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EINBLICK der-durchblick.eu<br />

Beschluss des Jahres 2009<br />

(Bundesverfassungsgericht - Pressemitteilung Nr. 97/2009 vom 20. August<br />

2009. Beschluss vom 11. August 2009 – 2 BvR 941/08)<br />

In dem Beschluss sorgt das Bundes-<br />

verfassungsgericht für Grenzen in der<br />

Video- und Geschwindigkeitsüberwachung<br />

des Straßenverkehrs.<br />

Es stellt fest, dass ein uneingeschränktes<br />

Filmen der Polizei das Grundrecht<br />

auf informationelle Selbstbestimmung<br />

einschränkt.<br />

Eine Einschränkung dieses Grundrechts<br />

auf informationelle Selbstbestimmung<br />

setzt eine klare und verfassungsgemäße<br />

Rechtsgrundlage voraus, die im<br />

vorliegenden Fall nicht vorlag!<br />

Im dem Verkehrsrechtsfall wurde<br />

ein Autofahrer von einer Autobahnbrücke<br />

aus verdeckt gefilmt und sollte anschließend<br />

ein Bußgeld zahlen, weil er<br />

zu schnell war. Auf der Autobahn war er<br />

in einer Tempo-100-Zone 29 Stundenkilometer<br />

zu schnell unterwegs gewesen.<br />

Die Entscheidung des Amtsgerichts 50<br />

Euro Bußgeld und drei Punkte, verletze<br />

jedoch sein Recht auf informationelle<br />

Selbstbestimmung.<br />

Als Gründe wurden vom Beschwerdeführer<br />

vorgetragen:<br />

„Da alle vorbeikommenden Autos heimlich,<br />

dabei aber erkennbar und identifizierbar<br />

gefilmt wurden, hätte niemand<br />

die Chance gehabt, sich durch rechtmäßiges<br />

Verhalten der Videoaufzeichnung<br />

zu entziehen. Auch ist nicht auf einen<br />

konkreten Verdacht hin gefilmt worden<br />

– wie bei einem Blitzgerät, das nur die<br />

fotografiert, die tatsächlich das Tempo<br />

überschreiten. Damit aber ist zur Verfolgung<br />

von Ordnungswidrigkeiten in<br />

sein allgemeines Persönlichkeitsrecht<br />

eingegriffen worden. Für eine derartige<br />

Geschwindigkeitsüberwachung bestehe<br />

keine gesetzliche Grundlage.“<br />

Die 2. Kammer des Zweiten Senats<br />

des Bundesverfassungsgerichts hat die<br />

Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers,<br />

soweit sie zulässig war, zur<br />

Entscheidung angenommen. Das Urteil<br />

des Amtsgerichts und den Beschluss<br />

des Oberlandesgerichts hat der 2.Senat<br />

aufgehoben und die Sache zur erneuten<br />

Entscheidung an das Amtsgericht<br />

zurückverwiesen.<br />

Die Rechtsauffassung der Gerichte,<br />

die den Erlass des zuständigen Ministeriums<br />

als Rechtsgrundlage für den Eingriff<br />

in das Recht auf informationelle Selbst-<br />

bestimmung herangezogen haben, ist<br />

unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar.<br />

Der Erlass ist willkürlich und verstößt<br />

gegen den allgemeinen Gleichheitssatz<br />

des Art. 3 GG.<br />

Videogestützte Geschwindigkeitskontrollen<br />

sind also nicht mehr<br />

jederzeit erlaubt. Filmen Polizisten<br />

heimlich alle vorbeifahrenden Autos,<br />

verletzen sie Grundrechte der Fahrer.<br />

Die Jagd nach Verkehrssündern<br />

per Video ist nur auf eindeutiger<br />

rechtsstaatlicher Grundlage erlaubt.<br />

Diese aber gebe es derzeit nicht, so<br />

das Bundesverfassungsgericht in<br />

einem Beschluss!<br />

Das Amtsgericht hatte zuvor die Videoanlage<br />

zur Tempomessung als zulässig<br />

angesehen, weil das zuständige<br />

Ministerium durch einen verwaltungsinternen<br />

Erlass dies erlaubt habe. Nach<br />

den Verfassungsrichtern aber genügt ein<br />

solcher Erlass nicht und ist »unter keinem<br />

rechtlichen Aspekt vertretbar und daher<br />

willkürlich«. Der Erlass zur Überwachung<br />

des Sicherheitsabstandes nach § 4 Straßenverkehrsordnung<br />

(StVO) des Ministeriums<br />

„ist eine reine Verwaltungsvorschrift<br />

und reiche daher nicht aus“.<br />

Eine Einschränkung des Datenschutzes<br />

ist zwar im überwiegenden<br />

Allgemeininteresse zulässig. „Diese bedarf<br />

jedoch einer gesetzlichen Grundlage,<br />

die dem rechtsstaatlichen Gebot der<br />

Normenklarheit entspricht und verhältnismäßig<br />

ist«, heißt es in dem Beschluss.<br />

Außerdem müsse grundsätzlich jeder<br />

selbst entscheiden können, »wann<br />

und innerhalb welcher Grenzen persönliche<br />

Lebenssachverhalte offenbart<br />

werden«.<br />

Das Amtsgericht muss jetzt prüfen,<br />

ob die Videoüberwachung durch eine<br />

andere Rechtsgrundlage gerechtfertigt<br />

war. Andernfalls darf die Aufzeichnung<br />

möglicherweise nicht als Beweis im Bußgeldverfahren<br />

verwendet werden.<br />

Es kommt daher eine Zurückverweisung<br />

an das Amtsgericht zur erneuten<br />

Entscheidung über den Einspruch gegen<br />

den Bußgeldbescheid in Betracht.<br />

Diese Entscheidung bleibt abzuwarten,<br />

aber ein Schritt gegen den „Überwachungsstaat“<br />

ist gemacht!<br />

Autorin: Rechtsanwältin Ilka Zirwes<br />

Seite 30 DURCHBLICK www.der-durchblick.eu

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