Verzweigte Polymere - OPUS-Datenbank - Friedrich-Alexander ...
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<strong>Verzweigte</strong> <strong>Polymere</strong>:<br />
Neue Absorbentien in der<br />
Thermischen Verfahrenstechnik<br />
Der Technischen Fakultät der<br />
Universität Erlangen-Nürnberg<br />
zur Erlangung des Grades<br />
DOKTOR-INGENIEUR<br />
vorgelegt von<br />
Jörn Rolker<br />
aus Hannover<br />
Erlangen 2009
II<br />
Tag der Einreichung: 02.07. 2009<br />
Tag der Promotion: 13.10.2009<br />
Als Dissertation genehmigt<br />
von der Technischen Fakultät der<br />
Universität Erlangen-Nürnberg<br />
Dekan: Prof. Dr.-Ing. habil. Reinhard German<br />
Berichterstatter: Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Arlt<br />
Prof. Dr.-Ing. Harald Klein
Danksagung<br />
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Fachgebiet für Thermodynamik und Thermische Verfahrenstechnik an der TU Berlin und am<br />
Lehrstuhl für Thermische Verfahrenstechnik der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-Universität Erlangen-<br />
Nürnberg von Mai 2004 bis April 2007.<br />
Meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Wolfgang Arlt möchte ich ganz besonders für die Überlassung<br />
des spannenden Themas danken, die stete großzügige Unterstützung sowie den kreativen<br />
und eigenverantwortlichen Freiraum. Die Zeit an seinem Institut war für mich sehr<br />
fruchtbar und lehrreich.<br />
Herzlicher Dank auch an Herrn Prof. Dr. Harald Klein von der TU München für die Übernahme<br />
des zweiten Gutachtens, Herrn Prof. Dr. Axel König für den Prüfungsvorsitz sowie<br />
Herrn Prof. Dr. Marcus Halik für die Teilnahme als fachfremdes Prüfungsmitglied.<br />
Ich danke Herrn Prof. Dr. Roland Span für die Bereitstellung der Daten zum betrachteten Referenzkraftwerk,<br />
Dr. Zhigang Lei für die Überlassung des Visual Basic Programms zur Berechnung<br />
der Volumenänderung der <strong>Polymere</strong> mittels der Sanchez-Lacombe Zustandsgleichung<br />
und für die kostenlose Bereitstellung von hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n möchte ich der<br />
BASF und Bo Häggman (Perstorp) meinen großen Dank aussprechen.<br />
Auch möchte ich Herrn Prof. Dr. Peter J. Jansens und seiner Mitarbeiterin Dr. Yohana Perez<br />
de Diego (damals beide Delft University of Technolgy) für die interessante und schöne Zeit in<br />
Delft danken, in der wir mit dem umfangreichen Equipment des API uns intensiv der Partikelherstellung<br />
mit überkritischen Gasen widmen konnten.<br />
Ein ganz besonderer Dank geht an meine Studien- und Diplomarbeitern, die mit ihrem großen<br />
Engagement auch zum Gelingen dieser Arbeit beitrugen: <strong>Alexander</strong> Buchele, Cristina Botero,<br />
Carsten Opitz und Johannes Völkl.<br />
Großer Dank gebührt darüber hinaus auch Dr. Liudmila Mokrushina und ihrer steten Diskussionsfreudigkeit<br />
zum Unifac-FV Modell sowie ihrer Unterstützung bei Konvergenzproblemen.<br />
In gleicher Weise möchte ich Dr. Matthias Seiler (Evonik) danken, der mich nicht nur<br />
mit vielversprechenden Absorbentien versorgte, sondern auch ein konstruktiver Diskutant<br />
war.<br />
Danken möchte ich allen Erlanger Kolleginnen und Kollegen, die nicht zuletzt für die angenehme<br />
Zeit am Institut in Erlangen verantwortlich waren und über den Weggang aus Berlin<br />
hinweg trösten konnten, besonders: Dirk-Uwe, <strong>Alexander</strong>, Matthias, Stefanie, Florian, Liudmila,<br />
Irina, Supakij sowie den unersätzlichen hilfreichen Händen aus Werkstatt und Analytik:<br />
Edelgard Schumann, Petra Kiefer, Hans Geus, Matthias Seidel und Wolfgang Gäckel. Stefanie<br />
möchte ich außerdem für die amüsante Zeit als Zimmergenossin danken.<br />
Meinen Eltern schulde ich ein riesiges Dankeschön für die permanente Unterstützung auf<br />
meinem Weg.<br />
Der größte Dank bleibt für Christina reserviert, für die wundervolle Zeit, die wir bisher hatten<br />
und die zusammen mit Matthis und Cord mein Leben unendlich bereichert.<br />
III
Inhaltsverzeichnis<br />
Danksagung .......................................................................................................................III<br />
Inhaltsverzeichnis.................................................................................................................V<br />
Nomenklatur......................................................................................................................VII<br />
Kurzfassung........................................................................................................................ XI<br />
Abstract..............................................................................................................................XII<br />
1 Einleitung ......................................................................................................................1<br />
2 Theoretische Grundlagen und Ableitung der Zielsetzung .............................................3<br />
2.1 <strong>Verzweigte</strong> <strong>Polymere</strong> ........................................................................................................... 3<br />
2.1.1 Synthese und Struktur ..................................................................................................................... 3<br />
2.1.2 Stoffeigenschaften........................................................................................................................... 5<br />
2.2 Gas-Flüssig Gleichgewichte................................................................................................. 6<br />
2.3 Thermodynamische Modelle............................................................................................. 10<br />
2.3.1 UNIFAC-FV ..................................................................................................................................10<br />
2.3.2 Sanchez-Lacombe Zustandsgleichung ...........................................................................................13<br />
2.3.3 PC-SAFT Zustandsgleichung.........................................................................................................15<br />
2.4 Absorptive Verfahren........................................................................................................ 17<br />
2.5 CO2-Absorption aus Rauchgasen ..................................................................................... 19<br />
2.6 Ableitung der Zielsetzung und Vorgehen ........................................................................ 24<br />
2.6.1 Kriterien für Lösungsmittel............................................................................................................24<br />
2.6.2 Prozesstechnische Kriterien ...........................................................................................................26<br />
2.6.3 Vorgehen........................................................................................................................................28<br />
3 Experimenteller Teil ....................................................................................................30<br />
3.1 Materialien.......................................................................................................................... 30<br />
3.1.1 <strong>Polymere</strong> ........................................................................................................................................30<br />
3.1.1.1 Polyether...............................................................................................................................30<br />
3.1.1.2 Polyester ...............................................................................................................................30<br />
3.1.1.3 Polyesteramide......................................................................................................................31<br />
3.1.1.4 OH-terminiertes Polyamidoamin..........................................................................................32<br />
3.1.1.5 Polyethylenimin....................................................................................................................32<br />
3.1.2 Lösungsmittel und Gase .................................................................................................................33<br />
3.2 Dichtemessung.................................................................................................................... 33<br />
3.2.1 Biegeschwinger Normaldruck........................................................................................................33<br />
3.2.2 Biegeschwinger Hochdruck ...........................................................................................................34<br />
3.2.3 Fehlerrechnung...............................................................................................................................36<br />
3.3 Gaslöslichkeitsmessungen bei niedrigem Druck ............................................................. 37<br />
3.3.1 Messapparatur und Versuchsdurchführung....................................................................................37<br />
3.3.2 Auswertung ....................................................................................................................................39<br />
3.3.3 Fehlerrechnung...............................................................................................................................42<br />
3.4 Gaslöslichkeitsmessungen bei hohem Druck................................................................... 43<br />
3.4.1 Messapparatur und Versuchsdurchführung....................................................................................43<br />
3.4.2 Auswertung ....................................................................................................................................45<br />
3.4.3 Fehlerrechnung...............................................................................................................................47<br />
4 Darstellung und Diskussion der Ergebnisse ................................................................50<br />
4.1 Experimentelle Phasengleichgewichtsmessungen ........................................................... 50<br />
4.1.1 Löslichkeiten von CO2, CH4 und N2 in verzweigten <strong>Polymere</strong>n bei niedrigem Druck..................50<br />
4.1.2 Löslichkeiten in wässrigen Polymerlösungen ................................................................................54<br />
4.1.3 Kapazität, Selektivität, Absorptionsenthalpie ................................................................................57<br />
4.1.4 CO 2-Löslichkeiten in verzweigten <strong>Polymere</strong>n bei hohem Druck...................................................62<br />
V
VI<br />
4.2 Vorausberechnung der Löslichkeit mit UNIFAC-FV .................................................... 65<br />
4.2.1 Polymerzerlegung ..........................................................................................................................66<br />
4.2.2 Binäre Systeme ohne Gaskomponente ...........................................................................................67<br />
4.2.3 Binäre Systeme mit Gaskomponente .............................................................................................69<br />
4.2.3.1 Anpassung neuer Wechselwirkungsparameter .....................................................................69<br />
4.2.3.2 Vorhersage der Gaslöslichkeit in verzweigten <strong>Polymere</strong>n ...................................................72<br />
4.2.4 Ternäre Systeme mit Gaskomponente............................................................................................76<br />
4.3 Modellierung der CO2-Löslichkeit mit PC-SAFT........................................................... 78<br />
4.4 Ergebnisse der stationären Prozesssimulation................................................................ 86<br />
4.4.1 Simulationsumgebung Aspen Plus.................................................................................................87<br />
4.4.2 Aufstellen des Modells für den Absorptionsprozess ......................................................................87<br />
4.4.2.1 Simulation und Optimierung des Basisfalls der Chemisorption ...........................................89<br />
4.4.3 Dampfkreislauf eines Kraftwerks...................................................................................................92<br />
4.4.4 Simulation von Absorptions- und Kraftwerksprozess....................................................................96<br />
4.4.4.1 Einflüsse der Absorption auf den Kraftwerksprozess...........................................................96<br />
4.4.4.2 Optimierung von Chemisorption und Dampfkreislauf .........................................................98<br />
4.4.4.3 Optimierung von Physisorption und Dampfkreislauf .........................................................101<br />
4.4.4.4 Vergleich beider Absorptionsprozesse ...............................................................................105<br />
5 Zusammenfassung und Ausblick...............................................................................108<br />
6 Anhang ......................................................................................................................111<br />
6.1 Dichten .............................................................................................................................. 111<br />
6.1.1 Niederdruckdichten ......................................................................................................................111<br />
6.1.2 Hochdruckdichten ........................................................................................................................112<br />
6.2 Gaslöslichkeiten................................................................................................................ 116<br />
6.2.1 Gaslöslichkeitsapparatur ..............................................................................................................116<br />
6.2.2 Binäre Systeme Gas-Polymer.......................................................................................................117<br />
6.2.3 Ternäre Systeme Gas – Polymer - Wasser ...................................................................................118<br />
6.2.4 Messungen mit der Magnetschwebewaage ..................................................................................119<br />
6.3 Modellierung mit UNIFAC-FV....................................................................................... 121<br />
6.4 COSMO-RS für die Vorhersage der Gaslöslichkeit ..................................................... 124<br />
6.5 Aspen Plus Simulation..................................................................................................... 125<br />
6.5.1.1 Validierung des thermodynamischen Modells der Chemisorption.....................................125<br />
6.5.1.2 Validierung des Prozessmodells .........................................................................................127<br />
6.5.1.3 Validierung des thermodynamischen Modells....................................................................130<br />
6.5.1.4 Reinstoffdaten PAMAM.....................................................................................................131<br />
7 Literaturverzeichnis ...................................................................................................133
Nomenklatur<br />
Symbole Bedeutung Einheit<br />
lateinisch<br />
A Koeffizient im Dispersionsterm des PC-SAFT Modells [-]<br />
A Apparatekonstante des Biegeschwingers [kg/m 3 ⋅s 2 ]<br />
A Apparatekonstante des Biegeschwingers [-]<br />
A Van der Waals Gruppenoberfläche [cm 2 /mol]<br />
A Apparatekonstante des Biegeschwingers [-]<br />
A Aktivität [--]<br />
AD Anzahl der Datenpunkte [--]<br />
AS Anzahl der Systeme<br />
B Koeffizient im Dispersionsterm des PC-SAFT Modells [-]<br />
B Apparatekonstante des Biegeschwingers [kg/m 3 ]<br />
B Apparatekonstante des Biegeschwingers [-]<br />
B Apparatekonstante des Biegeschwingers [-]<br />
B Parameter in UNIFAC-FV [--]<br />
C Anzahl externer Freiheitsgrade eines Lösungsmittelmoleküls [--]<br />
C Federkonstante [kg/s 2 ]<br />
C Spezifische Wärmekapazität [J(kg*K)]<br />
C Konzentration [mol m -3 ]<br />
D temperaturabhängiger Segmentdurchmesser [Å]<br />
D Apparatekonstante des Biegeschwingers [-]<br />
D Dendritische <strong>Polymere</strong>inheit [--]<br />
D Durchmesser [m]<br />
DB „degree of branching“, Verzweigungsgrad<br />
E Apparatekonstante des Biegeschwingers [-]<br />
Err Abweichung im SL Modell [%]<br />
F Freie Energie [J]<br />
F Frequenz [s -1 ]<br />
F Apparatekonstante des Biegeschwingers [-]<br />
F Molare Freie Energie [J/mol]<br />
F Fugazität [bar]<br />
G Freie Gibbs´sche Energie [-]<br />
gij intermolekulare radiale Verteilungsfunktion für Segmente<br />
der Stoffe i und j<br />
[-]<br />
Hij Henry – Koeffizient von Komponente i in Komponente j [bar]<br />
I Integral im Dispersionsterm des PC-SAFT Modells [-]<br />
K Gleichgewichtskonstante der Reaktion [--]<br />
kij binärer Wechselwirkungsparameter [-]<br />
L Lineare <strong>Polymere</strong>inheit [--]<br />
M Zahl der assoziativen Bindungsstellen [-]<br />
M Molare Masse [g/mol]<br />
Mw Massenmittel der Molaren Masse [g/mol]<br />
Mn Zahlenmittel der Molaren Masse [g/mol]<br />
M,m Masse [kg]<br />
M Segmentzahl [-]<br />
N Anzahl der Messpunkte [-]<br />
N Anzahl der Gitterplätze in einem Gittermodell [-]<br />
N Komponenten [--]<br />
N Molmenge [mol]<br />
P Periodendauer [µs]<br />
P Druck [MPa]<br />
Q Oberflächenparameter (UNIFAC-FV) [--]<br />
VII
VIII<br />
R Abstand zweier Segmente oder Moleküle [m]<br />
r Segmentzahl in einem Gittermodell [-]<br />
r Radius [m]<br />
s Molare Entropie [J/mol K]<br />
S Selektivität [--]<br />
T Temperatur [K]<br />
T Terminale <strong>Polymere</strong>inheit [--]<br />
U Energiemaß für Wechselwirkungen [--[<br />
U(r) Potenzialfunktion [J]<br />
V Volumen [m 3 ]<br />
W Löslichkeit (Gas / Polymer) [kg/kg]<br />
W Massenbruch [kg/kg]<br />
X Molenbruch [mol/mol]<br />
Z Koordinationszahl [--]<br />
∆h Absorptionsenthalpie [kJ/mol]<br />
∆V Volumenzunahme, Swelling [--]<br />
griechisch<br />
α Trennfaktor [--]<br />
∆ Differenz [--]<br />
γ Aktivitätskoeffizient [--]<br />
η Dynamische Viskosität [Pa s]<br />
η Wirkungsgrad [--]<br />
ϕ Fugazitätskoeffizient [--]<br />
µ Chemisches Potential [J mol -1 ]<br />
ρ Dichte [kg m -3 ]<br />
Φ Volumenbruch [--]<br />
θ Oberflächenbruch [--]<br />
ν Anzahl funktioneller Gruppen im Molekül [--]<br />
Γ Residuelle Aktivität [--]<br />
Α Molare Beladung [mol/mol]<br />
Γ Aktivitätskoeffizient [-]<br />
∆ Bindungsstärke der Assoziation [Å 3 ]<br />
Ε Potentialtiefe [J]<br />
Ε Energieparameter<br />
Ζ Abkürzung im Kettenterm des PC-SAFT Modells<br />
[Å α-3 ]<br />
α={0,1,2,3}<br />
Η reduzierte Segmentzahldichte [-]<br />
Θ Oberflächenbruch [--]<br />
Κ reduziertes Wechselwirkungsvolumen [-]<br />
Λ dimensionslose Reichweite [-]<br />
Ν Molares Volumen [cm 3 /mol]<br />
Π Poynting Faktor [--]<br />
Ρ auf die Teilchenzahl bezogene Dichte [Å -3 ]<br />
Ρ Dichte [g/cm 3 ]<br />
Σ Segmentdurchmesser der harten Kugel (Temperaturabhängig) [Å]<br />
Τ Schwingungsdauer [µs]<br />
Υ molares Volumen [mol/m 3 ]<br />
Φ Volumenbruch, bzw. Segmentanteil [-]<br />
Φ Fugazitätskoeffizient [--]<br />
Φ Volumenanteil [-]<br />
Ψ Gruppenwechselwirkungsparameter [--]<br />
Ω Integral im Dispersionsterm des PC-SAFT Modells [-]<br />
Ω Massenbezogener Aktivitätskoeffizient [--]
Abkürzungen<br />
0,1 Bezogen auf die freien, bzw. belegten Gitterplätze<br />
AAD Mittlerer bezogener Fehler berechneter Größen Ωj,ber gegenüber<br />
den entsprechenden experimentellen Größen<br />
N<br />
1 Ω j,<br />
exp − Ω j,<br />
ber<br />
Ωj,exp AAD = ∑ N = Ω<br />
j 1 j,<br />
exp<br />
C-NMR Kernmagnetische Resonanzspektroskopie<br />
DB Verzweigungsgrad (degree of branching)<br />
DIPPR Design Institute for Physical Property Data<br />
eNRTL Electrolyte non-random two liquid Modell<br />
EO Ethylenoxid<br />
EoS Equation of State, Zustandsgleichung<br />
G Gasphase<br />
G Bezogen auf den Glasübergang<br />
H2004 Hyperverzweigter Polyester der Boltorn Serie von Perstorp<br />
HA 1690 Hyperverzweigtes Polyesteramid der Hybrane Serie von<br />
DSM<br />
HETP “Height Equivalent to a theoretical stage”, äquivalente Höhe<br />
einer theoretischen Stufe<br />
IPCC International Panel on Climate Change<br />
KS- Lösungsmittel von Mitsubishi Heavy Industries zur CO2solvent<br />
Abtrennung (sterisch gehindertes Amin)<br />
L Flüssigphase<br />
LL Gebiet mit flüssig – flüssig Entmischung<br />
LLE Flüssig-Flüssig Gleichgewicht<br />
Lupasol<br />
FG<br />
Hyperverzweigtes Polyethylenimin der BASF<br />
MDEA Methyldiethanolamin<br />
MEA Monoethanolamin<br />
MHI Mitsubishi Heavy Industries<br />
NIST National Institute of Standards and Technology<br />
NTS “number of theoretical stages”, Anzahl der theoretischen<br />
Trennstufen<br />
PAMAM Dendrimer Polyamidoamin von Dendritech<br />
PC-SAFT Perturbated Chain – Statistical Associating Fluid Theory<br />
PE1 <strong>Verzweigte</strong>r Polyether von Evonik Degussa<br />
PE2 Linearer Polyether von Evonik Degussa mit OH-Endgruppe<br />
PE3 Linearer Polyether von Evonik Degussa mit CH3-Endgruppe<br />
PO Propylenoxid<br />
PSR- Aminhaltiges Lösungsmittel zur CO2-Abtrennung [Tontisolventwachwuthikul<br />
und Chakma 1997]<br />
PTFE Polytetrafluorethylen<br />
S 1300 Hyperverzweigtes Polyesteramid der Hybrane Serie von<br />
DSM<br />
SL Sanchez- Lacombe<br />
TMPO Trimethylpropanoxetan<br />
U3000 Hyperverzweigter Polyester der Boltorn Serie von Perstorp<br />
VL Gebiet mit Dampf- und flüssiger Phase<br />
VLE Dampf-Flüssig Gleichgewicht<br />
[m]<br />
[-]<br />
IX
X<br />
Indizes hochgestellt<br />
0 Ausgangszustand<br />
A Bindungsstelle A des Moleküls i<br />
i<br />
A Wechselwirkung zwischen Bindungsstelle A des Moleküls i<br />
i j B<br />
und Bindungsstelle B des Moleküls j<br />
- Mittlere Größe<br />
* Referenzgröße für Reinstoffe im SL Modell<br />
~ Reduzierte Größe<br />
assoc Assoziative Anziehung<br />
disp Dispersion<br />
G auf die Gasphase bezogen<br />
hc harte Kette<br />
hs harte Kugel<br />
LV Gleichgewicht zwischen Dampf- und flüssiger Phase<br />
P auf die Polymerphase bezogen<br />
res residueller Anteil<br />
V Bezogen auf die Dampfphase<br />
Indizes tiefgestellt<br />
0 Reinstoffgröße<br />
0 Bezogen auf anfänglichen Wert<br />
cr Bezogen auf den Kritischen Punkt einer Komponente<br />
el Elektrisch<br />
G Bezogen auf den Glas-Zustand<br />
H Hot, Heiss<br />
I Komponente i<br />
J Komponente j<br />
K Komponente k<br />
M Bezogen auf die Mischung<br />
M Komponente m<br />
mix Gemisch<br />
N Komponente n<br />
N Bezogen auf die Molekülanzahl<br />
Konstanten<br />
R Universelle Gaskonstante; R=8,314 [J mol -1 K -1 ]<br />
K Boltzmann-Konstante k=1,38066⋅10 -23 [J/K]
Kurzfassung<br />
In dieser Arbeit werden experimentelle und theoretische Ergebnisse präsentiert, mit denen das<br />
Potenzial hyperverzweigter Poylmere diskutiert wird, um als neuartige und vorteilhafte Absorbentien<br />
zur Trennung von Gasgemischen, insbesondere der Abtrennung von Kohlendioxid<br />
aus Rauchgasen verwendet zu werden.<br />
Im experimentellen Teil werden in einer aufgebauten Gaslöslichkeitsapparatur Niederdruck<br />
Löslichkeiten von verschiedenen Gasen (CO2, N2, CH4) in unterschiedlichen linearen, verzweigten<br />
und hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n gemessen. Auf der Grundlage der vermessenen<br />
Daten werden thermodynamische Kenngrößen wie der Henry-Koeffizient und damit Kapazitäten<br />
der neuen Lösungsmittel sowie Selektivitäten und Absorptionsenthalpien bestimmt, um<br />
eine Evaluierung der <strong>Polymere</strong> vorzunehmen. Abgeleitet aus dem Löslichkeitsverhalten niedermolekularer<br />
Lösungsmittel werden lineare und verzweigte Polyether, hyperverzweigte<br />
Polyester mit langkettigen Alkanen als Endgruppen sowie unterschiedliche Polyamine (Polyesteramide,<br />
Polyamidoamin und Polyethylenimin) untersucht.<br />
Die verwendeten Polyether weisen vergleichbare Kapazitäten und Selektivitäten wie kommerziell<br />
verwendete Absorbentien auf, die zur Entfernung von CO2 aus Deponie-, Bio,- und<br />
Erdgasströmen verwendet werden, besitzen aber zu geringe Kapazitäten für einen Einsatz zur<br />
Reinigung von Kraftwerksgasen, die bei Normaldruck anfallen. Die Polyamine als Träger<br />
zahlreicher tertiärer Aminogruppen innerhalb des Moleküls (Polyamidoamin) und als funktionelle<br />
Endgruppen auf der Moleküloberfläche (Polyesteramid) besitzen ein hohes Lösungsvermögen<br />
für Kohlendioxid und erreichen auch große Selektivitäten bei moderaten Absorptionsenthalpien.<br />
Damit sind wesentliche Voraussetzungen für einen Einsatz als selektives<br />
Absorbens in einem Trennprozess gegeben.<br />
Die CO2-Löslichkeiten der linearen und verzweigten Polyether und des hyperverzweigten<br />
Polyesters können mit dem UNIFAC-FV Modell erfolgreich vorausgesagt werden. Dazu<br />
mussten zunächst die erforderlichen Wechselwirkungsparameter zwischen dem Gas und den<br />
weiteren UNIFAC Strukturgruppen auf der Grundlage von Gleichgewichtsdaten von CO2 und<br />
niedermolekularen Komponenten ermittelt werden. Die N2-Löslichkeiten können für die Polyether<br />
nur qualitativ vorausgesagt werden.<br />
Weiterhin wurden Löslichkeitsmessungen an einer Magnetschwebewaage bei hohem Druck<br />
vorgenommen und die Löslichkeiten mit Hilfe der Sanchez-Lacombe Zustandsgleichung unter<br />
Berücksichtigung der Volumenzunahme der Polymerprobe durch Einlösen des Gases abgeschätzt.<br />
Dazu mussten mit einer neu aufgebauten Hochdruckdichtezelle Dichtemessungen<br />
bei hohem Druck vorgenommen werden. Die gemessenen Löslichkeitsdaten können erfolgreich<br />
mit der PC-SAFT Zustandsgleichung modelliert werden, ohne weitere Modifikationen<br />
vorzunehmnen. Die verwendete Prozedur zur Bestimmung der Reinstoffparameter hat dabei<br />
keinen relevanten Einfluß auf die Modellierungsergebnisse.<br />
Im Simulationsteil der Arbeit wird ein vielversprechendes dendritisches Polymer als Modellpolymer<br />
ausgewählt, um mit einem Lösungsmittel des Stands der Technik (Monoethanolamin:<br />
MEA) energetisch verglichen zu werden. Dazu wurde der Absorptionsprozess für beide<br />
Absorbentien in Aspen Plus abgebildet und zusammen mit dem Dampfkreislauf eines Kohlekraftwerks<br />
simuliert und optimiert. Durch die integrative Prozesssimulation kann die Verkopplung<br />
des energietechnischen und des verfahrenstechnischen Prozesses mit einer Simulationssoftware<br />
erfolgreich abgebildet und die Auswirkungen des Trennprozesses auf den<br />
Kraftwerksprozess ermittelt werden. Zielgröße war die Ermittlung der jeweiligen Wirkungsgradeinbuße<br />
in Abhängigkeit des CO2-Abtrenngrades. Wegen der Dampfentnahme für den<br />
Regenerationsschritt des Lösungsmittels steht erheblich weniger Dampf in der Niederdruckturbine<br />
zur Verfügung, gleichzeitig wird das Kondensat bei deutlich höheren Temperaturen in<br />
den Speisewasserkreislauf zurückgegeben. Auf der Grundlage der Simulation können Aussagen<br />
über notwendige Änderungen am Kraftwerksprozess getroffen werden, wenn ein Absorptionsprozess<br />
hinzugefügt wird.<br />
Für einen CO2-Abtrenngrad zwischen 50 bis 90 % kann eine deutliche energetische Überlegenheit<br />
des Absorptionsprozesses mit der Polyamidoaminlösung im Vergleich zur MEA-<br />
Lösung hinsichtlich der aufzuwendenden Regenerationsenergie nachgewiesen werden.<br />
XI
XII<br />
Abstract<br />
In this work, experimental and theoretical results are presented to discuss the potential of hyperbranched<br />
polymers as new and promising absorbents in the field of gas absorption with<br />
special regard to the separation of carbon dioxide from flue gases from power plants.<br />
In the experimental section, an apparatus for the measurement of low pressure gas solubilities<br />
(CO2, N2, CH4) is built up and different linear, branched and hyperbranched polymers as solvents<br />
are evaluated. Based on the determined data, thermodynamical characteristics like Henry-coefficients<br />
for the solvent capacity, selectivities and enthalpies of absorption at infinite<br />
dilution are calculated to classify the new solvents. The different polymer types and structures<br />
are chosen due to the solubility behavior of low molecular compounds that are succesfully<br />
used to dissolve CO2. Therefore linear and branched polyethers, hyperbranched polyesters<br />
esterified with long-chain alkanes as end-groups as well as different polyamines (polyesteramide,<br />
polyamidoamine and polyethylenimine) are utilized. The polyethers exhibit sufficient<br />
capacities and selectivities for CO2, compared to commercial absorbents for the removal of<br />
CO2 from gas of dumping grounds, biogas or natural gas, but have not enough capacity to be<br />
used as solvents to remove CO2 from flue gases at ambient pressure. Polyamines with a large<br />
number of tertial aminogroups inside the molecule (polyamidoamin) and on its surface as<br />
functional groups (polyesteramide) offer high solubilities of carbon dioxide and high selectivities<br />
combined with average enthalpies of absorption. The latter properties are an important<br />
prerequisite and qualify the polymers as promising new selective absorbents for different<br />
tasks in the field of gas separations.<br />
The CO2-solubility in linear and branched polyethers can be successfully predicted with<br />
UNIFAC-FV. Therefore the necessary interaction parameters between CO2 or N2 and the<br />
UNIFAC structure group had to be determined with the help of equilibrium data from low<br />
molecular weight components. The N2-solubilities are only qualitatively predicted.<br />
A magnetic suspension balance was used to measure CO2-solubilities at high pressure in a<br />
branched polyether and in a hyperbranched polyester. The measured data was treated with the<br />
Sanchez-Lacombe equation of state to account for the „swelling“ of the sample at high solubilities.<br />
The pure component parameters were determined from high pressure densities that<br />
were measured with a newly built high pressure density apparatus. Furthermore the solubility<br />
data was successfully modelled with the PC-SAFT equation of state without implementing<br />
further modifications. The different procedures to determine the pure component parameters<br />
do not show an impact on the results.<br />
In the simulation section a promising dendritic polymer as a solvent is compared energetically<br />
with the state-of-the-art solvent (Monoethanolamine: MEA). The absorption process with<br />
both solvents was simulated and optimized in Aspen Plus and combined with a steam cycle of<br />
a coal-fired power plant. The sucessful integration of the power generation and absorption<br />
process into one flowsheet of a simulation software enables to visualize energetically the linkage<br />
between both processes and the effects of CO2 removal on the power generation process<br />
are best understood. The target of all optimization efforts was the determination of the loss in<br />
efficiency of the power plant due to the extent of CO2 removal. Due to the steam consumption<br />
of the desorption step, less steam can be used to produce electricity in the low pressure cylinder.<br />
At the same time, the condensate is returned at a much higher temperature to the condensate<br />
system. The simulation allows for the the determination of necessary changes of the<br />
steam cycle resulting from CO2 removal.<br />
In the region of 50 to 90 % CO2 removal, an absorption process with an aqueous solution of<br />
polyamidoamine is energetically superior compared to a process with the state-of-the-art solvent<br />
aqueous MEA solution whereas only the impact of energy demand of the regeneration<br />
procedure for both processes and thus on the loss of energy efficiency of the power plant is<br />
evaluated.
1 Einleitung<br />
Viele Klimaforscher machen den steigenden Anteil an Kohlendioxid in der Umgebungsluft<br />
für bestimmte Phänomene im Zusammenhang mit dem Klima (Erwärmung, Stürme, Überschwemmungen)<br />
verantwortlich, so dass weltweit nahezu ein Konsens darüber besteht, dass<br />
weitere Emissionen verhindert und sogar bestehende verringert werden müssen. So geschehen<br />
z.B. im Kyoto Protokoll von 1997, in dem festgelegt wurde, dass die CO2-Emission um 5 %,<br />
bezogen auf das Jahr 1990 bis 2008 / 2010 zu reduzieren ist.<br />
Nahezu 40 % der weltweiten Emissionen stammen aus Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung,<br />
dicht gefolgt vom Verkehr mit 24 % und der Indutrie, die für 18 % verantwortlich ist<br />
[Radgen et al. 2006]. Dabei wird im Bericht des International Panel on Climate Change<br />
(IPCC) die jährliche Freisetzung an Kohlendioxid aus verfahrens- und energietechnischen<br />
Anlagen mit 13.466 Millionen Tonnen angegeben [IPCC 2005]. Der große Vorteil bei der<br />
Strom- und Wärmeerzeugung besteht dabei im zentralen Anfall des Kohlendioxids im Abgasstrom<br />
der Kraftwerke sowie in der großen Menge während viele Millionen Automobile CO2<br />
dezentral in vergleichbar homöopatischen Dosen emittieren. Deswegen besteht ein wichtiger<br />
Ansatzpunkt in der Reduzierung der Kraftwerksemissionen.<br />
Die Forderung nach Verringerung der Emission wirft in erster Linie zwei Fragestellungen auf:<br />
Wie kann das CO2 effizient abgetrennt werden? Wohin mit den riesigen Mengen abgetrennten<br />
CO2?<br />
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der ersten Fragestellung.<br />
Drenckhahn et al. berichten, dass der weltweite Kraftwerkspark (ca. 3800 GW installierte<br />
Leistung) zu knapp einem Drittel aus kohlebefeuerten Anlagen bestehen, die den höchsten<br />
spezifischen CO2 Ausstoß besitzen [Drenckhahn et al. 2004]. Weiterhin befinden sich davon<br />
11 % am Ende ihrer Lebenszeit, so dass sie in den nächsten Jahren ersetzt werden müssen.<br />
Schätzungen gehen davon aus, dass durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung im Jahr<br />
2020 29 bis 44 Gt CO2 jährlich emittiert werden [IPCC 2005].<br />
Wenn der Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre also reduziert oder zumindest konstant<br />
belassen werden soll, müssen geeignete Methoden zur Abtrennung und zur Speicherung bzw.<br />
Verwertung entwickelt werden. Bei den Methoden zur Abtrennung kommt die thermische<br />
Verfahrenstechnik ins Spiel, die unterschiedliche Prozesse wie Rektifikation, Adsorption,<br />
Absorption oder Membranverfahren zur Verfügung stellt, um Stoffgemische aufzutrennen.<br />
Die gegenwärtig verfügbaren Lösungsmittel des Stands der Technik (Alkanolamine) zur großtechnischen<br />
Abtrennung von Kohlendioxid besitzen den großen Nachteil, dass sie eine chemische<br />
Reaktion mit CO2 eingehen, so dass der Regenerationsschritt nur unter hohem Energieeinsatz<br />
erfolgen kann. Dadurch wird der Wirkungsgrad der Kraftwerke um ca. 10 %-Punkte<br />
erniedrigt [IPCC 2005].<br />
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Abtrennung von Kohlendioxid aus Gasgemischen am<br />
Beispiel des Rauchgases und untersucht das Potenzial einer neuen Stoffklasse von hochverzweigten<br />
<strong>Polymere</strong>n, die ein großes Einsparpotenzial hinsichtlich der eingesetzten Energie<br />
des Trennprozesses besitzen können.<br />
Die hyperverzweigten <strong>Polymere</strong> gehören neben lineraren, vernetzten und verzweigten <strong>Polymere</strong>n<br />
zur vierten Hauptklasse makromolekularer Komponenten, nämlich den dendritischen<br />
[Fréchet und Tomalia 2001]. Seit die Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der dendritischen<br />
<strong>Polymere</strong> gegen Mitte der 1990’iger Jahre einen exponentiellen Verlauf angenommen hat,<br />
überschlagen sich auch die diskutierten Anwendungsgebiete, die einen Bogen von einfachen<br />
Additiven zur Verbesserung der Fliessfähigkeit von Komponenten oder der Verwendung als<br />
Katalysatoren über Medikamententräger für die gezielte Freisetzung bis hin zum Zusatzstoff<br />
in der thermischen Verfahrenstechnik aufspannen [Seiler 2006]. Zahlreiche dieser Anwendungen<br />
aus den unterschiedlichsten Feldern gründen auf den besonderen Eigenschaften der<br />
<strong>Polymere</strong> wie einer niedrigen Schmelzviskosität und Glasstemperatur sowie eines guten Löslichkeitsverhaltens.<br />
Diese Stoffeigenschaften, die für lineare <strong>Polymere</strong> eher untypisch sind,
2<br />
lassen sich auf die hochverzweigte, häufig globulare Struktur und die große Art und Anzahl<br />
an funktionellen Gruppen im Molekül und an der Moleküloberfläche zurückführen. Ähnlich<br />
wie bei Ionischen Flüssigkeiten können bei hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n gezielt Stoffeigenschaften<br />
eingestellt werden, indem z.B. die Polarität der funktionellen Endgruppen variiert<br />
wird.<br />
Gegenwärtig werden dendritische <strong>Polymere</strong> von der Perstorp Gruppe (Perstorp, Schweden),<br />
DSM Fine Chemicals (Geleen, Niederlande) und der BASF AG (Ludwigshafen) im grosstechnischen<br />
Maßstab zu Preisen ≥ 4 €/kg hergestellt (Boltorn Produkte von Perstorp) und unterscheiden<br />
sich damit von hochpreisigen Designersolvents wie Ionischen Flüssigkeiten.<br />
Die Erläuterung der Zielsetzung dieser Arbeit und das Vorgehen schliesst sich an das zweite<br />
Kapitel an, in dem die theoretischen Grundlagen zu hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n, thermodynamische<br />
Modelle, Gas-Flüssig Gleichgewichte und der gegenwärtige Stand der Technik der<br />
CO2-Absorption aus Rauchgasen zusammengestellt sind.<br />
In Kapitel 3 werden dann die verwendeten Komponenten und die experimentellen Methoden<br />
und Apparate vorgestellt.<br />
Anschliessend folgt die Präsentation und Diskussion der Ergebnisse im Kapitel 4, das sich in<br />
einen experimentellen, theoretischen und einen Simulationsteil aufgliedert.
2 Theoretische Grundlagen und Ableitung der Zielsetzung<br />
2.1 <strong>Verzweigte</strong> <strong>Polymere</strong><br />
2.1.1 Synthese und Struktur<br />
Gegenwärtig werden vier grundlegenden Klassen polymerer Spezies unterteilt. Neben linearen,<br />
vernetzten und leicht verzweigten <strong>Polymere</strong>n wie dem Polyethylen niedriger Dichte<br />
(LDPE) lassen sich als vierte Klasse die dendritischen <strong>Polymere</strong> unterscheiden [Fréchet und<br />
Tomalia 2001]. Seit den frühen 1980’er Jahren gibt es kontinuierlich steigende Forschungsaktivitäten<br />
auf dem Gebiet dieser Makromoleküle, so dass sich permanent neue Arten dendritischer<br />
<strong>Polymere</strong> wie „hypergrafted“ oder „dendronized“ <strong>Polymere</strong> ausdifferenzieren und unterschieden<br />
werden können [Gao und Yan 2004, Voit 2003]. In Abb. 1 sind einige <strong>Polymere</strong><br />
mit einer hoch verzweigten Struktur abgebildet, wobei in dieser Arbeit nur auf die hoch verzweigten<br />
und hyperverzweigten <strong>Polymere</strong> sowie die Dendrimere eingegangen wird.<br />
Hoch verzweigtes<br />
Polymer<br />
Hyperverzweigtes<br />
Polymer<br />
(M w/M n=2-10)*<br />
(DB=0,4-0,8)**<br />
Starpolymer<br />
3<br />
Dendrimer<br />
(M w/M n=1,0000-1,05)*<br />
(DB=1)**<br />
Abb. 1: Verschiedene Strukturen verzweigter Makromoleküle. Abbildung nach einer Vorlage<br />
von Prof. B. Voit aus Seiler 2006. DB=Verzweigungsgrad, (* Fréchet und Tomalia 2001;<br />
** Hölter et al. 1997)<br />
Die „klassischen“ dendritischen <strong>Polymere</strong> sind aus Monomeren vom Typ AB2 aufgebaut,<br />
wobei beide B-Funktionalitäten die gleiche Reaktivität besitzen und A nur mit B reagiert. In<br />
vielen Fällen liegen Polykondensations- oder auch Polyadditionsreaktionen zugrunde, wobei<br />
in den letzten zehn Jahren weitere Reaktionswege über die selbstkondensierende Vinylpolymerisation<br />
oder auch die selbstkondensierende Ringöffungspolymerisation erfolgreich durchgeführt<br />
wurden [Voit 2003, Gao und Yan 2004]. In den letzten beiden Fällen liegen die Monomere<br />
als sogenannte latente Monomere vom Typ AB2 vor, bei denen die Reaktivität der B-<br />
Gruppen zunächst noch aktiviert werden muss [Möck 2001]. Damit ergeben sich Möglichkeiten<br />
einer verbesserten Kontrolle der Polymersynthese, die eine engere Größenverteilung der<br />
Polymermoleküle erlaubt, so dass sich letzten Endes die Produkteigenschaften genauer einstellen<br />
lassen.<br />
Im Fall von Dendrimeren ergeben sich in mehrstufigen komplexen Reaktionsstufen monodisperse<br />
Makromoleküle, die nur aus dendritischen und terminalen Struktureinheiten aufgebaut<br />
sind, während die polydispersen hyperverzweigten <strong>Polymere</strong> in Einschrittsynthesen hergestellt<br />
werden und neben dendritischen und terminalen, auch lineare Einheiten aufweisen
4<br />
A<br />
B<br />
B<br />
Polymerisation<br />
A<br />
B B<br />
B<br />
Dendritische Lineare Terminale<br />
Einheit Einheit Einheit<br />
Abb. 2: Struktur eines hyperverzweigten Polymers auf der Basis von AB2 Monomeren mit<br />
den typischen Struktureinheiten (linear, dendritisch und terminal)<br />
Es ergeben sich in beiden Fällen hochverzweigte, kugelförmige Makromoleküle, die eine<br />
große Anzahl an funktionellen Gruppen auf der Moleküloberfläche tragen und sich im Wesentlichen<br />
über den Verzweigungsgrad unterscheiden lassen.<br />
In der Literatur finden sich zwei Definitionen des Verzweigungsgrades (DB):<br />
D + T<br />
DB = ( 2-1 )<br />
D + T + L<br />
In der Gleichung tauchen die drei typischen Struktureinheiten hyperverzweigter <strong>Polymere</strong> auf,<br />
lineare (L), dendritische (D) und terminale (T) Einheiten. Damit ergeben sich nach der Definition<br />
von Hawker und Fréchet Werte zwischen 0 für lineare <strong>Polymere</strong> bei einer Vernachlässigung<br />
der Endgruppen und 1 für perfekt verzweigte Dendrimere [Hawker und Fréchet 1991].<br />
Die hyperverzweigten <strong>Polymere</strong> liegen aufgrund der nur schlecht kontrollierbaren Reaktion<br />
und der daraus folgenden stochastischen Verteilung bei Werten zwischen 0,4 und 0,8. Hölter<br />
et al. weisen darauf hin, dass die Definition aus Gleichung ( 2-1 ) für dendritische <strong>Polymere</strong><br />
vom Typ AB2 beschränkt bleibt und formulieren ihrerseits einen Verzweigungsgrad (DB), der<br />
für Moleküle geringerer Molmasse genauere Ergebnisse liefert, weil der Einfluss der linearen<br />
Struktureinheiten nicht übergewichtet wird [Hölter et al. 1997].<br />
2D<br />
DB = ( 2-2 )<br />
2D<br />
+ L<br />
Zusammenfassend muss beachtet werden, dass hyperverzweigte <strong>Polymere</strong> aus vielen verschiedenen<br />
Isomeren bestehen, von der Struktur demnach sehr verschieden sein können und<br />
sich zusätzlich noch aufgrund der hohen Polydispersität in der Molmasse, der Form und dem<br />
Verzweigungsgrad wesentlich unterscheiden. So lassen sich zwar Verzweigungsgrade von<br />
nahezu 1 erzielen, aber dennoch liegt eine Vielzahl von Isomeren vor [Voit 2003].<br />
Weiterführende Einzelheiten sind den zahlreichen Reviews und Monographien auf dem Gebiet<br />
der dendritischen <strong>Polymere</strong> zu entnehmen [Voit 2003, Voit 2000, Gao und Yates 2004,<br />
Fréchet und Tomalia 2001, Jikei und Kakimoto 2001, Inoue 2000, Frey und Haag 2002,<br />
Froehling 2001, Sunder 2000a]. Im Folgenden sollen nur kurz einige wichtige Eigenschaften<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B<br />
B
verzweigter Poylmere genannt werden, die diese Komponenten von den linearen <strong>Polymere</strong>n<br />
unterscheidet.<br />
2.1.2 Stoffeigenschaften<br />
Die Stoffeigenschaften hyperverzweigter <strong>Polymere</strong>, besonders im Vergleich zu ihren linearen<br />
Analoga und gleichfalls zu den perfekt verzweigten monodispersen Dendrimeren sind in den<br />
letzten 20 Jahren Gegenstand intensiver Forschung gewesen. Wenngleich nur in den seltensten<br />
Fällen lineare <strong>Polymere</strong> mit der gleichen Anzahl funktioneller Endgruppen wie ihre<br />
dendritischen Verwandten verwendet wurden [Wooley et al. 1994, Hawker et al. 1997].<br />
Wesentliche Stoffeigenschaften dendritischer <strong>Polymere</strong> wie die Glastemperatur, die Viskosität,<br />
die Viskosität in Lösung, aber auch die Löslichkeit hängen in erster Linie von den beiden<br />
Einflussgrößen Struktur der Monomere und Art der funktionellen Endgruppe ab. Darüber<br />
hinaus spielen weitere Parameter wie der Verzweigungsgrad, die Molmasse und die Polydispersität<br />
eine wichtige Rolle [Voit 2003]. Fréchet und Tomalia vergleichen in Tab. 1 lineare<br />
mit dendritischen <strong>Polymere</strong>n (Dendrons und Dendrimere) hinsichtlich wesentlicher Stoffeigenschaften.<br />
Die in Tab. 1 getroffenen Aussagen für dendritische <strong>Polymere</strong> gelten im Wesentlichen auch<br />
für Hyperverzweigte <strong>Polymere</strong>, wobei die Punkte 1, 4 und 5 nicht direkt übertragbar sind.<br />
Hyperverzweigte <strong>Polymere</strong> sind wegen ihrer hochverzweigten Struktur in den überwiegenden<br />
Fällen amorphe Materialien, was einen erheblichen Einfluss auf ihre Viskosität und das Löslichkeitsverhalten<br />
hat. Die für amorphe Komponenten wichtige Glastemperatur (Tg), die den<br />
Übergang in den hochelastischen Bereich markiert und aus dem heraus die <strong>Polymere</strong> in den<br />
Zustand des Fließens ohne weiteren Phasenübergang übergehen, hängt bei dendritischen <strong>Polymere</strong>n<br />
von der Art der Endgruppe, der Molmasse und der makromolekularen Struktur ab<br />
[Schmaljohann et al. 2000]. Vor allen Dingen der Einfluss der Art der Endgruppe wurde bereits<br />
für zahlreiche hyperverzweigte <strong>Polymere</strong> wie Polyester, Polyether, Polyamine oder Polyphenylene<br />
gezeigt [Voit 1995]. Schmaljohann et al. variieren die Polarität der funktionellen<br />
Endgruppen (von -OH zu unterschiedlichen Absättigungsgraden mit längerkettigen N-Alkyl-<br />
Acylchloriden) und verändern damit die Glastemperatur eines hyperverzweigten Polyesters<br />
im Bereich von 220°C bis -48°C. Dabei resultiert die Erniedrigung der Glastemperatur aus der<br />
Verringerung der intermolekularen Wechselwirkungen zwischen den Polymermolekülen<br />
[Schmaljohann et al. 2000]. Wooley et al. vergleichen Dendrimere, hyperverzweigte und lineare<br />
aromatische Polyester hinsichtlich ihrer Tg und stellen fest, dass der Einfluss der makromolekularen<br />
Struktur sehr gering ist, während Schmaljohann et al. darauf verweisen, dass der<br />
Einfluss intramolekularer Effekte auf die Tg bei der Variierung der Wiederholungseinheiten<br />
und gleicher Endgruppen deutlich wird [Wooley et al. 1994, Schmaljohann et al. 2000].<br />
Im Gegensatz zu linearen <strong>Polymere</strong>n besitzen verzweigte <strong>Polymere</strong> im flüssigen Zustand ein<br />
Newtonsches Fliessverhalten (Viskosität ist nicht abhängig von der aufgeprägten Scherrate).<br />
Auch diese Eigenschaft resultiert aus der makromolekularen Struktur, denn der hohe Verzweigungsgrad<br />
verhindert eine Verschlaufung, so dass sich insgesamt schlechte mechanische<br />
Eigenschaften ergeben und die <strong>Polymere</strong> keine Anwendungen im Bereich der Thermoplasten<br />
finden [Hult et al. 1999]. Allerdings lässt sich das Fliessverhalten eines Polymerblends stark<br />
beeinflussen, wenn verzweigte <strong>Polymere</strong> als rheologische Additive verwendet werden. Ihre et<br />
al. berichten zudem, dass durch Variation der Endgruppen, z.B. hinsichtlich ihrer Polarität die<br />
Schmelzviskosität eines hyperverzweigten Polymers über mehrere Größenordnungen verändert<br />
werden kann [Ihre et al. 1996]. Das Viskositätsverhalten ist in Abb. 3 dargestellt. Während<br />
für lineare <strong>Polymere</strong> die Schmelzviskosität ab einer bestimmten kritischen Molmasse<br />
schlagartig ansteigt, ist bei hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n kein derartiger Verschlaufungseinfluß<br />
zu erkennen. Folglich muss das verzweigte Polymermolekül eine eher globulare<br />
Form aufweisen.<br />
Weiterhin weisen hyperverzweigte <strong>Polymere</strong> infolge der verzweigten Struktur wesentlich<br />
höhere Löslichkeiten auf (auch der hochmolekularen <strong>Polymere</strong>) im Vergleich zu linearen<br />
Komponenten [Voit und Turner 1994, Hawker und Devonport 1996]. Dabei besitzen die<br />
Struktur und die Art der Endgruppen einen großen Einfluß auf die Löslichkeit [Hawker und<br />
5
6<br />
Frechet 1996]. So lassen sich z.B. verzweigte Polyphenylene durch eine Funktionalisierung<br />
mit polaren Endgruppen (z.B. Carboxylgruppe) sogar in Wasser lösen [Hult et al. 1999].<br />
Tab. 1: Vergleich wesentlicher Stoffeigenschaften linearer mit dendritischen <strong>Polymere</strong>n<br />
[Fréchet und Tomalia 2001]<br />
Lineares Polymer Dendritische <strong>Polymere</strong><br />
1. Regellose Anordnungen der Polymerkette 1. Voraussagbare Form, in Abhängigkeit der Molmasse<br />
und des Kerns (robustes Sphäroid, Verformbarkeit)<br />
2. Semi-kristalline/kristalline Material (hohe Glastemperaturen)<br />
2. Amorphe Materialien (niedrige Glastemperaturen)<br />
3. Schlechtere Löslichkeiten (Abnahme mit steigender 3. Höhere Löslichkeiten (Zunahme mit steigender<br />
Molmasse)<br />
4. Intrinsische Viskosität steigt mit steigender Molmasse<br />
5. Verschlaufung der Polymerkette bestimmt rheologisches<br />
Verhalten (Abhängigkeit von Scherrate)<br />
Log [melt viscosity]<br />
3000<br />
linear polymers<br />
4000<br />
Molmasse)<br />
4. Intrinsische Viskosität durchläuft Hochpunkt bei<br />
einer bestimmten Molmasse (geringere Werte der<br />
intrinsischen Viskosität)<br />
5. Newtonsches Fliessverhalten (keine Abhängigkeit<br />
von der Scherrate, niedrigere Viskositäten)<br />
Log M / a.m.u.<br />
5000<br />
dendritic polymers<br />
Abb. 3: Abhängigkeit der Schmelzviskosität von der Molmasse für lineare und hyperverzweigte<br />
<strong>Polymere</strong> [Hawker und Frechet 1996]<br />
2.2 Gas-Flüssig Gleichgewichte<br />
In dieser Arbeit müssen verschiedene Arten von Phasengleichgewichten betrachtet werden,<br />
denn es liegen nicht nur überkritische Komponenten vor, sondern auch hochmolekulare Komponenten,<br />
<strong>Polymere</strong>, die im Zusammenhang mit Lösungsmitteln bzw. Gasen zu einem besonderen<br />
Phasenverhalten führen. Gas-Flüssig-Gleichgewichte sind Sonderfälle von Dampf-<br />
Flüssig Gleichgewichten, denn mindestens eine Komponente im System liegt bei überkritischen<br />
Bedingungen vor. In Abb. 4a ist das typische Phasenverhalten eines solchen Systems<br />
dargestellt. In der lösungsmittelreichen Ecke treffen sich Siedelinie und Taulinie im Dampfdruck<br />
des Lösungsmittels auf der Druckachse bei x1=0. Die Gaskomponente liegt überkri-
tisch, also oberhalb des Dampfdrucks vor, so dass sich Siede- und Taulinie von der Druckachse<br />
abgelöst haben. Dieses Verhalten gilt wiederum nicht in Systemen, in denen <strong>Polymere</strong> vorhanden<br />
sind, die keinen messbaren Dampfdruck besitzen. In Abb. 4b ist das Phasenverhalten<br />
eines Polymer-Lösungsmittelsystems beschrieben für Temperaturen oberhalb und unterhalb<br />
der kritischen Temperatur des Lösungsmittels. Im polymerreichen Gebiet startet die Siedelinie<br />
vom Nullpunkt und mündet bei unterkritischen Temperaturen für das Lösungsmittel im<br />
Dampfdruck der Lösungsmittelkomponente. Die Taulinie schmiegt sich komplett an die<br />
Druckachse an, denn in der Dampfphase befinden sich nur Lösungsmittelmoleküle. Im lösungsmittelreichen<br />
Gebiet kann das Dampf-Flüssig (VL) Gleichgewicht von einer Flüssig-<br />
Flüssig (LL) Entmischung überlagert sein, so dass mit der Dampfphase insgesamt drei Phasen<br />
vorliegen. Bei höherem Druck verschwindet die Dampfphase und es liegen nur noch die beiden<br />
flüssigen Phasen vor. Dabei schmiegt sich die Phasengrenzlinie der lösungsmittelreichen<br />
Phase wieder an die Ordinate an. Das reale, aber nicht messbare Verhalten in der lösungsmittelreichen<br />
Ecke ist in dem Ausschnitt dargestellt. Die Polymerkonzentration in der lösungsmittelreichen<br />
Phase weist nur sehr kleine Werte auf.<br />
LV<br />
P 02<br />
P P<br />
a) b)<br />
Siedelinie<br />
G + L<br />
Taulinie<br />
x 1 � w 1 �<br />
LL<br />
VL<br />
L<br />
VL<br />
V<br />
VL<br />
Abb. 4: Gas-Flüssig-Gleichgewicht mit Gaskomponente (1) und Phasenverhalten von Po-<br />
LM<br />
lymer-Lösungsmittel mit Lösungsmittelkomponente (1). Durchgezogene Linie: T >> T ;<br />
LM<br />
Gestrichelte Linie: T
8<br />
Als alternativen Referenzzustand kann die unendlich verdünnte Komponente i im Lösungsmittel<br />
j verwendet werden. Dabei wird die Referenzfugazität über den Henry-Koeffizienten<br />
ausgedrückt, der auf den Dampfdruck des Lösungsmittels j bezogen und eine Funktion der<br />
Temperatur ist. Mit der Poynting Korrektur π∞i L wird die Druckkorrektur vom Lösungsmitteldampfdruck<br />
bis zum Systemdruck beschrieben, wobei das partielle molare Volumen der<br />
Komponente i bei unendlicher Verdünnung (v∞i L ) nahezu druckunabhängig ist.<br />
L LV ⎛ v ( ) ⎞<br />
∞ P − P<br />
0L<br />
L<br />
L<br />
i j<br />
f = = ⋅ = ⋅ ⎜<br />
⎟<br />
i f∞i<br />
Hi<br />
, j π ∞i<br />
Hi<br />
, j exp<br />
⎜<br />
⎟<br />
( 2-5 )<br />
⎝ R ⋅T<br />
⎠<br />
Es lässt sich dann daraus die Gleichgewichtsbeziehung aufstellen, die gleichzeitig die allgemeine<br />
Formulierung des Henryschen Gesetzes darstellt und über den gesamten Konzentrationsbereich<br />
für über- und unterkritische Substanzen gilt.<br />
L LV ⎛ v ( ) ⎞<br />
∞ P − P<br />
G<br />
∗<br />
i j<br />
ϕ ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ ⋅ ⎜<br />
⎟<br />
i yi<br />
P γ i x Hi<br />
, j exp<br />
⎜<br />
⎟<br />
( 2-6 )<br />
⎝ R ⋅T<br />
⎠<br />
Dabei bildet γi * den asymmetrisch normierten Aktivitätskoeffizienten als Quotient aus dem<br />
symmetrisch normierten Aktivitätskoeffizienten (γi) und dem Grenzaktivitätskoeffizienten<br />
(γ∞i), der bei unendlicher Verdünnung dem Wert 1 zustrebt.<br />
γ<br />
γ i und<br />
∗<br />
γ = 1<br />
( 2-7 )<br />
∗<br />
i =<br />
γ ∞i<br />
lim<br />
xi →0<br />
i<br />
Die exakte Definition des Henry-Koeffizienten lässt sich aus der rechten Seite von Gleichung<br />
( 2-5 ) ableiten unter der Berücksichtigung, dass mäßige Lösungsmitteldampfdrücke vorliegen<br />
und der Zustand unendlicher Verdünnung erfüllt ist (γi* � 1, π∞i L � 1).<br />
L ⎛ f ⎞ i lim = Hi<br />
, j<br />
xi<br />
0 ⎜<br />
x ⎟<br />
( 2-8 )<br />
→<br />
⎝ i ⎠<br />
In Abb. 5 ist dieser Zusammenmhang im Fugazitäts - Konzentrationsdiagramm dargestellt. Im<br />
Bereich geringer Löslichkeiten, für xi < 0,03 beschreibt das Henrysche Gesetz den Verlauf der<br />
Gleichgewichtskurve [Prausnitz et al. 1999].<br />
f H i,j<br />
γ * i<br />
γ i<br />
x i ����<br />
Abb. 5: Henrysches Gesetz und Lewis-Randallsche Regel (γi � 1) im Fugazitäts – Konzentrationsdiagramm<br />
mit π0,i � 1 π∞i � 1.<br />
Der asymmetrisch normierte Aktivitätskoeffizient wirkt dabei als Korrekturfaktor zum realen<br />
Verlauf der Fugazität.<br />
f i<br />
f 0,i L
Aus den oben dargestellten Gleichungen lassen sich Formulierungen des Henryschen Gesetzes<br />
erhalten, die für unterschiedliche Bereiche Gültigkeit aufweisen und in Tab. 2 aufgeführt<br />
sind [Carroll 1991].<br />
Tab. 2: Verschiedene Formen des Henrxschen Gesetzes [Carroll 1991]<br />
Formulierung Henry – Gesetz<br />
L LV ⎛ v ( ) ⎞<br />
∞ P − P<br />
G<br />
∗<br />
i j<br />
ϕ ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ ⋅ ⎜<br />
⎟<br />
i yi<br />
P γ i x Hi<br />
, j exp<br />
⎜<br />
⎟<br />
⎝ R ⋅T<br />
⎠<br />
Gültigkeitsbereich<br />
Keine Einschränkung<br />
G<br />
∗<br />
ϕ i ⋅ y i ⋅ P = γ i ⋅ x ⋅ Hi,<br />
j ⋅<br />
L LV ⎛ v ( ) ⎞<br />
∞ P − P<br />
G<br />
i j<br />
ϕ ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ ⎜<br />
⎟<br />
i yi<br />
P x Hi<br />
, j exp<br />
⎜<br />
⎟<br />
⎝ R ⋅T<br />
⎠<br />
G<br />
2<br />
L LV<br />
⎛ f ⎞ A(<br />
x ) ⎛ ( ) ⎞<br />
j −1<br />
v∞<br />
P − P<br />
i<br />
i j<br />
ln = + + ⎜<br />
⎟<br />
⎜<br />
⎟ ln Hi<br />
, j<br />
⋅ ⎜<br />
⎟<br />
⎝ xi<br />
⎠<br />
R T ⎝ R ⋅T<br />
⎠<br />
P < 10 bar<br />
xi < 0,03<br />
(Krichevsky – Henry-<br />
Gesetz)<br />
xi < 0,1<br />
(Krichevsky – Iliinskaya<br />
Gleichung)<br />
⋅ P = x ⋅ H<br />
xi < 0,03; P < 2 bar<br />
y i<br />
i,<br />
j<br />
In Abb. 6 ist der Verlauf der Gaslöslichkeit bei unendlicher Verdünnung abgebildet. Zunächst<br />
sinkt die Löslichkeit mit steigender Temperatur, durchläuft allerdings ein systemspezifisches<br />
Minimum und steigt dann wieder mit zunehmender Temperatur. Die dem Temperaturminimum<br />
zugeordnete Temperatur ist abhängig von der kritischen Temperatur des Gases (je kleiner<br />
Tc, desto kleiner TMinimum) und liegt meistens weit über der Raumtemperatur.<br />
x i (Solute) �<br />
Üblicher Messbereich<br />
Temperatur �<br />
Abb. 6: Typischer Verlauf der Löslichkeit eines Gases in einem Lösungsmittel für einen<br />
weiten Temperaturbereich[Prausnitz et al. 1999]<br />
Ab dem Temperaturminimum sind die stärkeren abstoßenden Wechselwirkungen der Gasmoleküle<br />
in der Gasphase für die höhere Löslichkeiten verantwortlich, während bei niedrigeren<br />
Temperaturen die anziehenden Wechselwirkungen überwiegen [Prausnitz et al. 1999].<br />
9
10<br />
Für Gas – Polymer bzw. Gas – Lösungsmittel - Polymersysteme lassen sich die oben aufgeführten<br />
Formulierungen der Gleichgewichte in derselben Weise anwenden, wobei die Konzentration<br />
in der flüssigen Phase sinnvoller Weise in Gewichtsanteilen (wi) ausgedrückt und<br />
folglich auch der massenbasierte asymmetrisch normierte Aktivitätskoeffizient (Ωi * ) verwendet<br />
wird. Es gelten dieselben Vereinfachungen hinsichtlich Druck und unendlicher Verdünnung<br />
[Maloney und Prausnitz 1976a].<br />
∫ ⎟ P L<br />
∗<br />
⎛ v ⎞<br />
∞i<br />
⋅ dP<br />
y ⋅ ⋅ = Ω ⋅ ⋅ ⋅<br />
⎜<br />
i ϕ i P i wi<br />
Hi<br />
j exp<br />
( 2-9 )<br />
,<br />
P ⎝ R ⋅T<br />
⎠<br />
L ⎛ f ⎞ i lim<br />
⎜ = H<br />
w ⎟<br />
⎝ i ⎠<br />
xi<br />
→0<br />
i,<br />
j<br />
Polymer<br />
( 2-10 )<br />
Angesichts des geringen (nicht messbaren) Dampfdrucks der Polymerkomponente taucht in<br />
der Poynting-Korrektur in Gleichung ( 2-9 ) lediglich der Systemdruck (P) auf, denn der<br />
Dampfdruck des Lösungsmittels (hier ein Polymer) geht gegen Null (PPolymer � 0).<br />
2.3 Thermodynamische Modelle<br />
Für die Berechnung der Fugazitäts- und Aktvitätskoeffizienten aus der Gleichgewichtsbeziehung<br />
stellt die Thermodynamik verschiedene Modelle zur Verfügung, die sich in Zustandsgleichungen<br />
und G E -Modelle (für Aktivitätskoeffizienten) einteilen lassen. Allerdings<br />
gibt es bisher nur wenige zuverlässige Zustandsgleichungen, mit denen Fugazitäten der flüssigen<br />
Phase unterschiedlicher Stoffklassen quantitativ zufriedenstellend beschrieben werden<br />
können. Deswegen werden für die Darstellung des nicht-idealen Verhaltens einer Lösung<br />
meistens Aktivitätskoeffizientenmodelle herangezogen. Diese Modelle lassen sich auch für<br />
Polymerlösungen nutzen und vermögen durch Erweiterungen, mit denen die Besonderheiten<br />
von <strong>Polymere</strong>n und Polymer-Lösungsmittelsystemen berücksichtigt werden, auch unterschiedlich<br />
gut Dampf- Flüssig und Flüssig-Flüssig Gleichgewichte berechnen.<br />
Die hyperverzweigten <strong>Polymere</strong> stellen wegen ihrer komplexen Molekülstruktur und den daraus<br />
resultierenden Unterschieden im Lösungsverhalten im Vergleich zu linearen Polymerlösungen<br />
zusätzliche Anforderungen an die verwendeten Modelle. Bisher wurde vor allem die<br />
Lattice Cluster Theorie angewandt und erweitert, um Einflüsse der Polymerstruktur auf das<br />
Phasenverhalten zu berücksichtigen [Dudowicz und Freed, 1991]. Lue und Prausnitz berechnen<br />
damit Lösungsmittelaktivitäten und Flüssig-Flüssig Gleichgewichte für homogene<br />
Dendrimerlösungen. Außerdem gibt es erste Ansätze, in denen der Einfluss der Endgruppen<br />
der terminalen <strong>Polymere</strong>inheiten auf die Thermodynamik von Lösungen modelliert wird<br />
[Jang et al., 2002, Jang und Bae, 2001]. Jang und Bae berechnen Flüssig-Flüssig Gleichgewichte<br />
und beziehen Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Lösungsmittelmolekülen und<br />
terminalen Dendrimereinheiten als zusätzlicher Beitrag zu den Wechselwirkungen mit ein.<br />
Ein Überblick zum Stand der Modellbildung für hyperverzweigte <strong>Polymere</strong> findet sich bei<br />
Seiler [Seiler 2006].<br />
2.3.1 UNIFAC-FV<br />
In dieser Arbeit wird das Modell UNIFAC-FV (UNIQUAC Functional-group Activity Coefficients-Free<br />
Volume) auf hyperverzweigte Polymerlösungen angewendet. Es handelt sich<br />
dabei um ein voraussagendes Modell, das auf Basis der molekularen Strukturgruppen und der<br />
Reinstoffdichten der Komponenten den Aktivitätskoeffizienten des Lösungsmittels und damit<br />
das Phasengleichgewicht vorausberechnen kann. Dieses Modell bietet sich immer dann an,<br />
wenn experimentelle Daten zum Phasenverhalten rar sind. Allerdings besitzt auch<br />
UNIFAC-FV keinen Parameter, der die Struktur der Moleküle berücksichtigt. Es lassen sich<br />
aber die Kenntnisse aus der Theorie über das Lösungsverhalten hyperverzweigter <strong>Polymere</strong><br />
im Modell umsetzen, so dass indirekt doch eine Verzweigung in die Modellierung des Phasenverhaltens<br />
einfließen kann (siehe Kapitel 4.2).
Prausnitz und Oishi haben das von Fredenslund et al. eingeführte G E -Modell UNIFAC<br />
(UNIQUAC Functional-group Activity Coefficients) zur Berechnung von Lösungsmittelaktivitäten<br />
auf Polymerlösungen erweitert, indem sie einen Term für das freie Volumen<br />
(Free-Volume: FV) aus der Flory-Zustandsgleichung hinzufügten [Fredenslund et al. 1975;<br />
Fredenslund et al. 1977; Oishi und Prausnitz 1978]. Auf diese Weise war es möglich, das unterschiedliche<br />
thermische Ausdehnungsverhalten von Lösungsmittel und Polymer in Abhängigkeit<br />
der Zusammensetzung und der Temperatur zu berücksichtigen und so bessere Voraussagen<br />
für das Phasenverhalten von Polymerlösungen treffen zu können.<br />
Das freie Volumen wird im Allgemeinen als jenes Volumen definiert, das für den Massenschwerpunkt<br />
eines sich bewegenden Moleküls zugänglich ist, wenn die anderen Moleküle des<br />
Systems fixiert sind. Wenn Komponenten mit unterschiedlichen freien Volumina gemischt<br />
werden, gehen diese Unterschiede in die Exzess-Funktionen der Mischung ein [Balashova et<br />
al. 1996].<br />
UNIFAC-FV ist ein voraussagendes Modell und zählt zu den Gruppenbeitragsmethoden. Das<br />
Verhalten der Lösung wird als resultierende Summe des Verhaltens bzw. der Wechselwirkungen<br />
der beteiligten Moleküle untereinander begriffen, die wiederum in definierte Strukturgruppen<br />
eingeteilt sind. Auf diese Weise kann eine Abschätzung des realen Verhaltens zahlreicher<br />
chemischer Komponenten qualitativ hochwertig erfolgen, die auf der Basis weniger<br />
UNIFAC Strukturgruppen abgebildet werden können.<br />
Das UNIFAC-FV Modell unterteilt die Lösungsmittelaktivität in einen kombinatorischen (c),<br />
residuellen (r) und einen freies-Volumen Beitrag:<br />
kombinatorisch<br />
residuell<br />
freiesVolumen<br />
ln( a l ) = ln( ai<br />
) + ln( ai<br />
) + ln( ai<br />
)<br />
( 2-11 )<br />
Der kombinatorische Term beschreibt Größe und Gestalt der Moleküle. Er wird direkt aus<br />
dem UNIQUAC-Modell (UNIversal Quasi-chemical Activity Coefficient) übernommen<br />
[Abrams und Prausnitz 1975].<br />
kombinatorisch<br />
Φ i z ⎛ Φ i Φ i ⎞<br />
ln( a = Φ + − −<br />
⎜ + −<br />
⎟<br />
i ) ln i 1 qi<br />
ln 1<br />
( 2-12 )<br />
θ i 2 ⎝ θ i θ i ⎠<br />
Der erste Teil der Gleichung bis zum Klammerprodukt stammt aus dem Flory-Huggins Modell<br />
und wurde für UNIQUAC mit der Guggenheim-Stavermann Korrektur erweitert, so dass<br />
Unterschiede in der Gestalt der Moleküle Berücksichtigung finden [Fredenslund et al. 1975;<br />
Kontogeorgis et al. 1994]. Die Koordinationszahl z wird zu 10 gesetzt. Der Volumenbruch Φi<br />
und der Oberflächenbruch θi werden aus den Volumen- bzw. Oberflächenparametern ri und qi<br />
berechnet,<br />
Φ<br />
i<br />
=<br />
∑<br />
j<br />
r w / M<br />
i<br />
j<br />
i<br />
r w<br />
j<br />
i<br />
/ M<br />
j<br />
und θ =<br />
i<br />
∑<br />
j<br />
q w / M<br />
i<br />
q<br />
j<br />
i<br />
w<br />
j<br />
i<br />
/ M<br />
j<br />
( 2-13 )<br />
mit den Massenbrüchen wi und den Molmassen der Komponenten Mi. In ri und qi, den Volumen-<br />
bzw. Oberflächenparametern der Komponenten, gehen wiederum die Gruppenparameter<br />
Rk und Qk ein, die nach Bondi mit Hilfe der van der Waals Gruppenvolumen und -oberflächen<br />
vwk und Awk gebildet werden. Die Gruppenparameter Rk und Qk sind tabelliert [Danner und<br />
High 1993; Poling et al. 2001].<br />
( i)<br />
( i)<br />
ri<br />
= ∑υ<br />
k Rk<br />
und qi<br />
= ∑υ<br />
k Qk<br />
( 2-14 )<br />
k<br />
k<br />
vwk<br />
Awk<br />
R k = und Q k =<br />
( 2-15 )<br />
9<br />
15,<br />
17 2, 5 ⋅10<br />
Dabei beschreibt νk (i) die Anzahl der funktionellen Gruppe (k) im Molekül (i). Die Normalisierungsfaktoren<br />
15,17 cm 3 /mol und 2,5*10 9 cm 2 /mol sind von Abrams und Prausnitz für eine<br />
11
12<br />
CH2 Einheit in einem Polyethylenmolekül angegeben worden und werden für jede Strukturgruppe<br />
benutzt [Bondi 1968; Abrams und Prausnitz 1975; Oishi und Prausnitz 1978].<br />
Der residuelle Beitrag beschreibt die Wechselwirkungen zwischen den Molekülen (intermolekular<br />
zwischen den Komponenten und intermolekular zwischen Molekülen einer Komponente):<br />
residuell<br />
( i)<br />
( i)<br />
ln( a i ) = ∑υ<br />
k [ ln( Γk<br />
) − ln( Γk<br />
) ]<br />
( 2-16 )<br />
k<br />
Γk steht für die (residuelle) Aktivität der Gruppe (k) in der Mischung und Γk (i) für die (residuelle)<br />
Aktivität der Gruppe (k) im Standardzustand der reinen flüssigen Komponente (i). Durch<br />
den Differenzterm der Aktivitätskoeffizienten ist die Normalisierungsbedingung ai→1 für<br />
wi→1 erfüllt.<br />
Die Gruppenaktivität Γk bzw. Γk (i) lässt sich wie folgt berechnen:<br />
⎡<br />
⎤<br />
⎢ ⎛ ⎞ Θ mΨkm<br />
= Q<br />
⎥<br />
k 1 − ln<br />
−<br />
⎢<br />
⎜∑<br />
Θ mΨmk<br />
⎟<br />
Θ Ψ ⎥<br />
( 2-17 )<br />
⎢<br />
⎝ m ⎠ m n nm<br />
⎣<br />
n ⎥⎦<br />
Γk ∑<br />
∑<br />
Θm ist der Oberflächenbruch der Gruppe (m) (mit Qm als Gruppenoberflächenparameter nach<br />
Gleichung ( 2-15 )), wobei die Addition über alle definierten Gruppen ausgeführt wird und<br />
mit den Molenbrüchen Xm der einzelnen Gruppen in der Mischung, ähnlich wie θi, berechnet<br />
wird [Oishi und Prausnitz 1978]:<br />
Θ<br />
m<br />
=<br />
Q<br />
∑<br />
n<br />
m<br />
Q<br />
X<br />
n<br />
m<br />
X<br />
n<br />
mit<br />
∑<br />
j<br />
υ<br />
( i)<br />
m<br />
w<br />
X m =<br />
( j)<br />
υ<br />
∑ w j / M j∑<br />
j n<br />
j<br />
/ M<br />
j<br />
n<br />
( 2-18 )<br />
Mj ist die Molmasse von Gruppe (j) und wj der Massenbruch von Komponente (j) in der Mischung.<br />
Der Gruppenwechselwirkungsparameter Ψmn wird wie folgt berechnet:<br />
⎛ U mn −U<br />
nn ⎞ ⎛ amn<br />
⎞<br />
Ψmn<br />
= exp ⎜−<br />
⎟ = exp⎜−<br />
⎟ ( 2-19 )<br />
⎝ RT ⎠ ⎝ T ⎠<br />
Umn ist ein Energiemaß für die Wechselwirkungen zwischen den Gruppen (m) und (n). Die<br />
Gruppenwechselwirkungsparameter amn und anm (zwei Parameter pro Gruppenpaar) sind tabelliert<br />
und wurden durch die Anpassung an experimentelle Daten von Dampf-Flüssig<br />
Gleichgewichten erhalten. Es gilt zu beachten, dass amn die Einheit [K] besitzt und amn ≠ anm.<br />
Die für Polymerlösungen mit dem UNIFAC Modell berechneten Lösungsmittelaktivitäten<br />
weisen häufig zu kleine Werte auf. Zur Berücksichtigung des freien Volumens von Polymerlösungen<br />
wurde von Oishi und Prausnitz als dritter, positiver Beitrag zur Aktivität noch ein<br />
„freies-Volumen“ Beitrag hinzugefügt, der aus der Flory-Zustandsgleichung erhalten wird,<br />
indem der Wechselwirkungsparameter χ12 zu Null gesetzt wird<br />
−1<br />
⎡ ~ 1/<br />
3 ⎤ ⎡ ~ ⎛ ⎞⎛<br />
⎞ ⎤<br />
freiesVolumen<br />
⎢ ⎜ ⎟ ⎥<br />
( ) ⎢v<br />
i −1⎥<br />
⎜ vi<br />
⎟ 1<br />
ln a i = 3ci<br />
− c<br />
⎢<br />
⎥<br />
⎢<br />
⎜<br />
−<br />
⎜<br />
−<br />
⎢ 1/<br />
3 i 1<br />
~ ⎥ ~<br />
⎟<br />
1<br />
~ 1/<br />
3<br />
⎟<br />
( 2-20 )<br />
⎢⎣<br />
v M ⎥⎦<br />
⎣⎝<br />
v M ⎠⎝<br />
v i ⎠ ⎥<br />
⎦<br />
Die reduzierten Volumina des Lösungsmittels i und der Mischung M werden aus den spezifischen<br />
Volumina der Lösungsmittel und des Polymers vi berechnet und in [cm 3 /g] angegeben.<br />
Bei vwi handelt es sich um das van der Waals Volumen:<br />
v ~<br />
v ~
~<br />
v<br />
i<br />
vi<br />
⋅ M i vi<br />
⋅ M i<br />
= =<br />
b ⋅ v 15,<br />
17 ⋅b<br />
⋅ r<br />
wi<br />
i<br />
~<br />
v<br />
M<br />
=<br />
b<br />
∑<br />
i<br />
∑<br />
i<br />
w v<br />
i<br />
i<br />
i<br />
w v<br />
wi<br />
∑<br />
i<br />
∑<br />
=<br />
15,<br />
17b<br />
2 / 3<br />
i<br />
2 / 3<br />
j<br />
j<br />
i<br />
∑<br />
i<br />
w v<br />
i<br />
i<br />
i<br />
r w / M<br />
i<br />
i<br />
( 2-21 )<br />
Weiterhin werden die Massenbrüche der Komponenten wi, die Molmassen Mi und der berechnete<br />
Volumenparameter ri aus Gleichung ( 2-14 ) benötigt.<br />
Der Parameter ci kann nach Oishi und Prausnitz als Anzahl der externen Freiheitsgrade der<br />
Lösungsmittelmoleküle verstanden werden (Rotation, Translation und Vibration) und wird für<br />
sämtliche Lösungsmittel auf 1,1 gesetzt. Der Parameter b ist ein Proportionalitätsfaktor, der<br />
von Oishi und Prausnitz zu 1,28 bestimmt wurde.<br />
Ein wesentlicher Nachteil des UNIFAC Modells besteht in der oftmals qualitativ schlechten<br />
Beschreibung der Temperaturabhängigkeit des Aktivitätskoeffizienten. Aus diesem Grund<br />
wurden zahlreiche Erweiterungen entwickelt, in denen der Term der residuellen Aktivität<br />
durch zusätzliche Parameter variiert wurde [Larsen et al. 1987; Weidlich und Gmehling et al.<br />
1987; Gmehling et al. 1993]. Sowohl beim UNIFAC (Dortmund), als auch beim UNIFAC<br />
(Lyngby) Modell wurde der kombinatorische Term jeweils durch einen stärker empirischen<br />
Ansatz modifiziert (siehe Gleichung ( 2-22 )).<br />
kombinatorisch<br />
r<br />
ln( ai ) = ln Φ i + 1−<br />
Φ i mit Φ i = (Lyngby)<br />
r x<br />
( 2-22 )<br />
T0<br />
= amn,<br />
1 + amn,<br />
2 ⋅ ( T − T0<br />
) + a , 3 ⋅ ( T ⋅ ln + T − T0<br />
) (Lyngby) ( 2-23 )<br />
T<br />
amn mn<br />
In Gleichung ( 2-23 ) ist zu erkennen, dass in der modifizierten Lyngby Version dreimal zwei<br />
Gruppenwechselwirkungsparameter zur Beschreibung der Interaktion zwischen zwei Strukturgruppen<br />
benötigt werden.<br />
2.3.2 Sanchez-Lacombe Zustandsgleichung<br />
Ähnlich wie das g E -Modell UNIFAC-FV ist auch die Zustandsgleichung von Sanchez-<br />
Lacombe aus einem Gittermodell abgeleitet, genauer aus dem Gittergasmodell, das die Existenz<br />
freier Gitterplätze zulässt und auf diese Weise die Berechnung von Systemen mit Komponenten<br />
unterschiedlicher Dichten erlaubt [Sanchez und Lacombe 1976; Sanchez und Lacombe<br />
1978; Lacombe und Sanchez 1976]. In Abb. 7 wird dieser Ansatz durch die freien<br />
Gitterplätze deutlich. Komponenten mit hoher Dichte besetzen mehr Gitterplätze, während<br />
Komponenten mit niedrigeren Dichten mehr freie Plätze aufweisen. Im Gegensatz zu den g E -<br />
Modellen kann die Auswirkung des Systemdrucks auf die Systemdichte durch die Variation<br />
der Anzahl der freien Gitterplätze berücksichtigt werden, so dass die Zustandsgrößen Temperatur,<br />
Druck und Dichte direkt miteinander verknüpft sind und damit das Modell als Zustandsgleichung<br />
klassifiziert werden kann [Sadowski 2000].<br />
Abb. 7: Zweidimensionale Abbildung eines reinen Fluids auf der Basis der Gittertheorie<br />
mit besetzten und freien Gitterplätzen [Sanchez und Lacombe 1978]<br />
13
14<br />
Eine Änderung von Druck und/oder Temperatur führt in einem derartigen System zu einer<br />
Änderung der Anzahl der freien Gitterplätze, wobei das Volumen eines Gitterplatzes v* ein<br />
individueller Parameter ist und bei Mischungen durch geeignete Mischungsregeln dargestellt<br />
wird. Wenn in eine Formulierung der freien Energie (f) Ausdrücke der inneren Energie (u)<br />
und der Entropie (s), abgeleitet aus dem Flory-Huggins Modell 1 , eingesetzt werden, entsteht<br />
mit weiteren Annahmen der in Gleichung ( 2-25 ) abgebildete Zusammenhang von freien und<br />
belegten Gitterplätzen und den Zustandsgrößen Temperatur, Druck und Dichte [Sadowski<br />
2000].<br />
∆ f = ∆u<br />
− T∆s<br />
( 2-24 )<br />
∗<br />
∗<br />
Pv<br />
1 2 ε<br />
− = ln Φ0<br />
+ 1−<br />
+ Φ1<br />
⋅ mit<br />
RT<br />
r RT<br />
N0 N1 ⋅ r1<br />
Φ 0 = und Φ 1 =<br />
N<br />
N<br />
( 2-25 )<br />
Wobei Φ0 und Φ1 in diesem Fall die Segment- bzw. Volumenbrüche der freien (Indize 0)<br />
und belegten Gitterplätze (Indize 1) bedeuten (mit N als Gesamtzahl der Gitterplätze und ri als<br />
Segmentzahl). Zur Beschreibung einer reinen Komponente werden demnach die drei Parameter<br />
benötigt: Segmentvolumen v*, der Energieparameter ε* und Segmentzahl r.<br />
Die gewöhnliche Form der Zustandsgleichung von Sanchez-Lacombe wird mit der Darstel-<br />
lung reduzierter Größen erhalten:<br />
~ 2 ~ ~<br />
1<br />
ρ + P + T ⋅[ln(<br />
1−<br />
~ ρ ) + ( 1−<br />
) ⋅<br />
~ ρ ] = 0<br />
( 2-26 )<br />
r<br />
∗<br />
~ Texp<br />
∗ ε<br />
T = und T = ( 2-27 )<br />
*<br />
T<br />
R<br />
∗<br />
~ Pexp<br />
∗ ε<br />
P = und P = ( 2-28 )<br />
*<br />
∗<br />
P<br />
v<br />
~ ρexp<br />
v<br />
ρ = und =<br />
*<br />
∗<br />
ρ ρ v r<br />
~<br />
1<br />
( 2-29 )<br />
Die reduzierten Größen können durch die Anpassung an Flüssigdichten und/oder Dampfdrücke<br />
bestimmt werden, wobei im Fall von <strong>Polymere</strong>n wegen des fehlenden Dampfdrucks lediglich<br />
an Flüssigdichten angepasst wird.<br />
*<br />
Dabei nimmt die Referenzdichte ρ jenen Wert an, den das System besitzt, wenn alle Gitterplätze<br />
belegt sind, weist also den maximal größten Wert auf. Im Fall von Polymersystemen<br />
geht der Wert der Segmentzahl r bei großen Werten der Molmasse gegen unendlich und damit<br />
der Term 1/r gegen Null.<br />
Die in dieser Arbeit zugrunde gelegten Mischungsregeln zur Berechnung binärer Systeme von<br />
Gas und Polymer stammen von Sato et al. und sind im Folgenden dargestellt [Sato et. al<br />
2000].<br />
1 Ausgehend von der Berechnung der Wahrscheinlichkeit belegter Gitterplätze mit der „meanfield<br />
approximation“ (bereits im Gitter vorhandene Moleküle beeinflussen die Wahrscheinlichkeit<br />
eines belegten oder freien Platzes nicht, keine Berücksichtigung besonderer Wechselwirkungen<br />
wie z. B. Wasserstoffbrückenbindungen) und der der Boltzmann Beziehung<br />
unter der Verwendung der Stirling Näherung, ergibt sich ein Ausdruck für die Entropie.
P<br />
∑∑ i ⋅φ<br />
j ⋅ P<br />
*<br />
=<br />
i j<br />
φ mit ( ) ( ) 5 , 0<br />
*<br />
* *<br />
P − k ⋅ P ⋅ P<br />
*<br />
ij<br />
ij<br />
= 1 ij i j<br />
( 2-30 )<br />
∑ ⎟ *<br />
* * ⎛ 0 T ⎞ i<br />
T = P ⋅<br />
⎜<br />
⎜φ<br />
i ⋅ *<br />
i ⎝ Pi<br />
⎠<br />
( 2-31 )<br />
∑ ⎟ 0<br />
−1<br />
⎛φ<br />
⎞ i<br />
r =<br />
⎜<br />
0<br />
i ⎝ ri<br />
⎠<br />
( 2-32 )<br />
∑ ⎟ *<br />
0 ⎛ P ⎞ i φ<br />
⎜<br />
⎟<br />
i = φi<br />
⋅ *<br />
⎝ Ti<br />
⎠<br />
* ⎛ P ⎞ j ⎛<br />
⎜<br />
w ⎞ i<br />
φ ⋅<br />
⎜ j und φ<br />
*<br />
j ⎝ T<br />
⎜<br />
⎟<br />
i = *<br />
j ⎠ ⎝ ρi<br />
⎠<br />
⎛ w ⎞ j<br />
∑⎜ ⎟<br />
⎜ * ⎟<br />
j ⎝ ρ j ⎠<br />
( 2-33 )<br />
* * *<br />
Die Größen i , i , i P T ρ und i r beziehen sich dabei auf den Reinstoff, k ij bezeichnet den binären<br />
Wechselwirkungsparameter, φ i den Volumenanteil und w i den Massenanteil.<br />
2.3.3 PC-SAFT Zustandsgleichung<br />
Entgegen den beiden zuletzt beschriebenen Modelle, die sich aus der Gittertheorie ableiten<br />
lassen und damit die Moleküle aus der Perspektive des Feststoffs betrachten, gründet die Perturbed<br />
Chain - Statistical Associated Fluid Theory (PC-SAFT) Zustandsgleichung auf der<br />
Störungstheorie aus der statistischen Thermodynamik. Danach setzen sich die Moleküle als<br />
Ketten sich berührender Kugelelemente zusammen, und ihr Verhalten resultiert aus der Summe<br />
von einander unabhängigen Störungen vom Referenzzustand der harten Kugel bzw. harten<br />
Kette [Groß 2001].<br />
Die PC-SAFT Gleichung ist eine thermische Zustandsgleichung zur Beschreibung langkettiger<br />
Moleküle, die als modifizierte Form der 1988 von Chapman et al. entwickelten SAFT<br />
Gleichung von Groß entwickelt wurde [Chapman et al. 1988; Groß 2001].<br />
Das Verhalten der Moleküle wird auf der Basis repulsiver und attraktiver Wechselwirkungen<br />
beschrieben und über die residuelle Freie Energie (f) dargestellt.<br />
res hc disp assoc<br />
f f f f<br />
= + +<br />
( 2-34 )<br />
k ⋅T<br />
k ⋅T<br />
k ⋅T<br />
k ⋅T<br />
Die abstoßenden Wechselwirkungen finden im „harte Ketten“- Term (f hc ) Berücksichtigung,<br />
und die anziehenden Wechselwirkungen sind teilen sich in einen dispersiven (f disp ) und einen<br />
assoziierenden Anteil (f assoc ) auf.<br />
Es liegt die Vorstellung zugrunde, dass die einzelnen Moleküle als harte Ketten beschrieben<br />
werden können, wobei die harten Ketten aus Hartkugelsegmenten bestehen, die irreversibel<br />
miteinander verbunden sind.<br />
Für eine Kette harter Kugeln entwickelten Chapman et al. den Ausdruck für die freie Energie,<br />
der für Mischungen gültig ist.<br />
hc<br />
hs<br />
f f<br />
hs<br />
= m ⋅ − ∑ xi<br />
⋅ ( mi<br />
−1)<br />
⋅ ln g ii ( σ ii )<br />
k ⋅T<br />
k ⋅T<br />
i<br />
mit<br />
= ∑ i ⋅ i<br />
i<br />
m x m<br />
( 2-35 )<br />
hs<br />
Dabei bezeichnet m die mittlere Segmentzahl und gii ( σ ii ) die radiale Verteilungsfunktion,<br />
die die Wahrscheinlichkeit angibt, mit der sich ein Molekül im Abstand r von einem anderen<br />
Molekül aufhält. Groß verwendete die Barker-Henderson Störungstheorie zweiter Ordnung,<br />
um einen Term zu entwickeln, der die dispersiven Wechselwirkungen von Kettenmolekülen<br />
beschreibt. Das Referenzfluid ist hierbei das Harte-Ketten-Fluid. Mit Hilfe der von Barker<br />
und Henderson formulierten Störungstheorie kann das reale Abstoßungsverhalten von Mole-<br />
15
16<br />
külen mit einem temperaturabhängigen Segmentdurchmesser dargestellt werden, so dass auch<br />
Überlappungen der Molekülradien abgebildet [Groß und Sadowski 2001].<br />
⎡ ⎛ 3⋅<br />
ε ⎞⎤<br />
d(<br />
T ) = σ ⋅ ⎢1<br />
− 0.<br />
12 ⋅ exp⎜−<br />
⎟<br />
( 2-36 )<br />
⎥<br />
⎣ ⎝ k ⋅T<br />
⎠⎦<br />
Der in Gleichung ( 2-37 ) dargestellte Dispersionsterm basiert auf dem Referenzsystem harte<br />
Kette und vermag die nicht-sphärische Struktur der Moleküle darzustellen [Groß 2001].<br />
res hc<br />
f f<br />
⎛ ε ij ⎞ 3<br />
= − 2 ⋅π<br />
⋅ ρ ⋅ I ⋅∑∑<br />
⋅ ⋅ ⋅ ⋅<br />
⎜<br />
⎟<br />
1 ( m,<br />
η,<br />
T)<br />
xi<br />
x j mi<br />
m j ⋅σ<br />
ij −<br />
( 2-37 )<br />
k ⋅T<br />
k ⋅T<br />
i j<br />
⎝ k ⋅T<br />
⎠<br />
−1<br />
hc<br />
⎛ hc ∂Z<br />
⎞<br />
− π ⋅ ρ ⋅ m ⋅ ⎜<br />
⎜1+<br />
Z + ρ ⋅ ⎟ ⋅ I 2 ( m,<br />
η,<br />
T ) ⋅<br />
⎝<br />
∂ρ<br />
⎠<br />
⎛ ε ij ⎞ 3<br />
⋅∑∑ xi ⋅ x j ⋅ mi<br />
⋅ m j ⋅<br />
⎜ ⋅σ<br />
ij<br />
i j<br />
k T ⎟<br />
⎝ ⋅ ⎠<br />
hc<br />
Der obige Term ist bereits für eine Mischung formuliert. Z bezeichnet den dimensionslosen<br />
Kompressibilitätsfaktor und für die Parameter ungleicher Segmentpaarungen gelten die Kombinationsregeln<br />
nach Berthelot-Lorentz.<br />
ε ij = ε ii ⋅ε<br />
jj ⋅ ( 1−<br />
kij<br />
)<br />
( 2-38 )<br />
( σ σ )<br />
1<br />
σ ij = i +<br />
2<br />
j<br />
( 2-39 )<br />
Mit I1( m,<br />
η , T ) und I2 ( m,<br />
η , T ) werden zwei Integrale bezeichnet, die wegen der schwer zugänglichen<br />
Einflußgrößen nicht ohne weiteres analytisch gelöst werden können und deshalb<br />
durch Potenzreihen ersetzt werden.<br />
∞<br />
hc ⎛ σ ⎞ 2 2<br />
I1<br />
( m,<br />
η,<br />
T)<br />
= ∫ g ⋅ ⎜ x ⋅ ⎟<br />
⎟(<br />
u~<br />
( x)<br />
) ⋅ x dx<br />
( 2-40 )<br />
1 ⎝ d(<br />
T ) ⎠<br />
∞<br />
∂ ⎡<br />
⎤<br />
hc ⎛ σ ⎞ 2 2<br />
I 2 ( m,<br />
η,<br />
T ) = ⋅ ⎢ρ<br />
⋅ ⋅⎜<br />
⋅ ⎟(<br />
~ ) ⋅ ⎥<br />
∂ ∫ g x u ( x)<br />
x dx<br />
ρ ⎣ 1 ⎝ d(<br />
T ) ⎠<br />
⎦<br />
6<br />
∑<br />
i=<br />
0<br />
I ( η,<br />
m)<br />
= a ( ) ⋅η<br />
1<br />
mit<br />
=<br />
i m<br />
m −1<br />
+ ⋅<br />
m<br />
ai ( m)<br />
a0i<br />
a1i<br />
⋅ a2i<br />
6<br />
∑<br />
i=<br />
0<br />
I ( η,<br />
m)<br />
= b ( ) ⋅η<br />
2<br />
i m<br />
i<br />
i<br />
m −1<br />
m − 2<br />
+ ⋅<br />
m m<br />
mit<br />
( ) =<br />
m −1<br />
+ ⋅<br />
m<br />
m −1<br />
m − 2<br />
+ ⋅ ⋅<br />
m m<br />
bi m b0i<br />
b1i<br />
b2i<br />
( 2-41 )<br />
( 2-42 )<br />
( 2-43 )<br />
Hierbei ist u (x)<br />
das dimensionslose Paarpotenzial und η die dimensionslose Dichte (packing<br />
fraction)<br />
Die Parameter ai (m)<br />
und bi (m)<br />
sind an die homologe Reihe der Alkane angepasst worden<br />
und werden als universelle Modellkonstanten für alle Stoffe eingesetzt.<br />
Im Assoziationsterm der PC-SAFT Gleichung, der auf dem Assoziationsmodell von Wertheim<br />
beruht und unverändert von der SAFT Gleichung übernommen wurde, werden die asso-
ziierenden Wechselwirkungen zusammengefasst. Dazu muss die Anzahl möglicher Bindungsstellen<br />
eines Segments vorab festgelegt werden, denn nur an diesen Stellen tritt per definitionem<br />
Assoziation auf. In dieser Arbeit wurde ohne Assoziationsterm gerechnet, weitere Informationen<br />
zu diesem Term sind bei Groß zu finden [Groß 2001].<br />
Zur Charakterisierung der Reinstoffe sind jeweils drei Parameter notwendig, die im Fall niedermolekularer<br />
Stoffe an Flüssigdichten bzw. PvT - Daten (auf der Siedelinie) und Dampfdrücke<br />
oder Verdampfungsenthalpien angepasst werden.<br />
• Segmentzahl der Komponente i: mi [-]<br />
• Segmentdurchmesser der Komponente i: σ i [Å]<br />
ε i<br />
• Energieparameter der Komponente i: [K]<br />
k<br />
Für <strong>Polymere</strong> wird anstatt der Segmentzahl die auf die molare Masse bezogene Segmentzahl<br />
m i<br />
verwendet. Für die Beschreibung von Mischungen wird ein Wechselwirkungsparameter<br />
M i<br />
(kij) benötigt, der den Dispersionsparameter ungleichartiger Moleküle / Segmente korrigiert<br />
(siehe Gleichung ( 2-38 ).<br />
Bei <strong>Polymere</strong>n muss bei der Ermittlung der Reinstoffparameter auf Alternativen ausgewichen<br />
werden, denn wegen des nicht messbaren Dampfdrucks fehlen aussagekräftige experimentelle<br />
Daten für den energetischen Parameter der Komponente. Groß et al. beschreiben zwei Möglichkeiten<br />
zur Bestimmung von Polymerparametern [Groß et al. 2002].<br />
• Extrapolation der Parameter von niedermolekularen Komponenten (Parameter von n-<br />
Alkanen � extrapolierte Parameter für lineares Polyethylen), wobei diverse polymerspezifische<br />
Eigenschaften wie Verschlaufung, intramolekulare Wechselwirkungen oder Abschirmeffekte<br />
nicht berücksichtigt werden können. Abgesehen davon gibt es keine homologen<br />
niedermolekularen Analoga.<br />
• Gleichzeitiges Anpassen von Dichtedaten und Dampf-Flüssig Gleichgewichten von Gemischen.<br />
Es hat sich gezeigt, dass dieser pragmatische Ansatz gute Berechnungsergebnisse<br />
liefert und unterschiedliche Systeme mit den derart ermittelten Parametern ermittelt<br />
werden können, obwohl ein Reinstoffparameter aus Mischungsdaten stammt.<br />
Im Falle verzweigter <strong>Polymere</strong> sind sowohl experimentelle Daten, als auch niedermolekulare<br />
Homologe entweder noch nicht vorhanden oder überhaupt nicht existent, so dass alternative<br />
Methoden entwickelt werden müssen.<br />
In Kapitel 4.3 werden verschiedene Möglichkeiten der Parameterermittlung für den Fall diskutiert,<br />
dass weder Dampf-Flüssig Gleichgewichtsdaten vorliegen, noch Monomere der <strong>Polymere</strong><br />
verwendet werden können.<br />
2.4 Absorptive Verfahren<br />
Die Absorption ist eine thermische Grundoperation zur Aufreinigung von Gasströmen. Mittels<br />
eines geeigneten Lösungsmittels werden selektiv Komponenten aus einem Gasgemisch<br />
abgetrennt. In einer typischen Absorptionslage (Abb. 8) wird das Lösungsmittel im Kreis gefahren.<br />
Das Rohgas wird im Absorber im Gegenstrom zum regenerierten Lösungsmittel aufgebracht,<br />
das sich im Sumpf der Kolonne bis zu einem bestimmten Grad mit der abzutrennenden<br />
Gaskomponente (und zu möglichst geringen Anteilen mit den restlichen Komponenten)<br />
beladen hat. Die Regeneration des Lösungsmittels kann durch Druckabsenkung, Temperaturerhöhung<br />
oder mit einem Strippgas erfolgen. Dazu wird das beladene Lösungsmittel durch<br />
interne Wärmeübertragung mit dem regenerierten Lösungsmittelstrom vorgewärmt und am<br />
Kopf dem Desorber zugeführt. Oberhalb der Lösungsmittelzugabe kann noch ein Waschmit-<br />
17
18<br />
telrücklauf installiert sein, der Waschmittel zurückführt, das im Gasstrom gelöst ist und in<br />
einem Dephlegmator komdensiert wurde. Am Kopf des Desorbers fällt das abgetrennte Gas<br />
an, das regenerierte Lösungsmittel wird auf Absorbertemperatur abgekühlt und wieder am<br />
Kopf des Absorbers zugeführt.<br />
Rohgas<br />
Reingas<br />
Absorber<br />
Beladenes<br />
Absorptionsmittel<br />
Abb. 8: Typische Absorptionsanlage<br />
Abgetrenntes<br />
Gas<br />
Desorber<br />
Regeneriertes<br />
Absorptionsmittel<br />
Die Absorption findet bei Bedingungen statt, die eine hohe Löslichkeit der Gaskomponente<br />
ermöglichen (oft niedrige Temperatur, hoher Druck), während bei der Desorption ein Zustand<br />
gewählt wird, der einer geringeren Löslichkeiten (oft hohe Temperatur, niedriger Druck) entspricht.<br />
Prinzipiell wird zwischen physisorptiver und chemisorptiver Absorption unterschieden. Bei<br />
der Physisorption beruht die Löslichkeit des Gases allein auf physikalischen Wechselwirkungen<br />
zwischen Solute und Lösungsmittel (z.B. van der Waals Kräfte), während bei der Chemisorption<br />
eine chemische Reaktion ursächlich für die Bindung in der flüssigen Phase ist. Dementsprechend<br />
sind bei letzterem, Kinetik und Gleichgewichtslage der Reaktion von<br />
entscheidender Bedeutung.<br />
P Gas<br />
Chemische<br />
Absorption<br />
Physikalische<br />
Absorption<br />
x Gas<br />
Abb. 9: Qualitative Darstellung der Physisorption und Chemisorption im Druck – Konzentrationsdiagramm
Chemisch wirkende Lösungsmittel erlauben höhere Reinheiten und werden vor allem eingesetzt,<br />
wenn Ströme bei geringerem Druck vorliegen bzw. die abzutrennende Komponente<br />
einen geringen Partialdruck im Strom aufweist. In diesem Fall können höhere Beladungen des<br />
Lösungsmittels im Vergleich zur Physisorption erzielt werden. Allerdings ist der energetische<br />
Regenerationsaufwand für das Lösungsmittel häufig sehr groß, weil die bei der Absorption<br />
freiwerdende Reaktionsenthalpie zur Auftrennung der Verbindung zusätzlich aufgebracht<br />
werden muss [Kohl und Nielsen 1997].<br />
2.5 CO2-Absorption aus Rauchgasen<br />
In der Literatur werden unterschiedliche Trennoperationen zur CO2-Wäsche aus Kraftwerksrauchgasen<br />
diskutiert. Neben Adsorption, Membran- oder kryogenen Verfahren gilt die Absorption<br />
als favorisierter Prozess [IPCC 2005; Aaron und Tsouris 2005; White et. al 2003;<br />
Göttlicher 1999; Chapel et al. 1999; Herzog 1999], der als Stand der Technik zwar bekannt<br />
und verfügbar ist, allerdings noch nicht für den realen Kraftwerksfall (z.B. kohlestämmiges<br />
Rauchgas von 964 kg/s eines Kraftwerks mit 1000 MWelektr.) ausgelegt wurde (Übersicht zu<br />
den Verfahren siehe Abb. 10).<br />
CO 2 Abtrennung aus Abgasen des Kraftwerks im industriellen Maßstab<br />
Absorption Adsorption Kältetechnik Membranen<br />
Chemisorption:<br />
Econamine<br />
(MEA+Inhibitoren)<br />
Benfield (K 2CO 3)<br />
Aminoamide<br />
(KS- solvents, MHI)<br />
Physisorption:<br />
Rectisol<br />
Selexol<br />
Purisol<br />
Mischungen:<br />
Sulfinol<br />
Amisol<br />
PSR-Solvents<br />
Aktivierter Kohlenstoff<br />
Zeolithe Molekularsieb<br />
Aktiviertes Aluminium<br />
Koks<br />
PTFE + phys. oder chem .<br />
Lösungsmittel<br />
PTFE + Aminosäure<br />
(TNO)<br />
Polyphenylenoxid +<br />
Lösungsmittel<br />
Polydimethylsiloxan +<br />
Lösungsmittel<br />
Abb. 10: Diskutierte Prozesse für die Abtrennung von CO2 aus Kraftwerksrauchgasen<br />
Als favorisierter Prozess gilt die Absorption [IPCC 2005], denn absorptive Verfahren zur<br />
CO2-Wäsche sind seit langem bekannt, technisch verfügbar und werden kommerziell angeboten.<br />
Die Verfahren wurden zwar insbesondere für die saure Gaswäsche entwickelt, sind aber keinesfalls<br />
für den hier betrachteten Einsatzfall optimiert. Bislang existiert weltweit noch keine<br />
großtechnische Anlage, die aus einem Kohle- oder Erdgas - befeuertem Kraftwerk das bei der<br />
Verbrennung entstehende Klimagas Kohlendioxid abtrennt.<br />
19
20<br />
Bei den derzeit verfügbaren Verfahren handelt es sich um chemische Wäschen des CO2 in<br />
wässrige Monoethanolamin (MEA) Lösungen (plus Korrosions-Inhibitoren):<br />
• Econamine FG Prozess von Flour Daniel (weltweit mehr als 20 Anlagen gebaut mit 6 -<br />
1000 t CO2/d) [Chapel et al. 1999].<br />
• Prozess von Kerr-McGee/ABB Lummus Crest (4 Anlagen, 180-720 t CO2/d) [Chapel et<br />
al. 1999, Herzog 1999, Barchas und Davis 1992].<br />
Diese Anlagen waschen Kohlendioxid aus Rauchgasen nach der Gasverbrennung und verwenden<br />
das CO2 in der Erdölgewinnung (enhanced oil recovery, EOR) sowie in der Lebensmittel-<br />
und Getränkeindustrie. Für die großtechnische Abtrennung von Kohlendioxid aus<br />
Rauchgasen des Kraftwerks werden wegen der riesigen anfallenden Mengen die Speicherung<br />
im Ozean und die Lagerung in Gesteinsschichten im Boden untersucht. Weiterführende Literatur<br />
dazu findet sich in [Arlt 2003].<br />
Obwohl Kohlekraftwerke die höchste spezifische CO2-Emission aufweisen, weltweit knapp<br />
ein Drittel der installierten Leistung (1100 GW: [Drenckhahn et al. 2004]) ausmachen und<br />
damit erster Anknüpfpunkt für CO2-Reduzierungsmaßnahmen sind, liegen nur wenige Ergebnisse<br />
vor, die den Betrieb von Anlagen zur CO2-Abscheidung aus Kohlekraftwerken untersuchen.<br />
Die oben genannten Anlagen trennen das CO2 aus Rauchgasen ab, die aus der Verbrennung<br />
von Erdgas stammen. Wilson et al. zeigen in Testversuchen einer Pilotanlage auf, dass<br />
gerade die Art des Abgases einen wesentlichen Einfluss auf die Wirksamkeit des Verfahrens<br />
besitzt, z.B. hinsichtlich Degradation des Lösungsmittels, Schaumbildung, optimales Arbeitsverhältnis<br />
zwischen beladener und unbeladener Lösung [Wilson et al. 2004, Wilson et al.<br />
2004a]. Chapel et al. berichten von zwei Pilotanlagen mit dem Econamine FG Prozess (2 -<br />
4,5 t CO2/d), die Abgase aus der Kohleverbrennung waschen. Darüber hinaus existieren noch<br />
die Testanlage der Saks’s Power in Regina (Boundary Dam), Canada (Econamine FG:<br />
4 t CO2/d) [Wilson et al. 2004] und eine dänische Pilotanlage des CASTOR-Projekts für das<br />
Esbjerg Kraftwerk (1 t CO2/h) [Hasse et al. 2005]. In den Pilotanlagen werden u. a. die generelle<br />
Eignung des Absorptionsprozesses, der Einfluss des Regenerationsgrades auf die Trennleistung<br />
und die Kosten, die Deaktivierung des Lösungsmittels durch SOx, NOx und O2, sowie<br />
die Korrosion in der Anlage in Langzeitversuchen untersucht.<br />
In diesem Kapitel wird der Fokus auf die thermodynamische Einordnung der verschiedenen<br />
Lösungsmittel für die Abtrennung von CO2 aus Gasgemischen gelegt. Veawab et al. führen<br />
an, dass sich 70 - 80 % der Betriebskosten einer MEA-Absorption aus der energieintensiven<br />
Regeneration des Lösungsmittels ergeben [Veawab et al. 2001]. Damit kommt der Optimierung<br />
des Lösungsmittels bzw. der Auswahl des Lösungsmittels eine zentrale Bedeutung zu.<br />
Aus den aufgezeigten Zusammenhängen können grundlegende Anforderungen an die physikalischen<br />
und chemischen Stoffeigenschaften der zu verwendenden Lösungsmittel abgeleitet<br />
werden. Auch im Hinblick auf die stetig steigenden Möglichkeiten, Lösungsmitteleigenschaften<br />
vorauszuberechnen und diese Eigenschaften daraufhin maßzuschneidern, ist eine Evaluierung<br />
der Lösungsmitteleigenschaften eine wichtige Voraussetzung.<br />
Die Lösungsmittel für Absorptionsprozesse lassen sich im Wesentlichen in physisorptive und<br />
chemisorptive Waschflüssigkeiten einteilen sowie Mischungen beider Arten. Für den Bereich<br />
der Abgasreinigung bei konventionellen fossilen Kraftwerken stehen keine rein physikalischen<br />
Lösungsmittel zur Verfügung, die bei den besonderen Bedingungen der Kraftwerksabgase<br />
(niedriger CO2-Partialdruck) ökonomisch sinnvoll eingesetzt werden können. Der Rectisol-Prozess<br />
mit Methanol als Medium ist allerdings für die CO2-Brenngasreinigung<br />
zukünftiger Kohlevergasungs-Kraftwerke wegen des höheren Druckes interessant [Göttlicher<br />
1999].<br />
Der weitaus größte Teil der untersuchten Lösungsmittel entstammt dem Bereich der wässrigen<br />
Aminlösungen, die das Kohlendioxid chemisorptiv lösen, wobei die oben bereits erwähnten<br />
Prozesse, die Monoethanolamin und Inhibitoren verwenden, gegenwärtig erste Wahl sind.
Aus der Gruppe der Amine stehen zahlreiche mögliche Komponenten zur Verfügung. Neben<br />
dem primären Amin Monoethanolamin, sind auch sekundäre und tertiäre Amine mögliche<br />
Komponenten zur CO2-Wäsche. Die Vor- und Nachteile dieser Aminarten sind in Abb. 11<br />
zusammengefasst. Der Vorteil des primären Amins liegt vor allen Dingen in der wesentlich<br />
höheren Reaktionsgeschwindigkeit, die im Vergleich zu einem tertiären Amin fast drei Zehnerpotenzen<br />
umfasst [Chakma 1997]. Nachteilig wirken sich allerdings die hohen Energiekosten<br />
der Regeneration aus (hohe Reaktionsenthalpie, hohe Verdampfungsenthalpie der Aminlösung).<br />
2 Außerdem weist das primäre Amin auch relativ hohe Degradationsraten auf. Dieser<br />
Eigenschaft kommt insbesondere bei den großen Volumenströmen des Rauchgases eine nicht<br />
unerhebliche Bedeutung zu (Preis/Verluste siehe Tab. 3).<br />
Amin<br />
primär sekundär tertiär<br />
MEA DEA TEA, MDEA<br />
Reaktionsenthalpie<br />
hoch niedrig<br />
Verdampfungsenthalpie<br />
hoch niedrig<br />
Reaktionsgeschwindigkeit<br />
hoch niedrig<br />
Korrosion<br />
hoch niedrig<br />
Abb. 11: Qualitative Charakterisierung der Stoffeigenschaften der Amine [Chakma 1997]<br />
Dabei beeinflussen die Reinheiten der vorgeschalteten Entstickung und Entschwefelung maßgeblich<br />
auch die MEA-Verluste (neben den Verdampfungsverlusten, die durch Waschsektionen<br />
minimiert werden können). Entsprechend der gefahrenen MEA-Konzentration ergeben<br />
sich unterschiedliche Grenzen für die zulässige SO2-Konzentration. Die Kosten für MEA-<br />
Verluste müssen den Kosten der Entschwefelung gegenübergestellt werden. Chapel et al. geben<br />
für den Econamine FG-Prozess eine obere Grenze von 10 ppm an, die durch eine Sprühwäsche<br />
mit aktiven Alkalimetallverbindungen erreicht werden kann [Chapel et al. 1999]. Wilson<br />
et al. berichten von der Boundary Dam Pilotanlage, dass der Feed mit einer SO2–<br />
Konzentration von 2 ppm dem Absorber zugeführt wird und nach 10 Tagen im Lösungsmittel<br />
ein Salzgehalt von 0,5 Ma% erreicht wird [Wilson et al. 2004]. Barchas und Davis stellen für<br />
die Kerr-McGee/ABB Lummus Crest Technologie fest, dass der ökonomische Aufwand für<br />
2<br />
Wenngleich in die Verdampfungsenthalpie der wässrigen Aminlösung (30 Ma% MEA =<br />
11,6 Mol% MEA) die Verdampfungsenthalpie des Wassers als wesentliche Größe eingeht.<br />
LV<br />
LV<br />
LV<br />
Vereinfachend gilt: =<br />
x ⋅ h + x ⋅ h<br />
hGemisch H 2O<br />
H 2O<br />
Amin<br />
Amin<br />
21
22<br />
eine Entschwefelung unter 50 ppm SO2 nicht mehr gerechtfertigt ist [Barchas und Davis<br />
1992].<br />
Eine besondere Bedeutung in prozesstechnischer Hinsicht kommt auch dem Arbeitsverhältnis<br />
zwischen beladenem und unbeladenem Lösungsmittel zu. Durch mehrfache Dampfeinspritzung<br />
in den Desorber lässt sich dieses Verhältnis steigern, was eine Minimierung der Lösungsmittelumlaufmenge<br />
zur Folge hat [Chakma 1995]. Andererseits steigt damit der Energieeintrag<br />
in den Prozess. Auch durch die Verringerung der Wasserkonzentration lassen sich<br />
enorme Einsparpotenziale erzielen. Das Verfahren von Kerr-McGee/ABB Lummus Crest<br />
verwendete Lösungen mit 15 Ma% MEA. Barchas und Davis berichten von 40 % Energieeinsparungen<br />
durch eine Erhöhung der MEA-Konzentration von 15 auf 20 Ma% [Barchas und<br />
Davis 1992]. Durch die höheren Beladungen reduziert sich auch der zirkulierende Lösungsmittelmassenstrom.<br />
Der Econamine FG Prozess arbeitet mit 30 Ma%-iger MEA-Lösung und<br />
gibt damit das vorläufige Optimum vor. In der Boundary Dam Anlage führte die Erhöhung<br />
der MEA-Konzentration auf ca. 40 Ma% zu einer Verringerung der Verdampferleistung um<br />
13 %, gleichzeitig scheint die Aminkonzentration nicht signifikant zur Lösungsmitteldegradation<br />
beizutragen [Wilson et al. 2004a].<br />
Tab. 3: Zusammenstellung einiger Lösungsmittel und deren Charakteristika [Rolker und<br />
Arlt 2006]<br />
Lösungsmittel<br />
Chemisorption<br />
MEA (2,5 Mol/l<br />
@ 40 °C), [A]<br />
Beladenes /<br />
Unbeladenes<br />
Lsgm.<br />
[mol/mol]<br />
Absorptionsenthalpie<br />
Temperatur<br />
der Regeneration <br />
Regenerationsenergie<br />
(normiert auf<br />
MEA-Lösung)<br />
0,31 1844 kJ/kg* 120 °C 1<br />
Preis /<br />
Verluste<br />
1,25 $/kg<br />
0,5-2 kg/t<br />
CO2<br />
MDEA, [B] 0,44 1285 kJ/kg* ca. 120 °C --- ---<br />
Physisorption +<br />
Chemisorption<br />
PSR-Solvents,<br />
[C]<br />
sterisch gehindertes<br />
Amin<br />
KS-1, [D] ca. 0,45<br />
0,54 -- 110 °C 0,8<br />
ca. 85% von<br />
MEA<br />
110 °C 0,8<br />
--<br />
0,65 kg/t<br />
CO2<br />
ca. 6,5<br />
$/kg<br />
0,35 kg/t<br />
CO2<br />
*integrale Absorptionsenthalpien, Mittelwerte für kommerziell übliche Aminkonzentrationen<br />
@ 37,8 °C, 0 - 0.4 mol of CO2/mol Amin aus [Kohl und Nielsen 1997]<br />
[A]: White et al. 2003, Chapel et al. 1999, Wilson et al. 2004, Veawab et al. 2001, Abanades<br />
et al. 2004<br />
[B]:White et al. 2003, Veawab et al. 2001<br />
[C]: Veawab et al. 2001, Chakma 1995<br />
[D]: Mimura et al. 1995, Iijima et al. 2004<br />
Chakma weist auf die Möglichkeit der Reduzierung der Regenerationsenergie im Prozess um<br />
30 % gegenüber MEA-Prozessen durch Mischen unterschiedlicher Amine hin [Chakma<br />
1995]. Die so genannten PSR-Solvents nutzen neben den verbesserten Eigenschaften des<br />
Blends verschiedener Amine auch ein physikalisches Lösungsmittel, so dass anforderungsspezifische<br />
Lösungsmitteleigenschaften erreicht werden können. Auf diese Weise können<br />
niedrigere Lösungsmittelströme (auch durch Ausnutzen eines größeren Arbeitsverhältnisses
von beladenem zu unbeladenem Lösungsmittel), eine geringere Regenerationstemperatur sowie<br />
langsamere Degradationsraten und weniger Korrosion im Vergleich zum Prozess mit<br />
MEA erzielt werden. Veawab et al. geben dafür Energieeinsparungen von bis zu 40 % im<br />
Vergleich zum konventionellen MEA-Prozess an [Veawab et al. 2001]. Gerade im Hinblick<br />
auf den Kraftwerksprozess können sich große Einsparpotenziale ergeben, wenn das Lösungsmittel<br />
bei geringeren Temperaturen regeneriert werden kann. Je geringer das Druckniveau des<br />
Dampfes ist, der dem Verdampfer zugeführt wird, desto größer ist die Ausbeute durch die<br />
Entspannung des Dampfes in der Turbine, so dass die Wirkungsgraderniedrigung des Kraftwerks<br />
geringer ausfällt.<br />
Hasse et al. untersuchen im Rahmen des CASTOR Projekts die Abtrennung von CO2 aus<br />
Rauchgasen und erzielen viel versprechende Ergebnisse mit einer Mischung aus tertiären<br />
Aminen und Aktivatoren. Im Vergleich mit einer 30 Ma% MEA-Lösung können sie den minimalen<br />
Lösungsmittelstrom deutlich reduzieren sowie den benötigten Dampfstrom zur Regeneration<br />
senken [Hasse et al. 2005].<br />
Großes Potenzial wird auch den sterisch gehinderten Aminen zugeschrieben. Nach Sartori<br />
und Savage stellt ein sterisch gehindertes Amin entweder ein primäres Amin dar, das mit einem<br />
tertiären C-Atom oder ein sekundäres Amin, das mit einem tertiäten oder einem sekundäres<br />
C-Atom verbunden ist [Sartori und Savage 1983]. Die Aminogruppe wird durch das Anhängen<br />
eines sperrigen Molekülrests entweder daran gehindert, die typische<br />
Karbamatreaktion einzugehen, oder bildet ein Karbamat mit nur schwacher Bindung aus.<br />
Durch Hydrolyse der Karbamatverbindung kommt es zur verstärkten Bikarbonatbildung<br />
(HCO3 - ). Dadurch steht mehr Amin für CO2 zur Verfügung, so dass mit sterisch gehinderten<br />
Aminen höhere theoretische Beladungen (1 Mol CO2/Mol gehindertes Amin im Gegensatz zu<br />
0,5 Mol CO2/Mol ungehindertes Amin) möglich sind, was zu geringeren Lösungsmittelumlaufraten<br />
führt [Sartori und Savage 1983]. Gleichzeitig ergeben sich geringere Reaktionsenthalpien.<br />
Dadurch reduziert sich die notwendige Regenerationsenergie [Sartori und Savage<br />
1983]. Ähnlich wie bei tertiären Aminen, die auch keine Karbamate mit CO2 bilden, weist die<br />
Absorptionskinetik kleine Werte auf.<br />
Karbamatreaktion von Monoethanolamin mit CO2<br />
+ −<br />
2 RNH 2 + CO2<br />
⇔ RNH 3 + RNHCOO (1)<br />
Hauptreaktion eines tertiären Amins mit CO2<br />
+ −<br />
R R R N H O + CO ⇔ R R R NH + HCO (2)<br />
1<br />
2<br />
3<br />
+ 2<br />
2 1 2 3<br />
3<br />
Hydrolyse der Karbamatverbindung für sterisch gehindertes<br />
sekundäres Amin<br />
−<br />
−<br />
R NCOO H O ⇔ R NH + HCO (3)<br />
2<br />
+ 2<br />
2<br />
3<br />
Aroonwilas et al. zeigen, dass durch die Verwendung optimierter struktureller Packungen<br />
erhebliche Verbesserungen des Stoffübergangs für wässrige Lösungen von 2-Amino-2-<br />
Methyl-1-Propanol (AMP) erreicht werden können, so dass Ansatzpunkte gegeben sind, um<br />
der Limitierung des Stoffübergangs durch die geringere Reaktionsgeschwindigkeit der gehinderten<br />
Amine entgegenzuwirken [Aroonwilas und Tontiwachwuthikul 1997].<br />
Ein weiteres sehr viel versprechendes gehindertes Amin wurde von Mimura et al. vorgestellt<br />
und für die Kansai Electric Power Company von Mitsubishi Heavy Industries entwickelt<br />
[Mimura et al. 1995]. Diese so genannten KS-Solvents lassen höhere Arbeitsverhältnisse zwischen<br />
beladener und unbeladener Aminlösung im Vergleich zu Monoethanolamin zu, so dass<br />
sich der Lösungsmittelumlauf reduziert [Mimura et al. 1995, Iijima et al. 2004]. Die Regeneration<br />
kann bei geringeren Temperaturen durchgeführt werden (110 °C) und die Reaktionsenthalpie<br />
mit CO2 ist entsprechend geringer. Verglichen mit MEA werden Energieeinsparungen<br />
von 20% berichtet. In ersten Pilotanlagenversuchen wurden ebenfalls neue optimierte<br />
Strukturpackungen eingesetzt, um den Stofftransport zu verbessern. In Malaysia wäscht seit<br />
1999 eine Anlage 160 t CO2/d aus Rauchgasen zur Harnstofferzeugung mit KS - 1 als Lösungsmittel.<br />
23
24<br />
2.6 Ableitung der Zielsetzung und Vorgehen<br />
2.6.1 Kriterien für Lösungsmittel<br />
Für die Aufreinigung von Gasgemischen, insbesondere für die Abtrennung eines Sauergases<br />
wie Kohlendioxid in einem Absorptionsprozess steht eine Vielzahl von Lösungsmitteln zur<br />
Verfügung, die mehr oder weniger selektiv das Kohlendioxid auswaschen [Kohl und Nielsen<br />
1997]. Die Anforderungen an ein Lösungsmittel zur Abtrennung von CO2 aus Rauchgasen<br />
werden zunächst einmal von den Eigenschaften des zu reinigenden Rohgases festgelegt. In<br />
Tab. 4 sind typische Rauchgaszusammensetzungen für Kohle- und Gaskraftwerke aufgelistet.<br />
Tab. 4: Typische Rauchgaszusammensetzungen [White et al. 2003, Göttlicher 1999]<br />
Vol-%<br />
N2 CO2 O2 H2O NOx SO2 Asche<br />
Kohlekraftwerk 70-75 12-16 3-4 6-7 500 ppm 500-1500 ppm < 30 ppm<br />
Gasturbinenkraftwerk 70-75 3-5 10-14 7-10
Tab. 5: Beladungskapazitäten unterschiedlicher Lösungsmittel für CO2. Daten aus [Hochgesand<br />
1970]<br />
Gleichgewichtsbeladung<br />
Nm 3 CO2/m 3 Solvent Temperatur<br />
Solvent<br />
P=10 bar P=1 bar<br />
Physisorption<br />
Purisol (NMP) 35°C 32 3<br />
Rectisol<br />
-10°C 100 8<br />
(Methanol)<br />
Chemisorption<br />
-30°C 270 15<br />
MEA-Lösung (2,5 mol/l) 40°C 50 39<br />
Heisse Pottaschewäsche<br />
(1,9 mol/l)<br />
110°C 40 26<br />
Der Dampfdruck des Lösungsmittels muss niedrig sein, um die Verluste durch Verdampfung<br />
gering zu halten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Wirkung von Wasser auf die Waschfähigkeit.<br />
Wenn bei niedrigen Temperaturen (um 40 °C) absorbiert wird, wird Wasser aus dem<br />
Rauchgas auskondensieren oder wird auswaschen. Bei wässrigen Aminlösungen ist dieser<br />
Umstand nicht von Interesse, denn Wasser ist bereits im Lösungsmittel enthalten, so dass der<br />
Einfluß auf das thermodynamische Phasengleichgewicht und die Absorptionskinetik nicht<br />
wesentlich ist. Wenn sich aber eine zweite flüssige Phase ausbildet, ändern sich auch Phasengleichgewicht<br />
und Stoffübergang. Letzteres ist Gegenstand aktueller Forschungsprojekte,<br />
insbesondere der Stoffübergang in Packungskolonnen, die auch wegen des geringen Druckverlusts<br />
bei der CO2-Absorption von Interesse sind. Daraus folgend kann als Anforderung<br />
formuliert werden, dass das Lösungsmittel gegenüber Wasser chemisch stabil sein muss und<br />
sich die Lösungsmittelkapazität nicht verringern darf.<br />
Die Viskosität des Lösungsmittels hat großen Einfluss auf die Absorptionskinetik, wobei bei<br />
der Chemisorption vor allem die Reaktionsgeschwindigkeit ausschlaggebend ist. Weiterhin<br />
sollte das Lösungsmittel, beladen und unbeladen, nicht-korrosiv sein und in der Kolonne nicht<br />
zur Schaumbildung neigen.<br />
Neben diesen primär thermodynamischen Anforderungen müssen auch Preis, Toxizität und<br />
Verfügbarkeit des Lösungsmittels in Betracht gezogen werden.<br />
Eine neuartige Gruppe von Lösungsmitteln, die als potentielle Kandidaten für die CO2-<br />
Absorption aus Rauchgasen diskutiert werden, sind Ionische Flüssigkeiten (IL). Einige ihrer<br />
Eigenschaften wie der nicht messbare Dampfdruck und die Möglichkeit, Löslichkeitseigenschaften<br />
durch Variation/Modifikation von Kation und Anion einzustellen [Jork et al. 2005],<br />
machen diese Lösungsmittel zu einem potentiellen Kandidaten für die CO2-Wäsche. Die Forschungsgruppe<br />
um J.F. Brennecke gibt in mehreren Publikationen erste Selektivitätsmessungen<br />
für die Löslichkeit von Kohlendioxid und anderen Gasen in verschiedenen Ionischen<br />
Flüssigkeiten an [Anthony et al. 2002, Anthony et al. 2005]. Dabei sind die Löslichkeiten von<br />
CO2 verglichen mit anderen Kraftwerksgasen wie Stickstoff, Sauerstoff oder Kohlenmonoxid<br />
generell hoch. Es ergeben sich molenbasierte Henry-Koeffizienten, die im Bereich um<br />
HCO2,IL = 30 bar liegen. Gleichzeitig liegen die Absorptionsenthalpien um den Faktor 5,8<br />
niedriger im Vergleich zu MEA.<br />
Während Anthony et al. darauf abzielen, durch Anionvariation die CO2-Löslichkeiten einzustellen<br />
[Anthony et al. 2005], entwickelten Bates et al. eine IL für die CO2-Wäsche über die<br />
Optimierung des Kations durch Anfügen einer primären Aminogruppe [Bates et al. 2002].<br />
Damit erzielen sie molare CO2-Beladungen der IL, die im Bereich von Monoethanolaminlösungen<br />
liegen.<br />
Eine Gruppe um Radosz synthetisiert <strong>Polymere</strong> aus den Monomeren der IL und erzielt höhere<br />
Löslichkeiten von CO2 als in den entsprechenden IL. Auch die Kinetik der Absorption weist<br />
25
26<br />
sehr gute Werte auf, 90 % des Endwerts der Löslichkeit sind bereits nach 4 min erreicht [Tang<br />
et al. 2005].<br />
Ein großer Nachteil ionischer Flüssigkeiten besteht weiterhin in den hohen Herstellkosten (für<br />
MEA ca. 1,25 $/kg, siehe Tab. 3) sowie in der starken Abhängigkeit der Stoffeigenschaften<br />
von Verunreinigungen, insbesondere auch von Wasser. Außerdem liegen die Löslichkeiten<br />
noch nicht in einem Bereich, der IL mit MEA konkurrieren lässt. Aus diesen Gründen wären<br />
IL des derzeitigen Stands der Technik keine ökonomisch sinnvolle Lösung.<br />
2.6.2 Prozesstechnische Kriterien<br />
Abb. 12 zeigt ein vereinfachtes Fliessbild für einen Aminprozess (z.B. für Monoethanolamin)<br />
zur Abtrennung von Kohlendioxid aus Kraftwerksgasen. Vor dem Absorbereintritt muss das<br />
Druckniveau des Rauchgases geringfügig angehoben werden. Angesichts der großen Volumenströme<br />
machen die Betriebskosten für den Verdichter einen Großteil der benötigten elektrischen<br />
Leistung aus [Chapel et al. 1999]. Dies mindert die Nettoleistung der Turbine bzw.<br />
des Generators. Eine Verbesserung der Kolonneneinbauten hätte einen niedrigeren Druckverlust<br />
bei besserem Stoffaustausch (dadurch auch geringere Bauhöhen) zur Folge. Das gereinigte<br />
Rauchgas verlässt den Absorber, wobei hier die notwendige Waschsektion zur Minimierung<br />
der Aminverluste im Dampf nicht eingezeichnet ist. Im Gegenstrom zum Gas wird das<br />
Lösungsmittel geführt, das sich in der Kolonne mit Kohlendioxid chemisorptiv belädt. Vor<br />
dem Regenerationsschritt wird das beladene Lösungsmittel durch einen Wärmeübertrager<br />
gepumpt und auf die höhere Regenerationstemperatur gebracht. Am Kopf des Desorbers<br />
(Stripper) wird das Lösungsmittel zugeführt und durchläuft im Gegenstrom zum Stripp-<br />
Dampf die Kolonne. Im Dephlegmator werden kondensierbare Dämpfe zurückgehalten und<br />
als Rücklauf zurückgegeben. Das Kohlendioxid (mit Resten der Dämpfe) kann als Gas entnommen<br />
werden und zur weiteren Behandlung z.B. druckverflüssigt werden.<br />
Der Verdampfer stellt den notwendigen Stripp-Dampf zur Verfügung und wird mit Niederdruckdampf<br />
(3,5 bar), der einer Turbine entzogen wird, geheizt. Nach dem Verdampfer wird<br />
die notwendige Regeneration des verwendeten Amins (wärmebeständige Salze) bei höheren<br />
Temperaturen im Reclaimer durchgeführt. Diese Aktivierung des Amins ist notwendig, weil<br />
sich die weiteren Rauchgasbestandteile (Sauerstoff, Stickstoff- und Schwefeloxide) zu Aminsalzen<br />
umsetzen. Diese Regeneration läuft bei höheren Temperaturen unter Zugabe von Natriumcarbonat<br />
ab und benötigt ebenfalls aus der Turbine ausgeschleusten Dampf. Für den Econamine<br />
FG Prozess geben Chapel et al. einen Spielraum des Dampfniveaus von 310-510 kPa<br />
im Reclaimer an [Chapel et al. 1999].<br />
Der Prozess ist an drei wesentlichen Stellen verstärkter Korrosion ausgesetzt. Im Absorbersumpf<br />
und im Desorberkopf (nasse Sauergaskorrosion), wo wenig reines Amin, aber die angesäuerte<br />
wässrige Lösung vorliegt. Außerdem im Sumpf/Verdampfer des Desorbers inklusive<br />
des Reclaimers, in denen die konzentrierte Aminlösung bei hohen Temperaturen auftritt<br />
[Kohl und Nielsen 1997]. Aus diesen Gründen müssen zuverlässige Korrosionsinhibitoren<br />
verwendet werden.<br />
Die in Abb. 12 gestrichelten Units und Ströme sind wesentliche Berührungspunkte des Absorptionsprozesses<br />
mit dem Kraftwerksprozess. Zum einen wird dem Kraftwerksprozess<br />
elektrische Leistung (Pumpen und Verdichter) zum anderen Wasserdampf aus der Turbine<br />
entzogen (Verdampfer und Reclaimer). Es liegt auf der Hand, dass beide Prozesse zusammen<br />
energetisch optimiert werden müssen und nicht nur jeweils der Einzelprozess im Vordergrund<br />
stehen darf. So ließen sich Synergieeffekte zwischen beiden Prozessen nutzen. Würde z.B. ein<br />
Lösungsmittel gefunden werden, das sich bei Temperaturen um 80 – 100 °C regenerieren ließe,<br />
würde der Turbine niederwertiger Dampf entzogen werden und der Wirkungsgradverlust<br />
des Kraftwerks wäre weniger stark gemindert. Bei einer prozesstechnischen Verschaltung des<br />
Absorptionsprozesses mit dem Kraftwerk ist es denkbar, dass der Verdampfer durch die direkte<br />
Nutzung des Dampfes aus der Turbine eingespart werden kann. Damit würde auch eine<br />
korrosionsanfällige Einheit wegfallen. Weitere synergetische Effekte mit dem Kraftwerksprozess<br />
sind denkbar.
Abb. 12: Vereinfachtes Prozessfliessbild eines MEA-Absorptionsprozesses zur Abtrennung<br />
von CO2 aus Rauchgasen. Die gestrichelten Units und Ströme stellen wesentliche Berührungspunkte<br />
des Absorptionsprozesses mit dem Kraftwerksprozess dar.<br />
Der Einfluss des Lösungsmittels auf die Ausführung des Prozesses ist evident. Bei einer größeren<br />
Lösungsmittelkapazität würde sich die Umlaufrate erniedrigen, damit die Baugröße der<br />
Einzelunits abnehmen und ebenso der Verbrauch an elektrischer Leistung, z.B. der Pumpen<br />
abnehmen. Abhängig vom Lösungsmittel ist auch der Energieeinsatz bei der Regeneration,<br />
bzw. die Art der Regeneration.<br />
Generell ist auch zu klären, nach welcher Zielvorgabe optimiert bzw. ausgelegt werden soll.<br />
In diesem Zusammenhang sind umweltpolitische Vorgaben denkbar, die anlagenspezifisch<br />
eine CO2-Emission festlegen, woraus sich dann ein Abscheidegrad ergeben würde (gegenwärtige<br />
Studien gehen von 80 – 95 % aus). Göttlicher hat in seiner ausführlichen „Energetik der<br />
Kohlendioxidrückhaltung in Kraftwerken“ technisch-wirtschaftliche Kriterien wie die spezifische<br />
CO2-Emission der Kraftwerke, die Wirkungsgrade (mit und ohne CO2-Rückhaltung),<br />
den spezifischen Energieaufwand zur CO2-Rückhaltung, die Erhöhung der Stromgestehungskosten<br />
durch die CO2-Rückhaltung sowie die CO2-Vermeidungskosten vorgeschlagen, um<br />
unterschiedliche Verfahren miteinander zu vergleichen [Göttlicher 1999]. Dabei wurden allerdings<br />
nur Literaturstudien zum Vergleich herangezogen, die den energetischen Aufwand<br />
des Waschverfahrens beschreiben, um dann durch Rückrechnung auf das Kraftwerk die Einbußen<br />
(finanziell und energetisch) zu ermitteln. Vergleich und Bewertung der in der Literatur<br />
genannten Zahlen ist häufig schwierig und scheitert an fehlenden Informationen oder Unklarheiten<br />
über die in der Kalkulation verwendeten technischen und finanziellen Grundlagen (z.B.<br />
ob weitere Kosten nach der Abtrennung wie Verflüssigung, Transport und Lagerung berücksichtigt<br />
wurden). Ein weiterer Nachteil ergibt sich daraus, dass für sämtliche Studien keine<br />
Basisdaten bestehender Anlagen vorliegen.<br />
27
28<br />
Eine Zielgröße bei der ökonomischen Betrachtung des Kraftwerks mit integriertem CO2-<br />
Absorptionsprozess wird in der Literatur im Wert „Kosten pro Tonne abgetrenntes CO2“ angegeben<br />
(CO2-Vermeidungskosten, die sich auf ein Referenzkraftwerk gleicher elektrischer<br />
Leistung beziehen, jedoch ohne CO2-Rückhaltung. Sie enthalten sämtliche Kosten, die während<br />
der Planungs-, Bau- und Betriebszeit einer Anlage anfallen [Göttlicher 1999]). Gegenwärtig<br />
liegen für die oben genannten Verfahren (30 Ma% MEA-Lösung) die veranschlagten<br />
Kosten bei 30 - 40 €/tCO2, wobei die Netto-Wirkungsgraderniedrigung des Kraftwerks mit<br />
Werten um 10 % (absolut) angegeben wird [White et al. 2003, Göttlicher 1999]. Siemens Power<br />
Generation veranschlagt eine Kostengrenze von 20 - 25 €/tCO2, um wettbewerbsfähig zu<br />
bleiben [Haupt 2005].<br />
2.6.3 Vorgehen<br />
Bei der Verwendung des Stands der Technik, also Aminlösungen (wässrige Monoethanolaminlösung)<br />
zur Abtrennung von CO2 aus Rauchgasen würde sich bei einem Abtrenngrad von<br />
80 bis 90 % der Wirkungsgrad des Kraftwerks um ca. 10 absolute Prozentpunkte erniedrigen.<br />
Damit wäre der harte Kampf der Energietechnik um Wirkungsgradoptimierungen der letzten<br />
20 Jahre ad absurdum geführt [IPCC 2005].<br />
Aus den oben ausgeführten thermodynamischen und prozesstechnischen Kriterien lassen sich<br />
konkrete Anforderungen an ein geeignetes Lösungsmittel zur Abtrennung von CO2 aus<br />
Rauchgasen formulieren. Angesichts der geringen treibenden thermodynamischen Kräfte bei<br />
der Absorption (niedriger Partialdruck) scheinen physikalisch wirkende Lösungsmittel auszuscheiden.<br />
Andererseits besitzen chemisorptive Absorbentien den immanenten Nachteil der<br />
energieintensiven Regeneration. Einen Ausweg böten Waschmittel, deren Regeneration auf<br />
niedrigerem energetischem Niveau möglich wäre, also bei schwächeren Bindungskräften und<br />
gleichzeitig guter Absorptionskinetik.<br />
Daneben lassen sich die zentralen geforderten Lösungsmitteleigenschaften mit hoher Selektivität<br />
und Kapazität zusammenfassen. Durch eine hohe Selektivität, chemische Unempfindlichkeit<br />
gegenüber Stickstoff- und Schwefelverbindungen sowie Sauerstoff und einen geringen<br />
Dampfdruck könnten die daraus resultierenden geringeren Verluste und kleineren Makeup-Ströme<br />
mögliche höhere Produktionskosten des Lösungsmittels kompensieren. Durch hohe<br />
Beladungen reduzieren sich die Lösungsmittelumlaufraten und damit der Input an Verdichter-<br />
und Pumpenleistung. Weiterhin muss das Lösungsmittel gegen Wasser nicht nur chemisch<br />
stabil sein, sondern auch von den Kapazitäten her nicht beeinträchtigt werden.<br />
Außerdem bestehen noch zahlreiche prozesstechnische Anforderungen z.B. hinsichtlich<br />
Schaumbildung und Korrosion oder auch Toxizität, die eine effiziente Prozessführung beeinflussen.<br />
In dieser Arbeit liegt deswegen der Fokus auf verzweigten <strong>Polymere</strong>n, die eine Vielzahl der<br />
oben formulierten Voraussetzungen an ein optimiertes Lösungsmittel erfüllen. Die größenteils<br />
amorphen Komponenten liegen bei den Prozessbedingungen flüssig und mit geringer Viskosität<br />
vor. Darüberhinaus sind zahlreiche <strong>Polymere</strong> gegenüber Wasser verträglich (hydrolysestabil)<br />
und vermögen sich wegen der zahlreichen funktionellen Gruppen sogar in Wasser zu lösen,<br />
so dass auch ein Einsatz in wässriger Lösung möglich ist. Angesichts des nichtmessbaren<br />
Dampfdruckes wäre mit nahezu keinen Verlusten durch Verdampfung im Vergleich<br />
zu den Aminen zu rechnen. Gleichzeitig weisen verzweigte <strong>Polymere</strong> geringe Viskositäten<br />
auf, sind also fließfähig und besitzen in wässriger Lösung ein Newtonsches Fliessverhalten.<br />
Eine besondere Bedeutung kommt dem Löslichkeitsverhalten zu. Hyperverzweigte<br />
<strong>Polymere</strong> sind Träger zahlreicher funktioneller Gruppen, die gezielt für eine Solvatisierung<br />
entsprechender Gase (z.B. CO2) ausgewählt und synthetisiert werden können. Dabei darf der<br />
Löslichkeitseffekt nicht zu einer zu starken chemischen Bindung führen, wie etwa die Karbamatreaktion<br />
im Falle flüchtiger Amine, gefordert sind also niedrige Absorptionsenthalpien.<br />
Bei den verzweigten <strong>Polymere</strong>n handelt es sich zweckmässigerweise um kommerziell erhältliche<br />
Komponenten, die im Tonnenmaßstab hergestellt werden und preislich im Bereich
5 € / kg liegen. Darüber hinaus wurden die hyperverzweigten <strong>Polymere</strong> auf der Grundlage<br />
von Lösungsmitteln zur CO2-Abtrennung ausgewählt. Es ist bekannt, dass Lösungsmittel mit<br />
Ethergruppen sowie mit den verschiedenen Aminogruppen ein gutes Lösungsvermögen besitzen.<br />
Deswegen wurden <strong>Polymere</strong> mit entsprechend funktionalisierten Endgruppen (z. B. primäre<br />
oder tertiäre Aminogruppen) sowie entsprechenden Wiederholungs- und Verzweigungseinheiten<br />
im Molekül (z. B. Ethergruppen oder tertiäre Aminogruppen) verwendet.<br />
Im ersten Teil dieser Arbeit werden experimentelle Gaslöslichkeiten verschiedener Gase<br />
(CO2, N2 und CH4) in verschiedenen verzweigten <strong>Polymere</strong>n mittels einer neu aufgebauten<br />
Niederdrucklöslichkeitsapparatur vermessen. Auf der Grundlage der vermessenen Löslichkeiten<br />
wird als thermodynamische Kenngröße zur Einordnung der Ergebnisse der Henry-<br />
Koeffizient bestimmt.<br />
Auf Basis der gemessenen thermodynamischen Daten kann eine erste Evaluierung vorgenommen<br />
werden. Wichtige weitere Kenngrößen wie die Selektivität zu anderen Gaskomponenten,<br />
sowie die Absorptionsenthalpie lassen sich aus den gemessenen Löslichkeitsdaten<br />
ermitteln.<br />
Zusätzlich werden Gaslöslichkeiten bei hohem Druck mit einer Magnetschwebewaage vermessen,<br />
um weitere Daten für die Modellierung von Systemen mit hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n<br />
zur Verfügung zu stellen. Bisher gibt es kaum Ansätze, die die Besonderheiten der <strong>Polymere</strong><br />
wie Verzweigung und und große Anzahl an funktionellen Gruppen explizit<br />
berücksichtigen.<br />
Im Theorieteil der Arbeit werden verschiedene thermodynamische Modelle zur Modellierung<br />
bzw. Voraussage von Gaslöslichkeiten angewendet. Derzeit gibt es keine Standardmethode,<br />
um Löslichkeiten und weitere Stoffdaten vorherzusagen. Deswegen wird parallel geprüft, ob<br />
das UNIFAC-FV Modell bei der Anwendung auf Systeme mit überkritischen Komponenten<br />
zur Voraussage der Gaslöslichkeiten angewendet werden kann. Weiterhin soll überprüft werden,<br />
ob die PC-SAFT Zustandsgleichung ohne neue Modifikationen zur Modellierung der<br />
Löslichkeiten verwendet werden kann.<br />
Im dritten Teil der Arbeit wird in einer Simulationsstudie auf der Basis der gemessenen thermodynamischen<br />
Daten eine umfangreiche Untersuchung der energetischen Kopplung von<br />
Absorptions- und Kraftwerksprozess angestrebt. Denn neben der grundlegenden Optimierung<br />
des Absorptionsprozesses, vor allem im Hinblick auf das zu verwendende Lösungsmittel, liegen<br />
weitere wichtige Optimierungsaufgaben in einer gemeinsamen energetischen Betrachtung<br />
von Kraftwerksprozess und Absorptionsverfahren, um synergetische Effekte ausnutzen zu<br />
können. Die bisherigen Untersuchungen betrachten und optimieren nur einzeln den Kraftwerks-<br />
und den Trennprozess.<br />
Dazu müssen die Absorption und die Dampfkreislauf eines Kraftwerks in einer verfahrenstechnischen<br />
Simulationssoftware (wie z.B. Aspen Plus®) abgebildet werden. Für den optimalen<br />
Betrieb eines Kraftwerks mit CO2 Abtrennung muss das Zusammenwirken beider Prozesse<br />
verstanden worden sein, so dass eine Integration beider Prozesse erfolgen kann und der<br />
verfahrenstechnische Prozess nicht nur hinzugefügt wird. Die Bereitstellung eines derartigen<br />
Simulationstools bildet die Grundlage für die Ermittlung eines sinnvollen und machbaren<br />
CO2-Abtrenngrads für Kohlekraftwerke. Denn die willkürlich festgelegten und diskutierten<br />
Werte von 80 – 90 % bei 10 %-Punkten Wirkungsgradeinbuße gehen in volks- und in betriebswirtschaftlicher<br />
Hinsicht in einen Grenzbereich, der finanziell nicht zu verwirklichen ist.<br />
29
30<br />
3 Experimenteller Teil<br />
3.1 Materialien<br />
3.1.1 <strong>Polymere</strong><br />
3.1.1.1 Polyether<br />
Die verwendeten Polyether wurden von der Degussa GmbH bzw. Goldschmidt GmbH hergestellt,<br />
charakterisiert und bezogen. Neben den in Abb. 13 dargestellten verzweigten Polyether,<br />
PE1, wurden weiterhin die linearen Polyether PE2 und PE3 verwendet, die als Startermolekül<br />
aus einer Allylgruppe mit Ethylenoxid als Wiederholungseinheit synthetisiert wurden und<br />
unterschiedliche funktionelle Endgruppen besitzen. Im verzweigten Polyether bildet 3-Ethyl-<br />
3-Hydroxymethyl Oxetan (CAS: 3047-32-3) die Verzweigungseinheit, der sich Wiederholungseinheiten<br />
aus Exthylenoxid (EO) und Propylenoxideinheiten (PO) anschließen. Das<br />
Verhältnis EO/PO kann mit 1,33/1 angegeben werden. In Tab. 6 sind wesentliche charakteristische<br />
Stoffeigenschaften der Polyether zusammengefasst. Sämtliche Polyether sind bei<br />
Raumtemperatur flüssig.<br />
Tab. 6: Eigenschaften der verwendeten Polyether [Degussa 2006]<br />
Polymer Molmasse<br />
(Mn)<br />
[g/mol]<br />
PE1, ver-<br />
zweigt<br />
M w/M n<br />
Funktionelle Gruppe<br />
/ Anzahl funkt. Gruppen<br />
2187 1,26 OH / 6 n.b.<br />
PE2, linear 501 1,09 OH / 1 60<br />
PE3, linear 561 1,09 CH3 / 1 37<br />
Viskosität @<br />
25°C<br />
[mPas]<br />
Abb. 13: Schematische Molekülstruktur des verzweigten Polyethers PE1 (Degussa)<br />
3.1.1.2 Polyester<br />
Die hyperverzweigten Polyester entstammen der Boltorn®-Serie von hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n<br />
der Perstorp Specialty Chemicals (Schweden) und werden aus Dimethylol Propionsäure<br />
(CAS: 4767-03-7) mit einem Polyalkohol (Pentaerythrit, CAS: 30599-15-6) als Kern<br />
synthetisiert. Das H2004 Molekül wurde nach weiterer Modifizierung eines Boltorn-Polymers<br />
der 2. Generation (H20) erhalten, während für U3000 ein Boltorn®-Polymer der dritten Generation<br />
(H30) als Startermolekül diente. Die ursprünglichen Hydroxylfunktionalitäten der <strong>Polymere</strong><br />
wurden durch eine anteilige Veresterung mit mittellangkettigen aliphatischen Fettsäuren<br />
(60% bei H2004) sowie langkettigen aliphatischen C16-18-Fettsäuren auf der Basis von<br />
Sonnenblumenöl (90% bei U3000) funktionalisiert. In Tab. 7 sind einige charakteristische<br />
Stoffdaten zu den verwendeten hyperverzweigten Polyestern aufgeführt. Weitere Charakterisierungen<br />
der <strong>Polymere</strong> wie z.B. die experimentell ermittelten Molmassen, vor allem der klassischen<br />
Bolton-<strong>Polymere</strong> finden sich in der Literatur [Mackay und Carmezini 2002, Žagar<br />
und Žigon 2002].
Tab. 7: Eigenschaften der verwendeten hyperverzweigten Polyester [Perstorp 2004a,b]<br />
Polymer Theoretische Molmasse (Mw)<br />
[g/mol]<br />
Mw/Mn<br />
Funktionelle Gruppe<br />
/ Anzahl funkt. Gruppen<br />
H2004 3200 -- OH / 6<br />
C8-12-Fettsäuren / 10<br />
U3000 6500 1,5 OH / 2<br />
C16-18-Fettsäuren / 14<br />
Viskosität @<br />
25°C<br />
[Pas]<br />
15<br />
3.1.1.3 Polyesteramide<br />
Die hyperverzweigten Polyesteramide der Hybrane® Serie von DSM (Geleen, Niederlande)<br />
werden wie die Boltorn <strong>Polymere</strong> im Tonnenmaßstab hergestellt. Die Synthese verläuft über<br />
eine Reaktion zyklischer Anhydride (z.B. Phthalsäureanhydrid oder Bernsteinsäureanhydrid)<br />
mit Diisopropanolamin zu einem Ausgangsmonomer vom Typ AB2, das dann weiter zu einer<br />
hyperverzweigten Struktur polymerisiert [Froehling 2004, Froehling und Brackman 2000]. In<br />
dieser Arbeit wurden die beiden wasserlöslichen Polyesteramide S1200 und HA 1690 verwendet,<br />
deren Molekülstruktur in Abb. 14 wiedergegeben ist. Beide <strong>Polymere</strong> sind wasserlöslich<br />
und besitzen zahlreiche Ester- und Amidgruppen, wobei das Hybrane S 1200 Molekül<br />
(Abb. 14a) Hydroxyl-Endgruppen trägt und Hybrane HA 1690 (Abb. 14b) mit tertiären Aminogruppen<br />
funktionalisiert ist.<br />
Malmstroem und Hult führen aus, dass sich die Stoffeigenschaften der Hybrane® <strong>Polymere</strong><br />
durch die gezielte Wahl der jeweiligen Anhydridkomponente verändern lassen [Malmstroem<br />
und Hult 2001].<br />
Abb. 14: Molekülstruktur der hyperverzweigten Polyesteramide von Hybrane®; a) HA<br />
1690; b) S1200<br />
Wesentliche Stoffeigenschaften der verwendeten Hybrane <strong>Polymere</strong> sind in Tab. 8 zusammengefasst.<br />
1,5<br />
31
32<br />
Tab. 8: Eigenschaften der verwendeten hyperverzweigten Polyesteramide [DSM 2002, Seiler<br />
2004]<br />
Polymer Theoretische Molmasse (Mn)<br />
[g/mol]<br />
Mw/Mn<br />
Funktionelle Gruppe<br />
/ Anzahl funkt. Grup-<br />
pen<br />
Temperatur des<br />
Glasübergangs<br />
[K]<br />
S 1200 1200 ≈5 OH / ≈8 313…323<br />
HA 1690 1600 -- Tertiäres Amin / ≈8
Abb. 16: Molekülstruktur der Polyethylenimine [Seiler 2004]<br />
3.1.2 Lösungsmittel und Gase<br />
Für die Kalibrierung des Hochdruck-Biegeschwingers und die Gaslöslichkeitsmessungen in<br />
wässrigen Polymerlösungen wurde deionisiertes Wasser (Deionisat) verwendet. Das Wasser<br />
wurde vorab mit zwei anderen Wässern, HPLC-W und Millipore-W hinsichtlich Ionengehalt<br />
und Leitfähigkeit verglichen.<br />
Für die Kalibrierung wurde weiterhin hochreines Methanol (LiChrosolv ® ) von Merck verwendet<br />
mit den folgenden Spezifikationen: Reinheit >99,9%, Wassergehalt
34<br />
Als weitere Größen sind die Federkonstante (c) und das Volumen (V) des leeren Schwingers<br />
in Gleichung ( 3-1 ) enthalten. Die Konstanten in der Gleichung lassen sich in den beiden Apparatekonstanten<br />
A und B zusammenfassen, die über die bekannten Dichten von Referenzfluiden,<br />
hier Wasser und Luft, ermittelt werden können, im Biegeschwinger hinterlegt sind und<br />
durch eine Justierung neu bestimmt werden können.<br />
Die in dieser Arbeit verwendeten flüssigen <strong>Polymere</strong> und Ionischen Flüssigkeiten wurden vor<br />
der Dichtemessung über zwei Tage unter Vakuum bei erhöhten Temperaturen getrocknet, bis<br />
keine Gewichtsabnahme mehr zu beobachten war, so dass flüchtige Bestandteile entfernt<br />
werden konnten. Je Substanz wurden mindestens zwei unabhängige Messungen durchgeführt<br />
mit jeweils vier bis fünf Wiederholungsmessungen bei jeder Temperatur. Vor jeder Messreihe<br />
wurde die ordnungsgemäße Funktion der Apparatur durch eine Testmessung der Dichte mit<br />
Wasser bei 20°C bestätigt. In der Messzelle sind unterschiedliche Auswertungsroutinen hinterlegt,<br />
die eine entsprechende Viskositätskorrektur bei der Bestimmung der Dichte berücksichtigen<br />
(500mPas) und gleichzeitig ausgegeben werden können.<br />
Da es sich bei den verwendeten Substanzen nicht um monodisperse Reinstoffe handelt, unterliegt<br />
die gemessene Dichte Schwankungen, die von Substanz zu Substanz unterschiedlich<br />
ausgeprägt sind. Für die unterschiedlichen Komponenten ergaben sich die in Tab. 10 aufgeführten<br />
Genauigkeiten, wobei die Reproduzierbarkeit der Dichte während einer Messung jeweils<br />
der Herstellerangabe von 10 -5 g/cm 3 entsprach.<br />
Tab. 10: Genauigkeit der vermessenen Polymerdichten und Dichten der wässrigen Polymerlösungen<br />
Komponente Dichte, Genauigkeit [g/cm 3 ]<br />
Lineare und verzweigte Polyether 0,00006<br />
Hyperverzweigtes Polyethylenimin 0,00006<br />
Hyperverzweigte Polyester 0,0005<br />
Wässrige Polyetherlösungen (PE1 u. PE3) 0,0001<br />
Wässrige Polyetherlösung (PE2) 0,00007<br />
Wässrige PAMAMlösung 0,0002<br />
Wässrige Polyesteramidlösungen 0,0002<br />
3.2.2 Biegeschwinger Hochdruck<br />
Zur Ermittlung der charakteristischen Parameter für die Zustandsgleichungen Sanchez-<br />
Lacombe und PC-SAFT können Hochdruckdichtedaten (P,ρ,T) verwendet werden. Zu diesem<br />
Zweck wurde eine Apparatur zur Ermittlung der Dichten der <strong>Polymere</strong> bei hohem Druck und<br />
hoher Temperatur aufgebaut, die im Wesentlichen aus dem Prototyp einer Biegeschwingermesszelle<br />
(DMA-HDT) von Anton Paar (bzw. „Labor für Messtechnik Dr. Hans Staudinger”,<br />
beide Graz, Österreich) besteht. Die Zelle kann bei Temperaturen bis zu 623,15K und einem<br />
maximalen Druck von 70MPa (bei 293,15K) betrieben werden. Eine ähnliche Apparatur wurde<br />
bereits von Ihmels et al. beschrieben [Ihmels 1999, 2002]. In Abb. 17 ist der schematische<br />
Aufbau der Apparatur dargestellt.
8<br />
1<br />
3<br />
2<br />
PI<br />
6<br />
2a<br />
2<br />
7<br />
4<br />
5<br />
DMA-HDT<br />
Regeleinheit<br />
DMA-HDT Messzelle<br />
- Biegeschwinger<br />
- Temperatursensor<br />
- Thermostat<br />
- Anreger- und Abnehmerspule<br />
mit Permanentmagnet<br />
Abb. 17: Fliessbild des aufgebauten Hochdruck- und Hochtemperatur Biegeschwingers<br />
Die Probensubstanz wird in den Vorlagebehälter (1) eingefüllt und kann bei Bedarf aufgeschmolzen<br />
sowie über eine Vakuumpumpe (8) entgast werden. Über die Handspindelpresse<br />
(Sitec 759.1100-HMEL, 1000bar) (3) wird die flüssige Probe aus der Vorlage in die Messzelle<br />
(Prototyp DMA-HDT) (4) eingesaugt. An der Sichtzelle (7) kann die vollständige Befüllung<br />
der Messzelle (4) kontrolliert werden. Innerhalb der Messzelle (4) befinden sich der Biegeschwinger<br />
mit Anreger- und Abnehmerspule, über die die Schwingungsdauer des U-Rohres<br />
ermittelt wird sowie ein Thermostat mit Wasserkühlung und zwei Temperatursensoren. Bevor<br />
im Messbereich die Probe mit der Spindelpresse auf den gewünschten Druck komprimiert<br />
wird, muss die jeweilige Messtemperatur eingestellt werden. Der Messbereich wird von zwei<br />
Hochdruckventilen (2) begrenzt, wobei hinter der Spindelpresse noch ein Ventil (2a) angebracht<br />
ist, um den Druck im System konstant zu halten. Der Druck wird über einen Drucksensor<br />
(WIKA, S10) (6) ermittelt. Auf diese Weise kann bei konstanter Temperatur ein kompletter<br />
Druckbereich vermessen werden, bevor die nächste Temperatur eingestellt wird. Mit einer<br />
Zahnradpumpe (10) kann Lösungsmittel aus einem Reservoirbehälter (9) zur Reinigung des<br />
kompletten Systems umgepumpt werden. Die technischen Daten der beim Biegeschwinger<br />
verwendeten Messgeräte finden sich in Tab. 11.<br />
Tab. 11: Messbereich, Auflösung und Genauigkeit der beim Hochdruck Biegeschwinger<br />
eingesetzten Messgeräte<br />
Messgröße Messgerät, Firma Messbereich Auflösung Genauigkeit<br />
Druck Drucksensor S10, WIKA 0…400bar 0.1bar ±1.0bar<br />
Temperatur Widerstandsthermometer, Anton Paar 73.15…773.15K 0.001K ±0.05K<br />
Schwingungsdauer Biegeschwinger, Anton Paar 0…3000 µs 0.001 µs ±0.01 µs<br />
Das Messprinzip des Hochdruck-Biegeschwingers ist analog dem des Niederdruck-<br />
Biegeschwinger, der in Kap 3.2.1 beschrieben wurde, allerdings müssen die beiden Apparatekonstanten<br />
A und B aus Gleichung ( 3-1 ) noch durch Kalibrierung mit mindestens zwei Fluiden<br />
bestimmt werden und durch einen Polynomansatz temperatur- und druckabhängig ausgedrückt<br />
werden. In der Literatur finden sich unterschiedliche Polynome, in dieser Arbeit wurde<br />
der von Ihmels vorgeschlagene Ansatz verwendet [Ihmels et al. 1999].<br />
9<br />
10<br />
35
36<br />
i<br />
j<br />
∑ ai<br />
⋅ ( T / K)<br />
+ ∑b j ⋅ ( P / MPa)<br />
+ c ⋅ ( T / K)<br />
⋅<br />
A ( P / MPa)<br />
= i j<br />
mit i=0,1,2,3 und j=1,2<br />
i<br />
j<br />
∑d i ⋅(<br />
T / K)<br />
+ ∑e j ⋅(<br />
P / MPa)<br />
+ f ⋅(<br />
T / K)<br />
⋅<br />
B ( P / MPa)<br />
= i j<br />
mit i=0,1,2,3 und j=1,2<br />
( 3-2 )<br />
( 3-3 )<br />
Die Apparatur wurde mit entionisiertem Wasser und Methanol im Temperaturbereich zwischen<br />
298,15K und 423,15K und im Druckbereich zwischen 0,1 und 40 MPa kalibriert. Die<br />
Kalibrierungsdichten lagen im Bereich von 0,67 bis 1,02g/cm 3 . Die Referenzdichten wurden<br />
mit der kommerziellen Stoffdatensoftware Fluidcal von Wagner/Span berechnet, in dem<br />
hochgenaue Zustandsgleichungen für die einzelnen Komponenten hinterlegt sind (Wasser:<br />
Wagner und Pruß 2002 (IAPWS-Standard); Methanol: Reuck und Craven 1993 (anerkannter<br />
IUPAC-Standard)). Die ermittelten temperatur- und druckabhängigen Apparatekonstanten<br />
sind im Anhang 6.1 aufgeführt. Vor der Vermessung der unbekannten Dichten der hyperverzweigten<br />
<strong>Polymere</strong>, wurde die Apparatur mit einem Fluid bekannter Dichte, nämlich Toluol,<br />
getestet. Es ergaben sich Abweichungen der experimentell ermittelten Dichte zu den mit der<br />
Zustandsgleichung von Lemmon und Span berechneten Werten von 0,01%. Eine ausführliche<br />
Beschreibung der Apparatur und der Inbetriebnahme findet sich bei Buchele [Buchele 2006].<br />
3.2.3 Fehlerrechnung<br />
Die Genauigkeit der gemessenen Dichtewerte hängt von verschiedenen Einflussgrößen ab,<br />
vor allem von der Genauigkeit der gemessenen Werte von Druck, Temperatur und der<br />
Schwingungsdauer sowie von der Reinheit und den bereits existierenden experimentellen<br />
Dichtewerten der verwendeten Kalibrierungsmedien ab, also in diesem Fall den Genauigkeiten<br />
der verwendeten Zustandsgleichungen.<br />
Die Reinheiten der Kalibriermedien sind Kapitel 3.1.2 zu entnehmen. Über eine Formulierung<br />
des linearen Fehlerfortpflanzungsgesetzes lassen sich die maximalen Unsicherheiten der Messung<br />
ermitteln. Für die Dichtemessung mit dem Biegeschwinger ist in Gleichung ( 3-4 ) die<br />
maximale Unsicherheit der gemessenen Dichte (dρ) als Summation der Unsicherheiten der<br />
einzelnen Einflussgrößen Temperatur (T), Schwingungsdauer (τ) und Druck (P) gegeben.<br />
∂ρ<br />
∂ρ<br />
∂ρ<br />
∆ρ<br />
= ⋅ ∆T<br />
+ ⋅ ∆τ<br />
+ ⋅ ∆P<br />
( 3-4 )<br />
∂T<br />
∂τ<br />
∂P<br />
Die Einzelfehler sind in den folgenden Gleichungen gegeben. Dazu muss Gleichung ( 3-1 )<br />
mit den eingesetzten Polynomen für A und B nach den einzelnen Einflussgrößen abgeleitet<br />
werden.<br />
∂ρ 2<br />
2<br />
2<br />
= ( a1<br />
+ 2a2T + 3a3T<br />
+ cP)<br />
⋅τ<br />
+ d1<br />
+ 2d<br />
2T<br />
+ 3d3T<br />
+ fP<br />
( 3-5 )<br />
∂T<br />
∂ρ<br />
=<br />
∂P<br />
2<br />
( b + 2b P + cT ) ⋅τ<br />
+ e + 2e<br />
P + fT<br />
1<br />
2<br />
2 3<br />
2<br />
( + a T + a T + a T + b P + b P + cTP)<br />
⋅ 2τ<br />
1<br />
2<br />
( 3-6 )<br />
∂ρ<br />
= a ( 3-7 )<br />
0 1 2 3 1 2<br />
∂τ<br />
Die Auswertung der Fehlerrechnung für alle Einflussgrößen der Dichtemessung zeigt, dass<br />
der Fehler der gemessenen Dichten im Bereich von 0,01% liegt. Darüber hinaus müssen noch<br />
die Fehler der zur Berechnung der Dichten verwendeten Zustandsgleichungen berücksichtigt<br />
werden. Für Wasser geben Wagner und Pruß den maximalen Fehler im hier vermessenen Be-
eich zu 0,03% an [Wagner und Pruß 2002]. Für Methanol sind keine Werte für die Fehler<br />
verfügbar. Die Abweichung der Anpassung ist jedoch mit 0,051% im Mittel und 0,18% im<br />
Maximum wesentlich größer als die über die Fehlerfortpflanzung berechneten Unsicherheiten<br />
und kann somit als gesamter Messfehler verwendet werden. Die zu erwartenden maximalen<br />
Abweichungen der Dichte liegen also bei 0,18% vom Messwert, während die Abweichung im<br />
Mittel bei 0,051% liegt und bei einer gemessenen Dichte von 1,0g/cm³ ±0,5⋅10 -3 g/cm³ beträgt.<br />
Die zur Bestimmung der Dichten verwendeten Parameter sind im Anhang 6.1 tabelliert.<br />
3.3 Gaslöslichkeitsmessungen bei niedrigem Druck<br />
In der Literatur werden verschiedene Methoden und Apparaturen beschrieben, um Gaslöslichkeiten<br />
experimentell zu ermitteln [Battino und Clever 1966, Reichl 1996]. Generell wird<br />
zwischen Absorptions- und Desorptionsmethoden unterschieden, wobei entweder die gelöste<br />
(absorbierte) Gasmenge im Gleichgewicht oder die im Lösungsmittel gelöste Gasmenge im<br />
Gleichgewicht nach Entgasen (Desorbieren) bestimmt wird. Weiterhin lässt sich in manometrisch-volumetrische<br />
und chemisch-analytische Methoden unterteilen. Letztere greifen<br />
nach der Probeentnahme im Gleichgewicht auf entsprechende Analysemethoden zurück<br />
(Gaschromatographie, Massenspektroskopie) oder bestimmen die Gasmenge durch chemische<br />
Reaktion [Reichl 1996].<br />
In dieser Arbeit wurde eine Gaslöslichkeitsapparatur aufgebaut, die nach der manometrischvolumetrischen<br />
Absorptionsmethode bei konstantem Volumen über den Druckabfall die Löslichkeit<br />
bestimmt und bereits bei Reichl und Maaßen beschrieben wurde [Reichl 1996; Maaßen<br />
et al. 1993]. Dabei wird die Menge an gelöstem Gas über eine PVT-Messung bei konstanter<br />
Temperatur ermittelt.<br />
3.3.1 Messapparatur und Versuchsdurchführung<br />
In Abb. 18 ist die in dieser Arbeit aufgebaute Gaslöslichkeitsapparatur schematisch dargestellt.<br />
Die Apparatur ist für einen maximalen Druck von P=10bar bei einer Temperatur von<br />
Tmax=373,15K ausgelegt.<br />
Die Gleichgewichtszelle (7) ist mit einem Magnetrührer (8) ausgestattet und befindet sich in<br />
einem Luftthermostaten (Heräeus) (6). Die Temperatur in der Messzelle wird mit einem Widerstandsthermometer<br />
(Pt100) ermittelt, das über eine Tauchhülse in das Zellenvolumen stößt.<br />
Die Messzelle wird über ein Ventil und eine Schnellkupplung mit dem Gasreservoir (3) verbunden.<br />
Auch das Gasreservoir (3) ist in einem Luftthermostaten (2) angeordnet. Zur Temperierung<br />
wird mit einen Ventilator (5) Luft durch eine elektrische Heizspirale (4) gedrückt. Die<br />
Temperatur im Luftthermostaten kann geregelt werden und wird mit einem weiteren Widerstandsthermometer<br />
gemessen. Weiterhin wird der Druck im gesamten System über einen<br />
Drucksensor (WIKA, P10) gemessen. Messzelle und Gasreservoir können über eine Vakuumpumpe<br />
(9) evakuiert werden. Das Gasreservoir ist über ein Ventil mit einer Gasversorgung<br />
(CO2, N2, CH4) verbunden. Die Messsignale der beiden Widerstandsthermometer und des<br />
Drucksensors werden über ein Multimeter (10) (Keithley 2700/E) auf einen PC übertragen.<br />
Mittels eines Biegeschwinger (11) kann die Dichte des begasten Lösungsmittels bzw. in Vorversuchen<br />
die Dichte des reinen Lösungsmittels bestimmt werden.<br />
37
38<br />
Abb. 18: Gaslöslichkeitsapparatur<br />
Zur Durchführung eines Versuches wurde das flüssige Polymer in der gewogenen Messzelle<br />
unter Rühren entgast und anschließend auf die erste Messtemperatur (TZ1) eingestellt. Wahlweise<br />
kann auch ein entgastes weiteres Lösungsmittel zugeführt werden. Die evakuierte<br />
Messzelle wird über das Ventil vom Gasreservoir getrennt und das Gas in das Gasreservoir<br />
gefüllt. Dort nimmt es innerhalb einer Stunde einen Gleichgewichtsdruck (P1) und eine<br />
Gleichgewichtstemperatur (TR1) an. Schließlich strömt das Gas nach Öffnen des Ventils zwischen<br />
Gleichgewichtszelle und Gasreservoir in die Messzelle und der Absorptionsvorgang<br />
beginnt, indem der Druck im System abfällt und einen konstanten Gleichgewichtsdruck<br />
(P2
Das Zellenvolumen wurde mittels mehrfachen Ausliterns mit Wasser mit Hilfe einer Entgasungsapparatur<br />
wie bei Reichl beschrieben über Differenzwägung und Temperaturmessung<br />
mit anschließender Berechnung der Dichte bei der gemessenen Temperatur zu<br />
118,2 cm 3 ± 0,1 cm 3 ermittelt. Das Volumen des Gasraumes konnte daraufhin bei bekanntem<br />
Volumen der Gleichgewichtszelle über isotherme Entspannungsmessungen zu<br />
291,8 cm 3 ± 0,2 cm 3 bestimmt werden. Dazu wird zunächst das gesamte System inklusive<br />
Messzelle evakuiert und die Messzelle über das Ventil abgetrennt. Messzelle und Gasreservoir<br />
müssen die gleiche Temperatur aufweisen. Dann wird ein Gas z.B. Luft mit P < 1 bar in<br />
das Volumen des Gasreservoirs V G gefüllt und der Gleichgewichtsdruck P A notiert. Über isotherme<br />
Entspannung in das evakuierte Zellenvolumen V Z und den neuen Gleichgewichtsdruck<br />
P E lässt sich das Volumen des Gasraumes V G über die Zustandsgleichung des idealen Gases<br />
ermitteln.<br />
A G E G Z<br />
P ⋅ V = P ⋅ ( V + V )<br />
( 3-8 )<br />
Die Reproduzierbarkeit der Messungen wurde mittels mehrerer Wiederholungsversuche gewährleistet.<br />
Die Polymerproben wurden mehrmals verwendet und zur Regeneration im Vakuumofen<br />
bei ca. 80 °C getrocknet. Die wässrigen Polymerlösungen wurden vorher bei Normaldruck<br />
und 100 °C vorgetrocknet.<br />
Zur Validierung der Gaslöslichkeitsapparatur wurde die Löslichkeit von Kohlendioxid in<br />
Wasser gemessen (siehe Kapitel 6.2.1) und eine gute Übereinstimmung der Messwerte mit<br />
den Literaturwerten gefunden.<br />
3.3.2 Auswertung<br />
Die Menge des gelösten Gases kann iterativ über PVT-Berechnungen und das Lösen der Massenbilanz<br />
bestimmt werden (siehe auch Reichl 1996 und Clausen 2000 für jeweils untersuchte<br />
Systeme).<br />
Für den Fall binärer Gas-Polymer Systeme wird die in der Flüssigkeit gelöste Gasmenge<br />
L<br />
(<br />
n Gas,<br />
Zelle ) bei konstanter Zellentemperatur (TZ1) über Gleichung ( 3-9 ) unter der Annahme<br />
bestimmt, dass sich kein Polymer in der Dampfphase befindet.<br />
L<br />
⎛ mPolymer<br />
+ M Gas ⋅ n<br />
⎜VZelle<br />
−<br />
L<br />
⎜<br />
ρ<br />
L<br />
Gasreservoir<br />
Gasreservoir<br />
Gas+<br />
Polymer<br />
nGas,<br />
Zelle = nGas,<br />
1 − nGas,<br />
2 − ⎜<br />
G<br />
⎜<br />
vGas,<br />
Zelle<br />
⎜<br />
⎝<br />
( )<br />
Gas,<br />
Zelle<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎠<br />
( 3-9 )<br />
Die Differenz der Mole an Gas im Gasreservoir zu Beginn der Messung ⎟ ⎛ System VGasreservoir<br />
⎞<br />
⎜<br />
⎜nGas<br />
, 1 =<br />
⎝ υ(<br />
TR1,<br />
P1<br />
) ⎠<br />
und im Gleichgewicht ⎟ ⎛ System VGasreservoir<br />
⎞<br />
⎜<br />
⎜nGas<br />
, 2 =<br />
bei konstantem Druck können über eine Zu-<br />
⎝ υ(<br />
TR2<br />
, P2<br />
) ⎠<br />
standsgleichung bei bekanntem Gasreservoirvolumen berechnet werden. In dieser Arbeit<br />
wurde die Soave-Redlich-Kwong (SRK) Gleichung benutzt. Damit wird die Molmenge an<br />
Gas in der Messzelle erhalten und es muss noch die Molmenge an Gas im Dampfraum der<br />
Messzelle ( G<br />
n , ) abgezogen werden.<br />
n<br />
G<br />
Gas,<br />
Zelle<br />
=<br />
V<br />
Gas Zelle<br />
Zelle<br />
−<br />
L<br />
( m + M ⋅ n )<br />
Polymer<br />
v<br />
ρ<br />
L<br />
Gas+<br />
Polymer<br />
G<br />
Gas,<br />
Zelle<br />
Gas<br />
Gas,<br />
Zelle<br />
( 3-10 )<br />
39
40<br />
Dazu wird vom bekannten Zellenvolumen (VZelle) das Volumen der flüssigen Phase in der<br />
Zelle ( V ) abgezogen und durch das molare Volumen der Gasphase in der Zelle<br />
L<br />
Zelle<br />
G<br />
( vGas , Zelle = f ( TZ1,<br />
P2<br />
) geteilt, das über die SRK-Gleichung bestimmt wird.<br />
V<br />
G<br />
Zelle<br />
= V<br />
Zelle<br />
−V<br />
L<br />
Zelle<br />
= V<br />
Zelle<br />
−<br />
L<br />
( m + M ⋅ n )<br />
Polymer<br />
ρ<br />
Gas<br />
L<br />
Gas+<br />
Polymer<br />
Gas,<br />
Zelle<br />
( 3-11 )<br />
Das Volumen der flüssigen Phase in der Zelle kann dabei als Summe der Massen von Polymer<br />
(mPolymer) und gelöstem Gas ( ⋅<br />
L<br />
) dividiert durch die Dichte der flüssigen Pha-<br />
Gas Gas Zelle n M ,<br />
se ausgedrückt werden. Mit der Molmenge des gelösten Gases (<br />
L<br />
n Gas,<br />
Zelle ) wird eine Iterati-<br />
onsgleichung erhalten.<br />
Es konnte experimentell überprüft werden, dass sich die Dichte des begasten Gemisches in<br />
den Gleichungen ( 3-9 ), ( 3-10 ) und ( 3-11 ) nicht signifikant von der Dichte des reinen Polymers<br />
unterscheidet (
Der Fugazitätskoeffizient des Gases in der Gasphase (φGas) in Gleichung ( 3-13 ) wird zum<br />
Fugazitätskoeffizienten der reinen Gaskomponente (φ0,Gas) im Falle des binären Gas-Polymer<br />
Systems und kann mit der SRK-Gleichung berechnet werden.<br />
Es ergibt sich dann für die Berechnung des Henrykoeffizienten mit yCO2=1:<br />
yco<br />
2 ⋅ϕ<br />
0,<br />
CO2<br />
⋅ P<br />
H Gas,<br />
Polymer =<br />
( 3-15 )<br />
w<br />
CO2<br />
Aus dem Henrykoeffizienten kann über das Gleichsetzen der Fugazitäten der flüssigen Phase<br />
der Aktivitätskoeffizient bei unendlicher Verdünnung angegeben werden.<br />
∗<br />
w i ⋅ HGas,<br />
Polymer ⋅π<br />
∞Gas<br />
⋅ Ωi<br />
= wi<br />
⋅ Ω∞Gas<br />
⋅ f0,<br />
Gas<br />
( 3-16 )<br />
Mit den gleichen Vereinfachungen wie bereits oben diskutiert ergibt sich:<br />
HGas,<br />
Polymer<br />
Ω∞ Gas =<br />
( 3-17 )<br />
f<br />
0,<br />
Gas<br />
Bei der Berechnung von Gaslöslichkeiten in binären Lösungsmitteln (wässrige Polymerlösungen)<br />
muss der Anteil des flüchtigen Lösungsmittels (Wasser) in der Gasphase berücksichtigt<br />
werden. Dazu muss Gleichung ( 3-13 ) entsprechend angepasst werden, so dass das Volumen<br />
der flüssigen Phase in der Messzelle berechnet werden kann. Die Dichten der<br />
wässrigen Polymerlösungen wurden in Abhängigkeit der Temperatur vermessen. Der Einfluss<br />
des gelösten Gases auf die Dichte wurde wieder vernachlässigt.<br />
L<br />
⎛ m + m + M ⋅ n ⎞<br />
n<br />
L<br />
Gas,<br />
Zelle<br />
= n<br />
Gasreservoir<br />
Gas,<br />
1<br />
− n<br />
Gasreservoir<br />
Gas,<br />
2<br />
⎜V<br />
⎜<br />
− ⎜<br />
⎜<br />
⎜<br />
⎝<br />
Zelle<br />
−<br />
( )<br />
H 2O<br />
v<br />
ρ<br />
Polymer<br />
L<br />
Gas+<br />
Polymerlösung<br />
G<br />
Gas+<br />
H 2O,<br />
Zelle<br />
Gas<br />
Gas,<br />
Zelle<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎠<br />
( 3-18 )<br />
Das molare Volumen der Gasphase in der Messzelle wurde mit der SRK-Gleichung berechnet.<br />
Nach der Berechnung der Konzentration in der flüssigen Phase müssen in einer weiteren Iteration<br />
die Konzentrationen in der Gasphase bestimmt werden.<br />
y<br />
H 2O<br />
=<br />
w<br />
H 2O<br />
⋅ Ω<br />
yCO 2 1− yH<br />
2O<br />
H 2O<br />
⋅ϕ<br />
LV<br />
0,<br />
H 2O<br />
⋅ P<br />
LV<br />
0,<br />
H 2O<br />
P<br />
2<br />
⎛ν<br />
⋅ exp⎜<br />
⎜<br />
⎝<br />
⋅ϕ<br />
H 2O<br />
L<br />
0,<br />
H 2O<br />
LV ( P − P )<br />
2<br />
R ⋅T<br />
Z1<br />
0,<br />
H 2O<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
( 3-19 )<br />
= ( 3-20 )<br />
Für die Werte des Aktivitätskoeffizienten sind dabei nur Wechselwirkungen zwischen den<br />
Polymer- und Lösungsmittelmolekülen berücksichtigt worden. Die Aktivitätskoeffizienten<br />
wurden experimentell bestimmt (siehe Anhang, Kapitel 6.2.1).<br />
exp.<br />
PH<br />
2O<br />
⋅ϕ<br />
0,<br />
H 2O<br />
Ω H 2O<br />
=<br />
( 3-21 )<br />
LV exp.<br />
w ⋅ P ( T )<br />
H 2O<br />
0,<br />
H 2O<br />
Die Poyntingkorrektur in Gleichung ( 3-21 ) wurde angesichts des geringen Drucks<br />
(
42<br />
Aus den Henrykoeffizienten lassen sich weitere kalorische Größen wie die Lösungsenthalpie<br />
der Solute bei unendlicher Verdünnung oder die Lösungsentropie bei unendlicher Verdünnung<br />
über die Gibbs-Helmholtz-Gleichung und die Gleichheit der chemischen Potenziale von<br />
Solute in Gas- und Flüssigphase ermitteln [Reichl 1996].<br />
⎛ ∂ ln Hi<br />
, SV ⎞ L G GL<br />
R ⋅⎜ ⎟ = h∞i<br />
− h0i<br />
= ∆h∞i<br />
( 3-23 )<br />
⎝ ∂(<br />
1/<br />
T ) ⎠<br />
R<br />
T<br />
i,<br />
SV L G<br />
⋅ = s∞i<br />
− s0i<br />
P<br />
⎛ ∂ln<br />
H ⎞<br />
⎜<br />
⎝ ∂(<br />
1/<br />
T )<br />
⎟<br />
⎠<br />
P<br />
= ∆s<br />
GL<br />
∞i<br />
( 3-24 )<br />
Zur Ermittlung der Absorptionsenthalpie wird der logarithmierte Henrykoeffizient über der<br />
inversen Temperatur aufgetragen und die Steigung einer Ausgleichsgerade bestimmt.<br />
3.3.3 Fehlerrechnung<br />
Die in der Auswertung bestimmten Henrykoeffizienten hängen von zahlreichen primären<br />
Messdaten ab, die jeweils in den Gesamtfehler der Messung eingehen.<br />
H H m P , P , T , T , T , V , V , ρ<br />
( )<br />
Gas,<br />
Polymer = Gas,<br />
Polymer Polymer , 1 2 Z1<br />
R1<br />
R2<br />
Zelle Gasreservoir<br />
Polymer ( 3-25 )<br />
Mithilfe des quadratischen Fehlerfortpflanzungsgesetzes lassen sich die wahrscheinlichen<br />
Messunsicherheiten bestimmen.<br />
∆H<br />
G,<br />
P<br />
=<br />
⎛ ∂H<br />
⎜<br />
⎝ ∂m<br />
⎛ ∂H<br />
⎜<br />
⎝ ∂T<br />
⎛ ∂H<br />
⎜<br />
⎝ ∂V<br />
G,<br />
P<br />
Polymer<br />
G,<br />
P<br />
Z1<br />
G,<br />
P<br />
Zelle<br />
2<br />
2<br />
2<br />
⎞<br />
⎟ ⋅ ∆m<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎟ ⋅ ∆T<br />
⎠<br />
2<br />
Z1<br />
⎞<br />
⎟ ⋅ ∆V<br />
⎠<br />
2<br />
Zelle<br />
2<br />
Polymer<br />
⎛ ∂H<br />
+ ⎜<br />
⎝ ∂T<br />
G,<br />
P<br />
R1<br />
⎛ ∂H<br />
+<br />
⎜<br />
⎝ ∂V<br />
⎛ ∂H<br />
+ ⎜<br />
⎝ ∂P1<br />
2<br />
G,<br />
P<br />
G,<br />
P<br />
⎞<br />
⎟ ⋅ ∆T<br />
⎠<br />
Re servoir<br />
2<br />
R1<br />
2<br />
2<br />
⎞ 2 ⎛ ∂H<br />
G,<br />
P ⎞ 2<br />
⎟ ⋅ ∆P1<br />
+ ⎜ ⋅ ∆P1<br />
+<br />
P ⎟<br />
⎠ ⎝ ∂ 1 ⎠<br />
⎞<br />
⎟ ⋅ ∆V<br />
⎠<br />
⎛ ∂H<br />
+ ⎜<br />
⎝ ∂T<br />
G,<br />
P<br />
R2<br />
2<br />
Re servoir<br />
2<br />
2<br />
⎞<br />
⎟ ⋅ ∆T<br />
⎠<br />
2<br />
R2<br />
⎛ ∂H<br />
+ ⎜<br />
⎝ ∂ρ<br />
+<br />
G,<br />
P<br />
Polymer<br />
2<br />
⎞<br />
⎟ ⋅ ∆ρ<br />
⎟<br />
⎠<br />
2<br />
Polymer<br />
( 3-26 )<br />
Die in Gleichung ( 3-26 ) auftretenden partiellen Ableitungen lassen sich analytisch oder über<br />
Differenzenquotienten berechnen. Für eine vergleichbare Gaslöslichkeitsapparatur hat bereits<br />
Zheng eine analytische Berechnung der partiellen Ableitungen vorgenommen, allerdings mit<br />
zahlreichen Annahmen und Vereinfachungen [Zheng 1993]. In dieser Arbeit wird dem Vorgehen<br />
von Reichl und Clausen gefolgt, die sukzessive alle Einflussgrößen variieren und daraus<br />
die vorwärts genommenen Differenzenquotienten berechnen, die anstelle der Differentialquotienten<br />
in das Fehlerfortpflanzungsgesetz eingesetzt werden [Reichl 1996, Clausen 2000].<br />
In Tab. 13 sind die maximalen Unsicherheiten der einzelnen Einflussgrößen aufgeführt.<br />
Tab. 13: Unsicherheiten der Messgrößen bei der Berechnung des Henrykoeffizienten.<br />
Messgröße Unsicherheit<br />
Eingewogene Lösungsmittelmasse, m ±0,1 g<br />
Druck im Gasreservoir zu Beginn der Messung, P1 (Wika 1,6 bar)<br />
±1,6 mbar<br />
Druck im Gasreservoir zu Beginn der Messung, P1 (Wika 10 bar)<br />
±10 mbar<br />
Druck im Gleichgewichtszustand, P2 (Wika 1,6 bar)<br />
±1,6 mbar<br />
Druck im Gleichgewichtszustand, , P2 (Wika 10 bar)<br />
±10 mbar<br />
Temperatur im Gasreservoir zu Beginn der Messung, TR1<br />
±0,1 K<br />
Temperatur im Gasreservoir im Gleichgewichtszustand, TR2 ±0,1 K<br />
Temperatur in der Messzelle im Gleichgewichtszustand, TZ1<br />
Volumen der Messzelle, VZelle<br />
±0,1 K<br />
±0,1 cm 3<br />
Volumen des Gasreservoirs, VGasreservoir<br />
±0,2 cm 3<br />
Lösungsmitteldichte, ρPolymer ±0,0005 g/cm 3
Aus den Arbeiten von Reichl und Clausen ist bekannt, wie die Anteile der einzelnen Messgrößen<br />
in den Gesamtfehler eingehen. Die Drücke zu Beginn der Messung und im Gleichgewichtszustand<br />
machen zu 70% des Gesamtfehlers aus, gefolgt von den Volumina der Messzelle<br />
und des Gasreservoirs mit ca. 20%. Dementsprechend sind Ansätze zur Minimierung des<br />
Fehlers bei der Genauigkeit der Druckmessung bzw. bei der Genauigkeit der Volumenbestimmung<br />
für die Apparatur zu suchen.<br />
Bei den im Rahmen dieser Arbeit vermessenen Systemen lagen die berechneten Messfehler<br />
für die binären Systeme mit Kohlendioxid im Bereich von 1 bis 2%. Die binären Systeme mit<br />
Methan konnten mit einer Genauigkeit von 3 bis 4% angegeben werden, bei Gleichgewichtsdrücken<br />
von 1,4 bar und Löslichkeiten von wCH4=0,00018. Die Stickstofflöslichkeit in allen<br />
<strong>Polymere</strong>n war sehr gering, so dass die Ungenauigkeiten hohe Werte annahmen. Der Messfehler<br />
lag zwischen 14 und 20%. Zur Minimierung des Fehlers wurden Messungen bei einem<br />
höheren Gleichgewichtsdruck durchgeführt (1,4bar �4,6bar). Der Verbesserungseffekt durch<br />
die größere Menge gelösten Gases wurde jedoch durch die größere Ungenauigkeit bei der<br />
Druckmessung kompensiert.<br />
Die Genauigkeiten der wässrigen Polymerlösungen können mit Ungenauigkeiten von 1 bis<br />
5% angegeben werden.<br />
Im Anhang 6.2.1 sind die Tabellen der gemessenen Henrykoeffizienten abgebildet mit den<br />
berechneten Messungenauigkeiten.<br />
3.4 Gaslöslichkeitsmessungen bei hohem Druck<br />
Die Löslichkeitsmessungen von Kohlendioxid in verschiedenen <strong>Polymere</strong>n bei hohem Druck<br />
wurden an einer Magnetschwebewaage (MSW) durchgeführt. Durch das berührungslose<br />
Messprinzip können hohe Temperatur- und Druckbereiche angefahren werden. Prinzipiell<br />
können neben Löslichkeiten auch noch physikalische Größen wie Dichte, Viskosität oder<br />
Oberflächenspannung bestimmt werden.<br />
Das Messprinzip der MSW ist in der Literatur bereits hinreichend beschrieben worden, deswegen<br />
wird an dieser Stelle nur eine kurze Erläuterung gegeben [Areerat et al. 2002, Sato et<br />
al. 2002].<br />
3.4.1 Messapparatur und Versuchsdurchführung<br />
Der Aufbau der Messapparatur ist in Abb. 19 dargestellt. Die Magnetschwebewaage der Firma<br />
Rubotherm deckt einen Messbereich von 0 bis 150 bar bei Temperaturen bis 200°C ab.<br />
Das Herzstück der Apparatur bildet die berührungsfreie Messung der Masse der Probe im<br />
Probekorb. Die Probe hängt an einem Schwebemagneten, der aus einem Permanentmagnet,<br />
einem Sensorkern und einer Messlastabkopplung besteht.<br />
Der Schwebemagnet wird über eine Regeleinrichtung von einem an der Waage aufgehängten<br />
Elektromagneten in einem freien Schwebezustand gehalten. Der Regelkreis steuert die am<br />
Elektromagneten anliegende Spannung, so dass eine konstante vertikale Position des Schwebemagneten<br />
realisiert wird. Über eine überlagerte Sollwertregelung lassen sich verschiedene<br />
Anfahrpositionen ermöglichen. Auf diese Weise wird die zu messende Kraft über die Magnetschwebekupplung<br />
berührungsfrei aus dem Messraum auf die außerhalb, unter Laborbedingungen<br />
angeordnete Analysenwaage übertragen [Rubotherm]. Im Betrieb der Waage kann<br />
über zwei Betriebszustände der Waage die Masse der Probe ermittelt werden. Bei der Nullpunktsmessung<br />
wird der Probenkorb über die Messlastabkopplung abgelegt und vom Schwebeteil<br />
entkoppelt. Bei Erreichen einer konstanten Position des Schwebemagneten wird ein<br />
Nullpunkt aufgenommen. Ein Messpunkt wird bei gekoppelter Messlast aufgenommen. Die<br />
Masse der Probe kann dann als Differenz beider Werte bei Kenntnis der Masse des Probekorbs<br />
und der Aufhängung ermittelt werden.<br />
43
44<br />
Abb. 19: Fliessbild der Magnetschwebewaage<br />
Die Thermostatisierung des Messbereichs erfolgt über zwei getrennte Thermostate (TT1 und<br />
TT2), so dass im oberen Bereich der Messzelle (TT2) eine leicht höhere Temperatur zur Verhinderung<br />
von Kondensation eingestellt werden kann. Die Temperatur der Probe wird über<br />
ein Widerstandsthermometer (Pt100) gemessen, das unterhalb des Korbs angebracht ist. Der<br />
Druck wird außerhalb der Messzelle von einem Drucksensor (GE-Druck) bestimmt. Der<br />
Messraum kann mit einer Vakuumpumpe evakuiert werden. Über eine Gasversorgung können<br />
das Messgas (CO2) oder Helium in das System eingeleitet werden. Mit einem Pickelmodul<br />
(PM, PM 101 NWA) kann das CO2 zu höheren Drücken verdichtet werden.<br />
Bevor eine Löslichkeitsmessung durchgeführt werden kann, muss in zwei Schritten zunächst<br />
die Polymerprobe bei höheren Temperaturen unter Vakuum (
kann die Dauer eines Messpunktes bis zu zwei Tagen betragen. Im Gegensatz zu den Messungen<br />
an der Gaslöslichkeitsapparatur kann die Probenmasse nicht gerührt werden, so dass<br />
der Lösungsvorgang durch den Stofftransport limitiert ist. Im Verlauf der Messung muss die<br />
Temperatur am Thermostaten nachreguliert werden, da sich die Wärmeleitfähigkeit in Abhängigkeit<br />
von der Dichte von Kohlenstoffdioxid verändert. Eine detaillierte Beschreibung<br />
der Versuchsdurchführung, im Besonderen der Volumenbestimmung über die Heliummessung<br />
ist bei Buchele zu finden [Buchele 2006]. Je vermessener Löslichkeitsisotherme wurden<br />
mindestens zwei unabhängige Messreihen bei unterschiedlichen Drücken durchgeführt.<br />
Abb. 20: Aufzeichnung des Messprogramms der Magnetschwebewaage bei einer CO2-<br />
Löslichkeitsmessung (gepunktete Linie: Temperatur; gestrichelte Linie: Druck; durchgezogene,<br />
gekrümmte Linie: Massendifferenz der Probe)<br />
3.4.2 Auswertung<br />
Bei der Auswertung der Messdaten wird mit Hilfe eines Matlab-Programmes im Gleichgewichtszustand<br />
jeweils ein Mittelwert für Druck, Temperatur und Probenmasse bestimmt. Die<br />
Masse an gelöstem Gas kann aus einer Kräftebilanz um den Probekorb gewonnen werden und<br />
ergibt sich aus der Gewichtskraft und der entgegen wirkenden Auftriebskraft der Probe in der<br />
umgebenden Gasatmosphäre.<br />
mCO 2 = m1(<br />
P,<br />
T ) − m0<br />
( P = 0,<br />
T ) + ρ CO2<br />
( P,<br />
T ) ⋅ ( VKorb<br />
+ VPolymer<br />
( P,<br />
T ) )<br />
( 3-27 )<br />
Von der Masse der Probe bei Versuchsbedingungen (m1(P,T)) wird die im Vakuum ermittelte<br />
Masse (m0(P=0,T)) abgezogen und die Auftriebskorrektur addiert. Letztere ergibt sich aus der<br />
Multiplikation der Dichte des umgebenden Messgases mit der Summe der Volumina von<br />
Korb und Probe. Die Volumina von Korb und Probe gehen aus der Messung mit Helium hervor<br />
und die Dichte wird mit der Zustandsgleichung von Span und Wagner berechnet [Span<br />
und Wagner]. Gleichung ( 3-27 ) gilt jedoch nur bei niedrigem Druck, denn sobald die Menge<br />
an eingelöstem Gas (CO2) mit höheren Drücken (bei den hier untersuchten <strong>Polymere</strong>n ca. 20<br />
bar) stark zunimmt, ändert sich auch das Volumen der Probe und damit auch der Auftrieb, den<br />
die Probe erfährt. In der englischsprachigen Literatur wird der im Deutschen missverständli-<br />
45
46<br />
che Begriff des „Swelling“ 3 für dieses physikalische Verhalten (Löslichkeit des Gases im Polymer)<br />
verwendet. In Gleichung ( 3-28 ) wird diese Volumenzunahme (∆V) berücksichtigt,<br />
wobei ∆V dimensionslos ist, wie aus Gleichung ( 3-29 ) ersichtlich ist.<br />
mCO2 = m1(<br />
P,<br />
T ) − m0<br />
( P = 0,<br />
T ) + ρCO<br />
2 ( P,<br />
T ) ⋅ ( VKorb<br />
+ VPolymer<br />
( P,<br />
T)<br />
⋅ ( 1+<br />
∆V<br />
( P,<br />
T)<br />
) ) ( 3-28 )<br />
Die Probenmasse bei Versuchsbedingungen (m1(P,T)) und im Vakuum (m0(P=0,T)) werden<br />
im Experiment ermittelt, die Dichte von CO2 (ρ(T,P)) kann wieder über die Zustandsgleichung<br />
von Span und Wagner berechnet werden, das Volumen des Probekorbs wurde einmal<br />
für alle Experimente ermittelt und das Volumen des Polymers in Abhängigkeit von Druck und<br />
Temperatur konnte aus den Messungen des Biegeschwingers bei Hochdruck erhalten werden.<br />
Lediglich die Volumenzunahme kann nicht direkt über die MSW gemessen werden, so dass<br />
eine Abschätzung oder zusätzliche Experimente notwendig sind. In der Literatur existieren<br />
verschiedene Ansätze, um dieses Phänomen zu berücksichtigen. In experimentell aufwendigen<br />
Experimenten wird die Volumenzunahme der Polymerprobe bei Rajendran et al. und Pantoula<br />
et al. in einer zusätzlichen Hochdrucksichtzelle vermessen (beide für das System CO2-<br />
PMMA) [Rajendran et al. 2005, Pantoula et al. 2007], wobei Rajendran et al. ein Modell<br />
(„Two-Density-Method“) entwickeln, um über eine rein gravimetrische Versuchsanordnung<br />
in zwei Schritten über die Zugabe eines Inertgases sowohl die Löslichkeit, als auch die Volumenzunahme<br />
zu messen. Keller et al. verwenden ebenfalls eine erweiterte Apparatur, die ein<br />
mit Polymer beladenes Drehpendel enthält und über dynamische Messungen der Kreisfrequenz<br />
und deren Abfall bei einer leicht gedämpften Schwingung die Volumenzunahme<br />
bestimmen [Keller et al. 1999]. Eine weitere Möglichkeit der Berücksichtigung der Volumenzunahme<br />
besteht in Voraussage des Volumenverhaltens der Mischung (Gas und Polymer)<br />
mittels einer Zustandsgleichung.<br />
In der Literatur hat sich in erster Linie die Gleichung von Sanchez-Lacombe (SL) für Polymersysteme<br />
durchgesetzt [Sanchez und Lacombe 1976, 1978, Lacombe und Sanchez 1976,<br />
Areerat et al. 2002, Sato et al. 2002, Li et al. 2002, Li et al. 2007]. Dabei werden die von der<br />
Waage gemessenen Löslichkeiten ohne Berücksichtigung der Volumenzunahme (scheinbare<br />
Löslichkeit) in einem weiteren Schritt mit der SL-ZGL korrigiert, indem die Volumenzunahme<br />
(∆V) berechnet wird.<br />
( 1+<br />
W ) ⋅ν<br />
Polymer ( P,<br />
T,<br />
W )<br />
∆V<br />
=<br />
−1<br />
( 3-29 )<br />
ν ( P,<br />
T,<br />
0)<br />
Polymer<br />
In Gleichung ( 3-29 ) steht W für die Löslichkeit des Gases im Polymer und ν für das spezifische<br />
molare Volumen des begasten und des unbegasten Polymers. In dieser Arbeit wurde nur<br />
das molare Volumen der begasten Polymerprobe mit SL berechnet, denn die Dichten der reinen<br />
Polymerprobe wurden mit dem Hochdruckbiegeschwinger sehr genau vermessen. Die<br />
charakteristischen Parameter der SL-ZGL wurden mit den Dichtedaten aus der Hochdruckdichtemessung<br />
angepasst. Zur Ermittlung der charakteristischen SL-Parameter der <strong>Polymere</strong><br />
finden sich bei Buchele weiterführende Angaben [Buchele 2006].<br />
3 „Swelling“ [Deutsch: Quellung]; Quellung meint eine durch chemische Wechselwirkungen<br />
mit einem Lösungsmittel (Wasser) induzierte Volumenzunahme, indem durch die hydratisierende<br />
Wirkung des Lösungsmittels (Wasser) Wasserstoffbrückenbindungen aufgebaut werden.
Durch die Verwendung der SL-ZGL mit den in Kapitel 2.3.2 aufgeführten Mischungsregeln<br />
kommt mit dem binären Wechselwirkungsparameter kij eine weitere Unbekannte hinzu, so<br />
dass eine weitere Gleichung zur Lösbarkeit des Systems erforderlich ist. Dazu wird die Pha-<br />
P<br />
sengleichgewichtsbeziehung für CO2 formuliert mit φ 1 als dichtest gepacktem Volumenanteil<br />
von CO2 in der Polymerphase.<br />
P<br />
P G<br />
µ 1 ( T,<br />
P,<br />
φ1<br />
) = µ 1 ( T,<br />
P)<br />
( 3-30 )<br />
Die chemischen Potenziale von CO2 in der Polymerphase und der Gasphase können unter<br />
Verwendung der Mischungsregeln aus Kapitel 2.3.2 aufgestellt werden [Sato et al. 2002].<br />
Insgesamt ergibt sich ein Satz von 3 Gleichungen (( 3-28 )( 3-29 )( 3-30 )) und drei Unbekannten<br />
(kij, ∆V, W), die iterativ gelöst werden müssen.<br />
* * *<br />
1<br />
1 ⎛ 1 ⎞<br />
0 1 + 2 − 12 2<br />
= + ⎜ − ⎟<br />
1 ⋅ 2 + 1 ⋅ ⋅<br />
⋅ 2 +<br />
* ~<br />
⋅<br />
⎝ 2 ⎠<br />
( 1 ⋅ 1 )<br />
2<br />
P<br />
P<br />
µ ( T,<br />
P,<br />
φ )<br />
r<br />
lnφ<br />
1 φ ~ P P P<br />
r ρ<br />
φ<br />
R T<br />
r<br />
P T<br />
⎛ ~ ~<br />
⎞<br />
0 ⎜<br />
ρ P<br />
⎛ ⎞<br />
1 ⎛ 1 ⎞<br />
1<br />
+ r ⋅ − + + ⎜ ⎟ ⋅ ( −<br />
~ ρ ) + ⋅ ( ) ⎟<br />
⎜<br />
⎜<br />
⎟ ~<br />
1 ~ ~ ~ ln 1<br />
ln ρ<br />
⎟<br />
⎝ ρ ⋅<br />
~<br />
0<br />
T ⎝ ρ −1<br />
1 T1<br />
⎠ ⎝ r1<br />
⎠ ⎠<br />
G<br />
⎛<br />
~<br />
µ<br />
⎛ ⎞ ⎞<br />
1 ( T,<br />
P)<br />
~<br />
0 ρ<br />
⎜ 1 P1<br />
⎛ 1 ⎞<br />
1<br />
= r ⋅ − + + ⋅ ( − ) + ⋅ ( ) ⎟<br />
⎜<br />
⎜<br />
⎟ ~<br />
⎜<br />
⎟ ~<br />
1 ~<br />
ln 1 1 ln 0<br />
1<br />
⋅<br />
~ ~<br />
⎟<br />
⎝ ⋅<br />
~<br />
ρ<br />
ρ<br />
R T<br />
T ⎝ ρ1<br />
−1<br />
1 ρ1<br />
T1<br />
⎠<br />
⎝ r1<br />
⎠ ⎠<br />
( 3-31 )<br />
( 3-32 )<br />
Es ist offensichtlich, dass bei dieser Art der Auswertung die ermittelte Löslichkeit sehr stark<br />
von der Fähigkeit der Zustandsgleichung abhängt, das unbekannte Mischungsverhalten korrekt<br />
zu beschreiben. In der Literatur finden sich nur wenige Vergleiche zwischen verschiedenen<br />
Zustandsgleichungen. Li et al. vergleichen die Sanchez-Lacombe mit der Simha-<br />
Somcynsky Gleichung und stellen Unterschiede bei der berechneten CO2-Löslichkeit in Polylaktid<br />
(PLA) von 20% fest [Li et al. 2006]. In einer weiteren Untersuchung wird zusätzlich zu<br />
den beiden, aus den Gittergastheorie („Lattice Fluid Theory“) stammenden Modellen auch<br />
noch die PC-SAFT Gleichung getestet [Li et al. 2005]. Die Ergebnisse bestätigen den großen<br />
Einfluss der verwendeten Zustandsgleichung auf den Wert der gemessenen Löslichkeit. In<br />
diesem Zusammenhang muss auch berücksichtigt werden, dass die Modellierungsansätze für<br />
Systeme mit verzweigten <strong>Polymere</strong>n noch in einem sehr heterogenen Stadium sind und verschiedenste<br />
Theorien miteinander koppeln, um den Einfluss der hyperverzweigten Struktur<br />
und der Endgruppen auf das Gleichgewicht zu berücksichtigen. Da die SL-ZGL sich bereits<br />
als robustes Werkzeug für lineare <strong>Polymere</strong> bewährt hat, wurde in dieser Arbeit darauf zurückgegriffen.<br />
Eine exaktere Ermittlung der Löslichkeit ist nur durch eine weitere experimentelle Untersuchung<br />
der Volumenzunahme möglich und damit mit erheblichem Aufwand verbunden.<br />
Schließlich kann mit Gleichung ( 3-33 ) der Massenbruch des gelösten CO2 bestimmt werden.<br />
mCO2<br />
wCO<br />
=<br />
( 3-33 )<br />
2 m + m<br />
CO2<br />
Polymer<br />
3.4.3 Fehlerrechnung<br />
Zur Berechnung der maximalen Unsicherheit der Löslichkeit nach dem linearen Fehlerfortpflanzungsgesetz<br />
muss die Bestimmungsgleichung des Massenbruchs nach den einzelnen<br />
Einflussgrößen abgeleitet werden. Es wurde darauf verzichtet den Fehler zu quantifizieren,<br />
der durch die Abschätzung der Volumenzunahme entsteht. Dann ergibt sich als Gleichung für<br />
den Massenbruch:<br />
m1<br />
− m0<br />
+ ρCO<br />
2 ⋅VKorb<br />
+ Polymer<br />
wCO<br />
=<br />
( 3-34 )<br />
m − m + ⋅V<br />
+ m<br />
2<br />
1 0 ρCO<br />
2<br />
Korb+<br />
Polymer<br />
Polymer<br />
47
48<br />
Die gemessenen Größen von Druck und Temperatur gehen vor allem in die mit der Zustandsgleichung<br />
von Span und Wagner berechnete Dichte des Kohlendioxids ein und wurden<br />
in der entsprechenden Angabe der Messunsicherheit berücksichtigt. Im Vergleich zu dem<br />
nicht quantifizierten Fehlers, der bei der Abschätzung der Volumenzunahme erfolgt, ist der<br />
Fehler bei der Berechnung der CO2 Dichte eher gering.<br />
∂w<br />
ρ<br />
CO2<br />
CO2<br />
⋅ mPolymer<br />
=<br />
( 3-35 )<br />
∂V<br />
m − m + ρ ⋅V<br />
+ m<br />
∂w<br />
∂ρ<br />
∂w<br />
Polymer<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
∂m<br />
1<br />
∂w<br />
∂m<br />
∂m<br />
CO2<br />
0<br />
∂w<br />
=<br />
=<br />
=<br />
( ) 2<br />
1<br />
0<br />
CO2<br />
Korb+<br />
Polymer<br />
Polymer<br />
( ) 2<br />
m − m + ρ ⋅V<br />
+ m<br />
1<br />
0<br />
V<br />
Korb+<br />
Polymer<br />
CO2<br />
⋅ m<br />
Polymer<br />
Korb+<br />
Polymer<br />
Polymer<br />
( ) 2<br />
m − m + ρ ⋅V<br />
+ m<br />
1<br />
0<br />
CO2<br />
m<br />
− m<br />
Polymer<br />
Korb+<br />
Polymer<br />
Polymer<br />
Polymer<br />
( ) 2<br />
m1<br />
− m0<br />
+ ρCO<br />
2 ⋅VKorb<br />
+ Polymer + mPolymer<br />
( )<br />
( ) 2<br />
− m1<br />
− m0<br />
+ VKorb+<br />
Polymer ⋅ ρCO<br />
=<br />
m − m + ρ ⋅V<br />
+ m<br />
CO2<br />
2<br />
Polymer<br />
1<br />
0<br />
CO2<br />
Korb+<br />
Polymer<br />
Polymer<br />
( 3-36 )<br />
( 3-37 )<br />
( 3-38 )<br />
( 3-39 )<br />
Der Gesamtfehler ergibt sich aus der Addition der Einzelfehler und wird in den Wertetabellen<br />
im Anhang in Kapitel 6.2 angegeben.<br />
∂wCO<br />
∂w<br />
∂<br />
2<br />
CO<br />
w<br />
2<br />
CO2<br />
∆wCO = ⋅ ∆ρ<br />
+ ⋅ ∆V<br />
+ ⋅ ∆m1<br />
+<br />
2<br />
CO2<br />
Polymer<br />
∂ρ<br />
∂V<br />
∂m<br />
∂w<br />
+<br />
∂m<br />
CO2<br />
0<br />
CO2<br />
⋅ ∆m<br />
0<br />
∂w<br />
+<br />
∂m<br />
CO2<br />
Polymer<br />
Polymer<br />
⋅ ∆m<br />
Polymer<br />
1<br />
( 3-40 )<br />
Für die Massen ∆m1, ∆m0 und ∆mPolymer wird jeweils die Messungenauigkeit der Waage angesetzt<br />
(siehe Tab. 14). Für den Volumenfehler werden ∆VPolymer =10 -3 cm³ angesetzt, für den<br />
Dichtefehler ∆ρCO2= 5⋅10 -4 g/cm³. Bei der Angabe der realen Löslichkeit muss noch der Fehler<br />
durch die Abschätzung der Volumenzunahme berücksichtigt werden. Dazu wird eine konservativ<br />
abgeschätzte Unsicherheit von 10% auf die angegebenen Löslichkeitswerte veranschlagt.<br />
Es ist zu betonen, dass eine genauere Angabe der Unsicherheiten und auch der gemessenen<br />
Löslichkeitsdaten erfolgen kann, sobald die Methode zur Bestimmung der<br />
Volumenzunahme verbessert wird, denn die Rohdaten der MSW zu den scheinbaren Löslichkeiten<br />
können weiterhin für zukünftige Auswertungen verwendet werden. Im Rahmen dieser<br />
Arbeit wird noch zu erläutern sein, inwiefern die PC-SAFT Gleichung zur Berechnung der<br />
CO2-Löslichkeit in verzweigten <strong>Polymere</strong>n eingesetzt werden kann.<br />
Bei beiden hyperverzweigten Polyester Boltorn U3000 und dem verzweigten Polyether PE1<br />
sind die Unsicherheiten beim Massenbruch ab einem Druck von 20 bar
Tab. 14: Eingesetzte Messtechnik an der Magnetschwebewaage<br />
Messgröße<br />
Symbol<br />
Einheit<br />
Masse<br />
m<br />
[g]<br />
Temperatur<br />
T<br />
[K]<br />
Druck<br />
P<br />
[bar]<br />
Messgerät<br />
Hersteller<br />
Waage<br />
Rubotherm<br />
Pt100<br />
ThermoCox<br />
Drucksensor<br />
GE Druck<br />
Auflösung<br />
Maximale Ungenauigkeit<br />
Messbereich<br />
0,00001<br />
0,0005<br />
0 – 25<br />
0,1<br />
0,5<br />
73,15 – 773,15<br />
0,01<br />
0,16<br />
0 – 200<br />
49
50<br />
4 Darstellung und Diskussion der Ergebnisse<br />
4.1 Experimentelle Phasengleichgewichtsmessungen<br />
In diesem Kapitel sind die Ergebnisse der experimentellen Löslichkeitsuntersuchungen der<br />
verwendeten verzweigten <strong>Polymere</strong> dargestellt. In einem ersten Schritt wurden die binären<br />
Systeme Gas-Polymer untersucht, um die für Absorptionsprozesse wichtigen Größen wie Kapazität<br />
und Selektivität für die abzutrennende Gaskomponente zu ermitteln. Wegen des Wasseranteils<br />
der Kraftwerksrauchgase ist es wichtig, den Einfluss dieser Komponente auf das<br />
CO2-Lösungsverhalten zu kennen. Außerdem waren ein Polyamin (PAMAM) sowie die hyperverzweigten<br />
Polyesteramide (S 1200 und HA 1690) zu viskos für eine Reinstoffmessung,<br />
so dass die Löslichkeit in wässrigen Systemen vermessen werden musste. Diese Untersuchungen<br />
bildeten die Grundlage für die in Kapitel 4.4 durchgeführte Prozesssimulation.<br />
Weiterhin wurde die CO2-Löslichkeit in einigen verzweigten <strong>Polymere</strong>n bei hohem Druck<br />
vermessen. Hochdruckdaten gelöster Gase in <strong>Polymere</strong>n sind neben anderen thermodynamischen<br />
Daten eine wichtige Voraussetzung bei der Entwicklung und dem Test neuer thermodynamischer<br />
Modelle. Im Bereich der hyperverzweigten <strong>Polymere</strong> fehlen noch Modelle, die<br />
eine ausreichende Berücksichtigung des Einflusses der verzweigten Struktur und der großen<br />
Zahl funktioneller Gruppen auf das Phasengleichgewicht explizit berücksichtigen.<br />
4.1.1 Löslichkeiten von CO2, CH4 und N2 in verzweigten <strong>Polymere</strong>n bei<br />
niedrigem Druck<br />
In Abb. 21 sind die mit der Gaslöslichkeitsapparatur experimentell bestimmten Henrykoeffizienten<br />
von CO2 in verschiedenen linearen und verzweigten <strong>Polymere</strong>n in Abhängigkeit der<br />
Temperatur dargestellt. Bei sämtlichen Systemen nimmt die Löslichkeit mit steigender Temperatur<br />
in einem linearen Verhältnis ab. Die hyperverzweigten Polyester H2004 und U3000<br />
besitzen die geringsten Löslichkeiten, bei den Polyethern steigt die Löslichkeit in der folgenden<br />
Reihenfolge: PE1 < PE2 < PE3. Die strukturgleichen linearen Polyether PE2 und PE3<br />
unterscheiden sich lediglich mit ihren Endgruppen. Die Modifizierung von OH (PE2) zu CH3<br />
(PE3) erhöht die Löslichkeit von CO2 um 15%. Eine Modifizierung der Endgruppen des verzweigten<br />
PE1 zu unpolaren CH3 -Gruppen könnte eine ähnliche Löslichkeitserhöhung zur<br />
Folge haben. Ein möglicher Grund der schlechteren Löslichkeit in den OH-terminierten Polyethern<br />
kann in der Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen begründet liegen, so dass<br />
beim verzweigten PE1 und beim linearen PE2 die Zugänglichkeit für das CO2 zu den Ethylenoxideinheiten<br />
im Vergleich zum linearen PE3 mit unpolarer CH3-Endgruppe gemindert ist.<br />
Der Polyether PE3 hat eine vergleichbare Kapazität für CO2 wie das kommerzielle Lösungsmittel<br />
Selexol®, das zur Abtrennung von CO2 aus Erdgas- oder Synthesegasströmen verwendet<br />
wird. Angesichts der ähnlichen Molekülstrukturen, Selexol ist ein Gemisch aus Homologen<br />
des Polyethylenglykols mit einer Molmasse um 280g/mol, überrascht dieses Ergebnis<br />
nicht [Xu et al. 1992]. Im Hinblick auf eine Anwendung in der Rauchgaswäsche lässt sich für<br />
die Polyether damit schließen, dass die CO2-Löslichkeit zu gering ist.
H CO2,Polymer [bar]<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
298 318 338 358 378<br />
T [K]<br />
Abb. 21: Temperaturabhängigkeit der massenbasierten Henrykoeffizienten von CO2 in verschiedenen<br />
verzweigten und linearen <strong>Polymere</strong>n und in Selexol®: (+) H-2004; (x) B-U3000;<br />
(∆) PE1; (□) PE2; (◊) PE3; (▲) Lupasol-FG; (●) Selexol® mit Daten von Xu et al. 1992; Die<br />
gestrichelten Linien dienen nur einer deutlicheren Darstellung. Die Fehler der Einzelmessungen<br />
zwischen 1-2%.<br />
Die höchsten CO2-Löslichkeiten wurden mit Lupasol-FG gemessen. Das Polyethylenimin<br />
besteht aus zahlreichen Aminogruppen (primäre, sekundäre und tertiäre Aminogruppen im<br />
Verhältnis 1:1:1). Während der Experimente stieg beim Beginn des Absorptionsvorgangs die<br />
Messzellentemperatur um 2 bis 4K, so dass aufgrund der starken Mischungseffekte und auch<br />
vor dem Hintergrund der –NH2 Gruppen als Funktionalität der Endgruppen ein chemischer<br />
Lösungsprozess naheliegt. Weitere Untersuchungen müssten klären, ob es zur Carbamatbildung<br />
kommt. Die Polyethylenimine können ein interessanter Ausgangspunkt auf der Grundlage<br />
von molekularen Modifikationen sein. Zahlreiche Forschungsgruppen untersuchen Polyamine<br />
oder gehinderte Amine als Alternative zu den bekannten Alkanolaminen [De Filippis et<br />
al. 2000; Sartori und Savage 1993; Chakraborty et al. 1986; Mimura et al. 1995]. Die Amine<br />
in diesen Molekülen können, vergleichbar zu tertiären Aminen, nicht direkt mit CO2 zu den<br />
stabilen Carbamatverbindungen reagieren. Während tertiäre Amine in Anwesenheit von Wasser<br />
im Vergleich zu MEA zwar höhere CO2 Beladungen von 1 mol/mol erlauben, ist die Reaktionskinetik<br />
limitierend. Sartori und Savage berichten von gehinderten Aminen, die zwar<br />
Carbamate bilden, deren Stabilität aber 125-fach geringer ist als die MEA-Carbamate bei vergleichbaren<br />
Reaktionskinetiken[Sartori und Savage 1993]. So ergäben sich größere thermodynamische<br />
Beladungsverhältnisse und eine Reduzierung der Energie zur Lösungsmittelregeneration.<br />
In die gleiche Richtung weisen die gehinderten Amine der KS-Serie, mit denen<br />
Mimura et al. geringere Absorptionsenthalpien, größere Beladungsverhältnisse und geringere<br />
Regenerationstemperaturen realisiert [Mimura et al. 1995]. Dieser Weg ließe sich bei entspre-<br />
51
52<br />
chenden Modifizierungen mit den hyperverzweigten Polyethyleniminen fortsetzen, denn wegen<br />
der sterischen Hinderung in der makromolekularen Struktur bzw. bei der gezielten Synthese<br />
sterisch gehinderter hyperverzweigter Polyamine sind gleiche Effekte wahrscheinlich.<br />
Diaf und Beckman synthetisieren hochmolekulare lineare und vernetzte Copolymere 4 auf Styrolbasis<br />
mit verschiedenen Aminen, so dass <strong>Polymere</strong> mit funktionalisierten Aminogruppen<br />
(primäre, sekundäre und tertiäre Aminogruppen) entstehen [Diaf et al. 1993, Diaf et al. 1994,<br />
Diaf und Beckman 1995]. Bei ihren CO2-Sorptionsversuchen vermuten sie die Bildung eines<br />
polymergebundenen Zwitterions, das sowohl zwischen primären, sekundären als auch tertiären<br />
Aminogruppen und CO2 entsteht und vollkommen reversibel 5 ist [Diaf et al. 1993].<br />
Insgesamt lässt sich, wie in Abb. 21 deutlich wird, der gesamte Löslichkeitsbereich mit hyperverzweigten<br />
<strong>Polymere</strong>n abbilden.<br />
Eine wichtige Voraussetzung bei der Abtrennung von CO2 aus Rauchgasen oder anderen Gasströmen<br />
ist die Selektivität gegenüber den anderen Gasen in der Mischung. Im Rahmen dieser<br />
Arbeit wurden deswegen noch die Löslichkeiten von Stickstoff und Methan in den verzweigten<br />
<strong>Polymere</strong>n vermessen. Im Fall der Kraftwerksrauchgase liegt im Wesentlichen eine<br />
CO2/N2 Trennung vor, während viele Anwendungen auch im Bereich der CO2/CH4 Abtrennung<br />
liegen, z.B. zur Aufreinigung von Erdgasströmen oder Deponiegasen [Kohl und Nielsen<br />
1997].<br />
In Abb. 22 sind die temperaturabhängigen Henrykoeffizienten von Stickstoff in einigen verzweigten<br />
und linearen <strong>Polymere</strong>n aufgetragen. Im Vergleich zu CO2 löst sich N2 deutlich<br />
schlechter in den <strong>Polymere</strong>n. Die Löslichkeiten liegen bei Gleichgewichtsdrücken von jeweils<br />
~1,5bar bei 0,000093 bis 0,0001 (U3000) und 0,00009 bis 0,000068 (PE1, PE2, PE3). Angesichts<br />
der geringen Löslichkeiten lassen sich die Henrykoeffizienten nur mit großen Unsicherheiten<br />
angeben, die im Bereich von 10 bis 20% liegen. Auch die Verwendung eines anderen<br />
Drucksensors für den Bereich bis 10 bar führte zu keiner Verbesserung, wegen der damit<br />
verbundenen höheren Ungenauigkeit in der Druckmessung.<br />
Bei den Polyethern nimmt die Löslichkeit mit steigender Temperatur zu, wobei für PE1 und<br />
PE3 die Temperaturabhängigkeit nur schwach ausgeprägt ist. Dieses Verhalten ist bekannt für<br />
Solute, die eine niedrige kritische Temperatur besitzen. Wie in Kapitel 2.2 beschrieben durchläuft<br />
die temperaturabhängige Löslichkeitskurve ein Minimum, dessen Lage von der kritischen<br />
Temperatur der Solute abhängt. Die Systeme N2-Polyether befinden sich bei den hier<br />
vermessenen Temperaturen rechts vom Minimum. Dieses Verhalten ist auch für Gaslöslichkeiten<br />
von O2 und Argon in verschiedenen Ionischen Flüssigkeiten bekannt sowie für die N2-<br />
Löslichkeit in Polyethylenglykolen [Anthony et al. 2005, Husson-Borg et al. 2003, Wiesmet<br />
et al. 2000]. Der hyperverzweigte Polyester U3000 zeigt eine geringfügig höhere N2-<br />
Löslichkeit als die Polyether mit dem typischen Verlauf bei einer sehr geringen Temperaturabhängigkeit.<br />
4 Mw=98000-130000g/mol; Mw/Mn=2,5 - 3,2.<br />
5 Die Regenerationstemperaturen liegen zwischen 70 und 160°C.
H N2,Polymer [MPa]<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
298 328 358 388<br />
T [K]<br />
Abb. 22: Temperaturabhängigkeit der massenbasierten Henrykoeffizienten von N2 in verschiedenen<br />
verzweigten und linearen <strong>Polymere</strong>n: (O) B-U3000; (∆) PE1; (□) PE2; (◊) PE3;<br />
(x) PAMAM, 61 Ma% H2O; Die gestrichelten Linien dienen nur einer deutlicheren Darstellung.<br />
Die Fehler der Einzelmessungen liegen bei 10-20%.<br />
Die CH4-Löslichkeiten in einigen verzweigten und linearen <strong>Polymere</strong>n sind in Abb. 23 dargestellt.<br />
Wieder besitzen die Polyether die geringste Löslichkeit, die nur schwach von der Temperatur<br />
abhängig ist. Es lassen sich ähnliche Phänomene vermuten wie bereits im Zusammenhang<br />
mit der N2-Löslichkeit erläutert wurde. Der hyperverzweigte Polyester löst deutlich<br />
mehr CH4, was mit den langkettigen Alkanendgruppen zusammenhängen kann, die die Methanmoleküle<br />
besser lösen können als die Ethylenoxidgruppen.<br />
H CH4,Polymer [MPa]<br />
1000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
298 328 358 388<br />
T [K]<br />
Abb. 23: Temperaturabhängigkeit der massenbasierten Henrykoeffizienten von CH4 in verschiedenen<br />
verzweigten und linearen <strong>Polymere</strong>n: (●) B-U3000; (▲) PE1; (♦) PE3. Die Werte<br />
für die wässrige PAMAM – lösung können nur mit großem Fehler angegeben werden und<br />
finden sich im Anhang (siehe 6.2.3). Die gestrichelten Linien dienen nur einer deutlicheren<br />
Darstellung. Die Fehler der Einzelmessungen liegen bei
54<br />
Eine weitere Diskussion dieser Ergebnisse im Hinblick auf die Rauchgasabsorption findet<br />
sich in Kapitel 4.1.3. Die Tabellen mit den Messwerten und weiteren Angaben finden sich im<br />
Anhang in Kapitel 6.2.2.<br />
4.1.2 Löslichkeiten in wässrigen Polymerlösungen<br />
Wasser ist eine weitere Komponente des Rauchgases, so dass deren Einfluss auf die CO2-<br />
Löslichkeit in den <strong>Polymere</strong>n eine wichtige Rolle spielt. Außerdem sind einige der Polyesteramide<br />
sowie das Polyamidoamin zu viskos, um als Reinstoffe vermessen zu werden. In diesen<br />
Fällen bietet sich Wasser als Lösungsmittel an, weil es bereits im Rauchgasstrom enthalten<br />
ist, die meisten anderen Gaskomponenten geringe Löslichkeiten in Wasser aufweisen und die<br />
hier verwendeten <strong>Polymere</strong> bei den untersuchten Konzentrationen homogen löslich in Wasser<br />
sind, abgesehen von den hyperverzweigten Polyestern.<br />
In Abb. 24 sind die massenbasierten Henrykonstanten von CO2 in wässrigen Lösungen des<br />
verzweigten Polyethers PE1 abgebildet. Mit steigender Wasserkonzentration nimmt die CO2-<br />
Löslichkeit ab. Dieses Verhalten war zu erwarten, weil die Löslichkeit in Wasser wie aus<br />
Abb. 24 hervorgeht deutlich geringer ist.<br />
H CO2,H2O+PE1 [bar]<br />
1800<br />
1500<br />
1200<br />
900<br />
600<br />
300<br />
300 315 330 345 360<br />
T [K]<br />
Abb. 24: Temperaturabhängigkeit der massenbasierten Henrykoeffizienten von CO2 in<br />
wässrigen Lösungen des verzweigten Polyethers PE1 und reinem Wasser; (─) 100 Ma% H2O;<br />
(▲) 15,4 Ma% H2O; (♦) 6,6 Ma% H2O; (□) 0 Ma% H2O; Kurve für 100 Ma% H2O nach Korrelation<br />
von Carroll et al. 1991. Die gestrichelten Linien dienen nur einer deutlicheren Darstellung.<br />
In gleicher Weise verhalten sich die Löslichkeiten von CO2 in den beiden linearen Polyethern<br />
wie in Abb. 25 deutlich wird. Bereits geringere Wasseranteile von 3 bis 4Ma% erniedrigen<br />
die Löslichkeit von CO2 um 10%. Für die vermessenen Wasserkonzentrationen und über den<br />
Temperaturbereich waren die Polymerlösungen einphasig. In einem Absorptionsprozess würde<br />
sich dampfförmiges Wasser aus dem Gasstrom in das Lösungsmittel einlösen und nicht nur<br />
das Lösungsvermögen erniedrigen, sondern auch zusätzliche Prozessschritte notwendig machen,<br />
um wieder ausgeschleust zu werden.
H CO2,H2O+PE2 [bar]<br />
710<br />
650<br />
590<br />
530<br />
470<br />
410<br />
350<br />
290<br />
650<br />
a) b)<br />
300 320 340 360<br />
T [K]<br />
H CO2,H2O+PE3 [bar]<br />
575<br />
500<br />
425<br />
350<br />
275<br />
305 315 325 335 345 355<br />
T [K]<br />
Abb. 25: Temperaturabhängigkeit der massenbasierten Henrykoeffizienten von CO2 in<br />
wässrigen Lösungen der linearen Polyether PE2 und PE3; a) [PE2-Wasser: (▲) 6,1 Ma%<br />
H2O; (♦) 3,2 Ma% H2O; (□) 0 Ma% H2O]; b) [PE3-Wasser: (▲) 9,7 Ma% H2O; (♦) 4,2 Ma%<br />
H2O; (□) 0 Ma% H2O]; Die gestrichelten Linien dienen nur einer deutlicheren Darstellung<br />
Die starke Abhängigkeit der Löslichkeit vom Wasseranteil wie auch die generell zu geringe<br />
CO2-Löslichkeit in den Polyethern deuten an, dass diese <strong>Polymere</strong> nicht geeignet sind, um als<br />
Absorbentien bei einem Rauchgasfeed eingesetzt zu werden. Allerdings sind Anwendungen in<br />
methanhaltigen Gasströmen denkbar wie noch in Kapitel 4.1.3 erläutert wird.<br />
Zur Auswertung der Löslichkeiten in den wässrigen Lösungen wurden die binären Dampf-<br />
Flüssig Gleichgewichte Polymer-Lösungsmittel vermessen. Die Ergebnisse dazu, zusammen<br />
mit den Tabellen der Messwerte der CO2-Löslichkeitsmessungen und weiteren Angaben finden<br />
sich im Anhang in Kapitel 6.2.2..<br />
Die in dieser Arbeit verwendeten hyperverzweigten Polyesteramide sowie das Polyamidoamin<br />
liegen zwar bei Raumtemperatur oberhalb ihrer Glastemperatur vor (abgesehen von<br />
S1200 TG=313…323 K), sind aber nicht fließfähig und damit zum einen in der Gaslöslichkeitsapparatur<br />
nicht messbar und zum anderen nicht als Reinstoffe für einen Absorptionsprozess<br />
geeignet. Aus diesem Grund wurden wässrige Lösungen dieser <strong>Polymere</strong> bei 61 Ma%<br />
H2O vermessen. Bei diesen hohen Wassergehalten ist der Partialdruck des Wassers nahezu<br />
gleich dem Dampfdruck des reinen Wassers, so dass in der Auswertung beide gleichgesetzt<br />
werden konnten (siehe Kapitel 3.3.2). Außerdem ergaben sich dadurch niedrige Viskositäten<br />
der Lösungen. Die wässrige PAMAM-Lösung (61 Ma% H2O) hat eine Viskosität von<br />
9,5 mPas bei 25 °C, die unabhängig von der aufgeprägten Scherrate ist (Newtonsches Verhalten),<br />
siehe dazu auch die Ergebnisse in Kapitel 4.4.4.3.<br />
Abb. 26 zeigt die CO2-Löslichkeitsergebnisse der beiden wässrigen hyperverzweigten Polyesteramidlösungen<br />
und der wässrigen Polyamidoaminlösung. Mit dem Polyesteramid<br />
HA1690 ergeben sich die höchsten CO2-Löslichkeiten. Die Henrygerade für CO2-PAMAM<br />
startet im niederen Temperaturbereich bei gleichen Henrykoeffizienten wie HA1690, steigt<br />
aber steiler an und für das Polyesteramid S1200 ergeben sich die niedrigsten CO2-Löslichkeiten<br />
von allen vermessenen <strong>Polymere</strong>n und Polymerlösungen. Die beiden Polyesteramide<br />
sind sehr ähnlich aufgebaut, S1200 mit Diisopropanolamin als Monomereinheit und HA 1690<br />
mit einer Wiederholungseinheit aus einem Diisopropanolamin-Phthalsäureanhydrid Reaktionsprodukt.<br />
Obwohl die Struktur beider Polyesteramide nicht vollkommen identisch ist, unterscheiden<br />
sich die <strong>Polymere</strong> im Wesentlichen durch ihre funktionellen Endgruppen. S1200<br />
trägt OH-Gruppen und HA1690 tertiäre Aminogruppen. Die hohen Löslichkeiten in HA 1690<br />
55
56<br />
sind eher auf die Anwesenheit der tertiären Aminogruppen zurückzuführen, während die<br />
Amidogruppen in S1200 keinen Einfluss auf die Löslichkeit besitzen.<br />
H CO2,H2O+Polymer [bar]<br />
2000<br />
1600<br />
1200<br />
800<br />
400<br />
200<br />
160<br />
120<br />
80<br />
40<br />
0<br />
300 320 340 360 380<br />
0<br />
305 330<br />
T [K]<br />
355 380<br />
Abb. 26: Temperaturabhängigkeit der massenbasierten Henrykoeffizienten von CO2 in<br />
wässrigen Lösungen der hyperverzweigten Polyesteramide S1200 und HA1690 und des Polyamidoamins<br />
PAMAM; (O) S1200, 61 Ma% H2O; (x) PAMAM, 61 Ma% H2O; (□) HA 1690,<br />
61 Ma% H2O; Die gestrichelten Linien dienen nur einer deutlicheren Darstellung.<br />
Aus der Literatur ist bekannt, dass niedermolekulare Komponenten, die tertiäre Aminogruppen<br />
tragen in Wasser mit CO2 zur Bildung des Bikarbonats führen [Sartori und Savage 1983].<br />
H 2O<br />
− +<br />
CO2<br />
+ R1R2<br />
R3N<br />
⇔ HCO3<br />
+ R1R2<br />
R3N<br />
H<br />
( 4-1 )<br />
Für die polymeren Komponenten können ähnliche Mechanismen vermutet werden. In Abb. 27<br />
sind für verschiedene wässrige Lösungen des PAMAMs die massenbasierten Henrykoeffizienten<br />
von CO2 aufgetragen. Mit steigendem Polymergehalt steigt auch die Löslichkeit von<br />
CO2 in der Lösung. Allerdings nur bis zu einem Polymermassengehalt von 59 Ma%. Die Henrygerade<br />
für 69 Ma% PAMAM ist zu geringeren Löslichkeiten verschoben und liegt oberhalb<br />
der Gerade für 39 Ma% PAMAM (61 Ma% H2O).<br />
Obwohl das PAMAM Molekül eine größere Anzahl tertiärer Amingruppen als das Polyesteramid<br />
aufweist (PAMAM: 14; HA 1690: 8), sind die CO2-Löslichkeiten in HA 1690 höher.<br />
Dieser Umstand kann in der Struktur der verzweigten <strong>Polymere</strong> begründet liegen, denn<br />
PAMAM trägt die Amingruppen nicht als funktionelle Endgruppen an der Moleküloberfläche,<br />
sondern als Verzweigungseinheiten im Inneren des Moleküls. Zusätzlich können Abschirmungseffekte<br />
auftreten, bedingt durch intra- und inter molekulare Wasserstoffbrückenbindungen<br />
der OH-Gruppen des Moleküls und mit dem Lösungsmittel Wasser. In diese<br />
Richtung weisen auch die Ergebnisse von Seiler et al. bei der Berechnung des Dampf-Flüssig-<br />
Gleichgewichts für PAMAM-Wasser mit der Gruppenbeitragsmethode UNIFAC-FV [Seiler<br />
et al. 2004]. Die besten Übereinstimmungen mit den experimentellen Daten werden erzielt,<br />
wenn nur die terminalen Polymerstruktureinheiten bei der Berechnung der Wechselwirkungen<br />
(residueller Term) berücksichtigt werden, so dass 6 der 14 tertiären Aminogruppen gar nicht<br />
berücksichtigt werden (siehe auch UNIFAC-FV Berechnungen in dieser Arbeit in Kapitel<br />
4.2.2). Diese Überlegungen werden durch einen Vergleich der pH-Werte der wässrigen unbe-
gasten Polymerlösungen bestärkt. Bei 23°C liegt der pH-Wert der wässrigen HA 1690 Lösung<br />
(61 Ma% H2O) bei einem höheren Wert (pH=9,7) im Vergleich zur wässrigen PAMAM-<br />
Lösung (61 Ma% H2O, pH= 9,3). Diese Werte spiegeln einerseits den typischen Bereich tertiärer<br />
Aminlösungen wider und könnten andererseits die höhere CO2-Löslichkeit in der HA<br />
1690 Lösung erklären. Ähnlich wie bei dem tertiären Amin Methyldiethanolamin (MDEA)<br />
könnten die verzweigten <strong>Polymere</strong> eine Katalysatorfunktion zur CO2-Hydratation übernehmen<br />
[Savage und Sartori 1984]. An dieser Stelle sind weitere experimentelle Untersuchungen<br />
angebracht, um die Lösungsmechanismen besser zu klären.<br />
H CO2,H2O+Polymer [bar]<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
305 330 355 380<br />
T [K]<br />
Abb. 27: Temperaturabhängigkeit der massenbasierten Henrykoeffizienten von CO2 in<br />
wässrigen Lösungen des Polyamidoamins PAMAM; (♦) 31 Ma% H2O (□) 41Ma% H2O;<br />
(x) 61 Ma% H2O; (∆) 75 Ma% H2O; Die gestrichelten Linien dienen nur einer deutlicheren<br />
Darstellung.<br />
4.1.3 Kapazität, Selektivität, Absorptionsenthalpie<br />
Um die Ergebnisse aus Kapitel 4.1.2 besser bewerten zu können, vor allem hinsichtlich des<br />
Potenzials der verzweigten <strong>Polymere</strong> als neue Absorbentien, werden die in Kapitel 2.6 aufgestellten<br />
Kriterien für neue Lösungsmittel wie CO2-Kapazität, CO2-Selektivität oder die Absorptionsenthalpie<br />
diskutiert.<br />
In Abb. 28 sind die Beladungen der verzweigten und linearen <strong>Polymere</strong> mit CO2 bei 40°C als<br />
Funktion des Drucks dargestellt. Die Kurven für alle <strong>Polymere</strong> folgen einem physikalischen<br />
Lösungsverhalten wie z.B. bei Selexol und die Beladung nimmt proportional zum CO2-<br />
Partialdruck zu. Wie bereits in Kapitel 4.1.1 geschildert, liegen die Löslichkeiten in den Polyethern<br />
im Bereich konventioneller Lösungsmittel.<br />
57
58<br />
P CO2 [bar]<br />
100<br />
10<br />
1<br />
0.1<br />
0.01<br />
0.001<br />
10<br />
a) b)<br />
40°C<br />
0.0 0.7 1.4 2.1 2.8<br />
Beladung [Mol CO 2 / Mol Solvent]<br />
P CO2 [bar]<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
40°C<br />
0 3 6 9 12 15 18<br />
Beladung [Mol CO 2 / kg Solvent]<br />
Abb. 28: CO2-Kapazitäten der verschiedenen verzweigten <strong>Polymere</strong> sowie von Selexol<br />
und einer 30 Ma% MEA-Lösung bei 40°C. Die Löslichkeiten sind immer auf das reine Polymer<br />
bezogen, bei wässrigen Lösungen ist der Wasseranteil nicht enthalten. Als Berechnungsgrundlage<br />
dienen die vermessenen Henrykoeffizienten. a) [CO2 Beladung in Mol Gas/Mol<br />
Lösungsmittel]; b) [CO2 Beladung in Mol Gas/kg Lösungsmittel]; (▲) HA 1690; (■)<br />
PAMAM; (●) MEA, Jou et al. 1994; (o) verzweigtes PE1; (◊) lineares PE3; (─) Selexol, Xu<br />
et al. 1992; graue Linie: CO2-Partialdruck im Rauchgas (Kohle). Alle Linien dienen nur der<br />
besseren Übersichtlichkeit.<br />
Aus der Literatur ist bekannt, dass die CO2-Löslichkeit mit der Anzahl der Ethereinheiten im<br />
Molekül ansteigt [Fogg 1992]. Dieser Zusammenhang ist ebenfalls aus Abb. 28 a) zu entnehmen.<br />
Ein Vergleich der Anzahl der Ethylenoxideinheiten in den Komponenten mit weiteren<br />
Literaturdaten ergibt einen proportionalen Anstieg der molaren CO2-Beladung mit der Anzahl<br />
der C-O-C Verbindungen. Dabei ist kein wesentlicher Einfluss der verzweigten Struktur des<br />
Polyethers PE1 in Abb. 29 zu erkennen.<br />
Die linearen Polyether PE2 und PE3 sind von gleicher Struktur, lediglich die Funktionalitäten<br />
der Endgruppen unterscheiden sich (OH und CH3). Die Unterschiede in den Beladungen von<br />
30% sind nicht nur auf die geringfügig unterschiedliche Anzahl an Ethylenoxideinheiten zurückzuführen,<br />
was einen Unterschied von 15% ergäbe. Die größeren Abweichungen legen den<br />
bereits in Kapitel 4.1.1 erwähnten Einfluss von Wasserstoffbrückenbindungen im OHterminierten<br />
Polymer nahe, die die Zugänglichkeit der Ethylenoxideinheiten für das CO2 limitieren.
Beladung [Mol CO2 / Mol Polymer]<br />
0.20<br />
0.16<br />
0.12<br />
0.08<br />
0.04<br />
0.00<br />
PE3 (C-O-C: 11-12)<br />
CH 2CHCH 2(OCH 2CH 2) 11OCH 3<br />
PE2 (C-O-C:10)<br />
CH 2CHCH 2(OCH 2CH 2) 10OH<br />
0 10 20 30 40<br />
Anzahl der C-O-C Verbindungen<br />
PE1 (C-O-C: 37)<br />
<strong>Verzweigte</strong> Struktur<br />
Abb. 29: Abhängigkeit der molaren CO2-Beladung von der Anzahl der Ethylenoxideinheiten<br />
im Molekül bei T=20°C und PCO2=1,013bar. (♦) Werte aus Fogg et al. 1992; (■) Selexol,<br />
Wert berechnet mit Angaben aus Xu et al. 1992 und Kohl und Nielsen 1997; (∆) diese Arbeit<br />
Aus den CO2-Kapazitäten des Polyamidoamins und des hyperverzweigten Polyesteramids in<br />
Abb. 28 wird deutlich, dass diese <strong>Polymere</strong> bereits bei moderatem bis niedrigem Druck, wie<br />
im Fall der Rauchgaswäsche vorliegend, hohe Lösungsmittelbeladungen ermöglichen. Dabei<br />
sind sogar höhere Beladungen möglich als bei der stöchiometrisch limitierten Chemisorption<br />
mit Monoethanolamin, deren Maximalwert nach dem Reaktionsschema bei 0,5 Mol CO2 pro<br />
Mol MEA liegt. Dieses Verhalten resultiert aus der hyperverzweigten Struktur der <strong>Polymere</strong>,<br />
die zahlreiche tertiäre Aminogruppen trägt, so dass bei niedrigem Druck pro Polymermolekül<br />
mehrere CO2 Moleküle gebunden werden können. Diese Besonderheit der hyperverzweigten<br />
<strong>Polymere</strong> kann für die CO2-Absorption ausgenutzt werden. Gleichwohl gilt zu beachten, dass<br />
wegen der höheren Molmassen der <strong>Polymere</strong> auch größere Stoffströme anfallen. In Abb. 28<br />
b) sind die CO2-Beladungen auf die Lösungsmittelmassen bezogen, ohne Berücksichtigung<br />
des wässrigen Anteils. Die Kurven von Chemisorption (MEA) und Physisorption (Selexol,<br />
Polyether) schmiegen sich den unterschiedlichen Achsen an. Die Kurven der wässrigen Polyesteramid<br />
und Polyamidoaminlösung liegen zwischen beiden extremen Fällen. Diese Darstellung<br />
berücksichtigt die Molmassen der Komponenten und es wird deutlich, dass die Lösungsmittelmassenströme<br />
im Prozess größere Werte im Vergleich zur MEA-Lösung besitzen<br />
müssen.<br />
Eine weitere wichtige Voraussetzung für das Absorptionsmittel bildet die Selektivität des Lösungsmittels<br />
gegenüber der abzutrennenden Komponente. Im Fall der Rauchgase ist die Trennung<br />
CO2/N2 wesentlich, in zahlreichen anderen Trennoperationen fallen Gemische mit unterschiedlicher<br />
Zusammensetzung von Methan und CO2 an, so dass die Trennung CO2/CH4 als<br />
eine weitere technisch relevante Trennaufgabe identifiziert werden kann. Im Folgenden werden<br />
die Selektivitäten auf Basis der Henrykoeffizienten unter Gewichtung der Konzentration<br />
im Feedgasstrom ermittelt [Seider et al. 1999].<br />
Feed<br />
H Gas2,<br />
Solvent ⋅ PGas1<br />
SGas1<br />
/ Gas2<br />
= Feed<br />
( 4-2 )<br />
H ⋅ P<br />
Gas1,<br />
Solvent<br />
Gas2<br />
59
60<br />
Die Ergebnisse sind in Tab. 15 abgebildet. Als heuristische Annahme ist bekannt, dass für<br />
eine scharfe Abtrennung eine Selektivität von > 4 notwendig ist [Seider et al. 1999]. Dieses<br />
Kriterium wird von den Polyethern und dem Polyamidoamin für CO2/N2 und CO2/CH4 erfüllt.<br />
Die CH4-Löslichkeiten in der wässrigen PAMAM-Lösung sind sehr gering<br />
(wCH4=0,00009…0,00012 bei T = 40 - 85 °C und P ≈ 3,6 bar) und können nur mit großen<br />
Fehlern bestimmt werden, so dass in Tab. 15 nur ein minimaler Schätzwert angegeben werden<br />
kann.<br />
Tab. 15: Selektivitäten CO2/N2 und CO2/CH4 von verschiedenen verzweigten und linearen<br />
<strong>Polymere</strong>n bei 40 °C. Annahme Rauchgas: PN2 = 0,7 bar und PCO2 = 0,12 bar bei Pgesamt=1 bar.<br />
Annahme Deponiegas: PCH4 = 6,1 bar und PCO2 = 8,0 bar bei Pgesamt = 15 bar. (Die Berechnung für<br />
Selexol erfolgt lediglich auf der Basis von Löslichkeitsdaten ohne Gewichtung durch die Feedgaszusammensetzung).<br />
Polymer S CO2<br />
/ N 2 S CO2<br />
/ CH 4<br />
Hyperverzweigter Polyester U3000 3 17<br />
<strong>Verzweigte</strong>r Polyether PE1 7 25<br />
Linearer Polyether PE2 12 --<br />
Linearer Polyether PE3 12 36<br />
Polyamidoamin PAMAM (61 Ma% H2O) 81 >100<br />
Selexol [Kohl und Nielsen 1997] 50 15<br />
Für CO2/CH4 Gemische, die in Deponiegasen oder bei der Erdgasförderung anfallen, ist das<br />
Verhältnis der beiden Komponenten zueinander entscheidend wie auch aus Abb. 30 hervorgeht.<br />
Mit den Polyethern sind ausreichende Selektivitäten ab einem Verhältnis CO2/CH4 im<br />
Feed von 0,12 bis 0,22 und für den hyperverzweigten Polyester ab 0,31 gegeben. Typische<br />
Werte für die Zusammensetzung von Deponiegasen und Erdgasgemischen werden in der Literatur<br />
mit 0,4 bis 0,76 (Deponiegas) und 0,027 bis 0,4 (Erdgas) angegeben [Kohl und Nielsen<br />
1997, Albus und Burmeister 2004]. Die oben erwähnten Gasgemische fallen bei höherem<br />
Druck an, so dass sich ausreichende CO2-Beladungen einstellen lassen und die Polyether<br />
wichtige Voraussetzungen für eine Verwendung als Absorbentien erfüllen. Auch den Vergleich<br />
mit dem kommerziellen Lösungsmittel Selexol hinsichtlich Selektivität bestehen die<br />
Polyether und das Polyamidoamin (siehe Tab. 15).<br />
Selektivität [-]<br />
11<br />
9<br />
7<br />
5<br />
3<br />
1<br />
40°C<br />
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5<br />
Verhältnis yCO2 / yCH4 im Feedgas [-]<br />
Abb. 30: Abhängigkeit der Selektivität bei der Trennung CO2/CH4 vom Verhältnis<br />
CO2/CH4 im Feed bei 40°C. (─) U3000; (--) PE1; (···) PE3; graue Linie: S=4, scharfe Trennung<br />
möglich.
Wie in Kapitel 3.3.2 ausgeführt, lassen sich die Absorptionsenthalpien von Kohlendioxid bei<br />
unendlicher Verdünnung in den polymeren Lösungsmitteln aus den Henrykoeffizienten<br />
bestimmen. Die Ergebnisse sind in Tab. 16 abgebildet. 6 Im Vergleich zur hohen Reaktionsenthalpie<br />
von CO2 in wässriger MEA-Lösung sind die Werte für CO2 in den hyperverzweigten<br />
Polyestern und den linearen und verzweigtem Polyether ungefähr um 85% geringer.<br />
Die Polyamine, hyperverzweigte Polyesteramide und das Polyamidoamin, besitzen Absorptionsenthalpien,<br />
die ungefähr 1/3 der von MEA entsprechen. Bei beiden experimentellen<br />
Absorptionsvorgängen sind leichte Temperatureffekte zu beobachten. Angesichts des oben<br />
beschriebenen vermuteten Lösungsmechanismus des CO2 in den polyaminen <strong>Polymere</strong>n sind<br />
höhere Absorptionsenthalpien eine folgerichtige Konsequenz.<br />
Tab. 16: CO2-Absorptionsenthalpien bei unendlicher Verdünnung in den <strong>Polymere</strong>n und<br />
wässrigen Polymerlösungen. *Anthony et al. 2004<br />
GL<br />
Absorptionsenthalpie, ∆<br />
Polymer<br />
[kJ/mol]<br />
Hyperverzweigter Polyester H2004 -10,2<br />
Hyperverzweigter Polyester U3000 -10,4<br />
<strong>Verzweigte</strong>r Polyether PE1 -12,1<br />
Linearer Polyether PE2 -13,3<br />
Linearer Polyether PE3 -13,5<br />
Dendritisches Polyamidoamin PAMAM, 61 Ma% H2O -31,8<br />
Hyperverzweigtes Polyesteramid HA 1690, 61 Ma% H2O -31,0<br />
Monoethanolamin, 70 Ma% H2O -85,0*<br />
h∞CO 2<br />
Bei der Verwendung hyperverzweigter <strong>Polymere</strong> oder deren wässriger Lösungen als Gasabsorbentien<br />
werden demnach, wie erwartet für überwiegend physisorptive Lösungsvorgänge,<br />
geringere Lösungsenthalpien frei. Dieses Verhalten stellt eine weitere wichtige Voraussetzung<br />
für den ökonomischen Einsatz der verzweigten <strong>Polymere</strong> in Absorptionsprozessen dar, denn<br />
je geringer die bei der Absorption freiwerdende Energie ist, desto weniger Energie muss auch<br />
bei der Regeneration des Lösungsmittels aufgewendet werden.<br />
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass verzweigte <strong>Polymere</strong> ein großes Potenzial<br />
besitzen, um als neue Absorbentien zur Trennung von Gasgemischen eingesetzt zu werden.<br />
Am Beispiel von CO2 konnte gezeigt werden, dass wichtige thermodynamische Kriterien wie<br />
die Kapazität für eine Solute sowie die Selektivität gegenüber anderen Komponenten wie N2<br />
oder CH4 bei überwiegend physisorptiven Lösungsvorgängen ausreichend erfüllt sind. Dabei<br />
ist es wichtig zu beachten, dass das große Maßschneiderungspotenzial dieser Makromoleküle<br />
noch komplett ungenutzt gelassen wurde. Weitere experimentelle Untersuchungen zum Absorptionsvorgang<br />
hinsichtlich eines tieferen Verständnisses der Lösungsmechanismus sowie<br />
der Kinetik, des Einflusses der weiteren Rauchgaskomponenten wie O2, SO2 und NOx auf die<br />
Stabilität der <strong>Polymere</strong> oder auch eine Absorption aus dem Gasgemisch sind notwendig, um<br />
das Potenzial der verzweigten <strong>Polymere</strong> noch besser einschätzen zu können.<br />
6 Die abgebildeten Absorptionsenthalpien sind aus den Henry-Koeffizienten bestimmt, berücksichtigen<br />
also nur physikalische Lösungseffekte. Im Fall der <strong>Polymere</strong> mit Aminogruppen,<br />
besonders beim Polyesteramid HA 1690 können zusätzlich noch chemische Beiträge<br />
vorliegen.<br />
61
62<br />
4.1.4 CO2-Löslichkeiten in verzweigten <strong>Polymere</strong>n bei hohem Druck<br />
In den Abbildungen Abb. 31 und Abb. 32 sind die mit der Magnetschwebewaage (MSW)<br />
gemessenen CO2-Löslichkeiten bei hohem Druck aufgetragen. Mit höherem Druck und niedrigeren<br />
Temperaturen nimmt die Löslichkeit von CO2 in den <strong>Polymere</strong>n zu. In einer ersten<br />
Auswertungsprozedur wird dabei die Löslichkeit unter Vernachlässigung der Volumenzunahme<br />
der Probe durch das gelöste CO2 ermittelt. Für beide <strong>Polymere</strong> ergeben sich die aus<br />
der Literatur für lineare <strong>Polymere</strong> bereits bekannten Verläufe bei Messungen mit der Magnetschwebewaage<br />
[Areerat et al. 2002, Sato et al. 2002, Li et al. 2002, Li et al. 2007, Lei et al.<br />
2007]. Dieser Effekt ist besonders bei niedrigen Temperaturen (41°C) deutlich ausgeprägt,<br />
scheinbar nimmt der gelöste CO2-Anteil mit steigendem Druck wieder ab. Die mit der Waage<br />
aufgezeichnete Abnahme der gemessenen Probenmenge ab einer bestimmten Menge an eingelöstem<br />
CO2, ergibt sich aus dem dominierenden Einfluss der Auftriebskraft der Probe über<br />
der von ihr erfahrenen Gewichtskraft. Der in der ersten Auswertungsprozedur erfasste Auftrieb<br />
der Probe berücksichtigt nicht die Volumenausdehnung der Probe infolge des eingelösten<br />
CO2, sondern nur das Volumen bei wCO2=0Ma%.<br />
14<br />
Druck [MPa]<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
41°C ohne Volumenzunahme<br />
50°C ohne Volumenzunahme<br />
75°C ohne Volumenzunahme<br />
41°C mit S-L abgeschätzt k(ij)=-0,0461<br />
50°C mit S-L abgeschätzt k(ij)=-0,0479<br />
75°C mit S-L abgeschätzt k(ij)=-0,0598<br />
0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 0.35 0.40 0.45<br />
w CO2 [g/g]<br />
Abb. 31: CO2-Löslichkeitsisothermen im verzweigten Polyether PE1 ohne Berücksichtigung<br />
der Volumenzunahme der Polymerprobe sowie Abschätzung der Löslichkeit mit der<br />
ZGL Sanchez-Lacombe [Buchele 2006, Rolker et al. 2007]. Alle Linien dienen nur der Übersichtlichkeit<br />
Die Volumenzunahme der Probe kann wie in Kapitel 3.4 bereits ausgeführt, nicht direkt mit<br />
der MSW erfasst werden und muss entweder mit einem anderen Verfahren gemessen oder<br />
kann mit einer adäquaten Zustandsgleichung abgeschätzt werden [Rajendran et al. 2005, Pantoula<br />
et al. 2007, Sato et al. 2002, Li et al. 2007]. In dieser Arbeit wurde die für lineare <strong>Polymere</strong><br />
bereits bewährte Zustandsgleichung von Sanchez-Lacombe verwendet [Areerat et al.<br />
2002, Sato et al. 2002, Li et al. 2002, Li et al. 2007, Lei et al. 2007]. An den großen Abweichungen<br />
der korrigierten Löslichkeitswerten von den nicht korrigierten Werten bei hohem<br />
Druck und damit einem großen gelösten CO2-Massenanteil wird der erhebliche Einfluss der<br />
Volumenzunahme auf das Ergebnis deutlich und damit auch der Einfluß der Abschätzmethode.
Druck [MPa]<br />
15<br />
12<br />
9<br />
6<br />
3<br />
0<br />
41°C ohne Volumenzunahme<br />
100°C ohne Volumenzunahme<br />
41°C Volumenzunahme mit S-L k(ij)=-0,0217<br />
100°C Volumenzunahame mit S-L k(ij)=-0,0595<br />
0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 0.35<br />
w CO2 [g/g]<br />
Abb. 32: CO2-Löslichkeitsisothermen im hyperverzweigten Polyester U3000 ohne Berücksichtigung<br />
der Volumenzunahme der Polymerprobe sowie Abschätzung der Löslichkeit mit<br />
der ZGL Sanchez-Lacombe [Buchele 2006, Rolker et al. 2007]. Alle Linien dienen nur der<br />
Übersichtlichkeit<br />
In Abb. 33 ist die Volumenzunahme der Polymerproben über dem CO2-Druck aufgetragen.<br />
Mit steigendem Druck nimmt auch das Volumen der Polymerprobe zu. Es zeigt sich ein deutlicher<br />
Einfluss der Volumenzunahme von der Gleichgewichtstemperatur. Dieses Verhalten<br />
spiegelt die starke Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit und die hohen absoluten Löslichkeiten<br />
wider. Im Vergleich dazu bestimmen Lei et al. und Li et al. für die Schmelzen von linearem<br />
Polypropylen und leicht verzweigtem Ethen/Okten Copolymer bei geringen absoluten<br />
Löslichkeiten (bei 100 bar um 7 Ma%) keinen wesentlichen Einfluss der Temperatur auf die<br />
Volumenzunahme [Lei et al. 2007, Li et al. 2006].<br />
Volumenzunahme [%]<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
CO 2-PE1 2-PE1<br />
41°C<br />
50°C<br />
75°C<br />
0 2 4 6 8 10 12 14<br />
Druck [MPa]<br />
Volumenzunahme [%] [%]<br />
40<br />
36<br />
32<br />
28<br />
24<br />
20<br />
16<br />
12<br />
8<br />
4<br />
0<br />
CO CO2-U3000 2-U3000<br />
41°C<br />
100 °C<br />
0 5 10 15<br />
Druck [MPa]<br />
Abb. 33: Volumenzunahme der Polymerprobe in Abhängigkeit des CO2-Drucks, berechnet<br />
mit der Sanchez-Lacombe Gleichung.<br />
63
64<br />
Bei der Verwendung der Sanchez-Lacombe ZGL müssen die Referenzparameter der Reinstoffkomponenten<br />
bekannt sein (siehe Tab. 17). Diese werden im Allgemeinen aus Hochdruckdichtedaten<br />
der <strong>Polymere</strong> angepasst, was auch für andere ZGL üblich ist. Zu diesem<br />
Zweck wurden mit der in Kapitel 3.2.2 beschriebenen Hochdruck Biegeschwingerapparatur<br />
Hochdruckdichten vermessen und die Parameter angepasst. Eine ausführliche Beschreibung<br />
der Ermittlung der Reinstoffparameter auf Basis der Polymerreinstoffdichten ist bei Buchele<br />
zu finden [Buchele 2006].<br />
Tab. 17: Referenzdaten der Reinstoffparameter der Sanchez-Lacombe ZGL für CO2 und<br />
die vermessenen <strong>Polymere</strong> PE1 und U3000.<br />
P* ρ*<br />
Komponente [MPa] [kg/m 3 T*<br />
] [K] Referenz<br />
PE1 401,5 1143 594,0<br />
Buchele 2006,<br />
U3000 423,0 1064 585,6<br />
Rolker et al. 2007<br />
CO2 369,1 1253 *<br />
TCO −4<br />
= −7.<br />
56 ⋅10<br />
T + 0.<br />
459 ⋅T<br />
+ 208.<br />
9 Sato et al. 2000<br />
2<br />
In Abb. 34 sind die vermessenen Hochdruckdichten der verzweigten <strong>Polymere</strong> abgebildet. Es<br />
ergibt sich das typische Verhalten polymerer Flüssigdichten, die mit steigender Temperatur ab<br />
und mit steigendem Druck zunehmen.<br />
Druck [MPa]<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
25°C 50°C 75°C<br />
100°C 125°C SL<br />
45<br />
a) b)<br />
Druck [MPa]<br />
0.98 1.00 1.02 1.04 1.06 1.08 1.10<br />
Dichte [g/cm³]<br />
36<br />
27<br />
18<br />
9<br />
0<br />
25°C 50°C 75°C<br />
100°C 125°C SL<br />
0.91 0.94 0.97 1.00 1.03<br />
Dichte [g/cm³]<br />
Abb. 34: Experimentell ermittelte isotherme Hochdruckdichtedaten für a) <strong>Verzweigte</strong>n Polyether<br />
PE1 und b) Hyperverzweigten Polyester U3000; Die Linien sind die mit der Sanchez-<br />
Lacombe ZGL angepassten Dichten auf Basis der Reinstoffparameter in Tab. 17.<br />
Die Abweichungen der Dichteanpassung mit der Sanchez-Lacombe ZGL sind in Tab. 18 aufgeführt.<br />
Es ergeben sich gute Übereinstimmungen. Im Bereich höherer Temperaturen und bei<br />
hohem Druck sind die Abweichungen am größten.<br />
Tab. 18: Abweichungen der Dichteanpassung mit der Sanchez-Lacombe ZGL von den gemessenen<br />
Werten.<br />
Durchschnittlicher Maximaler<br />
Fehler<br />
Fehler<br />
U3000 0,2% 0,8%<br />
PE1 0,2% 0,7%
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass für die bestimmten Löslichkeiten eine Unsicherheit hinsichtlich<br />
der Genauigkeit bestehen bleibt, die nicht genau quantifiziert werden kann, weil die<br />
Genauigkeit in der Bestimmung der Volumenzunahme nicht exakt angegeben werden kann.<br />
Hier können nur Vergleiche mit unterschiedlichen Messmethoden Aufschluss geben.<br />
4.2 Vorausberechnung der Löslichkeit mit UNIFAC-FV<br />
Das Gruppenbeitragsmodell UNIFAC-FV wurde bereits vielfach erfolgreich angewendet, um<br />
das Phasenverhalten von Systemen mit hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n zu beschreiben, wobei<br />
bisher vor allem Dampf-Flüssig Gleichgewichte untersucht wurden [Kouskoumvekaki et al.<br />
2002, Tande et al. 2002, Seiler et al. 2004]. Die molekularen Besonderheiten dendritischer<br />
<strong>Polymere</strong> wie die verzweigte Struktur und der große Anteil funktioneller Gruppen besitzen<br />
einen Einfluss auf das Phasenverhalten und müssen dementsprechend in der Modellierung<br />
abgebildet sein. Obwohl UNIFAC-FV die polymere Struktur nicht direkt beschreiben kann,<br />
denn sämtliche Parameter des kombinatorischen und des residuellen Beitrags gehen in das<br />
Modell wegen des strukturinterpolierenden Ansatzes nur additiv ein, kann der Einfluss der<br />
Struktur und der funktionellen Gruppen indirekt durch die unterschiedlichen Beiträge zur Aktivität<br />
berücksichtigt werden. Seiler et al. betrachteten den residuellen Beitrag und ließen bei<br />
der Berechnung des Dampf-Flüssig Gleichgewichts die Beobachtung einfliessen, dass unterschiedliche<br />
Struktureinheiten der <strong>Polymere</strong> (lineare, dendritische und terminale Einheiten) die<br />
Wechselwirkungen zwischen Polymer- und Lösungsmittelmolekülen dominieren. Bei OH<br />
terminierten hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n in guten polaren Lösungsmitteln wurde wegen der<br />
Ausbildung verhältnismäßig großer hydrodynamischer Radien angenommen, dass alle polymeren<br />
Einheiten an den Wechselwirkungen teilnehmen. Die Lösungsmittelmoleküle sind<br />
nicht durch sterische Effekte gehindert, in das Polymermolekül zu penetrieren [Seiler et al.<br />
2004]. Tande et al. manipulierten den b-Parameter des Freie-Volumen Beitrags, um eine Penetration<br />
der Lösungsmittelmoleküle in das hyperverzweigte Polymermolekül besser beschreiben<br />
zu können [Tande et al. 2002].<br />
In dieser Arbeit ist das UNIFAC Modell von Interesse, weil es Lösungsmittelaktivitäten und<br />
damit das unbekannte Löslichkeitsverhalten in den <strong>Polymere</strong>n auf der Basis des bekannten<br />
Lösungsverhaltens niedermolekularer Komponenten vorausberechnen kann. Auf diese Weise<br />
könnten vor dem Hintergrund einer Maßschneiderung der hyperverzweigten <strong>Polymere</strong> in einem<br />
ersten Schritt UNIFAC Strukturgruppen vorausgesagt werden, die für die CO2 Absorption<br />
günstig sind. Ein großer Vorteil von UNIFAC besteht in der Möglichkeit, Vorausberechnungen<br />
komplexer Systeme mit polaren und unpolaren Komponenten auszuführen, ohne dass<br />
experimentelle Daten des gesuchten Systems zur Parameteranpassung zu Verfügung stehen<br />
müssen.<br />
Eine weitere Berechnungsmethode besteht in der Verwendung von apriori - Modellen wie<br />
z.B. des COSMO-RS Modells 7 , das auf der Basis einer Molekülstruktur und der Kombination<br />
quantenmechanischer Berechnungen mit der statistischen Thermodynamik Stoffdaten und das<br />
thermodynamische Verhalten voraussagen kann. Im Anhang in Kapitel 6.4 ist das Ergebnis<br />
einer ersten Testrechnung für den linearen Polyether PE 2 dokumentiert.<br />
7 Conductor –like Screening Model for Real Solvents (COSMO-RS) [Klamt 1995, Klamt und<br />
Eckert 2000]<br />
65
66<br />
4.2.1 Polymerzerlegung<br />
Im ersten Schritt müssen die Polymermoleküle in UNIFAC Strukturgruppen zerlegt werden.<br />
Für die Polyether waren die Strukturen der <strong>Polymere</strong>, sowohl der linearen als auch der verzweigten<br />
Komponenten aus C 13 -NMR bekannt, so dass im Fall der linearen Polyether auf<br />
Basis der Molmassen nur noch die Anzahl der Wiederholungseinheiten bestimmt werden<br />
musste. Für den verzweigten Polyether konnte über die Kenntnis der Anzahl der OH-Gruppen<br />
die Anzahl der Verzweigungseinheiten ermittelt werden und aus dem vom Hersteller gemessenen<br />
Verhältnis von Ethylenoxid zu Propylenoxideinheiten die Länge der Ethylenoxidketten<br />
im Molekül berechnet werden (siehe Kapitel 3.1.1.1).<br />
Bei der Zerlegung des hyperverzweigten Polyesters U3000 musste auf Literaturdaten und<br />
einige Annahmen zurückgegriffen werden, weil die Polymerstruktur nicht genau bekannt ist.<br />
Auf der Grundlage der Arbeiten von Žagar und Žigon, die den Verzweigungsgrad für das hyperverzweigte<br />
Boltorn H40 (4. Generation) untersucht haben und von Mackay und Carmezini,<br />
die die theoretische Molmassenangabe für das Boltorn H30 Molekül der Hersteller von<br />
3500g/mol auf 1320 g/mol korrigieren sowie der Herstellerinformation, dass Boltorn H30 das<br />
Startermolekül für U3000 abgibt, wurde die Zerlegung durchgeführt [Žagar und Žigon 2002,<br />
Mackay und Carmezini 2002]. 8 Gemäß der Veresterung von 90% der OH-Gruppen mit den<br />
Fettsäuren des Sonnenblumenöls (zu 94% aus C18 Fettsäuren bestehend, mit Molmassen um<br />
280 g/mol) ergibt sich eine Molmasse von 5250g/mol für das U3000 Molekül. In Tab. 19 sind<br />
die UNIFAC Gruppen nach der Polymerzerlegung aufgeführt.<br />
Tab. 19: Zerlegung der verzweigten und linearen <strong>Polymere</strong> in UNIFAC Strukturgruppen<br />
UNIFAC Gruppen<br />
<strong>Polymere</strong> CH3 CH2 CH C OH CH2O CCOO CH2COO<br />
Polyether PE 1 17 36 13 4 6 37 0 0<br />
Polyether PE2 0 12 1 0 1 10 0 0<br />
Polyether PE3 1 14 1 0 0 12 0 0<br />
Polyester U3000 29 185 56 0 2 0 15 14<br />
Die Polyether lassen sich mit den Hauptgruppen der Alkane CH2, der Hydroxylgruppe OH<br />
sowie der Ethergruppe CH2O beschreiben, für den hyperverzweigten Polyester kommt noch<br />
die Estergruppe CCOO hinzu.<br />
Verwendete Stoffdaten und Parameter<br />
Die Dichten der <strong>Polymere</strong> waren aus experimentellen Untersuchungen mit dem Biegeschwinger<br />
bekannt, die Wasserdichten wurden nach einer von Wagner und Pruß entwickelten Zustandsgleichung<br />
berechnet [Wagner und Pruß 2002]. Sämtliche UNIFAC Parameter stammen<br />
aus [Poling et al. 2001].<br />
Im Folgenden werden zunächst die Ergebnisse der Berechnung der beiden binären Systeme<br />
Wasser-Polymer und Gas-Polymer vorgestellt und dann wird auf die Beschreibung der ternären<br />
Systeme Gas-Wasser-Polymer eingegangen.<br />
8 Žagar und Žigon ermitteln folgende Verteilung: Lineare Einheiten: 57%, dendritische Einheiten:<br />
16,5%, terminale Einheiten: 26,5%
4.2.2 Binäre Systeme ohne Gaskomponente<br />
In Abb. 35 sind die UNIFAC Ergebnisse für die wässrigen Polyetherlösungen bei unterschiedlichen<br />
Temperaturen abgebildet. Da wässrige Systeme eher schwache Freie-Volumen<br />
Effekte aufweisen, wird häufig ohne den Freie Volumen Beitrag gerechnet [Lindvig et al.<br />
2002, Elbro et al. 1990]. Dieses Verhalten trifft auch auf die hier untersuchten Systeme zu.<br />
Partialdruck Partialdruck H H 2O 2O 2O [mbar]<br />
2O [mbar]<br />
2O [mbar]<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
500<br />
400<br />
a) b) c)<br />
0<br />
0 0.1 0.2 0.3 0.4<br />
Massenbruch H H2O 2O 2O<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
0 0.1 0.2 0.3 0.4<br />
Massenbruch H H2O 2O 2O<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
0 0.1 0.2 0.3 0.4<br />
Massenbruch H H2O 2O 2O<br />
Abb. 35: UNIFAC Ergebnisse für die wässrigen Polyethersysteme bei unterschiedlichen<br />
Temperaturen. (─) UNIFAC-FV mit b=1, c=1,1; (--) UNIFAC; (─) UNIFAC mit Wechselwirkungsparametern<br />
und QH2O=0,865 von Rasmussen und Rasmussen 1989 . Experimentelle<br />
Daten: Diese Arbeit. a) [H2O-PE2 (♦) 42,9°C; (▲) 72,7°C]; b) [H2O-PE3 (♦) 39,0°C; (▲)<br />
70,2°C]; c) [H2O-PE1 (♦) 40,0°C; (▲) 70,0°C]<br />
Bei einer Berücksichtigung des Freie Volumen Beitrags muss der b-Parameter mit b=1 gewählt<br />
werden, denn bei Verwendung des Standardwerts b=1,28 ist keine Berechnung möglich.<br />
Lindvig et al. weisen darauf hin, dass bei großen Werten der Polymerdichte das „harte<br />
Kugel“ Volumen des Polymers (v=1,28 *vvdW) größer sein kann als das reale molare Polymervolumen<br />
[Lindvig et al. 2002].<br />
Eine Verbesserung der Übereinstimmung von experimentellen und berechneten Werten beim<br />
originalen UNIFAC Modell ist noch möglich, wenn die von Rasmussen und Rasmussen bestimmten<br />
neuen Wechselwirkungsparameter verwendet werden, die den besonderen Konformationen<br />
der Ethylenoxidgruppen in wässrigen Lösungen Rechnung tragen [Rasmussen und<br />
Rasmussen 1989]. 9 Danach treten die CH2 Gruppen nicht besonders stark in Wechselwirkung<br />
mit den Wassermolekülen, was durch die Erweiterung der CH2O Gruppe zur CH2-CH2O<br />
Gruppe bei der Parameteranpassung berücksichtigt wird. Das Dampf-Flüssig Gleichgewicht<br />
des verzweigten Polyethers PE1 kann nicht so gut beschrieben werden. Die Ursache könnte in<br />
der mangelhaften Beschreibung der Wechselwirkungen des Wassers mit den verschiedenen<br />
Ethylenoxidzweigen begründet liegen, bei denen durch sterische Effekte oder Wasserstoff-<br />
9 Rasmussen und Rasmussen bestimmen aH2O,CH2-CH2O=-28,53K und aCH2-CH2O,H2O=705,9K<br />
und rechnen mit QH2O=0,865 [Rasmussen und Rasmussen 1989].<br />
67
68<br />
brückenbindungen die Zugänglichkeit der Wassermoleküle zu den CH2-CH2O Gruppen beschränkt<br />
ist.<br />
In Abb. 36 sind die UNIFAC Ergebnisse der wässrigen Polyamidoaminlösung für unterschiedliche<br />
Temperaturen abgebildet. Die Ergebnisse von Seiler et al. werden bestätigt, wonach<br />
die Beschreibung des Dampf-Flüssig Gleichgewichts der PAMAM-Lösung besser gelingt,<br />
wenn nur die terminalen <strong>Polymere</strong>inheiten in den residuellen Beitrag der Aktivität<br />
eingehen, was mit der dendritischen Struktur zusammenhängt [Seiler et al. 2004]. Dabei werden<br />
die dendritischen <strong>Polymere</strong>inheiten zu Pseudo-UNIFAC Strukturgruppen erklärt, deren<br />
Wechselwirkungsparameter mit Wasser zu Null gesetzt werden. Der kombinatorische Anteil<br />
bleibt unverändert. Die in Generationen synthetisierten Dendrimere ab Generation vier sind<br />
dicht gepackte harte kugelförmige Makromoleküle, so dass die Lösungsmittelmoleküle nur<br />
schwer in das Molekül penetrieren können und mit den inneren dendritischen Moleküleinheiten<br />
in Wechselwirkung treten. Dieses Verhalten ist beim OH terminierten PAMAM als<br />
dendritischem Polymer zweiter Generation wahrscheinlich schwächer ausgeprägt. Jang und<br />
Bae bestätigen, dass der Einfluss der Wechselwirkungen zwischen Lösungsmittel und polymeren<br />
Endgruppen das Dampf-Flüssig Phasenverhalten dominieren [Jang und Bae 2001].<br />
In Abb. 36 wurde neben dem originalen UNIFAC Modell auch die Modifizierung aus Lyngby<br />
(UNIFAC Lyngby) getestet. Im Vergleich zum originalen UNIFAC ergeben sich in beiden<br />
Fällen (mit und ohne Berücksichtigung der dendritischen Einheiten in der residuellen Aktivität)<br />
gute Übereinstimmungen mit den experimentellen Werten. Dabei wird der eigentliche<br />
Vorteil des Lyngby Modells, der in der besseren Beschreibung der Temperaturabhängigkeit<br />
der Aktivitätskoeffizienten liegt, zum originalen UNIFAC deutlich. Die quantitative Beschreibung<br />
der experimentellen Daten erfolgt nicht zufriedenstellend.<br />
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass UNIFAC die wässrigen verzweigten und dendritischen<br />
Polymerlösungen mit einigen Modifizierungen, um der verzweigten Struktur bzw.<br />
deren Einfluss auf das Phasenverhalten Rechnung zu tragen, zufriedenstellend beschreiben<br />
kann.<br />
Partiladruck Partialdruck Partiladruck Partialdruck H H 2O [mbar]<br />
2O 2O [mbar] [mbar]<br />
2O [mbar]<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
350<br />
a) b)<br />
0 0.2 0.4 0.6<br />
Massenbruch H 2O 2O<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
0 0.2 0.4 0.6<br />
Massenbruch H H2O 2O<br />
Abb. 36: UNIFAC Ergebnisse für die wässrige Polyamidoaminlösung bei unterschiedlichen<br />
Temperaturen. Darstellung des Dampf-Flüssig Gleichgewichts (♦) 70,1°C; (▲) 52,1°C;<br />
(■) 30,2°C; (─) UNIFAC; (···) UNIFAC Lyngby; Experimentelle Daten: Diese Arbeit. a)<br />
[H2O-PAMAM, Berücksichtigung der dendritischen und terminalen <strong>Polymere</strong>inheiten]; b)<br />
[H2O-PAMAM, Berücksichtigung der terminalen <strong>Polymere</strong>inheiten]
4.2.3 Binäre Systeme mit Gaskomponente<br />
Das UNIFAC-FV Modell berechnet den Lösungsmittelaktivitätskoeffizienten. Für den hier<br />
untersuchten Fall der Gaslöslichkeit werden infolgedessen die Aktivitäten der gelösten flüssigen<br />
Gaskomponente bestimmt.<br />
Es wurden nur die Gaslöslichkeiten im hyperverzweigten Polyester U3000 und in den linearen<br />
und verzweigten Polyethern betrachtet, weil das Polyamidoamin und das hyperverzweigte<br />
Polyesteramid tertiäre Aminogruppen besitzen und der Lösungsmechanismus des CO2 wahrscheinlich<br />
über die Bildung des Bikarbonats in wässriger Lösung abläuft. Die Berücksichtigung<br />
einer möglichen Reaktion in Zusammenhang mit dem UNIFAC Modell ist möglich und<br />
wurde bereits in der Literatur beschrieben, jedoch noch nicht für dissoziierende Systeme für<br />
die eine Vielzahl neuer Wechselwirkungsparameterpaare hinzukommen [Lo und Paulaitis<br />
1981, Oost und Hofmann 1996, Albert et al. 2005]. Außerdem müssten Informationen zum<br />
Reaktionsgleichgewicht zusätzlich vorhanden sein. Ein Ansatz unter Verwendung des Reaktionsgleichgewichts<br />
mit zahlreichen Vereinfachungen und Annahmen käme wahrscheinlich nur<br />
leidlich über eine Korrelation hinaus und hätte keinen vorausberechnenden Charakter mehr.<br />
4.2.3.1 Anpassung neuer Wechselwirkungsparameter<br />
Nocon et al. und Sander et al. verwendeten bereits UNIFAC-FV bzw. UNIFAC zur Berechnung<br />
von Gaslöslichkeiten in niedermolekularen Lösungsmitteln wie Alkanen, Alkoholen und<br />
Ketonen [Nocon et al. 1983, Nocon et al. 1983a, Sandler et al. 1983]. Nocon et al. erhielten<br />
bessere Ergebnisse, wenn die fehlenden Wechselwirkungsparameter zwischen der Gaskomponente<br />
und der UNIFAC Strukturgruppe an alle drei Beiträge zur Aktivität angepasst wurden<br />
und nicht wie gewöhnlich üblich nur an die kombinatorische und die residuelle Aktivität. Dieser<br />
Ansatz wurde auch in dieser Arbeit verfolgt. Dazu werden die Gaskomponenten als neue<br />
Strukturgruppen definiert. Die fehlenden Wechselwirkungsparameter wurden an Literaturdaten<br />
zu Gaslöslichkeiten in Alkanen, Alkoholen, Ethern und Ketonen bei P=1,013 bar mittels<br />
der Marquardt Methode und durch Minimierung der folgenden Zielfunktion (F) angepasst.<br />
1<br />
F =<br />
AD<br />
2<br />
, exp ,<br />
∑ ∑<br />
⎟<br />
, exp<br />
⎟<br />
AS AD ⎛ γ − ⎞<br />
ij γ ij ber<br />
⎜<br />
i j γ ij<br />
⎝<br />
⎠<br />
( 4-3 )<br />
Mit AD=Anzahl der Datenpunkte, AS=Anzahl der Systeme und γij,exp, γij,ber =experimentell<br />
ermittelter und berechneter Aktivitätskoeffizient (auf molarer Basis).<br />
Die experimentellen Aktivitätskoeffizienten wurden angesichts des geringen Drucks unter<br />
Vernachlässigung der Poyntingkorrektur bei idealer Gasphase berechnet.<br />
PGas<br />
γ Gas =<br />
0<br />
( 4-4 )<br />
x ⋅ f<br />
Gas,<br />
exp Gas<br />
Mit f 0 Gas wird in diesem Fall die Fugazität einer hypothetischen Flüssigkeit bezeichnet, weil<br />
die Gaskomponenten bei einigen untersuchten Temperaturen bereits bei überkritischen Drücken<br />
vorliegen. In der Literatur werden verschiedene Prozeduren vorgeschlagen, um die Standardfugazität<br />
dieser hypothetischen Flüssigkeit zu bestimmen. Prausnitz und Shair geben eine<br />
universale Funktion für verschiedene Gase an, die sie aus der Theorie korrespondierender<br />
Zustände ableiten und Nocon et al. extrapolieren die Fugazität der Gaskomponenten in der<br />
flüssigen Phase in den Bereich überkritischer Temperaturen, indem sie in einem Diagramm<br />
S S S<br />
log fCO 2 ( = φ CO2<br />
⋅ PCO<br />
2 ) gegen 1/T auftragen [Prausnitz und Shair 1961, Nocon et al. 1983]. In<br />
Abb. 37 sind beide Methoden über der reduzierten Temperatur aufgetragen. Im Temperaturbereich<br />
bis Treduziert=1,1 ergeben sich ganz ähnliche Funktionsverläufe, wobei die Funktion<br />
von Prausnitz/Shair größere Werte für die Standardfugazität berechnet. Die extrapolierten<br />
Funktionen durchlaufen einen Hochpunkt bei Treduziert=1,3, während die Funktion von Prausnitz/Shair<br />
kontinuierlich ansteigt und erst bei Treduziert=2,1 in einen konstanten Wert einläuft<br />
69
70<br />
(nicht im Diagramm dargestellt). In dieser Arbeit wurde die Standardfugazität der Gase als<br />
hypothetische Flüssigkeiten extrapoliert, die im hier betrachteten Temperaturbereich<br />
Treduziert=1,26 gut mit der von Nocon et al. bestimmten übereinstimmt.<br />
Für Systeme mit Stickstoff wurde auf die von Prausnitz und Shair vorgeschlagene Funktion<br />
zurückgegriffen, weil damit bessere Anpassungen an die niedermolekularen Löslichkeiten<br />
erzielen ließen (vgl. auch Abb. 63 im Anhang in Kapitel 6.3). Die N2-Systeme liegen bei erheblich<br />
höheren reduzierten Temperaturen vor.<br />
F(0,i) [bar]<br />
1000<br />
100<br />
10<br />
CO2 (Prausnitz und Shair)<br />
CO2 (Extrapolation Nocon)<br />
CO2: (Extrapolation diese Arbeit)<br />
0.6 0.9 1.2 1.5 1.8<br />
reduzierte Temperatur [K/K]<br />
Abb. 37: Verschiedene Funktionen für die CO2-Standardfugazität als hypothetische Flüssigkeit<br />
bei P=1,013 bar.<br />
Im Gegensatz zu Nocon et al. wurden bei der Anpassung neuer Wechselwirkungsparameter<br />
und bei der Berechnung der Aktivitätskoeffizienten die Standardwerte der b- und c-Parameter<br />
im Freie-Volumen Beitrag von b = 1,28 und c = 1,1 verwendet, um den vorausberechnenden<br />
Charakter des Modells zu bewahren. Die verwendeten Oberflächen- (q) und Volumenparameter<br />
(r) für CO2 wurden wie bei Nocon et al. zu rCO2 = 1,3 and qCO2 = 1,12 spezifiziert. Die<br />
Dampfdrücke und die Lösungsmitteldichten wurden auf der Grundlage empirischer Gleichungen<br />
aus der DIPPR <strong>Datenbank</strong> oder der Yen-Woods Gleichung bestimmt [Daubert und Danner<br />
1985]. Alle weiteren UNIFAC Wechselwirkungsparameter sind aus Poling et al. entnommen<br />
und im Anhang in Kapitel 6.3 hinterlegt [Poling et al. 2001]. Die molaren Volumina der<br />
gelösten Gase wurden nach einer bei Zellner et al. beschriebenen Methode abgeschätzt [Zellner<br />
et al. 1970]. Die neuen Wechselwirkungsparameter für CO2 sind in Tab. 20 abgebildet<br />
und wurden mit den in Abb. 38 dargestellten experimentellen Gaslöslichkeitsdaten angepasst.<br />
Ein Großteil der in der Literatur vorhandenen Gaslöslichkeitsdaten in niedermolekularen Lösungsmitteln<br />
liegen bei PCO2=1,013 bar vor und oder wurden zu diesem Druck extrapoliert. Es<br />
wurde zunächst der Wechselwirkungsparameter CO2-CH2 bestimmt, um dann darauf aufbauend<br />
die Parameter für CO2-OH, CO2-CH2O und CO2-CCOO anzupassen.
Tab. 20: Neue UNIFAC-FV Wechselwirkungsparameter mit CO2 und N2 als neuen Hauptgruppen<br />
mit F als Wert der Zielfunktion.<br />
Molenbruch CO 2 -Molenbruch CO CO 2 [-] [-]<br />
0.031<br />
0.025<br />
0.019<br />
0.013<br />
UNIFAC-FV F UNIFAC-FV F<br />
Parameter<br />
Parameter<br />
aCO2,CH2 -305,3<br />
aCH2,CO2 893,4 0,0029<br />
aN2,CH2 598,57<br />
aCH2,N2 -51,52 0,01<br />
aCO2,OH aOH,CO2 aN2,OH aOH,N2<br />
5134 305,4 0,0077 5500,3 -43,67 0,04<br />
aCO2,CH2O aCH2O,CO2 aN2,CH2O aCH2O,N2<br />
-83,75 443,47 0,0026 134,07 310,01 0,0003<br />
aCO2,CCOO aCCOO,CO2 aN2,CCOO aCCOO,N2<br />
0,73857 32,61 0,0020 283,91 211,76 0,00002<br />
a)<br />
exp. CO2-Ethylester<br />
exp. CO2-Pentylester<br />
exp. CO2-C7H16<br />
exp. CO2-C8H18<br />
exp. CO2-C10H22<br />
exp. CO2-C12H26<br />
0.035<br />
b)<br />
exp. CO2-C14H30<br />
exp. CO2-C16H34<br />
─ UNIFAC-FV<br />
0.025<br />
C16H34<br />
C14H30<br />
C12H26<br />
C10H22<br />
C8H18<br />
C7H16<br />
Molenbruch CO 2 -Molenbruch CO [-] 2 [-]<br />
0.015<br />
exp. CO2- Diethylether<br />
exp. CO2- N-Butylether<br />
exp. CO2- C5H11OH<br />
exp. CO2- C8H17OH<br />
exp. CO2- C10H21OH<br />
─ UNIFAC-FV<br />
C10H21OH<br />
C8H17OH<br />
C5H11OH<br />
0.007<br />
0.005<br />
280 310 340 370 270 300 330 360 390 420<br />
Temperatur [K] T Temperatur [K] [K]<br />
Abb. 38: Abhängigkeit der Löslichkeit von der Temperatur von CO2 in verschiedenen Lösungsmitteln<br />
bei PCO2 = 1,013 bar. UNIFAC-FV mit b = 1,28 und c = 1,1. Die Referenzen zu<br />
den experimentellen Daten sind im Anhang in Kapitel 6.3 in Tab. 52 zu finden; a) [CO2-Ester<br />
und CO2-Alkane]; b) [CO2-Ether und CO2-Alkohole]<br />
Die gefundenen Messdaten sind nicht immer konsistent und es gibt nur wenige Angaben zur<br />
Genauigkeit der Daten. Je nach System ergeben sich unterschiedliche Abweichungen zwischen<br />
den experimentellen und den angepassten Daten. Bei den Alkanen ist insgesamt nur<br />
eine schlechte Übereinstimmung über den gesamten Temperaturbereich möglich, die CO2-<br />
Alkohol Systeme zeigen ebenfalls größere Abweichungen. Mit den Ester- und Ethersystemen<br />
sind gute Anpassungen an die experimentellen Daten möglich. Nocon et al. betrachten den b-<br />
Parameter als anpassbaren Parameter und erzielen mit b = 1,4 bessere Übereinstimmungen,<br />
was auch hier für die Systeme mit Alkanen (siehe Abb. 64 im Anhang) gezeigt werden konnte.<br />
Aus Konsistenzgründen und um den vorausberechnenden Charakter des Modells zu wahren,<br />
wird jedoch der etablierte Standardwert von b = 1,28 beibehalten, sowohl bei der Anpassung<br />
neuer Parameter, als auch bei der Berechnung der Polymersysteme.<br />
In Abb. 39 sind die Ergebnisse der Parameteranpassung für die Systeme mit Stickstoff abgebildet.<br />
Für die N2-Systeme standen wesentlich weniger experimentelle Daten zur Verfügung.<br />
Außerdem weisen die Löslichkeiten sehr kleine Werte auf, so dass von entsprechend großen<br />
experimentellen Fehlern auszugehen ist.<br />
Bis auf die Alkansysteme können jeweils die experimentellen Daten gut wiedergegeben werden.<br />
Dabei wird sogar das im Gegensatz zu CO2 auftretende Verhalten der Erhöhung der Lös-<br />
71
72<br />
lichkeit mit steigender Temperatur gut wiedergegeben. Bei den Alkanen kann mit UNIFAC-<br />
FV nicht dargestellt werden, dass die Löslichkeit mit steigender Kettenlänge abnimmt (siehe<br />
auch Abb. 65 in Kapitel 6.3).<br />
N2-Molenbruch [-]<br />
0.0021<br />
0.0018<br />
0.0015<br />
0.0012<br />
0.0009<br />
0.0006<br />
exp. C6H14 exp. C7H16<br />
exp. C8H18 exp. C10H22<br />
exp. C16H34 exp. C2H5OH<br />
exp. C4H9OH exp. C10H21OH<br />
exp. C8H17OH<br />
─ UNIFAC-FV<br />
C16H34<br />
C10H22<br />
C8H18<br />
C7H16<br />
C10H21OH<br />
C8H17OH<br />
C4H11OH<br />
N2-Molenbruch [-]<br />
0.00155<br />
0.00135<br />
0.00115<br />
0.00095<br />
0.00075<br />
exp. Diethylether<br />
exp. Ethylester<br />
exp. Pentylester<br />
─ UNIFAC-FV<br />
a) C2H5OH<br />
b)<br />
0.0003<br />
0.00055<br />
270 290 310 330 350<br />
270 290 310 330<br />
Temperatur [K]<br />
Temperatur [K]<br />
Abb. 39: Abhängigkeit der Löslichkeit von der Temperatur von N2 in verschiedenen Lösungsmitteln<br />
bei PN2 = 1,013 bar. UNIFAC-FV mit b = 1,28 und c = 1,1. Die experimentellen<br />
Daten sind aus Battino et al. entnommen und sind größten Teils an experimentelle Daten gefittete<br />
Werte [Battino et al. 1984]. a) [N2-Alkohole und N2-Alkane]; b) [N2-Ester und N2-<br />
Ether]<br />
4.2.3.2 Vorhersage der Gaslöslichkeit in verzweigten <strong>Polymere</strong>n<br />
In Abb. 40 und Abb. 42 sind die Ergebnisse der UNIFAC-FV Berechnungen für Kohlendioxid<br />
abgebildet. UNIFAC-FV ist in der Lage für alle untersuchten Systeme die Löslichkeiten<br />
mit zufriedenstellender Genauigkeit vorauszuberechnen. Als Standardvorgehen wurde bei<br />
allen <strong>Polymere</strong>n immer das Zahlenmittel des Molekulargewichts (Mn) bei der Zerlegung<br />
zugrunde gelegt. In Abb. 40a) ist für den verzweigten Polyether PE1, der mit MW/Mn = 1,26<br />
einer höheren Polydispersität als die linearen Polyether unterliegt, zu erkennen, dass das Molekulargewicht,<br />
das bei der Zerlegung verwendet wird (Mw oder Mn), nur einen geringen Einfluss<br />
auf die Löslichkeitsergebnisse aufweist. Auch bei geringem Partialdruck von CO2, z.B.<br />
wie im Fall des Rauchgases, sind gute Voraussagen mit der Methode möglich, wobei der<br />
Druck keine Einflussgröße im g E -Modell ist. Bei den linearen Polyethern in Abb. 40 wird die<br />
Schwäche des UNIFAC Modells bei der Beschreibung der Temperaturabhängigkeit deutlich.
CO 2-Massenbruch 2-Massenbruch 2-Massenbruch [-]<br />
0.004<br />
0.003<br />
0.002<br />
0.001<br />
0.0065<br />
a) exp. PE1 (P CO2 =1,013 bar)<br />
exp. PE1 (P CO2 =0,2 bar)<br />
b)<br />
zerlegt nach M n<br />
UNIFAC-FV<br />
zerlegt nach M w<br />
0<br />
290 320<br />
Temperatur [K]<br />
350<br />
CO 2-Massenbruch 2-Massenbruch [-]<br />
0.0055<br />
0.0045<br />
0.0035<br />
0.0025<br />
73<br />
0.0015<br />
280 300 320 340<br />
Temperatur [K]<br />
exp. PE2<br />
exp. PE3<br />
UNIFAC-FV<br />
Abb. 40: CO2-Löslichkeit in Abhängigkeit der Temperatur in den linearen und verzweigten<br />
Polyethern bei verschiedenen Partialdrücken von CO2, b = 1,28 und c = 1,1. Die experimentellen<br />
Punkte wurden auf der Basis experimentell ermittelter Henrykoeffizienten berechnet.<br />
Alle Kurven: UNIFAC-FV. Alle experimentellen Daten: Diese Arbeit; a) [CO2 - verzweigter<br />
Polyether PE1 bei PCO2 = 1,013 bar und PCO2 = 0,5 bar]; b) [CO2 - lineare Polyether PE2 und<br />
PE3 bei PCO2 = 1,013 bar]<br />
Aus diesem Grund wurden Wechselwirkungsparameter für das modifizierte UNIFAC Lyngby<br />
Modell angepasst und die CO2-Löslichkeiten berechnet (Abb. 41). Im modifizierten UNIFAC<br />
Modell wird die Temperaturabhängigkeit der Aktivitätskoeffizienten im residuellen Beitrag<br />
durch ein Polynom mit insgesamt drei Wechselwirkungsparametern berücksichtigt.<br />
Offensichtlich ergibt sich keine Verbesserung durch die Verwendung des modifizierten Modells.<br />
Im Vergleich zum originalen UNIFAC Modell werden die CO2 Aktivitäten zu groß berechnet,<br />
vor allem der residuelle Beitrag. Die angepassten Wechselwirkungsparameter sind im<br />
Anhang in Kapitel 6.3 in Tab. 54 zu finden.<br />
Für die mit UNIFAC-FV vorausberechneten CO2 Löslichkeiten im hyperverzweigten Polyester<br />
werden ebenfalls über einen großen Temperaturbereich gute Übereinstimmungen mit den<br />
experimentellen Daten erreicht (Abb. 42).
74<br />
CO 2-Massenbruch [-]<br />
0.007<br />
0.006<br />
0.005<br />
0.004<br />
0.003<br />
0.002<br />
0.001<br />
exp. PE1<br />
exp. PE2<br />
exp. PE3<br />
UFV LYNGBY PE1<br />
UFV LYNGBY PE2<br />
UFV LYNGBY PE3<br />
0<br />
290 300 310 320 330 340 350<br />
Temperatur [K]<br />
Abb. 41: CO2-Löslichkeit in Abhängigkeit der Temperatur in den linearen und verzweigten<br />
Polyethern bei PCO2 = 1,013 bar, b = 1,28 und c = 1,1, berechnet mit dem modifizierten<br />
UNIFAC (Lyngby). Die experimentellen Punkte wurden auf der Basis experimentell ermittelter<br />
Henrykoeffizienten berechnet. Alle Kurven: UNIFAC-FV Lyngby. Alle experimentellen<br />
Daten: Diese Arbeit.<br />
In Abb. 43 sind die Ergebnisse für die Stickstofflöslichkeiten in den verzweigten <strong>Polymere</strong>n<br />
dargestellt. Angesichts der schlechten Anpassungsergebnisse der binären Wechselwirkungsparameter<br />
aN2-CH2 werden die Löslichkeiten in den <strong>Polymere</strong>n mit den größten Anteilen an<br />
CH2 UNIFAC Strukturgruppen quantitativ am schlechtesten beschrieben. Beim hyperverzweigten<br />
Polyester U3000 kann nicht die Abnahme der Löslichkeit mit steigender Temperatur<br />
beschrieben werden. Dies ist in erster Linie auf die zugrundeliegenden Dampf-Flüssig Gleichgewichte<br />
zurückzuführen, bei denen für jede Komponente mit steigender Temperatur die Löslichkeit<br />
zunimmt. Weiterhin können die angepassten Parameter nicht die Abnahme der Löslichkeit<br />
mit steigender Anzahl der CH2 Gruppen im Molekül beschreiben.<br />
Bei sämtlichen Polyethern dagegen wird der Verlauf des Phasenverhaltens qualitativ korrekt<br />
vorausgesagt, wobei der verzweigte Polyether PE1 am besten beschrieben werden kann. In<br />
den linearen Polyethern werden zu hohe Löslichkeiten vorausberechnet.
CO 2 Massenbruch [-]<br />
0.003<br />
0.0025<br />
0.002<br />
0.0015<br />
0.001<br />
0.0005<br />
exp. U3000<br />
exp. U3000<br />
UNIFAC-FV<br />
(P (PCO2=1,013 CO2=1,013 CO2=1,013 bar)<br />
(P (PCO2=0,2 CO2=0,2 CO2=0,2 bar)<br />
0<br />
290 320 350 380<br />
Temperatur [K]<br />
Abb. 42: CO2-Löslichkeit in Abhängigkeit der Temperatur im hyperverzweigten Polyester<br />
bei PCO2 = 1,013 bar, b = 1,28 und c = 1,1. Die experimentellen Punkte wurden auf der Basis<br />
experimentell ermittelter Henrykoeffizienten berechnet. Alle Kurven: UNIFAC-FV. Alle experimentellen<br />
Daten: Diese Arbeit.<br />
N2 N2 Massenbruch [-]<br />
0.00014<br />
0.00010<br />
0.00006<br />
0.00002<br />
exp. PE1<br />
exp. PE2<br />
exp. PE3<br />
exp. U3000<br />
PN2=1,013bar<br />
283 303 323 343 363 383<br />
Temperatur [K]<br />
PE3<br />
PE2<br />
PE1<br />
U3000<br />
Abb. 43: N2-Löslichkeit in Abhängigkeit der Temperatur in den Polyethern und dem hyperverzweigten<br />
Polyester bei PN2 = 1,013 bar, b = 1,28 und c = 1,1. Die experimentellen<br />
Punkte wurden auf der Basis experimentell ermittelter Henrykoeffizienten berechnet. Alle<br />
Kurven: UNIFAC-FV. Alle experimentellen Daten: Diese Arbeit.<br />
Ein Vergleich der experimentell bestimmten Selektivitäten mit den aus UNIFAC-FV ermittelten<br />
ist in Abb. 44 abgebildet. Die Selektivitäten berechnen sich nach Gleichung ( 4-2 ), wobei<br />
der Henrykoeffizient über den Aktivitätskoeffizienten bei unendlicher Verdünnung berechnet<br />
wird.<br />
75
76<br />
H Gas,<br />
Polymer = Gas ⋅ f0,<br />
Gas<br />
∗<br />
γ ( 4-5 )<br />
Dazu wird aus den mit UNIFAC-FV berechneten Aktivitätskoeffizienten der Aktivitätskoeffizient<br />
bei unendlicher Verdünnung extrapoliert und mit der Standardfugazität der Gaskomponente<br />
als hypothetische Flüssigkeit multipliziert. Wegen der Ungenauigkeiten bei der Voraussage<br />
der Stickstofflöslichkeit, lassen sich die Selektivitäten, abgesehen vom verzweigten<br />
Polyether PE1, nur sehr ungenau in quantitativer Hinsicht voraussagen. Dennoch vermag das<br />
UNIFAC Modell für alle <strong>Polymere</strong> die qualitativ korrekte Voraussage treffen, dass mit den<br />
<strong>Polymere</strong>n nach dem bei Seider et al. formulierten Kriterium eine scharfe Trennung möglich<br />
ist.<br />
Selektivität ( S CO2,N2) mit UNIFAC-FV<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
PE1<br />
PE2<br />
PE3<br />
Scharfe Trennung<br />
0 2 4 6 8 10 12 14<br />
Selektivität (S CO2,N2) experimentell<br />
Abb. 44: Vergleich der mit UNIFAC-FV ermittelten Selektivitäten bei 313,15 K SCO2,N2 mit<br />
den experimentellen Selektivitäten aus Tab. 15<br />
4.2.4 Ternäre Systeme mit Gaskomponente<br />
Zur Berechnung der ternären Polyethersysteme müssen zunächst noch die binären Wechselwirkungsparameter<br />
CO2-H2O angepasst werden (siehe Abb. 66 in Kapitel 6.3). Die Anpassung<br />
gelingt mit sehr guter Genauigkeit, wenn der Freie -Volumen Beitrag nicht berücksichtigt<br />
wird. In Abb. 45 sind die Ergebnisse der Vorausberechnung der Henrykoeffizienten für<br />
CO2 in den wässrigen Polyetherlösungen abgebildet. Die Henrykoeffizienten wurden nach<br />
Gleichung ( 3-33 ) bestimmt, indem mit dem UNIFAC-FV Modell durch Extrapolation für<br />
Kohlendioxid die Aktivitätskoeffizienten bei unendlicher Verdünnung in der wässrigen Polymerlösung<br />
bestimmt wurden. In Abb. 45 wurden zur Berechnung mit dem UNIFAC Modell<br />
zwei unterschiedliche Parametersätze verwendet.
Ln (H CO2,H2O+Polymer)<br />
7.0<br />
6.8 a)<br />
exp. w(H2O)=0,066<br />
6.6<br />
exp. w(H2O)=0,154<br />
6.4<br />
6.2 wH2O=0,066 6.0<br />
5.8<br />
5.6<br />
5.4<br />
wH2O=0,154 0.0028 0.0029 0.003 0.0031 0.0032 0.0033<br />
6.7<br />
6.5<br />
6.3<br />
6.1<br />
5.9<br />
exp. w(H2O)=0,032<br />
exp. w(H2O)=0,062<br />
5.7<br />
0.0028 0.0029 0.003 0.0031 0.0032 0.0033<br />
6.6<br />
6.4<br />
6.2<br />
6<br />
5.8<br />
5.6<br />
5.4<br />
b)<br />
c)<br />
w H2O=0,032<br />
w H2O=0,042<br />
w(H2O)=0,042<br />
w(H2O)=0,096<br />
0.0028 0.0029 0.003 0.0031 0.0032 0.0033<br />
1 / T [1/K]<br />
w H2O=0,062<br />
w H2O=0,096<br />
Abb. 45: Experimentelle und mit UNIFAC-FV bestimmte Henrykoeffizienten von CO2 in<br />
wässrigen Polyetherlösungen in Abhängigkeit der Temperatur mit b = 1,28 und c = 1,1. (─)<br />
UNIFAC-FV mit aH2O-CH2O aus [Poling et al. 2001]; (--) UNIFAC-FV mit aH2O-CH2CH2O und<br />
qH2O = 0,865 aus [Rasmussen und Rasmussen 1989]. Experimentelle Punkte: Diese Arbeit; a)<br />
[CO2-H2O-verzweigter Polyether PE1]; b) [CO2-H2O-linearer Polyether PE2]; c) [CO2-H2Olinearer<br />
Polyether PE3]<br />
Bei der Verwendung der CO2-Parameter, die in dieser Arbeit angepasst wurden sowie den<br />
Standardparametern aus Poling et al. wird die Aktivität zu niedrig berechnet. Außerdem kann<br />
die Abnahme der Löslichkeit mit höherem Wasseranteil nicht wiedergegeben werden. Eine<br />
77
78<br />
deutliche Verbesserung der Beschreibung des Löslichkeitsverhaltens kann mit den von Rasmussen<br />
und Rasmussen vorgeschlagenen Parametern für H2O-CH2CH2O erreicht werden.<br />
Bereits bei der Beschreibung der binären Systeme Wasser-Polyether ließen sich damit gute<br />
Ergebnisse erzielen. Diese Parameter tragen dem realen Verhalten der CH2 Gruppen Rechnung,<br />
die durch sterische Effekte kaum in Wechselwirkung mit den Wassermolekülen treten<br />
[Rasmussen und Rasmussen 1989]. Für alle Systeme wird die Abnahme der Löslichkeit mit<br />
höherem Wassergehalt korrekt beschrieben.<br />
Es muss betont werden, dass bei der Verwendung der neuen Parameter die Wechselwirkungen<br />
von CO2 mit dem Polyether nicht mehr korrekt beschrieben werden, denn für die neue Gruppe<br />
CH2CH2O und CO2 gibt es keine angepassten Parameter. Stattdessen wurden die Wechselwirkungsparameter<br />
zwischen CH2O und CO2 für die neue Gruppe übernommen. Die neu zerlegten<br />
<strong>Polymere</strong> sind in Tab. 21 abgebildet. Es wurden also jeweils diejenigen Wechselwirkungsparameter<br />
zwischen zwei Gruppen ausgewählt, die für das Phasenverhalten bestimmend<br />
zu sein scheinen. Insgesamt lassen sich damit erstaunlich gute Annäherungen an die realen<br />
Systeme erzielen.<br />
Tab. 21: Zerlegung des verzweigten und der linearen Polyether in UNIFAC Strukturgruppen<br />
nach der originalen Methode und nach der Einführung der von Rasmussen und Rasmussen<br />
vorgeschlagenen neuen Strukturgruppe CH2CH2O.<br />
UNIFAC Strukturgruppen<br />
<strong>Polymere</strong> CH3 CH2 CH C OH CH2O (original) CH2CH2O (neu)<br />
Polyether PE 1 original 17 36 13 4 6 37 0<br />
Polyether PE1 neu 17 0 13 4 6 0 37<br />
Polyether PE 2 original 0 12 1 0 1 10 0<br />
Polyether PE2 neu 0 2 1 0 1 0 10<br />
Polyether PE3 original 1 14 1 0 0 12 0<br />
Polyether PE3 neu 1 2 1 0 0 0 12<br />
4.3 Modellierung der CO2-Löslichkeit mit PC-SAFT<br />
In dieser Arbeit wird untersucht, inwiefern das Phasenverhalten hyperverzweigter Polymersysteme<br />
mit CO2 ohne weitere Modifizierungen der PC-SAFT Gleichung zur besseren Beschreibung<br />
des Einflusses der Struktur der <strong>Polymere</strong> dargestellt werden kann (siehe auch Kapitel<br />
4.1.4)<br />
In einem ersten Schritt müssen die Reinstoffparameter der Komponenten ermittelt werden.<br />
Die aus der Störungstheorie abgeleiteten „Statistical Associating Fluid Theory“ (SAFT) -<br />
Modelle benötigen neben den zur Verfügung stehenden Hochdruckdichtedaten noch weitere<br />
experimentelle Daten, die kalorische Informationen zu den Komponenten enthalten. Im Falle<br />
niedermolekularer Komponenten werden in der Regel Dampfdruckdaten herangezogen, für<br />
Polymersysteme können binäre Dampf-Flüssig oder Flüssig-Flüssig Gleichgewichte verwendet<br />
werden [Groß 2001]. Bei den in dieser Arbeit vorliegenden polymeren Stoffen sind allerdings<br />
keine Stoffdaten binärer Systeme bekannt, mit Ausnahme der gemessenen Daten, so<br />
dass zur vollständigen Bestimmung der Reinstoffparameter auf verschiedene andere Ansätze<br />
zurückgegriffen werden muss.<br />
Groß schlägt neben der oben erwähnten favorisierten Methode einen weiteren Ansatz zur Bestimmung<br />
der Reinstoffgrößen von <strong>Polymere</strong>n vor [Groß 2001]. Nach dieser Methode, die<br />
auch von Kouskoumvekaki et al. verwendet wird, werden auf der Basis ähnlicher niedermolekularer<br />
Komponenten die Parameter für <strong>Polymere</strong> mit hohen Molmassen extrapoliert<br />
[Kouskoumvekaki 2004, von Solms et al. 2006]. Dieser Ansatz eignet sich vor allem für Homopolymere,<br />
stößt schon bei Copolymeren an seine Grenzen.<br />
Alternativ werden sämtliche Parameter an die vorhandenen Hochdruckdichtedaten angepasst.<br />
Weiterhin wird noch eine dritte Methode angewandt, die darauf beruht, dass der Energieparameter<br />
ε / k und der Segmentdurchmesser σ ähnlicher makromolekularer Komponenten ver-
wendet werden und nur der molmassenabhängige Segmentzahlparameter m/M an die Dichtedaten<br />
angepasst wird.<br />
Methode 1 (Kouskoumvekaki et al.):<br />
Kouskoumvekaki et al. haben die Segmentzahl (m) und den Energieparameter (m ε / k) über<br />
der Molmasse für verschiedene homologe Reihen aufgetragen (Alkane bis 300 g/mol, für Polypropylene<br />
mit Monomer und Dimer und für Polyisobutyen mit Monomer und Dimer) und<br />
stellen einen linearen Zusammenhange fest (siehe Gleichung ( 4-6 )). Sie haben durch Grenzwertbetrachtung<br />
nachgewiesen (Molmasse � 0), dass Bm und Bε universalen Charakter besitzen<br />
und für alle (bzw. die untersuchten) <strong>Polymere</strong> die Werte Bm = 0,9081 und Bε = 127,3 aufweisen,<br />
so dass lediglich Am und Aε individuell bestimmt werden müssen (siehe auch Abb.<br />
46).<br />
m = Am<br />
⋅ M + Bm<br />
( 4-6 )<br />
m ⋅ε<br />
/ k = A ⋅ M + B<br />
ε<br />
Deswegen folgt für die <strong>Polymere</strong>:<br />
m<br />
= Am<br />
M<br />
ε Aε<br />
=<br />
k A<br />
m<br />
ε<br />
( 4-7 )<br />
Abb. 46: Grenzwertbildung und Ermittlung der universalen Parameter Bm und Bε aus den<br />
Auftragungen m vs. Molmasse und mε/k vs. Molmasse [Kouskoumvekaki et al. 2004]<br />
Mit Gleichung ( 4-6 ) lassen sich unter Verwendung der Monomerdaten (m und ε/k) die Parameter<br />
Am und Aε bestimmen und dann mit Gleichung ( 4-7 ) und den beiden bestimmten<br />
Parametern die Reinstoffparameter für die <strong>Polymere</strong>. Mit den auf diese Weise bestimmten<br />
Parametern ε / k und m wird dann der Segmentdurchmesser (σ) angepasst.<br />
Bei den hier verwendeten <strong>Polymere</strong>n muss also in einem ersten Schritt ein Monomer als Wiederholungseinheit<br />
bestimmt werden und auf Grundlage der bekannten Parameter des Monomers<br />
(Segementzahl und Energieparameter) können dann über die beschriebene Methode die<br />
79
80<br />
Reinstoffparameter (Segementzahl und Energieparameter) des verzweigten Polymers bestimmt<br />
werden. Im zweiten Schritt kann dann der Segmentdurchmesser durch Anpassung an<br />
die Hochdruckdichtedaten unter Verwendung der ermittelten Reinstoffparameter des Polymers<br />
bestimmt werden.<br />
Beiden <strong>Polymere</strong>n (verzweigter Polyether PE1 und hyperverzweigter Polyester U3000) lassen<br />
sich keine eindeutigen Monomereinheiten zuweisen. Der verzweigte Polyether besitzt als Verzweigungseinheit<br />
3-Ethyl-3-Hydroxymethyl Oxetan und als kurz bis mittellangkettige Wiederholungseinheiten<br />
die chemisch ähnlichen Komponenten Ethylenoxid und Propylenoxid.<br />
Der hyperverzweigte Polyester ist aus einem Pentaerythritkern und der Dimethylol Propionsäure<br />
als linearer und dendritischer Wiederholungseinheit aufgebaut und trägt langkettige<br />
Alkane (C16-18) als funktionelle Endgruppen. Angesichts dieser komplexen Moleküle muss<br />
eine Vereinfachung getroffen werden.<br />
<strong>Verzweigte</strong>r Polyether PE1<br />
Im verzweigten Polyether PE1 setzen sich die Wiederholungseinheiten aus Ethylenoxid und<br />
Propylenoxid zusammen. Da für diese Komponenten kein Parameterset veröffentlicht ist,<br />
wurden auf der Grundlage von Flüssigdichten und Dampfdrücken aus der DIPPR <strong>Datenbank</strong><br />
die Reinstoffparameter angepasst (siehe Tab. 22) [Daubert und Danner 1985]. Gemäß des<br />
Verhältnisses der Ethylen- und Propylenoxideinheiten wurden die Parameter einer gemittelten<br />
Monomereinheit bestimmt. Analog der bei Kouskoumvekaki et al. beschriebenen Vorgehensweise<br />
können bis auf den Segmentparameter (ϭi) die übrigen beiden Parameter aus den<br />
Parametern des gemittelten Monomers bestimmt werden.<br />
Alternativ kann im Polymermolekül PE1 (siehe Abb. 13) die Wiederholungseinheit auch als<br />
Ethergruppe (CH2-CH2-O) betrachtet werden, so dass in einem weiteren Schritt die Parameter<br />
auf der Grundlage der Reinstoffparameter des Diethylethers ermittelt wurden.<br />
Tab. 22: Angepasste Reinstoffparameter der Wiederholungseinheiten des verzweigten Polyethers<br />
PE1 und Mittelung mit dem EO/PO Verhältnis aus Kapitel 3.1.1.1 zur Ermittlung der<br />
Parameter einer gemittelten Wiederholungseinheit [Buchele 2006] und Parameter für Diethylether<br />
[Groß et al. 2001].<br />
M [g/mol] m/M [-] σ [Å] ε / k [K]<br />
Ethylenoxid 44,05 0,0507 3,06 254,2<br />
Propylenoxid 58,08 0,0433 3,29 251,3<br />
Gemitteltes Monomer 50,1 0,0475 -- 253,0<br />
Diethylether 74,12 0,0401 3,5147 220,09<br />
Hyperverzweigter Polyester U3000<br />
Wegen der komplexeren Struktur des hyperverzweigten Polyesters und der Unmöglichkeit<br />
zwischen den verschiedenen Komponenten zu mitteln, werden nur die funktionellen Endgruppen<br />
betrachtet, die allerdings einen maßgeblichen Einfluss auf das Lösungsverhalten besitzen.<br />
Dementsprechend werden die Parameter ε / k und m auf der Basis der Heptadekanparameter<br />
(C17) aus Groß verwendet und der Segmentdurchmesser (σ) im Anschluß durch<br />
Anpassung mit den Hochdruckdichtedaten bestimmt [Groß 2001]. Alternativ wird noch ein<br />
Parametersatz auf der Basis der Reinstoffparameter des Ethans ermittelt, um mögliche Einflüsse<br />
der Kettenlänge des verwendeten Kohlenwasserstoffes zu erkennen (siehe Tab. 23).<br />
Die für beide <strong>Polymere</strong> ermittelten Reinstoffparameter in Abhängigkeit der verwendeten Monomere<br />
sind in Tab. 24 aufgeführt.
Tab. 23: Reinstoffparameter für Heptadekan zur Ermittlung von ε / k und m des hyperverzweigten<br />
Polyesters U3000 mit langkettigen Alkanen als Endgruppe [Groß et al. 2001]<br />
M [g/mol] m/M [-] σ [Å] Ε / k [K]<br />
Ethan 30,07 0,05343 3,5206 191,42<br />
Heptadekan 240,473 0,02903 3,9675 255,65<br />
Tab. 24: PC-SAFT Parameter nach Methode 1 und AAD (durchschnittliche mittlere Abweichung)<br />
zwischen angepassten und experimentellen Flüssigdichten der verwendeten <strong>Polymere</strong>. <br />
Polymer<br />
Verwendetes<br />
Monomer<br />
A m A ε m/M σ<br />
[Å]<br />
ε / k<br />
[K]<br />
Temp.<br />
Bereich<br />
[K]<br />
Druck<br />
Bereich<br />
[bar]<br />
PE1 Mittel EO/PO 0,0294 9,4789 0,0294 3,67 322,5 298-398 1-400 0,14<br />
PE1 Diethylether 0,0283 7,2162 0,0283 3,643 254,6 298-398 1-400 0,5<br />
U3000 Heptadekan 0,0253 6,8921 0,0253 3,907 272,9 298-398 1-400 0,5<br />
U3000 Ethan 0,0232 5,9958 0,0232 4,002 258,0 298-398 1-400 0,7<br />
AAD<br />
[% ρ]<br />
Methode 2:<br />
Bei dieser Methode wurden sämtliche Parameter beider <strong>Polymere</strong> auf der alleinigen Grundlage<br />
der jeweiligen Hochdruckdichten angepasst (siehe Tab. 25).<br />
Methode 3:<br />
Bei dieser Methode wurden für beide verzweigten <strong>Polymere</strong> Standardwerte für den Energieparameter<br />
und den Segmentdurchmesser anhand von Daten aus der Literatur abgeschätzt. Es<br />
ist bekannt, dass für <strong>Polymere</strong> die Werte des Segmentparameters zwischen 3,4 und 4,2 liegen<br />
und die des Energieparameters (ε/k) in der Regel zwischen 230 und 300 K [Groß 2001,<br />
Kouskoumvekaki et al. 2004].<br />
Zusammenfassend sind alle verwendeten Parameter für den verzweigten Polyether PE1 und<br />
den hyperverzweigten Polyester in Tab. 25 wiedergegeben.<br />
Tab. 25: PC-SAFT Polymerreinstoffparameter nach den drei Anpassungsmethoden. Die mit<br />
(*) gekennzeichneten Daten entstammen [Groß 2001].<br />
m/M [-] σ [Å] ε / k [K]<br />
Methode 1: PE1 (EO/PO) 0,0294 3,67 322,5<br />
Methode 1: PE1 (Diethylether) 0,0283 3,643 254,634<br />
Methode 2: PE1 0,03191 3,553 302,8<br />
Methode 3: PE1 0,02125* 3,8* 270,0*<br />
Methode 1: U3000 (Heptadekan) 0,0253 3,907 272,9<br />
Methode 1: U3000 (Ethan) 0,0232 4,002 258,0<br />
Methode 2: U3000 0,03212 3,63 293,23<br />
Methode 3: U3000 0,02305* 3,8* 270,0*<br />
Methode 1 stellt den physikalisch sinnvollsten Ansatz dar im Vergleich zu den Methoden 2<br />
und 3, bei dem der für <strong>Polymere</strong> schwer zugängliche Energieparameter ε und der Segmentdurchmesser<br />
σ über eine Extrapolation aus ähnlichen Komponenten ermittelt werden kann.<br />
Auf diese Weise kann eine zusätzliche Information in die Parameterbestimmung einfließen.<br />
Vor dem Hintergrund, dass das Löslichkeitsverhalten in Systemen mit hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n<br />
sehr stark von der Art und Anzahl der funktionellen Endgruppen beeinflusst wird,<br />
kann diesem Verhalten durch eine entsprechende Berücksichtigung bei der Wahl des Monomers,<br />
von dem aus extrapoliert wird, in Methode 1 Rechnung getragen werden. Ziel führend<br />
wäre dann die Verwendung eines Monomers, das die Wechselwirkungen mit CO2 am besten<br />
beschreiben kann.<br />
In Abb. 47 sind die aus den verschiedenen Methoden zur Parameterbestimmung resultierenden<br />
CO2-Löslichkeitskurven für beide verzweigte <strong>Polymere</strong> aufgetragen. Beim verzweigten<br />
Polyether PE1 lassen sich mit allen Methoden im Druckbereich bis 90 bar gute Übereinstim-<br />
81
82<br />
mungen mit den experimentellen Daten finden. Bei höherem Druck kann der Parametersatz<br />
nach Methode 3 den Verlauf der experimentellen Werte geringfügig besser darstellen. Der kij<br />
Parameter der physikalisch ungenausten nimmt bei Methode 3 den geringsten Wert an. Es ist<br />
auffallend, dass der kij-Parameter negative Werte annimmt. In der Literatur werden vor allem<br />
positive Werte berichtet, wobei prinzipiell nach Gleichung ( 2-38 ) beides möglich ist.<br />
Druck [MPa]<br />
15<br />
12<br />
9<br />
6<br />
3<br />
0<br />
15<br />
a) b)<br />
exp. 41°C<br />
Methode 1 kij= -0,132<br />
Methode 2 kij= -0,135<br />
Methode 3 kij= -0,09<br />
0.00 0.10 0.20 0.30 0.40 0.50<br />
CO2-Massenanteil CO2-Massenanteil [g/g]<br />
Druck [MPa]<br />
12<br />
9<br />
6<br />
3<br />
0<br />
exp. 41°C<br />
Methode 1 kij= -0,055<br />
Methode 2 kij= -0,105<br />
Methode 3 kij= -0,08<br />
0.00 0.10 0.20 0.30 0.40 0.50<br />
CO2-Massenanteil CO2-Massenanteil [g/g]<br />
Abb. 47: Vergleich der Methoden zur Bestimmung der PC-SAFT Parameter für beide untersuchten<br />
<strong>Polymere</strong>. Alle Kurven: PC-SAFT (diese Arbeit und Buchele 2006). Experimentelle<br />
Daten: [Buchele 2006]; a) [CO2-Löslichkeitskurve für verzweigten Polyether PE1 (Methode<br />
1: EO/PO als Monomer)]; b) [CO2-Löslichkeitskurve für hyperverzweigten Polyester<br />
U3000 (Methode 1: Heptadekan als Monomer)]<br />
Eine geringfügige Verbesserung ist möglich, indem die Polymerreinstoffparameter für andere<br />
Monomere angepasst werden. Durch die Verwendung des Diethylethers im Gegensatz zu den<br />
dreigliedrigen heterocyclischen Ethern Ethylenoxid/Propylenoxid lässt sich die polymere<br />
Struktur besser abbilden und die Wechselwirkungen in Lösung besser beschreiben. Auch die<br />
Kurve mit kij=0 liegt vergleichsweise besser für den Parametersatz auf Basis des Diethylethers.<br />
Aus Abb. 48 a) wird deutlich, dass zwar die quantitative Wiedergabe der experimentellen<br />
Daten nicht wesentlich verbessert wird, aber der kij Parameter geringere Werte annimmt.<br />
Es ist bekannt, dass der kij Parameter in Polymer – CO2 Systemen stets größere Werte<br />
annimmt [Groß 2001].
Druck [MPa]<br />
15<br />
12<br />
9<br />
6<br />
3<br />
0<br />
15<br />
a) Methode 1<br />
b)<br />
exp. 41°C<br />
kij= -0,132 (EO/PO)<br />
kij= 0,0 (EO/PO)<br />
kij= -0,087 (Diethylether)<br />
kij= 0,0 (Diethylether)<br />
0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5<br />
CO2-Massenanteil CO2-Massenanteil [g/g]<br />
Druck [MPa]<br />
12<br />
9<br />
6<br />
3<br />
0<br />
Methode 1<br />
exp. 41°C<br />
kij= -0,055 (Heptadekan)<br />
kij= 0,0 (Heptadekan)<br />
kij= -0,035 (Ethan)<br />
kij= 0,0 (Ethan)<br />
83<br />
0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5<br />
CO2-Massenanteil CO2-Massenanteil [g/g]<br />
Abb. 48: Variation des Monomers, das zur Abschätzung der <strong>Polymere</strong>instoffparameter<br />
verwendet wird. Die Komponenten in Klammern beziehen sich auf die jeweils verwendeten<br />
Monomere zur Ermittlung des Energieparameters (ε/k) und der Segementzahl (m/M). Alle<br />
Kurven: PC-SAFT (diese Arbeit) Experimentelle Punkte: [Buchele 2006]; a) [System CO2verzweigter<br />
Polyether PE1]; b) [System CO2-hyperverzweigter Polyester U3000]<br />
Für den hyperverzweigten Polyester U3000 werden ähnliche Ergebnisse erhalten. Im Druckbereich<br />
bis 90 bar unterscheiden sich die Kurven aller Methoden nicht wesentlich (Abb. 47).<br />
Bei der Verwendung des Parametersatzes nach Methode 1 ergeben sich die geringsten Werte<br />
für den kij Parameter. Offensichtlich lassen sich auch für dieses Polymer gute Übereinstimmungen<br />
erreichen, sogar bei hohem Druck, wenn ein Monomer verwendet wird, dass den<br />
funktionellen Endgruppen des hyperverzweigten Polyesters entspricht. In Abb. 48 b) wird<br />
ebenfalls das Monomer zur Parameteranpassung für den hyperverzweigten Polyester variiert.<br />
Die PC-SAFT Kurven für U3000 verlaufen nahezu identisch, wenn aus Heptadekan bzw.<br />
Ethan der Energieparameter und die Segmentzahl bestimmt werden. Lediglich der kij Parameter<br />
weist beim Parametersatz auf der Basis des Ethans geringere Werte auf.<br />
Entgegen der Modellierung von Copolymersystemen, die über eine Gewichtung der Monomere<br />
sämtliche Bausteine des Polymers bei der Parameteranpassung berücksichtigen [Groß et al.<br />
2003], lassen sich die hier betrachteten Systeme mit verzweigten <strong>Polymere</strong>n gut beschreiben,<br />
wenn wesentliche funktionelle Gruppen der <strong>Polymere</strong>, die das Phasenverhalten in Lösung<br />
bestimmen zur Parameteranpassung verwendet werden.<br />
Die guten Modellierungsergebnisse sind umso erstaunlicher vor dem Hintergrund der PC-<br />
SAFT Modellvorstellung der Moleküle als Ketten. Denn verzweigte <strong>Polymere</strong> sind eher von<br />
sphärischer Gestalt. Weitere Untersuchungen mit Lösungsmitteln sind notwendig, um die in<br />
dieser Arbeit gefundenen Ergebnisse zu bestätigen.<br />
In Abb. 49 ist eine Übersicht über alle Methoden und untersuchten Systeme gegeben. Es ist<br />
beachtlich, dass bei allen Methoden die berechneten Löslichkeiten auch noch bei höheren<br />
Temperaturen gute Übereinstimmungen mit den experimentellen Werten aufweisen. In allen<br />
Fällen wurde der kij Parameter nur an eine Temperatur angepasst (T=41°C) und ist über den<br />
untersuchten Temperaturbereich keine Funktion der Temperatur.
84<br />
Analog der bisher veröffentlichen Daten für CO2-Polymersysteme nimmt der kij Parameter<br />
relativ hohe Werte an. In der Literatur liegen die Werte für kij nicht selten bei kij > 0,15 [Groß<br />
2001]. Eine wesentliche Verbesserung der Beschreibung von Systemen mit CO2 kann durch<br />
die Berücksichtigung des Quadrupolmoments des Kohlendioxids erreicht werden [Groß<br />
2005].<br />
Bei der Modellierung des Hochdruckphasenverhaltens der hier untersuchten hyperverzweigten<br />
<strong>Polymere</strong> lässt sich demnach, vergleichbar zum UNIFAC Modell, indirekt die verzweigte<br />
Polymerstruktur im PC-SAFT Modell berücksichtigen. Die Verwendung des Monomers zur<br />
Parameteranpassung kann aus der Polymerstruktur abgeleitet werden. Darüber hinaus steckt<br />
die Information der Verzweigung auch noch in der Dichte des Polymers, die ebenfalls in die<br />
Anpassung mit eingeht.<br />
Ein großer Vorteil der hier angewendeten Methode der Parameterabschätzung von<br />
Kouskoumvekaki et al. auf hyperverzweigte <strong>Polymere</strong> besteht in der Möglichkeit lediglich<br />
mit Hochdruckdichten ohne binäre Gleichgewichtsdaten die Polymerreinstoffparameter anzupassen.<br />
Gerade bei neuen <strong>Polymere</strong>n und besonders bei hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n mangelt<br />
es an Phasengleichgewichtsdaten, so dass jeder Minimierung des experimentellen Aufwands<br />
zur Generierung verlässlicher Daten zum Phasenverhalten eine große Bedeutung zukommt.<br />
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die hier vermessenen Polymer-CO2-<br />
Gleichgewichte bei hohem Druck mit PC-SAFT ohne neue Modifikation (Verzweigungsterm<br />
oder Quadrupolterm) erfolgreich modelliert werden können. Das Vorgehen der Reinstoffparameterermittlung<br />
muss an weiteren Gleichgewichten (LLE und Niederdruck VLE) überprüft<br />
werden, so dass vor dem Hintergrund der gewöhnlichen Prozedur der Parameterermittlung die<br />
Güte der hier erreichten Anpassung ersichtlich wird. Insgesamt ist für die hier betrachteten<br />
Gleichgewichte die Methode der Reinstoffparameteranpassung nicht wirklich entscheidend<br />
für die Modellierungsergebnisse.
Druck [MPa]<br />
15<br />
12<br />
9<br />
6<br />
3<br />
0<br />
0<br />
0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5<br />
Methode 2<br />
15<br />
12<br />
k(ij)=-0,135 PE1<br />
15<br />
U3000 k(ij)=-0,11<br />
9<br />
6<br />
Methode 1<br />
PE1<br />
15<br />
U3000<br />
12<br />
9<br />
6<br />
3<br />
0<br />
kij= 0,0 (41°C)<br />
3<br />
0<br />
kij= 0,0 (41°C)<br />
0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5<br />
0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5<br />
Methode 3<br />
15<br />
k(ij)=-0,09 PE1<br />
15<br />
U3000<br />
k(ij)=-0,08<br />
12<br />
12<br />
9<br />
6<br />
3<br />
0<br />
k(ij)=-0,087<br />
kij= 0,0 (41°C)<br />
kij= 0,0 (41°C)<br />
9<br />
6<br />
3<br />
0<br />
k(ij)=-0,035<br />
kij= 0,0 (41°C)<br />
0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5<br />
CO 2 -Massenbruch [g/g]<br />
PE1: (■): 41°C; (▲): 50°C; (♦): 75°C U3000: (■): 41°C; (▲): 100,5°C<br />
12<br />
9<br />
6<br />
3<br />
kij= 0,0 (41°C)<br />
Abb. 49: Übersicht über alle Methoden und Systeme, die mit PC-SAFT berechnet wurden.<br />
Alle Kurven: PC-SAFT (diese Arbeit und Buchele 2006). Experimentelle Werte: [Buchele<br />
2006]. Methode 1: PE1 auf Basis von Diethylether; U3000 auf Basis von Ethan.<br />
85
86<br />
4.4 Ergebnisse der stationären Prozesssimulation<br />
Auf der Grundlage der in Kapitel 4 vorgestellten experimentellen Ergebnisse wird das große<br />
Potenzial verzweigter <strong>Polymere</strong> für die selektive Absorption von Kohlendioxid aus verschiedenen<br />
Gasgemischen deutlich. Mit den verwendeten und noch keineswegs molekular optimierten<br />
verzweigten <strong>Polymere</strong>n lassen sich hohe CO2-Beladungen und Selektivitäten sowohl<br />
gegen N2, als auch gegen CH4 bei geringen bis moderaten Absorptionsenthalpien erzielen.<br />
In diesem Kapitel wird mit einem dendritischen Polymer als Modellsubstanz eine Prozesssimulation<br />
zur CO2 Abtrennung aus den Rauchgasen eines Kohlekraftwerks durchgeführt, um<br />
durch den direkten Vergleich mit einem Standardprozess das energetische Verbesserungspotenzial<br />
der neuen Absorbentien zu ermitteln. Als Standardprozess wird die Chemisorption mit<br />
wässriger Monoethanolamin (MEA)-Lösung (siehe Kapitel 2.5) herangezogen. Beide Absorptionsprozesse<br />
decken ihren jeweiligen thermischen und elektrischen Energiebedarf aus den<br />
Ressourcen des Kraftwerks, dessen Rauchgas gereinigt wird. Deswegen wird der Dampfkreislauf<br />
eines kohlebefeuerten Kraftwerksprozesses ebenfalls simuliert und direkt mit den beiden<br />
Trennprozessen verschaltet, so dass die Auswirkungen der CO2-Abtrennung bei den optimierten<br />
Betriebsparametern auf den Kraftwerksprozess direkt über den Wirkungsgrad sichtbar<br />
werden.<br />
Aus der Auswertung der Löslichkeitsexperimente empfehlen sich die verzweigten Polyamine,<br />
genauer das Polyamidoamin (PAMAM) als Modellpolymer. Das Lösungsverhalten entspricht<br />
einer physikalischen Absorption bei hoher Kapazität für CO2 und hoher Selektivität gegen N2.<br />
In Abb. 50 sind die CO2-Gleichgewichtskurven in wässriger MEA- und wässriger PAMAMlösung<br />
für jeweils zwei unterschiedliche Temperaturen abgebildet. Die Polymerlösung zeigt<br />
im Gegensatz zur wässrigen MEA-Lösung die typische Abhängigkeit der Löslichkeit vom<br />
Partialdruck des Gases. Im Bereich eines geringen CO2-Partialdrucks von ≥ 0,1 bar ist die<br />
molare Lösungsmittelbeladung der Polymerlösung größer als bei der wässrigen MEA-Lösung.<br />
Zudem kann beim physikalischen Absorptionsprozess mit PAMAM bei niedrigeren Regenerationsbedingungen<br />
gearbeitet werden, wenngleich die Lösungsmittelmassenströme größer<br />
sind.<br />
P CO2 [bar]<br />
10<br />
1<br />
0.1<br />
0.01<br />
MEA, 70Ma% H2O, 40°C (Jou et al. 1994)<br />
MEA, 70Ma% H2O, 120°C (Jou et al. 1994)<br />
PAMAM, 61 Ma% H2O, 40°C<br />
PAMAM, 61 Ma% H2O, 80°C<br />
CO2 Konzentration im Rauchgas (Kohlekraftwerk)<br />
0.001<br />
0 0.4 0.8 1.2 1.6 2 2.4 2.8<br />
Beladung Mol CO 2 / Mol Solvent [-]<br />
Abb. 50: CO2-Gleichgewichtsbeladungen in den wässrigen Systemen mit Polyamidoamin<br />
und Monoethanolamin.<br />
Dadurch benötigt die physikalische Absorption für den Regenerationsschritt Dampf geringerer<br />
Exergie (geringeren Drucks) aus dem Dampfkreislauf, aber eventuell größere Mengen an<br />
Dampf im Vergleich zur Chemisorption.
Daraus kann bereits geschlossen werden, dass der Prozess mit der Polymerlösung ein energiesparendes<br />
Potenzial besitzt, falls ein Optimum zwischen einem nicht zu hohen Lösungsmittelmassenstrom<br />
und einer niedrigen Regenerationstemperatur gefunden werden kann.<br />
4.4.1 Simulationsumgebung Aspen Plus<br />
Zur Simulation der Absorptionsprozesse und des Dampfkreislaufs wurde die kommerzielle<br />
Prozesssimulationssoftware Aspen Plus® verwendet. Das Programm bietet die Möglichkeit<br />
stationäre und dynamische Prozesse über eine Verknüpfung verschiedener Unitoperationen zu<br />
abzubilden und zu optimieren unter Ausnutzung einer großen Stoffdatenbank sowie der Verwendung<br />
verschiedener stofftransport- oder gleichgewichtsbasierter Modelle.<br />
Das Simulationstool wird verstärkt zur Berechnung verfahrenstechnischer Prozesse eingesetzt<br />
und findet weniger Anwendung im energietechnischen Bereich. In dieser Arbeit wurde der<br />
Dampfkreislauf eines überkritischen Dampfprozesses mit dieser Software simuliert, um die<br />
energetische Verknüpfung des Absorptions- und des Kraftwerksprozesses berechnen und eine<br />
gemeinsame Optimierung und Prozessintegration durchführen zu können.<br />
Dabei wird die Abbildung des Dampfkreislaufs sowohl in thermodynamischer Hinsicht, als<br />
auch von den vorhandenen Modellen für die typischen Apparate des Dampfkreislaufs (Turbine,<br />
Wärmeübertrager) ausreichend unterstützt.<br />
Zunächst wurde das Modell des Absorptionsprozesses aufgestellt. Dies wird im folgenden<br />
Kapitel am Beispiel der Chemisorption mit wässriger MEA-Lösung exemplarisch beschrieben<br />
und gilt in gleicher Weise für die Absorption mit der wässrigen Polymerlösung. Die umfangreichen<br />
Validierungen der thermodynamischen Modelle sind im Anhang in den Kapiteln<br />
6.5.1.1 und 6.5.1.3 dokumentiert. Für die Absorption mit MEA konnte abschliessend sogar<br />
das Prozessmodell, im Wesentlichen von Absorber und Stripper, anhand von Daten aus der<br />
Literatur überprüft werden (Anhang, Kapitel 6.5.1.2). Zur Festlegung des Referenzfalls und<br />
Ermittlung wesentlicher Einflußparameter wurde die Absorption mit MEA dann optimiert.<br />
Anschliessend konnte der Dampfkreislauf in Aspen auf der Berechnungsgrundlage für ein<br />
Referenzkraftwerk abgebildet werden (4.4.3).<br />
Es folgt dann für beide Absorptionsprozesse die gemeinsame Simulation von Absorptions-<br />
und Kraftwerksprozess und die Optimierung für beide Fälle.<br />
4.4.2 Aufstellen des Modells für den Absorptionsprozess<br />
Das Rauchgas entspricht der Zusammensetzung eines Braunkohlekraftwerks (eine genauere<br />
Beschreibung des abgebildeten Kraftwerkprozesses findet sich in Kapitel 4.4.3) und wird vor<br />
Eintritt in den Kompressor und den Absorber auf 50°C gekühlt und mit Wasser gesättigt, um<br />
den Zustand (Konzentration und Temperatur) nach einer Entschwefelung einzustellen. Ein<br />
weiterer Wärmeübertrager ermöglicht die Variierung der Absorbereintrittstemperatur des<br />
Rauchgases. Dabei legt die Temperatur den Wasseranteil des Rauchgases fest und ob dem<br />
zirkulierenden Lösungsmittel im Absorber Wasser als Make-up hinzugefügt oder abgezogen<br />
werden muss. Zur Einstellung der notwendigen Wasserkonzentration eignet sich vor allem der<br />
Stripperkondensator, der das Wasser aus dem abgetrennten Kohlendioxidstrom kondensiert.<br />
Im Modell wird das Rauchgas auf 5K unterhalb der Lösungsmitteltemperatur gekühlt. Angesichts<br />
der großen Rauchgasströme eines Kraftwerkes mit 1000 MW th muss das Gas auf mehrere<br />
Absorber aufgeteilt werden. Je nach gewähltem Absorberdurchmesser, der auch von den<br />
ausgewählten Einbauten abhängt, wird der Rauchgasstrom im Block „1-TRAIN“ aufgeteilt<br />
und nur ein Prozessstrang unter der Annahme simuliert, dass alle Stränge gleich arbeiten. Die<br />
Ergebnisse beziehen sich aber auf den kompletten Rauchgasstrom. Nach dem Kompressor<br />
tritt der Rauchgastrom unten in den Absorber (ABSORBER) ein und strömt im Gegenstrom<br />
zum regenerierten Lösungsmittel, dass der Kolonne am Kopf zugegeben wird (TRauchgas < TLösungsmittel).<br />
Die Lösungsmittelbeladung am Absorbereintritt stellt eine Eingabevariable dar,<br />
87
88<br />
M&<br />
CO2,<br />
Austritt<br />
nach der sich in Abhängigkeit des spezifizierten CO2-Abtrenngrades ( 1−<br />
) ein<br />
M&<br />
CO2,<br />
E int ritt<br />
Lösungsmittelmassenstrom ergibt. Im Sumpf des Absorbers verlässt das beladene Lösungsmittel<br />
die Kolonne und wird über eine Pumpe über interne Wärmeübertragung („HEATX“)<br />
durch den regenerierten Lösungsmittelstrom aus dem Strippersumpf aufgeheizt (mit ∆T=10K<br />
im Wärmeübertrager) und in den Desorber (STRIPPER) unterhalb des Kopfes geleitet. Die<br />
oberen beiden Trennstufen halten MEA-Dämpfe zurück und minimieren auf diese Weise Lösungsmittelverluste.<br />
Im Sumpf der Kolonne wird bei 120°C über den Verdampfer der notwendige<br />
Strippdampf erzeugt, der das CO2 aus der Lösung drängt. Im Dephlegmator<br />
(„COND-STR“) werden kondensierbare Dämpfe bei 30°C abgetrennt und dem Stripper als<br />
Rücklauf wieder zugeführt.<br />
Die notwendige Verdampferleistung ergibt sich aus der spezifizierten Lösungsmittelbeladung<br />
für den regenerierten Zustand. Die Verdampferleistung aller Prozessstränge wird mittels „Q-<br />
MULT“ berechnet. Das regenerierte Lösungsmittel gibt dann einen Teil seiner Wärme an den<br />
aufzuheizenden beladenen Lösungsmittelstrom ab und wird im Block „MAKEUP“ mit den<br />
notwendigen Mengen an MEA und Wasser versetzt. Die Modellierung berücksichtigt lediglich<br />
die physikalischen Lösungsmittelverluste über die Kolonnenköpfe, nicht jedoch die chemischen<br />
Verluste durch irreversible Reaktion mit anderen Rauchgaskomponenten. In realen<br />
Sauergaswäschen ist immer ein „Reclaimer“ vorgesehen, der bei erhöhten Temperaturen temperaturstabile<br />
Salze, die das MEA inaktivieren, auftrennen soll. Dazu wird ein kleiner Teil des<br />
Lösungsmittelstromes kontinuierlich durch den „Reclaimer“ geschleust.<br />
Der Lösungsmittelstrom wird vor Absorbereintritt noch auf die im Block „COOLER“ spezifizierte<br />
Temperatur gekühlt.<br />
Das abgetrennte CO2 wird in einem zweistufigen Kompressor „COMP1“ und „COMP2“ mit<br />
Zwischenkühlung verflüssigt, um mit der Pumpe „PMP-CO2“ auf den spezifizierten Druck<br />
Pipeline-tauglich verdichtet zu werden.
Abb. 51: Aspen Plus® Fliessbild des simulierten Absorptionsprozesses mit zusätzlicher<br />
Kompressionseinheit für das abgetrennte Kohlendioxid.<br />
4.4.2.1 Simulation und Optimierung des Basisfalls der Chemisorption<br />
Zur Festlegung eines Basisfalls wurden Parameterstudien durchgeführt, um die wesentlichen<br />
Prozessparameter zu ermitteln [Botero 2007]. Als Zielgröße wurde dabei die Minimierung der<br />
Verdampferleistung als wesentlicher Einflußgröße bestimmt, weil aus der Literatur bereits<br />
bekannt ist, dass die energieintensive Regeneration des Lösungsmittels der alles bestimmende<br />
89
90<br />
Nachteil der CO2 Wäsche mit einer wässrigen Aminlösung darstellt (siehe auch Kapitel 2.5).<br />
Dabei konnten die aus der Literatur bereits bekannten Prozessparameter bestätigt werden<br />
[Abu-Zahra et al. 2007, Alie et al. 2005, IPCC 2005, Wilson et al. 2004, Freguia und Rochelle<br />
2003, Desideri und Paolucci 1999, Kohl und Nielsen 1997]. Einige Ergebnisse sind in Abb.<br />
52 aufgeführt.<br />
spez. Verdampferleistung [MJ/kg CO2]<br />
Verdampferleistung [MW th]<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
spez. Verdampferleistung [MJ/kg CO2]<br />
4<br />
10<br />
0.1 0.2 0.3 0.4<br />
Beladung regeneriertes Lösungsmittel<br />
[mol CO2/mol MEA]<br />
1050<br />
1000<br />
950<br />
900<br />
20<br />
16<br />
12<br />
850<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50<br />
6<br />
5.5<br />
5<br />
4.5<br />
4<br />
3.5<br />
NTS im Absorber<br />
0.0 0.2 0.4 0.6<br />
MEA Massenanteil [kg/kg]<br />
70<br />
50<br />
30<br />
8<br />
4<br />
spez. Lösungsmittelstrom [kg/ kg CO2]<br />
Leistung Rauchgasverdichter [MW el]<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
spez. Lösungsmittelstrom [kg/ kg CO2]<br />
spez. Verdampferleistung [MJ/kg CO2]<br />
a) b)<br />
spez. Verdampferleistung [MJ/kg CO2]<br />
c) d)<br />
5.6<br />
5.2<br />
4.8<br />
4.4<br />
4<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
4.8<br />
d) e)<br />
spez. Verdampferleistung [MJ/kg CO2]<br />
4.6<br />
4.4<br />
4.2<br />
10 20 30 40 50<br />
Temperatur Lösungsmittel vor<br />
Absorber [°C]<br />
160<br />
0 2 4 6<br />
Druck im Stripper [bar]<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
Temperatur im Verdampfer[°C]<br />
4<br />
0% 50% 100%<br />
CO2 Abtrenngrad<br />
Abb. 52: Ergebnisse der Optimierung der CO2-Absorption mit wässriger MEA-Lösung.
Die Ergebnisse aus Abb. 52 werden im weiteren Verlauf dieses Kapitels vor dem Hintergrund<br />
der Vorteile einer gemeinsamen Simulation und Optimierung von verfahrenstechnischem und<br />
energietechnischem Prozess diskutiert.<br />
Als wesentliche Einflußgrößen auf den Wirkungsgrad wurden identifiziert:<br />
• Beladung des regenerierten Lösungsmittels<br />
• Temperatur des regenerierten Lösungsmittels vor dem Absorber<br />
• Anzahl der theoretischen Trennstufen in Absorber und Stripper<br />
• ∆T in Wärmetauschern<br />
• Druck im Stripper<br />
• MEA Anteil im Lösungsmittel<br />
• CO2 Abtrenngrad<br />
In Tab. 26 ist die verwendete Rauchgaszusammensetzung aufgeführt. Wesentliche Prozessparameter<br />
und Kolonnenspezifikationen und ein Teil der Ergebnisse für den Basisfall sind in<br />
Tab. 27 zu finden. Bei der Optimierung wurde nur jeweils ein Parameter variiert, während alle<br />
übrigen konstant gehalten wurden oder sich entsprechend ergaben.<br />
Tab. 26: Rauchgaszusammensetzung für die Optimierung der CO2-Absorption mit wässriger<br />
MEA-Lösung [Span 2007]<br />
Komponente Molanteil im Rauchgas [%]<br />
N2<br />
71,7<br />
CO2<br />
14,6<br />
H2O 9,5<br />
O2<br />
3,4<br />
Ar 0,9<br />
In Tab. 28 sind die Ergebnisse der Simulation des Basisfalls abgebildet. Die simulierten Werte<br />
stimmen mit den Werten aus der Literatur überein, die im Bereich zwischen 2,7 und 4,2<br />
MJ/kg CO2 liegen und stammen sowohl aus Simulationen [Abu-Zahra 2007], als auch von<br />
realen Anlagendaten des ECONAMINE FG Prozesses [Chapel et al. 1999] sowie aus Übersichtsbeiträgen<br />
[IPCC 2005]. Damit kann gezeigt werden, dass mit der Simulation belastbare<br />
Daten erzeugt werden können.<br />
Im nächsten Schritt kann das Prozessmodell der Absorption mit dem Simulationsmodell eines<br />
Dampfkreislaufs eines Kraftwerks verknüpft werden. Nur durch die gemeinsame Simulation<br />
beider Prozesse kann der Einfluß der CO2 Absorption auf den Kraftwerksprozess, vor allem<br />
auf den Wirkungsgrad, ermittelt werden, denn der komplette Energiebedarf des Trennprozesses<br />
muss durch das Kraftwerk abgedeckt werden. In Analogie zum Prozessmodell der Absorption<br />
mit der wässrigen MEA-Lösung wird im nächsten Kapitel ein Absorptionsprozess<br />
mit einer wässrigen Polymerlösung modelliert, der dann auch mit dem Kraftwerksprozess<br />
verknüpft werden kann.<br />
91
92<br />
Tab. 27: Parameter für den Basisfall nach Parameterstudien<br />
Variable Wert Variable Wert<br />
Rauchgas Druck 1 bar Druck im Stripper 2 bar<br />
Rauchgas Temperatur 110°C T im Dephlegmator 30°C<br />
Rauchgas Massenstrom 964 kg/s NTS im Stripper 12<br />
Rauchgas Temperatur nach Ent- 50°C Feedpunkt des beladenen 3<br />
schwefelung<br />
Lösungsmittels<br />
TRauchgas vor Absorber 35°C HETP im Stripper 1 m<br />
CO2 Abtrenngrad 90% Einbauten Mellapak 250X<br />
Anzahl der Prozessstränge 3 Kolonnenauslastung 80%<br />
MEA Konzentration 30 Ma% Anzahl der Stufen im CO2<br />
Verdichter<br />
5<br />
Temperatur unbeladenes Lösungsmittel<br />
30 °C Isentroper Wirkungsgrad 0,75<br />
Beladung des regenerierten Lö- 0,27 Zwischenkühlung im 30°C<br />
sungsmittels<br />
Verdichter<br />
∆T in Wärmetauschern 10 K CO2 Druck nach Komprimierung<br />
110 bar<br />
Druck im Absorber 1 bar<br />
NTS im Absorber 10<br />
HETP im Absorber 3 m<br />
Isentroper Wirkungsgrad des Verdichters<br />
0,84<br />
Tab. 28: Ergebnisse der Simulation des Basisfalls aus Tab. 27.<br />
Größe Ergebnis<br />
Spezifische Verdampferleistung 3,97 MJ/kg CO2<br />
Spezifischer Lösungsmittelstrom 23,4 kg/kg CO 2<br />
Beladungsverhältnis des Lösungsmittels 1,8<br />
Temperatur des beladenen Lösungsmittels 47 °C<br />
Verhältnis Lösungsmittel/Gas 4,8 kg/kg<br />
Temperatur im Verdampfer 123 °C<br />
Verdampferleistung 748 MW<br />
4.4.3 Dampfkreislauf eines Kraftwerks<br />
Die Modellierung des Kraftwerksprozesses bleibt auf die Abbildung des Dampfkreislaufes in<br />
Aspen Plus® beschränkt.<br />
Als Referenzkraftwerk wird ein mit Braunkohle befeuerter überkritischer Dampfprozess<br />
(Dampfzustände: 280bar/600°C/620°C) mit einer Bruttoleistung von 1000 MWe zugrunde<br />
gelegt, der einen Nettowirkungsgrad von ηnetto=49,2% besitzt und 964kg/s Rauchgases emittiert.<br />
10 In Abb. 53 ist eine vereinfachte schematische Abbildung des energietechnischen Prozesses<br />
aufgeführt. Im Verdampfer wird zunächst Dampf bei P=280 bar und 600°C erzeugt,<br />
10 Die verwendete Berechnungsgrundlage für das Kraftwerk basiert auf Kraftwerksdaten der<br />
letzten 2 Jahrzehnte und bezieht sich auf ein zu bauendes Kraftwerk. Sie stammen von Prof.<br />
Dr. Span [Span 2007].
der in der Hochdruck (HD) Turbine entspannt und erneut dem Verdampfer zugeführt und<br />
dann im überhitzten Zustand auf die Mitteldruck (MD) Turbine gegeben wird. Der Turbinensatz<br />
besteht insgesamt aus vier Teilen, nach einem Hochdruck- und einem Mitteldruckzylinder<br />
sind noch zwei Niederdruckzylinder angeordnet. Im nachfolgenden Kondensator wird der<br />
Dampf bei 32°C und 48mbar total kondensiert und die Speisewasservorwärmung schließt sich<br />
mit insgesamt 11 Vorwärmstufen an (inklusive Abwärmenutzung des Rauchgases). Im ersten<br />
Vorwärmteil werden die Nieder- und Mitteldruckturbinen direkt angezapft. Zusätzlich wird<br />
die Abwärme des Rauchgases genutzt und auf TRauchgas=110°C erniedrigt. Im Entgaser wird<br />
durch die Anzapfung der Mitteldruckturbine das Speisewasser erhitzt und gelöste Gase entfernt.<br />
Das Speisewasser und liegt dann als gesättigte Flüssigkeit vor. Die zweite Speisewasserpumpe<br />
fördert das Wasser auf den Verdampferdruck und bringt den Druckverlust für die<br />
Hochdruckvorwärmung auf, bei der der Dampf zur weiteren direkten Vorwärmung aus den<br />
Hochdruckteilen entnommen wird. Die zweite Speisewasserpumpe wird über eine kleine Turbine<br />
mit Dampf angetrieben.<br />
Neben dem kompletten Fliessbild des Kraftwerks waren alle Stromdaten (Temperatur, Druck,<br />
spezifische Enthalpie und Massenstrom) bekannt sowie die isentropen Wirkungsgrade der<br />
Turbinenzylinder und der einzelnen Stufen, der Generatorwirkungsgrad, der Eigenverbrauch<br />
des Kraftwerks, der untere Heizwert der Kohle, die Verbrennungsenthalpie der Kohle und die<br />
erzeugte elektrische Leistung mit den Wirkungsgraden (Brutto und Netto).<br />
Abb. 53: Vereinfachtes Fliessbild des Dampfkreislaufs des Referenzkraftwerks [Span<br />
2007]<br />
Ein Aspen Plus® Fliessbild des Dampfkreislaufs ist in Abb. 54 aufgeführt. Zur thermodynamischen<br />
Modellierung des Dampfkreislaufs wurde die in Aspen Plus® implementierte Be-<br />
93
94<br />
rechnungsmethode „STEAM-TA“ 11 benutzt, die auf der Grundlage der ASME (1967) Dampftafeln<br />
zur Beschreibung der thermodynamischen Eigenschaften des Wassers besteht und die<br />
Korrelationen der IAPS (International Association for Properties of Steam) zur Berechnung<br />
der Transportgrößen.<br />
Im Fliessbild besteht der Verdampfer aus zwei Modulen, um Verdampfung für die Hochdruckturbine<br />
und Überhitzung für die Mitteldruckturbine darstellen zu können. Die Turbinenzylinder<br />
sind in mehrere Expansionsstufen unterteilt, für die jeweils isentrope Wirkungsgrade<br />
bekannt sind. Die Dampfanzapfungen (Speisewasservorwärmung, Speisewasserpumpenantrieb<br />
und thermischer Bedarf für nicht abgebildeten Verbrennungsprozess) wurden an denselben<br />
Stellen wie im berechneten Referenzkraftwerk vorgenommen.<br />
Der elektrische Eigenverbrauch des Kraftwerks (Kühlwasser- und Speisewasserpumpe) wird<br />
als konstante Größe betrachtet und von der erzeugten Leistung abgezogen. Druckverluste in<br />
den Rohrleitungen und Apparaten wurden nach Angaben in der Berechnungsgrundlage berücksichtigt.<br />
Der Wirkungsgrad wurde wie folgt bestimmt:<br />
H<br />
W&<br />
η =<br />
( 4-8 )<br />
⋅ &<br />
u Brennstoff m<br />
Mit Ẇ als erzeugter Leistung 12 , Hu als unterem Heizwert und ṁBrennstoff als Brennstoffmassenstrom.<br />
Eine ausführliche Beschreibung der Fliessbildsimulation unter Angabe der genauen Aspen<br />
Plus® Modelle findet sich bei Botero [Botero 2007].<br />
Einige Ergebnisse der Validierung des Aspen Plus® Modells sind in Form relativer und absoluter<br />
Abweichungen abgebildet.<br />
Tab. 29: Relative und absolute Abweichungen einiger validierter Größen des Dampfkreislaufs<br />
des Referenzkraftwerks.<br />
Abweichung<br />
Validierte Größe absolut relativ<br />
Temperatur am:<br />
Verdampferausgang 1,4K 0,16%<br />
Hochdruckturbineausgang 1,2K 0,2%<br />
Überhitzerausgang 1,6K 0,18%<br />
Mitteldruckturbinenausgang 2,6K 0,52%<br />
Niederdruckturbinenausgang 0,0K 0,0%<br />
Bruttoleistung 1,25MW 0,13%<br />
Nettoleistung 1,25MW 0,14%<br />
Brutto-Wirkungsgrad 0,06% Punkte 0,11%<br />
Netto-Wirkungsgrad 0,07% Punkte 0,14%<br />
11 Für den Temperatur- und Druckbereich: T=273,15…1073 K und P=1000 bar.<br />
12 Wobei die Leistung mit einem Bruttowert (ohne elektrischen Eigenverbrauch) und einem<br />
Nettowert (nach Abzug des Eigenverbrauchs) bestimmt werden kann.
Abb. 54: Aspen Plus® Fliessbild des Dampfkreislaufs des Referenzkraftwerks.<br />
95
96<br />
4.4.4 Simulation von Absorptions- und Kraftwerksprozess<br />
4.4.4.1 Einflüsse der Absorption auf den Kraftwerksprozess<br />
Bei der Verknüpfung von Absorptionsmodell und Kraftwerksmodell in einem Fliessbild zur<br />
gemeinsamen Simualtion und Optimierung sind die beiden Prozesse an mehreren Stellen miteinander<br />
verbunden. Der Absorptionsprozess benötigt zum einen elektrischen Energie zum<br />
Betrieb der Pumpen und Komprimierung des Rauchgases sowie der Verdichtung des abgetrennten<br />
Kohlendioxids und zum anderen Dampf aus dem Turbinenteil des Dampfkreislaufs,<br />
der für die Regeneration des Lösungsmittels im Verdampfer (bzw. bei mehreren Prozesssträngen<br />
in den Verdampfern) des Strippers kondensiert wird. Während der Verbrauch an<br />
Elektrizität sowohl im realen, als auch in der Fliessbildsimulation einfach zu realisieren ist,<br />
erfordert die Entnahme von Dampf eine Änderung des gesamten Kraftwerkkonzeptes. Zunächst<br />
muss die Entnahmestelle lokalisiert werden. Wegen des enormen Bedarfs kommen<br />
Turbinenanzapfungen nicht in Frage, stattdessen bleiben nur die Positionen zwischen den<br />
Turbinenstufen. Aus Tab. 30 wird ersichtlich, dass aufgrund des Temperaturniveaus lediglich<br />
der Bereich nach der Mitteldruckturbine zur Dampfanzapfung verwendet werden kann. Je<br />
nach Betriebsbedingungen des Absorptionsprozesses, also z.B. CO2 Abtrenngrad wird die<br />
Niederdruckturbine nur noch mit einer sehr geringen Dampfmenge beaufschlagt, so dass der<br />
Kondensator des Dampfkreislaufs auch nur noch sehr geringe Restmengen an Dampf niederschlagen<br />
muss. Das Kondensat aus dem Stripperverdampfer tritt dann mit einer Temperatur<br />
von ca. 144 °C wieder in den Kraftwerksprozess ein. Die Speisewasservorwärmung beginnt<br />
infolgedessen nicht mehr bei ca. 30 °C, sondern in Abhängigkeit der Temperatur des abgezogenen<br />
Dampfes bei T >80 °C…123 °C. Entsprechend sind einige Wärmeübertrager der Speisewasservorwärmung<br />
überflüssig.<br />
Tab. 30: Taupunkte des Dampfes an charakteristischen Stellen des Dampfkreislaufs<br />
Entnahmestelle Taupunkt des Dampfes<br />
Nach HD-Turbine 276 °C<br />
Nach MD-Turbine 144 °C<br />
Nach ND-Turbine 32 °C<br />
Aus diesen Überlegungen folgt, dass bei einer Implementierung des Absorptionsprozesses in<br />
ein bestehendes Kraftwerk wesentliche Änderungen an zahlreichen Apparaten erfolgen müssten,<br />
die unter Umständen gar nicht für die neuen Betriebsbedingungen ausgelegt sind.<br />
Im Folgenden soll nur am Beispiel des Absorptionsprozesses mit MEA für den Basisfall veranschaulicht<br />
werden, welche Unterschiede sich ergeben würden, wenn Änderungen im<br />
Kraftwerkskonzept vorgenommen werden. Dazu werden zwei Fälle untersucht.
Abb. 55: Verändertes Fliessbild des Dampfkreislaufs des Referenzkraftwerks ohne Änderung<br />
der Entspannungszustände des Dampfes. Gestrichelte Linie: Entnommener Dampf und<br />
zurückgeführtes Kondensat.<br />
1. Entnahme der notwendigen Dampfmenge nach der Mitteldruckturbine, Umgehen der ersten<br />
Speisewasservorwärmer und automatische Anpassung der Dampfanzapfungen aus der Mitteldruckturbine,<br />
so dass das Kondensat im Entgaser des Dampfkreislaufs bei gleichen Bedingungen<br />
wie im Referenzfall des Kraftwerks vorliegt. Dadurch wird an der Vorwärmung mit<br />
Hochdruckdampf nicht geändert im Vergleich zum Referenzfall (siehe Abb. 55).<br />
2. Entnahme der notwendigen Dampfmenge nach der Niederdruckturbine (ND Turbine 1)<br />
unter der Annahme, dass der Dampf bis zu einem Druck entspannt werden kann, dessen Taupunkt<br />
bei TTau=TVerdampfer + T∆T,Verdampfer liegt (mit eigener Anpassung des isentropen Wirkungsgrades<br />
an Entspannungsdruck), Entspannen des restlichen Dampfes in einer weiteren<br />
Niederdruckturbine (ND Turbine 2) und Kondensation im Kondensator, gleiche Speisewasservorwärmung<br />
wie unter 1. (siehe Abb. 56).<br />
97
98<br />
Abb. 56: Verändertes Fliessbild des Dampfkreislaufs des Referenzkraftwerks mit Änderung<br />
der Entspannungszustände des Dampfes und neuer Turbinenkonfiguration. Gestrichelte<br />
Linie: Entnommener Dampf und zurückgeführtes Kondensat<br />
4.4.4.2 Optimierung von Chemisorption und Dampfkreislauf<br />
Die Ergebnisse der Simulation der beiden Fallstudien sind in Tab. 31 aufgeführt. Durch die<br />
Integration des Absorptionsprozesses ergeben sich Wirkungsgradeinbußen von 12,9 %-<br />
Punkten für den Fall 1, bei dem die Turbinen unverändert betrieben werden und infolge der<br />
Dampfentnahme nur noch 30 % des Dampfstromes in der Niederdruckturbine entspannt wird.<br />
Außerdem wird der Dampf nicht auf den minimal möglichen Druck entspannt, so dass Turbinenarbeit<br />
verloren geht. Durch die Entspannung des Dampfes auf einen niedrigeren Enddruck<br />
im Fall 2 und die dadurch bessere energetische Ausnutzung lässt sich die Einbuße um 0,9 %-<br />
Punkte verringern. Den größten Anteil an der Wirkungsgradeinbuße macht die Regeneration<br />
des Lösungsmittels mit über 70 % aus. Durch Prozessoptimierung sollte und kann im Wesentlichen<br />
auch nur dieser Anteil minimiert werden. 13<br />
Bei den nun folgenden Optimierungen der beiden Absorptionsprozesse in einer Simulationsumgebung<br />
mit dem Dampfkreislauf wurde der oben beschriebenen Strategie (Fall 2) gefolgt,<br />
so dass der Dampf immer bei den Bedingungen entnommen wird, dass für das Kraftwerk die<br />
maximale Entspannungsarbeit geleistet werden kann (automatische Anpassung des Entspannungszustandes<br />
der ND Turbine 1 an Temperaturniveau im Verdampfer des Strippers:<br />
TDampf = TTaupunkt + ∆TVerdampfer, mit ∆TVerdampfer = 10 K). Weiterhin wurde durch die Speisewasservorwärmung<br />
nach dem Entgaser der Zustand „gesättigte Flüssigkeit“ eingestellt, so<br />
dass die weitere Vorwärmung mit Dampfentnahmen aus der Hochdruckturbine nicht geändert<br />
13 Zusätzliches OptimierungsPotenzial bei der CO2 Verdichtung kann noch durch die Verwendung<br />
von Dampf zum Antrieb der Kompressoren bestehen.
werden musste. Es wurde immer nur ein Parameter variiert und die übrigen Parameter auf den<br />
Werten des Basisfalls konstant gehalten (Tab. 26 und Tab. 27).<br />
Tab. 31: Simulationsergebnisse für die Absorption mit MEA unter Verwendung der Absorptionsprozessparameter<br />
aus Tab. 27.<br />
Fall 1 Fall 2<br />
Gesamte Wirkungsgradeinbuße 12,9 %-Punkte 12,0 %-Punkte<br />
Einbuße durch Stripperverdampfer 9,7 %-Punkte 8,8 %-Punkte<br />
Einbuße durch Rauchgasverdichter 0,2 %-Punkte 0,2 %-Punkte<br />
Einbuße durch CO 2 Komprimierung 3,0 %-Punkte 3,0 %-Punkte<br />
Menge entnommener Dampf 69% 70%<br />
PDampf 4,1 bar 2,9 bar<br />
Taupunkt des Dampfes 144 °C 133 °C<br />
Temperatur im Verdampfer 123 °C 123 °C<br />
Die Zusammensetzung des Rauchgases ist in Tab. 26 aufgeführt und weitere Prozessparameter<br />
sind Tabelle Tab. 27 zu entnehmen. Der CO2-Abtrenngrad wurde zu 90 % spezifiziert.<br />
In Abb. 57 sind die Ergebnisse der Optimierung für die Absorption mit MEA aufgeführt. In<br />
den Unterabbildungen a) und b) wurde die Beladung des regenerierten Lösungsmittels (αmin)<br />
variiert. Es zeigt sich ein relativ breites Minimum um den Wert 0,36 im Gegensatz zum Optimum<br />
von 0,27, das aus der Minimierung der Verdampferleistung des Strippers ohne Berücksichtigung<br />
des Wirkungsgrades des Dampfkreislaufs erhalten wurde (siehe Abb. 57). Wenn<br />
im Stripper auf niedrigere CO2 Beladungen regeneriert werden soll, dann sind größere<br />
Dampfmengen bei höheren Temperaturen notwendig (siehe Abb. 57 b). Wenn allerdings Lösungsmittelbeladungen<br />
> αmin = 0,36 zugelassen werden und Dampf bei niedrigeren Temperaturen<br />
benötigt wird (z.B. αmin = 0,45 �TDampf = 148 °C), steigt der Anteil des benötigten<br />
Dampfes von 73 % auf 86 % wegen des größeren benötigten Lösungsmittelstroms zur Abtrennung<br />
von 90 % CO2, so dass zwar der Dampf in ND Turbine 1 auf ein niedrigeres Niveau<br />
entspannt werden kann, aber ND Turbine 2 weniger Dampf zugeführt wird. Dieses Optimierungsproblem<br />
kann nur in der gemeinsamen Simulation beider Prozesse gelöst werden. Denn<br />
im Minimierungskriterium Wirkungsgradeinbuße wird indirekt die Exergie des Dampfes berücksichtigt.<br />
Dementsprechend liegt das Minimum der abgezogenen Dampfmenge nicht im<br />
Minimum der minimalen Wirkungsgradeinbuße.<br />
In den Unterabbildungen c) und d) wurden die Anzahl der Trennstufen in Absorber und Desorber<br />
variiert. Bei der Optimierung beider Prozesse geht auch der Bedarf an elektrischer<br />
Energie für den Rauchgasverdichter mit ein. Wäre dieser Posten in Abb. 57 auch berücksichtigt<br />
worden, ergäbe sich ein ähnliches Bild. Interessanterweise hängt das Optimum nicht von<br />
der armen Beladung des Lösungsmittels ab, so dass beide Parameter unabhängig voneinander<br />
untersucht werden können. Für den Stripper ergibt sich ein anderes Bild. Es existiert kein eindeutiges<br />
Minimum und die Anzahl an Trennstufen hängt stark von der spezifizierten Lösungsmittelbeladung<br />
ab. Eine bessere Regeneration erfordert auch mehr Trennstufen. Bei der<br />
optimalen Lösungsmittelbeladung von αmin = 0,36 und einer Stufenzahl > 8 wirkt sich die<br />
Erhöhung der Trennstufen nur noch auf die Investitionskosten aus.<br />
99
100<br />
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
15<br />
14<br />
13<br />
12<br />
11<br />
12.6<br />
12.4<br />
12.2<br />
12<br />
11.8<br />
11.6<br />
14<br />
13<br />
12<br />
11<br />
0.1 0.3 0.5<br />
Beladung regeneriertes Lsgm.<br />
[mol CO2/mol MEA]<br />
125<br />
120<br />
115<br />
110<br />
105<br />
Verdampfertemperatur [°C]<br />
0 20 40<br />
NTS im Absorber<br />
10 18 26 34 42 50<br />
Temperatur des unbeladenen Lsgm.<br />
[°C]<br />
Entnahmedampfanteil am Gesamtstrom<br />
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
0.95<br />
0.85<br />
0.75<br />
a) b)<br />
Beladung regeneriertes<br />
Lösungsmittel:<br />
0,25 0,27 0,32 0,36<br />
0.9<br />
0.8<br />
0.7<br />
140<br />
0.1 0.3 0.5<br />
Beladung regeneriertes Lsgm.<br />
[mol CO2/mol MEA]<br />
15<br />
Beladung regeneriertes<br />
Lösungsmittel:<br />
14 0,2 0,27 0,36<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
1<br />
13<br />
12<br />
11<br />
200<br />
190<br />
180<br />
170<br />
160<br />
150<br />
c) d)<br />
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
0 10 20 30 40<br />
NTS im Stripper<br />
e) f) Gesamt<br />
Verdampferleistung<br />
CO 2 Kompressor<br />
Verdichter<br />
Temperatur des Entnahmedampfes [°C]<br />
0<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
CO 2 Abtrenngrad<br />
Abb. 57: Ergebnisse der gemeinsamen Optimierung des Absorptionsprozesses mit wässriger<br />
MEA Lösung und des Dampfkreislaufes. Bei 90 % CO2-Abtrenngrad und den weiteren<br />
Basisfallparametern aus Tab. 26 und Tab. 27.<br />
In Abb. 57 e) ist die Wirkungsgradeinbuße in Abhängigkeit der Lösungsmitteleintrittstemperatur<br />
im Absorber dargestellt. Genau wie im Optimierungsfall ohne Dampfkreislauf zeigt sich<br />
bis zu einer Temperatur von 30 °C ein linearer Zusammenhang von 0,4 %-Punkten pro 10 K.<br />
Schließlich ist in Abb. 57 f) die Abhängigkeit der Wirkungsgradeinbuße vom CO2 Abtrenngrad<br />
dargestellt. Die eingezeichneten Punkte der unterschiedlichen CO2-Abtrenngrade im
Diagramm stellen jeweils Optima dar. Es ergibt sich ein fast linearer Anstieg der Wirkungsgradeinbuße.<br />
In Tab. 32 sind Ergebnisse der Optimierung und die resultierende Wirkungsgradeinbuße bei<br />
90 % CO2 Abtrenngrad aufgeführt. Ein Vergleich mit den in Tab. 33 abgebildeten Werten aus<br />
der Literatur zeigt, dass die mit dem hier entwickelten Modell berechneten Einbußen des<br />
Wirkungsgrades eine gute Übereinstimmumgen mit abgeschätzen Werten aus der Literatur<br />
liefert.<br />
Tab. 32: Ergebnisse der gemeinsamen Simulation der CO2-Absorption mit MEA und dem<br />
Dampfkreislauf eines Kraftwerks.<br />
Ergebnisse der Optimierung Ergebnisse für optimierten Betriebspunkt<br />
Arme Beladung Lösungsmittel α=0,36 Wirkungsgradeinbuße, gesamt 11,8 %-Punkte<br />
NTS Absorber 4 Wirkungsgradeinbuße, Verdampfer 8,7 %-Punkte<br />
NTS Stripper 10 Wirkungsgradeinbuße, CO2 Konpressor 3,0 %-Punkte<br />
∆T der Wärmeübertrager 10 Wirkungsgradeinbuße, Verdichter 0,1 %-Punkte<br />
Es wurde nicht dargestellt, dass sich in Abhängigkeit der in den Wärmetauschern spezifizierten<br />
Temperaturdifferenz (∆T) Wirkungsgradeinbußen von 11,3 %-Punkten (∆T = 2 K) bis zu<br />
12 %-Punkten (∆T = 10 K) ergeben, so dass auch hier noch Möglichkeiten bestehen Verluste<br />
einzusparen. Dabei wurde jeweils getrennt voneinander das ∆T im Stripperverdampfer und im<br />
Wärmetauscher vor dem Stripper variiert . In der Literatur wurde bereits vorgeschlagen durch<br />
direkte Dampfzufuhr in den Stripper das ∆T des Wärmeübergangs einzusparen. Simulationen<br />
können in diesem Punkt Klarheit bringen, denn der abgezogene Dampf muss im Dampfkreislauf<br />
ersetzt werden, so dass wieder Energie zum Aufwärmen bereitgestellt werden muss.<br />
Tab. 33: Ergebnisse aus der Literatur zur Wirkungsgradeinbuße bei der CO2-Abtrennung<br />
mit einer 30 Ma % MEA Lösung aus einem vergleichbaren neuen überkritischen Danpfprozess<br />
[IPCC 2005].<br />
Parsons 2002 Simbeck 2002 IEA GHG 2004 Rubin et al. 2007<br />
CO2-Abtrenngrad 90% 85 % 87,5 % 90 %<br />
CO2-Produktdruck 84 bar 137 bar 110 bar 139 bar<br />
Wirkungsgradeinbuße 12,3 % 9,6 % 9,2 % 9,8 %<br />
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass aus der Integration von energietechnischem<br />
und verfahrenstechnischem Modell wichtige Erkenntnisse für die spätere Implementierung<br />
des Absorptionsprozesses in den Kraftwerksprozess, die Optimierung beider Prozesse und die<br />
Prozessführung gewonnen werden können.<br />
4.4.4.3 Optimierung von Physisorption und Dampfkreislauf<br />
In Abb. 40 sind die Ergebnisse der Optimierung von Dampfkreislauf und CO2-Absorption mit<br />
wässriger PAMAM Lösung abgebildet. In diesem Fall wurde ein CO2-Abtrenngrad von 60 %<br />
ausgewählt, um die jeweiligen Parameter über einen breiten Bereich variieren zu können. Die<br />
limitierende Größe stellt dabei die Dampfmenge dar, die das Kraftwerk für die Regeneration<br />
des Lösungsmittels zur Verfügung stellen kann. Analog der in Kapitel 4.4.4.2 vorgestellten<br />
Strategie (Fall 2) der Dampfentnahme nach der Mitteldruckturbine bei Entspannung auf ein<br />
passendes Druckniveau (mit TTau = TVerdampfer + T∆T,Verdampfer). Dadurch sind die Ergebnisse<br />
und absoluten Werte nicht direkt mit der Optimierung für den Prozess mit MEA vergleichbar,<br />
allerdings werden grundlegende Unterschiede der beiden Lösungsmittel in der Prozessführung<br />
deutlich. Als Zielgröße wurde erneut die Wirkungsgradeinbuße ausgewählt, wobei die Anteile<br />
der CO2-Komprimierung (nach dem Stripper) und der Pumpen- und Gebläseleistung nicht<br />
berücksichtigt wurden. Lediglich die Verdampferleistung im Stripper geht in die Wirkungsgradeinbuße<br />
ein. Die wesentlichen spezifizierten Parameter sind aus den Tabellen Tab. 27 und<br />
Tab. 34 zu entnehmen.<br />
101
102<br />
Tab. 34: Parameter des Basisfalls der CO2-Absorption mit wässriger PAMAM Lösung<br />
Variable Wert<br />
CO2-Abtrenngrad 60%<br />
PAMAM Anteil im Lösungsmittel 59 Ma%<br />
Temperatur unbeladenes Lösungsmittel 30 °C<br />
Unbeladenes Lösungsmittel 0,4 mol CO2 / mol PAMAM<br />
Druck im Absorber 1 bar<br />
NTS im Absorber 10<br />
Druck im Stripper 1 bar<br />
NTS im Stripper 12<br />
Zugabe – NTS des Feedstromes im Stripper 2<br />
Die wässrige Polyamidoaminlösung erlaubt im Vergleich zu MEA wesentlich höhere Beladungen<br />
mit CO2, sowohl am Absorber- als auch am Stripperausgang. Während der Prozess<br />
mit MEA bei einem Verhältnis von ca. 1,4 von beladenem zu unbeladenem Lösungsmittel<br />
betrieben wird (auf molarer Basis), ergeben sich für PAMAM Werte zwischen 3 und 5. Auf<br />
molekularer Ebene lassen sich mehr CO2 Moleküle mit einem PAMAM Molekül binden. Dieser<br />
Zusammenhang ist auf die große Zahl tertiärer Aminogruppen im Molekül zurückzuführen.<br />
Der geringeren Absorptionskinetik im Falle tertiärer Amine kann durch entsprechende<br />
Blends mit primären Aminen begegnet werden, was bereits industriell angewendet wird [Kohl<br />
und Nielsen 1997].<br />
In Abb. 58a liegt das Optimum der armen Lösungsmittelbeladung hinsichtlich der Wirkungsgradeinbuße<br />
des Kraftwerks bei 0,6 und damit deutlich zu höheren Werten verschoben im<br />
Vergleich zum Optimum der spezifischen Verdampferleistung (Wert liegt bei 0,2). Dieser<br />
Unterschied wird zusammen mit Abb. 58b deutlich, wenn das Temperaturniveau im Stripper<br />
betrachtet wird. Zum Optimum der geringeren Wirkungsgradeinbuße korrespondiert eine<br />
Sumpftemperatur im Stripper von 83,6 °C, während bei dem Optimum der spezifischen Verdampferleistung<br />
94 °C im Stripper herrschen und damit Dampf auf höherem exergetischem<br />
Niveau dem Kraftwerk entzogen wird. Damit wird im Vergleich zum MEA-Prozeß bei deutlich<br />
niedrigeren Temperaturen im Stripper regeneriert. Zwischen den beiden Optima der Kurven<br />
liegt eine Differenz in der Wirkungsgradeinbuße von 0,25 %-Punkten, die allein durch die<br />
gemeinsame Optimierung von Kraftwerks- und Absorptionsprozeß ermittelt werden konnte<br />
und trotz des geringen absoluten Wertes zu erheblichen Einsparungen führen würde. Bei höheren<br />
armen Lösungsmittelbeladungen steigt die Wirkungsgradeinbuße wieder, denn bei niedrigeren<br />
Temperaturen im Sumpf des Strippers werden größere Anteile des Dampfes aus dem<br />
Kraftwerk entzogen, um die größeren Lösungsmittelströme (nicht in den Diagrammen dargestellt)<br />
zu regenerieren.
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
5.6<br />
5.4<br />
5.2<br />
5<br />
4.8<br />
6.5<br />
6<br />
5.5<br />
5<br />
4.5<br />
4.6<br />
4<br />
0 0.3 0.6 0.9 1.2<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Beladung regeneriertes Lösungsmittel<br />
[mol CO 2/mol PAMAM]<br />
20 30 40<br />
Lösungsmitteltemperatur am<br />
Absorbereintritt [°C]<br />
4.9<br />
4.86<br />
4.82<br />
c)<br />
a)<br />
25<br />
21<br />
17<br />
13<br />
9<br />
5<br />
spez. Verdampferleistung [MJ/kg<br />
L/G im Absorber [kg/kg]<br />
0 4 8 12 16<br />
NTS im Stripper<br />
Entnahmedampfanteil am<br />
Gesamtstrom<br />
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
0.8<br />
0.75<br />
0.7<br />
0.65<br />
0.6<br />
0.55<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
Regenerationstemperatur des<br />
Lösungsmittels [°C]<br />
0 0.3 0.6 0.9 1.2<br />
Beladung regeneriertes Lösungsmittel<br />
[mol CO 2/mol PAMAM]<br />
5.8<br />
5.6<br />
5.4<br />
5.2<br />
5<br />
4.8<br />
4.6<br />
e) f)<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
b)<br />
0 5 10 15<br />
NTS im Absorber<br />
d)<br />
1 2 3<br />
Druck im Stripper [bar]<br />
Abb. 58: Ergebnisse der gemeinsamen Optimierung des Absorptionsprozesses mit wässriger<br />
PAMAM Lösung und des Dampfkreislaufs. Bei 60 % CO2-Abtrenngrad und weiteren<br />
Parametern aus Tab. 27 und Tab. 34.<br />
Der in Abb. 58b aufgetragene Dampfanteil meint jenen Dampf der zur Regeneration dem<br />
Dampfkreislauf entzogen wird, der verbleibende Anteil wird in der Niederdruckturbine zur<br />
Stromerzeugung entspannt. Aus Abb. 58c ist zu erkennen, dass die Absorbereintrittstemperatur<br />
des Lösungsmittels erhebliche Auswirkungen auf die Wirkungsgradeinbuße besitzt. Im<br />
Gegensatz zur Chemisorption mit MEA besitzt die Temperatur bei stärker physisorptiven Lösungsmitteln<br />
einen entscheidenden Einfluß. Eine Reduzierung der Temperatur von 40 °C auf<br />
20 °C führt zu einer Erniedrigung der Wirkungsgradeinbuße um nahezu 50 %. Infolgedessen<br />
103
104<br />
sollte das unbeladene Lösungsmittel vor Absorbereintritt auf möglichst tiefe Temperaturen<br />
gekühlt werden.<br />
Gleichwohl führen niedrige Temperaturen des Lösungsmittels zur Kondensation von Wasser<br />
aus dem Rauchgas, das an entsprechender Stelle aus dem Prozess ausgeschleust werden muss.<br />
Das Verhältnis von Lösungsmittelstrom zu Gasstrom (L/G) als wesentlichem Parameter eines<br />
Absorptionsprozesses liegt bei Lösungsmitteltemperaturen bis 30 °C zwischen 5 kg/kg und<br />
10 kg/kg und damit im gewöhnlichen Bereich bzw. leicht erhöht gegenüber dem Prozess mit<br />
MEA. Die Anzahl der theoretischen Stufen (NTS) im Absorber und im Stripper haben ab einem<br />
bestimmten Wert (Absorber: 6 und Stripper: 5) keinen Einfluß auf die Wirkungsgradeinbuße<br />
mehr (siehe Abb. 58d und e). Der Druck im Stripper hat einen großen Einfluß auf die<br />
Wirkungsgradeinbuße (Abb. 58f). Im Falle physisorptiver Lösungsmittel ist ein niedriger<br />
Druck vorteilhaft für die Desorption, weil die Löslichkeit sehr viel stärker vom Druck abhängt<br />
im Vergleich zur Chemisorption. Mit Drücken im Stripper < 1 bar lässt sich die Wirkungsgradeinbuße<br />
weiter verringern, allerdings muss auch zusätzlich Energie zur Erzeugung des<br />
Vakuums aufgewendet werden.<br />
dynamische Viskosität [mPas]<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
20°C 60 Ma%H2O 25°C 60 Ma% H2O 40°C 60 Ma% H2O<br />
20°C 40 Ma% H2O 25°C 40 Ma% H2O 40°C 40 Ma% H2O<br />
50 250 450<br />
Scherrate [1/s]<br />
650 850 1050<br />
Abb. 59: Newtonschen Fliessverhalten wässriger PAMAM-Lösungen. Abhängigkeit der<br />
dynamischen Viskosität von der Scherrate von wässrigen PAMAM Lösungen bei unterschiedlichem<br />
Wassergehalt und verschiedenen Temperaturen [Rolker 2007].<br />
In Abb. 59 sind experimentell ermittelte dynamische Viskositäten wässriger PAMAM Lösungen<br />
in Abhängigkeit der Scherrate für unterschiedliche Temperaturen und Wassermassengehalte<br />
abgebildet. Wie bereits in Kapitel 2.1.2 dokumentiert, weisen verzweigte <strong>Polymere</strong> im<br />
Gegensatz zu linearen <strong>Polymere</strong>n kein strukturviskoses, sondern Newtonsches Fliessverhalten<br />
auf. Durch die globulare Struktur der Makromoleküle kommt es bei verzweigten <strong>Polymere</strong>n<br />
nicht zu Verschlaufungen. Aus Abb. 59 ist für 40 Ma% Wasser erkennbar, dass die dynamische<br />
Viskosität erheblich von der Temperatur abhängt. Bei einem Wassergehalt von 60 Ma%<br />
werden Viskositäten von 11 mPas bei T=20 °C erreicht. Für den Einsatz in Kolonnen werden<br />
gewöhnlich Grenzwerte von 80 bis 100 mPas genannt. Die Messergebnisse zeigen, dass es<br />
möglich mit verzweigten <strong>Polymere</strong>n in wässrigen Lösungen in diesen Bereich vorzustoßen.
4.4.4.4 Vergleich beider Absorptionsprozesse<br />
In Abb. 60 sind für beide Absorptionsprozesse der Einfluß des CO2-Abtrenngrades auf die<br />
Wirkungsgradeinbuße ohne Berücksichtigung der Anteile für Verdichtung des Rauchgasstromes,<br />
sowie der Pumpenleistung und der CO2-Komprimierung. Jeder Punkt im Diagramm<br />
wurde hinsichtlich der armen Lösungsmittelbeladung optimiert. Über den ganzen Bereich<br />
ergibt sich für den Prozess mit PAMAM eine deutlich geringere Wirkungsgradeinbuße. Die<br />
Differenz steigt von ∆η = 0,6 %-Punkte (30 % Abtrenngrad) über ∆η = 1,6 %-Punkte (60 %<br />
Abtrenngrad) auf ∆η = 2,28 %-Punkte (90 % Abtrenngrad) an und steigt dann sehr schnell<br />
zuungunsten des PAMAM Prozesses bei sehr hohen Reinheiten bzw. Abtrenngraden an. Bei<br />
Abtrenngraden > 95 % steigt die entnommene Dampfmenge im Absorptionsprozeß mit<br />
PAMAM schneller als bei MEA.<br />
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
MEA<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
CO 2 Abtrenngrad<br />
PAMAM<br />
Abb. 60: Abhängigkeit der Wirkungsgradeinbuße vom CO2-Abtrenngrad (nur Berücksichtigung<br />
der Verdampferleistung). Vergleich beider Absorptionsprozesse für das jeweilige Optimum<br />
der armen Lösungsmittelbeladung. Wässrige PAMAM Lösung: 59 Ma% PAMAM;<br />
Wässrige MEA Lösung: 30 Ma% MEA. Lösungsmitteltemperatur: 25 °C. Weitere Parameter<br />
sind Tab. 27 und Tab. 34 zu entnehmen.<br />
Durch die geringeren Temperaturen im Verdampfer bei der Absorption mit PAMAM kann<br />
der exergetisch höherwertige Dampf bei größeren Temperaturen besser ausgenutzt werden.<br />
Dieser Zusammenhang spiegelt sich auch in Tab. 35 wider, in der weitere Daten für die Abtrenngrade<br />
60 % und 90 % beider Absorptionsprozesse gegeben sind. Obwohl der Prozess mit<br />
PAMAM größere Verdampferleistungen benötigt, sind die geringeren Temperaturen im<br />
Stripper ausschlaggebend für die geringeren Wirkungsgradeinbußen. Im Vergleich zu MEA<br />
wird dem Dampfkreislauf lediglich Dampf bei P = 0,68 bar bzw. P = 0,88 bar entzogen Zwar<br />
muss beim Prozess mit PAMAM fast doppelt soviel Lösungsmittel eingesetzt werden (was zu<br />
den hohen Verdampferleistungen führt), es lassen sich aber auch Lösungsmittelbeladungen<br />
realisieren, die um den Faktor 2,4 bis 3,5 größer sind als bei MEA. Für eine zukünftige Optimierung<br />
des Lösungsmittels kann daraus geschlossen werden, dass Komponenten mit ähnlichen<br />
molaren Beladungskapazitäten und geringerer Molmasse noch zu größeren Einsparungen<br />
im Vergleich zu MEA führen.<br />
105
106<br />
Tab. 35: Vergleich beider optimierter Absorptionsprozesse (30 Ma% MEA und 59 Ma%<br />
PAMAM) in Abhängigkeit des CO2-Abtrenngrades. Lösungsmitteltemperatur: 25 °C, Absorber:<br />
10 NTS, Stripper: 12 NTS. Alle weiteren Parameter sind aus Tab. 27 und Tab. 34.<br />
60 % Abtrenngrad 90 % Abtrenngrad<br />
PAMAM MEA PAMAM MEA<br />
Beladenes Lösungsmittel / Unbeladenes Lsgm. 3,4 1,4 4,9 1,4<br />
Spezifischer Lösungsmittelstrom [kg Lsgm. / kg CO2] 65,5 34,6 64,2 37,6<br />
Spezifische Verdampferleistung [MJ / kg CO2] 4,1 3,9 4,2 4,0<br />
Temperatur in Verdampfer [°C] 79 119 86 118<br />
Anteil des ausgeschleusten Dampfes [%] 51 47 77 0,71<br />
Druck des ausgeschleusten Dampfes [bar] 0,68 2,58 0,88 2,52<br />
Wirkungsgradeinbuße für Regeneration [%-Punkte] 3,9 5,7 6,0 8,3<br />
Die in Abb. 60 aufgeführten Kurven der jeweiligen Prozesse erlauben eine erste vergleichende<br />
Betrachtung der Abtrennung von CO2 unter ökonomischen Gesichtspunkten (Einfluss auf<br />
Stromgestehungskosten) mit der Annahme, dass sich die Investitionskosten beider Prozesse in<br />
ähnlichen Dimensionen bewegen. So kann die Abtrennung von CO2 unter volkswirtschaftlichen<br />
Gründen optimiert und auch festgelegt werden. Es gilt, den Abtrenngrad zu ermitteln,<br />
den eine entsprechende Volkswirtschaft noch finanziell aufwenden kann. Ganz abgesehen<br />
davon, die hier festgestellten Einflußgrößen nur für Kraftwerke gelten, die Grundlast fahren<br />
und nicht ständigen Lastwechseln unterworfen sind.<br />
Zusätzlich zu den oben dargestellten Wirkungsgradverlusten kommen noch die Einbußen<br />
durch den Aufwand der Gebläse, Pumpen und CO2-Komprimierung, die mit ca. 3 %-Punkten<br />
abgeschätzt werden können. Wenn eine Wirkungsgradeinbuße von 5 %-Punkten als maximal<br />
tolerierbare Größe betrachtet wird, kann im Kraftwerk 35 % CO2 mit PAMAM und 22 % CO2<br />
mit MEA abgetrennt werden.<br />
In Abb. 61 ist der Einfluß der vorgenommenen Modifikationen am Dampfkreislauf des<br />
Kraftwerks auf die Wirkungsgradeinbußen in Ahhängigkeit des Abtrenngrades für beide Absorptionsprozesse<br />
aufgetragen. In beiden Fällen führt die bessere Anpassung des Kraftwerksprozesses<br />
an die neuen Betriebsbedingungen zu erheblichen Verringerungen der Wirkungsgradeinbußen.<br />
Bei der Absorption mit PAMAM und einem Abtrenngrad von 30 % ergeben<br />
sich Wirkungsgradeinbußen von 4,8 %-Punkten, wenn keine Modifizierungen am Dampfkreislauf<br />
vorgenommen werden. Wenn darüber hinaus die Speisewasservorwärmung derart<br />
angepasst wird, dass das Wasser im Entgaser als siedende Flüssigkeit vorliegt (durch Reduzierung<br />
der direkten Vorwärmung mit Niederdruckdampf) ergeben sich nur Wirkungsgradeinbußen<br />
von 3,4 %-Punkten. Eine weitere Verbesserung ergibt sich, wenn in der letzten Turbinenstufe<br />
vor der Dampfentnahme auf das passende Druckniveau entspannt werden kann und<br />
der im Dampfkreislauf verbleibende Dampf in einer weiteren Stufe auf Kondensatorbedingungen<br />
entspannt werden kann. Es ergibt sich dann eine weitere Verringerung der Wirkungsgradeinbuße<br />
auf 2 %-Punkte.
Wirkungsgradeinbuße [%-Punkte]<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
─ PAMAM --MEA<br />
1. Optimierung Absorption und Kraftwerk (Entspannung in ND-Turbine, Speisewasservorwärmung)<br />
2. Optimierung Kraftwerk (Speisewasservorwärmung)<br />
3. Keine Optimierung im Kraftwerk<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
CO 2-Abtrenngrad<br />
Abb. 61: Einfluß der Dampfkreislaufmodifizierungen auf die Wirkungsgradeinbuße in Abhängigkeit<br />
des CO2-Abtrenngrades für die Absorption mit wässriger PAMAM und wässriger<br />
MEA Lösung.<br />
107
108<br />
5 Zusammenfassung und Ausblick<br />
In dieser Arbeit wurde das Potenzial verzweigter <strong>Polymere</strong> als neuartige Absorbentien in der<br />
thermischen Verfahrenstechnik aufgezeigt. Ziel war die thermodynamische Evaluierung von<br />
Polyethern, verzweigten Polyethern und hyperverzweigten Polyestern und Polyaminen (Polyesteramide,<br />
Polyamidoamin und Polyethylenimin) vor dem Hintergrund der Abtrennung von<br />
CO2 aus Gasgemischen, im besonderen von Rauchgasen aus Kohlekraftwerken. Die erste<br />
Auswahl der <strong>Polymere</strong> wurde dabei auf der Grundlage bekannter Lösungsmittel zur CO2<br />
Trennung getroffen.<br />
Zunächst wurden die Gaslöslichkeiten von CO2, N2 und CH4 als Hauptkomponenten typischer<br />
Gasgemische wie Rauchgasen oder Deponie,- und Biogasen in verschiedenen kommerziell<br />
erhältlichen hochverzweigten <strong>Polymere</strong>n in einer neu aufgebauten Gaslöslichkeitsapparatur<br />
bestimmt. Aus den Löslichkeitsdaten konnten wichtige thermodynamische Kenngrößen wie<br />
Henry-Koeffizienten, Selektivitäten und Absorptionsenthalpien bestimmt werden, die eine<br />
erste Einordnung der untersuchten Komponenten hinsichtlich ihres Potenzials zulassen. Als<br />
aussichtsreiche Kandidaten erwiesen sich die Polyether (linear und verzweigt), die höhere<br />
Selektivitäten und auch höhere absolute Löslichkeiten als das industriell eingesetzte Lösungsmittel<br />
Selexol erreichten. Damit erfüllen die Polyether entscheidene Voraussetzungen,<br />
um für die Gaswäsche eingesetzt zu werden, wenn der Gasstrom bei höherem Druck vorliegt<br />
(Physisorption) und z.B. CO2 aus CH4-reichen Strömen abgetrennt werden muss (wie im Falle<br />
von Deponiegasen).<br />
Die hyperverzweigten <strong>Polymere</strong> wurden auch in wässriger Lösung vermessen. Zum einen war<br />
es notwendig, den Einfluss auf die Löslichkeit zu ermitteln angesichts des Wasseranteils im<br />
Rauchgas, zum anderen, war eine wässrige Lösung Vorraussetzung, weil die Viskositäten zu<br />
hoch waren, um in der Löslichkeitsapparatur vermessen zu werden. Bei den Polyethern verringerte<br />
sich die CO2-Löslichkeit deutlich in Anwesenheit von Wasser. Die Polyamine konnten<br />
teilweise wegen zu hoher Viskositäten nur in wässriger Lösung vermessen werden. Dabei<br />
wurde ein Konzentrationsbereich von 60 Ma-% Wasser gewählt.<br />
Für kohlestämmige Rauchgase, bei denen vor allem eine Trennung CO2 / N2 erfolgen muss,<br />
abgesehen von vielfältigen weiteren Voraussetzungen wie Verträglichkeit gegenüber Schwefel-<br />
und Stickstoffverbindungen, konnten Polyamine als potentielle neue Lösungsmittel identifiziert<br />
werden. Vor allem das dendritische Polyamidoamin PAMAM und das hyperverzweigte<br />
Polyesteramid Hybrane HA 1690 erreichten sehr hohe CO2-Löslichkeiten und<br />
Selektivitäten gegenüber N2, bei gleichzeitig geringen Absorptionsenthalpien im Vergleich zu<br />
einer wässrigen Monoethanolaminlösung, die als Stand der Technik zur CO2-Abtrennung aus<br />
Rauchgasen bezeichnet werden kann. Das Polyamidoamin und das Polyesteramid tragen eine<br />
große Zahl von tertiären Aminogruppen auf der Oberfläche (HA 1690) und im Molekül inneren<br />
(PAMAM) sowie funktionelle OH-Gruppen (PAMAM). Dabei ist die gute Löslichkeit in<br />
Wasser auf die Hydroxylgruppen zurückzuführen und die CO2-Löslichkeit auf die tertiären<br />
Aminogruppen. Es ist wahrscheinlich, dass die Polymeraminfunktionalitäten wie kurzkettige<br />
tertiäre Amine agieren und durch ihre Funktion als Protonenakzeptor die Bildung von Hydrogencarbonat<br />
in der Lösung ermöglichen. Diese Verbindung ist weniger stabil als die direkte<br />
Reaktion von CO2 mit primären oder sekundären Aminen (Karbamatreaktion) und damit auch<br />
bei geringerem Energieinsatz reversibel. Die CO2-Löslichkeit nimmt zu mit besserer Verfügbarkeit<br />
der Amingruppen im Molekül und dem Verhältnis von Gruppen an der Oberfläche zur<br />
Molmasse des Polymers. Im Gegensatz dazu erreichte die wässrige Polyethyleniminlösung<br />
(PEI) zwar noch höhere CO2-Löslichkeiten, aber der Lösungsvorgang war auch von einer<br />
starken Wärmetönung begleitet, so dass hier ein stärkerer Einfluß der Karbamatreaktion vermutet<br />
wird. Denn das PEI trägt neben tertiären und sekundären, vor allem primäre Aminogruppen<br />
an der Oberfläche.<br />
An einer Magnetschwebewaage wurden CO2-Löslichkeiten im verzweigten Polyether (PE1)<br />
und hyperverzweigten Polyester (Boltorn U3000) bei erhöhtem Druck vermessen. Die notwendige<br />
Volumenkorrektur der begasten Probe zur Bestimmung der Löslichkeit wurde mit<br />
Hilfe der Sanchez-Lacombe Gleichung abgeschätzt. Dazu mussten die notwendigen Reinstoffparameter<br />
auf der Grundlage von Hochdruckdichtedaten angepasst werden. Die Hoch-
druckdichten wurden mit einer neu aufgebauten Hochdruckdichtezelle bestimmt und können<br />
zusammen mit den CO2-Löslichkeiten bei der Weiterentwicklung von Zustandsgleichungen<br />
zur Berücksichtigung des Verzweigungseinflusses für Systeme mit hyperverzweigten <strong>Polymere</strong>n<br />
genutzt werden.<br />
Im Theorieteil konnten die CO2-Löslichkeiten bei hohem Druck mit der PC-SAFT Gleichung<br />
(ohne Modifikation) erfolgreich modelliert werden und es wurden verschiedene Methoden zur<br />
Bestimmung der Reinstoffparameter angewendet. Es konnte gezeigt werden, dass die Methode<br />
zur Ermittlung der Reinstoffparameter für die in dieser Arbeit betrachten Gleichgewichte<br />
nicht entscheidend für die Modelierungsergebnisse ist.<br />
Weiterhin wurde das UNIFAC-FV Modell zur Voraussage der Gaslöslichkeiten im Niederdruckbereich<br />
getestet. Die Löslichkeiten der Polyether (linear und verzweigt) und des hyperverzweigten<br />
Polyesters konnten mit guter Genauigkeit voraussgesagt und beschrieben werden.<br />
Dazu mussten zunächst die binären Wechselwirkungsparameter der entsprechenden<br />
Gruppen mit CO2 auf der Grundlage von binären Gas-Flüssiggleichgewichten von CO2 in<br />
niedermolekularen Komponenten wie Alkanen, Ethern, Estern und Alkoholen regressiert<br />
werden. Die Voraussage von N2-Löslichkeiten scheitert an der geringen Anzahl vorhandener<br />
Löslichkeitsdaten im Niederdruckbereich. Das Löslichkeitsverhalten der Polyether, die zunehmende<br />
Löslichkeit mit steigender Temperatur, kann nur qualitativ richtig vorausgesagt<br />
werden. Damit steht das UNIFAC-FV Modell prinzipiell zur Verfügung, um CO2-<br />
Löslichkeiten unbekannter Komponenten in einem ersten Schritt abzuschätzen. Bei der Voraussage<br />
der CO2-Löslichkeit in wässrigen Polymerlösungen wird der Trend der abnehmenden<br />
Löslichkeit mit steigendem Wasseranteil qualitativ und quantitativ nicht korrekt beschrieben.<br />
Im Simulationsteil der Arbeit wurde der Dampfkreislauf eines Kohlekraftwerks (überkritischer<br />
Dampfprozess) in der verfahrenstechnischen Simulationssoftware Aspen Plus® abgebildet<br />
und gemeinsam mit verschiedenen Absorptionsprozessen simuliert und optimiert. Zum<br />
einen wurde ein Absorptionsprozess mit wässriger Monoethanolaminlösung als Stand der<br />
Technik, zum anderen ein Absorptionsprozess mit einer wässrigen PAMAM-Lösung als Absorptionsmittel<br />
mit dem Kraftwerksprozess gekoppelt. Es wurde das dendritische OHterminierte<br />
Polyamidoamin (PAMAM) wegen der vielversprechenden experimentellen Ergebnisse<br />
hinsichtlich Kapazität, Selektivität und der geringen Absorptionsenthalpie als Modellpolymer<br />
benutzt, um das Potenzial dendritischer <strong>Polymere</strong> aufzuzeigen.<br />
Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass eine gemeinsame Optimierung beider Prozesse<br />
aus Energie- und Vefahrenstechnik unerlässlich ist und der Kraftwerksprozess in wesentlichen<br />
Betriebsparametern angepasst werden muss. Die Dampfentnahme wegen des Dampfniveaus<br />
muss nach der Mitteldruckturbine erfolgen, wo er allerdings noch auf zu hohem Niveau<br />
vorliegt, so dass zum einen der Entspannungsdruck in der Mitteldruckturbine, als auch der<br />
Druckbereich sowie die Dimension der Niederdruckturbine geändert werden müssen, um einen<br />
optimalen Kraftwerksprozess zu garantieren. Weiterhin muss die Speisewasservorwärmung<br />
angepasst werden, denn das Kondensat verlässt den Verdampfer der Stripperkolonne<br />
bei deutlich höheren Temperaturen, als der ehemals im Kondensator des Kraftwerks anfallende<br />
Dampf.<br />
Im Fall der Optimierung ergeben sich für den Absorptionsprozess mit wässriger MEA-<br />
Lösung Wirkungsgradeinbußen, nur bezogen auf die Regeneration des Lösungsmittels, im<br />
Bereich von 2 bis 8 %-Punkten bei einer CO2-Abtrennung im Bereich von 20 % bis 90 %.<br />
Demgegenüber lassen sich mit der wässrigen PAMAM-Lösung deutlich geringere Wirkungsgradeinbußen<br />
erzielen. Für die genannten CO2-Abtrenngrade ergeben sich Differenzen zu den<br />
mit MEA-Lösung erzielten Wirkungsgradeinbußen im Bereich von 0,4 % bis > 2 %-Punkten.<br />
Die PAMAM-Lösung lässt sich bei exergetisch günstigeren, weil niedrigeren Verdampfertemperaturen<br />
regenerieren. Für den Kraftwerksprozess bedeutet dies, dass der Dampf den<br />
Turbinen auf einem niedrigeren Druckniveau entzogen würde, so dass mehr Strom erzeugt<br />
werden könnte. Damit eröffnet sich ein sehr großes Potenzial der hyperverzweigten <strong>Polymere</strong><br />
als Absorbentien für die CO2-Abtrennung aus Rauchgasen, denn in energetischer Hinsicht<br />
sind wässrige dendritische Polymerlösungen einer MEA-Lösung überlegen.<br />
109
110<br />
Es konnte gezeigt werden, dass die Kenntnis der Funktion der Wirkungsgradeinbuße in Abhängigkeit<br />
des CO2-Abtrenngrads für die Ermittlung eines sinnvollen Beitrags der Kraftwerke<br />
zur Reduzierung der CO2 Emmission unerlässlich ist.<br />
Das dendritische PAMAM wurde bei der Simulation lediglich als Modellpolymer benutzt und<br />
kann in nachfolgenden Arbeiten im Abgleich mit den Löslichkeitsdaten der übrigen untersuchten<br />
verzweigten <strong>Polymere</strong> als Ausgangspunkt für eine molekulare Optimierung des hyperverzweigten<br />
Polymers sein. Dabei sollte auch das Potenzial der Stoffklasse der hyperverzweigten<br />
<strong>Polymere</strong> genutzt werden, wichtige Stoffeigenschaften wie Viskosität und<br />
Löslichkeitsverhalten durch gezielte Funktionalisierung zu optimieren. Hobson et al. berichten<br />
z. B. von der Synthese eines hyperzweigten Analogons zum PAMAM [Hobson et al.<br />
1997; Hobson und Feast 1999]. Gleichzeitig müssen zusätzliche Betrachtungen hinsichtlich<br />
der Kinetik der Absorption sowie der Verträglichkeit der <strong>Polymere</strong> gegenüber den typischen<br />
Bestandteilen des Rauchgases wie SOx und NOx und Sauerstoff vorgenommen werden, um zu<br />
prüfen, inwiefern die in Kapitel 2.6 aufgestellten Kriterien für ein Lösungsmittel erfüllt werden.<br />
Im Rahmen dieser Arbeit wurde durch erste experimentelle Untersuchungen und darauf aufbauenden<br />
Simulationsrechnungen gezeigt, dass die Verwendung niedrigviskoser, verzweigter<br />
<strong>Polymere</strong> zur CO2-Abtrennung aus Rauchgasen und anderen Gasströmen (z.B Biogas oder<br />
Deponiegas) ein großes Potenzial besitzt, das sich vor allem auf die außergewöhnlichen Stoffeigenschaften<br />
wie das Löslichkeitsverhalten und den nicht messbaren Dampfdruck der verzweigten<br />
<strong>Polymere</strong> gründet. In zukünftigen Arbeiten kann durch eine Optimierung der Stoffeigenschaften<br />
der verzweigten <strong>Polymere</strong> der Weg zum optimalen Lösungsmittel beschritten<br />
werden.
6 Anhang<br />
6.1 Dichten<br />
6.1.1 Niederdruckdichten<br />
Tab. 36: Reinstoffdichten der verwendeten <strong>Polymere</strong> bei verschiedenen Temperaturen<br />
Temperatur [K]<br />
Dichte [g/cm 3 ]<br />
Polymer 293,15 303,15 313,15 323,15 333,15 343,15 353,15 363,15<br />
PE1, verzweigt 1,06530 1,05783 1,05037 1,04290 1,03543 1,02797 1,02050 1,01303<br />
PE2, linear 1,09095 1,08246 1,07403 1,06566 1,05736 1,04898 1,03728 1,02776<br />
PE3, linear 1,07175 1,06310 1,05453 1,04599 1,03753 1,02912 1,02076 1,01246<br />
H-2004 1,0793 1,0720 1,0647 1,0571 1,0499 1,0429 1,0358 1,0287<br />
B-U3000 0,9888 0,9820 0,9752 0,9685 0,9618 0,9551 0,9484 0,9418<br />
Lupasol FG 1,02760 1,02095 1,01430 1,00762 1,00091 0,99422 0,98755 0,98090<br />
Tab. 37: Dichten der wässrigen Polymerlösungen bei verschiedenen Temperaturen<br />
Temperatur [K]<br />
Massenbruch 293,15 303,15 313,15 323,15 333,15 343,15 353,15 363,15<br />
wässrige PE 1 Lösung [g/cm 3 ]<br />
wH2O=0,021 1,0673 1,0597 1,0519 1,0444 -- -- -- --<br />
w H2O=0,050 1,0695 1,0618 1,0542 1,0465 1,0392 1,0316 1,0239 1,0162<br />
wH2O=0,081 1,0712 1,0636 1,0559 1,0482 1,0406 1,0329 1,0251 1,0173<br />
wH2O=0,102 1,0717 1,0640 1,0563 1,0485 -- -- -- --<br />
wH2O=0,150 1,0730 1,0652 1,0573 1,04940 1,0406 1,0295 1,0258 1,0172<br />
w H2O=0,300 1,0695 1,0608 1,0534 1,0453 -- -- -- --<br />
wH2O=0,500 1,0542 1,0469 1,0396 1,0312 1,0224 1,0132 1,0069 0,9987<br />
wässrige PE 2 Lösung [g/cm 3 ]<br />
wH2O=0,048 1,0929 1,0844 1,0759 1,0675 1,0590 -- -- --<br />
w H2O=0,103 1,0944 1,0859 1,0774 1,0688 1,0603 -- -- --<br />
wH2O=0,149 1,0950 1,0867 1,0781 1,0696 1,0609 -- -- --<br />
wH2O=0,302 1,0913 1,0828 1,0742 1,0656 1,0568 1,0491 1,0401 1,0308<br />
wH2O=0,601 1,0582 1,0519 1,0451 1,0380 1,0304 1,0226 1,0135 0,9964<br />
wässrige PE 3 Lösung [g/cm 3 ]<br />
wH2O=0,055 1,0754 1,0667 1,0581 1,0493 -- 1,0320 1,0233 --<br />
w H2O=0,100 1,0778 1,0691 1,0604 1,05160 -- 1,0340 1,0251 --<br />
wH2O=0,150 1,0793 1,0706 1,0619 1,0533 -- 1,0355 1,0265 --<br />
wH2O=0,300 1,0806 1,0719 1,0631 1,0541 1,0451 1,0360 1,0268 1,0174<br />
wH2O=0,600 1,0539 1,0469 1,0401 1,0332 1,0256 1,0177 1,0094 1,0009<br />
wässrige PAMAM Lösung [g/cm 3 ]<br />
wH2O=0,039 1,2374 1,2316 1,2257 1,2198 1,2139 1,2079 1,2019 1,1958<br />
w H2O=0,201 1,1977 1,1912 1,1846 1,1782 1,1718 1,1652 1,1583 1,1510<br />
wH2O=0,398 1,1522 1,1465 1,1406 1,1346 1,1283 1,1218 1,1147 1,1075<br />
wH2O=0,601 1,0959 1,0914 1,0864 1,0626 1,0810 1,0752 1,0691 1,0557<br />
wässrige S1200 Lösung [g/cm 3 ]<br />
wH2O=0,609 1,0791 -- 1,0686 -- 1,0564 -- 1,0429 1,0360<br />
wässrige HA 1690 Lösung [g/cm 3 ]<br />
wH2O=0,612 1,0724 -- 1,0596 -- 1,0468 1,0340 1,0276<br />
111
112<br />
6.1.2 Hochdruckdichten<br />
Tab. 38: Biegeschwingermessung für verzweigten Polyether PE1.<br />
Temperatur [K] Druck [MPa] Periode [µs] Dichte [g/cm³] Fehler<br />
298,15<br />
1,07 2607,413 1,0641 0,01%<br />
5,24 2607,974 1,0662 0,01%<br />
9,93 2608,636 1,0687 0,01%<br />
15,2 2609,311 1,0712 0,01%<br />
20,15 2609,969 1,0736 0,01%<br />
25,07 2610,588 1,0758 0,01%<br />
30,2 2611,249 1,0782 0,01%<br />
35,28 2611,869 1,0804 0,01%<br />
39,82 2612,432 1,0824 0,01%<br />
323,15<br />
1,26 2612,481 1,0444 0,01%<br />
5,4 2613,081 1,0467 0,01%<br />
10,14 2613,791 1,0495 0,01%<br />
15,24 2614,519 1,0522 0,01%<br />
20,15 2615,211 1,0548 0,01%<br />
25,35 2615,915 1,0574 0,01%<br />
30,01 2616,549 1,0597 0,01%<br />
35,5 2617,272 1,0623 0,01%<br />
40,03 2617,867 1,0645 0,01%<br />
348,15<br />
1,82 2617,794 1,0258 0,01%<br />
5,26 2618,336 1,0279 0,01%<br />
10,31 2619,151 1,0311 0,01%<br />
15,23 2619,897 1,0339 0,01%<br />
20,24 2620,690 1,0370 0,01%<br />
25,2 2621,379 1,0396 0,01%<br />
30,14 2622,104 1,0423 0,01%<br />
34,78 2622,751 1,0447 0,01%<br />
39,86 2623,464 1,0473 0,01%<br />
373,15<br />
1,3 2623,131 1,0074 0,01%<br />
5,38 2623,836 1,0102 0,01%<br />
10,33 2624,700 1,0137 0,01%<br />
15,25 2625,508 1,0165 0,01%<br />
20,1 2626,308 1,0200 0,01%<br />
25,07 2627,076 1,0229 0,01%<br />
30,27 2627,898 1,0260 0,01%<br />
35,11 2628,613 1,0287 0,01%<br />
40,33 2629,385 1,0316 0,01%<br />
398,15<br />
1,26 2628,733 0,9904 0,01%<br />
5,27 2629,341 0,9927 0,01%<br />
10,4 2630,432 0,9972 0,01%<br />
15,21 2631,204 1,0002 0,01%<br />
20,18 2632,164 1,0041 0,01%<br />
25,12 2632,921 1,0070 0,01%<br />
29,99 2633,819 1,0106 0,01%<br />
35,3 2634,663 1,0138 0,01%<br />
40,31 2635,445 1,0168 0,01%<br />
Bei der Kalibrierung der Biegeschwingerapparatur wurde für ein Parameterset mit insgesamt<br />
10 Parametern eine Anpassung vorgenommen. Weitere Informationen zur Kalibrierung finden<br />
sich bei [Buchele 2006].
Tab. 39: Parameter für Biegeschwinger (Anpassung für 25 -150°C und 0,1-40 MPa; evaluier-<br />
ter Dichtebereich 0,67-1,02 g/cm³)<br />
10er Set 10er Set<br />
a0 a1<br />
a2<br />
b1<br />
C<br />
1,2333E-06<br />
-1,0976E-09<br />
1,1463E-12<br />
-2,4619E-10<br />
1,6701E-13<br />
d0 d1<br />
d2<br />
e1<br />
f<br />
-6,75E+00<br />
5,51E-03<br />
-7,62E-06<br />
1,41E-03<br />
-9,21E-07<br />
Tab. 40: Biegeschwingermessung für den hyperverzweigten Polyester Boltorn U3000.<br />
Temperatur [K] Druck [MPa] Periode [µs] Dichte [g/cm³] Fehler<br />
298,15<br />
1,21 2592,655 0,9867 0,01%<br />
5,05 2593,263 0,9892 0,01%<br />
9,87 2593,821 0,9912 0,01%<br />
14,46 2594,441 0,9936 0,01%<br />
19,97 2595,125 0,9961 0,01%<br />
25,05 2595,777 0,9985 0,01%<br />
30,13 2596,387 1,0007 0,01%<br />
35,68 2597,082 1,0032 0,01%<br />
40,03 2597,579 1,0050 0,01%<br />
323,15<br />
1,09 2597,981 0,9690 0,01%<br />
4,94 2598,519 0,9711 0,01%<br />
10,44 2599,322 0,9742 0,01%<br />
14,8 2599,919 0,9765 0,01%<br />
20,19 2600,656 0,9793 0,01%<br />
25,16 2601,365 0,9820 0,01%<br />
30,06 2601,972 0,9842 0,01%<br />
35,17 2602,645 0,9867 0,01%<br />
39,71 2603,216 0,9887 0,01%<br />
348,15<br />
1,13 2603,422 0,9516 0,01%<br />
6,06 2604,184 0,9546 0,01%<br />
10,27 2604,885 0,9574 0,01%<br />
15,24 2605,67 0,9605 0,01%<br />
19,92 2606,349 0,9631 0,01%<br />
24,64 2607,016 0,9657 0,01%<br />
30,28 2607,844 0,9688 0,01%<br />
35,19 2608,566 0,9716 0,01%<br />
40 2609,184 0,9738 0,01%<br />
373,15<br />
1,69 2609,095 0,9351 0,01%<br />
5,19 2609,811 0,9382 0,01%<br />
10,24 2610,658 0,9415 0,01%<br />
14,81 2611,428 0,9446 0,01%<br />
20,15 2612,286 0,9480 0,01%<br />
25,07 2613,059 0,9510 0,01%<br />
30,41 2613,874 0,9541 0,01%<br />
35,08 2614,561 0,9567 0,01%<br />
40,13 2615,285 0,9595 0,01%<br />
398,15<br />
1,69 2614,804 0,9189 0,01%<br />
5,58 2615,683 0,9226 0,01%<br />
9,91 2616,39 0,9254 0,01%<br />
14,88 2617,459 0,9299 0,01%<br />
19,87 2618,174 0,9326 0,01%<br />
25,37 2619,247 0,9370 0,01%<br />
29,79 2619,83 0,9392 0,01%<br />
35,7 2620,944 0,9437 0,01%<br />
40,19 2621,505 0,9457 0,01%<br />
113
114<br />
Tab. 41: Modellierte Dichte des verzweigten Polyethers PE1<br />
Temperatur [K] Druck [MPa] PC-SAFT Abwei- SL<br />
Abwei-<br />
Dichte [g/cm³] chung Dichte [g/cm³] chung<br />
298,15<br />
1,07 1,0654 0,12% 1,0629 0,11%<br />
5,24 1,0690 0,27% 1,0653 0,08%<br />
9,93 1,0730 0,40% 1,0679 0,08%<br />
15,2 1,0774 0,58% 1,0707 0,05%<br />
20,15 1,0814 0,73% 1,0732 0,04%<br />
25,07 1,0853 0,88% 1,0755 0,03%<br />
30,2 1,0893 1,03% 1,0778 0,04%<br />
35,28 1,0932 1,18% 1,0800 0,04%<br />
39,82 1,0966 1,31% 1,0819 0,05%<br />
323,15<br />
1,26 1,0440 0,04% 1,0450 0,06%<br />
5,4 1,0478 0,10% 1,0479 0,11%<br />
10,14 1,0520 0,24% 1,0511 0,15%<br />
15,24 1,0564 0,40% 1,0543 0,20%<br />
20,15 1,0605 0,54% 1,0572 0,23%<br />
25,35 1,0648 0,70% 1,0602 0,27%<br />
30,01 1,0685 0,83% 1,0628 0,29%<br />
35,5 1,0728 0,99% 1,0656 0,31%<br />
40,03 1,0763 1,11% 1,0678 0,32%<br />
348,15<br />
1,82 1,0247 0,11% 1,0262 0,04%<br />
5,26 1,0280 0,01% 1,0290 0,11%<br />
10,31 1,0327 0,15% 1,0330 0,19%<br />
15,23 1,0371 0,30% 1,0367 0,27%<br />
20,24 1,0415 0,43% 1,0403 0,31%<br />
25,2 1,0457 0,59% 1,0436 0,39%<br />
30,14 1,0498 0,73% 1,0468 0,43%<br />
34,78 1,0536 0,86% 1,0496 0,48%<br />
39,86 1,0577 0,99% 1,0526 0,51%<br />
373,15<br />
1,3 1,0056 0,19% 1,0052 0,22%<br />
5,38 1,0097 0,06% 1,0092 0,10%<br />
10,33 1,0145 0,08% 1,0138 0,02%<br />
15,25 1,0192 0,27% 1,0182 0,17%<br />
20,1 1,0236 0,36% 1,0222 0,22%<br />
25,07 1,0281 0,51% 1,0261 0,31%<br />
30,27 1,0326 0,64% 1,0300 0,38%<br />
35,11 1,0367 0,78% 1,0334 0,45%<br />
40,33 1,0410 0,91% 1,0369 0,52%<br />
398,15<br />
1,26 0,9878 0,26% 0,9836 0,68%<br />
5,27 0,9921 0,06% 0,9882 0,45%<br />
10,4 0,9974 0,01% 0,9937 0,35%<br />
15,21 1,0022 0,20% 0,9986 0,16%<br />
20,18 1,0070 0,29% 1,0034 0,08%<br />
25,12 1,0117 0,46% 1,0079 0,08%<br />
29,99 1,0161 0,54% 1,0120 0,14%<br />
35,3 1,0208 0,69% 1,0163 0,25%<br />
40,31 1,0251 0,82% 1,0202 0,34%
Tab. 42: Modellierte Dichten des hyperverzweigten Polyesters Boltorn U3000<br />
Temperatur [K] Druck [MPa] PC-SAFT Abwei- SL<br />
Abwei-<br />
Dichte [g/cm³] chung Dichte [g/cm³] chung<br />
298,15<br />
1,21 0,9886 0,19% 0,9867 0,00%<br />
5,05 0,9917 0,25% 0,9888 0,04%<br />
9,87 0,9954 0,43% 0,9912 0,00%<br />
14,46 0,9989 0,54% 0,9934 0,01%<br />
19,97 1,0030 0,70% 0,9959 0,01%<br />
25,05 1,0067 0,82% 0,9982 0,03%<br />
30,13 1,0103 0,97% 1,0003 0,04%<br />
35,68 1,0142 1,09% 1,0025 0,07%<br />
40,03 1,0172 1,22% 1,0042 0,08%<br />
323,15<br />
1,09 0,9686 0,05% 0,9694 0,04%<br />
4,94 0,9718 0,06% 0,9719 0,08%<br />
10,44 0,9762 0,20% 0,9752 0,10%<br />
14,8 0,9796 0,32% 0,9778 0,13%<br />
20,19 0,9838 0,46% 0,9807 0,15%<br />
25,16 0,9875 0,56% 0,9833 0,14%<br />
30,06 0,9911 0,70% 0,9858 0,16%<br />
35,17 0,9948 0,82% 0,9882 0,16%<br />
39,71 0,9980 0,93% 0,9903 0,16%<br />
348,15<br />
1,13 0,9503 0,14% 0,9510 0,07%<br />
6,06 0,9545 0,01% 0,9547 0,01%<br />
10,27 0,9581 0,07% 0,9577 0,03%<br />
15,24 0,9622 0,17% 0,9611 0,06%<br />
19,92 0,9659 0,29% 0,9642 0,11%<br />
24,64 0,9696 0,41% 0,9671 0,15%<br />
30,28 0,9739 0,52% 0,9705 0,17%<br />
35,19 0,9775 0,61% 0,9732 0,17%<br />
40 0,9810 0,74% 0,9758 0,20%<br />
373,15<br />
1,69 0,9337 0,16% 0,9319 0,35%<br />
5,19 0,9369 0,14% 0,9350 0,34%<br />
10,24 0,9414 0,02% 0,9393 0,24%<br />
14,81 0,9453 0,07% 0,9430 0,17%<br />
20,15 0,9498 0,19% 0,9470 0,10%<br />
25,07 0,9538 0,29% 0,9506 0,04%<br />
30,41 0,9580 0,41% 0,9543 0,01%<br />
35,08 0,9616 0,51% 0,9573 0,06%<br />
40,13 0,9654 0,62% 0,9605 0,10%<br />
398,15<br />
1,69 0,9175 0,15% 0,9113 0,82%<br />
5,58 0,9212 0,15% 0,9154 0,79%<br />
9,91 0,9253 0,01% 0,9197 0,62%<br />
14,88 0,9298 0,01% 0,9243 0,61%<br />
19,87 0,9342 0,17% 0,9287 0,42%<br />
25,37 0,9389 0,20% 0,9333 0,40%<br />
29,79 0,9426 0,36% 0,9368 0,26%<br />
35,7 0,9473 0,38% 0,9412 0,26%<br />
40,19 0,9508 0,54% 0,9444 0,14%<br />
115
116<br />
6.2 Gaslöslichkeiten<br />
6.2.1 Gaslöslichkeitsapparatur<br />
In Abb. 62 finden sich die mit der Gaslöslichkeitsapparatur vermessenen Henrykoeffizienten<br />
von Kohlendioxid in Wasser, die bei der Inbetriebnahme ermittelt wurden.<br />
HCO2,H2O [MPa]<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
Gaslöslichkeitsapparatur<br />
Zheng et al. 1997<br />
Kiepe et al. 2002<br />
Fischer et al. 1999<br />
Korrelation nach Carroll et al. 1991<br />
300 320 340 360<br />
T [K]<br />
Abb. 62: Henrykoeffizienten von CO2 in Wasser. Literaturvergleich mit den experimentellen<br />
Werten der Gaslöslichkeitsapparatur.<br />
Tab. 43: Abgeschätzte Poyntingkorrekturen (∏∞,i) für CO2 und N2 bei 25°C.<br />
Kohlendioxid Stickstoff<br />
P<br />
[bar]<br />
v∞,CO2<br />
[cm 3 /mol] ∏∞,CO2<br />
P<br />
[bar]<br />
v∞,N2<br />
[cm 3 1.1 55<br />
/mol] ∏∞,N2<br />
a 1.002 1.4 46.5 b 1.003<br />
4.5 55 a 1.01 4.5 46.5 b 1.008<br />
1.4 65 a 1.004<br />
4.5 65 a 1.012<br />
a<br />
Handa et al.<br />
b Maloney und Prausnitz: Gefittete Funktion für v∞,N2<br />
in Polyethylen (v∞,N2=16.7+0.1T [K]) [Maloney und<br />
Prausnitz 1976]
6.2.2 Binäre Systeme Gas-Polymer<br />
Tab. 44: Gaslöslichkeiten (CO2, N2, CH4) in den verwendeten <strong>Polymere</strong>n<br />
PE1, verzweigt PE2, linear PE3, linear<br />
[bar]<br />
333±6<br />
T<br />
[K]<br />
302,0<br />
HCO2,Polymer<br />
[bar]<br />
306±2<br />
T<br />
[K]<br />
305,7<br />
HCO2,Polymer<br />
[bar]<br />
293±2<br />
T<br />
[K]<br />
311,5<br />
342±4 303,1 339±3 311,2 316±2 315,8<br />
404±6 312,7 349±4 311,9 354±3 322,5<br />
412±6 313,9 410±4 322,2 407±3 331,1<br />
468±8 323,0 508±7 335,6 417±4 332,8<br />
585±5 341,2 635±8 355,5 537±5 351,4<br />
703±7 356,1 706±13 362,1 590±6 358,8<br />
831±9 372,2 772±10 373,1 669±7 370,6<br />
HCO2,Polymer<br />
U3000 H2004 U3000<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HCO2,Polymer<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HN2,Polymer<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
405±4 304,4 471±5 311,4 9500±1500 314,4<br />
449±5 311,6 565±6 322,8 9700±1500 331,0<br />
528±7 323,1 736±10 351,5 10000±1600 346,5<br />
528±5 325,4 864±14 366,1 11300±2000 361,5<br />
602±5 336,3 11600±2000 375,5<br />
753±8 357,1<br />
865±10 372,1<br />
HCO2,Polymer<br />
PE1, verzweigt PE2, linear PE3, linear<br />
HN2,Polymer<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HN2,Polymer<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HN2,Polymer<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
16000±2300 319,9 26000±5400 311,0 22000±3400 312,9<br />
15800±2200 329,0 21000±3600 331,8 20000±3000 322,1<br />
16200±2300 336,7 19000±2800 351,2 18000±2300 352,9<br />
15100±2000 354,9 17000±3200 355,9 17000±2000 371,3<br />
14900±1900 357,5 16000±2800 373,2<br />
14400±1800 378,0<br />
PE1, verzweigt PE3, linear U3000<br />
HCH4,Polymer [bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HCH4,Polymer [bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HCH4,Polymer [bar]<br />
T<br />
[K]<br />
779±31 314,4 817±31 313,7 567±15 313,8<br />
776±31 315,0 840±33 329,2 571±18 317,8<br />
805±33 326,1 824±34 337,2 628±21 337,8<br />
814±33 331,6 852±35 346,4 630±18 341,6<br />
837±35 341,7 837±36 357,0 644±22 347,7<br />
843±35 346,6 841±37 366,0 659±20 356,0<br />
859±36 356,5 838±36 361,6 663±23 358,1<br />
857±36 355,8 871±37 374,4 681±24 366,9<br />
885±37 370,6 847±37 374,6 684±21 370,1<br />
888±38 370,7<br />
117
118<br />
6.2.3 Ternäre Systeme Gas – Polymer - Wasser<br />
Tab. 45: Gaslöslichkeiten (CO2, N2, CH4) in den wässrigen Polymerlösungen<br />
PE1, verzweigt<br />
wH2O=0,066<br />
PE1, verzweigt<br />
wH2O=0,154<br />
PE2, linear<br />
wH2O=0,032<br />
HCO2,Polymerlösunglösung<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HCO2,Polymerlösung<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HCO2,Polymerlösung<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
461±5 313,0 577±17 315,2 364±3 310,1<br />
471±9 315,3 659±19 325,9 437±4 320,5<br />
551±6 326,2 669±19 325,9 558±7 336,4<br />
596±12 330,7 767±30 336,5 564±12 336,8<br />
616±12 331,9 748±28 337,0 641±15 346,2<br />
637±17 337,1 682±41 339,8<br />
682±23 343,3 870±41 347,1<br />
718±30 347,8 812±52 347,6<br />
PE2, linear<br />
PE3, linear<br />
PE 3, linear<br />
wH2O=0,061 wH2O=0,042 wH2O=0,097 HCO2,Polymerlösung [bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HCO2,Polymerlösung [bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HCO2,Polymerlösung [bar]<br />
T<br />
[K]<br />
421±4 311,3 325±2 306,4 397±4 311,0<br />
486±8 315,9 408±8 325,7 437±9 319,7<br />
495±5 321,5 480±10 336,7 458±5 320,2<br />
542±10 324,2 548±13 346,3 536±8 330,8<br />
625±13 324,2 554±14 335,9<br />
625±13 335,1 628±18 346,3<br />
623±11 336,8<br />
704±16 345,7<br />
PAMAM<br />
PAMAM<br />
PAMAM<br />
wH2O=0,61 wH2O=0,61 wH2O=0,61 HCO2,Polymerlösung [bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HCO2,Polymerlösung [bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HN2,Polymerlösung [MPa<br />
T<br />
[K]<br />
49±1 314,4 151±1 352,0 1880±650 314,3<br />
51±1 315,0 137±2 356,3 2000±800 324,5<br />
65±2 324,9 169±2 361,8 2200±900 335,4<br />
86±1 325,2 196±1 370,1 2900±2500 341,3<br />
72±1 330,9 3100±2100 350,3<br />
109±1 336,5 2600±2000 356,6<br />
96±3 341,0<br />
104±2 346,8<br />
PAMAM<br />
PAMAM<br />
PAMAM<br />
wH2O=0,61 wH2O=0,31 wH2O=0,41 HCH4,Polymerlösung [bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HCO2,Polymerlösung [bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HN2,Polymerlösung [MPa]<br />
T<br />
[K]<br />
2905±1336 314,6 73±1 315,8 13,0±0,3 315,9<br />
2886±1319 340,3 78±1,1 326,5 17,0±0,6 317,6<br />
3618±2461 356,4 93±1,4 326,0 31±1 324,2<br />
103±1,7 337,2 39±0,5 335,9<br />
141±2,8 352,8 56,0±1,5 332,5<br />
158±3,4 357,4 66,0±3,3 340,0<br />
182±4,5 366,6 81,5±3,9 343,6<br />
PAMAM<br />
S1200<br />
HA 1690<br />
wH2O=0,75<br />
wH2O=0,61<br />
wH2O=0,61<br />
HCO2,Polymerlösung<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HCO2,Polymerlösung<br />
[bar]<br />
T<br />
[K]<br />
HN2,Polymerlösung<br />
[MPa<br />
T<br />
[K]<br />
106±0,2 316,2 1105±43 317,0 23,4±0,3 318,1<br />
123±0,3 324,8 1297±58 330,5 28,1±0,4 325,2<br />
158±0,3 339,8 1514±80 345,7 37,9±0,5 335,1<br />
1627±96 355,7 52,5±0,6 345,3<br />
1765±122 369,5 35,0±0,7 346,7<br />
46,0±0,7 350,9<br />
101,3±1,3 363,7<br />
86,0±1,3 364,8
6.2.4 Messungen mit der Magnetschwebewaage<br />
Tab. 46: CO2-Löslichkeit im verzweigten Polyether PE1 ohne Berücksichtigung der Volumenzunahme<br />
der Probe bei T = 41 °C<br />
Temperatur<br />
[K]<br />
Druck<br />
[MPa]<br />
Masse<br />
[g]<br />
Massenanteil CO2<br />
[g/g]<br />
Fehler<br />
314,18 0,10 0,001608 0,002231 42,0%<br />
313,73 0,10 0,001621 0,002354 46,4%<br />
313,74 0,20 0,003339 0,004795 22,7%<br />
314,22 0,20 0,003367 0,004822 19,4%<br />
313,69 0,49 0,008460 0,012030 9,0%<br />
314,37 0,50 0,008529 0,012148 7,6%<br />
314,50 1,00 0,017531 0,024259 3,8%<br />
314,39 1,99 0,036723 0,048303 1,8%<br />
314,35 2,62 0,050086 0,061782 1,3%<br />
314,41 3,46 0,069326 0,083194 1,0%<br />
314,46 5,04 0,113040 0,119388 0,7%<br />
314,27 6,94 0,191030 0,153936 0,5%<br />
314,05 7,70 0,242310 0,173868 0,5%<br />
314,36 8,35 0,306720 0,169814 0,5%<br />
314,20 10,11 0,614820 0,135506 0,9%<br />
Tab. 47: CO2-Löslichkeit im verzweigten Polyether PE1 ohne Berücksichtigung der Volumenzunahme<br />
der Probe bei T = 50 °C<br />
Temperatur<br />
[K]<br />
Druck<br />
[MPa]<br />
Masse<br />
[g]<br />
Massenanteil CO2<br />
[g/g]<br />
Fehler<br />
323,22 0,50 6,801165 0,008314 9,8%<br />
323,32 2,06 6,797179 0,036647 2,3%<br />
323,11 3,53 6,781697 0,067843 1,3%<br />
323,20 5,08 6,761516 0,107096 0,9%<br />
323,23 6,52 6,730206 0,153080 0,7%<br />
323,12 8,71 6,685483 0,263186 0,6%<br />
Tab. 48: CO2-Löslichkeit im verzweigten Polyether PE1 mit Berücksichtigung der Volumenzunahme<br />
der Probe bei T = 41 °C durch die Sanchez-Lacombe Zustandsgleichung<br />
Temperatur<br />
[K]<br />
Druck<br />
[MPa]<br />
Massenanteil CO2<br />
[g/g]<br />
Volumenzunahme<br />
k ij<br />
314,18 0,10 0,002206 0,2% -0,0461<br />
313,73 0,10 0,002356 0,3% -0,0506<br />
313,74 0,20 0,004818 0,5% -0,0500<br />
314,22 0,20 0,004792 0,5% -0,0495<br />
313,69 0,49 0,012241 1,3% -0,0498<br />
314,37 0,50 0,012226 1,3% -0,0500<br />
314,50 1,00 0,024941 2,7% -0,0489<br />
314,39 1,99 0,051940 5,7% -0,0472<br />
314,35 2,62 0,070214 7,7% -0,0459<br />
314,41 3,46 0,096171 10,6% -0,0447<br />
314,46 5,04 0,150959 16,8% -0,0423<br />
314,27 6,94 0,231201 26,0% -0,0399<br />
314,05 7,70 0,275928 31,1% -0,0403<br />
314,36 8,35 0,309747 35,0% -0,0407<br />
314,20 10,11 0,416653 47,4% -0,0452<br />
119
120<br />
Tab. 49: CO2-Löslichkeit im verzweigten Polyether PE1 mit Berücksichtigung der Volumenzunahme<br />
der Probe bei T = 50 °C durch die Sanchez-Lacombe Zustandsgleichung<br />
Temperatur<br />
[K]<br />
Druck<br />
[MPa]<br />
Massenanteil CO2<br />
[g/g]<br />
Volumenzunahme k ij<br />
323,22 0,50 0,010523 1,2% -0,0521<br />
323,32 2,06 0,045557 5,1% -0,0497<br />
323,11 3,53 0,082902 9,3% -0,0483<br />
323,20 5,08 0,126283 14,3% -0,0464<br />
323,23 6,52 0,171749 19,5% -0,0453<br />
323,12 8,71 0,257205 29,5% -0,0458<br />
Tab. 50: CO2-Löslichkeit im hyperverzweigten Polyester U3000 ohne Berücksichtigung<br />
der Volumenzunahme der Probe bei T = 41 °C<br />
Temperatur<br />
[K]<br />
Druck<br />
[MPa]<br />
Masse<br />
[g]<br />
Massenanteil CO2<br />
[g/g]<br />
Fehler<br />
313,91 0,10 7,045697 0,001864 49,49%<br />
314,13 0,83 7,038853 0,016786 5,41%<br />
314,27 2,13 6,640694 0,044263 2,50%<br />
314,27 2,98 7,010881 0,061076 1,42%<br />
314,24 5,40 6,950468 0,109618 0,76%<br />
314,18 6,27 6,537092 0,128718 0,82%<br />
314,16 7,39 6,826460 0,143444 0,58%<br />
313,86 8,46 6,311446 0,160557 0,71%<br />
314,37 10,94 5,915102 0,088094 1,44%<br />
Tab. 51: CO2-Löslichkeit im hyperverzweigten Polyester U3000 mit Berücksichtigung der<br />
Volumenzunahme der Probe bei T = 41 °C durch die Sanchez-Lacombe Zustandsgleichung<br />
Temperatur<br />
[K]<br />
Druck<br />
[MPa]<br />
Massenanteil CO2<br />
[g/g]<br />
Volumenzunahme<br />
k ij<br />
313,91 0,10 0,001898 0,19% -0,0140<br />
314,13 0,83 0,017567 1,76% -0,0194<br />
314,27 2,13 0,048093 4,85% -0,0201<br />
314,27 2,98 0,070143 7,09% -0,0203<br />
314,24 5,40 0,143567 14,62% -0,0211<br />
314,18 6,27 0,175746 17,94% -0,0212<br />
314,16 7,39 0,220662 22,62% -0,0227<br />
313,86 8,46 0,289122 29,77% -0,0279<br />
314,37 10,94 0,342141 35,26% -0,0281
6.3 Modellierung mit UNIFAC-FV<br />
Tab. 52: Verwendete Löslichkeitsdaten bei der Anpassung der neuen UNIFAC Wechselwirkungsparameter<br />
F(i,0)/P c [bar/bar]<br />
100.0<br />
10.0<br />
1.0<br />
0.1<br />
Systeme Datenpunkte Referenz<br />
CO2 – n-Alkane CO2-C7, CO2-C8<br />
CO2-C10, CO2-C12<br />
CO2-C14, CO2-C16 34<br />
Fogg 1992<br />
CO2 – n-<br />
Alkohole<br />
CO2-C5, CO2-C8 CO2-C10<br />
14<br />
Fogg 1992<br />
CO2 – n-Ether CO2-C4H10O<br />
CO2-C8H18O<br />
9<br />
Fogg 1992<br />
Mohamed und Holder<br />
1987<br />
Ohgaki und Katayama<br />
1975<br />
Zhang et al. 1997<br />
CO2 – Ester CO2-Ethylacetat<br />
CO2-<br />
Propylacetate<br />
CO2-Pentylacetate<br />
12<br />
Fogg 1992<br />
Extrapolation der N2-Standardfugazität<br />
Prausnitz/Shair<br />
0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0<br />
reduzierte Temperatur [K/K]<br />
relevanter<br />
Temperaturbereich<br />
Abb. 63: Standardfugazität von Stickstoff als Funktion der reduzierten Temperatur. Vergleich<br />
von Extrapolation und der nach Prausnitz und Shair ermittelten Standardfugazität<br />
[Prausnitz und Shair 1961]<br />
121
122<br />
CO 2-Molenbruch 2-Molenbruch [-]<br />
0.016<br />
0.014<br />
0.012<br />
0.01<br />
0.008<br />
exp. CO2-C7H16<br />
exp. CO2-C8H18<br />
exp. CO2-C10H22<br />
exp. CO2-C12H26<br />
exp. CO2-C14H30<br />
exp. CO2-C16H34<br />
─ UNIFAC-FV<br />
C16H34<br />
C14H30<br />
C12H26<br />
C10H22<br />
C8H18<br />
C7H16<br />
280 300 320<br />
T [K]<br />
340 360<br />
Abb. 64: Abhängigkeit der Löslichkeit von der Temperatur für CO2-Alkan Systeme bei<br />
PCO2=1,013 bar. UNIFAC-FV (b=1,4 und c=1,1).<br />
N2-Molenbruch [-]<br />
0.0018<br />
0.0012<br />
0.0006<br />
0<br />
Alkane 298,15 K<br />
Alkane 313,15 K<br />
Alkohole 298,15 K<br />
UNIFAC-FV<br />
0 5 10 15 20<br />
C Anzahl<br />
Abb. 65: Löslichkeit von Stickstoff in Alkoholen und Alkanen bei PN2=1,013 bar mit<br />
b=1,28 und c=1,1
CO 2 Molenbruch [-]<br />
0.0008<br />
0.0007<br />
0.0006<br />
0.0005<br />
0.0004<br />
0.0003<br />
Willem et al. 1977<br />
UNIFAC<br />
0.0002<br />
283 303 323<br />
Temperatur [K]<br />
343 363<br />
Abb. 66: Darstellung der CO2-Löslichkeit in Wasser bei P = 1,013 bar in Abhängigkeit der<br />
Temperatur mittels UNIFAC (ohne FV-Beitrag) mit den in dieser Arbeit angepassten Wechselwirkungsparametern<br />
aus Tab. 53.<br />
Tab. 53: Verwendete UNIFAC-Parameter aus [Poling et al. 2001] und in dieser Arbeit angepasste<br />
Wechselwirkungsparameter für CO2 und N2. Darstellung der Hauptgruppen.<br />
CH2 OH H2O CHO CCOO CO2 N2<br />
CH2 0,000 986,500 1318,000 251,500 232,1 893,410 -51,5<br />
OH 156,400 0,000 353,500 28,060 101,1 305,370 -43,700<br />
H2O 300,000 -229,100 0,000 540,500 72,87 1817,040 --<br />
CHO 83,360 237,700 -314,700 0,000 461,3 443,470 310,010<br />
CCOO 114,8 245,4 200,8 -235,7 0 32,61 211,7<br />
CO2 -305,320 5134,000 -439,980 -83,750 0,7385 0,000 --<br />
N2 598,6 5500,000 -- 134,1 283,9 -- 0.000<br />
Tab. 54: Angepasste Wechselwirkungsparameter des modifizierten UNIFAC-FV (Lyngby)<br />
Modells. Die Anpassung erfolgte wie im Fall für das originale Modell an alle drei Beiträge<br />
der Aktivität.<br />
UNIFAC-FV Parameter (Lyngby) F<br />
aCO2,CH2,1 aCH2,CO2,1 0,00017<br />
2047,3<br />
-60,32<br />
-385,97<br />
-74,7<br />
-1,3217<br />
-25,805<br />
aCO2,OH,2 aOH,CO2,2 0,0029<br />
444,9<br />
8,95<br />
0,0<br />
-68,21<br />
1,317<br />
0,0<br />
aCO2,CH2O,3 aCH2O,CO2,3 0,00009<br />
310,16<br />
8,681<br />
0,0<br />
-334,59<br />
-1,705<br />
0,0<br />
123
124<br />
6.4 COSMO-RS für die Vorhersage der Gaslöslichkeit<br />
In Abb. 67 ist das Ergebnis einer ersten Testrechnung zur Bestimmung des massenbasierten<br />
Henrykoeffizienten von CO2 im linearen Polyether PE2 mittels des COSMO-RS Modells<br />
nach Gleichung ( 3-17 ) abgebildet [Rolker und Buggert 2006].<br />
In Abhängigkeit des verwendeten Modells zur Ermittlung der Standardfugazität des Gases als<br />
hypothetische Flüssigkeit bei überkritischen Temperaturen ergeben sich gute Übereinstimmungen<br />
mit den experimentellen Werten. Im Gegensatz zum UNIFAC Modell gehen allerdings<br />
die absoluten Werte von f0,CO2 sehr stark in die Bestimmung des Henrykoeffizienten<br />
ein. Im UNIFAC Modell geht f0,i in die Parameteranpassung ein, so dass eher der Verlauf der<br />
f0,i Funktion entscheidend ist, weniger die absoluten Werte. (Siehe auch Kapitel 4.2.3 zu f0,i).<br />
Bei dieser Testrechnung wurden 43 Polymerkonformere berücksichtigt und es ergab sich eine<br />
Rechenzeit von 1 Woche. Trotz der vielversprechenden Ergebnisse wurde dieser Weg nicht<br />
weiter beschritten.<br />
H CO2,PE2 [bar]<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
exp. diese Arbeit<br />
COSMO-RS f(0,i) extrapoliert<br />
COSMO-RS f(0,i) Prausnitz/Shair<br />
290 310 330 350 370<br />
Temperatur [K]<br />
Abb. 67: Massenbasierte Henrykoeffizienten von CO2 im linearen Polyether PE2<br />
(Mn=501g/mol; Mw/Mn=1,09) auf der Grundlage vorausberechneter Aktivitätskoeffizienten<br />
bei unendlicher Verdünnung mit dem COSMO-RS unter Berücksichtigung von 43 Konformeren.<br />
Einfluss der verwendeten Standardfugazität für die hypothetische Flüssigkeit bei überkritischen<br />
Bedingungen.<br />
Die wesentlich größeren verzweigten Polymermoleküle mit Molmassen >1600g/mol würden<br />
wesentlich größere Rechenzeiten und Rechenkapazitäten in Anspruch nehmen. Darüber hinaus<br />
besitzt das COSMO-RS Modell den großen Nachteil, dass nur jeweils eine Polymerstruktur<br />
und die Konformere dieser einen Polymerstruktur berücksichtigt werden. Wie in Kapitel<br />
2.1 erläutert, weisen hyperverzweigte <strong>Polymere</strong> zufällig verzweigte Strukturen auf und sind<br />
dazu auch noch polydispers. Voit betont, dass hyperverzweigte <strong>Polymere</strong> einer Molmasse aus<br />
einer Vielzahl von Isomeren bestehen [Voit 2003]. Es ist also fraglich, inwieweit mit dem<br />
COSMO-RS Modell das reale Verhalten hyperverzweigter <strong>Polymere</strong> wiedergegeben werden<br />
kann. Erste Ansätze finden sich bei Buggert und Spuhl [Buggert 2003, Spuhl 2006]. Die Berücksichtigung<br />
der Polydispersität, als auch die zahlreichen unterschiedlichen Strukturisomere<br />
erfordern bei einer Berücksichtigung in COSMO-RS sehr hohe Rechenzeiten. Die Mannigfaltigkeit<br />
in der Struktur hyperverzweigter <strong>Polymere</strong> lässt sich mit COSMO-RS nicht erfassen<br />
und es ist noch nicht systematisch untersucht worden, wie viel Genauigkeit bei der Beschreibung<br />
der Struktur verzweigter Komponenten notwendig ist. Ergebnisse aus anderen Bereichen<br />
mit größeren Molekülen deuten daraufhin, dass zumindest der Einfluss der Konformere nicht<br />
zu unterschätzen ist [Jork et al. 2005, Buggert et al. 2007]. Beim UNIFAC Modell gehen die<br />
Strukturgruppen der beschriebenen Komponente zwar in das Modell ein, aber deren genaue<br />
Platzierung im Molekül sowie die spezifischen intramolekularen Wechselwirkungen können
nicht wiedergegeben werden. Diese Ungenauigkeit in der Beschreibung kann bei hyperverzweigten<br />
<strong>Polymere</strong>n angesichts der zahlreichen möglichen Strukturen vorteilhaft sein. Eine<br />
detaillierte Untersuchung der oben beschriebenen Phänomene erscheint äußerst sinnvoll, kann<br />
hier aber nicht geleistet werden, so dass in dieser Arbeit dem UNIFAC Modell der Vorzug<br />
gegeben wird.<br />
6.5 Aspen Plus Simulation<br />
6.5.1.1 Validierung des thermodynamischen Modells der Chemisorption<br />
In diesem Kapitel wird zunächst der in Aspen Plus® abgebildete Referenzprozess für die<br />
CO2-Absorption vorgestellt, wobei im Besonderen auf die Validierung des thermodynamischen<br />
Modells und des Prozessmodells eingegangen wird.<br />
Zur thermodynamischen Abbildung des Elektrolysystems CO2-H2O-MEA wurde das Electrolyt-NRTL<br />
(E-NRTL) Modell verwendet [Chen et al. 1982; Chen und Evans 1986]. Zur Beschreibung<br />
des Dampf-Flüssig Gleichgewichts müssen den neben den gewöhnlichen Gleichgewichtsbeziehungen<br />
auch die folgenden Reaktionen berücksichtigt werden.<br />
− +<br />
2 H 2O<br />
⇔ OH + H 3O<br />
(Dissoziation des Wassers) ( 6-1 )<br />
− +<br />
CO + H 2O<br />
⇔ HCO3<br />
+ H 3O<br />
2 2 (Hydrogenkarbonatbildung) ( 6-2 )<br />
−<br />
2−<br />
+<br />
HCO + H 2O<br />
⇔ CO3<br />
+ H 3O<br />
3 (Karbonatbildung) ( 6-3 )<br />
+<br />
3 + ⇔ + O (Protonierung des MEA) ( 6-4 )<br />
+<br />
RNH H 2O<br />
RNH 2 H 3<br />
−<br />
−<br />
+ H 2O<br />
⇔ RNH 2 + HCO3<br />
RNHCOO (Karbamatbildung) ( 6-5 )<br />
Die oben aufgeführten Reaktionen werden über temperaturabhängige Gleichgewichtskonstanten<br />
(K) beschrieben, die als Funktion der Aktivität der einzelnen Komponenten ausgedrückt<br />
werden können.<br />
ν i<br />
υi<br />
K = ai<br />
= ( xi<br />
γ i )<br />
( 6-6 )<br />
∏ ∏ ⋅<br />
C2<br />
ln K = C1<br />
+ + C3<br />
lnT<br />
+ C4T<br />
( 6-7 )<br />
T<br />
Die Phasengleichgewichtsbeziehung kann für jede Komponente über das Isofugazitätskriterium<br />
formuliert werden.<br />
L V<br />
f i = fi<br />
( 6-8 )<br />
Die Lösungsmittelkomponenten Wasser und Monoethanolamin können mit Gleichung<br />
( 6-9 ) berechnet werden, wobei die Poynting Korrektur zur Beschreibung der Druckkorrektur<br />
der flüssigen Phase wegen des geringen Systemsdrucks vernachlässigt werden kann [Liu et al.<br />
1999].<br />
LV LV<br />
y i ⋅ P ⋅ϕ<br />
i = xi<br />
⋅γ<br />
i ⋅ϕ<br />
0,<br />
i ⋅ P0<br />
, i<br />
( 6-9 )<br />
Das Phasengleichgewicht der Gaskomponenten wird mit dem Henrykoeffizienten (Hi,L) der<br />
Komponente (i) im Lösungsmittelgemisch (L) zur Beschreibung der Standardfugazität und<br />
dem asymmetrisch definierten Akrivitätskoeffizienten (γi*) berechnet.<br />
⋅ ⋅ϕ<br />
= ⋅γ<br />
( 6-10 )<br />
∗<br />
y i P i xi<br />
i H i,<br />
G<br />
125
126<br />
ln H i,<br />
G = ∑ wL<br />
⋅ ln H i,<br />
L<br />
L<br />
( 6-11 )<br />
C2<br />
ln H i, L = C1<br />
+ + C3<br />
lnT<br />
+ C4T<br />
T<br />
( 6-12 )<br />
Dabei wird der Henrykoeffizient der Gaskomponenten im Lösungsmittelgemisch über die<br />
Henrykoeffizienten der Gase in den reinen Lösungsmitteln beschrieben, die wiederum mit<br />
einem Polynomansatz ausgedrückt werden, deren Parameter an experimentelle Daten angepasst<br />
wurden.<br />
Das hier betrachtete Elektrolytsystem ist in der Literatur vor dem Hintergrund der Sauergaswäsche<br />
vielfach untersucht und evaluiert in den Arbeiten von Liu et al. und Austgen et al.<br />
[Austgen et al. 1989; Liu et al. 1999]. Die dort verwendeten Parameter und weitere physikalischen<br />
Stoffeigenschaften der Komponenten des Systems sind in der verwendeten Simulationssoftware<br />
von Aspen Plus® in einer „property calculation method“ unter der Bezeichnung<br />
„ELECNRTL“ sowie dem „property insert“ „EMEA“ hinterlegt, was auch in dieser Arbeit zur<br />
Darstellung des Phasengleichgewichts des Stoffsystems angewendet wurden. Dabei wird die<br />
flüssige Phase mit dem Elektrolyt NRTL Modell beschrieben und die Gasphase mit der Redlich<br />
Kwong (RK) Zustandsgleichung dargestellt. Dabei wurden zur verbesserten Darstellung<br />
des Dampf-Flüssig Gleichgewichts die von Liu. et al. 1999 vorgeschlagenen modifizierten<br />
Parameter berücksichtigt, so dass vor allem bei Stripperbedingungen von T=120°C eine deutlich<br />
verbesserte Darstellung des Phasengleichgewichts ermöglicht wird. Liu et al. konnten<br />
durch eine verbesserte Auswahl experimenteller Daten sowie einer variierten Anpassungsprozedur<br />
die Parameter der Karbamatreaktion sowie einige der E-NRTL Wechselwirkungsparameter<br />
neu anpassen [Liu et al. 1999].<br />
In Abb. 68 ist das mit der „ELECNRTL“ „property data method“ auf der Basis des oben beschriebenen<br />
E-NRTL Modells und der RK- Zustandsgleichung berechnete Dampf-Flüssig<br />
Gleichgewicht des Systems CO2-H2O-MEA dargestellt. Zum Vergleich sind die experimentellen<br />
Daten von Jou et al. 1995 aufgetragen, die das System über den relevanten Konzentrations-,<br />
Druck- und Temperaturbereich zeigen. Die Absorption findet in der Regel bei 40°C und<br />
einem CO2-Partiladruck von 100 bis 120 mbar statt und das Lösungsmittel wird bis 0,45<br />
Mol/Mol beladen. Zur Desorption wird die Lösung auf 120°C erhitzt und bei 2 bar auf 0,2<br />
Mol/Mol regeneriert.<br />
P CO2 [kPa]<br />
100000<br />
10000<br />
1000<br />
100<br />
10<br />
1<br />
0.1<br />
0.01<br />
ELECNRTL<br />
exp. 0°C<br />
exp. 25°C<br />
exp.40°C<br />
exp.60°C<br />
exp. 80°C<br />
exp. 100°C<br />
exp. 120°C<br />
exp. 150°C<br />
0.001<br />
0.001 0.01 0.1 1 10<br />
Lösungsmittelbeladung [Mol CO 2 / Mol MEA]
Abb. 68: Vergleich des experimentell ermittelten Phasenverhaltens des Systems CO2-H2O-<br />
MEA nach Jou et al. mit der ELECNRTL „property data method“ auf der Basis des E-NRTL<br />
Modells und der RK-Gleichung aus Aspen Plus®. Experimentelle Daten aus [Jou et al. 1995].<br />
Es ist zu erkennen, dass das die in Absorber und Desorber spezifizierten Betriebsbedingungen<br />
ausreichend genau wiedergegeben werden können. Größere Ungenauigkeiten sind bei hohen<br />
CO2-Beladungen und höheren Temperaturen zu erkennen.<br />
Tab. 55: Relative Abweichungen der experimentellen Daten von den mit dem ELECNRTL<br />
Modell berechneten Konzentrationen aus Abb. 68.<br />
Temperatur<br />
[°C]<br />
Relative Abweichung [%]<br />
25 5,4<br />
40 4,6<br />
60 6,8<br />
80 10,3<br />
100 11,7<br />
120 13,2<br />
Mittelwert 8,7<br />
Insgesamt ergeben sich die in Tab. 55 aufgeführten relativen Abweichungen der verschiedenen<br />
Isothermen, die über den betrachten Temperaturverlauf < 10% sind und damit leicht<br />
oberhalb des von Jou et al. angegebenen Fehlers von 3% liegen. Die Angabe der experimentellen<br />
Fehler beschränkt sich auf die Konzentrationsbestimmung. Nicht enthalten sind die<br />
Ungenauigkeiten bei der Bestimmung des CO2-Partialdrucks über der Lösung, der über die<br />
Raoultsche Näherung aus dem gemessenen Gesamtdruck und den Dampfdrücken der Einzelkomponenten<br />
sowie eines weiteren Inertgases abgeschätzt wurde. [Jou et al. 1995] verwenden<br />
in ihrer Versuchsmethode ein Inertgas, das den Druck konstant halten soll . Diese Methode<br />
vernachlässigt sowohl die Nicht-Idealität des Systems MEA-H2O, als auch den Einfluß der<br />
größeren Mengen an gelöstem CO2. Liu et al. bemerken, dass die in der Literatur vorhandenen<br />
experimentellen Daten des hier betrachteten Systems sehr inhomogen verteilt sind und eine<br />
ausführliche Evaluierung der zur Anpassung verwendeten Daten notwendig ist [Liu et al.<br />
1999].<br />
Auf der Grundlage des soliden thermodynamischen Modells wurde ein Prozessmodell entwickelt,<br />
das in wesentlichen Punkten dem kommerziellen ECONAMINE Prozess nachempfunden<br />
wurde und in Abb. 51 abgebildet ist.<br />
6.5.1.2 Validierung des Prozessmodells<br />
Beide Kolonnen werden mit dem “RADFRAC“ Modell in Aspen Plus® abgebildet, das als<br />
Gleichgewichtsmodell auf der Grundlage der Massen- und Enthalpiebilanz, sowie der Gleichgewichtsbeziehung<br />
die Stoffströme innerhalb einer Kolonne berechnet und die Kinetik der<br />
Reaktion und den Stofftransport nicht berücksichtigt. Streng genommen ist diese Vereinfachung<br />
nicht gerechtfertigt, denn die Bikarbonatbildung und die Karbamatreaktion sind kinetisch<br />
limitiert, so dass die Vernachlässigung der Reaktion ohne weitere Korrekturmaßnahmen<br />
zu Fehlern in der Abbildung der Kolonnen führen würde. Das Stofftransportmodell in Aspen<br />
Plus®, „RATEFRAC“ löst die Maxwell-Stefan Gleichungen zur Beschreibung der Diffusion<br />
verdünnter Gase in Multikomponentensystemen unter Annahme von Phasengleichgewicht an<br />
der Phasengrenze und ist wesentlich aufwändiger und komplexer (Anzahl zu lösender Gleichungen<br />
ist um eine Größenordung höher als beim Gleichgewichtsmodell).<br />
In der Literatur gibt es unterschiedliche Ansätze zur Modellierung der Sauergaswäsche bzw.<br />
der CO2 Abtrennung aus Rauchgasen. Generell gilt, dass Gleichgewichts-basierte Modelle<br />
wie „RADFRAC“ wesentlich stabiler sind und schneller konvergieren im Gegensatz zu stoff-<br />
127
128<br />
transportbasierten Ansätzen. Der Vorteil der Gleichgewichtsmodelle liegt vor allem in der<br />
vergleichsweise einfacheren Handhabung. Gleichwohl lassen sich keine Dimensionierungen<br />
der Kolonnen vornehmnen, weil die Konzentrations- und Temperaturprofile innerhalb der<br />
Kolonne nicht mit ausreichender Genauigkeit abgebildet werden können. Bei der Verwendung<br />
des Stofftransportmodells müssen die Geometrie der Kolonnen und der Einbauten sowie<br />
die Druckverluste als Eingabevariablen festgelegt werden.<br />
In der Literatur finden sich unterschiedliche Ansätze für die Modellierung der CO2-<br />
Absorption in wässrigen Aminlösungen. White entwickelt unter Nutzung von „RADFRAC“<br />
Aspen Vorlagen (CO2-Absorption, Desorption und Verflüssigung), um möglichst variabel<br />
Stoffsysteme austauschen und in bestehende Prozesse implementieren zu können [White<br />
2002]. Abu-Zahra et al. nutzen „RADFRAC“ und implementieren zusätzlich noch eine Routine<br />
zur Berücksichtigung des limitierenden Stofftransports mittels des „Enhancement“ Faktors,<br />
der über die Formulierung der Hatta Zahl die Reaktionsgeschwindigkeit einbringt. Sie führen<br />
Optimierungsstudien unter Variierung üblicher Parameter wie des MEA-Massenanteils, Lösungsmittelbeladung<br />
und Lösungsmitteltemperatur durch [Abu-Zahra 2007]. Alie et al. verwenden<br />
„RATEFRAC“ und zeigen wie über eine Zerlegung eines Prozesses in einzelne Units<br />
von Absorber und Desorber wertvolle Anfangswerte für ein komplexes integriertes Prozessmodell<br />
gewonnen werden können [Alie et al. 2005]. Freguia et al. berechnen ebenfalls Absorber<br />
und Stripper mit dem „RATEFRAC“ Ansatz und sind deswegen in der Lage, Parameter<br />
wie die Absorberhöhe oder die Zwischenkühlung des Lösungsmittels im Absorber sowie die<br />
Bildung temperaturstabiler Salze und ihren Einfluß auf den Energiebedarf des Prozesses zu<br />
ermitteln [Freguia et al. 2003]. Bolhàr-Nordenkampf et al. modellieren nur den Absorber mit<br />
„RATEFRAC“, denn wegen der höheren Temperaturen ist ein Gleichgewichtsansatz für den<br />
Stripper ausreichend [Bolhàr-Nordenkampf et al. 2004].<br />
Angesichts der einfacheren Handhabung und guter Konvergenzeigenschaften, auch vor dem<br />
Hintergrund der Verknüpfung von Absorptionsprozess und Dampfkreislauf eines Kraftwerkprozesses,<br />
erscheint die Verwendung von „RADFRAC“ als zielführend. Innerhalb des<br />
„RADFRAC“ Ansatzes kann das Gleichgewichtsstufenmodell über einen HETP-Ansatz dem<br />
realen Kolonnenverhalten angepasst werden und Stofftransportphänomene indirekt berücksichtigen.<br />
Dazu wurden Absorber und Stripper im „Pack Sizing“ Modus simuliert unter der<br />
Verwendung der Sulzer Packung Mellapak 250X bei einer Belastung von 80% und eines maximalen<br />
Kolonnendurchmessers von 15 m. Die von Sulzer empfohlene Packung vom Typ X<br />
war in Aspen Plus nicht implementiert, so dass wegen des ähnlichen hydrodynamischen Verhaltens<br />
Mellapak 250X verwendet wurde [Sulzer 2007]. In gleicher Weise kann die Reaktionskinetik<br />
der Karbamatreaktion und der Bikarbonatbildung durch eine Abweichung vom<br />
chemischen Gleichgewicht indirekt ausgedrückt werden. In der Formulierung der Temperaturabhängigkeit<br />
der Gleichgewichtskonstante wird ein ∆T eingeführt, so dass bei der Berechnung<br />
der Gleichgewichtskonstante eine andere Temperatur als die simulationsbedingte Stufentemperatur<br />
verwendet wird.<br />
C2<br />
eq<br />
eq<br />
K = C1<br />
+ + C3<br />
ln( T + ∆T<br />
) + C ( T + ∆T<br />
)<br />
( 6-13 )<br />
eq<br />
T + ∆T<br />
ln 4<br />
In den folgenden Validierungsstudien wurde für den Absorber ∆T eq =20 K und für den Stripper<br />
∆T eq =-10 K gewählt. Der Wert für den Absorber ist in der gleichen Größenordnung wie<br />
der von White verwendete Wert (∆T eq =25 K) [White 2002]. Der niedrigere Wert im Stripper<br />
deutet an, dass wegen der höheren Temperaturen, wie bereits oben angedeutet, die Reaktionen<br />
näher am Gleichgewicht liegen.<br />
Absorber und Stripper wurden getrennt voneinander mit realen Anlagendaten aus der Literatur<br />
verglichen und angepasst.
Es wurden experimentelle Daten einer Pilotanlage über die CO2-Abtrennung aus einem Luftstrom<br />
(CO2 Gehalte: 11-19 Mol%) für MEA Massenanteile von 12 bis 28 Ma% unter der Annahme<br />
von 80% relativer Luftfeuchtigkeit und einer Gastemperatur von T=25°C verwendet<br />
[Tontiwachwuthikul et al. 1992]. Für das Absorberbett von 6,6 m (1/2“ keramische Berl Sattel)<br />
wurde eine HETP von 4 m als konstanter Wert angenommen.<br />
Weiterhin wurde das Prozessmodell mit experimentellen Daten eines industriellen Absorbers<br />
verglichen. Die CO2-Konzentrationen im Gasstrom lagen im Bereich von 1 bis 4 Mol% (bei<br />
vollständiger Sättigung des Gasstroms mit Wasser), die MEA-Anteile bei 19 bis 23 Ma% und<br />
der Absorptionsdruck bei 5 bis 8 bar. Für die Füllkörper vom Typ 2“ Edelstahlringe mit einer<br />
Schütthöhe von 14,1 m wurde eine HETP von 3,6 m abgeschätzt. In Tab. 56 sind die relativen<br />
Abweichungen zwischen Simulation und experimentellen Anlagendaten aufgeführt.<br />
Tab. 56: Validierung des Absorbers. Mittlere relative Abweichungen (AAD) der Simulationsergebnisse<br />
von den experimentellen Anlagendaten aus [Tontiwachwuthikul et al. 1992]<br />
und [Pintola et al. 1993].<br />
Mittlere relative Abweichungen [%]<br />
Tontiwachwuthikul et al. Pintola et al.<br />
Beladenes Lösungsmittel<br />
[mol CO2/mol Amin]<br />
15 0,6<br />
Temperatur des beladenen Lösungsmittels<br />
[°C]<br />
8 6<br />
CO2 Abtrenngrad 1,7 0,03<br />
Abgastemperatur [°C] -- 1,3<br />
Simulierte stationäre Betriebspunkte 10 15<br />
Bei sämtlichen Simulationen wurden dieselben Abweichungen vom chemischen Gleichgewicht<br />
verwendet, wie oben aufgeführt.<br />
Die resultierenden Abweichungen sind auch auf fehlende Angaben zurückzuführen, wie z.B.<br />
die Feuchtigkeit des Feeds, der einen großen Einfluß auf die Temperatur des beladenen Lösungsmittels<br />
besitzt. Darüber hinaus mußte die HETP für die Einbauten in den Kolonnen abgeschätzt<br />
werden und als konstant über die Schütthöhe betrachtet werden.<br />
Es kann festgestellt werden, dass das Modell reale Anlagendaten mit ausreichender Genauigkeit<br />
wiedergeben kann und als Referenzmodell zum Vergleich mit einem Prozess mit neuem<br />
Lösungsmittel herangezogen werden kann.<br />
In gleicher Weise wurde der Desorber mit realen Anlagendaten verglichen, wobei als wesentliche<br />
Kenngröße die Verdampferleistung in der Formulierung der spezifischen Leistung pro<br />
Massenstrom abgetrenntes CO2 (MJ/kg abgetrenntes CO2)ausgewählt wurde.<br />
Tab. 57: Validierung des Strippers. Mittlere relative Abweichungen (AAD) der Simulationsergebnisse<br />
von den realen Anlagendaten [Sakwattanapoeng et al. 2005, Wilson et al.<br />
2004].<br />
Spezifische Verdampferleistung<br />
[MJ/kg CO2]<br />
Mittlere relative Abweichungen [%]<br />
Sakwattanapoeng et al. Wilson et al.<br />
3,6 2,3<br />
Laboranlage, 30 Ma%<br />
MEA, Feed: T=90°C,<br />
P=1 bar, beladenes Lösungsmittel:<br />
0,5mol/mol,<br />
Sulzer Packung EX, 20-<br />
50 NTS<br />
Pilotanlage, 30<br />
Ma% MEA, Feed:<br />
15 Mol% CO2<br />
129
130<br />
Die geringen Abweichungen der Simulationen wurde mit der weiter oben aufgeführten Abweichung<br />
vom chemischen Gleichgewicht (∆T eq =-10 K) erzielt und dokumentieren, dass diese<br />
wichtige Bewertungsgröße für den Prozess sehr gut abgebildet werden kann.<br />
6.5.1.3 Validierung des thermodynamischen Modells<br />
Auf der Grundlage der in Kapitel 4.1 dargestellten experimentellen Ergebnisse wurde das<br />
dendritische Polyamidoamin (PAMAM) als Modellpolymer ausgewählt, das in wässriger Lösung<br />
als neues Lösungsmittel für die CO2-Absorption untersucht werden soll.<br />
Dazu müssen zunächst die Stoffdaten und die Phasengleichgewichtsdaten über ein thermodynamisches<br />
Modell und andere Gleichungen in Aspen Plus implementiert werden.<br />
Zur Modellierung des Phasenverhaltens wurde das in Kapitel 4.4.2 verwendete Modell auf der<br />
Basis des NRTL- Modells und der Gleichungen ( 6-8 ) bis ( 6-12 ) herangezogen, ohne chemische<br />
Reaktion.<br />
Wegen des geringen Drucks wurde mit idealer Gasphase gerechnet. Die CO2 Löslichkeit wurde<br />
über die experimentellen Daten des ternären Systems CO2-H2O-PAMAM angepasst und<br />
die Löslichkeiten sämtlicher Gase in Wasser als ideal betrachtet (γ*Gas, H2O=1). Aufgrund der<br />
geringen Löslichkeiten von N2 und O2 in der wässrigen PAMAM Lösung wurde diese Gaslöslichkeiten<br />
konservativ abgeschätzt, so dass sich geringfügig höhere Löslichkeiten ergeben als<br />
die experimentell ermittelten. Die experimentell ermittelten Absolutwerte der N2-<br />
Löslichkeiten bei 40°C und 1000 mbar liegen im Bereich von wN2=0,0000546. Das Dampf-<br />
Flüssig Gleichgewicht für Wasser-PAMAM wurde mit idealer Dampfphase über NRTL modelliert<br />
Darüber hinaus mussten verschiedene Reinstoffparameter für PAMAM angepasst werden<br />
(Dampfdruck, Wärmekapazität).<br />
Partialdruck Wasser [mbar]<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
exp. T=30,2°C<br />
exp. T=43,6°C<br />
exp. T=52,1°C<br />
exp. T=63,3°C<br />
exp. T=70,1°C<br />
exp. T=120°C (Seiler 2004)<br />
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1<br />
Massenanteil Wasser [kg/kg]<br />
Abb. 69: Dampf-Flüssig Gleichgewicht des Systems Wasser-PAMAM bei verschiedenen<br />
Temperaturen. Experimentellen Daten (diese Arbeit, bzw. für T=120°C von [Seiler 2004] und<br />
Berechnung mit dem NRTL Modell
H (CO2, H2O+PAMAM) [bar]<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
exp. w(PAMAM)=0,24<br />
exp. w(PAMAM)=0,38<br />
exp. w(PAMAM)=0,58<br />
Henry-Koeffizienten, NRTL<br />
0<br />
30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Temperatur [ °C]<br />
Abb. 70: Vergleich der experimentellen massenbasierten Henry-Koeffizienten von CO2 in<br />
wässriger PAMAM Lösung unterschiedlicher Polymergehalte mit aus dem Aspen Plus Modellansatz<br />
bestimmten Henry-Koeffizienten auf der Basis von Henry-Koeffizienten und dem<br />
NRTL Modell.<br />
In Abb. 69 und Abb. 70 ist zu erkennen, dass die thermodynamische Modellierung in Aspen<br />
Plus auf der Grundlage der Henry-Koeffizienten und des NRTL-Modells die experimentellen<br />
Daten des binären Systems Wasser-PAMAM und des ternären Systems CO2-Wasser-<br />
PAMAM gut wiedergeben kann.<br />
Es wurde dann ein Prozessmodell aufgebaut analog zu dem in Abb. 51. Auf eine Optimierung<br />
des Absorptionsprozesses mit wässriger Polymerlösung wurde verzichtet, denn eine Validierung<br />
und ein Vergleich sind mangels Literaturdaten nicht möglich. Außerdem wären die Aussagen<br />
der Optimierung von beschränktem Interesse, weil die Optimierung des Gesamtprozesses<br />
von Kraftwerk und Absorption ohnehin zu erfolgen hat.<br />
Wärmekapazität PAMAM [J/mole K]<br />
6.5.1.4 Reinstoffdaten PAMAM<br />
8000<br />
7500<br />
7000<br />
6500<br />
6000<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200<br />
Temperatur [°C]<br />
131
132<br />
Abb. 71: Spezifische isobare Wärmekapazität von reinem PAMAM. Experimentelle Daten<br />
(◊) und berechnete Wärmekapazität nach Gleichung ( 6-14 ) in Aspen Plus.<br />
2 3 4 5<br />
c p = C1<br />
+ C2T<br />
+ C3T<br />
+ C4T<br />
+ C5T<br />
+ C6T<br />
( 6-14 )<br />
Dampfdruck PAMAM [bar]<br />
1.0E-06<br />
8.0E-07<br />
6.0E-07<br />
4.0E-07<br />
2.0E-07<br />
0.0E+00<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200<br />
Temperatur [°C]<br />
Abb. 72: Abgeschätzter Dampfdruck des PAMAM und berechneter Dampfdruck in Aspen<br />
Plus nach Gleichung ( 6-15 ).<br />
C T<br />
P +<br />
LV<br />
2<br />
C7<br />
o,<br />
PAMAM = C1<br />
+ + C4T<br />
+ C5<br />
lnT<br />
C6T<br />
( 6-15 )<br />
C3<br />
+ T
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