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Arbeits- und Lebensbedingungen zu Beginn der Industrialisierung ...

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<strong>Arbeits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lebensbedingungen</strong> <strong>zu</strong> <strong>Beginn</strong> <strong>der</strong> <strong>Industrialisierung</strong><br />

Klaus Exner<br />

Entsprechend dem genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgebot begrüße<br />

ich Sie alle gleichermaßen herzlich <strong>zu</strong>m heutigen Empfang im<br />

Schifffahrtsmuseum <strong>und</strong> freue mich, dass ich als geschäftsführendes<br />

Vorstandsmitglied <strong>der</strong> zweitältesten Baugenossenschaft in Schleswig-<br />

Holstein, einem Unternehmen, welches als Arbeiterbauverein im Jahre 1889<br />

gegründet wurde, Ihnen einiges <strong>zu</strong> <strong>der</strong> Entwicklungsgeschichte <strong>der</strong><br />

Genossenschaftsbewegung, insbeson<strong>der</strong>e aber unserer Genossenschaft<br />

berichten kann. Dabei will ich die Anfor<strong>der</strong>ung, die die Wohnungswirtschaft<br />

an die <strong>Arbeits</strong>wissenschaft als Dienstleister stellt, gerne mit einbeziehen.<br />

Es fällt natürlich schwer, sich heut<strong>zu</strong>tage die Ursprünge von<br />

genossenschaftlichen Gründungen, die aus <strong>der</strong> Not heraus geboren wurden<br />

vor<strong>zu</strong>stellen, in einer Zeit also, da in Kiel ca. 2500 Wohnungen leer stehen<br />

<strong>und</strong> damit das Angebot die Nachfrage weit übersteigt.<br />

Für breite Bevölkerungsschichten ist <strong>der</strong> bürgerlich, ursprünglich sogar adlig<br />

besetzte Begriff „Wohnen“ im <strong>zu</strong> Ende gehenden 19. Jahrh<strong>und</strong>ert noch ein<br />

Fremdwort, in den deutschen Städten hausen die Meisten unter<br />

menschenunwürdigen Zuständen. Auch wenn <strong>der</strong> Zustand <strong>der</strong> Wohnungen<br />

auf dem Land nicht viel behaglicher ist, bleiben hier doch wenigstens <strong>der</strong><br />

permanente Lärm durch Gewerbebetriebe, <strong>der</strong> Gestank von Abfällen <strong>und</strong><br />

Abwässern <strong>und</strong> die Beengtheit <strong>der</strong> städtischen Quartiere aus.<br />

Doch <strong>Arbeits</strong>plätze werden in den industrialisierten Städten geschaffen <strong>und</strong><br />

so strömen täglich viele H<strong>und</strong>erte Menschen nach Hamburg, Kiel o<strong>der</strong><br />

Lübeck, um sich dort eine neue Existenz auf<strong>zu</strong>bauen. Die bestehenden<br />

Wohnquartiere in den Stadtkernen wachsen nur begrenzt mit <strong>und</strong> so wird es<br />

eng in den bestehenden Wohnungen. Explosiv ist die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Reichskriegshafenstadt Kiel.<br />

In dem Zusammenhang einen Aus<strong>zu</strong>g aus dem Jahresbericht des Kieler<br />

Gewerkschaftskartells für 1902:<br />

„Die Germania-Werft (Fa. Krupp) war nach Annahme <strong>der</strong> Flottenvorlage<br />

einige Jahre sehr gut beschäftigt. Es sind im Durchschnitt in den 4 Jahren<br />

nach Annahme <strong>der</strong> Flottenvorlage für 16 Mio Mark abgeliefert worden, <strong>und</strong><br />

da die Werft ca. 25 % verdient, so hat sie in 4 Jahren 16 Millionen Mark<br />

Unternehmer-Gewinn eingestrichen. Für die Arbeiter sind ein paar Pfennige<br />

Lohnerhöhung <strong>zu</strong> verzeichnen. Davon haben aber die Arbeiter keinen<br />

Nutzen gehabt.<br />

Durch den großen Zu<strong>zu</strong>g von Arbeitern entstand eine Nachfrage nach<br />

Wohnungen, welche das Angebot weit überstieg. Die Folge war eine<br />

Steigerung <strong>der</strong> Miete von 15 bis 30 %. Da<strong>zu</strong> kam noch die Sorge für viele<br />

Arbeiter, ob es ihnen überhaupt gelingen wird, eine Wohnung <strong>zu</strong> erhalten,<br />

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wenn sie einmal gekündigt wurden. Denn bei weniger Arbeit wurde sofort ein<br />

Teil <strong>der</strong> Arbeiter entlassen <strong>und</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Teil die <strong>Arbeits</strong>zeit herabgesetzt.<br />

Arbeiter wurden dadurch geächtet, dass sie auf sogenannte schwarze Listen<br />

kamen, in dem die Arbeiter gekennzeichnet waren mit<br />

frech<br />

faul<br />

Aufwiegler<br />

schlechter Arbeiter<br />

Bummelant.<br />

Das <strong>Arbeits</strong>leben selbst war anstrengend. Ges<strong>und</strong>heitliche Belastungen<br />

durch Dreck (z.B. Formsand in <strong>der</strong> Gießerei), durch Lärm (z.B. Niethämmer),<br />

durch Hitze (z.B. vor den Schmelzöfen bzw. in <strong>der</strong> Schmiede) o<strong>der</strong> Kälte<br />

(z.B. auf den Helligen).<br />

Seit 1868 drängten die Menschen aus dem gesamten Reichsgebiet in den<br />

Kieler Raum. Dies führte <strong>zu</strong> unhaltbaren Zuständen. Von Hausbesitzern,<br />

aber auch von Wohnungsinhabern, die auf Einkünfte aus Untervermietungen<br />

angewiesen waren, wurde die Notlage <strong>der</strong> Wohnungssuchenden<br />

rücksichtslos ausgenutzt. Für erbärmliche Unterkünfte, für Kellerräume, für<br />

Dachböden <strong>und</strong> Wohnlauben musste mancher Arbeiter bis <strong>zu</strong> 20 % seines<br />

Lohnes als Miete zahlen.<br />

Steigende Mietpreise machten eine Erwerbstätigkeit <strong>der</strong> Frauen <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong><br />

notwendig, <strong>und</strong> in vielen Städten war das Trockenwohnen billiger vermieteter<br />

Neubauwohnungen verbreitet.<br />

Aus <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Einwohnerzahlen von Kiel können Sie dies deutlich<br />

ersehen:<br />

1880 43.600<br />

1895 85.700<br />

1900 108.000<br />

1905 163.800<br />

1913 221.600<br />

1917 243.400.<br />

Die Werften hatten um 1900 etwa 18.000 Beschäftigte.<br />

Nach dem neuesten Statistik-Bericht <strong>der</strong> Stadt Kiel hat die Stadt mittlerweile<br />

etwa den Einwohnerstand von 1913 erreicht, <strong>und</strong> zwar 229.044 Einwohner.<br />

Nach dem Vorbild des 1878 gegründeten Flensburger Bauvereins, welcher<br />

ebenso wie unsere Genossenschaft auf die Initiative des<br />

Landesversicherungsrats Peter-Christian Hansen gegründet wurde, kam es<br />

dann im Dezember 1889 <strong>zu</strong>r Gründung des Arbeiterbauvereins für Gaarden,<br />

Kiel <strong>und</strong> Umgebung mit 117 Mitglie<strong>der</strong>n. In den Aufsichtsrat wurden gewählt<br />

1 Brauerei-Direktor, 1 Schiffbau-Direktor, 1 Handelskammer-Sekretär, 1<br />

Rechnungsrat, 1 Werftbesitzer, 1 Brotfabrikant, 1 Rechtsanwalt <strong>und</strong> 1<br />

Gemeindevorsteher; während <strong>der</strong> Vorstand sich <strong>zu</strong>sammensetzte aus 3<br />

Schiffszimmerern, 1 Werftarbeiter, 1 Schiffbauer <strong>und</strong> einen Schmied. Man<br />

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hatte bewusst nur Werktätige in den Vorstand gewählt, um den<br />

Genossenschaftsgedanken voran<strong>zu</strong>stellen.<br />

Es sollte eine echte Selbsthilfe-Organisation entstehen.<br />

Die große Hilfe musste aber vom Staat kommen, Frauen konnten in <strong>der</strong><br />

damaligen Zeit nur Mitglie<strong>der</strong> werden, wenn sie Haushaltsvorstand waren.<br />

Wohnungen durften nur an Mitglie<strong>der</strong> vergeben werden. Alle Mitglie<strong>der</strong>, die<br />

bereits 6 Monate dem Verein angehörten, hatten die Möglichkeit, an einer<br />

Verlosung teil<strong>zu</strong>nehmen. Durch das Los wurde man Mieter <strong>und</strong> hatte das<br />

Vor<strong>zu</strong>gsrecht später auf Erwerb des Hauses. Bereits nach 7 Jahren seit<br />

Gründung hatte <strong>der</strong> Verein 713 Mitglie<strong>der</strong>, von denen 600 <strong>der</strong> kaiserlichen<br />

Werft angehörten.<br />

Interessant ist dabei eine Geschichte,, die man sich aus damaliger Zeit<br />

erzählt:<br />

Wenn ein großes Schiff in <strong>der</strong> Werft lag <strong>und</strong> eine neue Farbe bekamt, so<br />

hatten plötzlich alle Zäune im Bauverein die Farbe des Schiffes. Die<br />

Ellerbeker waren also schon früher sparsame <strong>und</strong> erfindungsreiche Leute.<br />

Gebaut wurden Doppelhäuser in 2 Arten, <strong>und</strong> zwar ein größeres <strong>und</strong> ein<br />

kleineres. Bei dem größeren Doppelhaus umfasst jedes Haus im<br />

Erdgeschoss 2 Stuben, Küche <strong>und</strong> Flur, im Dachgeschoss 2 Kammern <strong>und</strong><br />

Trockenboden. Bei den kleineren sind im Erdgeschoss nur 1 Stube, Küche<br />

<strong>und</strong> Flur, im Dachgeschoss 1 Kammer <strong>und</strong> Trockenboden vorhanden. Jedes<br />

Haus, ob größer o<strong>der</strong> kleiner, besitzt Keller, Waschküche, Abort <strong>und</strong> Stallung<br />

für Schweine o<strong>der</strong> Ziegen sowie r<strong>und</strong> 300 m² Gartenland. Die Gesamt-<br />

Kosten eines größeren Hauses stellen sich auf r<strong>und</strong> 4.000,-- Mark, die<br />

jährliche Miete auf 200,-- Mark, wo<strong>zu</strong> jedoch –noch die Unterhaltskosten<br />

hin<strong>zu</strong>rechnen waren. Von <strong>der</strong> Miete wurden jedoch 50,-- Mark <strong>zu</strong>r<br />

Amortisation verwendet, so dass das Haus in etwa 35 Jahren vollständig<br />

schuldenfrei war. Die Gesamtkosten des kleineren Hauses betrugen r<strong>und</strong><br />

3.120,-- Mark, jährliche Miete 156,-- Mark, die Amortisations-Summe 39,--<br />

Mark. Nach beiden Arten von Häusern war die Nachfrage sehr groß. Die<br />

Häuser waren größten Teils im Rohbau hergestellt <strong>und</strong> mit Doppel-Pappe<br />

gedeckt. Der Mannigfaltigkeit wegen wurden ab <strong>und</strong> <strong>zu</strong> auch Putzbauten <strong>und</strong><br />

Ziegeleindeckungen ausgeführt. Die Straßen waren kanalisiert <strong>und</strong> mit<br />

Bäumen bepflanzt <strong>und</strong> das Trinkwasser wurde aus Brunnen gewonnen.<br />

Man hatte also nicht nur ein festes Dach über dem Kopf, son<strong>der</strong>n bot den<br />

Kin<strong>der</strong>n auch ein verhältnismäßig ges<strong>und</strong>es Aufwachsen in kleinen Gärten,<br />

die <strong>zu</strong> jedem Haus gehörten <strong>und</strong> die auch <strong>der</strong> Versorgung mit z.B. Gemüse<br />

dienten. Angebaute Ställe, sie gehörten <strong>zu</strong> den größeren Typen, garantierten<br />

ebenfalls <strong>der</strong> Ernährungsversorgung durch die Haltung von Schweinen,<br />

Hühnern, Ziegen, Schafen, Kaninchen <strong>und</strong> Geflügel.<br />

Zum 1. Januar 1900 tritt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Kraft. Der<br />

private Besitz an Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden wird eines <strong>der</strong> festverankertsten <strong>und</strong><br />

abgesichertsten Besitzrechte überhaupt; zwar eingeschränkt durch das<br />

Bauplanungsrecht, aber letztlich kann nur eine Enteignung Boden bewegen,<br />

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wenn <strong>der</strong> Besitzer den Verkauf ablehnt. Die Bodenpreise in den Städten<br />

schnellen <strong>zu</strong> <strong>Beginn</strong> des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts in die Höhe. Die höchsten Renten<br />

werden von den Terraingesellschaften eingefahren, die unbebaute<br />

Gr<strong>und</strong>stücke erwerben, erschließen <strong>und</strong> teuer verkaufen. Dies bringt ihnen<br />

die Kritik von Seiten, vor allem aber von <strong>der</strong> Bodenreformbewegung , ein.<br />

Adolf Damaschke schreibst in seinem 1902 erscheinendem Hauptwerk „Die<br />

Bodenreform“: „Diese Gr<strong>und</strong>rente ist soziales Eigentum <strong>und</strong> soll <strong>der</strong><br />

Gesamtheit erhalten bleiben“. Ein Problem, dass auch 100 Jahre später noch<br />

nicht gelöst ist.<br />

Die soziale Frage des Wohnens war von den Vordenkern <strong>der</strong><br />

Wohnreformbewegung bereits <strong>zu</strong>r Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts gestellt<br />

worden, <strong>der</strong> kaiserliche Staat greift sie jedoch nicht auf. Sicherlich gibt es<br />

hier <strong>und</strong> da immer wie<strong>der</strong> alarmierende Umstände wie die Cholera-Epidemie<br />

in Hamburg 1892, die in den engen Innenstadtquartieren über 8.000 Tote<br />

for<strong>der</strong>t, <strong>der</strong> Schaffung von speziellen Kleinwohnungen für Arbeiter <strong>und</strong><br />

Angestellte haben sich aber lediglich einige noch junge Baugesellschaften<br />

<strong>und</strong> –genossenschaften angenommen. Diese erhalten keine öffentliche<br />

Unterstüt<strong>zu</strong>ng, son<strong>der</strong>n werden meist von privaten Honoratioren geför<strong>der</strong>t<br />

o<strong>der</strong> greifen auf Eigenleistung <strong>zu</strong>rück.<br />

Den Wohnungsbau überlässt <strong>der</strong> Staat generell <strong>der</strong> Privatwirtschaft, Angebot<br />

<strong>und</strong> Nachfrage bestimmen auf diesem liberalen Markt den Umfang <strong>der</strong><br />

Bautätigkeit, nicht die Bedürfnisse <strong>der</strong> Bevölkerungsmehrheit. Der<br />

preußische B<strong>und</strong>esstatt kümmert sich in Ansätzen wenigstens um die<br />

Wohnungsversorgung seiner Beamten <strong>und</strong> Angestellten. Durch die<br />

<strong>zu</strong>nehmende <strong>Industrialisierung</strong> <strong>und</strong> das rasante Bevölkerungswachstum in<br />

den Ballungszentren wird <strong>der</strong> Bau von Mietwohnungsgebäuden bald ein<br />

lukratives Geschäft für wohlhabende Bauherren. Für sie spielt allerdings die<br />

erzielbare Rendite die Hauptrolle, kaum dagegen die Bewohnbarkeit <strong>der</strong><br />

Gebäude; straßenseitig wird aber die Fassade gewahrt.<br />

Erst das Genossenschaftsgesetz von 1889 ermöglicht die Etablierung des<br />

Genossenschaftsgedankens im Wohnungsbau <strong>und</strong> eine Reihe von<br />

Neugründungen. Bis <strong>zu</strong> diesem Gesetzt vom 1. Mai 1889 (Gesetz betreffend<br />

die Erwerbs- <strong>und</strong> Wirtschaftsgenossenschaften) galt nämlich eine<br />

unbeschränkte Haftung für die Mitglie<strong>der</strong>, die viele von <strong>der</strong> Beteiligung an<br />

Genossenschaften abhielt. (Ein Genossenschaftsgesetz hatte es in Preußen<br />

seit 1868 gegeben. Im Genossenschaftsregister wurden Unternehmen als<br />

eGmuH geführt). Diese wurde nun in eine beschränkte Haftpflicht<br />

umgeän<strong>der</strong>t.<br />

Im gleichen Jahr (22. Juni 1889) wurde dann mit dem Invaliditäts- <strong>und</strong><br />

Alterssicherungesetz <strong>der</strong> „wichtigste Eckstein <strong>der</strong> Wohnungsfürsorge-<br />

Bestrebungen im Deutschen-Reich“ geformt, so Peter Christian Hansen. Die<br />

Landesversicherungsanstalten <strong>und</strong> die Träger <strong>der</strong> Invaliden- <strong>und</strong><br />

Hinterbliebenenversicherung stellten Darlehen für den Bau von<br />

Arbeiterwohnungen <strong>zu</strong>r Verfügung – <strong>zu</strong> einer Zeit, als die<br />

Kapitalbereitstellung das größte Hin<strong>der</strong>nis für gemeinnützige<br />

Baugesellschaften <strong>und</strong> Baugenossenschaften bildet. 1912 beträgt die<br />

Gesamtsumme im Deutschen Reich 418,2 Millionen Mark. Allein die<br />

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Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein vergibt Darlehen in einer<br />

Höhe von 9,2 Millionen Mark, davon über 94 % an Baugenossenschaften<br />

<strong>und</strong> gemeinnützige Bauvereine. Die Zinssätze liegen durchgängig bei<br />

mo<strong>der</strong>aten 3 bis 4 %. Das Deutsche Reich hatte seit 1901 einen eigenen<br />

Wohnungsfürsorgefonds eingerichtet, <strong>der</strong> aber verhältnismäßig schlecht<br />

ausgestattet wurde (2-4 Millionen Mark/Jahr) <strong>und</strong> vorrangig Angestellten <strong>und</strong><br />

Arbeitern in staatlichen Betrieben <strong>zu</strong> Gute kommen sollte.<br />

Von 1901 bis 1912 fließen ca. 35 % dieser Reichsmittel an<br />

Baugenossenschaften in Schleswig-Holstein <strong>und</strong> Hamburg. In Kiel profitiert<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Arbeiterbauverein <strong>zu</strong> Kiel-Ellerbek von diesen Gel<strong>der</strong>n.<br />

Die Bedeutung <strong>der</strong> Baugenossenschaften <strong>und</strong> gemeinnützigen<br />

Wohnungsbaugesellschaften steigt <strong>zu</strong> dieser Zeit stetig an. Der eher<br />

konservative Berliner Literaturprofessor Victor Aime Huber hatte <strong>zu</strong>sammen<br />

mit dem preußischen Landbaumeister <strong>und</strong> Wohnreformer C.W. Hofmann <strong>und</strong><br />

G.S. Liedke im November 1847 – also noch vor dem Revolutionsjahr 1848 –<br />

in Berlin die erste gemeinnützige Baugesellschaft („Berliner gemeinnützige<br />

Bau-Gesellschaft“) gegründet. 1857 entstand – aus dem Umkreis <strong>der</strong><br />

Patriotischen Gesellschaft – mit <strong>der</strong> „Gemeinnützigen Baugesellschaft für<br />

Hamburg von 1857“ die erste Baugesellschaft in Hamburg, allerdings wurde<br />

dann auf Initiative des Ree<strong>der</strong>s C.F. Balzer die „Häuserbau-Genossenschaft“<br />

Steinwär<strong>der</strong> gegründet, die weltweit erste Baugenossenschaft überhaupt. Im<br />

November 1875 gründete sich die „Allgemeine Deutsche<br />

Schiffszimmerergenossenschaft“. In Schleswig-Holstein waren <strong>der</strong><br />

„Flensburger Arbeiterbauverein“ im Juni 1878 <strong>und</strong> <strong>der</strong> Arbeiterbauverein für<br />

Gaarden, Kiel <strong>und</strong> Umgebung die ersten Genossenschaftsgründungen.<br />

Initiator war <strong>der</strong> Landesversicherungsrat Peter Christian Hansen, <strong>der</strong> <strong>zu</strong>vor<br />

auf Studienreisen in Dänemark <strong>und</strong> Schweden von <strong>der</strong><br />

Arbeiterwohnungsfrage fasziniert worden war. 1878 war er selbst erst 25<br />

Jahre alt.<br />

Die Tätigkeit des Arbeiterbauvereins rückte mehr <strong>und</strong> mehr in den<br />

Mittelpunkt des öffentlichen Interesses <strong>und</strong> 1904 besuchte sogar <strong>der</strong><br />

englische König Edual VII. <strong>und</strong> <strong>der</strong> Deutsche Kaiser Wilhelm II. die<br />

Ellerbeker Kolonie.<br />

66


Als es 1901 darum ging, Darlehen vom Reichsamt des Inneren <strong>zu</strong> erhalten,<br />

erschient <strong>der</strong> damalige Staatssekretär des Inneren, Graf von Posadowsky,<br />

<strong>zu</strong> einem informativen Besuch. Dieser Besuch muß offensichtlich für den<br />

Bauverein sehr erfolgreich verlaufen sein, denn man benannte später nach<br />

dem Staatssekretär eine Straße in Ellerbek.<br />

Dies würden wir ja auch jetzt gerne wie<strong>der</strong> einmal versuchen, eine Straße<br />

nach einem Minister o<strong>der</strong> Staatssekretär <strong>zu</strong> benennen, wenn dieser etwas<br />

Geld mitbringen würde. Aber sehen Sie sich heute einmal die Haushalte an,<br />

<strong>und</strong> Sie wissen, dass es ein Traum bleiben wird.<br />

Zwei große Ströme <strong>zu</strong>r Bewältigung <strong>der</strong> Wohnungsfrage durch<br />

„Massenwohnungsbau“ (hier im positiven Sinne <strong>zu</strong> verstehen)) entwickeln<br />

sich bis <strong>zu</strong>m ersten Weltkrieg <strong>und</strong> bilden seitdem in <strong>der</strong> Wohnungspolitik die<br />

Gr<strong>und</strong>muster: das Mietwohnen, das eher sozialistisch orientiert war, <strong>und</strong> das<br />

mehr konservative „Kleinsiedeln“. Beide Formen des Wohnungsbaus<br />

existieren bis <strong>zu</strong>m 1. Weltkrieg in Schleswig-Holstein als Teil Preußens<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Struktur gleichberechtigt nebeneinan<strong>der</strong>, in <strong>der</strong> Stadt Hamburg<br />

überwiegt <strong>der</strong> Bau von Mietwohnungen in Geschosshäusern.<br />

1915 sind es im Deutschen Reich schon 1.500 Baugenossenschaften mit<br />

r<strong>und</strong> 125.000 Wohnungen, die weitgehend in Selbsthilfe finanziert wurden,<br />

dabei aber auf die Unterstüt<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong> Sozialversicherungsträger<br />

<strong>zu</strong>rückgreifen konnten. Die Baugenossenschaften <strong>zu</strong> <strong>Beginn</strong> des 20.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts lassen sich in zwei Gr<strong>und</strong>typen unterscheiden. solche, die<br />

Häuser erstellen, die <strong>zu</strong>m allmählichen Erwerb durch ihre Mitglie<strong>der</strong><br />

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estimmt sind <strong>und</strong> solche, die mietweise ab<strong>zu</strong>gebende Wohnungen<br />

errichten, die aber auf Dauer im Besitz <strong>der</strong> Genossenschaft verbleiben.<br />

Die Wohnungsfrage zieht immer weitere Kreise. Vor dem ersten Weltkrieg<br />

sind es neben den gemeinnützigen Unternehmen noch die Kommunen, in<br />

geringerem Maß <strong>der</strong> Staat <strong>und</strong> Industrieunternehmen (Werkswohnungen),<br />

die neben den Privaten Wohnungen schaffen. In <strong>der</strong> Bedeutung hatten die<br />

Baugenossenschaften um die Jahrh<strong>und</strong>ertwende die gemeinnützigen<br />

Kapitalgesellschaften abgelöst, <strong>der</strong>en Rechtsform galt in <strong>der</strong><br />

Wohnreformdebatte als rückständig. Gerade die Baugenossenschaften,<br />

unter ihnen beson<strong>der</strong>s die Beamtenbaugenossenschaften, haben viel da<strong>zu</strong><br />

beigetragen, das Wohnen <strong>zu</strong> reformieren, angenehmer <strong>und</strong> mo<strong>der</strong>ner <strong>zu</strong><br />

machen, indem sie Neuerungen wie Balkone, Gashei<strong>zu</strong>ngen o<strong>der</strong> Bä<strong>der</strong> als<br />

Standard auch in <strong>der</strong> Arbeiterwohnung einführten.<br />

Die genossenschaftlichen Gr<strong>und</strong>sätze haben darüber hinaus die<br />

entscheidenden Impulse für die Gemeinnützigkeit in <strong>der</strong> Wohnungswirtschaft<br />

gegeben. Die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen arbeiteten zwar von<br />

<strong>Beginn</strong> an streng wirtschaftlich, beschränkten jedoch ihre Zinszahlung <strong>und</strong><br />

Rendite auf den damals niedrigsten üblichen hypothekarischen Zinssatz von<br />

4 %. Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass vor dem 1. Weltkrieg<br />

gerade 3 % des jährlichen Wohnungsneubaus von gemeinnützigen<br />

Unternehmen geleistet wurde, die Bewegung befand sich noch ganz am<br />

Anfang.<br />

Im August 1914 kommt es <strong>zu</strong>r deutschen Mobilmachung <strong>und</strong> Kriegserklärung<br />

an Russland. Erste Siege <strong>der</strong> Deutschen in Russland geben ein fatales<br />

Signal <strong>zu</strong>r Ausweitung des Krieges. Durch den <strong>Beginn</strong> des 1. Weltkrieg<br />

werden schlagartig die Entwicklungen im Wohnungsbau gestoppt, da die<br />

gesamten Produktionskapazitäten auf Rüstungsgüter konzentriert werden,<br />

<strong>der</strong> Staat finanziert dabei seine Kriegsmaschinerie über Anleihen. 1915<br />

werden nur 30 % <strong>der</strong> Vorkriegsbauleistung erreicht, 1916 sogar nur noch 10<br />

%. 1917 wurde gar von den Militärbehörden ein allgemeines Bauverbot<br />

verhängt. Insgesamt entstehen so in Deutschland während des 1. Weltkriegs<br />

gerade 180.000 Wohnungen. Trotzdem gibt es während <strong>der</strong> Kriegsjahre<br />

Wohnungsleerstände, da Eheschließungen verschoben werden <strong>und</strong> viele<br />

68


Familien ihre Wohnungen auflösen müssen, nachdem <strong>der</strong> Mann als einer<br />

von 8 Millionen deutschen Soldaten eingezogen worden ist. Es ist jedoch<br />

ab<strong>zu</strong>sehen, daß sich mit Beendigung des 1. Weltkrieges die Situation auf<br />

dem Wohnungsmarkt schlagartig wie<strong>der</strong> wenden wird. Das preußische<br />

Ministerium für öffentliche Arbeiten schätzt den Fehlbestand im Februar 1918<br />

mit 700.Wohnungen sicherlich nicht <strong>zu</strong> hoch ein.<br />

Noch kurz vor Ende <strong>der</strong> Kaiserzeit <strong>und</strong> Kriegsende bemüht sich <strong>der</strong><br />

preußische Staat mit dem Wohnungsgesetz vom 28. März 1918 erstmalig<br />

selbst um die Wohnungsfürsorge, indem er die provinzialen<br />

Wohnungsfürsorgegesellschaften, später Heimstätten bzw.<br />

Landesentwicklungsgesellschaften, begründet. Ein Wohnungsgesetz war<br />

bereits seit 1891(!) in Arbeit gewesen. Alle früheren Entwürfe hatte man<br />

jedoch verworfen o<strong>der</strong> sie wurden wie <strong>zu</strong>letzt 1914 <strong>und</strong> 1916, im Landtag<br />

abgelehnt. Im wesentlichen hatte das Preußische Wohnungsgesetz drei<br />

Absichten: die Gemeinden <strong>zu</strong>r Erschließung von Bauland für den<br />

Wohnungsbau <strong>zu</strong> zwingen, Rahmenvorschriften für die polizeiliche Aufsicht<br />

über Mietwohnungen <strong>zu</strong> schaffen <strong>und</strong> finanzielle Mittel für den<br />

gemeinnützigen Wohnungsbau bereit<strong>zu</strong>stellen (ca. 20 Millionen Mark). Aus<br />

<strong>der</strong> sozialen Frage machte <strong>der</strong> preußische Staat eine sozialräumliche, er<br />

schaffte Ansätze einer gemischten Staatsintervention, die Verantwortung für<br />

die Wohnungsversorgung sozial Schwächerer übernahm er aber auch mit<br />

diesem Gesetz nicht ausdrücklich.<br />

Ab dem 3. November 1918 wird mit dem Matrosenaufstand gegen den<br />

Auslaufbefehl <strong>der</strong> Flotte in Kiel das Ende von Krieg <strong>und</strong> Kaiserzeit<br />

eingeleitet. Am 9. November kommt es „de facto“ <strong>zu</strong>r Thronentsagung Kaiser<br />

Wilhelm II. <strong>und</strong> <strong>zu</strong>r Ausrufung <strong>der</strong> Deutschen Republik mit dem SPD-<br />

Vorsitzenden Friedrich Ebert als Reichskanzler. Es beginn mit politisch<br />

instabilen Jahren die Weimarer Republik, die für die Wohnungspolitik,<br />

Wohnungswirtschaft <strong>und</strong> den Siedlungsbau zweifellos gr<strong>und</strong>legendste<br />

Epoche dieses Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Für unsere Genossenschaft hat das neue Jahrh<strong>und</strong>ert mit neuen Chancen<br />

<strong>und</strong> Herausfor<strong>der</strong>ungen begonnen. Es bedarf neuer Strategien <strong>und</strong><br />

Zukunftsmodelle, die bewährte Gr<strong>und</strong>prinzipien adäquat fortschreiben. Nur<br />

mit Geschichtsbewusstsein lässt sich die Gegenwart verstehen <strong>und</strong> Zukunft<br />

verantwortungsvoll gestalten. Genossenschaften haben nach wie vor eine<br />

<strong>zu</strong>kunftsweisende Tradition <strong>und</strong> können auf dieser Gr<strong>und</strong>lage mo<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />

aktiv sein. Ihre Gr<strong>und</strong>prinzipien „Selbsthilfe – Selbstverwaltung –<br />

Selbstverantwortung“ erfüllen sie von innen heraus immer wie<strong>der</strong> mit<br />

frischem Leben. Das Geheimnis ewiger Jugend ist hier verwirklicht wie<br />

unsere über 100 Jahre alte Genossenschaft eindrucksvoll belegt.<br />

69


Ein Gr<strong>und</strong> für die Gründung von Genossenschaften ist entfallen, die<br />

Notsituation, dennoch müssen sich auch Genossenschaften in einer Zeit<br />

schneller Verän<strong>der</strong>ungen auf diese einstellen <strong>und</strong> Herausfor<strong>der</strong>ungen wie<br />

Chancen annehmen. Insgesamt werden die Genossenschaften, die früher an<br />

70


<strong>der</strong> Spitze des gesellschaftlichen Fortschritts standen, strategische<br />

Antworten auf neue Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>zu</strong> finden haben <strong>und</strong> auch finden<br />

können, denn sie haben einige strategische Vorteile ein<strong>zu</strong>bringen:<br />

1. Genossenschaften weisen eine hohe Identität zwischen Nutzern <strong>und</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong>n auf <strong>und</strong> werden von <strong>der</strong>en Vertrauen getragen. Sie haben<br />

damit eine K<strong>und</strong>enbindung, die an<strong>der</strong>e erst künstlich schaffen müssen.<br />

Vertrauen ist eines <strong>der</strong> wichtigsten Wettbewerbselemente. Es ist <strong>zu</strong><br />

wahren, bringt aber auch Zinsen.<br />

2. Genossenschaften bieten Dauernut<strong>zu</strong>ngsrechte. Eigentumserwerb durch<br />

an<strong>der</strong>e <strong>und</strong> damit mögliche Eigenbedarfskündigungen sind in <strong>der</strong> Regel<br />

ausgeschlossen. Dies ist in unserer Risikogesellschaft ebenfalls ein<br />

Wettbewerbsvorteil.<br />

3. Genossenschaften bieten Informations- <strong>und</strong> Mitwirkungsrechte. Die<br />

Trendforschung hat festgestellt, dass das Interesse daran wie<strong>der</strong> steigt,<br />

als Subjekt <strong>und</strong> nicht als Objekt behandelt <strong>zu</strong> werden. Die<br />

Mitglie<strong>der</strong>demokratie ist wach <strong>und</strong> lebendig <strong>zu</strong> halten. Sie ist <strong>der</strong> Geist<br />

<strong>der</strong> Genossenschaft. Zugleich schafft sie die Rückkopplung zwischen<br />

Angebot <strong>und</strong> Nachfrage, so dass schnell auf neue Wünsche reagiert<br />

werden kann. Das sind Pf<strong>und</strong>e im Wettbewerb.<br />

4. Dem Mitglied wird gemäss dem genossenschaftlichen För<strong>der</strong>auftrag über<br />

den Wohnraumnutzen hinaus <strong>zu</strong>sätzlicher Service r<strong>und</strong> um das Wohnen<br />

in einer Sozialgemeinschaft angeboten. Dies liegt im Trend unserer<br />

Dienstleistungsgesellschaft. Die Bandbreite hierfür kann von<br />

Waschküchen o<strong>der</strong> Reinigungsdienste über Betreutes Wohnen bis <strong>zu</strong> Car<br />

sharing gehen Vielleicht werden die Clubvorteile im Euro-Zeitalter<br />

dahingehend erweitert, dass gemeinschaftliche Ferienwohnanlagen auf<br />

Mallorca wie auch verbilligte Flugtickets bald da<strong>zu</strong>gehören.<br />

5. Die demographische Alterung <strong>und</strong> Vereinzelung unserer Gesellschaft<br />

kann das Leben in einer Genossenschaft in Zukunft noch attraktiver<br />

erscheinen lassen. Senioren o<strong>der</strong> Jugendliche, die das Wohnen in <strong>der</strong><br />

Gemeinschaft suchen, können bedarfsgerecht bedient werden.<br />

6. Für ein Automobilkonzern ist es selbstverständlich, bereits bei <strong>der</strong><br />

Planung eines neuen Fahrzeuges sowohl Herstellungs- als auch<br />

Verbrauchskosten, Lebensdauer <strong>und</strong> Entsorgungskosten sowie<br />

Verkaufspreis <strong>und</strong> Rendite möglichst exakt <strong>zu</strong> berechnen.<br />

Planung, Errichtung <strong>und</strong> Bewirtschaftung eines Gebäudes während des<br />

gesamten Lebenszyklus müssen vom Industriemanager <strong>und</strong> von den<br />

Verantwortlichen in den Wohnungsunternehmen als Einheit betrachtet<br />

werden. Allein die Bewirtschaftungskosten, die die Herstellungskosten<br />

während <strong>der</strong> Gesamtnut<strong>zu</strong>ng übersteigen, bieten ganz erhebliche<br />

Einsparpotentiale.<br />

Diese ganzheitliche Betrachtung <strong>der</strong> Immobilie über den gesamten<br />

Lebenszyklus ist Inhalt des Facility Management (FM), welches auch ein<br />

Schwerpunktthema <strong>der</strong> Wohnungsunternehmen sein wird.<br />

71


7. Multimedia verän<strong>der</strong>t die Wohn- <strong>und</strong> Lebensverhältnisse <strong>der</strong> Menschen.<br />

Die Wohnungswirtschaft ist hiervon vielfältig betroffen. Die<br />

Datenautobahnen enden im Wohn- <strong>und</strong> <strong>Arbeits</strong>zimmer. Sie vermitteln<br />

Unterhaltung, Information <strong>und</strong> Telearbeit. Umfang <strong>und</strong> Qualität des<br />

Multimedia-Angebots <strong>und</strong> ihre preisgünstige Nutzbarkeit durch den<br />

Verbraucher (=Mieter) bestimmen <strong>zu</strong>nehmend Wohnwert <strong>und</strong><br />

Mieter<strong>zu</strong>friedenheit.<br />

Die Wohnungsunternehmen stehen hier vor Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong><br />

Chancen. In <strong>der</strong> Wertschöpfungskette für neue Pay-TV-Programme <strong>und</strong><br />

neue Dienstleistungen, wie z.B. Home-Shopping o<strong>der</strong> Home-Banking,<br />

können sie eine Schleusen- (Gatekeeper“-) Funktion zwischen den<br />

Anbietern von Diensten <strong>und</strong> ihren K<strong>und</strong>en (=Mietern) wahrnehmen. Als<br />

Gebäudeeigentümer haben sie den Vorteil des direkten Kontakts mit<br />

ihren Mietern<br />

8. Je mehr sich Staat <strong>und</strong> Kommunen aus <strong>der</strong> sozialen<br />

Wohnraumversorgung <strong>zu</strong>rückziehen, desto mehr werden<br />

Genossenschaften wie<strong>der</strong> gebraucht. Ihre Stärke wird etwa bei <strong>der</strong><br />

Integration von Zuwan<strong>der</strong>ern genauso benötigt wie bei <strong>der</strong> Stabilisierung<br />

von Wohnquartieren beim Programm „Soziale Stadt“.<br />

Vorteile des Genossenschaftswesens<br />

- Demokratisierung<br />

- lebenslanges wohnen<br />

- Einfluss auf den Standard <strong>der</strong> Wohnungen<br />

- Mo<strong>der</strong>nisierungen – Anpassung an neue Techniken<br />

- Einfluss auf die Kosten für wohnen<br />

- Einfluss auf das Wohnumfeld – Versorgung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

Genossenschaft<br />

- <strong>und</strong><br />

- Heute sozialer Service<br />

- wohnen für alte Menschen – Seniorenheim<br />

- wohnen für junge Menschen – Jugendwohnen<br />

- wohnen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

- wohnen für junge Familien<br />

- wohnen für Single<br />

Diese Aufzählung lässt sich beliebig erweitern <strong>und</strong> immer weiter<br />

differenzieren. Wir leisten des das mit unserem Mittel folgen oft unserem<br />

Instinkt <strong>und</strong> den Erfahrungswerten unserer Mitglie<strong>der</strong> <strong>und</strong> Mitarbeiter – wo ist<br />

die Unterstüt<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong> Wissenschaft.<br />

Die Technik von <strong>Arbeits</strong>welt <strong>und</strong> Wohnwelt hat sich angeglichen. Die<br />

<strong>Arbeits</strong>welt ist in die Wohnwelt eingedrungen teilweise ganz brutal. Wir<br />

arbeiten inzwischen <strong>zu</strong> Hause im Schlafzimmer am Katzentisch. Welche<br />

Antworten gibt es <strong>zu</strong> dem Thema aus <strong>der</strong> Wissenschaft, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

<strong>Arbeits</strong>wissenschaft? Das Wohnumfeld, von uns immer stärker auch<br />

finanziell <strong>und</strong> mit viel Einsatz gepflegt muss weiter entwickelt werden. Auch<br />

hier ist die Wissenschaft gefor<strong>der</strong>t. Wir stehen als Partner <strong>zu</strong>r Verfügung es<br />

gibt vielfältige Kooperationsmöglichkeiten. Wir for<strong>der</strong>n sie auf uns <strong>zu</strong><br />

begleiten. Nur eine Verbindung von Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis wird<br />

kompetente Antworten <strong>und</strong> Handlungsrahmen ergeben. Die Finanzierung<br />

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unserer Ideen werden wir dann gemeinsam erstreiten. Wir sind als<br />

Unternehmen in dem URBAN-Gebiet von Kiel <strong>zu</strong> hause. Wir möchten uns<br />

kompetent an <strong>der</strong> Gestaltung beteiligen. Der Anfang haben wir gemacht <strong>und</strong><br />

die ersten Investitionen. Aber es liegen noch viele Anfor<strong>der</strong>ungen vor uns<br />

<strong>und</strong> beispielsweise das Programm Urban II beginnt erst. Wir for<strong>der</strong>n sie <strong>zu</strong>r<br />

Mitarbeit auf.<br />

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