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Phraseologie in arealen Bezügen: ein ProblemaufrissElisabeth Piirainen (Steinfurt/Westfalen)AbstractTraditional phraseology research tends to start from the assumption that the geographicalspread of idioms of one individual language is identical to the area where that individuallanguage is spoken. This assumption, however, is not correct for all idioms. Especially withrespect to German, one has to take into account that many idioms are known only within alimited area, e. g. because of their dialectal origins. Linguistic geographical studies onphraseology are usually restricted to aspects of the German pluricentricity. What has beenoverlooked is the fact that an independent phraseology was beginning to develop in theformer GDR. Furthermore, the fact that idioms may exist in much larger areas than that of oneindividual language is largely unexplored. The aim of this paper is to point to problems ofphraseology research in an areal framework. Two case studies on the distribution of idiomsdemonstrate that any research in areal phraseology must start with comprehensive empiricalwork.Zwei griechische Gelehrte führten einen Disput über die Anzahl derZähne im Maul des Pferdes. Durch gründliches Philosophieren warder eine zum Ergebnis von 64 gelangt, während der andere, seinerEingebung folgend, auf 48 beharrte. Hinzu trat Empirokles, öffnetedas Maul eines Gaules und sprach: "Beim Zeus, so schauet doch!"1 VorbemerkungRaum und Zeit haben als die beiden Invariablen zu gelten, derer sich Humanwissenschaftenkaum gänzlich entziehen können. Für die Phraseologieforschung gilt jedoch, dass derzeitlichen Dimension weitaus mehr Beachtung geschenkt wird als der räumlichen. Inzuverlässigen Darstellungen (theoretischer oder praktischer, z. B. phraseographischer Art)wird der diachronische Aspekt berücksichtigt, indem das Veralten oder in Mode kommeneines Phraseologismus dokumentiert wird (z. B. "antiquiert", "Neologismus"); diatopischeMarkierungen finden sich hingegen zumeist nicht. Phraseologieforschung in historischenBezügen wird größeres Interesse beigemessen denn jener in arealen Bezügen. Bis vor kurzemfehlte ein Bewusstsein dafür, dass Phraseologismen nur in einem begrenzten Areal Gültigkeithaben könnten. Die traditionelle Phraseologieforschung geht von der Vorstellung eineshomogenen Bestandes an Phraseologismen, oberhalb einer regionalen Ebene, d. h. von einerGleichsetzung von (National-)Sprache und Raum (in dem diese Sprache gesprochen wird)Linguistik online 27, 2/06

<strong>Phraseologie</strong> <strong>in</strong> <strong>arealen</strong> Bezügen: e<strong>in</strong> ProblemaufrissElisabeth Piira<strong>in</strong>en (Ste<strong>in</strong>furt/Westfalen)AbstractTraditional phraseology research tends to start from the assumption that the geographicalspread of idioms of one <strong>in</strong>dividual language is identical to the area where that <strong>in</strong>dividuallanguage is spoken. This assumption, however, is not correct for all idioms. Especially withrespect to German, one has to take <strong>in</strong>to account that many idioms are known only with<strong>in</strong> alimited area, e. g. because of their dialectal orig<strong>in</strong>s. L<strong>in</strong>guistic geographical studies onphraseology are usually restricted to aspects of the German pluricentricity. What has beenoverlooked is the fact that an <strong>in</strong>dependent phraseology was beg<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g to develop <strong>in</strong> theformer GDR. Furthermore, the fact that idioms may exist <strong>in</strong> much larger areas than that of one<strong>in</strong>dividual language is largely unexplored. The aim of this paper is to po<strong>in</strong>t to problems ofphraseology research <strong>in</strong> an areal framework. Two case studies on the distribution of idiomsdemonstrate that any research <strong>in</strong> areal phraseology must start with comprehensive empiricalwork.Zwei griechische Gelehrte führten e<strong>in</strong>en Disput über die Anzahl derZähne im Maul des Pferdes. Durch gründliches Philosophieren warder e<strong>in</strong>e zum Ergebnis von 64 gelangt, während der andere, se<strong>in</strong>erE<strong>in</strong>gebung folgend, auf 48 beharrte. H<strong>in</strong>zu trat Empirokles, öffnetedas Maul e<strong>in</strong>es Gaules und sprach: "Beim Zeus, so schauet doch!"1 VorbemerkungRaum und Zeit haben als die beiden Invariablen zu gelten, derer sich Humanwissenschaftenkaum gänzlich entziehen können. Für die <strong>Phraseologie</strong>forschung gilt jedoch, dass derzeitlichen Dimension weitaus mehr Beachtung geschenkt wird als der räumlichen. Inzuverlässigen Darstellungen (theoretischer oder praktischer, z. B. phraseographischer Art)wird der diachronische Aspekt berücksichtigt, <strong>in</strong>dem das Veralten oder <strong>in</strong> Mode kommene<strong>in</strong>es Phraseologismus dokumentiert wird (z. B. "antiquiert", "Neologismus"); diatopischeMarkierungen f<strong>in</strong>den sich h<strong>in</strong>gegen zumeist nicht. <strong>Phraseologie</strong>forschung <strong>in</strong> historischenBezügen wird größeres Interesse beigemessen denn jener <strong>in</strong> <strong>arealen</strong> Bezügen. Bis vor kurzemfehlte e<strong>in</strong> Bewusstse<strong>in</strong> dafür, dass Phraseologismen nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em begrenzten Areal Gültigkeithaben könnten. Die traditionelle <strong>Phraseologie</strong>forschung geht von der Vorstellung e<strong>in</strong>eshomogenen Bestandes an Phraseologismen, oberhalb e<strong>in</strong>er regionalen Ebene, d. h. von e<strong>in</strong>erGleichsetzung von (National-)Sprache und Raum (<strong>in</strong> dem diese Sprache gesprochen wird)L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/06


196L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/06aus. Gerade für e<strong>in</strong>e Sprache wie Deutsch, das historisch auf e<strong>in</strong>er Reihe von Dialektenbasiert, ist dieses Konzept nicht haltbar. Die Dialekte haben deutliche Spuren <strong>in</strong> der<strong>Phraseologie</strong> sowohl der Schriftsprache als auch der standardnahen, mündlich gebrauchtenUmgangssprachen h<strong>in</strong>terlassen. Andererseits wird beobachtet, dass bestimmtePhraseologismen <strong>in</strong> weit größeren Sprachräumen als dem e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelsprache existieren.<strong>Phraseologie</strong>forschung <strong>in</strong> europäischen Bezügen und darüber h<strong>in</strong>aus steht ebenfalls noch amAnfang und verlangt nach sorgfältigen empirischen Erhebungen. Ziel dieses Beitrags ist es,auf die Problemkomplexe und Forschungslücken zunächst e<strong>in</strong>mal h<strong>in</strong>zuweisen. Im Anhangwerden zwei Projekte und e<strong>in</strong>zelne Lösungsmöglichkeiten vorgestellt. Das Verhältnis der<strong>Phraseologie</strong> zum Raum wird aufgrund der folgenden Verbreitungstypen betrachtet, von derkle<strong>in</strong>sten E<strong>in</strong>heit fortschreitend zu stets größeren Arealen:(i)(ii)(iii)(iv)dialektale Phraseologismenregional verbreitete Phraseologismen der Umgangssprachen<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Staatsgebietes gültige Phraseologismen<strong>in</strong>terl<strong>in</strong>gual weit verbreitete Phraseologismen2 Arealphraseologie: zum Stand der ForschungArealphraseologie wird hier <strong>in</strong> Anlehnung an den Term<strong>in</strong>us Areall<strong>in</strong>guistik gebraucht, wie ervon Goossens (1980: 454) def<strong>in</strong>iert wird, d. h. als sprachgeographische Diszipl<strong>in</strong>. 1 Wie dieoben genannten Verbreitungstypen zeigen, wird Arealphraseologie jedoch nicht nur aufdialektologische, sondern auch auf weitere mit der <strong>Phraseologie</strong> verbundene sprachräumlicheFragestellungen bezogen. In der phraseologischen Literatur begegnet vere<strong>in</strong>zelt der Term<strong>in</strong>usareale <strong>Phraseologie</strong>, <strong>in</strong> wieder anderem S<strong>in</strong>ne, als Teilbereich der kontrastiven <strong>Phraseologie</strong>,z. B. beim Vergleich von Kroatisch und Deutsch mit dem Russischen bei Mate‰iç/Petermann(1987).In diesem Beitrag s<strong>in</strong>d folgende E<strong>in</strong>grenzungen der Thematik vorgesehen: Obwohl sich die<strong>Phraseologie</strong> durch ihre <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Herangehensweisen auszeichnet, werden hier vorallem germanistische Themen erörtert (abgesehen naturgemäß von Punkt (iv)), weil mir fürandere Sprachen, auch für phraseologisch umfassend untersuchte Standardsprachen wieRussisch, Französisch oder Ungarisch, ke<strong>in</strong>e Studien zu <strong>arealen</strong> Phänomenen bekannt s<strong>in</strong>d.Zum anderen ist e<strong>in</strong>e Beschränkung auf die <strong>in</strong> der phraseologischen Literatur zumeist alszentral angesehene phraseologische Klasse der Idiome erforderlich, da für andere Klassenkaum Untersuchungen existieren. Zwar hat die Parömiologie von den frühesten Zeiten angeol<strong>in</strong>guistische Aspekte berücksichtigt, sei es bei Erhebungen dialektaler oder <strong>in</strong>terl<strong>in</strong>gualverbreiteter Sprichwörter, doch s<strong>in</strong>d jene Studien nicht vorrangig <strong>in</strong> der L<strong>in</strong>guistik, sondern <strong>in</strong>1 Zur Geschichte und zu anderen Verwendungsweisen des Term<strong>in</strong>us Areall<strong>in</strong>guistik cf. Sternmann/Gutschmidt(1989: 271ff).ISSN 1615-3014


198L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/06Ortsdialekten entstanden. E<strong>in</strong>en Hauptgegenstand bildet sodann die Beziehung l<strong>in</strong>guistischerDaten zum Raum, d. h. die Ermittlung von Sprachräumen aufgrund von Merkmalen, die sich<strong>in</strong> (Bündeln von) Isoglossen auf Atlaskarten abbilden lassen. Empirisch basierteTheoriebildung sowie e<strong>in</strong> Theoriebewusstse<strong>in</strong> h<strong>in</strong>sichtlich des raumbildenden Potenzialssprachlicher Faktoren s<strong>in</strong>d der Dialektgeographie zu verdanken, von derenMethodenspektrum die <strong>Phraseologie</strong>forschung profitieren könnte. Andererseits verhält sichdie traditionsreiche deutsche Dialektologie eher reserviert gegenüber neu <strong>in</strong> die L<strong>in</strong>guistikvordr<strong>in</strong>gende Diszipl<strong>in</strong>en. Abraham/Beyer (1993: 7) schildern die damals schroffe Ablehnungder Forschungsrichtung "Dialektsyntax", wobei dieser Widerstand <strong>in</strong>zwischen überwundenist. "Dialektphraseologie" bildet jedoch weiterh<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Forschungsthema der Dialektologie. 5Besser ist es <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht um die gegenwärtige <strong>Phraseologie</strong>forschung bestellt, daStudien zur Dialektphraseologie mittlerweile <strong>in</strong> das Forschungsspektrum e<strong>in</strong>bezogen werden:In dem geplanten Internationalen Handbuch zur <strong>Phraseologie</strong> (HSK, Burger et al. im Druck)wird es mehrere Artikel zur Dialektphraseologie geben; auf den Tagungen der EuropäischenGesellschaft für <strong>Phraseologie</strong> (http://www.europhras.org) s<strong>in</strong>d Beiträge zu dialektalenThemen vertreten. Bisher liegen zwei Monographien vor, die – auf umfassendenMaterialerhebungen, direkten und <strong>in</strong>direkten Befragungen basierend – dialektale <strong>Phraseologie</strong>jeweils e<strong>in</strong>er fest umrissenen Region systematisch und im Rahmen l<strong>in</strong>guistischer Theorienuntersuchen: zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>zwischen fast ausgestorbenen niederdeutschen Basisdialekt, dem"Westmünsterländischen" im westlichen Westfalen (Piira<strong>in</strong>en 2000), sowie zumLëtzebuergeschen, der recht vitalen Nationalsprache Luxemburgs, die historisch aufwestmoselfränkische Mundarten zurückgeht (Filatk<strong>in</strong>a 2005). E<strong>in</strong>ige weitere Untersuchungens<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Arbeit: zur <strong>Phraseologie</strong> schweizerdeutscher und alp<strong>in</strong>er Dialekte cf. u. a. Burger(2002); Zürrer/Burger (2004) und zur <strong>Phraseologie</strong> des Pfälzischen, Knop (<strong>in</strong> Vorbereitung).Die genannten Arbeiten haben e<strong>in</strong>e Reihe von Ergebnissen erbracht. So unterliegenDialektphraseologismen zwar e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>neren Norm, doch verlangt die Beschreibung jenerNorm nach e<strong>in</strong>em flexibleren Umgang, da e<strong>in</strong>e größere morphosyntaktische und lexikalischeVariabilität zu verzeichnen ist. Ferner zeigen die untersuchten Dialektphraseologien e<strong>in</strong>egegenüber den Standardsprachen kulturelle Eigenständigkeit, die sich <strong>in</strong> Metaphern undSymbolen ebenso wie <strong>in</strong> gesamten Ausgangskonzepten (Realienwelt der betreffendenDialektgeme<strong>in</strong>schaften) und semantischen Feldern (z. B. Salienz e<strong>in</strong>zelner Zielkonzepteaufgrund bestimmter Wertvorstellungen) manifestieren kann. Schließlich s<strong>in</strong>d Unterschiededer pragmatischen Funktionen zu nennen, die von e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>geren Breite der stilistischenRegister bis zu stärker ausgeprägten geschlechtsspezifischen Restriktionen undeuphemistischen Umschreibungen reichen.5 Auch <strong>in</strong> jüngeren E<strong>in</strong>führungen zur Dialektologie (z. B. Löffler 2003; Niebaum/Macha 2006) wirdDialektphraseologie nicht behandelt. Das Gleiche gilt für <strong>in</strong>ternationale Kompendien, z. B. Chambers/Trudgill(2002), und Dialektologie-Tagungen: Sektionen zur <strong>Phraseologie</strong> f<strong>in</strong>den sich weder bei den <strong>in</strong>ternationalenKonferenzen "Methods <strong>in</strong> Dialectology" (2002 <strong>in</strong> Joensuu, 2005 <strong>in</strong> Moncton/Kanada) noch bei Tagungen derIGDD (der Internationalen Gesellschaft für deutsche Dialektologie, 2003 <strong>in</strong> Marburg, 2006 <strong>in</strong> Wien) (cf.Filppula 2005; Eggers et al. 2005).ISSN 1615-3014


Elisabeth Piira<strong>in</strong>en: <strong>Phraseologie</strong> <strong>in</strong> <strong>arealen</strong> Bezügen: e<strong>in</strong> Problemaufriss199Diese Ergebnisse beruhen auf dem Kontrast zwischen Dialekt und Standardsprachen; sieberühren den Hauptgegenstand dieses Beitrags, die Beziehung der <strong>Phraseologie</strong> zum Raum,nur bed<strong>in</strong>gt. H<strong>in</strong>gegen betrifft e<strong>in</strong> laufendes viel versprechendes Projekt über "Moselfränkischdiesseits und jenseits der Staatsgrenze" (Filatk<strong>in</strong>a <strong>in</strong> Vorbereitung) eben dieses Thema. DieErhebungen zeigen, dass die Staatsgrenze die <strong>Phraseologie</strong> des Westmoselfränkischendeutlich <strong>in</strong> zwei Gebiete teilt, sich jedoch nur teilweise zu e<strong>in</strong>er Verständnishürde entwickelt:Die Idiome werden auf der jeweils anderen Seite der Grenze zwar verstanden, aber entwedernicht oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Form gebraucht. Dies ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>novativer Ansatz <strong>in</strong>nerhalb derDialekt- und Arealphraseologie. Zur Funktion des Staatsgebietes als Differenzierungsfaktorcf. auch Abschnitt 5.4 <strong>Phraseologie</strong> und regionale UmgangssprachenUntersuchungen zur begrenzten räumlichen Gültigkeit von Idiomen des Hochdeutschen bzw.der (standardnahen oder nichtstandardlichen) deutschen Umgangssprachen gehen entwedervom e<strong>in</strong>zelnen Idiom aus oder von der Region selbst, deren sprachliche Sonderstellung bereitsaus anderen Zusammenhängen bekannt se<strong>in</strong> mag. Arbeiten des zweiten Typs s<strong>in</strong>d äußerstselten. Hier ist die E<strong>in</strong>zelstudie von Crede/Lakemper (1998) zur <strong>Phraseologie</strong> des Ruhrgebietszu nennen. Anhand von Fragebögen werden zunächst die 20 bekanntesten ruhrgebietstypischenIdiome ermittelt, 6 diese sodann mit Hilfe e<strong>in</strong>es Geo-Informationssystems aufKarten projiziert. In dieser Arbeit kann die postulierte sprachliche Homogenität desRuhrgebiets widerlegt und die Tendenz zu e<strong>in</strong>er ost-westlichen Zweiteilung aufgezeigtwerden.Andere Studien zur Arealphraseologie <strong>in</strong>nerhalb der deutschen Umgangssprachen nehmen dieIdiome selbst als Ausgangspunkt. Im Anhang Teil I wird auf e<strong>in</strong> Projekt näher e<strong>in</strong>gegangen,das e<strong>in</strong>e genauere Lokalisierung von Idiomen im Raum der Bundesrepublik zum Ziel hat.Ausgangspunkt bildeten zunächst Idiome, die <strong>in</strong> Wörterbüchern diatopisch markiert s<strong>in</strong>d. Eszeigte sich, dass Angaben wie bayr., berl<strong>in</strong>., landsch., nordd. im damaligen Duden 11(1998), 7 über deren Quellen oder empirische Grundlagen nichts mitgeteilt wird, mehrheitlichder Sprachrealität nicht entsprechen. So ist das als berl<strong>in</strong>isch markierte Idiom es regnetSchusterjungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> nicht (mehr) bekannt, eher im süddeutschen Raum, dort jedoch <strong>in</strong>der Form es regnet Schusterbuben (Piira<strong>in</strong>en 2002a: 38).Die <strong>Phraseologie</strong>forschung <strong>in</strong> der DDR hat sich mit der diatopischen Markierung vonIdiomen selbst nicht befasst. Dennoch können e<strong>in</strong>ige Publikationen Leipziger Provenienz6 Es ist bei derartigen Untersuchungen vermutlich nie auszuschließen, dass regionaltypische Idiome auchaußerhalb der betreffenden Region bekannt s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>ige der angeführten Ruhrgebiets-Idiome führen auf dasNiederdeutsche zurück und s<strong>in</strong>d deshalb auch <strong>in</strong> der nördlich angrenzenden Umgangssprache des Münsterlandesanzutreffen (auf'n Stupp, das arme Tier kriegen), andere wurden vom Ruhrgebiet ausgehend auch <strong>in</strong> größerenSprachräumen populär (über die Wupper gehen, Schicht im Schacht).7 Mitglieder der Dudenredaktion haben sich an dem im Anhang Teil I zu schildernden Umfrageprojekt tatkräftigbeteiligt. Zwar lagen für die Neuauflage (Duden 11 2002) noch ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelergebnisse des Projekts vor, dochkonnten <strong>in</strong> der 2. Auflage bereits viele Verbesserungen der diatopischen Angaben vorgenommen werden.ISSN 1615-3014


200L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/06<strong>in</strong>direkt als Materialquelle genutzt werden, da dort verschiedene Idiome auftauchen, die <strong>in</strong>Westdeutschland völlig unbekannt waren, 8 wobei die Autoren die Idiome für im ganzendeutschen Sprachgebiet gültig gehalten haben müssen. Es geht hier nicht um Kritik an diesenArbeiten, sondern darum zu zeigen, dass jegliches Bewusstse<strong>in</strong> für die Arealität <strong>in</strong> derE<strong>in</strong>schätzung von Idiomen fehlte. Man g<strong>in</strong>g davon aus, dass die eigene phraseologischeKompetenz der <strong>in</strong>tersubjektiv standardsprachlichen entsprach. Es zeigte sich, dass es sich hiernicht nur um regional- bzw. DDR-typische Idiome, sondern um unmittelbare Übernahme ausden thür<strong>in</strong>gisch-obersächsischen Mundarten handelt (Piira<strong>in</strong>en 2003a).Dem kontaktl<strong>in</strong>guistischen Phänomen der Transferenz von Phraseologismen derbodenständigen Dialekte <strong>in</strong> die Umgangssprachen wurde bisher zu wenig Aufmerksamkeitgewidmet. Alle<strong>in</strong> für die westfälisch geprägte Umgangssprache des Münsterlandes könnte,aufgrund teilnehmender Beobachtung, e<strong>in</strong>e Fülle von <strong>in</strong> Umlauf bef<strong>in</strong>dlichen Idiomengenannt werden, die sich als Übersetzungstransfer aus dem e<strong>in</strong>st dort gesprochenenNiederdeutschen erweisen. Usualisiert s<strong>in</strong>d Wendungen wie e<strong>in</strong> Auto/... <strong>in</strong>'n Tott fahren('Totalschaden verursachen'), etwas noch vor der Brust haben ('etwas noch vor sich haben'),das ist doch mehr als (wie) <strong>in</strong>s/im Näpfchen geht! (Ausdruck der Empörung), sie kommt nichtaus den Sträuchern/aus die Sträucher ('sie kommt bei der Arbeit nicht voran') oder er sitztbeim Pastor auf den Knien/auf die Knie ('er ist sche<strong>in</strong>heilig fromm'). 9 Diese Idiome wurden <strong>in</strong>ihrer hochdeutschen Form bisher nicht lexikographisch erfasst. Gelegentlich s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> derlokalen Tagespresse zu f<strong>in</strong>den (am ehesten bei der Wiedergabe mündlicher Äußerungen);e<strong>in</strong>er Textkorpora- oder Internetrecherche würden sie sich jedoch entziehen.5 <strong>Phraseologie</strong> plurizentrischer SprachenDer australische Germanist österreichischer Abstammung M. Clyne stellte 1984, <strong>in</strong> Analogiezu den unterschiedlichen Varietäten des weltweit verbreiteten Englisch, 10 auch für diedeutsche Sprache e<strong>in</strong> "plurizentrisches" Modell vor, das von Sprachwissenschaftlern nicht nurder damaligen DDR, sondern auch der anderen deutschsprachigen Nationen mit Interesseaufgenommen und diskutiert wurde. Hier sollen nicht die weitreichenden sprachpolitischen8 Es s<strong>in</strong>d Idiome wie Fettlebe machen, Habchen und Babchen, Schliff backen (Fleischer 1982: 50ff), den Hut(für etwas) aufhaben, nicht aus der Knete/Asche kommen, nicht ganz ausgeklebt se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en Aufriss machen,fertig auf dem Docht se<strong>in</strong>, etwas unter Ulk verbuchen (Fleischer 1987: 310f.) oder sich an etwas e<strong>in</strong> Gütchentun, sich e<strong>in</strong> Bewerbchen machen, bei jmdm. abgegessen haben (Palm 1995: 30, 52).9 Die e<strong>in</strong>deutige Zuordnung derartiger Ausdrücke zum Niederdeutschen ist anhand der Idiomsammlungen(Piira<strong>in</strong>en 2000, Teil 2) möglich. Vgl. weitere Beispiele <strong>in</strong> Piira<strong>in</strong>en (1999, 2004b). Der umgekehrte Prozess istebenfalls zu beobachten, wenn Idiome der überdachenden Standardsprache wie Fremdwörter oder Kalkierungen<strong>in</strong> den Basisdialekt vordr<strong>in</strong>gen (z. B. Piira<strong>in</strong>en 2004a: 50ff).10 Der amerikanische <strong>Phraseologie</strong>forscher A. Makkai geht bereits 1972 auf den Plurizentrismus e<strong>in</strong>; derTerm<strong>in</strong>us für 'Varietät' lautet im Englischen jedoch dialect. Wenn Makkai (1972: 18) die Kategorie "idiomsrestricted to one or several dialects" e<strong>in</strong>führt, so referiert er damit auf die Standardvarietäten des Englischen <strong>in</strong>England, Kanada, Australien, Neuseeland, USA Ostküste, USA Westküste, Midwest USA usw. Für andereplurizentrische Sprachen ist dieses Problem ebenfalls bekannt, z. B. für Portugiesisch <strong>in</strong> Brasilien. Zum Quebec-Französischen wird e<strong>in</strong> phraseologisches Spezialwörterbuch erstellt (Dawes 2003); zahlreiche Idiome f<strong>in</strong>densich bereits <strong>in</strong> dem Allgeme<strong>in</strong>wörterbuch von Meney (1999).ISSN 1615-3014


202L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/06bereits mehrfach als sprachliche Grenze erwiesen. "Hätte die Grenze noch zwei oder dreiGenerationen länger Bestand gehabt, so wäre es gewiß auch hier zu weitergehendemkomplementärem territorialem Ausgleich gekommen" (op. cit.: 203). 11 Dieses Ergebnis derWortgeographie wird durch die areale <strong>Phraseologie</strong>forschung voll und ganz bestätigt. ImS<strong>in</strong>ne der "Plurizentrik" müsste e<strong>in</strong>e vierte "(quasi)-nationale" Varietät zum<strong>in</strong>dest erwähntwerden, da für den Raum der ehemaligen DDR die Herausbildung e<strong>in</strong>er eigenständigen<strong>Phraseologie</strong> noch eben fassbar ist (vgl. dazu Anhang Teil I).6 <strong>Phraseologie</strong> <strong>in</strong> europäischen BezügenEurol<strong>in</strong>guistik ist e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> aktuelles, viel versprechendes Forschungskonzept, das dieeuropäischen Sprachen übere<strong>in</strong>zelphilologisch und unabhängig von ihrer genetischenZugehörigkeit untersuchen möchte, andererseits e<strong>in</strong> Objekt kritisch-kontroverserDiskussionen, sofern damit ideologische, eurozentrische Vorstellungen verbunden werden. 12Obwohl auch <strong>in</strong> diesem Bereich die <strong>Phraseologie</strong> fast nie Erwähnung f<strong>in</strong>det, sei auf zwei großangelegte Forschungsprojekte kurz h<strong>in</strong>gewiesen, von deren Methodenspektrum undSichtweise Europas die <strong>Phraseologie</strong>forschung profitieren könnte: Beide Projekte gehen vonder geographischen Def<strong>in</strong>ition Europas aus, das östlich bis zum Uralgebirge reicht und dieKaukasusregion e<strong>in</strong>schließt. Die E<strong>in</strong>zelsprachen erstrecken sich auf mehrere nicht verwandteSprachfamilien (<strong>in</strong>doeuropäisch, uralisch, altaisch, semitisch, drei autochthone Kaukasus-Subfamilien) sowie das isolierte Baskisch.Zum e<strong>in</strong>en ist es der 1977 begründete "Atlas L<strong>in</strong>guarum Europae" (ALE). Ziel dieses großengeol<strong>in</strong>guistischen Forschungsvorhabens ist es, die komplexe sprachliche Situation <strong>in</strong> Europaaufgrund der an 2.631 Belegstellen erhobenen Daten zu <strong>in</strong>terpretieren und auf Karten zuprojizieren, um <strong>in</strong> frühe kulturhistorische Schichten europäischer Lexik und dievorgeschichtliche kulturelle Vergangenheit Europas vorzudr<strong>in</strong>gen (cf. Viereck 2000; Vierecket al. 2003a, b). Zum anderen ist es das Projekt "Typology of Languages <strong>in</strong> Europe"(EUROTYP), das strukturelle Charakteristika, die vielen europäischen Sprachen geme<strong>in</strong>sams<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> großem Umfang untersucht (cf. z. B. Haspelmath et al. 2001). Zugrunde liegt dieEntdeckung, dass die Sprachen Europas untere<strong>in</strong>ander weitreichende Geme<strong>in</strong>samkeitenmorphologischer, syntaktischer, semantischer Art aufweisen, die nicht auf genetischeVerwandtschaft zurückzuführen s<strong>in</strong>d. 13 Für den vorliegenden Beitrag zur Arealphraseologieist bemerkenswert, wie mit Hilfe der "isopleths" (cf. Dahl 2001: 1458; Haspelmath 2001:1505), d. h. L<strong>in</strong>ien, die die geographische Verbreitung gesamter Bündel sprachlicher11 Stimmen von Forschern, die möglicherweise unter gewissen Zwängen die Existenz e<strong>in</strong>er eigenständigenDDR-Varietät postulierten, sollten nicht überbewertet werden; z. B., stellvertretend für ähnliche Aussagen: "DieVeränderungen im Gebrauch der deutschen Sprache s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt so umfassend und tiefgreifend, daß sie denFortbestand e i n e r deutschen Nationalsprache hier und <strong>in</strong> der BRD ernsthaft <strong>in</strong> Frage stellen." (Lerchner 1974:263).12 Vgl. z. B. Reiter (1991, 1999) sowie die Rubrik "Kontrovers diskutiert" <strong>in</strong> Leuschner (2001).13 Für diese Phänomene vorgeschlagene Term<strong>in</strong>i wie Europäischer Sprachbund und Euroversals wie auchStandard Average European (SAE) haben ke<strong>in</strong>e volle Akzeptanz erlangt.ISSN 1615-3014


Elisabeth Piira<strong>in</strong>en: <strong>Phraseologie</strong> <strong>in</strong> <strong>arealen</strong> Bezügen: e<strong>in</strong> Problemaufriss203Merkmale andeuten, Kongruenzen vieler Sprachen auf die Karte Europas projiziert werdenkönnen.Nur selten wird <strong>in</strong>nerhalb der Typologieforschung auf Phraseologismen referiert.Vergleichbar den Sprachatlanten (vgl. Abschnitt 2) werden am ehesten Grußformelnbeobachtet. Die Übere<strong>in</strong>stimmung von französisch au revoir mit deutsch auf Wiedersehen,russisch do svidanija, ungarisch a viszontlátásra usw. ist offensichtlich; sie reiche jedochnicht aus, "um e<strong>in</strong>en europäischen Sprachbund zu rechtfertigen" (König/Haspelmath 1999:115). Eher beiläufig erwähnt Haspelmath (2001: 1506) zwei Idiome, als er die zeitlicheSchichtung der strukturellen Geme<strong>in</strong>samkeiten den lexikalischen gegenüberstellt: "If lexicalsimilarities between the European languages are discussed – for <strong>in</strong>stance neoclassicalcompound<strong>in</strong>g [...] or idiomatic structure (e. g. ivory tower/torre d'avorio/Elfenbe<strong>in</strong>turm, aspoor as a church mouse/pauvre comme un rat d'église/arm wie e<strong>in</strong>e Kirchenmaus) – then thelast several centuries are the appropriate time frame for expla<strong>in</strong><strong>in</strong>g the historical l<strong>in</strong>ks, but thebasic syntactic structures common to SAE languages must be older."ALE wie auch EUROTYP haben gezeigt, dass es möglich ist, l<strong>in</strong>guistische Strukturen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>ergroßen Anzahl von Sprachen nach den gleichen Richtl<strong>in</strong>ien zu untersuchen. Im Kontrast dazunimmt sich die Anzahl der Sprachen, die h<strong>in</strong>sichtlich ihrer <strong>Phraseologie</strong> erforscht wurden,mögen es 20 oder 25 se<strong>in</strong>, bescheiden aus. Interl<strong>in</strong>guale Geme<strong>in</strong>samkeiten der <strong>Phraseologie</strong>mehrerer Sprachen s<strong>in</strong>d der Forschung zwar aufgefallen, jedoch eher auf zufällige Weise.Obwohl "Ähnlichkeiten" zumeist anhand e<strong>in</strong>iger weniger Sprachen, z. B. im Rahmenkontrastiver Analysen, beobachtet wurden, s<strong>in</strong>d hierfür ambitiöse Term<strong>in</strong>i wie Inter-Phraseologismus oder Internationalismus zu f<strong>in</strong>den. 14 Diese Term<strong>in</strong>i haben u. a. durchBraun/Krallmann (1990), die analoge Phraseologismen im Deutschen, Englischen,Französischen, zum Teil auch im Italienischen "entdeckt" zu haben me<strong>in</strong>ten, <strong>in</strong> jüngerephraseologischen Arbeiten Verbreitung gefunden. Die Frage, weshalb gerade jene Sprachen(angesichts der etwa 6.400 Sprachen der Welt, cf. Grimes 2000) e<strong>in</strong> derart anspruchsvollesKonzept wie das des "Internationalismus" zu konstituieren vermögen, wird nicht gestellt.Vergleichbar s<strong>in</strong>d Listen von Mokienko (1998) mit ähnlichen Idiomen des Englischen,Deutschen und e<strong>in</strong>iger slawischer Sprachen: sie werden auch als Europäismen bezeichnet.E<strong>in</strong>e theoretische Fundierung oder Arbeitsdef<strong>in</strong>ition dieses Term<strong>in</strong>us, e<strong>in</strong> Kriterienkatalog zurErfassung "phraseologischer Europäismen" sowie systematische Untersuchungen zurVerbreitung von Idiomen, unter E<strong>in</strong>beziehung möglichst vieler Sprachen, existierten bis vorkurzem nicht. Im Anhang Teil II wird e<strong>in</strong> Projekt vorgestellt, das zum Ziel hat, e<strong>in</strong> Inventarder <strong>in</strong> vielen Sprachen verbreiteten Idiome zu erstellen. Erste Ergebnisse zeigen bereits dieExistenz weit verbreiteter Idiome, sogar über Europa h<strong>in</strong>aus: So wurde das IdiomKrokodilstränen we<strong>in</strong>en/vergießen, das auf sehr alte, weitgehend <strong>in</strong> Vergessenheit gerateneFabeltraditionen zurückzuführen ist, nicht nur <strong>in</strong> fast alle europäischen Sprachen (abgesehen14 Internationalismus f<strong>in</strong>det sich zuvor vere<strong>in</strong>zelt <strong>in</strong> phraseologischen Studien, ebenfalls ohneBegriffsbestimmung. So nennt Ehegötz (1973: 229) für den deutsch-polnischen Sprachvergleich "die große Zahlder 'phraseologischen Internationalismen': dolaç oliwy do ognia – 'Öl <strong>in</strong>s Feuer gießen'". Rajx‰tejn (1980: 36,125) spricht von îE-uŒmepŒa˜uoŒaÃu⁄ÕŸ für Idiome wie den Augiasstall ausfegen, das Trojanische Pferd, dasgoldene Kalb anbeten.ISSN 1615-3014


204L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/06von e<strong>in</strong>igen Kle<strong>in</strong>sprachen), sondern auch <strong>in</strong> Sprachen Asiens und Afrikas verbreitet (cf.Piira<strong>in</strong>en 2005: 62ff).7 AusblickMit diesem Beitrag sollen die <strong>arealen</strong> Faktoren der <strong>Phraseologie</strong> stärker <strong>in</strong>s Blickfeld gerücktund die Gleichsetzung von "Sprache" und "Raum" der klassischen <strong>Phraseologie</strong>forschungproblematisiert werden, sowohl nach <strong>in</strong>nen, da Idiome (oft aufgrund ihrer dialektalenHerkunft) regional begrenzt gültig se<strong>in</strong> können (cf. dazu Anhang Teil I), als auch nachaußen, da bestimmte Idiome <strong>in</strong> weit größeren Arealen als dem e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelsprache existieren(vgl. dazu Anhang Teil II). Die Beobachtungen zu den Verbreitungstypen von Idiomen(<strong>in</strong>nerhalb der bodenständigen Dialekte, der kle<strong>in</strong>räumig-regionalen Umgangssprachen, dernationalen Varianten und e<strong>in</strong>es sprachübergreifenden Raumes Europa und darüber h<strong>in</strong>aus)stehen <strong>in</strong> Beziehung zu e<strong>in</strong>ander. Der Transfer (d. h. die wortwörtliche Übernahme)basisdialektaler Idiome <strong>in</strong> die örtlichen Umgangssprachen, wie er vielerorts <strong>in</strong> Deutschland zuverfolgen ist, könnte als e<strong>in</strong> Modell auch zur Erklärung anderer Verbreitungstypenherangezogen werden. Vergleichbare kontaktbed<strong>in</strong>gte Übersetzungs-Transferenzen ausüberdachenden oder angrenzenden großen Standardsprachen <strong>in</strong> die kle<strong>in</strong>eren, weniger vitalenSprachen s<strong>in</strong>d europaweit zu erkennen (z. B. Englisch → Kymrisch, Französisch →Bretonisch, Polnisch → Kaschubisch usw.).Für die weite Verbreitung (vor allem bildungssprachlicher) Idiome muss h<strong>in</strong>zugefügt werden,dass sie weniger auf mündliche Sprachkontakte als vor allem auf den geme<strong>in</strong>samenBildungskodex der lesekundigen europäischen Bildungsschicht zurückzuführen s<strong>in</strong>d.Intensiver Gedankenaustausch über viele unterschiedliche Sprachen h<strong>in</strong>weg konnte nur aufdem Wege des Lesens und Schreibens vonstatten gehen, vorwiegend mittels des Late<strong>in</strong>ischenals Universalsprache. Der Vergleich der unterschiedlich weit verbreiteten Idiome ergibt e<strong>in</strong>Weiteres: In vielen Fällen geht es nicht darum, Idiome e<strong>in</strong>es ortsgebundenen, nur mündlichexistierenden Dialektes e<strong>in</strong>er wenig mobilen Sprechergeme<strong>in</strong>schaft mit den Idiomen der/e<strong>in</strong>erStandardsprache zu vergleichen, sondern darum, die Besonderheiten der dialektalen<strong>Phraseologie</strong> im Kontrast zur relativ uniformierten <strong>Phraseologie</strong> (europäischer)Standardsprachen mit e<strong>in</strong>er langen Schrifttradition herauszuarbeiten.Die Konsequenzen für die <strong>Phraseologie</strong>forschung s<strong>in</strong>d offensichtlich: E<strong>in</strong> Bewusstse<strong>in</strong> für dieArealität von Idiomen sollte sowohl <strong>in</strong> die Theoriebildung e<strong>in</strong>bezogen als auch <strong>in</strong> die Praxis(Wörterbücher, Fremdsprachen-Lehrwerke) umgesetzt werden. Die hier aufgezeigtenFragestellungen können nur auf der Basis umfassender empirischer Untersuchungen erörtertwerden. E<strong>in</strong> Ziel der Bemühungen wäre es – <strong>in</strong> Analogie zu der e<strong>in</strong>gangs erwähntengriechischen Anekdote –, e<strong>in</strong> Bild von der Sprachwirklichkeit nicht durch Intuition, sonderndurch Anschauung der empirisch bereitgestellten Daten zu gew<strong>in</strong>nen, wofür allerd<strong>in</strong>gs nochviele Vorarbeiten zu leisten s<strong>in</strong>d.ISSN 1615-3014


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210L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/06AnhangTeil I: Projekt "Umfrage zur Bekanntheit von Redensarten"1 Anlage und AuswertungIn den Jahren 2000 und 2001 wurden Erhebungen zur Bekanntheit von Idiomen unter demAspekt der Diatopik im Raum der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. 15 DenGegenstand bildeten Idiome, für die e<strong>in</strong>e areale Begrenzung vermutet wurde (die als"fraglich" aufgefallen waren, cf. Abschnitt 4). In zwei Etappen wurden Fragebögen versandt,vorwiegend noch auf postalischem Wege, und zwar an zwei Zielgruppen, die jeweils alsMultiplikatoren tätig wurden: an rund 300 Dozierende an den 90 Germanistischen Institutender Universitäten und an die rund 30 Landeskundlichen Institute <strong>in</strong> Deutschland. In e<strong>in</strong>emAnschreiben wurde darum gebeten, Fotokopien der Fragebögen möglichst vielen Personenaus allen Regionen Deutschlands zur Begutachtung vorzulegen. Es ergab sich e<strong>in</strong> Rücklaufvon jeweils rund 3.000 Fragebögen aus allen Gegenden Deutschlands, so dass die Umfragefür die Zielsetzungen im statistischen S<strong>in</strong>ne repräsentativ ist.Teil A des ersten 10-seitigen Fragebogens umfasst 75 Idiome. Es standen die Rubriken 1."bekannt", 2. "unbekannt" sowie 3. "schon mal gehört, aber ich gebrauche den Ausdruckselbst nicht" zur Verfügung. Diese dritte Rubrik bot die Möglichkeit, sich nicht unbed<strong>in</strong>gt zuentscheiden, um den Ja-/Ne<strong>in</strong>-Effekt nicht zu verfälschen, sowie zugleich Raum fürzusätzliche E<strong>in</strong>tragungen. Sie erwies sich als überaus ergiebig, da dort viele Varianten,weitere Bedeutungsangaben und bisher nicht lexikographisch erfasste Idiome mitgeteiltwurden. In Teil B wurden 96 Idiome angeführt, die sich Voruntersuchungen zufolge alsHeteronyme erweisen könnten (z. B. se<strong>in</strong>en Dreier dazugeben vs. se<strong>in</strong>en Senf dazugeben),wobei mehrere Ja-Antworten möglich waren. Auch hier wurden viele zusätzliche Ausdrückee<strong>in</strong>getragen. Etwa e<strong>in</strong> Jahr später wurde der ähnlich strukturierte zweite Fragebogenverschickt, der gezielt neu aufgetauchte Problemfälle aufgreift. 16Im Vorspann der Fragebögen wurde nach den derzeitigen und früheren Wohnorten derProbanden/<strong>in</strong>nen gefragt. Es ergaben sich die drei Gruppen der stets am gleichen Ortwohnhaften Personen, der wenig mobilen Personen und der sehr mobilen Personen, jeweilsunterteilt <strong>in</strong> die Altersgruppen bis 29 Jahre und über 29 Jahre. Rund 1900 Fragebögen, alsofast zwei Drittel, wurden von Studierenden im Alter von 19 bis 29 Jahren ausgefüllt. Siewaren zumeist noch <strong>in</strong> ihrer heimatlichen Gegend wohnhaft und wenig mobil, gehörten alsoden Herkunftsgruppen 1 und 2 an. Diese <strong>in</strong> allen Regionen Deutschlands alters- undbildungshomogene Gruppe war für die Auswertung h<strong>in</strong>sichtlich des <strong>arealen</strong> Aspekts der15 In Zusammenarbeit mit dem Institut für deutsche Sprache und Literatur und ihre Didaktik der UniversitätMünster. Die Beschränkung auf die Bundesrepublik hatte organisatorische Gründe.16 Beide Fragebögen enthalten zusätzlich e<strong>in</strong>en Teil C, <strong>in</strong> dem nach Redewendungen bestimmter Wortfeldergefragt wird ('Sterben', 'Armut', 'Frömmigkeit'). Es ergab sich e<strong>in</strong>e Fülle zuvor nicht erfasster Ausdrücke; cf.dazu u. a. Piira<strong>in</strong>en (2002b, c, d, 2003b, 2004b).ISSN 1615-3014


Elisabeth Piira<strong>in</strong>en: <strong>Phraseologie</strong> <strong>in</strong> <strong>arealen</strong> Bezügen: e<strong>in</strong> Problemaufriss211Idiom-Kenntnisse besonders hilfreich, da nur der Faktor "Herkunft/Wohnort" nicht e<strong>in</strong>heitlichwar.E<strong>in</strong>es der Ziele der Untersuchung war es, die Daten der Fragebögen der geographischen KarteDeutschlands zuzuordnen. Deutschland wurde <strong>in</strong> 27 Planflächen, diese wiederum <strong>in</strong> vierkle<strong>in</strong>ere Flächen (a, b, c, d) unterteilt. So ergibt sich für Husum der Ortscode "1-a", fürFreilass<strong>in</strong>g der Code "27-d". Die Wohnorte der Probanden/<strong>in</strong>nen der Herkunftsgruppen 1 und2 wurden auf der Deutschlandkarte gesucht, die Fragebögen sodann mit dem Ortscodeversehen, dem e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit der Karte entspricht. Hier<strong>in</strong> lag der wichtigste Arbeitsschritt, umdie Idiom-Bekanntheit auf den Raum zu projizieren. Die sich anschließenden Arbeitsschrittewie die quantitativen und prozentualen Berechnungen zur Bekanntheit des Idioms proPlanfläche konnten weitgehend computer<strong>in</strong>tern vorgenommen werden. E<strong>in</strong>e relationaleDatenbank ermöglicht die Auswertungen nach verschiedenen Gesichtspunkten (ausführlicherdazu Piira<strong>in</strong>en 2003a, b).2 Ergebnisse für die germanistische <strong>Phraseologie</strong>forschungZwei der zahlreichen Ergebnisse dieser Umfragen seien hier hervorgehoben: 1. die Existenzarealphraseologischer Heteronymie 17 und 2. die noch eben fassbare Existenz e<strong>in</strong>er eigenenphraseologischen DDR-Varietät: beides war <strong>in</strong> der Forschung zuvor <strong>in</strong> dieser Deutlichkeitnicht bekannt.Beide Ergebnisse lassen sich anhand der Kartierung des Idioms etwas für lau tun/habenwollen 'etwas umsonst tun/haben wollen' veranschaulichen (Karte 1). Das Kartenbild zeigt,dass für lau – <strong>in</strong> der Reihenfolge der Planflächen – erstmals im Süden der Fläche 8-c e<strong>in</strong>erelevante Belegdichte erreicht, gefolgt von 8-d und den meisten Flächene<strong>in</strong>heiten von 9, 12,13, 17, 18 usw. Die Karte zeigt e<strong>in</strong>en <strong>arealen</strong> Schwerpunkt <strong>in</strong> der mittleren westlichenBundesrepublik, vom Ruhrgebiet bis nordöstlich von Hannover und südwestlich bis <strong>in</strong>sSaarland. Der Umfrage zufolge handelt es sich also um e<strong>in</strong>en Regionalismus und nicht, wiemehrfach behauptet wurde (z. B. Schmidl<strong>in</strong> 2004: 435), um e<strong>in</strong>en Teutonismus.Die Fragebögen zeigten e<strong>in</strong> Weiteres. In der dritten Rubrik wurden häufig zwei quasisynonymeIdiome angeführt, und zwar etwas für umme tun/haben wollen für den Rhe<strong>in</strong>-Neckar-Raum sowie etwas für nass(e) tun/haben wollen für den Raum Obersachsen undThür<strong>in</strong>gen. Das Idiom für umme ist <strong>in</strong> den Wörterbüchern bisher nicht verzeichnet, <strong>in</strong> derUmgangssprache jener Region jedoch recht lebendig. 18 Dagegen f<strong>in</strong>det sich für nass(e) <strong>in</strong>vielen Wörterbüchern Leipziger oder Ostberl<strong>in</strong>er Provenienz (vgl. Anmerkung 8). DasVariantenwörterbuch (Ammon et al. 2004) kennt jedoch weder für umme noch für nass(e).17 Der <strong>in</strong> der Wortgeographie übliche Term<strong>in</strong>us Heteronymie lässt sich somit auch auf die<strong>Phraseologie</strong>forschung anwenden, die noch ke<strong>in</strong>e Term<strong>in</strong>ologie für areale Phänomene entwickelt hat.18 In den COSMAS-Korpora des IDS Mannheim ist für umme mit ca. 80 Beispielen aus dem "MannheimerMorgen" vertreten, da Mannheim im E<strong>in</strong>zugsbereich dieses Idioms liegt. Andere lokale Zeitungen wurden nicht<strong>in</strong> gleicher Weise <strong>in</strong> die Korpora aufgenommen, so dass sich für für nass(e) und andere, seltener gemeldeteEntsprechungen (etwas für noppes/für nüsse haben/tun wollen) dort ke<strong>in</strong>e Belege f<strong>in</strong>den.ISSN 1615-3014


212L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/06Die Projektion der Bekanntheit dieser beiden Idiome auf die Karte beruht auf der zweitenUmfrage. Karte 1 zeigt nicht nur die drei klar umrissenen phraseologischen Areale, sondernvor allem, wie für lau und für nass(e) jeweils vor der e<strong>in</strong>stigen deutsch-deutschen GrenzeHalt machen. Darüber h<strong>in</strong>aus ist für das vormals nur <strong>in</strong> der südlichen DDR geläufige fürnass(e) die Ausstrahlung nach Mecklenburg und Berl<strong>in</strong> (Ost) zu erkennen.Dieses Beispiel ist ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfall. Die 41 Jahre währende Teilung Deutschlands magsprachhistorisch als e<strong>in</strong>e kurze Phase ersche<strong>in</strong>en, doch kennt die Geschichte kaumVergleichbares. Die Intensität dieser Teilung hat deutliche Spuren <strong>in</strong> der <strong>Phraseologie</strong>h<strong>in</strong>terlassen. Es f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Bündel von (vormals) eigenständigen, nur <strong>in</strong> der DDRbekannten Idiomen, die bei der Kartierung e<strong>in</strong> ähnliches Bild wie für nass(e) ergeben. Vieles<strong>in</strong>d zunächst, auf e<strong>in</strong> dialektales Substrat zurückzuführende, Regionalismen des RaumesThür<strong>in</strong>gen-Obersachsen, die <strong>in</strong> den Norden der DDR expandierten, jedoch nicht über diedeutsch-deutsche Grenze nach Westen gelangten. 19 So ist – aufgrund der völligenAbgeschlossenheit der e<strong>in</strong>stigen DDR – diese vierte Varietät mit e<strong>in</strong>em "Zentrum" (dem<strong>in</strong>dustriellen Ballungsraum Obersachsen) noch eben greifbar, was <strong>in</strong> anderen TeilenDeutschlands, z. B. dem vergleichbaren Ballungszentrum Ruhrgebiet, nicht mehr so e<strong>in</strong>deutigmöglich ist.Weitere Ergebnisse gruppieren sich um die große Variabilität der Idiome und die Fülle derzusätzlich mitgeteilten <strong>in</strong> den Umgangsprachen existierenden Ausdrücke, von denen nur e<strong>in</strong>Bruchteil <strong>in</strong> den Wörterbüchern erfasst wurde. Alle<strong>in</strong> das Beispiel erzähl mir doch ke<strong>in</strong>envom Pferd erbrachte rund 50 Varianten oder zusätzliche Benennungen. 20AnhangTeil II: Projekt "Weit verbreitete Idiome <strong>in</strong> Europa und darüber h<strong>in</strong>aus"1 Vorgehensweisen und ZieleErste Überlegungen zu e<strong>in</strong>em Forschungsvorhaben, als "weit verbreitet" vermutete Idiomesystematisch zu erfassen, führen auf die <strong>Phraseologie</strong>tagung <strong>in</strong> Basel im August 2004 zurück.Zugrunde lag der Gedanke, dass es <strong>in</strong> der heutigen Zeit, im sich vere<strong>in</strong>igenden Europa,möglich se<strong>in</strong> müsste, für sehr viele Sprachen – zum<strong>in</strong>dest für die <strong>in</strong> den demokratischregierten Ländern Europas gesprochenen Sprachen – kompetente Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen zugew<strong>in</strong>nen. Das Projekt "Widespread Idioms <strong>in</strong> Europe and Beyond", das von der19 In den seit 1990 erschienenen Monographien zur Sprache der DDR werden Phraseologismen nur seltenberücksichtigt. Schönfeld/Schlob<strong>in</strong>ski (1995: 131) nennen sich ke<strong>in</strong>en Kopf machen und das ist Fakt; <strong>in</strong> Wolf(2000) werden e<strong>in</strong>ige Idiome erwähnt, die auf Realien jener DDR-Zeit referieren, z. B. dumm wie Konsumbrotoder (Zettel) falten gehen (zur Wahl gehen). Aufgrund der Ergebnisse der Umfragen werden 32 weitere DDRspezifischeIdiome analysiert (Piira<strong>in</strong>en 2003a).20 Z. B. erzähl mir doch ke<strong>in</strong>en vom rosa Pferd/nichts vom Pferd/nicht die Geschichte vom Pferd/nicht die Storyvom Pferd/die Story vom blauen Pferd/ die Geschichte vom toten Pferd usw.; erzähl mir doch ke<strong>in</strong>en Wolf/ke<strong>in</strong>enGruß/ke<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Bauch/nicht was vom Storch/nix vom Fisch/erzähl mir ke<strong>in</strong>en vom Horst/nicht dieGeschichte vom Krieg/das Märchen vom Krieg/schwätz mir doch ke<strong>in</strong>e Vesper <strong>in</strong> den Rucksack u. a. m.ISSN 1615-3014


Elisabeth Piira<strong>in</strong>en: <strong>Phraseologie</strong> <strong>in</strong> <strong>arealen</strong> Bezügen: e<strong>in</strong> Problemaufriss213Europäischen Gesellschaft für <strong>Phraseologie</strong> unterstützt wird, setzt sich zum Ziel, e<strong>in</strong> Inventarder tatsächlich existierenden <strong>in</strong> vielen Sprachen verbreiteten Idiome zu erstellen, um Fragenzum Anteil der <strong>Phraseologie</strong> an der beobachteten Uniformität der Sprachen Europas nichtmehr aufgrund von Zufälligkeiten, sondern auf e<strong>in</strong>er empirisch gesicherten Basis beantwortenzu können. Statt Europäismus oder Internationalismus wird der neutrale Term<strong>in</strong>us weitverbreitetes Idiom, englisch widespread idiom (kurz: WI) gewählt, der frei ist voneurozentrischen Assoziationen. Tatsächlich können WIs oft sowohl <strong>in</strong> Sprachen Europas alsauch <strong>in</strong> Sprachen anderer Kont<strong>in</strong>ente nachgewiesen werden. 21Unter weit verbreiteten Idiomen/widespread idioms werden <strong>in</strong> mehreren Sprachen, darunter <strong>in</strong>genetisch nicht verwandten und geographisch nicht benachbarten, <strong>in</strong> der gleichen bzw. e<strong>in</strong>ersehr ähnlichen lexikalischen Struktur und <strong>in</strong> der gleichen figurativen Bedeutungvorkommende Idiome verstanden (Arbeitsdef<strong>in</strong>ition). Der erste Schritt zur Ermittlung vonWIs besteht <strong>in</strong> den Vortests: Idiome, die als weit verbreitet gelten könnten, werden zunächstanhand mehrerer genetisch und geographisch unterschiedlicher Sprachen überprüft; außerEnglisch, Französisch, Deutsch s<strong>in</strong>d dies zunächst F<strong>in</strong>nisch, Ungarisch und Griechisch,gefolgt von Russisch, Bulgarisch, Rumänisch und Spanisch. Viele als WI vermutete Idiomefallen durch das Raster dieser Vortests.Für die auf diese Weise ermittelten "WI-Kandidaten" werden Fragebögen entworfen, diesesodann per E-Mail an Experten/<strong>in</strong>nen möglichst vieler Sprachen verschickt mit der Bitte, dieFragen aufgrund der eigenen Idiom-Kompetenz sowie im Kreise von Kollegen/<strong>in</strong>nen zubegutachten. Jeder Zielgruppe entsprechend werden die Fragebögen und Anschreiben <strong>in</strong>verschiedenen Sprachen und Versionen <strong>in</strong>dividuell gestaltet. In zwei Etappen wurdenFragebögen mit <strong>in</strong>sgesamt 100 vermutlich weit verbreiteten Idiomen an Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen fürrund 80 Sprachen verschickt. Bis jetzt haben sich über 120 Personen an dem Projekt beteiligt.E<strong>in</strong>e zuverlässige Unterstützung fand das Projekt ferner seitens landeskundlicherForschungs<strong>in</strong>stitute speziell e<strong>in</strong>iger europäischen Kle<strong>in</strong>sprachen.Für 70 Sprachen liegen zuverlässige Daten vor: Indoeuropäisch ist mit 53 (der für dieForschung zugänglichen) Sprachen fast vollständig vertreten, gleiches gilt für Maltesisch undBaskisch. Schwieriger ist die Datenerhebung der uralischen Sprachen. Der ugrischeSprachzweig ist nur durch Ungarisch, der nordseef<strong>in</strong>nische nur durch F<strong>in</strong>nisch, Karelisch undEstnisch, der permischen Zweig nur durch Udmurtisch vertreten. Es wird weiterh<strong>in</strong> versucht,an Probanden/<strong>in</strong>nen der noch fehlenden f<strong>in</strong>nisch-ugrischen Sprachen zu gelangen.Problematisch s<strong>in</strong>d auch die altaischen Sprachen. Zuverlässige Daten für Kalmykisch und diez. T. moribunden südwestlichen Turksprachen Europas zu bekommen, wird nicht möglichse<strong>in</strong>, doch wird Tatarisch von Mitgliedern der Gesellschaft Europhras bearbeitet. Von den ca.60 autochthonen Kaukasussprachen ist nur Georgisch im Projekt vertreten. Alsaußereuropäische Kontrastsprachen wurden bisher Persisch, Telugu, H<strong>in</strong>di, Chantisch,Koreanisch, Japanisch, Ch<strong>in</strong>esisch und Vietnamesisch herangezogen. Auch für Esperanto undverschiedene Dialekte wurden die Fragebögen ausgefüllt.21 Ausführliche Beispiele dazu f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Piira<strong>in</strong>en (2005, 2006, im Druck b).ISSN 1615-3014


214L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/062 Präsentation der DatenDa das WI-Projekt <strong>in</strong> der Areall<strong>in</strong>guistik angesiedelt ist, verlangt es nach e<strong>in</strong>er Projektion derDaten auf die Karte Europas. Angesichts mehrerer sich räumlich überlappender Sprachenkönnen nur schematische Vorkommenskarten (ke<strong>in</strong>e Verbreitungskarten) erstellt werden.Karte 2 zeigt das Vorkommen des Idioms gegen den Strom schwimmen: Für alle rotmarkierten Sprachen wurde <strong>in</strong> den Fragebögen e<strong>in</strong> <strong>in</strong> der lexikalischen Struktur sehr ähnlichesund <strong>in</strong> der Bedeutung identisches Idiom e<strong>in</strong>getragen; <strong>in</strong> den blau markierten Sprachenexistiert das Idiom den Angaben der Probanden/<strong>in</strong>nen zufolge nicht. 22 E<strong>in</strong>e Zusammenschauder Karten würde sodann e<strong>in</strong>e raumbezogene Interpretation der Daten ermöglichen,vergleichbar der Ermittlung von Isoglossen <strong>in</strong> der Dialektgeographie oder von "isopleths" <strong>in</strong>der Typologieforschung.Zugleich ist das WI-Projekt mit kulturellen Phänomenen der <strong>Phraseologie</strong> verbunden. E<strong>in</strong>ePräsentation der WIs <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Lexikons bietet sich an. Vier E<strong>in</strong>heiten sollen konstant zujedem Artikel ausgearbeitet werden:(i) Die Idiome aller Sprachen werden mit exakten Beschreibungen der wörtlichen undfigurativen Bedeutungen präsentiert. Das Beispiel der Karte 2 ist bis auf acht europäische <strong>in</strong>allen beteiligten Sprachen, auch <strong>in</strong> den ostasiatischen Kontrastsprachen, den Kle<strong>in</strong>sprachenund Dialekten, vertreten.(ii) Sodann werden lexikalische und morphosyntaktische Besonderheiten der Idiomebetrachtet. Für gegen den Strom schwimmen s<strong>in</strong>d nur wenige Sonderwege zu verzeichnen:gleichzeitige Varianten "gegen den Wasserfall schwimmen" im Irischen und "gegen dieMenschenmenge schwimmen" im Albanischen. In mehreren Sprachen s<strong>in</strong>d Verben für"rudern" oder "laufen, gehen" statt "schwimmen" bekannt, wobei "Strom" und "Strömung"variieren können. Die Idiome verfügen offensichtlich über e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same konzeptuelleBasis der gleichartigen figurativen Bedeutungen.(iii) Ferner werden Spezifika der aktuellen Idiombedeutungen analysiert, wobei auf möglicheUnterschiede zu achten ist: Das Idiom e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelsprache kann im Verlauf se<strong>in</strong>er Geschichtee<strong>in</strong>e semantische Sonderentwicklung vollziehen, <strong>in</strong>dem bestimmte relevante Merkmale desZielkonzepts <strong>in</strong> den Vordergrund gerückt, andere unterdrückt werden, so dass sich dasassoziative Umfeld verändern kann. Auch müssten Abweichungen diasystematischerMerkmale, textuellen, syntaktischen und stilistischen Verhaltens vermerkt werden. 23(iv) Der letzte Abschnitt bietet Raum für <strong>in</strong>terpretierende Analysen der Daten. Aufgrund derrelativ konstanten lexikalischen Struktur des Beispiels können ke<strong>in</strong>e Aussagen über dieUrsachen und Wege der Verbreitung, über Entlehnungen und Gebersprachen gemacht werden(wie dies bei anderen WIs z. T. möglich ist). Zu berücksichtigen ist se<strong>in</strong>e biblische Herkunft,damit die Möglichkeit, dass unterschiedliche Sprachen unabhängig von e<strong>in</strong>ander aus der22 Die Auflösung der Siglen der Sprachen f<strong>in</strong>det sich am Ende des Beitrags.23 Bisher gibt es ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Metasprache, mit Hilfe derer sich die Semantik von Idiomen umfassend unde<strong>in</strong>deutig beschreiben ließe.ISSN 1615-3014


Elisabeth Piira<strong>in</strong>en: <strong>Phraseologie</strong> <strong>in</strong> <strong>arealen</strong> Bezügen: e<strong>in</strong> Problemaufriss215gleichen Quelle geschöpft haben, aber auch die "Unauffälligkeit" des Bildes, die nicht aufspezifisch biblischen Inhalten beruht.3 Erste ErgebnisseAls wichtigstes Ergebnis ist die Existenz sehr weit verbreiteter Idiome festzuhalten, was <strong>in</strong>der <strong>Phraseologie</strong>forschung <strong>in</strong> dieser Deutlichkeit bisher nicht bekannt war: Als "auffallend"galt das Vorkommen e<strong>in</strong>es Idioms <strong>in</strong> drei, vier oder fünf Sprachen. Nach den Ergebnissen derWI-Umfragen hat es als auffallend zu gelten, wenn das Idiom <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sprache "nicht"vorkommt (vgl. das Beispiel Krokodilstränen we<strong>in</strong>en/vergießen <strong>in</strong> Abschnitt 6). Die meistender abgefragten 100 Idiome geben e<strong>in</strong> ähnliches Bild ab wie das der Karte 2. Aufgrund dersemasiologisch angelegten Abfrage der Idiome s<strong>in</strong>d Strukturierungen des Raumes Europanicht zu erwarten. Erst durch e<strong>in</strong>e onomasiologisch angelegte Umfrage, die allerd<strong>in</strong>gs fürPhraseologismen kaum durchzuführen ist, 24 könnte sich e<strong>in</strong>e areale Heteronymie abzeichnen.In wenigen E<strong>in</strong>zelfällen gewährt das Material der zurückgeschickten Fragebögen e<strong>in</strong>enE<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Raumgliederung. Hier sei das Beispiel des <strong>in</strong> vielen Sprachen verbreitetenIdioms mit jmdm./etwas auf dem Kriegsfuß stehen genannt, das von norwegisch være påkrigstien med noen/noe bis spanisch estar en pie de guerra con alg./algo und von f<strong>in</strong>nischolla sotajalalla jkn kanssa bis tschechisch být s někým na válečné noze oder kroatisch biti skim/čim na ratnoj nozi reicht. In diesen massiven Block großer Teile Europas ragt e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>essüdöstliches Areal h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem dieses Idiom nicht bekannt ist: Statt se<strong>in</strong>er wurde das quasiäquivalenteIdiom der wörtlichen Lesart "(mit) jmdm. mit/auf/<strong>in</strong> Messer(n) se<strong>in</strong>" mehrfachnotiert: z. B. bulgarisch на нож съм с някого "auf Messer mit jmdm. se<strong>in</strong>", griechisch είµαιστα µαχαίρια µε κάποιον "mit jmdm. <strong>in</strong> den Messern se<strong>in</strong>", türkisch biriyle kanlı bıçaklı olmak"mit jmdm. blutig mit Messer se<strong>in</strong>".Die meisten Ergebnisse des Projekts s<strong>in</strong>d kultureller Art. Geme<strong>in</strong>samkeiten der <strong>Phraseologie</strong>neuropäischer Sprachen werden oft dem so genannten "geme<strong>in</strong>samen Kulturerbe"zugeschrieben, unter dem kulturelle Traditionen von der griechischen Antike, vonChristentum, biblischem und mittelalterlichem late<strong>in</strong>ischen Schrifttum über Renaissance,Humanismus und Aufklärung bis h<strong>in</strong> zur klassischen Literatur subsumiert werden. Aufgrundder WI-Umfragen kann der recht vage Begriff des "kulturellen Erbes" als Ursache derphraseologischen Uniformität bereits e<strong>in</strong> wenig präzisiert werden. Erwartungsgemäß machenIdiome, die auf e<strong>in</strong>e identifizierbare textuelle Quelle zurückgehen (vor allem Bibel undFabeln), den größten Anteil der WIs aus. 25 Anders ist es um die "klassische Literatur", d. h.um Dichtungen der Weltliteratur als postulierte Quellen von WIs, bestellt. Als bisher e<strong>in</strong>zigesweit verbreitetes Idiom dieser Art konnte gegen W<strong>in</strong>dmühlen kämpfen, e<strong>in</strong>e Anspielung aufCervantes Roman "Don Quixote" (1605), ermittelt werden.24 Die Frage müsste z. B. lauten: "Welches Idiom gibt es <strong>in</strong> Ihrer Sprache für 'xy'?" – hier müsste e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutigeBedeutungsdef<strong>in</strong>ition gegeben werden.25 Vgl. die Typologie der Idiomen zugrunde liegenden kulturellen Phänomene <strong>in</strong> Dobrovol'skij/Piira<strong>in</strong>en (2005):214ff).ISSN 1615-3014


216L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/06Neu ist ferner die Erkenntnis, dass neben das "europäische Kulturerbe antiker und christlicherProvenienz" ganz andere Textdomänen als Ursprung von WIs zu stellen s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e wichtigeQuelle bilden z. B. Vorstellungen von der Lebensweise nordamerikanischer Indianer, wie sieden Europäern durch die Erzählungen J. F. Coopers (1789-1863) vermittelt wurden und durchFilmproduktionen bis heute lebendig bleiben. Für e<strong>in</strong>e Reihe von Idiomen dieser Herkunft(mit jmdm. die Friedenspfeife rauchen; der letzte der Mohikaner; mit jmdm./etw. auf demKriegsfuß stehen oder das Kriegsbeil ausgraben/begraben) wurde e<strong>in</strong>e Verbreitung <strong>in</strong> vieleneuropäischen Sprachen nachgewiesen. Doch müssen derartige Beobachtungen anhandgrößerer empirischer Daten weiter verfolgt werden.ISSN 1615-3014


Elisabeth Piira<strong>in</strong>en: <strong>Phraseologie</strong> <strong>in</strong> <strong>arealen</strong> Bezügen: e<strong>in</strong> Problemaufriss217Karte 1: etwas für lau tun/haben wollenISSN 1615-3014


218L<strong>in</strong>guistik onl<strong>in</strong>e 27, 2/06Karte 2: gegen den Strom schwimmenSiglen der Sprachen auf Karte 2Siglen der Sprachen: rot: das Idiom existiert <strong>in</strong> der Sprache; blau: das Idiom wurde <strong>in</strong> der Sprachenicht nachgewiesenAlb Albanisch Grk Griechisch Prv ProvenzalischAro Aromanisch Grm Deutsch Rha RätoromanischBlg Bulgarisch Hun Ungarisch Rum RumänischBlr Weißrussisch Ice Isländisch Rus RussischBos Bosnisch Iri Irisch Scg Schottisch-GälischBrt Bretonisch Itl Italienisch Sco Schottisch/ScotsBsq Baskisch Krl Karelisch Sla SlowakischCro Kroatisch Ksh Kaschubisch Sle SlowenischCtl Katalanisch Lad Lad<strong>in</strong>isch Spn SpanischCze Tschechisch Lit Litauisch Srd SardischDan Dänisch Ltv Lettisch Swd SchwedischDut Niederländisch Lux Lëtzebuergesch Swg SchweizerdeutschEng Englisch Mal Mallorqu<strong>in</strong>isch Tat TatarischEst Estnisch Mcd Mazedonisch Trk TürkischFar Fär<strong>in</strong>gisch Mlt Maltesisch Udm UdmurtischF<strong>in</strong> F<strong>in</strong>nisch Nfr Nordfriesisch Ukr Ukra<strong>in</strong>ischFre Französisch Nor Norwegisch Usr ObersorbischFrp Frankoprovenzalisch Occ Occitanisch Wfr WestfriesischGlc Galicisch Pol Polnisch Wls KymrischGrg Georgisch Prt PortugiesischISSN 1615-3014

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