<br />
eines Vertrages verpfl ichtet sei, wobei gleichzeitig<br />
<strong>die</strong> Vorgaben der GasNZV auch vertraglich<br />
eingehalten werden müssten und ein dritter<br />
Vertragsbereich offen <strong>für</strong> Verhandlungen<br />
sei. Konfl ikthaft sei hier <strong>die</strong> gesetzliche Notwendigkeit<br />
zur frühzeitigen Erstellung eines<br />
Realisierungsfahrplans, da <strong>die</strong>ser erst nach<br />
der Planungsphase sinnvoll beschlossen werden<br />
könne; andererseits liefere er erhöhte Planungssicherheit<br />
<strong>für</strong> den Einspeiser.<br />
Dipl.-Ing.agr. Knuth Thiesen, Direktionsbeauftragter<br />
der VGH-Versicherungen, behandelte<br />
das Umfeld der Haftpfl ichtversicherungen<br />
<strong>für</strong> Biogasanlagen. Für <strong>die</strong> Versicherung der<br />
Anlagen selbst seien bereits standardisierte<br />
Produkte entwickelt worden. Das Risiko der<br />
Einspeisung von Biogas würde <strong>die</strong> Versicherungswirtschaft<br />
allerdings weniger gern tragen.<br />
Zunächst wurde ein Überblick zu Versicherungen<br />
gegeben, <strong>die</strong> <strong>für</strong> Biogasanlagen<br />
relevant seien. Die Bauherrenhaftpfl ichtversicherung<br />
greife bei Schäden, <strong>die</strong> während des<br />
Bauvorhabens entstehen. Eine Betriebshaftpfl<br />
ichtversicherung decke hier Personen- und<br />
Sachschäden eines Dritten im Zusammenhang<br />
mit Betrieb und Erhalt der Biogasanlage ab,<br />
z.B. Explosionen und Brand. Der Abschluss<br />
einer Umwelthaftpfl ichtversicherung sei bei<br />
bestehender Betriebshaftpfl ichtversicherung<br />
möglich. Die Versicherung hafte <strong>für</strong> Schadensersatzansprüche<br />
Dritter bei Umweltschäden<br />
an Gewässern, Boden und Luft nach einem<br />
Störfall. Der Referent betonte, dass es in <strong>die</strong>sem<br />
Fall um zivilrechtliche Ansprüche gehe,<br />
während es sich bei der Umweltschadenversicherung,<br />
<strong>die</strong> wiederum nur bei einer bestehenden<br />
Betriebs- und Umwelthaftpfl ichtversicherung<br />
abgeschlossen werden könne, um<br />
öffentlich-rechtliche Ansprüche handele. Seit<br />
Inkrafttreten des Umweltschadensgesetzes<br />
<strong>Wissenschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> – Mitteilungen 71 21