Getreideballaststoffe – Nur Ballast oder mehr? - BMELV-Forschung
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Durchmesser bis 6 cm und einem Gewicht von 60 g erreichten. Nach<br />
Osten und Westen hybridisierte M. sieversii mit anderen Arten.<br />
Im botanischen System erhielt der Kulturapfel den Namen Malus domestica.<br />
Da er genetisch gesehen ein Hybridkomplex ist, also <strong>mehr</strong>ere<br />
Arten an der Entstehung beteiligt waren, wird er heute als Malus<br />
x domestica bezeichnet. Über Handelsstraßen und Eroberungszüge<br />
gelangte der Apfel von Asien nach Europa. Bereits im 4. Jahrhundert<br />
v. Chr. beherrschte man im alten Griechenland die Kunst des Veredelns;<br />
somit konnten Bäume erstmals sortenrein erhalten werden.<br />
Es waren aber insbesondere die Römer, die den Obstbau zu einer<br />
Hochkultur entwickelten und das Wissen sowie die ersten Sorten<br />
nach Mittel- und Nordeuropa brachten.<br />
Im Mittelalter kam es durch Pilgerfahrten und Kreuzzüge zu einem<br />
Sortenaustausch, der die genetische Vielfalt bereicherte und zu weiterer<br />
Sortenentwicklung führte. Mit dem beginnenden 19. Jahrhundert,<br />
der Entwicklung m<strong>oder</strong>ner Großstädte, wurden die obstbaulichen<br />
Wirtschaftssysteme zweckmäßiger ausgestaltet, um den gestiegenen<br />
Obstbedarf zu befriedigen. Mit dieser Entwicklung erhöhte<br />
sich auch die Sortenzahl sprunghaft, damit bestand ein riesiges Potenzial<br />
zur Auslese. Nach dem 2.Weltkrieg erforderten arbeitstechnische<br />
und wirtschaftliche Gründe eine rationelle Tafelobstproduktion<br />
in Form von geschlossenen Intensivobstanlagen. Dies ging mit einer<br />
Verringerung des Obstartenspektrums einher. Die Beschränkung der<br />
Sortimente hinsichtlich Sortenanzahl schlug allmählich in eine Verarmung<br />
um. Eine ähnliche Entwicklung wie beim Apfel haben auch alle<br />
anderen Obstarten durchlaufen.<br />
Nutzen und Wert alter Obstsorten<br />
Erst in den letzten 20 Jahren, die gekennzeichnet waren durch ein<br />
gesteigertes Gesundheits- und Umweltbewusstsein, wurde erkannt,<br />
dass alte Sorten als ein Stück Kulturgeschichte erhaltenswert sind.<br />
Man bezeichnet heute eine Sorte als alt, wenn sie seit 100 Jahren bekannt<br />
ist bzw. beschrieben wurde.<br />
Im gegenwärtigen Intensivobstanbau findet man nur eine geringe<br />
Anzahl von Sorten. Beim Apfel besitzen nur etwa 20 Sorten eine wirtschaftliche<br />
Bedeutung. Von den alten Apfelsorten werden in<br />
Deutschland angebaut: „Golden Delicious“ (1890), „Cox Orange“<br />
(1830) <strong>oder</strong> „Boskoop“ (1856). Betrachtet man das Angebot der Direktvermarkter<br />
im Obstbau, so erhöht sich das Sortenspektrum; man<br />
findet unter anderem „James Grieve“ (1880) <strong>oder</strong> „Gravensteiner“<br />
(1669).<br />
Ein reichhaltiges Genreservoir besitzen Streuobstwiesen. Sie zeichnen<br />
sich durch eine wesentlich größere Arten- und Sortenvielfalt im<br />
Vergleich zum Intensivobstanbau aus. Vor allem alte Lokalsorten<br />
sind dort zu finden. Neben dem ökonomischen Wert besitzt der<br />
Streuobstanbau auch einen ökologischen, gesundheitlichen und<br />
ethisch-kulturellen Wert.<br />
Alte Obstsorten zeichnen sich durch eine große Vielfalt an Geschmacksrichtungen,<br />
Farben, Formen, Wuchstypen, Blühzeiten und<br />
Resistenzen gegenüber Schaderregern und Stress aus. Sie stellen somit<br />
ein wichtiges Ausgangspotenzial für die Züchtung neuer Sorten<br />
dar – bedeutsam vor dem Hintergrund, dass die heutigen neuen<br />
Hochleistungssorten auf wenige Vorfahren zurückgehen und damit<br />
in enger Verwandtschaft zueinander stehen.<br />
Genbankarbeit bei Obst<br />
Lebensmittelqualität<br />
Heute kennt man weltweit etwa 20.000 Apfelsorten. Das „Nationale<br />
Fachprogramm für Genetische Ressourcen landwirtschaftlicher<br />
und gartenbaulicher Kulturpflanzen“ (2002) ist die Grundlage für die<br />
langfristige Erhaltung und Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen<br />
in Deutschland. Es orientiert sich am entsprechenden „Globalen<br />
Aktionsplan“ der FAO von 1996 und zielt darauf ab, dort vorgeschlagene<br />
Maßnahmen auf nationaler Ebene umzusetzen.Verantwortlich<br />
für die Koordinierung zum Erhalt der genetischen Ressourcen<br />
des Obstes in Deutschland ist das Institut für Obstzüchtung der<br />
Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ) in<br />
Dresden-Pillnitz.<br />
Im Mittelpunkt der Institutsarbeiten steht die Sammlung, Erhaltung,<br />
Evaluierung und Dokumentation genetischer Ressourcen von Obstarten<br />
des mitteleuropäischen Raums. Apfel, Süß- und Sauerkirsche<br />
sowie Erdbeere werden als Hauptobstarten und Birne sowie Pflaume<br />
als Nebenobstarten bearbeitet. Das Sortenspektrum einer Art umfasst<br />
deutsche Sorten einschließlich deutscher Neuzüchtungen, Sorten<br />
mit soziokulturellem, lokalem <strong>oder</strong> historischem Bezug zu<br />
Abb.1: Genetische Diversität bei Malus Abb. 2: Früchte der Wildart Malus sieversii, wild vorkommend in<br />
Mittelasien<br />
2/2006 FORSCHUNGSREPORT 15