Getreideballaststoffe – Nur Ballast oder mehr? - BMELV-Forschung
Getreideballaststoffe – Nur Ballast oder mehr? - BMELV-Forschung
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Bei den Experimenten stellten Thomas Alter und seine Mitarbeiter<br />
zunächst sicher, dass das verwendete Ausgangsprodukt Truthahnfleisch<br />
vor dem Versuch frei von Campylobacter-Keimen war. Untersuchungen<br />
haben nämlich gezeigt, dass rund 50 % der Fleischproben<br />
aus den Schlachthöfen eine Keimlast trägt. Das Campylobacterfreie<br />
Fleisch wurde dann wie bei der Wurstherstellung üblich im Cutter<br />
zerkleinert, gewürzt und mit einer Starterkultur von Milchsäurebakterien<br />
für den Reifeprozess versehen. Anschließend wurde die<br />
fertige Wurstmasse gezielt mit Campylobacter jejuni kontaminiert.<br />
Die Keime wurden dabei in unterschiedlichen Konzentrationen eingebracht.<br />
Die infizierte Masse wurde nun in Kunstdärme abgefüllt<br />
und die Würste reiften nach den Industrie-üblichen Methoden in der<br />
BfR-eigenen Reifekammer 8 Tage lang. Ein Teil davon kam zusätzlich<br />
in den Rauch.<br />
Während des Fermentationsprozesses und der Räucherung<br />
entnahmen Thomas Alter und seine Mitarbeiter<br />
in den verschiedenen Reifestadien<br />
Proben und untersuchten sie auf die<br />
Zahl der Campylobacter-Keime. Ob<br />
und wie stark sich die Keime ver<strong>mehr</strong>en,<br />
wird nämlich von Faktoren<br />
wie dem Säuregrad der<br />
Wurstmasse und von deren<br />
Salzgehalt beeinflusst. Eine<br />
wichtige Rolle spielen auch<br />
die konkurrierenden Milchsäurebakterien,<br />
die für den<br />
Fermentationsprozess verantwortlich<br />
sind.<br />
Die BfR-Forscher stellten fest,<br />
dass in Würsten, die zu Anfang gering<br />
belastet waren, am Ende des Reifungsprozesses<br />
keine Keime <strong>mehr</strong> nachzuweisen<br />
sind. Ist das Ausgangsprodukt Fleisch je-<br />
Gezielte Kontamination von Geflügelwurstmasse mit Campylobacter<br />
jejuni vor dem Reifen in der Reifekammer<br />
2/2006 FORSCHUNGSREPORT<br />
<strong>Forschung</strong> „live“<br />
doch hoch belastet, dann sind nach dem Reifen noch so viele Keime<br />
in der Rohwurst enthalten, dass ein Infektionsrisiko für den Verbraucher<br />
nicht auszuschließen ist.<br />
Für die Herstellung von Rohwürsten aus Geflügelfleisch heißt das:<br />
Geflügelfleisch für Rohwürste muss vor der Verarbeitung auf Campylobacter<br />
untersucht werden. Denn Fleisch für die Rohwurstherstellung<br />
sollte möglichst frei davon sein. <strong>Nur</strong> so ist sicherzustellen,<br />
dass ein mikrobiell unbedenkliches Produkt auf den Teller des Verbrauchers<br />
gelangt.<br />
Neue Trends, alte Risiken<br />
Die Wünsche der Verbraucher ändern sich. Diesen Veränderungen<br />
auf dem Markt passt sich die <strong>Forschung</strong> zu mikrobiellen Risiken im<br />
BfR an. So geht derzeit der Trend zu weniger Salz und weniger Säure<br />
in Wurst und Schinken <strong>oder</strong> in Geflügelprodukten wie Hühnerbrust<br />
<strong>oder</strong> Putenschinken. Diese Faktoren beeinflussen jedoch die mikrobiellen<br />
Risiken dieser Produkte.Viel Salz und viel Säure töten nämlich<br />
Keime ab. Wird diese biozide Stellschraube zurückgedreht, dann erhöht<br />
sich die Überlebenschance von Bakterien wie Salmonellen <strong>oder</strong><br />
Campylobacter, die den Menschen krank machen können.<br />
Die Wissenschaftler um Lüppo Ellerbroek und Thomas Alter untersuchen<br />
deshalb in einem neuen Projekt, wie weit der Salz- <strong>oder</strong> Säuregehalt<br />
in empfindlichen Fleischwaren bei der Produktion heruntergefahren<br />
werden kann, ohne die mikrobiellen Risiken für den Verbraucher<br />
zu vergrößern. „Diese ‚mild konservierten’ Lebensmittel müssen<br />
natürlich für den Verbraucher genau so sicher sein wie die klassischen<br />
Produkte“, beschreibt Lüppo Ellerbroek die Ziele der <strong>Forschung</strong>.<br />
■<br />
Jürgen Thier-Kundke, Bundesinstitut<br />
für Risikobewertung,<br />
Pressestelle, Thielallee 88,<br />
14195 Berlin. E-Mail: juergen.thier-kundke@bfr.bund.de<br />
Herstellen von Wurstmasse für Rohwürste aus Gelfügelfleisch in<br />
der BfR-eigenen Verarbeitungstechnologie<br />
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