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Aufenthaltsrecht, Sozialleistungen und Arbeitserlaubnis für ...

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Nr. 62/63 GMBl 2009Seite 1285gung der erforderlichen Präventionsmaßnahmenschließt die Gefahr einer Weiterverbreitung derKrankheit weitgehend aus. Ein Verlustgr<strong>und</strong> wegenGefahr für die öffentliche Ges<strong>und</strong>heit ist dahernicht gegeben, wenn nachgewiesen wird, dassdie Krankheit auch im Inland ordnungsgemäß unterBeachtung des Arztprivilegs nach § 24 IfSGbehandelt werden wird <strong>und</strong> erforderliche Präventionsmaßnahmenbefolgt werden.6.1.2 Satz 2 stellt klar, dass die in Satz 1 genanntenGründe auch bereits zur Verweigerung der Einreise,insbesondere auch zur Versagung eines nach§ 2 Absatz 4 erforderlichen Visums eines drittstaatsangehörigenFamilienangehörigen führenkönnen. Eine entsprechende Feststellung durchdie Ausländerbehörde ist vor der Einreiseverweigerungnicht erforderlich. Im Visumverfahrennach § 2 Absatz 4 ist eine AZR/SIS-Abfragedurchzuführen (vgl. Nummer 5.3.1.1.4). Im Falleiner AZR/SIS-Ausschreibung soll die Auslandsvertretungzum Zweck der Entscheidung über eineVisumversagung aus Gründen der öffentlichenOrdnung oder Sicherheit die ausschreibende Behördeum ergänzende Informationen über denzugr<strong>und</strong>e liegenden Sachverhalt ersuchen.6.1.3 Der neue Satz 3 setzt Artikel 29 Absatz 2 derFreizügigkeitsrichtlinie um. Hiernach kann dieVerlustfeststellung aus Gründen der öffentlichenGes<strong>und</strong>heit nur erfolgen, wenn die Krankheit innerhalbder ersten drei Monate nach Einreise auftritt.Die Ausländerbehörde trägt die Beweislastdafür, dass eine Ges<strong>und</strong>heitsgefährdung i. S. d. § 6Absatz 1 vorliegt <strong>und</strong> dass der Unionsbürger sichnoch nicht länger als drei Monate seit Einreise imB<strong>und</strong>esgebiet aufhält.6.2 Verlust nach einer strafrechtlichen Verurteilung6.2.0 Absatz 2 nennt die gemeinschaftsrechtlichen,durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofskonkretisierten, in Artikel 27 <strong>und</strong> 28Freizügigkeitsrichtlinie genannten Vorgaben zumVerlust des Freizügigkeitsrechts nach einer strafrechtlichenVerurteilung.6.2.1 Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilungallein darf auch bei schwereren Straftaten nicht zurautomatischen Feststellung des Rechtsverlustsführen. Die Ausländerbehörde muss das zu Gr<strong>und</strong>eliegende persönliche Verhalten eigenständigbewerten <strong>und</strong> eine Prognose für die Zukunft erstellen,ob von dem straffällig gewordenen Unionsbürgereine Wiederholungsgefahr ausgeht, diezum einen eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichenOrdnung darstellt <strong>und</strong> darüber hinausein Gr<strong>und</strong>interesse der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschlandberührt (siehe Nummer 6.2.3). Es ist notwendig,alle für die Entscheidung über den Verlustdes Freizügigkeitsrechts wesentlichen Gesichtspunkteumfassend <strong>und</strong> schlüssig zu begründen.6.2.2.1 Entscheidend ist das der Straftat zu Gr<strong>und</strong>e liegendepersönliche Verhalten. Bei der Entscheidungüber den Verlust des Freizügigkeitsrechts istdaher außerdem Folgendes zu beachten.6.2.2.1.1 Vom Einzelfall losgelöste Erwägungen oder einegeneralpräventive Begründung der Feststellungdes Verlusts des Freizügigkeitsrechts sind unzulässig.6.2.2.1.2 Ein erheblicher Verstoß wird auch durch wiederholteBegehung von Ordnungswidrigkeiten oderdurch wiederholte Begehung leichter Kriminalitätnicht zu bejahen sein. Bei mittelschwerer oderschwerer Delinquenz müssen eine sorgfältigePrüfung sowie eine prognostische Bewertungdurch die Ausländerbehörde erfolgen.6.2.2.1.3 Die Gefahrenprognose ist zu begründen. Für dieindividuelle Würdigung aller Umstände des Einzelfallessind die einschlägigen strafrechtlichenEntscheidungen heranzuziehen, soweit sie fürdie Prüfung der Wiederholungsgefahr bedeutsamsind.6.2.2.1.4 Rückschlüsse dürfen nur aus den noch nichtgetilgten Eintragungen zu strafrechtlichen Verurteilungenim B<strong>und</strong>eszentralregister gezogen werden.6.2.2.1.5 Eine rechtliche Bindung an die tatsächlichenFeststellungen <strong>und</strong> an die Beurteilungen desStrafrichters besteht für die Ausländerbehördegr<strong>und</strong>sätzlich nicht (vgl. Vor Nummer 53.3.1.5AufenthG-VwV).6.2.2.1.6 Zur sofortigen Vollziehung der Feststellungsentscheidungvgl. Nummer 7.1.1.2.6.2.3 Gemäß Satz 3 muss eine tatsächliche <strong>und</strong> hinreichendschwere Gefährdung vorliegen, die einGr<strong>und</strong>interesse der Gesellschaft berührt. Das„Gr<strong>und</strong>interesse der Gesellschaft“ ist ein unbestimmterRechtsbegriff. Ob dieses berührt ist,muss im jeweiligen Einzelfall entschieden <strong>und</strong> begründetwerden. Von einem Gr<strong>und</strong>interesse kannin diesem Zusammenhang ausgegangen werden,wenn die von dem Unionsbürger ausgehende Gefahrallgemein anerkannte <strong>und</strong> gesetzlich festgelegteWerte <strong>und</strong> Normen in einem Maße beeinträchtigt,das ein Einschreiten seitens des Staateserforderlich macht. Zu den Gr<strong>und</strong>interessen derGesellschaft gehören beispielsweise die effektiveBekämpfung von Drogenhandel <strong>und</strong> des sexuellenMissbrauchs von Kindern.6.2.4 Aus der Schwere eines begangenen Delikts alleinlässt sich eine Wiederholungsgefahr nicht ableiten.Dies schließt jedoch nicht aus, dass in Einzelfällennach Verurteilung wegen schwerwiegender Straftatenauf Gr<strong>und</strong> des abgeurteilten, von der zuständigenBehörde gründlich <strong>und</strong> prognostischausgewerteten Verhaltens eine hinreichende Besorgnisneuer Verfehlungen anzunehmen ist. ImEinzelfall kann die Annahme einer Wiederholungsgefahr<strong>und</strong> eine hierauf gestützte Feststellungdes Verlusts des Freizügigkeitsrechts bei erheblichenStraftaten schon bei einer einzigen Verurteilungmöglich sein.6.3 ErmessenserwägungenAbsatz 3 nennt die Faktoren, die bei der Feststellungüber den Rechtsverlust zu beachten sind. Er39

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