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thermische Sanierung von Dipl. Ing. FH Uwe Morchutt

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Wie verhält es sich mit Wärmedämmplatten aus Styropor bei feuchten Wänden imSockelbereich? Ich habe einige Zinshäuser und fast alle sind Gründerzeithäuser und"erdfeucht". Wie kann ich diese Häuser thermisch sanieren ohne dass die Feuchte immerhöher steigt?Antwort – 12. Februar 2011In vielen Städten, so auch in Wien, Österreich, prägen noch heute Wohngebäude (Zinshäuser -kommt übrigens <strong>von</strong> Mietzinshäuser) aus der Gründerzeit ganze Straßenzüge oder gar Stadtviertel.Diese Gründerzeithäuser, die um die Jahrhundertwende bis 1918 entstanden, sind sehr begehrt, weilsie großzügige Raumzuschnitte, hohe Raumhöhen und über eine reichhaltige Ausstattung verfügen.Viele der Gebäude stehen aber heute unter Denkmalschutz.Typisch für die Gründerzeit-Architektur ist eine etwa vier- bis sechsgeschossige Blockrandbebauungmit reich dekorierten Fassaden. Auf der Hofseite ist die Fassade in der Regel schmucklos.Charakteristisch sind Außenwände aus Mauerwerk, die sich vom Erdgeschoss zu den darüberliegenden Geschossen verjüngen. In den Obergeschossen befinden sich Holzbalkendecken und überdem Kellergeschoss meist Stahlträgerdecken. Ursprünglich versorgten Einzelofenheizungen dieGebäude mit Wärme. Der Heizwärmebedarf liegt nicht selten bei sehr hohen 300 kWh/m²a.<strong>Sanierung</strong> <strong>von</strong> Gründerzeithäusern<strong>Sanierung</strong>sschwerpunkte sind vor allem die Beseitigung <strong>von</strong> Feuchteschäden im Keller- undSockelbereich, da oftmals gar keine oder keine funktionsfähige horizontale Abdichtung vorhanden ist,so dass Feuchtigkeit kapillar aufsteigen kann. Horizontale Abdichtungen (so genannte Sperrschichten)wurden beispielsweise in Deutschland erst ab ca. 1920 durchgehend umgesetzt! Durch eine fehlendeoder defekte Horizontalsperre in der aufgehenden Wand kann die Feuchtigkeit nach oben steigen.Allein durch die Kapillarwirkung des verwendeten Baumaterials und gegen die Schwerkraft. TypischeErscheinung: Salze kristallisieren aus. Hierbei wird das Mauerwerk gesprengt (Frost-Tau-Wechsel).Nachträgliche HorizontalsperreUm einen kapillaren Feuchtetransport und somit aufsteigende Feuchte in den Wänden zu verhindern,gibt es verschiedene Verfahren: Schneide- und Sägeverfahren, Blecheinschlagverfahren,Maueraustauschverfahren sowie drucklose Injektionsverfahren mit Kiesol (Kiesol ist einKombinationsprodukt mit hydrophobierender und kapillar verengender Wirkung) sowie die Injektion<strong>von</strong> Epoxydharzen, o.Ä. Die durchfeuchtete Wand wird im Sockelbereich angebohrt, in dieseBohrungen werden so genannte Packer eingeschraubt und ausreichend Kunstharz eingepresst, sodass eine nachträgliche Abdichtungsebene (Horizontalsperre) hergestellt wird. Der Einbaunachträglicher Horizontalsperren ist sehr aufwendig und kostenintensiv!Erst Feuchtigkeit raus, dann dämmen!Beachte: Bevor gedämmt wird, muss immer erst die Feuchtigkeit aus der Wand.Der rosa, blaue oder grüne Dämmstoff, je nach Hersteller, ist wasserbeständig (extrudiert – auch alsPerimeterdämmung bekannt) und wird unterirdisch verlegt; über der Erde wird oftmals weißes(expandiertes) Styropor verwendet. Die Styroporplatten sollten vor dem Einbau aber mindestens dreiMonate abgelagert sein.Gründerzeithaus saniert (Beispiel aus Hamburg)Die historische Fassade (Denkmalschutz) sollte an diesem Beispiel erhalten bleiben. Aus diesemGrund erfolgte die Dämmung durch eine diffusionsoffene Innendämmung mit 50 mm dickenKalziumsilikatplatten, die nach innen durch eine Gipsfaserplatte geschützt sind. ZwischenGipskarton- und Silikatplatte befindet sich eine 27 mm dicke Luftschicht. Die <strong>Sanierung</strong> derStraßenfassade des Standard-Gebäudes wurde ab dem 1. Obergeschoss (bis auf dieFensterleibungen) ohne Dämmmaßnahmen ausgeführt. Die hofseitigen Fassaden erhielten imStandard-Gebäude eine 100 mm starke und eine 160 mm starke Dämmung <strong>von</strong> außen.Problemfall: InnendämmungInnendämmungen erhöhen prinzipiell die Gefahr der winterlichen Tauwasserbildung hinter derDämmung, weil die Temperatur des Mauerwerks sinkt. Sie verringern zudem dasAustrocknungspotenzial der Wand. Durch einbindende Innenwände und Decken ergeben sichvermehrt Wärmeverluste durch Wärmebrücken, so dass der Einsatz einer Innendämmung immer einer


sorgfältigen Planung bedarf. Mögliches Tauwasser hinter der Dämmschicht wird durch diekapillaraktiven Eigenschaften verteilt und zeitweise gespeichert. Darüber hinaus ist Kalziumsilikatdurch seinen pH-Wert gegen Schimmelpilze resistent und besitzt einen hervorragenden Brandschutz.Bei der Ausführung der Innendämmung kommt es auf eine wärmebrückenarme und lückenloseMontage an, was natürlich auch für eine Außenwand-Dämmung gilt. An keiner Stelle darf derDämmstoff durch Raumluft hinterströmt werden. Die Dämmstoffstärke sollte mindestens 30 bis 80 mmbetragen.Bei dem Einsatz <strong>von</strong> Innendämmungen ist eine Prüfung durch einen Bauphysiker unbedingtanzuraten. Die Entstehung <strong>von</strong> Kondensat an der kalten Seite der Innendämmung ist stets zuverhindern. Ebenso ist sicherzustellen, dass in der kälteren Außenwand befindliche Wasserleitungennicht einfrieren können.Die energetische <strong>Sanierung</strong> <strong>von</strong> Gründerzeithäusern stellt an die Konzeption und Bauausführunghohe Anforderungen. Neben einer detaillierten Bestandsaufnahme, die u.a. durch Messungen,Laboruntersuchungen und Simulationen erfolgen kann, spielte eine professionelle Qualitätssicherungvor Ort eine wesentliche Rolle. Die <strong>Sanierung</strong> des Gründerzeithauses in Hamburg ist sehr erfolgreichverlaufen: Das Ziel, den Primärenergieverbrauch um mindestens 50 Prozent zu senken, konnte sogarübertroffen werden.Viele Gründerzeithäuser in Wien warten auf eine <strong>Sanierung</strong>!35 000 Gebäude mit Baujahr vor 1914 prägen das Straßenbild der österreichischen Hauptstadt. Fürdie Eigentümer ein sehr hoher energetischer <strong>Sanierung</strong>saufwand mit enormen Kostenpotential! Esgibt aber wohl keinen Ausweg, um die wertvollen Gebäude zu erhalten!Fazit: Bei feuchten Wänden soll entweder eine Trockenlegung erzielt werden, oder es wird eine„Verdunstungszone“ im Sockelbereich ungedämmt belassen. Allfällige bauschädliche Wärmebrückenkönnen dann im Innenbereich gedämmt werden.Mit freundlichen Grüßen<strong>Uwe</strong> <strong>Morchutt</strong><strong>Dipl</strong>.-<strong>Ing</strong>. (<strong>FH</strong>) - Buchautor + Sachverständiger im Bereich FeuchteschutzTel.:/Fax: 06123/6 39 37E-Mail: u.morchutt@t-online.deURL: www.bauwissen-online.de

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