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André Hellers „Giardino botanico” - i-mag.tv

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Profil Profil<br />

Caid Ali<br />

Sidi Ahmed und Frau Fatima, Jusuf<br />

MANFRED FAHNERT<br />

Der LEHMEXPRESS ist ein interkulturelles<br />

Programm zur praktischen<br />

Vermittlung von marokkanischen und<br />

europäischen Lehmbau-Techniken,<br />

doch diese trockenen Worte täuschen,<br />

denn hinter ihnen verbirgt sich ein<br />

Abenteuer, das wie eine Geschichte<br />

aus Tausendundeiner Nacht beginnt,<br />

deren Ende nicht abzusehen ist. Das<br />

Ziel – der Erhalt und Umbau einer marokkanische<br />

Kasbah (Lehmburg) – gestaltet<br />

sich immer wieder neu, weil es<br />

sich laufend durch private, politische<br />

und weltliche Geschehnisse verändert.<br />

Diese Eigendynamik ist eine maßgebliche<br />

Bereicherung des Projekts.<br />

Fotos: Manfred Fahnert<br />

Ein Lehm-Lern-Spiel-Platz für Erwachsene inmitten einer Oase am Südhang<br />

des Atlasgebirges in Süd- Marokko.<br />

Es begann im Jahre 1984. Ich hatte<br />

gerade eine Zimmermannslehre angefangen,<br />

als mein Interesse am Lehmbau<br />

geweckt wurde, und so besuchte ich<br />

zahlreiche (inter-)nationale Lehmbau-<br />

Tagungen. Das Mutterland des Lehmbaus<br />

ist der Jemen, erfuhr ich dort. Das „New<br />

York des Lehmbaus“ heißt Shibam<br />

und besteht aus wolkenkratzerartigen<br />

Lehmhochhäusern. Neugierig geworden<br />

suchte ich Kontakte, um in diesem Land<br />

zu arbeiten. Währenddessen erhielt ich<br />

Jahr für Jahr eine Ansichtskarte von<br />

einem Freund aus Marokko. „Hier gibt<br />

es ganze Städte aus Lehm!“, schrieb er.<br />

1997 reiste ich dann zum ersten<br />

Mal in Marokko. Ausgerüstet mit einer<br />

Kamera machte ich mich auf den Weg<br />

in das unbekannte Land und war zu<br />

Gast bei der Familie Ait el Caid, der<br />

Familie des früheren Stammesfürsten<br />

der Mesquita-Berber. Die Caids besaßen<br />

im Süden große<br />

Gebiete, wählten<br />

den König<br />

und hatten die<br />

Gerichtsbarkeit. Caid Ali, der Vater unseres<br />

Gastgebers Sidi Ahmed, gehörte zu<br />

den letzten königstreuen Caids, als dieser<br />

im August 1953 ins Exil ging. Er war eine<br />

außergewöhnliche Persönlichkeit, hatte<br />

14 Kinder und baute sieben Kasbahs.<br />

Nach zwei Wochen Dokumentationsarbeit<br />

eröffnete sich mir die<br />

Möglichkeit, im folgenden Jahr ein<br />

Projekt zu starten: Ein Riad in traditioneller<br />

Bauweise lag danieder, neben<br />

einer riesigen Lehmburg mit 54 Zimmern<br />

und sechs Türmen. Mit 17,80 m Höhe<br />

Riad 2002<br />

kein kleines Gebäude, also eine Arbeit,<br />

vor der man am liebsten davonläuft.<br />

Doch es kam anders: 1998 zogen 24<br />

Lehmakteure in diesen Riad ein und warfen<br />

alles Dagewesene über den Haufen.<br />

Der fast zerstörte Arkadenhof wurde von<br />

einer Begeisterung erfüllt, die sich bis<br />

heute durch das<br />

Projekt zieht.<br />

290 Menschen<br />

– Städteplaner,<br />

Architekten, Studenten, Hausfrauen,<br />

Galeristen, Bankiers, Lokomotivführer<br />

und Freunde der Erdbauweisen – aus 14<br />

europäischen Nationen haben dort mittlerweile<br />

Hand angelegt.<br />

Die Marokkaner haben erst langsam<br />

begriffen, was dort geschieht<br />

Inzwischen findet in Asslim alljährlich<br />

Mitte März das „Rendezvous<br />

de la Musique“ statt, ein zweitägiges<br />

Musikspektakel in marokkanisch-deutscher<br />

Kooperation. Und Professoren<br />

und Kommunikationswissenschaftler besuchen<br />

die Kasbah Asslim von Caid Ali,<br />

um sich persönlich ein Bild zu machen.<br />

Kasbah Caid Ali<br />

Riad 1998<br />

Manfred Fahnert mit Studenten<br />

beim Grundkurs Lehmbau<br />

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