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Aufenthaltsrecht, Sozialleistungen und Arbeitserlaubnis für ...

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Seite 1284 GMBl 2009Nr. 62/63(z. B. durch Heirat, Vaterschaftsanerkennung). Indiesen Fällen können sich aus dem Sachverhalt,welcher der vormaligen Ausweisung zugr<strong>und</strong>eliegt, ggf. Gründe auch für die Feststellung desVerlustes des Freizügigkeitsrechts nach dem Maßstabdes § 6 ergeben. Insoweit kommt es nicht aufden vormals verwirklichten Ausweisungsgr<strong>und</strong>nach AuslG bzw. AufenthG an (keine Verweisungdes § 11 auf § 11 Absatz 1 AufenthG), sondern aufdas dahinter stehende persönliche Verhalten derPerson. Ein persönliches Verhalten, welches seinerzeitzu einer Ausweisung nach § 55 AufenthGbzw. §§ 45, 46 AuslG geführt hat (Kann-Ausweisung),erfüllt im Regelfall nicht die Anforderungenfür einen Rechtsverlust bzw. die Einreiseversagungnach § 6. Ein persönliches Verhalten,welches seinerzeit zu einer Ausweisung nach §§ 53<strong>und</strong> 54 AufenthG bzw. § 47 AuslG geführt hat(Regel- <strong>und</strong> Ist-Ausweisungen), ist im Einzelfallan den Anforderungen des § 6 zu messen. DiesePrüfung kann das Fortbestehen einer Gefährdung<strong>und</strong> damit einen Versagungsgr<strong>und</strong> nach § 6 ergeben.Zu Wiedereinreisesperren, die aufgr<strong>und</strong>einer bereits vormals nach Freizügigkeitsrechtverfügten Ausweisung gegen Unionsbürger oderihre drittstaatsangehörigen Familienangehörigenfortbestehen („Altausweisungen“), siehe Nummer7.2.4.6.0.6 Gemäß Artikel 35 Freizügigkeitsrichtlinie kommtdas Freizügigkeitsrecht aus Gründen von Rechtsmissbrauchim Einzelfall nicht zur Entstehung.Ausdrücklich nennt das Gemeinschaftsrecht denFall der Scheinehe, d. h. die Eheschließung ohneHerstellung der ehelichen Lebensgemeinschaftausschließlich zur Erlangung einer Rechtsstellungnach dem Freizügigkeitsrecht. Hierzu müssen imEinzelfall hinreichend konkrete Anhaltspunktevorliegen. Bei der Ermessensausübung ist derVerhältnismäßigkeitsgr<strong>und</strong>satz zu beachten.6.1 Verlustgründe6.1.1 Ein freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger odersein Familienangehöriger kann sein <strong>Aufenthaltsrecht</strong>nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung,Sicherheit oder Ges<strong>und</strong>heit im Sinne der Artikel39 Absatz 3 <strong>und</strong> Artikel 46 Absatz 1 EGV,Artikel 27 ff. Freizügigkeitsrichtlinie verlieren(ordre-public-Klausel). Der Verlust muss durchdie zuständige Behörde festgestellt werden. Eshandelt sich um ein eigenständiges, vom ausländerrechtlichenAusweisungsverfahren gemäßAufenthG unabhängiges Feststellungsverfahren.6.1.1.1 Der Begriff der öffentlichen Ordnung ist als Einschränkungdes Prinzips der Freizügigkeit gr<strong>und</strong>sätzlicheng auszulegen. Nach der Rechtsprechungdes Europäischen Gerichtshofs handelt es sich umeinen gemeinschaftsrechtlichen Begriff, der derNachprüfung durch die Organe der Gemeinschaftzugänglich ist. Er ist mit dem Begriff der öffentlichenOrdnung des allgemeinen Polizeirechts nichtidentisch. Den mitgliedstaatlichen Behörden wirdnur in sehr beschränktem Maße ein Ermessensspielraumeröffnet. Es können vielmehr nur solcheVerhaltensweisen den Verlust des Freizügigkeitsrechtsrechtfertigen, die eine hinreichend schwerwiegendeGefährdung eines Gr<strong>und</strong>interesses derGesellschaft darstellen. Eine Verletzung der ungeschriebenenRegeln des menschlichen Zusammenlebens,die nicht zugleich eine strafbare Handlungbegründet, reicht hierfür gr<strong>und</strong>sätzlich nicht aus.Es müssen zudem besondere Tatbestände der Gefährdungder inneren Sicherheit oder eine anderweitigeschwere Beeinträchtigung gewichtigerRechtsgüter vorliegen.6.1.1.2 Auch der gemeinschaftsrechtliche Begriff der öffentlichenSicherheit ist mit dem des deutschenPolizeirechts nicht identisch. Es wird gemeinschaftsrechtlichkeine scharfe Trennung zwischenöffentlicher Sicherheit <strong>und</strong> Ordnung vorgenommen.Vielmehr versteht der Europäische Gerichtshofden „ordre public-Vorbehalt“ als eineumfassende Freizügigkeitsbeschränkungsklausel,für deren Auslegung die in der Freizügigkeitsrichtliniegeltenden Gr<strong>und</strong>sätze maßgeblich sind.6.1.1.3 Der Begriff der öffentlichen Ges<strong>und</strong>heit ist unterBerücksichtigung von Artikel 29 Freizügigkeitsrichtlinieauszulegen. Danach gelten als Krankheiten,die eine Verlustfeststellung rechtfertigen,ausschließlich Krankheiten mit epidemischem Potentialim Sinne der einschlägigen Rechtsinstrumenteder Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation (WHO)<strong>und</strong> sonstige übertragbare, durch Infektionserregeroder Parasiten verursachte Krankheiten, soferngegen diese Krankheiten Maßnahmen zum Schutzder Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaatesgetroffen werden.6.1.1.3.1 Krankheiten mit epidemischem Potential i. S. d.einschlägigen Rechtsinstrumente der WHO sinddie in der Anlage 2 der Internationalen Ges<strong>und</strong>heitsvorschriften(2005) (IGV) ausdrücklich genanntenKrankheiten: Pocken, Poliomyelitisdurch Wildtyp-Poliovirus, durch einen neuenSubtyp des Virus verursachte humane Influenza,schweres akutes Atemwegssyndrom (SARS),Cholera, Lungenpest, Gelbfieber, virale hämorrhagischeFieber (Ebola, Lassa, Marburg). Fernersind dies übertragbare Krankheiten, zu denen dieGeneraldirektorin/der Generaldirektor der WHOaufgr<strong>und</strong> eines Ereignisses gemäß Artikel 12 derIGV eine ges<strong>und</strong>heitliche Notlage von internationalerTragweite festgestellt hat.6.1.1.3.2 Sonstige übertragbare, durch Infektionserregeroder Parasiten verursachte Krankheiten, gegen dieMaßnahmen zum Schutz der Staatsangehörigendes Aufnahmemitgliedstaates getroffen werden,sind die in § 30 IfSG genannten Krankheiten:Lungenpest, von Mensch zu Mensch übertragbareshämorrhagisches Fieber. Ferner sind diesKrankheiten, zu denen die Ges<strong>und</strong>heitsverwaltungsituationsabhängig Schutzmaßnahmen nach§§ 28 bis 31 IfSG trifft.6.1.1.3.3 Erfasst sind Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige,Ausscheider (§ 2 IfSG) sowiesonstige Personen, die Krankheitserreger so inoder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahreiner Weiterverbreitung besteht. Eine ordnungsgemäßeHeilbehandlung einschließlich der Befol-38

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