Anja Ebert Die Musikindustrie im Wandel: Untergang oder Chance?
Anja Ebert Die Musikindustrie im Wandel: Untergang oder Chance? Anja Ebert Die Musikindustrie im Wandel: Untergang oder Chance?
3.6 Hindernis Verwertungsgesellschaft – die GEMA Als die Bedrohung durch illegales File-Sharing immer größer wurde, musste die Musikindustrie reagieren und eine legale Alternative dazu finden. Die Computerfirma Apple ging 2003 mit dem iTunes Music Store an den Markt und erntete großen Erfolg. Aber auch in Deutschland liefen seit 2001 die Planungen für eine legale Plattform auf Hochtouren. Der Start von www.popfile.de verzögerte sich jedoch wegen technischen Schwierigkeiten und Konflikten mit Verwertungsgesellschaften wie der GEMA 161 über die Höhe der abzuführenden Vergütungen immer wieder. Der Dienst startete schließlich im März 2004. Im Gegensatz zum iTunes Music Store blieb der Erfolg jedoch aus, wohl auch, weil bei Popfile fast ausschließlich Musik der Firma Universal erhältlich war. 162 Ob die zu hohen Forderungen der GEMA einen Teil zum Scheitern der Plattform beigetragen hat, soll im Folgenden erörtert werden. Ein Kalkulationsbeispiel aus dem Jahr 2004 beschreibt Ex- Universal Chef Tim Renner in seinem Buch „Kinder der Tod ist gar nicht so schlimm“. 163 Ausgegangen von 99 Cent pro Titel, die der Nutzer für einen Download zahlt, müssen 16 Prozent Mehrwertsteuer abgeführt werden. Dann berechnet der Inkassobetreiber, zum Beispiel T-Pay, rund zehn Prozent für seine Dienste. Für die Technikkosten, wie Programmierung, Codierung der Titel, Serverlagerung und Übermittlung, verlangt die T-Com per PhonoNet vom Betreiber des Shops mindestens 15 Cent. Es bleiben 58 Cent übrig. An dieser Stelle lässt die Kalkulation nur noch wenig für die Verteilung an Künstler und Plattenfirmen übrig. Zusätzlich verlangt die GEMA einen Anteil. Für den Download eines Werkes verlangte die Organisation 2004 zwölf Prozent des Bruttopreises, mindestens jedoch 20 Cent je verkauften Download. Letztlich führt dies zu einem Anteil von 25 bis 30 Prozent für das Label, von dem es noch den GEMA Anteil abführen muss. Bei einem physischen Tonträger hingegen, gehen nur etwa neun Prozent an die GEMA. 161 Die GEMA (= Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) ist eine Verwertungsgesellschaft, die in der Musikbranche mit der Wahrnehmung von Urheberrechten betraut ist. Die Organisation treibt im Namen der Musikautoren und Verlage die jeweilige Beteiligung bei Aufführung und Vervielfältigung ihrer Werke ein. Die dabei eingenommenen Beträge werden auf jene Künstler, Komponisten und Texter verteilt, die Mitglied der GEMA sind. 162 PhonoLine-Start auf wackeligen Beinen, Heise vom 21.01.2004 http://www.heise.de/newsticker/meldung/PhonoLine-Start-auf-wackeligen-Beinen- 92021.html, 05.03.2010 163 Renner 2004, S. 169 f 43
Die Forderungen der GEMA schlagen im Vergleich zum physischen Vertrieb mit mehr als dem Dreifachen zu Buche. Nach dem alten Vergütungssatz „VR-OD 2“ verlangte die Verwertungsgesellschaft 15 Prozent des Endverbraucherpreises exklusive Mehrwertsteuer, mindestens jedoch 25 Cent pro Song. Diese Mindestvergütung konnte auf 20 Cent gesenkt werden, wenn mit der GEMA ein Gesamtvertrag geschlossen wurde. Bei Stücken von mehr als fünf Minuten Länge war der doppelte Betrag zu zahlen. In den USA hingegen verbuchte iTunes einen Erfolg nach dem anderen. Eine Million bezahlte Songs wurden bereits in der ersten Woche herunter geladen, im ersten Jahr waren es 70 Millionen. Ob dieser Erfolg durch die fehlenden GEMA Gebühren ausgemacht wurde, zeigt ein weiteres Rechenbeispiel. 164 2004 kostete ein Download in Apples Music Store 99 Cent. Hiervon verblieben 35 Cent bei Apple, 64 Cent wurden an die Lizenzgeber ausgeschüttet. Apple bezahlte mit diesen 35 Cent seine Redaktion, die Technologie- Abwicklung, Hosting, Traffic und Payment-Abwicklung. Das Label erhielt etwa 64 Cent, wovon sechs bis acht Cent für den Publisher, 5,5 bis zehn Cent an den Künstler und 1,4 bis 2,5 Cent an den Produzenten entrichtet wurden Damit würden bei den amerikanischen Labels etwa 47 bis 53,5 Cent verbleiben, die Künstler würden vier bis 7,5 Cent erhalten. Die Künstler erhalten in diesem Beispiel fast genauso viel wie in Deutschland. Die Plattenfirma hingegen bekommt deutlich mehr für einen Download. Letztlich fallen in den USA die Kosten für die Mehrwertsteuer und die GEMA Gebühren weg. Abbildung 10: Kostenaufteilung bei einem Download-Preis von 50 Cent 165 164 Musik-Download-Preise: Wer kriegt was?, Netzwelt vom 12.06.2004 http://www.netzwelt.de/news/54274_4-musik-download-preise-kriegt.html, 05.03.2010 165 Hansen Sven: 50 Cent und gut, c’t 2004 Heft 12, S. 98 44
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3.6 Hindernis Verwertungsgesellschaft – die GEMA<br />
Als die Bedrohung durch illegales File-Sharing <strong>im</strong>mer größer<br />
wurde, musste die <strong>Musikindustrie</strong> reagieren und eine legale Alternative<br />
dazu finden. <strong>Die</strong> Computerfirma Apple ging 2003 mit dem iTunes<br />
Music Store an den Markt und erntete großen Erfolg. Aber auch in<br />
Deutschland liefen seit 2001 die Planungen für eine legale Plattform<br />
auf Hochtouren. Der Start von www.popfile.de verzögerte sich jedoch<br />
wegen technischen Schwierigkeiten und Konflikten mit Verwertungsgesellschaften<br />
wie der GEMA 161 über die Höhe der abzuführenden<br />
Vergütungen <strong>im</strong>mer wieder. Der <strong>Die</strong>nst startete schließlich <strong>im</strong> März<br />
2004. Im Gegensatz zum iTunes Music Store blieb der Erfolg jedoch<br />
aus, wohl auch, weil bei Popfile fast ausschließlich Musik der Firma<br />
Universal erhältlich war. 162 Ob die zu hohen Forderungen der GEMA<br />
einen Teil zum Scheitern der Plattform beigetragen hat, soll <strong>im</strong> Folgenden<br />
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Ein Kalkulationsbeispiel aus dem Jahr 2004 beschreibt Ex-<br />
Universal Chef T<strong>im</strong> Renner in seinem Buch „Kinder der Tod ist gar<br />
nicht so schl<strong>im</strong>m“. 163 Ausgegangen von 99 Cent pro Titel, die der<br />
Nutzer für einen Download zahlt, müssen 16 Prozent Mehrwertsteuer<br />
abgeführt werden. Dann berechnet der Inkassobetreiber, zum Beispiel<br />
T-Pay, rund zehn Prozent für seine <strong>Die</strong>nste. Für die Technikkosten,<br />
wie Programmierung, Codierung der Titel, Serverlagerung<br />
und Übermittlung, verlangt die T-Com per PhonoNet vom Betreiber<br />
des Shops mindestens 15 Cent. Es bleiben 58 Cent übrig. An dieser<br />
Stelle lässt die Kalkulation nur noch wenig für die Verteilung an<br />
Künstler und Plattenfirmen übrig. Zusätzlich verlangt die GEMA einen<br />
Anteil. Für den Download eines Werkes verlangte die Organisation<br />
2004 zwölf Prozent des Bruttopreises, mindestens jedoch 20<br />
Cent je verkauften Download. Letztlich führt dies zu einem Anteil von<br />
25 bis 30 Prozent für das Label, von dem es noch den GEMA Anteil<br />
abführen muss. Bei einem physischen Tonträger hingegen, gehen<br />
nur etwa neun Prozent an die GEMA.<br />
161 <strong>Die</strong> GEMA (= Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte)<br />
ist eine Verwertungsgesellschaft, die in der Musikbranche mit der Wahrnehmung<br />
von Urheberrechten betraut ist. <strong>Die</strong> Organisation treibt <strong>im</strong> Namen der Musikautoren<br />
und Verlage die jeweilige Beteiligung bei Aufführung und Vervielfältigung ihrer Werke ein.<br />
<strong>Die</strong> dabei eingenommenen Beträge werden auf jene Künstler, Komponisten und Texter<br />
verteilt, die Mitglied der GEMA sind.<br />
162 PhonoLine-Start auf wackeligen Beinen, Heise vom 21.01.2004<br />
http://www.heise.de/newsticker/meldung/PhonoLine-Start-auf-wackeligen-Beinen-<br />
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163 Renner 2004, S. 169 f<br />
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