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André Hellers „Giardino botanico” - i-mag.tv

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<strong>André</strong> <strong>Hellers</strong> “Giardino <strong>botanico”</strong> in Gardone am Westufer des Gardasees ist die perfekte<br />

Verbindung zwischen Natur und Kunst. Die Schönheit des “Zaubergartens” ist für jeden zugänglich,<br />

und Besucher können die grüne Oase (gegen geringen Eintritt) durchwandern und die Symbiose<br />

von Kunst und Natur genießen. Über Jahrzehnte ist der Garten unter den liebevollen Händen der<br />

ehemaligen Besitzer gewachsen.<br />

Vieles in Gardone Rivera erinnert<br />

an Räume und Landschaften der Filme<br />

Luchino Viscontis. Es sind Blicke und<br />

Einsichten in ein Damals, als Damen<br />

noch kuns<strong>tv</strong>olle Hüte mit Schleier trugen<br />

und Zofen ihnen im Ankleidezimmer<br />

Satinhandschuhe aus nach Lavendel<br />

duftenden Garderoben reichten. Etwas<br />

Verwunschenes beherrscht den Ort, eine<br />

Langsamkeit und Trägheit, als wäre die<br />

Zeit nicht zuständig für dieses erste wirkliche<br />

Stück Süden, das den Reisenden,<br />

der von Riva durch die zahllosen Tunnel<br />

der Gardesana Occidentale gekommen<br />

ist, empfängt. Eine Promenade gibt es,<br />

deren Fundamente in den See gebaut<br />

wurden. Sie ist von großen Oleandern<br />

und Orangenbäumen bewohnt. Dort findet<br />

man Kaffeehäuser mit Billardsalons.<br />

Wer am Ufer flaniert, sieht in der Ferne<br />

den häufig bis in den Mai mit Schnee<br />

bedeckten Monte Baldo als eine Art<br />

letzte Behauptung der Alpen aufragen<br />

und ziemlich nahe im Wellenspektakel<br />

jene lang gestreckte Zypresseninsel, die<br />

der heilige Franziskus am Beginn seines<br />

Weges als Refugium wählte.<br />

Gardone Rivera besteht aus zwei<br />

Teilen: der Häusergruppe am Wasser<br />

und einer weiteren am sanften Hang<br />

bei der Kirche. Die Einheimischen sagen<br />

tatsächlich Untenort und Obenort. Das<br />

Elegante ist dem Unten zugehörig: das<br />

Grand Hotel, dem Stefan Zweig durch<br />

seine Novelle «Untergang eines Herzens»<br />

eine Verbindung mit der literarischen<br />

Ewigkeit schuf, die Cocktailbar, in der<br />

Winston Churchill sich vom Malen ausruhte,<br />

die Anlage des Hotel Savoy, das<br />

um 1900 den adeligen Kurgästen aus<br />

Russland, Schweden und anderen Zonen<br />

des Fröstelns allabendlich einen Ball mit<br />

großem Orchester offerierte. Das Oben<br />

ist bäuerlicher, weiß mehr von Oliven<br />

und trockenem Grappa und manchmal<br />

ziehen noch fromme, betende Frauen<br />

mit einer Marienstatue durch die verwinkelten<br />

Gassen. Ihre Großväter haben<br />

vielleicht als Knechte bei dem schil-<br />

lernden Monster Gabriele D´Annunzio<br />

gearbeitet, dessen luxuriöser Wohnsitz,<br />

neun Hektar groß um Gardone gelehnt,<br />

von einer kriegs- und blutopferverherrlichenden,<br />

luxuriösen Hybris kündet, die<br />

nicht umsonst Mussolini viel bedeutet<br />

hat und mich abstößt.<br />

Verbunden sind Untenort und<br />

Obenort durch ein Gebiet der<br />

Sinnlichkeit und <strong>mag</strong>ischen Stärke: den<br />

Giardino Botanico. Eine Florasammlung<br />

von Weltgegenden ist es, Afrika und<br />

Südamerika, Asien, Europa und Australien<br />

ineinander verwoben. Edelweiß inmitten<br />

von Orchideenwiesen, meterhohe<br />

Baumfarne neben Granatapfelwundern.<br />

Bäche und Wasserfälle, Teiche mit<br />

heiligen Koi-Karpfen, Forellen und<br />

Spiegelungen des Libellenfluges, Hügel<br />

aus Dolomitgestein neben Kakteen<br />

und Efeutürmen. Indische und marokkanische<br />

Skulpturen in Harmonie mit<br />

Installationen von Roy Lichtenstein,<br />

Fotos: Jiri Hampl<br />

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