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Festschrift 50-KEN-30 - Kantonsschule Enge

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<strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

<strong>50</strong> Jahre Schulanlage Freudenberg<br />

<strong>30</strong> Jahre <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum


<strong>50</strong> Jahre Schulanlage Freudenberg<br />

<strong>30</strong> Jahre <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum<br />

<strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


2<br />

Bild Umschlag: Peter Hunkeler<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort<br />

■ Vorwort des Rektors<br />

6<br />

Architektur<br />

■ Ein Sehnsuchtsort<br />

14<br />

Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong><br />

■ Schulleitung<br />

22<br />

■<br />

Grossaufnahme der <strong>KEN</strong>-Schulgemeinschaft<br />

vom 23 Juni 2009<br />

■ Wirtschaft und Recht<br />

23<br />

■ Alte und neue Romanische Sprachen<br />

24<br />

■ Deutsch<br />

25<br />

■ Englisch und Russisch<br />

26<br />

■ Mathematik und Informatik<br />

27<br />

■ Biologie, Chemie und Physik<br />

28<br />

■ Geschichte und Geografie<br />

29<br />

■ Sport<br />

<strong>30</strong><br />

■ Bildnerisches Gestalten und Musik<br />

31<br />

Schulgeschichte(n)<br />

■ Die Villa Freudenberg<br />

34<br />

■<br />

■<br />

■<br />

Die alte <strong>Kantonsschule</strong> Zürich:<br />

eine Mittelschule «ohne Raum» 37<br />

Eine «erlösende Geste»:<br />

Das Schulhaus Freudenberg 40<br />

Oh du lieber Freudenberg –<br />

<strong>50</strong> Jahre in der <strong>Enge</strong> 45<br />

■ Literaturverzeichnis<br />

51<br />

Chronik und Statistik<br />

■ Schulchronik<br />

55<br />

■ Auswahl der Jahresberichte<br />

59<br />

■ Schulstatistik<br />

60<br />

Die <strong>KEN</strong> heute<br />

■ Handels- und Informatikmittelschule<br />

64<br />

■ <strong>Enge</strong> der Zukunft<br />

67<br />

■ Der <strong>KEN</strong>-Code<br />

72<br />

■ Der Projektunterricht<br />

74<br />

■<br />

■<br />

<strong>Enge</strong> global – Akzent «Internationale<br />

Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit» 76<br />

Projekt Schweiz-Slowakei: Partnerschaft<br />

zwischen Zürich und Sered’ seit 1998 78<br />

■ Austausch mit Deutschland: Unsere Schulpartnerschaft<br />

mit der Graf-<strong>Enge</strong>lbert-Schule<br />

in Bochum 80<br />

■ Schüleraustausch <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> –<br />

Bay Area High Schools 82<br />

■ Die Schülerorganisation – eine Spurensuche 84<br />

■ Chor der KS <strong>Enge</strong> – Ein Rückblick von der<br />

Entstehung bis zur Gegenwart 86<br />

■ Bretter, die unsere Welt bedeuten 88<br />

■ Tempora mutantur et nos mutamur in illis –<br />

oder vom Werdegang der Kontaktgruppe 90<br />

■ Der Kinderhütedienst<br />

91<br />

■ Der Verein Ehemaliger der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> 94<br />

■ Der Elternverein der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> 95<br />

3


4<br />

Impressum<br />

<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> Zürich<br />

Steinentischstrasse 10<br />

8002 Zürich<br />

www ken ch<br />

Tel 044 286 76 11<br />

Fax 044 286 76 19<br />

Redaktion<br />

Marco Zanoli<br />

Hans Spuhler (Mitarbeit)<br />

Fotos<br />

Andreas Haag, Ulrich Anderegg, Peter Hunkeler, Thomas Burla, Iren Stehli, Gian Vaitl<br />

Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />

gta Archiv der ETH Zürich, Nachlass Jacques Schader<br />

Gestaltung<br />

Markus Kachel, Armin Frischknecht<br />

Druck<br />

Bader & Niederöst AG, Kloten


Vorwort<br />

Vorwort<br />

5


6<br />

Vorwort des Rektors<br />

Die letzten 15 Jahre<br />

Beat Wüthrich, Rektor 1996–2010<br />

In den letzten <strong>50</strong> Jahren hat sich die <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> in allen Bereichen enorm verändert,<br />

auch wenn der Besucher, von aussen kommend,<br />

die Schulanlage wohl nicht wesentlich<br />

anders wahrnimmt als damals. Und wie sie bei<br />

Planung, Bau und Einweihung unserer beiden<br />

Schulen ausgesehen hat, ist an anderer Stelle<br />

dieser <strong>Festschrift</strong> eingehend beschrieben und<br />

illustriert.<br />

Meine Betrachtungen beschränken sich auf<br />

die letzten 15 Jahre von 1994 bis heute. Diese<br />

Zeitspanne reicht völlig aus, um die Beschleunigung<br />

der Entwicklungen und Änderungen, welche<br />

die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> jung und modern<br />

gehalten haben, in Streiflichtern aufzuzeigen.<br />

Saniert und gründlich modernisiert<br />

Dass unsere Gebäulichkeiten und Schulräume<br />

trotz ihres respektablen Alters fast wie neu aussehen,<br />

ist auf die Totalsanierung zurück zu führen,<br />

die, Planung und Vorarbeiten inbegriffen,<br />

fast ein Jahrzehnt gedauert hat (von 1993 bis<br />

2001).<br />

Mit einem Budget, für das andernorts neue<br />

Schulanlagen errichtet werden, nämlich für<br />

gute 64 Millionen Franken, wurden alle (zahlreichen)<br />

Baumängel, -schäden und -sünden behoben<br />

und alles gründlich durchsaniert.<br />

Dass der neue Glanz heute dem alten Glanz<br />

bei der Einweihung entspricht und die Räumlichkeiten<br />

an etlichen Stellen an die Erfordernisse<br />

eines modernen gymnasialen Schulbetriebes<br />

angepasst werden konnten, ist einem<br />

kompetenten Baugremium zu verdanken, dem<br />

neben dem Architekten, Prof. Jacques Schader,<br />

und seinem Büro sowie den Fachleuten des<br />

Hochbauamtes auch der Rektor und der Prorektor<br />

angehörten, die eigene Ideen, aber auch die<br />

Meinungen und Wünsche des Lehrerkonventes<br />

wie auch des erfahrenen Hausmeisters mit Erfolg<br />

in die Planung einbringen konnten.<br />

Was alles im Hauptgebäude seit der Sanierung<br />

den Betrieb verbessert hat, sei hier auszugsweise<br />

und stichwortartig festgestellt:<br />

Durch die Entfernung einer Zwischenwand<br />

wurden zwei enge Lehrzimmer zu einem gros-<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

sen schönen Raum zusammengefasst, der dem<br />

stark gewachsenen Kollegium (ca. 160 Lehrpersonen<br />

bei Vollbestand) Rechnung trägt.<br />

Parallel dazu wurde das ganze Untergeschoss<br />

umgebaut, womit neue Räume geschaffen<br />

oder bestehende einer neuen Nutzung<br />

zugeführt werden konnten. Besonders hervorzuheben<br />

ist das Lehrerarbeitszimmer, das trotz<br />

eingebauter Compactusanlage zur Unterbringung<br />

der reichhaltigen Lehrerbibliothek den<br />

Lehrerinnen und Lehrern eine willkommene<br />

Ergänzung zum Lehrerzimmer bietet. Allerdings<br />

ist auch dieser Raum heute schon wieder<br />

zu klein. Und es fehlt auch das gemütlich-literarische<br />

Flair, das ein wenig Rückzug von der<br />

Unterrichtshektik ermöglicht. Deshalb wurde<br />

auf Initiative einiger Deutschlehrer eines der<br />

schönst gelegenen Zimmer, das «114», mit Blick<br />

auf das Zentrum der Schaderschen Anlage in<br />

einen Literatur- und Begegnungsraum umgewandelt.<br />

Hier entspannt man sich, umrahmt<br />

von der neusten deutschen Literatur, im geeigneten,<br />

nicht ganz Schader getreuen Mobiliar<br />

weitab vom Tagesgetriebe...<br />

Von der Sanierung entscheidend profitiert<br />

haben auch die Unterrichtsräume der naturwissenschaftlichen<br />

Fächer, die anzahlmässig<br />

erweitert werden konnten. Ein zusätzliches<br />

Physikzimmer lindert die Raumnot wenigstens<br />

zum Teil und zwei grosse neue Geografiezim-


Vorwort<br />

mer gehen auf die Idee des Rektors zurück, die<br />

grosse Hauptzugangstreppe, die von der Steinentischstrasse<br />

her zum Hauptgebäude führt,<br />

auszuhöhlen und für zusätzlichen Schulraum<br />

zu nutzen. Alle Naturwissenschaften profitieren<br />

zudem vom grosszügigen Ausbau der<br />

Sammlungen und der tollen Ausrüstung mit<br />

modernster Infrastruktur wie Multimediaanlage,<br />

Videobeamer und integriertem PC.<br />

«Warten» ist leider die Devise, wenn man<br />

von der sehnsüchtig erhofften Dreifachturnhalle<br />

spricht, die den eklatanten Raummangel<br />

für den Fachbereich Sport dereinst beheben<br />

soll. Ebenso leben die längst fällige Mensaerweiterung<br />

sowie eine definitive und der Anlage<br />

angemessene Mediothek von der Hoffnung auf<br />

kommende Jahre. Seit dem Architekturwettbewerb<br />

im Jahre 2002 sind die Jahre ins Land<br />

gezogen und der aktuelle Zeithorizont für eine<br />

Realisierung lautet nun frühestens 2013. Unser<br />

Spatz in der Hand ist die unlimitierte Bewilligung<br />

des Bibliotheksprovisoriums durch die<br />

Stadtbehörden. Mit seiner Hilfe konnte Mitte<br />

der neunziger Jahre die Grosssanierung organisatorisch<br />

bewältigt werden. Schon mehrmals<br />

hätte es längst abgerissen werden sollen.<br />

Ein gefragtes Schulprogramm<br />

Auch wenn es unsere Stammschule, die Handelsmittelschule,<br />

noch gibt und die gymnasialen<br />

Lehrgänge immer noch neusprachliche<br />

und wirtschaftlich-rechtliche sind, so ist das<br />

heutige Schulprogramm doch ein klar anderes<br />

als vor 15 Jahren.<br />

Die Gymnasialdauer wurde in der Mitte der<br />

neunziger Jahre um ein halbes Jahr trotz vehementem<br />

Abstimmungskampf verkürzt, die<br />

Anzahl der obligatorischen Semesterstunden<br />

aus Spargründen limitiert und 1998 das neue<br />

Eidgenössische Maturitätsanerkennungsreglement<br />

(MAR) eingeführt. Es ist gekennzeichnet<br />

durch Profile mit Schwerpunktfächern (bei<br />

uns neusprachliches Profil und wirtschaftlichrechtliches<br />

Profil), eine obligatorische Maturaarbeit<br />

und die Reduktion der Bedeutung der<br />

Naturwissenschaften, die nun als Gruppenfach<br />

gewertet werden. Neu ist im Kanton Zürich<br />

ausserdem ein Notensystem, in dem schlechte<br />

Noten doppelt durch gute kompensiert werden<br />

müssen. Schlechte Zeiten für Seiltänzer!<br />

Die Handelsmittelschule wurde auch komplett<br />

modernisiert und erhielt ein «Plus». Drei<br />

Jahre Vollzeit-Mittelschule mit abschliessendem<br />

Diplom plus ein Jahr Praxis durch Berufsanstellung<br />

in einer geeigneten Firma. Die<br />

kaufmännische Berufsmaturität öffnet danach<br />

die Türe zum Studium an der passenden Fach-<br />

7


8<br />

hochschule – eine moderne und gute Alternative<br />

zum konventionellen akademischen Hochschulstudium<br />

an einer Universität oder an der<br />

ETH. Seit 2000 gibt es zudem ein der Handelsmittelschule<br />

sehr ähnliches Bildungsangebot,<br />

nämlich die Informatikmittelschule, die auch<br />

die Struktur «3+1» aufweist. Sie führt ebenfalls<br />

zur kaufmännischen Berufsmaturität, daneben<br />

erwerben die Absolventen als Lehrabschluss<br />

noch ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis<br />

als Informatiker für Applikationsentwicklung,<br />

eine wahrlich topmoderne Ausbildung.<br />

Zurück zum Gymnasium, das an der <strong>KEN</strong><br />

ebenfalls laufend den aktuellen Erfordernissen<br />

und gesellschaftlichen Wandlungen angepasst<br />

wird.<br />

Seit einiger Zeit führen wir eine Immersionsklasse<br />

des wirtschaftlich-rechtlichen Profils. Der<br />

Abschluss ist hier ein konsequent zweisprachlicher<br />

in Deutsch und Englisch. Er entspricht einem<br />

klaren Bedürfnis, findet doch der wissenschaftliche<br />

Betrieb an unseren Universitäten in<br />

zunehmenden Masse auf Englisch statt.<br />

Das neuste Angebot geht noch konsequenter<br />

auf den Zeitgeist ein. Wir bezeichnen die<br />

Ausrichtung der beiden Pilotklassen N und WR<br />

als Akzent und meinen damit die Schwerpunkte<br />

«Internationale Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit»,<br />

die dem normalen Lehrplan bis<br />

zum Abschluss modulartig überlagert sind.<br />

Weitere Stichworte, die den modernen Schulbetrieb<br />

prägen, wären:<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

Der Kulturauftrag, dessen Stellenwert in<br />

den letzten 15 Jahren noch gewachsen ist<br />

Austauschprojekte mit Partnerschulen<br />

im Ausland (Sered‘ in der Slowakei,<br />

Bochum und San Francisco)<br />

die Teilautonomie und der damit<br />

verbundene Wettbewerb der Zürcher<br />

<strong>Kantonsschule</strong>n<br />

das Globalbudget der Schule, das uns<br />

die Flexibilität für unsere zahlreichen<br />

Vorhaben schenkt<br />

Von Beamten zu<br />

Mittelschullehrpersonen<br />

Auch das Kollegium hat sich seit den neunziger<br />

Jahren verändert. Nicht nur, weil es verjüngt<br />

scheint und Anzug und Krawatte im täglichen<br />

Unterrichtsbetrieb selten geworden sind, sondern<br />

auch weil der Frauenanteil stark gewachsen<br />

ist und in einzelnen Fachschaften die Kollegen<br />

sogar rar geworden sind. Das hat mit der<br />

Emanzipation zu tun, aber auch mit der steigenden<br />

Anzahl Kolleginnen und Kollegen, die<br />

mit einem Teilpensum an der Schule arbeiten.<br />

Und war früher die Lehrerschaft streng getrennt<br />

in die etablierten in der Schule fest verankerten<br />

beamteten Hauptlehrer (und ein paar<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

vereinzelte Hauptlehrerinnen) einerseits und<br />

in die Schar der im Konvent nicht stimmberechtigten<br />

Lehrbeauftragten andrerseits, so ergibt<br />

sich heute ein ganz anderes Bild: Die Lehrbeauftragten<br />

sind seltener geworden, sind befristet<br />

angestellt, meist in der Ausbildung und unterrichten<br />

kleine Pensen. Je nach Pensengrösse<br />

sind sie heute stimm- und wahlberechtigt. Die<br />

grosse Schar der unbefristet angestellten Pädagogen<br />

wird Mittelschullehrpersonen genannt,<br />

die ganz fest etablierten unter ihnen geniessen<br />

nun den etwas geheimnisvollen Titel «mit besonderen<br />

Aufgaben» (mbA). Alle sind öffentlich-rechtlich<br />

angestellt und damit halbjährlich<br />

kündbar, was aber ihr Engagement für die<br />

Schule keineswegs beeinträchtigt – zum Glück<br />

und im Gegenteil!<br />

Das Engagement der Lehrkräfte zeigt sich<br />

auch in der bereitwilligen Mitarbeit in zahlreichen<br />

Kommissionen, Arbeitsgruppen und Projekten,<br />

die im Rahmen der Schulentwicklung<br />

(auch ein Begriff, der vor 15 Jahren kaum je<br />

verwendet wurde) von Schulleitung und Konvent<br />

ins Leben gerufen werden. Für die Lehrerinnen<br />

und Lehrer ist es mittlerweile selbstverständlich<br />

geworden, sich weiterzubilden, sei es<br />

individuell in Kursen und Urlauben, sei es in<br />

einer der alle zwei Jahre stattfindenden zweitägigen<br />

Weiterbildungstagungen, an denen das<br />

ganze Kollegium jeweils brennende Zukunfts-


Vorwort<br />

9


10<br />

fragen vertieft und unter Beizug von Fachleuten<br />

erörtert und daraus strategisch wichtige<br />

Leitlinien erarbeitet.<br />

Die jungen Erwachsenen werden<br />

ernst genommen<br />

Parallel zum Lehrerkollegium hat sich auch die<br />

Schülerschaft verändert, auch wenn das auf<br />

den ersten Blick nicht leicht ersichtlich ist. Seit<br />

der zweiten Hälfte der neunziger Jahre sind die<br />

jungen Frauen und Männer ab dem vollendeten<br />

18. Altersjahr volljährig, so dass wir es etwa bei<br />

der Hälfte der Schülerschaft mit erwachsenen<br />

Personen zu tun haben.<br />

Schulleitung und Konvent tragen dieser<br />

Entwicklung in mehrfacher Hinsicht Rechnung.<br />

Da werden die erwachsenen Schüler/<br />

innen bei wichtigen persönlichen Schulangelegenheiten<br />

vor ihren Eltern orientiert und man<br />

verlangt von den jungen Menschen mehr Verantwortung<br />

für die Gemeinschaft.<br />

Der Verantwortung für sich selbst trägt<br />

auch ein neues Absenzenkontrollsystem Rechnung,<br />

das den Schüler/innen der oberen Klassen<br />

mehr Freiheiten einräumt und nur dann<br />

mit rigideren Kontrollen einschreitet, wenn<br />

diese Freiheiten nicht verantwortungsbewusst<br />

wahrgenommen werden. Zudem ermöglicht es<br />

dieses neue System den Klassenlehrpersonen,<br />

persönliche Probleme und Schwierigkeiten von<br />

Schüler/innen rascher zu erkennen und entsprechend<br />

zu handeln.<br />

In allen wichtigen Projektgruppen und Kommissionen<br />

werden Vertreter der Schülerschaft<br />

zur Mitarbeit eingeladen – mit klarem Gewinn<br />

für die Lösung vieler aktueller Probleme. Die<br />

Mitarbeit des sehr initiativen und engagierten<br />

Vorstandes der Schülerorganisation ist uns dabei<br />

sehr wertvoll. Er hilft auch mit bei der Auswahl<br />

der Patinnen und Paten, das sind ältere erfahrene<br />

Schüler/innen, die uns bei der Integration unserer<br />

Erstklässler/innen in unseren Schulgrossbetrieb<br />

jedes Jahr sehr positiv behilflich sind.<br />

Leitung durch eine<br />

Konventspräsidentin<br />

Der Konvent hat sich weiterentwickelt. Die<br />

Sachlichkeit in der Diskussion besitzt hohe<br />

Priorität und auch das Recht für alle, ihre Meinung<br />

einzubringen.<br />

Seit kurzem leitet nicht mehr der Rektor dieses<br />

wichtige Organ der Schulführung, sondern<br />

die neue Konventspräsidentin, was der Schulleitung<br />

ermöglicht, ihre Anliegen zwar nach<br />

wie vor mit Engagement aber entlastet von der<br />

Doppelrolle der Sitzungsleitung zu vertreten.<br />

Der Ablauf der Konvente hat sich auch den<br />

Gegebenheiten angepasst. Damit bei der grossen<br />

Anzahl der Lehrpersonen die intensive Diskussion<br />

nicht verschwindet, werden wichtige<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Geschäfte und Fragen zuerst in Gruppen diskutiert.<br />

Die Gruppenresultate werden im Plenum<br />

präsentiert, was die Erarbeitung der Synthese<br />

wesentlich erleichtert.<br />

Nicht zu vergessen die fruchtbare Mitarbeit<br />

der nach MAR stimmberechtigten Schülerdelegation.<br />

Sie gibt uns immer wieder wesentliche<br />

Hinweise über die Befindlichkeit der Schülerschaft<br />

und ihre Meinung zu geplanten Änderungen<br />

und Entwicklungen.<br />

E-Mail-Adresse für alle<br />

Nicht nur bei uns hat die IT-Revolution ihre<br />

Spuren hinterlassen. Schon bei meinem Amtsantritt<br />

gehörte die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> zu den<br />

Pionierschulen auf dem Gebiet der Anwendung<br />

der elektronischen Datenverarbeitung. Das<br />

Computerzeitalter hatte mit eindrücklich ausgebauter<br />

Infrastruktur und den entsprechenden<br />

Lehrplänen schon Eingang ins Schulleben<br />

gefunden. Gleichwohl hätten sich auch die damaligen<br />

Experten kaum alle heute selbstverständlichen<br />

Möglichkeiten träumen lassen:<br />

■<br />

■<br />

■<br />

Die Schule zeigt sich nach aussen mit einer<br />

professionell gestalteten Homepage<br />

der elektronische Stundenplan informiert<br />

online über den Tagesbetrieb<br />

Laptops gehen in (fast) allen Gebäuden<br />

via Wireless-LAN ans Internet und


Vorwort<br />

■<br />

■<br />

■<br />

Intranet, Schüler/innen kommunizieren<br />

darüber mit ihren Lehrpersonen und<br />

gestalten den Unterricht<br />

alle Schulangehörigen sind via Schulserver<br />

über eine eigene E-Mail-Adresse<br />

erreichbar<br />

sowohl Lehrpersonen wie auch Schüler/<br />

innen haben Zugang zu modernsten<br />

vernetzten Computerstationen (Desktops<br />

und Laptops)<br />

Und nicht zu vergessen: Je eine moderne<br />

Mediothek/Bibliothek steht den<br />

Schüler/innen und dem Lehrpersonal<br />

zur Verfügung; da gibt es auch Bücher<br />

zum Anfassen...<br />

Hohe Leistung und gegenseitiges<br />

Vertrauen<br />

Der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> wird attestiert, dass<br />

an ihr ein gewaltarmes angstfreies Schulklima<br />

herrsche, dass der tägliche Umgang weitgehend<br />

geprägt sei durch gegenseitiges Vertrauen<br />

und Respekt aller Schulangehöriger (Lehrpersonen,<br />

Schulleitung, Schüler/innen, Personal<br />

und – natürlich – auch die Eltern). Einige Stichworte<br />

und Begriffe, welche diese Auffassung<br />

bestärken, sind:<br />

■<br />

Gute Information von neuen Lehrpersonen<br />

und neuen Schüler/innen<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

eine äusserst engagierte Kontaktgruppe<br />

zur Beratung und Betreuung von Schulangehörigen<br />

Überbrückung von (wahren und<br />

vermeintlichen Gräben zwischen den<br />

Kulturen)<br />

die ausgezeichnete Streitkultur<br />

ein effizienter Dienstleistungsbetrieb<br />

und ein umfassendes Informationskonzept<br />

der aktive und äusserst kooperative<br />

Elternverein<br />

ein neuer Kodex (<strong>KEN</strong>-Code), der in<br />

sechs Grundsätzen das Zusammenleben<br />

von gegen tausend Menschen im<br />

täglichen Betrieb beschreibt und als<br />

Rahmen wahrgenommen wird.<br />

Trotz allen tief greifenden Veränderungen der<br />

letzten 15 Jahre haben wir damit erreicht, dass<br />

sich die Schüler/innen, aber auch die Lehrpersonen<br />

an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> wohl fühlen<br />

und ihren Beruf, den des Lehrens wie auch den<br />

des Lernens, schätzen. Für alle Schulangehörigen<br />

ist selbstverständlich, dass die Schulziele<br />

nur mit konsequenter Leistung, mit Engagement<br />

und Ausdauer erreicht werden können.<br />

Das Schulklima schafft die besten Voraussetzungen<br />

dazu.<br />

11


12<br />

Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader


Architektur<br />

Architektur<br />

13


14<br />

Architektur<br />

Ein Sehnsuchtsort<br />

Benedikt Loderer, Stadtwanderer<br />

Ich war ein Landei. Im Herbst 1963 kam ich<br />

zum ersten Mal in meinem Leben nach Zürich.<br />

Die Hochbauzeichnerklasse der Gewerbeschule<br />

Bern besichtigte den Freudenberg. Der Bus<br />

hielt an der Brandschenkenstrasse. Der architektonische<br />

Empfang war grossartig. Ein Tor<br />

aus Sichtbeton, dahinter eine breite Freitreppe,<br />

die auf einen weiten Platz führte. Ich war elektrisiert,<br />

ergriffen, mich wehte der grosse Atem<br />

an, doch ein Mitschüler maulte: «Typisch Züri,<br />

halb so breit wäre noch das Doppelte zuviel». Da<br />

sprengte die Sehnsucht die Schale des Bauern-,<br />

Gewerbe- und Bürger-Landeis und ich entgegnete:<br />

«Dafür habe sie endlich etwas Grosses.»<br />

Noch bevor ich Jacques Schaders Schulhaus<br />

Freudenberg richtig wahrgenommen hatte,<br />

spürte ich: ein Sehnsuchtsort.<br />

Heute ist mir klar: Es gibt kein anderes Gebäude<br />

in der Schweiz, das mehr Hoffnung darstellt.<br />

Was ist der Freudenberg? Der Ausgang<br />

der Schweiz aus der selbstgefälligen Isolation.<br />

Der Kanton Zürich tritt wieder in die Welt, das<br />

Réduit bleibt leer zurück, bewohnt nur noch<br />

vom zählebigen Selbstbetrug der geistigen Landesverteidigung.<br />

Endlich weht frischer Wind.<br />

Er kommt über den Milchbuck, wo im Klotenerried<br />

der Flughafen, das Anschlussbauwerk<br />

der Schweiz an die Welt entsteht. In den Alpen<br />

türmen sich die Staumauern bis zu 2<strong>50</strong> Metern<br />

Höhe. Der erste Kühlschrank, die erste Waschmaschine<br />

und der erste Fernsehapparat dringen<br />

in Schweizers Wohnung ein, der Volkswagen<br />

wartet vor der Tür. Da bricht der Bildungsnotstand<br />

aus. Eine Hochzeit, denn ich übersetze<br />

das mit: Die neue Zeit braucht mehr Ingenieure<br />

und weniger Erdarbeiter. Also packen wir’s an.<br />

Der Kanton Zürich baut neue Gymnasien. Die<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Die Handelsschule/<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> und der<br />

gemeinsam mit dem Gymnasium/<strong>Kantonsschule</strong><br />

Freudenberg genutzten Trakt der Naturwissenschaften.<br />

Ansicht von der Steinentischstrasse her, ca. 1961.<br />

Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader


Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />

Architektur<br />

Jacques Schader<br />

J acques<br />

Schader kam am 24. März 1917 in Basel zur Welt<br />

und wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Nach<br />

der Matura besuchte er die Fachklasse für Innenausbau an<br />

der Kunstgewerbeschule in Basel und studierte 1939–43<br />

Architektur an der ETH in Zürich. Er eröffnete 1946 sein<br />

eigenes Architekturbüro, war von 1948 bis 1953 Redaktor<br />

der Zeitschrift «Bauen + Wohnen» gemeinsam mit Richard P.<br />

Lohse. Er gewann 1954 den Wettbewerb für die <strong>Kantonsschule</strong><br />

Freudenberg, die er bis 1961 ausführte, sein Meisterwerk.<br />

Ab 1960 war er ordentlicher Professor für Architektur an<br />

der ETH, doch trat er 1970 zurück, um sich auf seine Arbeit<br />

als Architekt zu konzentrieren. Er baute anschliessend das<br />

Kirchgemeindehaus Aussersihl und den Hauptsitz der IBM<br />

am General Guisan-Quai. Mit der Siedlung der Eisenbahner-<br />

Baugenossenschaft in Spreitenbach setzt Schader mit siebzig<br />

nochmals einen Markstein im Wohnungsbau. Jacques<br />

Schader starb am 19. Januar 2007.<br />

fünfziger Jahre sind die letzte gesunde Periode<br />

in diesem Land, der hoffnungsvolle Aufbruch vor<br />

dem Fettwerden. Neue Ufer, nicht Bestandeswahrung,<br />

erarbeitet, nicht herbeispekuliert. Mehr Zukunftsvertrauen<br />

gab es seither nie.<br />

Diese Hoffnung steckt heute noch in diesem<br />

Schulhaus. Am Anfang steht ein Abbruch. Die Villa<br />

Freudenberg, einer der bedeutendsten klassizistischen<br />

Bauten Zürichs, wurde stillschweigend<br />

und selbstverständlich geopfert. Nicht die Villa,<br />

sondern der Baumbestand sollten geschont werden.<br />

Man war gar nicht zimperlich damals. Die<br />

Zukunft wird besser, die Verluste machen Platz<br />

für das Bessere. Fünfzig Jahre Raubbau an der<br />

Bausubstanz später, sind wir klüger geworden.<br />

Wer heute hier ein Schulhaus bauen wollte, müsste<br />

die Villa grundsätzlich stehen lassen. Für den<br />

riesigen Rest des Bauprogramms gälte der Grundsatz:<br />

Wenn wir ein Problem nicht lösen können, so<br />

können wir es immerhin vergraben.<br />

Der Kanton Zürich schrieb einen offenen Projektwettbewerb<br />

aus. Aus 57 Projekten wählte das<br />

Preisgericht im Januar 1954 einstimmig jenes des<br />

15


16<br />

Architekten Jacques Schader aus. Entscheidend waren<br />

der Umgang mit dem Hügel und die gestalterische<br />

Konsequenz.<br />

Drei Hügel, vom Linthgletscher übrig gelassen,<br />

waren in die städtebauliche Rechnung aufzunehmen.<br />

Auf dem ersten steht Alfred Friedrich Bluntschlis<br />

Kirche <strong>Enge</strong> von 1894, auf dem zweiten die<br />

Hürlimann-Villa von Albert Müller (1900), der dritte<br />

ist der Freudenberg. Ein Hochhaus draufsetzen? «Die<br />

Besichtigung des Bauplatzes hat eindeutig ergeben,<br />

dass ein turmartiger Vertikalakzent […] nicht erwünscht<br />

ist», fand das Preisgericht des Wettbewerbs<br />

heraus. Viel besser war das Projekt Schaders. «Die<br />

[…] Gegebenheiten des Hügelplateaus sind durch<br />

die konsequent horizontal gelagerten Baumassen in<br />

glücklicher Weise aufgenommen. Die hohen Bäume<br />

überschneiden die Silhouetten der Baukörper, sodass<br />

der Charakter des Parks gewahrt bleibt.»<br />

Schader hatte das Gelände genau studiert. Er baute<br />

nicht auf den Hügel, sondern verstärkte ihn architektonisch.<br />

Auf das Plateau setze er nur zwei niedrige<br />

Bauten, den quadratischen zweigeschossigen Block<br />

des Realgymnasiums und den dreigeschossigen Riegel<br />

der Handelsschule. Dazwischen wird der flache Hügelrücken<br />

zur Ebene des Pausenplatzes. Die naturwissenschaftlichen<br />

Räume schiebt er im Süden und die<br />

Turnhallen im Norden an den Hügel heran. Er formt<br />

daraus einen grossen Sockel. Die Zugänge sind seitlich<br />

mit Rampen und Treppen inszeniert. Man kommt<br />

nicht einfach an, man schreitet hinauf. Wer bildungsvolle<br />

Vergleiche schätzt, sagt Akropolis. Es ist die Geburt<br />

des Entwurfs aus dem Geiste des Geländes. Das<br />

anspruchsvolle Bauprogramm ist in einem Ganzen<br />

gefasst. Nur die Aula steht abgesetzt als eigenständiger<br />

Quader am Eingang Brandschenkenstrasse.<br />

Schaders Projekt war so überzeugend, dass kaum<br />

Widerstand aufkam und im März 1956 die allein<br />

stimmberechtigten Männer des Kantons Zürich mit<br />

rund 62 Prozent Ja zustimmten.<br />

Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


Architektur<br />

Einblick in ein Schulzimmer mit Originalmobiliar ca. 1960<br />

Innenansicht der Aula<br />

Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />

Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />

17


18<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


Architektur<br />

Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />

Nun kam die gestalterische Konsequenz zum<br />

Zug. Die <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg ist eines<br />

der wenigen Projekte, das im Laufe der Ausführungsplanung<br />

nicht aufgeweicht und verwässert<br />

wurde. Ganz im Gegenteil: Schader und seine<br />

Leute spitzten zu, verdeutlichten und verbesserten.<br />

Zwei Schulzimmer wurden im Massstab<br />

1:1 als Musterpavillon aufgebaut, um daran alle<br />

Details zu überprüfen. Die zweiseitige Belichtung,<br />

die künstliche Beleuchtung, aber auch die<br />

Wandtafeln, die Schulbänke und Wandkästen<br />

wurden von der Baukommission diskutiert. Von<br />

den beiden vorgeschlagenen Fenstermassen (1,2<br />

oder 1,5 m) entscheidet sich die Kommission auf<br />

Antrag Schaders für das grössere. Heute noch<br />

beeindrucken die Fassaden durch ihre Präzision.<br />

Hier sind höchste Leidenschaft und grösste<br />

Genauigkeit zusammen gekommen. Denn die<br />

Intensität, die notwendig war, um zu dieser Klarheit<br />

zu kommen, spürt selbst der architekturferne<br />

Gymnasiast. Faut le faire. Nichts ist zufällig,<br />

nichts ist unkontrolliert, nichts gehorcht dem<br />

Prinzip des geringsten Widerstands. In einem<br />

Nachruf auf Schader steht, sein «Wunsch nach<br />

einem möglichst hohen Ordnungsgrad» sei in<br />

jedem seiner Bauten zu spüren. Schader war ein<br />

unerbittlicher Systematiker. Die Matrix ist sein<br />

wichtigstes Werkzeug, das Darstellungsgitter des<br />

Gedankengebäudes, das er vor dem gebauten errichtet.<br />

Der Architekt ist kein Demiurg, sondern<br />

ein Organisator.<br />

Bleibt noch das Stichwort Transparenz.<br />

Wenn es Offenheit meint, so geht es um das Zusammenfliessen<br />

von Aussen- und Innenraum.<br />

Aus den Erdgeschossen blickt man durch eine<br />

Glaswand auf den Pausenplatz und von aussen<br />

ist zu verfolgen, was im Innern vorgeht. Offen-<br />

heit meint aber auch Öffnung der Schule. Nicht<br />

mehr der geschlossene Schulpalast, der als Festung<br />

im Quartier steht, sondern ein einladende<br />

Räume, die auch ihrer Umgebung dienen. Darüber<br />

hinaus ist Transparenz ein architektonisches<br />

Stichwort der fünfziger Jahre und meint zuerst<br />

einmal, dass das Durchsichtige demokratisch<br />

sei, das Gegenteil der Mauschelei im Hinterzimmer.<br />

Schliesslich ist Transparenz auch ein architekturtheoretisches<br />

Konzept, das die mehrfache<br />

Lesbarkeit der Raumgrenzen als eines der Merkmale<br />

der Modernen beschreibt. Schaders Freudenberg<br />

ist ein Musterbeispiel dafür. Die Räume<br />

sind keine geschlossenen Schachteln, sondern<br />

ineinander greifende, ineinander übergehende<br />

Raumfolgen. Deren Grenzen je nach Standort<br />

verschieden gezogen werden.<br />

Heute, nach der sorgfältigen, von Schader<br />

noch mitgestalteten Renovation, ist die Kantonschule<br />

Freudenberg 46 Jahre später immer noch<br />

einer meiner Sehnsuchtsorte. Sie verkörpert den<br />

Aufbruch (meinen auch), die Zukunftsgewissheit<br />

(meine nicht mehr). Sie ist ein Glücksfall im<br />

Unterrichtsfach Angewandte Intelligenz und ein<br />

Wunderwerk an Präzision. Zusammenfassend:<br />

Mein Zentralbau.<br />

Literatur<br />

Freudenberg. Der Architekt Jacques Schader und<br />

die <strong>Kantonsschule</strong> in Zürich-<strong>Enge</strong>. Eine Baumonographie<br />

mit einem Verzeichnis ausgewählter<br />

Werke von Marianne Burkhalter, Michael Koch,<br />

Claude Lichtenstein und Tomaso Zanoni. Museum<br />

für Gestaltung und Schweizerischer Werkbund,<br />

Zürich 1992. (Publikation zur Ausstellung<br />

gleichen Titels)<br />

19


20<br />

Foto: Gian Vaitl


Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />

Personen und Fächer<br />

an der <strong>KEN</strong><br />

21


22<br />

Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />

Fotos Andreas Haag<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Schulleitung<br />

von links nach rechts:<br />

Prorektor Thomas Limacher,<br />

Rektor Beat Wüthrich,<br />

Prorektor Christoph Wittmer


Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />

Wirtschaft<br />

und Recht<br />

Hinten:<br />

Daniel Hajdu, Ricardo Grisch,<br />

Thomas Lenzhofer, Thomas Wirth<br />

Mitte: Susanne Kenel Guillain,<br />

Karin Hunkeler,<br />

Nicole Brockhaus-Soldenhoff,<br />

Mirjam Haefelin<br />

Vorne: Andrea Classen,<br />

Monika Radvila Lutz<br />

23


24<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Alte und neue<br />

Romanische<br />

Sprachen<br />

Hinten: Annette Ehrlich,<br />

Olivier Burri, Laurent Trouselle,<br />

Martine Grosjean, Irene Wenger,<br />

Jürg Dreifuss, Peter Deller.<br />

Mitte: Daniela Piroddi Haupt,<br />

María Elena Alonso-Negreira,<br />

Antonia Eggimann-Fravi,<br />

Claudia Späh Müller,<br />

Barbara de Capitani<br />

Vorne: Ruth Caspar,<br />

Valérie Schnitter


Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />

Deutsch<br />

Hinten: Urs Albrecht,<br />

Beatrice Schmid-Aerne,<br />

Jürg Dreifuss, Peter Baumann<br />

Mitte: Urs Bigler,<br />

Seraina Lustgarten-Eggenberger<br />

Vorne: Valeria Soriani,<br />

Susanne Zumbühl,<br />

Jasmin Andermatt<br />

25


26<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Englisch und<br />

Russisch<br />

Hinten: Thomas Weber,<br />

Thomas Schmidt,<br />

Alexander Ionov, Nikolay Golder,<br />

Jürg Merz, Stefan Giess<br />

Vorne: Judit Joób Stucki,<br />

Jasmin Andermatt,<br />

Seraina Lustgarten-Eggenberger,<br />

Claudia Späh Müller,<br />

Anne-Marie Aisslinger-Gubler


Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />

Mathematik<br />

und Informatik<br />

Hinten: Stefan Vollenweider,<br />

Martin Buschbeck, Olivier Burri,<br />

Gregor Lüdi, Marco Zanoli,<br />

Mirko Novakovic<br />

Mitte: Ulrich Anderegg,<br />

Renato Gmür, Stefan Rubin,<br />

Wilfried Bossard, Dominique Fluri<br />

Vorne: Beeke Rusch,<br />

Doris Zaugg Xue<br />

27


28<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Biologie,<br />

Chemie und<br />

Physik<br />

Hinten: Wilfried Bossard,<br />

Martin Buschbeck, Samuel Lang,<br />

Fabian Ottiger, Martin Simon,<br />

Silvio Stucki, Andreas Haag<br />

Mitte: Martin Lüscher,<br />

Pascal Pfister, Urs Battaglia,<br />

Dominique Fluri,<br />

Sonja Rüegg Stammbach<br />

Vorne: René Bucher,<br />

Markus Meyer,<br />

Beatrice Hartmann-Misteli,<br />

Regula Huber


Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />

Geschichte<br />

und Geografie<br />

Hinten: Nikolay Golder,<br />

Stefan Giess, Olivier Burri,<br />

Charles Spillmann, Hans Spuhler<br />

Mitte: Ruedi Merian,<br />

Martin Anderhalden, Klaus Burri,<br />

Nikolai Häne<br />

Vorne: Daisy Hartmann-Brenner,<br />

Christa Miloradovic-Weber,<br />

Marco Zanoli<br />

29


<strong>30</strong><br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Sport<br />

Hinten: Mirko Novakovic,<br />

Patrick Bernasconi,<br />

Stephan Vollenweider,<br />

Thomas Stähli<br />

Vorne: Gisela Jost,<br />

Teresa Laino Müller,<br />

Terje Busenhart


Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />

Bildnerisches<br />

Gestalten<br />

und Musik<br />

Hinten: Ueli Angstmann,<br />

Markus Kachel,<br />

Hans-Ulrich Wopmann,<br />

Martin Jäger, Beat Dähler,<br />

André Cardinò<br />

Mitte: Janos Szenogrady,<br />

Samuel Schütz,<br />

Thomas Rutherfoord,<br />

Marco Castellini<br />

Vorne: Livia Relly,<br />

Agnes von Däniken,<br />

Manuel Grütter,<br />

Hans-Christof Maier<br />

Vorne-Mitte:<br />

Annette-Caroline Schär,<br />

Barbara Schröder Goujon<br />

31


Schulgeschichte(n)<br />

Schulgeschichte(n)<br />

33


34<br />

Schulgeschichte(n)<br />

Die Villa Freudenberg<br />

Marco Zanoli<br />

In den Jahren 1806 und 1807 hielt die Zürcher<br />

Künstlergesellschaft ihre Sommersitzungen<br />

in einem Lusthaus der Familie Landolt ab, das<br />

damals umgeben von Weinreben und Obstbäumen<br />

etwas ausserhalb der Stadt Zürich idyllisch<br />

auf einer Hügelspitze lag. Die Künstler<br />

benannten das Haus kurzerhand nach dem für<br />

sie von Martin Johann Usteri verfassten Liedtext<br />

«Freut euch des Lebens» in «Freudenbergli»<br />

um. 1817/18 erwarb der Zürcher Junker<br />

Die Villa<br />

Freudenberg<br />

nach ihrer<br />

Erbauung<br />

1822–25.<br />

Stich von<br />

Heinrich<br />

Siegfried<br />

nach Schmid<br />

um 18<strong>30</strong><br />

Hauptmann Emil Meiss die Liegenschaft und<br />

liess ein neues Haus errichten, dem er den Namen<br />

«Zur Luftburg» bzw. «Zum Luftberg» gab.<br />

Er verkaufte dieses bereits 1820 an Heinrich<br />

Bodmer zur Arch, der das Gebäude von seinem<br />

Schwager Hans Kaspar Escher 1822–25<br />

im Stil des Klassizismus zum feudalen Landhaus<br />

ausbauen liess. Seinem Gut verlieh er in<br />

Anlehnung an das «Freudenbergli» den Namen<br />

«Freudenberg».<br />

Bodmer und seine Erben, sein Sohn Henri<br />

Bodmer-Pestalozzi, der das Gut 1874 erbte,<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

und sein Enkel Hans Conrad Bodmer-Zölly<br />

erweiterten durch Zukauf die Parzelle und<br />

verwandelten sie in eine Parkanlage. 1887–89<br />

erweiterte der Stadtbaumeister Gustav Gull<br />

im Auftrag von Hans Conrad Bodmer die Villa<br />

und veränderte ihre ursprüngliche Gestalt<br />

deutlich. Im Geschmack der damaligen Zeit<br />

erhielt sie ein Mansardendach mit Zinne und<br />

einen turmartigen Aufbau. Der Rebberg musste<br />

zudem einer kunstgärtnerischen Parkanlage<br />

weichen. Martin Bodmer-Naville liess 1931–33<br />

von Johann Albert Freytag das Gebäude erneut<br />

umbauen, so dass es auf grösserem Grundriss<br />

sein wesentliches klassizistisches Äusseres zurückgewann,<br />

besonders die Säulenloggia und<br />

das Zeltdach.<br />

Der letzte Bewohner der Villa war der<br />

Sammler und Mäzen Martin Bodmer. Während<br />

des Zweiten Weltkriegs weilten zahlreiche<br />

berühmte Journalisten und Schriftsteller<br />

im Freudenberg, so Rudolf Borchardt, Selma<br />

Lagerlöf, Rudolf Alexander Schröder und Paul<br />

Valéry. Valéry soll das Bodmersche Anwesen<br />

dabei einmal ein «irdisches Paradies» genannt<br />

haben. Bodmer begründete im Freudenberg<br />

seine bekannte «Bibliothek der Weltliteratur»,<br />

die Bibliotheca Bodmeriana, die er 1928 wegen<br />

Platzmangels in das an die Parkanlage angrenzende<br />

und von ihm erworbene ehemalige<br />

Schulhaus Bederstrasse auslagerte. 1935 baute


Schulgeschichte(n)<br />

Martin Bodmer<br />

M artin<br />

Bodmer (1899–1971) entstammte einer<br />

wohlhabenden Zürcher Familie. Bereits in<br />

jungen Jahren interessierte er sich stark für Bücher<br />

und Literatur. Er gründete 1921 den Gottfried-<br />

Keller Preis und gab ab 19<strong>30</strong> die Literaturzeitschrift<br />

«Corona» heraus. Neben seiner Tätigkeit für das<br />

Rote Kreuz widmete er sich sein ganzes Leben<br />

seiner Büchersammlung, die er mit dem Ziel das<br />

«Mensch-Ganze» zu erfassen mit dem Einsatz<br />

eines beträchtlichen Vermögens zur «Bibliothek<br />

der Weltliteratur» ausbaute. Bodmer trug 1<strong>50</strong> 000<br />

Werke in achtzig Sprachen aus drei Jahrtausenden<br />

zusammen, darunter etwa das älteste vollständig<br />

erhaltene Manuskript (2. Jh.) des Johannes-<br />

Evangeliums, die Urschrift der Märchen der Brüder<br />

Grimm, das einzige Exemplar der Gutenberg-Bibel in<br />

der Schweiz, die Autographen eines Streichquintetts<br />

von Mozart, die Prosafassung von Lessings «Nathan<br />

der Weise», von Flauberts «Madame Bovary», von<br />

Thomas Manns «Lotte in Weimar» oder wertvolle<br />

Papyri aus der Antike – etwa die einzige fast<br />

vollständig erhaltene Abschrift einer Komödie des<br />

athenischen Dichters Menandros, den Dyskolos<br />

– und zahllose Erstausgaben bedeutender Werke.<br />

Kurz vor seinem Tod brachte Bodmer 1971 seine<br />

Sammlung in die «Fondation Martin Bodmer» ein.<br />

Ein Teil der Sammlung kann heute in dem von<br />

Mario Botta neben dem Bodmerschen Anwesen in<br />

Cologny erbauten Museum besichtigt werden.<br />

Foto Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />

Foto Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />

Die Villa Freudenberg um 1900<br />

nach dem Umbau durch Gustav<br />

Gull 1887–89.<br />

Die Villa Freudenberg mit<br />

Orangerie 1956 nach dem Umbau<br />

durch Johann A. Freytag 1931–33.<br />

Im Vordergrund der «Kleine<br />

Freudenberg», ein 1855 erbautes<br />

Sommerhaus für die Kinder der<br />

Familie Bodmer.<br />

35


36<br />

Johann A. Freytag auch dieses Gebäude für die<br />

Zwecke Bodmers um. Nachdem Bodmer als Vizepräsident<br />

des Roten Kreuzes in ein Anwesen<br />

in Cologny bei Genf umgezogen war, verkaufte<br />

er am 24. Juli 1948 das gesamte Areal von<br />

ca. 49 310 m 2 mit sämtlichen Gebäuden für 5,8<br />

Millionen Franken an den Kanton Zürich.<br />

Bereits kurze Zeit später wurde der Beschluss<br />

gefällt, auf dem umfangreichen Gelände<br />

neue Gebäude für die <strong>Kantonsschule</strong><br />

Zürich zu errichten. Die Villa Freudenberg mit<br />

allen Nebengebäuden (Kleiner Freudenberg,<br />

Parkring 33, Wintergartenhaus oder Orangerie,<br />

Gewächshaus, Villa Belvédère, Parkring<br />

37, Gärtnerwohnhaus, Steinentischstrasse 14)<br />

wurde im Sommer 1956 abgebrochen. Lediglich<br />

das frühere Schulhaus Bederstrasse und<br />

ein kleiner Pavillon am Parkring blieben bestehen.<br />

1951 verbrachte Martin Bodmer seine Bibliothek<br />

schliesslich von Zürich nach Cologny,<br />

wo sie in eigens errichteten Gebäuden seit 1971<br />

von der Martin Bodmer-Stiftung verwaltet und<br />

in einem Museum der Öffentlichkeit zugänglich<br />

gemacht wird. 1<br />

1 Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich 1949,<br />

S. 413f.; Chronik der Stadt Zürich 1964, S. 85f.<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Villa Freudenberg und Parkanlage im Quartier <strong>Enge</strong> 1956.<br />

Die Fotomontage aus der Projektphase verdeutlicht, wie<br />

gut sich der Neubau der <strong>Kantonsschule</strong> in die Parkanlage<br />

einpasst.


Schulgeschichte(n)<br />

Die alte <strong>Kantonsschule</strong> Zürich: eine Mittelschule<br />

«ohne Raum» 1<br />

Marco Zanoli<br />

Wie ein roter Faden zieht sich durch die Geschichte<br />

der <strong>Kantonsschule</strong> Zürich das Problem<br />

der Raumnot und damit verbunden von<br />

Bau- und Finanzfragen. Kaum war 1842 das<br />

prunkvolle Hauptgebäude der <strong>Kantonsschule</strong><br />

an der Rämistrasse 59 bezogen, da erwies es<br />

sich als zu klein und der Kanton musste sich in<br />

umliegenden Gebäuden einmieten. 1909 brachte<br />

der Bau der «Neuen <strong>Kantonsschule</strong>» an der<br />

Rämistrasse 76 eine vorläufige Entlastung. Die<br />

veränderten und gestiegenen Raumbedürfnisse<br />

für den Sportunterricht wurden schliesslich<br />

mit einer grosszügigen Sportanlage zwischen<br />

Rämi-, Gloria und Freiestrasse 1942 befriedigt.<br />

Die geburtenstarken Jahrgänge der Kriegs- und<br />

Nachkriegszeit liessen sich aber im Rahmen der<br />

alten baulichen und organisatorischen Struktur<br />

der <strong>Kantonsschule</strong> Zürich nicht mehr länger unterbringen.<br />

Zwischen 1904–1947 bestand die <strong>Kantonsschule</strong><br />

Zürich aus vier Abteilungen: Dem Gymnasium,<br />

der Oberrealschule, der Handelsschule<br />

und der <strong>Kantonsschule</strong> Winterthur. Das Gymnasium<br />

war bei weitem die grösste Abteilung<br />

mit knapp unter 1000 Schülern, gefolgt von der<br />

Handelsschule mit etwas über <strong>50</strong>0, der <strong>Kantonsschule</strong><br />

Winterthur mit etwas über 400 und<br />

der Oberrealschule mit etwas unter 400 Schü-<br />

Das älteste Gebäude der <strong>Kantonsschule</strong> Zürich aus dem Jahr 1843 an der Rämistrasse 59.<br />

Heute Pädagogische Hochschule. Aufnahme um 1910.<br />

lern. Die Zürcherinnen wurden bis 1976 an<br />

den städtischen Töchterschulen in Zürich und<br />

Winterthur unterrichtet (in Zürich zuletzt in<br />

fünf Abteilungen: I Hohe Promenade, II Hottingen,<br />

III Riesbach, IV Stadelhofen, V Wiedikon;<br />

in Winterthur an der heutigen <strong>Kantonsschule</strong><br />

Rychenberg, damals «Kantonales Gymnasium<br />

und Mädchenschule der Stadt Winterthur»).<br />

Angesichts der steigenden Schüler- und Lehrerzahlen<br />

drängte sich nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg eine Reorganisation auf. Der Regie-<br />

rungsrat beschloss deshalb am 4. Juli 1946,<br />

das Gymnasium als grösste Abteilung in zwei<br />

Schulen aufzuteilen, das Literar- und das Realgymnasium.<br />

Während das Literargymnasium<br />

damit eine für damalige Verhältnisse wieder<br />

überschaubare Grösse erhielt, blieb das Realgymnasium<br />

immer noch eher zu gross, so dass<br />

bereits eine weitere Unterteilung in Aussicht<br />

gestellt wurde. Während das Gymnasium stark<br />

steigende Schülerzahlen aufwies, blieben die<br />

Zahlen der Handelsschule relativ konstant.<br />

Foto Hofer & Co. Zürich<br />

37


38<br />

Die «neue» <strong>Kantonsschule</strong> an der Rämistrasse 76. Heute Rechtswissenschaftliche<br />

Fakultät der Universität Zürich. Aufnahme um 1910.<br />

Weiter blieb die Raumfrage ein drängendes<br />

Problem. 1946 wurde das Haus «Zum<br />

Schanzenberg» für die <strong>Kantonsschule</strong> eingerichtet,<br />

nach 1955 errichtete man Baracken<br />

an der Zürichbergstrasse und wich in<br />

weitere Zürichberg-Villen in der näheren<br />

Umgebung aus. Die Handelsschule blieb aber<br />

mehrheitlich konzentriert in der «Neuen<br />

<strong>Kantonsschule</strong>». In dieser Situation fiel 1953<br />

die Entscheidung, die <strong>Kantonsschule</strong> Zürich<br />

zu dezentralisieren. Neubauten im Quartier<br />

<strong>Enge</strong>, in Oerlikon und am Zürichberg<br />

sollten die <strong>Kantonsschule</strong> räumlich auf eine<br />

neue Basis zu stellen. Weiter sollten auf dem<br />

Land neue Mittelschulen in Wetzikon (eröffnet<br />

1955), Bülach (eröffnet 1972), Urdorf<br />

(eröffnet 1973/77), Meilen, Affoltern a. A.,<br />

Uster und Horgen entstehen. 1959 bezogen<br />

schliesslich zwei Abteilungen der <strong>Kantonsschule</strong>,<br />

die Kantonale Handelsschule sowie<br />

Foto Hofer & Co. Zürich<br />

ein Teil des Realgymnasiums, im Schulhaus<br />

Freudenberg ein neues Quartier.<br />

Diejenigen Abteilungen der <strong>Kantonsschule</strong>,<br />

die im Rämiquartier verblieben, führten auf<br />

Beschluss des Regierungsrates zuerst bis 1976<br />

die Bezeichnung «Zürichberg» im Namen, während<br />

der abgespaltene Teil des Realgymnasiums<br />

und die Kantonale Handelsschule, die in das<br />

neu erbaute Schulhaus Freudenberg umzogen,<br />

neu als 5. Abteilung der <strong>Kantonsschule</strong> Zürich<br />

die Bezeichnung «<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg,<br />

Gymnasium bzw. Handelsschule» führten. Die<br />

Raumnot in den Gymnasien auf dem Zürichberg<br />

blieb noch weitere Jahre bestehen und<br />

konnte erst durch den Bezug des Neubaus des<br />

Schulhauses Rämibühl 1970 bzw. der <strong>Kantonsschule</strong><br />

Oerlikon 1971 behoben werden.<br />

1 Zürcher Woche, 29.4.1955.<br />

2 NZZ, Nr. 18, 23.1.2007.<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Namenssalat – von der<br />

Kantonalen Handelsschule<br />

Freudenberg zur <strong>KEN</strong><br />

D ie<br />

alte <strong>Kantonsschule</strong> Zürich war von ihrer<br />

Gründung bis zu ihrer Auflösung als organisatorische<br />

Einheit des Kantons Zürich 1983 in<br />

Abteilungen organisiert. Geleitet wurde sie vom<br />

Präsident der Rektorenkonferenz. Ursprünglich<br />

wies die <strong>Kantonsschule</strong> zwei Abteilungen auf: Das<br />

Gymnasium und die Industrieschule, wobei letztere<br />

1904 bzw. 1928 in die Abteilungen «Handelsschule»<br />

und «Oberrealschule» unterteilt wurde. Im Zuge<br />

der Dezentralisierung wurden die neuen Standorte<br />

als eigene Abteilungen konstituiert, so 1919<br />

Winterthur, 1955 Wetzikon (<strong>Kantonsschule</strong> Zürcher<br />

Oberland) und schliesslich 1958 Freudenberg-<strong>Enge</strong>.<br />

Der Regierungsrat legte damals fest, dass die<br />

«Kantonale Handelsschule» und das «Kantonale<br />

Gymnasium Freudenberg» zusammen die<br />

«<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg» bilden sollten und<br />

diejenigen Teile des Gymnasiums, welche am alten<br />

Standort an der Rämistrasse zurückblieben, erhielten<br />

die Standortbezeichnung «Zürichberg». 1972<br />

wurde die Bezeichnung für die Handelsschule revidiert,<br />

um die neu angebotene Wirtschaftsmatur<br />

(Typus E) zu integrieren: «Wirtschaftsgymnasium<br />

und Handelsschule Freudenberg» hiess die Lösung.<br />

Da sich Handelsschule und Gymnasium nun dem<br />

Namen nach gefährlich nahe kamen, beschloss der<br />

Regierungsrat 1976 die Vereinheitlichung beider


Schulgeschichte(n)<br />

Bezeichnungen, die nun sämtliche angebotenen<br />

Schultypen beinhalten sollten. Die Schulen der<br />

<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg trugen deshalb per<br />

Schuljahr 1976/77 die Bezeichnungen «<strong>Kantonsschule</strong><br />

Freudenberg, Wirtschaftsgymnasium und<br />

Handelsschule» bzw. «<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg,<br />

Literar- und Realgymasium». Nach dem Start des<br />

Neusprachlichen Gymnasiums (Typus D) 1978<br />

drängte sich eine erneute Umbenennung auf. Da<br />

die Erweiterung der bisherigen Bezeichnungen<br />

zu umständlich erschien und beide Schulen<br />

in der Schulanlage Freudenberg selbst von der<br />

Verwaltung zuweilen verwechselt wurden, entschied<br />

sich der Erziehungsrat 1979, die ehemalige<br />

Handelsschule in «<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>» (<strong>KEN</strong>)<br />

und das ehemalige Gymnasium in «<strong>Kantonsschule</strong><br />

Freudenberg» (KFR) umzubenennen. Letztere führt<br />

seither die Bezeichnung «Freudenberg» exklusiv.<br />

Trotzdem führt die Existenz zweier selbständiger<br />

Schulen in der gleichen Anlage noch weiter<br />

zu Verwechslungen, gibt doch selbst das neue<br />

Historische Lexikon der Schweiz etwa den ehemaligen<br />

Rektor der Handelsschule Ernst Kilgus als<br />

Rektor des «Gymnasiums Freudenberg» aus und<br />

auch Zeitungen verwechseln die <strong>KEN</strong> und die KFR<br />

regelmässig – nicht zuletzt weil für Generationen<br />

von Zürcher Schüler/innen die ganze Schulanlage<br />

schlicht als «der Freudenberg» in Erinnerung geblieben<br />

ist.<br />

> «Der Schulkomplex im <strong>Enge</strong>quartier fand<br />

sogleich internationale Beachtung. Er ist<br />

ein Meisterwerk des Nachkriegsbauens, in seiner<br />

exponierten und doch diskret in die Topographie<br />

eingefügten Lage gleichsam das virtuelle Gegenstück<br />

zu der ein gutes Jahrhundert zuvor entstandenen, an<br />

Schinkels Bauakademie orientierten <strong>Kantonsschule</strong> von<br />

Gustav Albert Wegmann auf dem Rämibollwerk.» 2<br />

39


40<br />

Eine «erlösende Geste»:<br />

Das Schulhaus Freudenberg<br />

Marco Zanoli<br />

Das Projekt für das Schulhaus Freudenberg<br />

entstand in einer Phase des Aufbruchs für die<br />

Schweiz und für Zürich. Die geburtenstarken<br />

Jahrgänge der Nachkriegszeit und die Tatsache,<br />

dass der Kanton Zürich ausser dem Bau<br />

von Turnhallen seit 1909 keine neue Gebäude<br />

mehr für die Mittelschule realisiert hatte, erhöhten<br />

den Druck auf eine rasche Realisierung.<br />

Die anstehende Dezentralisierung der Zürcher<br />

Mittelschule sollte durch die Gründung der<br />

<strong>Kantonsschule</strong> Wetzikon, die Verlegung eines<br />

Teils des Realgymnasiums sowie der ganzen<br />

Kantonalen Handelsschule in das neue Schulhaus<br />

Freudenberg angegangen werden. Wegen<br />

der offensichtlichen Problematik standen alle<br />

politischen Parteien hinter dem Projekt. Bereits<br />

die Zeitgenossen beklagten jedoch, dass<br />

damit «die Idee der Dezentralisation nicht<br />

konsequent» verfolgt worden sei. «Obwohl die<br />

Grösse der Anlage den Bau einer Mittelschule<br />

mit sämtlichen Maturitätstypen gerechtfertigt<br />

hätte, umfassen die heutigen Neubauten le-<br />

Foto Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

diglich ein Gymnasium und eine dem ganzen<br />

Stadtgebiet und Umgebung dienende Handelsschule,<br />

so dass trotz erfolgter Aufgliederung die<br />

Schüler der Oberrealschule (C-Matur) und der<br />

Handelsschule (Matur- und Diplomklassen) je<br />

nach Wohnort doch wieder die verkehrsintensivsten<br />

Stadtgebiete während der Stosszeiten<br />

durchqueren müssen.» 1<br />

Aus heutiger Sicht ist der Neubau des Schulhauses<br />

Freudenberg aus mehreren Gründen<br />

bemerkenswert. Einerseits wegen der Geschwindigkeit,<br />

in der Wettbewerb, Planung und<br />

Realisierung durchgezogen wurden – zwischen<br />

der Ausschreibung des Wettbewerbes 1953 und<br />

der offiziellen Einweihung 1961 liegen nur acht<br />

Jahre – und andererseits wegen der für das damalige<br />

Zürich visionären Entscheidung für das<br />

Projekt Schader. Auch dass der für damalige<br />

Verhältnisse ungewohnt hohe Kredit von 26<br />

Millionen Franken für Landerwerb und Bau im<br />

Zürcher Kantonsrat am 9. Januar 1956 mit 151:0<br />

Stimmen angenommen wurde, wäre in der gegenwärtigen<br />

politischen Situation undenkbar. 2<br />

Ein wesentlicher Grund für das schnelle Vorankommen<br />

des Projektes war das völlige Fehlen<br />

jeglicher denkmalpflegerischer Bedenken<br />

und Einsprachen hinsichtlich der Zerstörung<br />

der Villa Freudenberg. Der damalige Baudirektor<br />

Paul Meierhans, der das Projekt Schader mit<br />

grossem Einsatz förderte, gab die Einschätzung


Foto Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />

Schulgeschichte(n)<br />

Blick von der Villa Freudenberg über den Park in<br />

Richtung Uetliberg 1956.<br />

Ungefähr am Ende des Parks befindet sich heute<br />

die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>.<br />

Situationsplan des projektierten Schulhauses Freudenberg-<strong>Enge</strong> 1955.<br />

Foto Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />

Blick vom Park in Richtung Villa Freudenberg 1956.<br />

Ungefähr am gleichen Standort befindet sich heute<br />

die <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg.<br />

ab, von der ursprünglichen Architektur sei wegen<br />

der vielen Umbauten «im Grunde nur noch<br />

das Treppenhaus und einige dekorative Wand-<br />

und Deckenmalereien erhalten.» 3 Die Rahmenbedingungen<br />

für den Wettbewerb verlangten<br />

deshalb lediglich, dass der Park mit dem Baumbestand<br />

möglichst erhalten werden sollte. Immerhin<br />

präsentierten zehn eingereichte Projekte<br />

eine Lösung, welche die Erhaltung der Villa<br />

möglich gemacht hätten. Das Preisgericht sah<br />

sich jedoch gerade durch diese Projekte darin<br />

bestätigt, «dass mit dem Erhalt der Villa mehr<br />

Probleme – und zwar auf Kosten der architektonischen<br />

Klarheit – geschaffen würden». 4 Auch<br />

in der Öffentlichkeit gab es kaum kritische<br />

Stimmen, was aus heutiger Sicht erstaunt, handelte<br />

es sich bei der Villa Freudenberg doch um<br />

eines der «schönsten klassizistischen Baudenkmäler<br />

von Zürich».<br />

Der einzige Punkt an Schaders Projekt, den<br />

die Zeitgenossen kritisierten, betraf das Verhältnis<br />

zwischen Projektkosten und Ausnutzung<br />

des zur Verfügung stehenden Areals, auch<br />

weil keine Aufstockung oder spätere bauliche<br />

Ergänzung möglich schien. Baudirektor Paul<br />

Meierhans entgegnete, dass der Neubau der<br />

<strong>Kantonsschule</strong> nicht teurer sei «als ein Düsenflugzeug».<br />

Der Rektor der Handelsschule, Walter<br />

Corrodi, hielt ein einem offenen Brief den<br />

Kritikern der mangelnden Erweiterbarkeit entgegen,<br />

dass «just aus pädagogischen und schulorganisatorischen<br />

Gründen, aber auch wegen<br />

des besonderen Charakters der Mittelschule<br />

eine spätere Erweiterung der Anlage Freudenberg<br />

gar nicht in Frage kommen kann oder darf.<br />

Eine Mittelschule muss ein geschlossener, lebendiger<br />

Organismus sein, der sein Eigenleben<br />

41


42<br />

hat. Dadurch erhält die Schule ihre Wesensart und<br />

ihr Gepräge. Auch das Gemeinschaftsgefühl unter<br />

den Schülern muss gefördert und vertieft werden.<br />

Wegen diesen für eine gesunde Mittelschule lebenswichtigen<br />

Gründen darf eine Mittelschule<br />

niemals zu gross werden. Mit etwa 700 (Handelsschule)<br />

und <strong>50</strong>0 (Realgymnasium) Schülern ist<br />

eine optimale Belegung erreicht, die nicht ohne<br />

Not überschritten werden sollte.» 5<br />

Dem Raumprogramm lag denn auch zugrunde,<br />

dass maximal 720 Schüler mit sieben bis neun<br />

Parallelklassen pro Jahrgang, d. h. max. 45 Klassen,<br />

das Schulhaus benutzen würden. Ab 1968 erforderte<br />

die gestiegene Schülerzahl erstmals das<br />

Führen von «Wanderklassen», d. h. Klassen ohne<br />

festes Klassenzimmer. So gelingt es der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> heute über 900 Schülerinnen und<br />

Schüler in 48 Klassen in dem nur geringfügig veränderten<br />

Gebäude unterzubringen. Das Gymnasium<br />

Freudenberg war demgegenüber ab 1968 nicht<br />

mehr in der Lage, alle Klassen in seinem Gebäude<br />

unterzubringen und musste in ein Provisorium<br />

am Parkring ausweichen und schliesslich 1973<br />

eine Filiale in Urdorf eröffnen. Trotzdem bleibt die<br />

Raumfrage ein ständiges Problem und stellt hohe<br />

organisatorische Ansprüche an die Schulleitung.<br />

Die Pavillions, die anlässlich der Gesamtrenovation<br />

errichtet wurden, werden als «Dauerprovisorien»<br />

für die Mediothek beider Schulen und auch<br />

für den Unterricht derjenigen Klassen genutzt, die<br />

in den Schulhäusern keinen Platz finden. Unbefriedigend<br />

bleibt auch die Situation für den Sportunterricht<br />

sowie die Arbeitsplatzsituation für die<br />

Lehrerschaft.<br />

Ein Spezialfall stellt die aus heutiger Sicht<br />

viel zu klein konzeptionierte Mensa für die bei-<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

>«Jacques Schaders Entwurf der Freudenbergschule<br />

war im intellektuellen Vakuum der Nachkriegszeit<br />

eine erlösende Geste […] Schader formuliert diese<br />

Mittelschule zu nicht weniger als einem voruniversitären<br />

Schulbautypus aus, wo z.B. einer Bibliothek oder den<br />

Aufenthaltszonen die Vorstellung selbständiger Bildung<br />

und eigenverantwortlicher Wissensaneignung zugrunde<br />

liegt. Es ist vielleicht das antike Vorbild der Stoa – im Sinne<br />

von kommunikativer Wandelhalle –, das die zentralen<br />

Bewegungsräume wesentlich über die Funktion gedeckter<br />

Pausenhallen hinausgehen lässt.» 6


Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />

43


44<br />

Projekt für das Erdgeschoss der Handelsschule 1955. Projekt für das erste Obergeschoss der Handelsschule 1955.<br />

den <strong>Kantonsschule</strong>n dar. In einem Interview<br />

rechtfertigte sich Schader damit, das lokale<br />

Gewerbe des Quartiers <strong>Enge</strong> habe damals politisch<br />

Einfluss genommen und verlangt, dass<br />

innerhalb der Schulhausanlage nur eine «Kaffeteria»<br />

eingerichtet werden solle, da man sich<br />

in den lokalen Lebensmittelgeschäften und Restaurants<br />

durch die Schülerschaft zusätzlichen<br />

Umsatz erhoffte. Trotz einer kleineren Erweiterung<br />

der Mensa in den 1980er Jahren bleibt<br />

die Verpflegungssituation in der Schulanlage<br />

Freudenberg ungenügend und die Mehrheit<br />

der Schülerschaft verpflegt sich im Quartier, zu<br />

Hause oder trifft sich zum Picknick im Schulareal<br />

bzw. im Sommer am See.<br />

Zeitgenössische Architekturkritiker waren<br />

voll des Lobes für die von Schader geschaffene<br />

Anlage. In mehrseitigen Artikeln besprachen<br />

z.B. die Zeitschriften Bauen+Wohnen, Du sowie<br />

Werk die Bauten. Die Lehrer- und Schülerschaft<br />

äusserte aber auch Kritik, etwa am<br />

ungenügenden Schutz vor intensiver Sonnenbestrahlung,<br />

grosser Hitze im Sommer oder<br />

mangelhafter Belüftung gefangener Räume.<br />

Weiter wurde die neuartige Deckenheizung<br />

als unangenehm empfunden und die Dreiteilung<br />

des obersten Geschosses als unpraktisch<br />

angesehen. Für weitere Bauten des Kantons<br />

wurde der Einbau von Klimaanlagen sowie<br />

die Verbesserung der «Wohnlichkeit» durch<br />

Farbgebung und Ausschmückung empfohlen.<br />

1 Bauen+Wohnen. Internationale Zeitschrift,<br />

14. Jg., September 1960, Heft 9, S. 326.<br />

2 Tages-Anzeiger Nr. 8, 2. Blatt, 10.1.1956.<br />

3 <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg 1962, S. 10.<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

4 Burkhalter 1992, S. 11.<br />

5 Ebd., S. 19.<br />

6 Ebd., S. 7f.


Schulgeschichte(n)<br />

Oh du lieber Freudenberg – <strong>50</strong> Jahre in der <strong>Enge</strong><br />

Hans Spuhler, Prorektor 1987–2004<br />

Wen die Bildungswelle – damals in der «Hochkonjunktur»<br />

der Nachkriegszeit, in den Fünfziger<br />

und Sechziger Jahren – erfasst hat, den hat<br />

sie unweigerlich auf den Freudenberg geworfen,<br />

wenn er männlichen Geschlechts und links<br />

von See und Limmat wohnhaft war. Eine neue<br />

Schule für neue Schüler, nicht mehr am Zürichberg,<br />

sondern in einer Welt der Kleinbürger,<br />

Angestellten, Arbeiter, der Minderheiten und<br />

Ausländer. Als Fünfzehnjähriger war ich einer<br />

dieser neuen, und 1961 trat ich in die «Kantonale<br />

Handelsschule Freudenberg» ein, nicht<br />

ahnend, dass mich dieser Hügel in seinen Bann<br />

schlagen würde.<br />

Die Bildungsoffensive zeigte Wirkung. Sie<br />

brachte nicht nur immer zahlreichere Schüler<br />

aus den als bildungsfern bezeichneten Schichten<br />

hervor, sondern schuf auch eine grosse<br />

Nachfrage nach neuen Lehrern. Noch während<br />

des Studiums fragte mich der damalige<br />

Rektor, Walter P. Schmid, an, ob ich nicht ein<br />

paar Stunden übernehmen könnte, es herrsche<br />

Bedarf. Vom Schüler wurde ich unverhofft zum<br />

Lehrer und bin es auch nach dem Studienabschluss<br />

geblieben. Das Jubiläum der Schule ist<br />

fast deckungsgleich auch mein persönliches Jubiläum.<br />

Wie hat sich der Freudenberg in diesen<br />

<strong>50</strong> Jahren verändert?<br />

Der Raum<br />

Wohl am wenigsten verändert hat sich das Haus.<br />

Die ganze Anlage sieht noch so aus, wie ich sie<br />

im Januar 1961, an einem kalten Regentag, zur<br />

Ablegung der Aufnahmeprüfung zum ersten<br />

Mal betreten habe, streng, grau, kühl, anonym.<br />

Man fühlte sich schon halbwegs abgewiesen.<br />

Der aufsichtführende Lehrer hantierte auf der<br />

Suche nach einem Ausrüstungsgegenstand in<br />

etwas unbeholfener Entdeckerfreude an einem<br />

Wandkasten herum, offenbar erfolglos,<br />

und brachte eine ironisch verpackte leise Kritik<br />

an der Zimmereinrichtung zum Ausdruck.<br />

Nicht nur für uns Prüflinge, sondern auch für<br />

die Lehrer war diese Umgebung offensichtlich<br />

neu und noch gewöhnungsbedürftig. Dass der<br />

Bau bei der Lehrerschaft nur auf mässige Sym-<br />

pathie stiess und weitherum eine schlechte<br />

schulinterne Presse genoss, wurde auch später<br />

immer wieder deutlich. Die Kritik liess sich auf<br />

die Formel bringen: Bei Schader steht die Ästhetik<br />

über der Funktionalität, wir aber wollen<br />

es umgekehrt. Das war zwar ein gründliches<br />

Missverständnis, doch hätte die Denkmalpflege<br />

nicht rettend eingegriffen, wäre das<br />

Haus wohl vielen kurzfristigen Bedürfnissen<br />

angepasst und unter dem Gesichtspunkt der<br />

Zweckmässigkeit gänzlich verunstaltet worden.<br />

Die Benutzer, Lehrer wie Schüler, vermissten<br />

insbesondere «Wärme», und in guter<br />

Schweizer Tradition hätten sie das Haus, sich<br />

selbst überlassen, wohl über kurz oder lang in<br />

ein chaletartiges Mehrzweckgebäude mit viel<br />

Holz, Schnörkel und Extras umgebaut. Andere<br />

Bestrebungen gingen dahin, die ganze Schulanlage<br />

durch einen grossen Erweiterungsbau<br />

im Schoeller-Areal aufzublähen und damit den<br />

Campus-Charakter des Zentralbaus definitiv<br />

aufzugeben, nachdem schon die Kunstfächer<br />

Musik und Bildnerisches Gestalten sowie ein<br />

Teil des Sports in die bestehende Villa mit Nebengebäuden<br />

ausgelagert worden waren. Diesem<br />

Unterfangen erwuchs eine starke interne<br />

Opposition, und der Kantonsrat setzte ihm<br />

schliesslich nach einigen Geplänkeln, nicht<br />

zuletzt auch aus finanziellen Erwägungen, ein<br />

Ende.<br />

45


46<br />

In der Kunst gilt die eiserne Regel: Man<br />

sieht nur, was man weiss. Das Sehen-Können<br />

setzt indessen das Wissen-Wollen voraus. Obschon<br />

sich die Fachwelt schon längst der Bedeutung<br />

des Baus bewusst war, dauerte es Jahre<br />

oder gar Jahrzehnte, bis diese Erkenntnis<br />

auch grössere Teile der Lehrerschaft, darunter<br />

auch mich, erreichte. Die allgemeine Wende<br />

kam mit dem 40-jährigen Jubiläum, das 1999<br />

unter der Bezeichnung «40 – <strong>KEN</strong> – 20» gefeiert<br />

wurde, in einem Zeitpunkt, als die behutsame<br />

Gesamterneuerung der Anlage ihre Hauptphasen<br />

schon durchlaufen hatte. Architekturkritiker<br />

Benedikt Loderer gab dem Kollegium im<br />

Rahmen einer von der Schulleitung angeregten<br />

Weiterbildung genaueren Aufschluss über<br />

die hohe Qualität von dessen Arbeitsort und<br />

Architekt Jacques Schader, 82 Jahre alt, konnte<br />

frohgemut an den Festlichkeiten zu Ehren seines<br />

Hauptwerks teilnehmen und war am Galaabend<br />

in der als Arena eingerichteten Aula<br />

bis weit über Mitternacht hinaus auf der Tanzfläche<br />

anzutreffen.<br />

Dieses Happy End dauert an. Ich betrete<br />

den Freudenberg mittlerweile kaum je ohne<br />

das tief empfundene Gefühl, etwas Erhabenes<br />

zu erleben, die Übertragung der Transparenz<br />

des Raumes auf den Geist der Schule.<br />

Die Lehrenden und die Lernenden<br />

Eine ganze Reihe von tiefgreifenden Veränderungen<br />

überrollten die Benutzer des Freudenbergs.<br />

Sie griffen so tief, dass sie die namentliche<br />

Identität der Institution ins Wanken<br />

brachten. Der Umbau der «Handelsschule Freudenberg»,<br />

einer praxisorientierten höheren Berufsschule<br />

mit kleiner Maturitätsabteilung, zur<br />

Die ersten Lehrerinnen<br />

D ie<br />

erste Hauptlehrerin an der Kantonalen<br />

Handelsschule war «Fräulein» Yvonne<br />

Schlosser (später Lehnherr, Rücktritt 2000),<br />

lic. oec. publ., die auf den 16. April 1971 als<br />

Handelslehrerin gewählt wurde. Sie war zuvor<br />

schon 5½ Jahre als Hilfslehrerin an der Schule<br />

beschäftigt. Für 1972 folgten Anna Katharina<br />

Diederichs (Rücktritt 2006) und Heidi Uster<br />

(†1995) für Französisch und Deutsch bzw.<br />

Französisch und Italienisch. Vereinzelt waren<br />

zuvor schon Frauen oder «Fräulein» während<br />

längerer Zeit als Hilfslehrerinnen und Vikarinnen<br />

beschäftigt worden, so z.B. Ada Bachmann (bis<br />

1968) für Italienisch.<br />

«<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>», einer breit gefächerten<br />

Mittelschule mit hochschulorientiertem Gymnasium<br />

im Mittelpunkt, wurde in verschiedenen<br />

Stufen vollzogen und hinterliess eine stark<br />

verkleinerte Handelsabteilung, die seit Jahren<br />

eine sichere Zukunft sucht. Noch 1961 war man<br />

dagegen im ersten Schuljahr zunächst einfach<br />

«Handelsschüler», die Entscheidung für die<br />

Maturitätsabteilung fiel erst danach und wurde<br />

nur von einer Minderheit, etwa einem Drittel,<br />

getroffen. Die «Handelsmatur» war eine Maturität<br />

zweiter Ordnung, nur kantonal und für<br />

die meisten Fakultäten auch nur mit Zusatzprüfungen<br />

anerkannt. Für mein Phil. I.-Studium<br />

waren z.B. noch ein Lateinnachweis und eine<br />

Biologieprüfung erforderlich. Heute erkämpft<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Yvonne Schlosser<br />

im JB 1971/72


Schulgeschichte(n)<br />

Vom MAV zum MAR<br />

I m<br />

Schuljahr 1988/89 befasste sich der Konvent erstmalig mit der Reform der<br />

Mittelschule, weil der Erziehungsrat eine Vernehmlassung zur künftigen Dauer<br />

der Mittelschule durchführte. Das Kollegium war damals klar der Meinung, dass von<br />

der 4½-jährigen Ausbildungsdauer nicht abgerückt werden dürfe und empfahl für den<br />

Fall der Einführung der Fünftagewoche sogar die Ausweitung auf fünf Jahre. 1992<br />

lehnte der Konvent auch den ersten radikalen Entwurf für die Revision der Maturitäts-<br />

Anerkennungs-Verordnung (MAV) mit der Kernidee einer «Einheitsmatur» ab mit der<br />

Begründung, dass er «in krassem Widerspruch steht zum Ziel einer breitgefächerten<br />

Allgemeinbildung ohne Niveauverlust und dass er den Naturwissenschaften und<br />

dem Fach ‹Wirtschaft und Recht› nicht das ihnen in der heutigen Gesellschaft angemessene<br />

Gewicht zukommen lässt» 1 . Weiter wurde die Einführung einer benoteten<br />

Maturarbeit verworfen. Danach herrschte jahrelange Unsicherheit über die neue Form<br />

der Mittelschulen. Schliesslich fanden die Maturtypen 1994 neben der Einheitsmatur<br />

als «Schwerpunktfächer» doch wieder einen Platz im neuen Gymnasium. Am 16.<br />

Januar 1995 erliess die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) die<br />

neue Regelung der Maturitätsanerkennung. Das sog. Maturitäts-Anerkennungs-<br />

Reglement (MAR) sah eine typenlose Matur vor mit sieben Grundlagenfächern<br />

(Deutsch, Französisch oder Italienisch, Englisch oder eine dritte Landessprache bzw.<br />

eine alte Sprache, Mathematik, Naturwissenschaften, Sozialwissenschaften sowie<br />

Bildnerischem Gestalten bzw. Musik). Aus dieser Reform schuf der Kanton Zürich dann<br />

seinerseits wieder fünf Maturitätsprofile, da die angestrebte Wahlfreiheit bei den<br />

Grundlagenfächern für den Kanton aus organisatorischen und finanziellen Gründen<br />

nicht an allen 21 Kantonschulen verwirklicht werden konnte. Für die <strong>KEN</strong> erarbeitete<br />

ab 1996 die «Projektgruppe MAR-<strong>KEN</strong>» (P. Tobler, M. Aeschbacher, R. Caspar, A. Hess,<br />

M. Jud, S. Rubin, S. Vetter) eine Umsetzung in die Praxis. 1997 fand der Konvent auf<br />

dieser Basis den Konsens für eine neue Stundentafel.<br />

sich jeder Gymnasiast nach vierjährigem Aufenthalt<br />

auf dem Freudenberg den uneingeschränkten Hochschulzugang,<br />

und auch der Handelsschüler wird für<br />

sein Streben mit einem Maturitätszeugnis, der Berufsmaturität<br />

mit allgemeinem Fachhochschulzugang,<br />

belohnt.<br />

Für den schulischen Alltag weitaus wichtiger war<br />

der Totalumbau der Geschlechterstruktur. Der Übergang<br />

zur Koedukation 1976 griff in vielerlei Hinsicht<br />

massiv in die Schulkultur ein. Die Frauen versetzten<br />

uns in den Normalzustand. Die alte Handelsschule<br />

war eine nahezu reine Männergesellschaft mit den<br />

entsprechenden Sitten. Frauen bildeten im Erscheinungsbild<br />

der Schule seltene Ausnahmen. Zuerst traf<br />

man sie nur im Sekretariat an, später vereinzelt als<br />

Hilfslehrerinnen, dann in kleiner Zahl als von der<br />

Töchterschule Hottingen an unsere Schule übergetretene<br />

Schülerinnen der Übergangsklasse. Auf das<br />

Schulklima hatten sie keinen Einfluss. Lange Zeit,<br />

Sinnbild für ihre Bedeutung, stand den wenigen<br />

Frauen eine zunächst vergessene und nachträglich<br />

in einen Putzraum eingefügte winzige Damentoilette<br />

zur Verfügung.<br />

Die Lehrer und Schüler dieser Männerschule<br />

hielten sich, was die äusseren Formen anging, auf<br />

militärische Distanz. Die Lehrer kleideten sich uniformartig<br />

in Anzug mit Krawatte, die modernen allenfalls<br />

in eine «Kombination» von Veston und Hose,<br />

liessen sich mit «Herr Professor» ansprechen, ob sie<br />

diesen Titel nach zwölfjähriger Ausübung ihres Amtes<br />

als Hauptlehrer schon ususgemäss zugesprochen<br />

erhalten hatten oder nicht, und pflegten die Schüler<br />

mit Nachnamen anzusprechen und zu duzen. «Meier,<br />

setz dich.» Wir Schüler unterschieden nicht zwischen<br />

dem auf sechsjährige Amtszeit gewählten «Hauptlehrer»<br />

und dem nur semesterweise angestellten «Hilfslehrer»,<br />

kleideten uns ziemlich unauffällig, zuweilen<br />

47


48<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


Schulgeschichte(n)<br />

>«Mit dem Neubau der <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg<br />

baute Jacques Schader (1917–2007) ein international<br />

beachtetes Monument der Nachkriegsmoderne, fast schon einen<br />

Klassiker. Die Komposition der strahlend weissen Baukörper<br />

strahlt Ruhe, Eleganz und Grosszügigkeit aus.» 2<br />

auch mit Veston, und zur Maturitätsprüfung<br />

erschienen wir feierlich, d.h. mit «Kombination».<br />

Einer meiner Mitschüler war sogar während<br />

der ganzen Schulzeit in diesem Kostüm<br />

aufgetreten. Heute werden Schuluniformen<br />

heiss diskutiert, aber nicht als ungeschriebenes<br />

Gesetz für Lehrer, sondern als bindende<br />

Vorschrift für Schüler/innen. Damit soll dem<br />

Verlust jeglicher Etikette, der vor allem in der<br />

warmen Jahreszeit in die Augen springt, aber<br />

auch dem übersteigerten Modebewusstsein mit<br />

dem Hang zu teuren Labels entgegengewirkt<br />

werden. Während wir Schüler vor bald fünfzig<br />

Jahren also gut, aber meistens billig angezogen<br />

waren, erscheinen die heutigen Schüler/innen<br />

leicht, aber häufig teuer bekleidet zum Unterricht.<br />

Sie werden ausschliesslich mit ihren Vornamen<br />

angesprochen und in der Regel gesiezt.<br />

«Carmen, nehmen sie bitte ihr Buch zur Hand.»<br />

Denn während Meier noch in Reih und Glied<br />

sass, sich beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer<br />

erhob und seine Antworten in der<br />

Regel stehend anbrachte, sitzt Carmen in offener<br />

Sitzordnung da, die ausserdem von Zimmer<br />

zu Zimmer stark variiert, bemerkt den Auftritt<br />

des Lehrers nur beiläufig und muss sehr darauf<br />

achten, ihre vielfältigen Materialien beisam-<br />

men zu halten. Wenn sie sich erhebt, dann nur,<br />

um sich zu einer «Gruppenarbeit» mit anderen<br />

zusammen zu setzen. Diese Arbeitsform war<br />

mir als Schüler und auch am Anfang meiner<br />

Lehrtätigkeit nicht einmal dem Namen nach<br />

bekannt. Sie drückt, pars pro toto, den grundlegenden<br />

Wandel im Unterrichtsstil aus. Der<br />

«Herr Professor» hat die Szene verlassen, die<br />

geschlechtsneutrale «Lehrperson» hat als Moderator/in<br />

seinen Platz eingenommen. Als junger<br />

Hauptlehrer wurde ich Zeuge des letzten<br />

Rückzugsgefechts des Professorenstandes. Bis<br />

tief in die Siebziger Jahre ignorierte einer meinen<br />

Kollegen jeden Schüler, der ihn nicht mit<br />

seinem Titel ansprach. Doch die alten Formen<br />

stürzten unaufhaltsam ein. Die Lehrergarderobe,<br />

das «Outfit», bekam mit der Zeit eine starke<br />

individuelle Note, der Professorentitel wurde<br />

von der Regierung gestrichen, die Distanz zum<br />

Schüler schwand dahin, und es konnte schon<br />

vorkommen, dass man einem jungen Hilfslehrer<br />

den Zutritt zum Lehrerzimmer verweigern<br />

wollte, weil man ihn für einen Schüler hielt.<br />

Die neue Geschlechterordnung mit ihren<br />

vielfältigen Auswirkungen auf das Schulleben<br />

war im weiteren Sinn eine Frucht von 1968.<br />

Rund zwanzig Jahre später begann der Compu-<br />

ter den Schulalltag zu verändern und schliesslich<br />

weitgehend zu bestimmen. Zentrale<br />

Fächer der Handelsmittelschule wie Stenographie<br />

und Maschinenschreiben hatten ausgedient,<br />

auch das Freifach Religion verschwand,<br />

aber die Informatik hielt triumphalen Einzug.<br />

Vorboten dieser Umgestaltung waren die seit<br />

den Siebziger Jahren in verschiedenen Stufen<br />

verbesserten Kopiergeräte. Es war nun für die<br />

Lehrerschaft plötzlich bedeutend einfacher,<br />

eigene Unterrichtsmaterialien herzustellen.<br />

Frühe Versuche der Schulleitung, die sofort<br />

einsetzende Papierflut einzudämmen, scheiterten<br />

kläglich. Computer und Internetzugang<br />

erschlossen eine neue Welt. Seit der Einführung<br />

des Buchdrucks hatte die Informationstechnologie<br />

nie mehr eine derart revolutionäre<br />

Wandlung erfahren. Ähnlich wie an den frühen<br />

mittelalterlichen Universitäten arbeiten im aus<br />

der Not geborenen «Informatikteam» Schüler<br />

und Lehrer faktisch gleichgestellt zusammen,<br />

um das Netz technisch auf Kurs zu halten, und<br />

viele Lehrpersonen sind von der Unterstützung<br />

durch die Schüler abhängig. Die Informatik ist<br />

auch Keim einer neuen Männergesellschaft.<br />

In der an die Handelsmittelschule angebauten<br />

«Informatikmittelschule» blieben die Frauen<br />

49


<strong>50</strong><br />

trotz starkem Gegensteuer nahezu marginalisiert,<br />

wie einst an der ganzen Schule vor Einführung<br />

der Koedukation.<br />

Lehrende und Lernende stehen zueinander<br />

in einem Verhältnis, das in vielen Teilen bedeutend<br />

ausgeglichener erscheint als früher. Für<br />

beide bildet die Schule aber auch nicht mehr<br />

so stark den Lebensmittelpunkt. Lehrpersonen<br />

sind häufig teilzeitbeschäftigt, Schüler/innen<br />

üben vielfach einen Nebenjob aus. Das hängt<br />

mit einem allgemeinen Rhythmuswechsel an<br />

den Schulen zusammen. Der Unterricht begann<br />

vor fünfzig Jahren im Sommerhalbjahr<br />

häufig morgens um 07.10 Uhr. Mein Banknachbar,<br />

wohnhaft in Kappel am Albis, musste zwei<br />

Stunden vorher aufstehen. Es gab lange Mittagszeiten,<br />

man sollte sich nach Möglichkeit<br />

zu Hause verpflegen können. Die Fünftagewoche<br />

war eine angelsächsische Erscheinung,<br />

vor der man noch nicht viel hielt. Schulreisen<br />

hatten vormilitärischen Charakter und wurden<br />

von einer Kommission auf ausreichende<br />

Marschleistung hin überwacht. Der Übergang<br />

zur Sommerzeit, zum Spätsommerschulbeginn,<br />

zur Fünftagewoche und die besonders<br />

einschneidende Verkürzung der Mittelschuldauer<br />

bewirkten jedes Mal eine Erschütterung<br />

des als natürlich empfundenen Rhythmus. Der<br />

Tages- und Jahresablauf wurde starr, Sommer-<br />

und Wintersemester wurden etwas unscharf<br />

und ausserdem in unnatürlicher Abfolge zu<br />

kaum mehr unterscheidbaren «Herbst»- und<br />

«Frühlings»-Semestern. Mehrtägige Schulreisen<br />

entwickelten sich zu lockeren Events, förderten<br />

die körperliche Tüchtigkeit in keiner<br />

Weise mehr, dienten auch einer verbesserten<br />

Landeskunde nicht und wurden folgerichtig<br />

jüngst vom Konvent abgeschafft. Meine letzte<br />

viertägige Schulreise nach traditionellem Muster<br />

als Bergwanderung liegt dreissig Jahre zurück,<br />

am vierten Tag wanderten mein Kollege<br />

und ich, von einem einzigen Schüler begleitet,<br />

allein über den letzten Pass. Die Schüler/innen<br />

hatten nach drei Marschtagen alle Kräfte<br />

verausgabt. Hingegen gelangten «Arbeitswochen»,<br />

ein Begriff, der mir ursprünglich ebenfalls<br />

nicht bekannt war, seit Beginn der Siebziger<br />

Jahre zu grosser Beliebtheit, auch bei<br />

Lehrerpersonen, und zwar so sehr, dass einige<br />

Kollegen, die diese Form dem eigentlichen Unterricht<br />

vorzuziehen schienen, von anderen in<br />

neidvoller Entrüstung als «Arbeitswöchner»<br />

apostrophiert wurden. Da sich aber auch diese<br />

Arbeitswochen von ihrem ursprünglichen<br />

Charakter entfernen, scheinen sie ihren Zenit<br />

ebenfalls überschritten zu haben.<br />

Der unbeweglichere äussere Rahmen wurde<br />

also durch mehr Bewegung im Innern ausgeglichen.<br />

Das gilt insbesondere auch für den<br />

Stundenplan. Kaum eine Woche, in der nicht<br />

grössere Veränderungen gegenüber dem Normalstundenplan<br />

auftreten. Das «Kerngeschäft»<br />

wird nur noch partiell betrieben. Die strenge<br />

Devise «Die Schule findet statt» scheint aus der<br />

Mode gekommen. Die Verdichtung des Stundenplans<br />

und die Verkürzung der Schulzeit<br />

haben zu höher Belastung, mehr «Stress», aber<br />

im Gegenzug auch zu mehr Befreiungs- und<br />

Fluchtreaktionen geführt. Die höhere Verfügbarkeit<br />

über die Freizeit, die den heutigen Schülern<br />

zugefallen ist, hat aber die Verbindung zur<br />

Institution gelockert und das innerschulische<br />

Engagement reduziert. Dem überbordenden<br />

Absentismus versuchten wir mit einem aufwän-<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

digen Absenzenkontrollsystem beizukommen.<br />

Als Schüler habe ich abgesehen von den recht<br />

anspruchsvollen zwei Schulreisen zu zwei und<br />

zu vier Tagen und gelegentlichen fachspezifischen<br />

Exkursionen keine Unterrichtsunterbrüche<br />

erlebt. Fiktionalität und Virtualität gehören<br />

zu den neuen Erscheinungsformen des Computerzeitalters.<br />

Der Geist<br />

Der Freudenberg war architekturgeschichtlich<br />

ein Aufbruch in die Moderne. Die <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> hat diesen Aufbruch schulgeschichtlich<br />

verinnerlicht. Es scheint, als habe sich der Geist<br />

der Architektur dem Geist der Schule vermittelt.<br />

So wenig wie das Gebäude, so wenig hat<br />

die Schule Staub angesetzt. Sie war und ist<br />

dem Fortschritt verpflichtet. Das Kollegium<br />

habe ich in seiner Mehrheit immer als sehr aufgeschlossen<br />

erlebt. Ein Meilenstein in dieser<br />

Entwicklung war die Oberstufenreform der<br />

Siebziger Jahre. Sie war eine Vorwegnahme<br />

von wichtigen Elementen der schweizweiten<br />

Maturitätsrefom ein Vierteljahrhundert später.<br />

Das Bild von der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> als dem<br />

Flaggschiff der Zürcher <strong>Kantonsschule</strong> trifft sicherlich<br />

auf die Architektur zu, darf aber auch<br />

auf die schulpolitische Bedeutung übertragen<br />

werden. Ich stand in meiner Zeit auf dem Freudenberg<br />

im Bewusstsein, zu einer Avantgarde<br />

zu gehören. Meine Schule war schon in ihrer<br />

Tradition eine klassische Aufsteigerschule. Aufsteiger<br />

sind zur Tüchtigkeit verdammt. Sie können<br />

sich nicht auf Lorbeeren ausruhen, sondern<br />

müssen diese zuerst erwerben. Die Konstruktion<br />

des neuen Wirtschaftsgymnasiums auf der<br />

Basis der alten Handelsschule und der Kampf


Schulgeschichte(n)<br />

um dessen eidgenössische Anerkennung haben<br />

schon in der Anfangszeit eine Fitness geschaffen,<br />

die in der Folge erhalten blieb. Der komplexe Umbau<br />

zur <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> hat eine einzigartige<br />

Offenheit und Breite hervorgebracht. Nicht nur<br />

die Schülerschaft ist kulturell äusserst vielschichtig<br />

zusammengesetzt, auch das Schulprogramm<br />

umfasst ein staunenswertes Spektrum. Über das<br />

klassische gymnasiale Programm hinaus mit den<br />

Sprachen, den Geistes- und Sozialwissenschaften,<br />

den Naturwissenschaften und der Mathematik,<br />

den Kunst- und Sportfächern sind die Wirtschaftswissenschaften<br />

und die Informatik dazu getreten.<br />

Die besondere Aufgeschlossenheit zeigt sich auch<br />

in den besonderen Sprachangeboten: Zum schon<br />

traditionellen Russisch sind Japanisch, Chinesisch<br />

und Arabisch getreten. Wenn ich auf die<br />

Schülerschaft blicke, erkenne ich viele der rund<br />

160 Nationen, die in Zürich leben, im Lehrerzimmer<br />

finde ich Kontakt zu Fachgelehrten aus nahezu<br />

allen an Mittelschulen überhaupt möglichen<br />

Fächern. Dieses Ergebnis ist das Produkt eines<br />

ganz besonderen «<strong>Enge</strong>-Geistes». Er bildete sich<br />

in den letzten fünfzig Jahren heraus und manifestierte<br />

sich in der Bereitschaft, programmatisch<br />

und methodisch neue Wege zu suchen. Dieser Prozess<br />

war gelegentlich auch schmerzhaft, führte zu<br />

Spannungen zwischen den progressiven und den<br />

konservativen Kräften. Dass am Ende stets die<br />

ersteren obsiegten, gehört wohl zum Wesen des<br />

Freudenbergs. Es war für mich ein hoher Genuss,<br />

die ganze Zeit dabei gewesen sein und die Fackel<br />

des Fortschritts gelegentlich mitgetragen haben<br />

zu können.<br />

1 Jahresbericht <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> 1992/93, S. 10.<br />

2 SonntagsZeitung Nr. 36, 7.9.2008.<br />

Literaturverzeichnis<br />

Marianne Burkhalter, Michael Koch, Claude Lichtenstein, Tomaso<br />

Zanoni: Freudenberg. Der Architekt Jacques Schader und die <strong>Kantonsschule</strong><br />

in Zürich-<strong>Enge</strong>. Eine Baumonographie mit einem Verzeichnis<br />

ausgewählter Werke. Museum für Gestaltung Zürich,<br />

Schweizerischer Werkbund (Hg.). Zürich 1992.<br />

Chronik der Stadt und des Bezirkes Zürich. Geschichtlicher Teil von Paul<br />

Nussberger & Eugen Schneiter. (Bezirkschroniken des Kantons Zürich,<br />

Bd. 7). Zürich 1964.<br />

«Das Aulagebäude der <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg in Zürich». In:<br />

Werk. Schweizer Monatszeitschrift für Architektur, Kunst, Künstlerisches<br />

Gewerbe. Januar 1962, 49. Jg., Heft 1, S. 5–10<br />

Hans Hoffmann und Paul Klaeui (Vorarbeiten von Konrad Escher):<br />

Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich. Band V. Die Stadt Zürich:<br />

Zweiter Teil. Birkhäuser: Basel 1949.<br />

Fritz Hunziker / Walter Corrodi: «Die Kantonale Handelsschule Zürich.<br />

Geschichtlicher Rückblick». In: André Winkler / Walter P.<br />

Schmid: Kantonale Handelsschule Zürich 1904–1954. Bildung –<br />

Schulung. Beiträge zum Problem der allgemeinen Bildung an einer<br />

Handelsmittelschule. Zürich 1954, S. 73–85.<br />

<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg in Zürich. Cicero: Zürich 1962.<br />

Walter Kronbichler: Die zürcherischen <strong>Kantonsschule</strong>n 1833–1983.<br />

<strong>Festschrift</strong> zu 1<strong>50</strong>-Jahr-Feier der staatlichen Mittelschulen des Kantons<br />

Zürich. Zürich 1983.<br />

Irma Noseda: «<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg». In: Irma Noseda / arge<br />

baukunst, Zürich: Bauen an Zürich. Bauamt II der Stadt Zürich<br />

(Hg.). Zürich 1992, S. 121–23.<br />

Zürcher Denkmalpflege, 5. Bericht 1966 / 1967, S. 194.<br />

100 Jahre «Handeli». Jahresbericht 2003 / 2004. <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>.<br />

Zürich 2004.<br />

51


52<br />

Die Schulleitung 1955. Rektor Walter Corrodi (rechts), Prorektor Franz Wetterwald.


Statistik und Chronik<br />

Chronik und Statistik<br />

53


54<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


Statistik und Chronik<br />

Chronik und Statistik<br />

Schulchronik<br />

Marco Zanoli<br />

Rektoren<br />

Dr. Walter Corrodi 1947–1962<br />

Dr. Ernst Kilgus 1962–1968<br />

Dr. Walter P. Schmid 1968–1982<br />

Dr. Walter Büsch 1982–1996<br />

Beat Wüthrich 1996–2010<br />

Dr. Christoph Wittmer ab 2010<br />

Prorektoren<br />

Dr. Henri Wild 1958–1961<br />

Dr. Walter P. Schmid 1961–1968<br />

Dr. Hansruedi Gassmann 1968–1987<br />

Wilfried Bauert 1970–1989<br />

Paul Wyss 1989–1998<br />

Dr. Hans Spuhler 1987–2004<br />

Thomas Limacher 1998–2010<br />

Dr. Christoph Wittmer 2004–2010<br />

55


56<br />

Schulchronik<br />

10.6.1953<br />

Ausschreibung des Architekturwettbewerbs<br />

für ein neues<br />

Schulhaus Freudenberg. 1954<br />

fällt der Entscheid für das<br />

Projekt von Jacques Schader.<br />

4.3.1956<br />

Volksabstimmung über<br />

den Bau des Schulhauses<br />

Freudenberg. Ein Baukredit<br />

von 26 Mio. Franken wird<br />

mit 85 048 Ja gegen 53 824<br />

Nein vom Zürcher Stimmvolk<br />

angenommen.<br />

29.6.1956<br />

Spatenstich. Der Bezug der<br />

Schulanlage wird für das Frühjahr<br />

1959 in Aussicht gestellt.<br />

15.4.1958<br />

Aufrichtefest. Beginn des<br />

Aufbaus der Sammlungen und<br />

Bibliotheken.<br />

1958<br />

Der Zürcher Regierungsrat<br />

legt für die neue Abteilung<br />

der <strong>Kantonsschule</strong> Zürich die<br />

Bezeichnung «Gymnasium<br />

Freudenberg» für die heutige<br />

<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg<br />

und «Kantonale Handelsschule<br />

Zürich, Freudenberg» für die<br />

heutige <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />

fest. Beide Schulen bilden<br />

zusammen als «<strong>Kantonsschule</strong><br />

Freudenberg» administrativ<br />

die 5. Abteilung der <strong>Kantonsschule</strong><br />

Zürich.<br />

19.10.1959<br />

Bezug der Handelsschule in<br />

der Schulanlage Freudenberg.<br />

Das «erste Telefon klingelte<br />

am 8. Oktober 1959».<br />

1961<br />

Inbetriebnahme der Aula.<br />

Erster Jahresbericht im neuen<br />

Layout.<br />

26.5.1961<br />

Offizielle Einweihung der<br />

<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg.<br />

1962<br />

Rücktritt von Rektor Walter<br />

Corrodi; Amtsantritt von<br />

Rektor Ernst Kilgus<br />

11.6.1963<br />

Revision des Lehrplanes<br />

und Reorganisation der<br />

Handelsschule. Ab Schuljahr<br />

1964 / 65 trennt die Kantonale<br />

Handelsschule erstmals die<br />

eintretenden Schüler schon<br />

in der ersten Klasse in eine<br />

Diplom- und eine Maturitätsabteilung.<br />

1964<br />

Die Wirtschafts- bzw. Handelsmaturität<br />

berechtigt neu<br />

zur prüfungsfreien Immatrikulation<br />

an der Rechts- und<br />

Staatswissenschaftlichen, an<br />

der Theologischen und an den<br />

beiden Philosophischen Fakultäten<br />

der Universität Zürich.<br />

2.3.1964<br />

Gründung der Kaderschule<br />

Zürich durch die Mitglieder<br />

der Aufsichtskommission und<br />

das vereinigte Kollegium der<br />

Hauptlehrer. Sie nimmt ihren<br />

Betrieb am 28.4.1965 auf.<br />

13.6.1967<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Der Konvent beschliesst ein<br />

neues Diplom- und Maturitätsreglement,<br />

das am 15.12.1967<br />

bzw. am 23.1.1968 vom Erziehungsrat<br />

bewilligt wird.<br />

11.6.1968<br />

Der Konvent beschliesst auf<br />

das Schuljahr 1969 / 70 einen<br />

neuen Lehrplan.<br />

1969<br />

Rücktritt von Rektor Ernst<br />

Kilgus; Amtsantritt von<br />

Rektor Walter P. Schmid.<br />

16.4.1971<br />

Yvonne Schlosser tritt ihr Amt<br />

als erste Hauptlehrerin an der<br />

Kantonalen Handelsschule an.<br />

1971<br />

Mit der Inbetriebnahme eines<br />

Terminals kann von der Handelsschule<br />

aus der IBM 370 / 155<br />

Computer der Universität Zürich<br />

benutzt werden. Weitere<br />

technische Neuerungen sind<br />

zwei «Tischcomputer» und ein<br />

Xerox 3600 Kopiergerät.<br />

1972<br />

Eidgenössische Anerkennung<br />

des Wirtschaftsgymnasiums<br />

als Maturitätstyp E und des<br />

Neusprachlichen Gymnasiums<br />

als Maturitätstyp D.<br />

1974<br />

Eidgenössische Anerkennung<br />

des Zürcher Wirtschaftsgymnasiums.<br />

Endgültige Trennung<br />

der Handelsschule und des<br />

Wirtschaftsgymnasiums. Für<br />

Handelsschüler besteht weiter<br />

die Möglichkeit bei ausreichendem<br />

Durchschnitt durch<br />

die Absolvierung einer eineinhalbjährigen<br />

Übergangsklasse<br />

mit der Wirtschaftsmaturität<br />

abzuschliessen.<br />

6.1.1976<br />

Der Kantonsrat legt auf das<br />

Schuljahr 1976 / 77 neue Bezeichnungen<br />

für die <strong>Kantonsschule</strong>n<br />

fest. Für die heutige<br />

<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> wird<br />

«<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg,<br />

Wirtschaftsgymnasium und<br />

Handelsschule» als Bezeichnung<br />

gewählt.


Statistik und Chronik<br />

Schulchronik<br />

1976<br />

Einführung der Koedukation<br />

per Schuljahr 1976/77 parallel<br />

zur Übernahme der Töchternschulen<br />

der Stadt Zürich durch<br />

den Kanton (Volksabstimmung<br />

vom 2.3.1975).<br />

1976<br />

Ein neuer Lehrplan für die<br />

Handelsschule wird in Kraft<br />

gesetzt.<br />

1978<br />

Start der ersten Klassen des<br />

Neusprachlichen Gymnasiums<br />

(Typus D).<br />

1979<br />

Der Erziehungsrat legt für die<br />

<strong>Kantonsschule</strong>n Freudenberg<br />

neue Bezeichnungen fest:<br />

Die Typen D, E und Handelsschule<br />

heissen neu «<strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong>».<br />

1979<br />

Nach der Oberstufenreform<br />

können zum ersten Mal<br />

Schüler/innen des 8. und 9.<br />

Semesters Ergänzungs- und<br />

Wahlkurse belegen.<br />

14.12.1981<br />

Einweihung der neuen Turnhalle<br />

in der alten Reithalle im<br />

Schoellergut.<br />

1981<br />

Mit 1036 Schülerinnen und<br />

Schülern in 51 Klassen erreicht<br />

die Belegung des Schulhauses<br />

einen Rekordstand.<br />

1982<br />

Erweiterung des Gebäudes<br />

der heutigen <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> um vier Klassenzimmer<br />

und zwei EDV-Räumen im<br />

Kellergeschoss. Errichtung<br />

eines provisorischen Pavillons<br />

vor dem naturwissenschaftlichen<br />

Trakt zur Lösung der<br />

Raumprobleme.<br />

1982<br />

Rücktritt von Rektor Walter<br />

P. Schmid; Amtsantritt von<br />

Rektor Walter Büsch.<br />

1983<br />

Auflösung der <strong>Kantonsschule</strong><br />

Zürich als organisatorische<br />

Einheit des Kantons.<br />

1983<br />

Inbetriebnahme der neuen<br />

Mensa mit 200 Plätzen in<br />

zwei Räumen, getrennt nach<br />

Raucher und Nichtraucher.<br />

1987<br />

Die Schulanlage Freudenberg-<br />

<strong>Enge</strong> wird vom Kanton Zürich<br />

unter Schutz gestellt.<br />

1988<br />

Der Kanton Zürich vollzieht<br />

den Übergang zum Spätsommerschulbeginn.<br />

Das Schuljahr<br />

1988/89 dauert als «Langschuljahr»<br />

16 Monate.<br />

1990<br />

Der alte Hauptlehrerkonvent<br />

erteilt den Lehrbeauftragten<br />

neu das Mitspracherecht in<br />

allen Belangen ausser bei der<br />

Wahl der Schulleitung.<br />

1991<br />

Der Kantonsrat beschliesst die<br />

Gesamtsanierung der Schulanlage<br />

Freudenberg für 65 Mio.<br />

Franken.<br />

1992<br />

Massive Sparmassnahmen<br />

des Kantons treffen Lehrer-<br />

und Schülerschaft. Zusammenlegung<br />

von Schulklassen,<br />

Abbau besonderer Unterrichtsformen,<br />

Aussetzung des<br />

Teuerungsausgleichs und der<br />

automatischen Lohnstufenanstiege<br />

werden auf Jahre<br />

hinaus zum Normalfall.<br />

1993<br />

An der Bederstrasse werden<br />

Pavillonbauten mit 20 Schulzimmern<br />

errichtet, um den<br />

Schulbetrieb während der anstehenden<br />

Gesamtsanierung<br />

des Schulhauses unter der<br />

Leitung von Jacques Schader<br />

aufrecht zu erhalten.<br />

1993<br />

Der Konvent lehnt einen<br />

Erweiterungsbau für die KFR<br />

und die <strong>KEN</strong> im Schoellergut,<br />

die sog. «Schoeller-Banane»,<br />

ab. Das Projekt für 15 Mio. Fr.<br />

scheitert 1996 im Kantonsrat<br />

endgültig.<br />

1994<br />

Start der Gesamtsanierung.<br />

1995<br />

Einführung des neuen<br />

Maturitäts-Anerkennungs-<br />

Reglements (MAR): Einführung<br />

der Berufsmaturität,<br />

Abschaffung der alten Maturitätstypen<br />

A bis E, Übergang<br />

zum sechs- bzw. vierjährigen<br />

Gymnasium.<br />

1995<br />

Der erste Jahrgang der<br />

Handelsmittelschule beginnt<br />

im Herbst 1995 nach dem<br />

neuen Modus: Drei Jahre<br />

Schule, ein Jahr Praxis, Abschluss<br />

mit Berufsmaturität<br />

(HMS+), die den Zugang zur<br />

Fachhochschule ermöglicht.<br />

Die Übergangsklasse<br />

zwischen Handelsdiplom und<br />

Wirtschaftsmaturität wird<br />

aufgehoben.<br />

1996<br />

Rücktritt von Rektor Walter<br />

Büsch, Amtsantritt von<br />

Rektor Beat Wüthrich<br />

57


58<br />

Schulchronik<br />

1996<br />

Der Regierungsrat weist<br />

der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> im<br />

Rahmen der Einführung des<br />

MAR die Maturitätsprofile<br />

«Wirtschaft und Recht» sowie<br />

«Neusprachlich» zu. Eine<br />

siebenköpfige Projektgruppe<br />

erarbeitet anhand der Vorgaben<br />

neue Stundentafeln und<br />

Lehrpläne. Zum ersten Mal<br />

erhält die <strong>KEN</strong> ein Leitbild.<br />

1996<br />

Übergabe des neuen Schulprogramms<br />

gemäss MAR<br />

an die Erziehungsdirektion<br />

(bewilligt 1997).<br />

1997<br />

Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> führt<br />

als Pilotschule ihre Buchhaltung<br />

neu mit einem Globalbudget<br />

und erhält damit die<br />

Teilautonomie.<br />

1998<br />

Die Sanierung des Schulgebäudes<br />

der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> wird abgeschlossen. Im<br />

Sommer verlassen die Schulklassen<br />

die Pavillons.<br />

1998<br />

Erste Aufnahmeprüfungen<br />

nach MAR für das Neusprachliche<br />

und das Wirtschaftlichrechtliche<br />

Profil mit vierjähriger<br />

Dauer.<br />

1998<br />

Der Kanton Zürich setzt für<br />

die Mittelschullehrkräfte<br />

ein Lehrerqualifikations- und<br />

Beurteilungssystem in Kraft.<br />

1999<br />

Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> feiert<br />

ihr 40-jähriges Jubiläum im<br />

Schulhaus Freudenberg und<br />

20 Jahre Führen ihrer jetzigen<br />

Bezeichnung unter dem Motto<br />

«40 – <strong>KEN</strong> – 20».<br />

13.6.1999<br />

Das neue Mittelschulgesetz<br />

wird vom Volk angenommen.<br />

Damit endet die 100-jährige<br />

Tradition der Verbeamtung der<br />

Hauptlehrerkräfte. Neu wird<br />

nur noch zwischen Lehrkräften<br />

mit und ohne «besonderen<br />

Aufgaben» (mbA und obA)<br />

unterschieden.<br />

3.5.2000<br />

Das Bundesamt für Bildung<br />

und Technologie anerkennt<br />

die kaufmännische Berufsmaturität<br />

der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong>.<br />

2000<br />

Die Aufsichtskommission<br />

wird im Frühlingssemester<br />

zur «Schulkommission» Der<br />

Bildungsrat des Kantons<br />

Zürich ersetzt den bisherigen<br />

Erziehungsrat.<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

2000<br />

Im Herbst 2000 startet die<br />

erste Klasse der Informatikmittelschule<br />

(IMS). Der neue<br />

Ausbildungsgang führt in drei<br />

Jahren Vollzeitschule und<br />

einem nachfolgenden Jahr<br />

Praxis in einem informatikorientierten<br />

Unternehmen zu<br />

einer kaufmännischen Berufsmaturität<br />

mit dem eidgenössischen<br />

Fähigkeitsausweis für<br />

Informatik.<br />

2002<br />

Start des ersten zweisprachigen<br />

Ausbildungsganges<br />

(Deutsch/Englisch) im Profil<br />

Wirtschaft und Recht.<br />

2003<br />

Abschluss der Sanierungsarbeiten<br />

im Areal Freudenberg-<br />

<strong>Enge</strong>.<br />

2004<br />

Die Handelsschule feiert ihr<br />

100-jähriges Bestehen.<br />

2009<br />

Wahl von Christoph Wittmer<br />

als neuer Rektor ab 2010.


Statistik und Chronik<br />

Auswahl der Jahresberichte<br />

59


60<br />

Schulstatistik<br />

Marco Zanoli<br />

Bei der Betrachtung der statistischen Entwicklung<br />

der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> fällt als erstes der<br />

starke Anstieg der Schülerzahlen ins Auge. Die<br />

folgenden Bemerkungen sollen das Verständnis<br />

für die Entwicklungen erleichtern und sie<br />

in den Kontext der schulpolitischen und gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen stellen.<br />

In einer ersten Phase des Wachstums<br />

zwischen dem Bezug der neuen Gebäude im<br />

Schulhaus Freudenberg-<strong>Enge</strong> 1959 und der<br />

Einführung der Koedukation 1976 überschritt<br />

die Schülerzahl bereits die im Projekt als Maximum<br />

festgelegte Richtgrösse von 720 Schülern.<br />

Es fällt auf, dass seit der Trennung von Handelsschule<br />

und Wirtschaftsmaturitätsschule<br />

(Typus E) 1963/64 die Schülerzahlen ein erstes<br />

Mal stark stiegen, um sich nach 1970 auf einem<br />

Niveau knapp unter 800 Schülern zu stabilisieren.<br />

Dieses Wachstum lag an den geburtenstarken<br />

Jahrgängen der Kriegs- und Nachkriegsjahre,<br />

entsprach aber auch einer steigenden<br />

Nachfrage nach akademisch geschultem Personal<br />

in der Industrie und Wirtschaft.<br />

Ein neuerlicher Wachstumsschub zeichnete<br />

sich nach dem Einzug der Schülerinnen 1976<br />

bzw. mit der Einführung des neusprachlichen<br />

Gymnasiums (Typus D) 1978 ab. Dieser Wachstumsschub<br />

hatte vor allem organisatorische<br />

Gründe, wenn auch die schlechtere wirtschaftliche<br />

Lage Ende der 1970er Jahre ebenfalls<br />

eine gewisse Rolle gespielt haben dürfte. Die<br />

Belegung des Schulhauses erreichte schliesslich<br />

anfangs der 1980er Jahre mit um die 1000<br />

Schülerinnen und Schülern einen absoluten<br />

Rekordwert.<br />

Die bessere Wirtschaftslage liess die Zahlen,<br />

besonders im Typus D, im weiteren Verlauf der<br />

1980er Jahre wieder zurückgehen. Der starke<br />

Einbruch nach 1988 hatte zwar vor allem statis-<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Diagramm: Marco Zanoli


Statistik und Chronik<br />

Entwicklung der Schüler/innenzahlen 1998/99 bis 2008/09<br />

Schuljahr Typus D / Profil N Typus E / Profil W+R HMS+ / IMS Total<br />

S K S K S K S K<br />

1998 / 99 318 14 523 26 114 6 955 47<br />

1999 / 2000 316 14 498 26 105 5 919 45<br />

2000 / 01 <strong>30</strong>7 15 488 25 131 6 926 45<br />

2001 / 02 315 15 493 24 131 6 939 45<br />

2002 / 03 260 12 402 19 172 8 834 39<br />

2003 / 04 260 12 394 19 188 9 842 40<br />

2004 / 05 275 13 396 19 184 9 855 41<br />

2005 / 06 265 13 414 21 170 9 849 43<br />

2006 / 07 278 14 426 22 178 9 882 45<br />

2007 / 08 275 14 457 24 177 9 909 47<br />

2008 / 09 262 13 <strong>50</strong>8 26 173 9 943 48 Legende: S – Schüler/innen, K – Klassen<br />

tische Gründe – durch den Übergang zum Spätsommerschulbeginn<br />

fielen die Maturanden aus<br />

der Statistik – bestätigte aber den Trend. Besonders<br />

stark spürte dies die Handelsschule, die bis<br />

Mitte der 1990er Jahre auf zwei Klassenzüge<br />

pro Jahrgang zusammenschrumpfte und nur<br />

durch starke Fördermassnahmen überhaupt am<br />

Leben erhalten werden konnte.<br />

Der Rückgang der Belegungszahlen auf um<br />

die 800 Schülerinnen und Schülern war jedoch<br />

von kurzer Dauer und die wirtschaftliche Rezession<br />

und Stagnation der 1990er Jahre liess<br />

die Anmeldungen insbesondere für die beiden<br />

gymnasialen Ausbildungsgänge wieder em-<br />

porschnellen. Ein kurzzeitiger Bruch in diesem<br />

Trend war lediglich zwischen 1996 und 2002<br />

zu verzeichnen, als die Reform des Maturitätsanerkennungsreglements<br />

die Mittelschul-<br />

dauer von viereinhalb auf vier Jahre bzw. die<br />

Reform der Handelsschule diese von vier auf<br />

drei Jahre verkürzte und auch die traditionsreiche<br />

Übergangsklasse vom Handelsdiplom<br />

zur Wirtschaftsmatur eingestellt wurde. Durch<br />

diese Massnahmen ging die Belegung im<br />

Herbstsemester um elf, im Frühlingssemester<br />

um drei Klassen zurück.<br />

Dieser Rückgang wurde seitdem durch<br />

den anhaltenden gesellschaftlichen Trend ins<br />

Gymnasium – an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> besonders<br />

ins Profil Wirtschaft und Recht – wieder<br />

ausgeglichen, so dass die <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> im Herbst 2008/09 wieder mit 48 Klassen<br />

und über 900 Schülerinnen und Schülern<br />

ins neue Schuljahr gestartet ist. Auch ist durch<br />

die Einführung der Informatikmittelschule im<br />

Jahr 2000 und die Reform der Handelsmittelschule<br />

eine Stabilisierung dieses traditionsreichen<br />

Bildungszweiges auf drei Klassenzüge<br />

pro Jahrgang gelungen, nachdem im Schuljahr<br />

2000/01 nur noch eine Klasse HMS+ geführt<br />

werden konnte.<br />

61


Statistik und Chronik<br />

Die <strong>KEN</strong> heute<br />

63


64<br />

Die <strong>KEN</strong> heute<br />

Handels- und Informatikmittelschule<br />

Thomas Limacher, Prorektor<br />

Von der Handeli zur HMSPlus<br />

Ehemalige, die heute an die Kantonschule<br />

<strong>Enge</strong> zurückkehren und ihre «Handeli» im<br />

vielfältigen Angebot der <strong>KEN</strong> suchen, werden<br />

auf den ersten Blick nicht fündig. Die alte<br />

Handelsmittelschule (HMS), die vier Jahre<br />

dauerte und mit dem kaufmännischen Diplom<br />

endete, ermöglichte einst dank ihres Curriculums<br />

einen idealen Einstieg in die Welt der<br />

Wirtschaft. Tastaturschreiben auf der guten<br />

alten mechanischen Schreibmaschine sowie<br />

Steno gehörten zum Tagesprogramm genauso<br />

wie die Buchhaltung mit dem Industrie-Kontenrahmen<br />

und Taschenrechner. Wer studie-<br />

ren wollte, konnte nach eineinhalb Jahren in<br />

der Übergangklasse die Matura erlangen oder<br />

nach einem Praxisjahr ein Studium an der<br />

HWV aufnehmen. Diese alte Handeli wird man<br />

in unserem Schulprogramm heute nicht mehr<br />

finden. Was ist geschehen?<br />

Im Laufe der Jahre haben sich die Ansprüche<br />

der modernen Arbeitswelt an einen<br />

praxisorientierten Mittelschulbildungsgang<br />

stark verändert. Neben dem Beherrschen von<br />

Fremdsprachen und dem Verständnis der immer<br />

komplexeren wirtschaftlichen Zusammenhänge<br />

werden zusätzliche Fähigkeiten und<br />

Kenntnisse im Bereich der Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien verlangt. Auch<br />

in Bezug auf überfachliche Kompetenzen, die<br />

benötigt werden, um neue Arbeitsformen wie<br />

Projekt- und Teamarbeiten zu erledigen, wurden<br />

neue Massstäbe gesetzt.<br />

Diese Herausforderungen hat die Schule<br />

angenommen und sie hat durch eine neue<br />

Konzeption im Jahre 1996 der alten Handeli<br />

ein neues Gesicht und einen neuen Namen<br />

verliehen. Die heutige «Handelsmittelschule<br />

Plus» oder abgekürzt: HMSPlus. Sie schliesst<br />

an die 2. oder 3. Sekundarschule an und endet<br />

mit der kaufmännischen Berufsmaturität.<br />

Die HMSPlus umfasst drei Schuljahre sowie<br />

mindestens ein Jahr betriebliche Praxis (dafür<br />

steht das Plus).<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

In der dreijährigen Schulzeit wird eine breite<br />

allgemeine Bildung vermittelt mit Schwerpunkt<br />

in den Wirtschafts- und Sprachfächern.<br />

In den Fremdsprachen und der Informatik werden<br />

nationale und internationale Diplome und<br />

Zertifikate angestrebt. Eine vertiefte Bildung<br />

in den mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />

Fächern sowie Geschichte und Staatskunde<br />

runden das Angebot ab. Charakteristisch ist die<br />

die Ausrichtung auf computergestützte Projektarbeit<br />

in verschiedenen Unterrichtsbereichen.<br />

Besonders erwähnenswert ist dabei u.a. die<br />

Wirtschaftsprojektkette, bei der die Schüler/<br />

innen in Miniunternehmen ein Jahr lang eine<br />

Unternehmung betreiben und reale Produkte<br />

verkaufen.<br />

Nach dem schulischen Diplomabschluss erfolgt<br />

der Schritt in die Praxis. Die Freiheit bei der<br />

Wahl von Arbeitgeber, Ort und Branche ist gross.<br />

Praktikumsstellen werden vom kleinen Werbebüro<br />

über alle möglichen KMUs bis hin zu den<br />

grossen Finanzinstituten angeboten. Das Praxisjahr<br />

wird von der Schule begleitet und nach<br />

dem Verfassen einer Maturitätsarbeit und dem<br />

Ablegen einer mündlichen Prüfung über die in<br />

der Praxis erworbenen Kenntnisse erlangen die<br />

Absolvent/innen die kaufmännische Berufsmaturität<br />

als eidgenössischen Berufsausweis.<br />

Die Rückmeldungen der Praktikumsbetriebe<br />

fallen durchaus positiv aus. Besonders gelobt


Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />

Die <strong>KEN</strong> heute<br />

Aufnahme aus einem Schreibmaschinenzimmer der Handelsschule 1961.<br />

werden neben den schulischen Kenntnissen<br />

unserer HMS-Absolvent/innen auch ihre Selbständigkeit<br />

sowie die Möglichkeit, den jungen<br />

Praktikanten schon früh Verantwortung übergeben<br />

und sie nach kurzer Zeit in produktive<br />

Arbeitsprozesse mit einbeziehen zu können.<br />

Das Angebot an Praktikumsstellen übertrifft<br />

die Nachfrage jeweils bei weitem, so dass es seit<br />

über zehn Jahren noch nie ernsthafte Probleme<br />

mit der Organisation von genügend Praktikumsstellen<br />

gab.<br />

Mit der Berufsmaturität im Sack ist der<br />

prüfungsfreie Eintritt an alle eidgenössischen<br />

Fachhochschulen möglich. Besonders beliebt<br />

bei unseren Absolventen ist die heutige ZHAW<br />

(Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften),<br />

die mit ihren wirtschaftsorientierten<br />

Fachrichtungen die Studierenden auf die Übernahme<br />

von Führungsaufgaben in der Privatwirtschaft<br />

und in der öffentlichen Verwaltung<br />

vorbereitet.<br />

Die HMSPlus, die sich als ein Nischenprodukt<br />

zwischen gymnasialer Bildung und dualer<br />

beruflicher Bildung versteht, hat sich sofort<br />

an der <strong>KEN</strong> etabliert und führt jeweils zwei<br />

Klassen pro Jahrgang. Nach ihrer Einführung<br />

im Jahre 1996 musste sie bereits zwei Mini-<br />

Reformen, die einmal durch den Sparwind und<br />

das andere Mal durch die KV-Reform ausgelöst<br />

wurden, über sich ergehen lassen. Beide Male<br />

65


66<br />

ist es aber gelungen, den ursprünglichen Charakter<br />

dieses Bildungsganges beizubehalten.<br />

Auch bei einer nächsten Reform, die sich am<br />

Horizont bereits schon abzeichnet, gilt es die<br />

Stärken und die attraktive Positionierung sowie<br />

die Impulse aus dem Innern der Schule nie<br />

aus den Augen zu verlieren…<br />

«Fünfer und Weggli»:<br />

Die Informatikmittelschule<br />

Als ganz neuen Bildungsgang führt die<br />

<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> seit sieben Jahren die Informatikmittelschule<br />

(IMS). Die IMS schliesst<br />

frühestens an die 3. Klasse der Sekundarschule<br />

an und richtet sich in erster Linie an leistungsfähige<br />

Mittelschüler/innen mit grossem Interesse<br />

im Bereich der Informatik.<br />

Der Aufbau gleicht jenem der HMSPlus:<br />

Während drei Jahren bietet sie eine breite<br />

kulturelle, sprachliche und mathematisch-naturwissenschaftliche<br />

Allgemeinbildung sowie<br />

eine vertiefte Bildung in den Wirtschaftsfächern.<br />

Darüber hinaus werden an einem Tag<br />

pro Woche informatikbezogene Fächer am Berufsbildungszentrum<br />

Zürichsee in Horgen von<br />

externen Lehrkräften unterrichtet.<br />

Nach drei Jahren endet der schulische Teil<br />

mit einer Abschlussprüfung. Daran schliesst<br />

das Praxisjahr in einem Informatikunternehmen<br />

oder in der Informatikabteilung eines Be-<br />

triebes an. Am Ende der Ausbildung steht ein<br />

Doppelabschluss: Die Berufsmaturität kaufmännischer<br />

Richtung und das eidgenössische<br />

Fähigkeitszeugnis für Informatik.<br />

Den Absolvent/innen der IMS stehen vielfältige<br />

Möglichkeiten offen: der Beruf als Wirtschaftsinformatiker/in,<br />

höhere eidgenössische<br />

Fachprüfungen in Informatik, höhere kaufmännische<br />

Berufslaufbahnen sowie der prüfungsfreie<br />

Zugang zu den Fachhochschulen.<br />

Seit der Einführung im Jahre 2000 haben<br />

bereits über sechzig Schüler/innen die beiden<br />

Abschlüsse entgegen nehmen können. Auch<br />

bei der IMS sind die Rückmeldungen der Praktikumsfirmen<br />

über die Leistungen der Absolvent/innen<br />

vorwiegend positiv.<br />

Der neue Bildungsgang, der immer noch<br />

den Status eines Pilotprojektes hat, ist attraktiv<br />

ausgestaltet und die Berufsaussichten in der<br />

Informatikbranche sind für gute Absolventen<br />

auch in der heutigen Wirtschaftslage positiv. In<br />

der Vergangenheit hat sich aber gezeigt, dass<br />

die Aufnahmebedingung, erst nach Abschluss<br />

der obligatorischen neun Jahre Schulzeit eintreten<br />

zu können, Probleme bereitet. Die grosse<br />

Herausforderung in nächster Zeit wird also<br />

darin bestehen, die richtigen Schüler/innen<br />

anzusprechen. So wird es auch gelingen, am<br />

Anfang der Schulzeit genügend grosse Klassen<br />

mit den geeigneten Schüler/innen zu bilden.<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

<strong>Enge</strong> der Zukunft<br />

Christoph Wittmer, Prorektor<br />

Die lebendige, vielfältige Welt der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> hat sich in den letzten Jahren zu einem<br />

«Haus des Lernens» entwickelt, in dem hohe<br />

Ansprüche gelten und grosser Wert auf die gute<br />

Arbeitsatmosphäre gelegt wird. Mit den Profilen<br />

Wirtschaft und Recht und Neue Sprachen,<br />

der Handelsmittelschule und Informatikmittelschule<br />

führen wir ein breites, aber überschaubares<br />

Bildungsangebot. Wir sind stolz auf die<br />

Offenheit und die multikulturelle Prägung der<br />

Schule, pflegen gute Kontakte zu unserem engeren<br />

und weiteren Umfeld, zur <strong>Kantonsschule</strong><br />

Freudenberg und dem Liceo artistico, der<br />

Universität und ETH Zürich und zu unseren<br />

Partnerschulen in Deutschland, der Slowakei<br />

und in San Francisco. Wir sind erfahren darin,<br />

junge Menschen aus allen Regionen der Welt<br />

zu integrieren – an unserer Schule sind zurzeit<br />

über 20 Muttersprachen vertreten – und in unserem<br />

Lernangebot finden sich neben Englisch,<br />

Spanisch, Italienisch und Latein auch Russisch,<br />

Japanisch, Chinesisch und Arabisch. Diese Vielfalt<br />

der Sprachen ist Ausdruck eines globalen<br />

«Lerndorfes» des 21. Jahrhunderts.<br />

Das Arbeits- und Lernklima an der <strong>Enge</strong><br />

wird, dies hat eine aktuelle Standortbestimmung<br />

aufgezeigt, als sehr gut wahrgenommen.<br />

Der Umgang von Lehrer- und Schülerschaft ist<br />

geprägt von Respekt für die Gemeinschaft und<br />

vom Interesse für die Lernerfolge. Die Lehrer/<br />

innen äussern sich ausgesprochen positiv über<br />

den offenen Geist der Schule und die Zusammenarbeit<br />

im Kollegium. Die Schüler/innen<br />

geben an, den Unterricht an der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> gerne zu besuchen und das hohe pädagogische<br />

Engagement der Lehrerinnen und Lehrer<br />

sehr zu schätzen.<br />

Schule in Bewegung<br />

Unsere Schule blickt auf eine Reihe von Innovationen<br />

zurück, die den Unterricht oder seine<br />

Rahmenbedingungen betreffen. Den Anstoss<br />

gaben jeweils Analysen und Diskussionen<br />

über Entwicklungspotenziale im Kollegium<br />

und im «Leitbildrat», einem Gremium, das die<br />

Umsetzung des Leitbildes an unserer Schule<br />

überprüft. Da in solche Prozesse auch Eltern,<br />

Schüler/innen, ehemalige Schüler/innen und<br />

Schulkommissionsmitglieder einbezogen waren,<br />

konnten blinde Flecken vermieden werden.<br />

Indem wir die Entwicklungsschritte evaluieren,<br />

stellen wir sicher, dass wir nicht auf<br />

halbem Weg des Prozesses stehen bleiben.<br />

Die Richtung der Schulentwicklung wurde<br />

vom Kollegium vorgegeben; sie umfasste in<br />

den letzten Jahren vier Schwerpunkte, nämlich<br />

«Persönlichkeitsentwicklung und Engagement»,<br />

«Werte und Disziplin», «Freude am<br />

Lehren und Lernen» und «Hochschulvorbereitung».<br />

Die nachfolgenden Schritte wurden daraus<br />

abgeleitet:<br />

Maturitätsarbeit als Vorbereitung auf wissenschaftliche<br />

Arbeitsweisen: Mit einem umfassenden<br />

Leitfaden hat die Schule die Ansprüche<br />

an Maturitätsarbeiten neu formuliert. In<br />

Kolloquien werden die Schüler/innen in wissenschaftliche<br />

Arbeitsweisen eingeführt – in<br />

Experimentieren, Recherchieren, korrektes<br />

Zitieren –, und sie erwerben zusätzliche Kenntnisse<br />

in Bezug auf Layout und Präsentation einer<br />

Arbeit. Dank unserem System mit externen<br />

Experten für die Beurteilung der Arbeiten, das<br />

im Hinblick auf die Anrechnung im Maturitäts-<br />

67


68<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

zeugnis ab 2012 an allen Zürcher Mittelschulen<br />

eingeführt werden muss, sind wir gut für die<br />

Zukunft gerüstet.<br />

Projektunterricht mit Fokussierung auf die<br />

Arbeitsweise: Neuland beschritten wir bei der<br />

Bewertung des Projektunterrichts, die nicht<br />

auf Produkte und Prüfungen ausgerichtet ist,<br />

sondern das Engagement, die Arbeit im Team,<br />

das Durchhaltevermögen und Problemlöseverhalten,<br />

die Planungsarbeit und das Zeitmanagement<br />

berücksichtigt.<br />

Stärkung des Immersionslehrganges: Die<br />

zweisprachige Maturität hat sich dank eines<br />

ausgeprägten Evaluations- und Entwicklungsprozesses<br />

an unserer Schule sehr gut etabliert.<br />

In den Fächern Mathematik, Wirtschaft und<br />

Recht, Geschichte, Physik, Geografie und Biologie<br />

wird in den höheren Klassen in englischer<br />

Sprache unterrichtet und damit in die internationalen<br />

Fach- und Forschungssprachen eingeführt.<br />

Die Nachfrage nach diesem Lehrgang ist<br />

gross – wohl auch, weil ein dreiwöchiger Aufenthalt<br />

an einer unserer Partnerschulen in San<br />

Francisco zum Curriculum gehört.<br />

Engagement und Nachhaltigkeit: Mit der<br />

Einführung von Projekten wie «Community<br />

Service» und «Humanitäre Hilfe» in der dritten<br />

Klasse des Gymnasiums und einem neuen Lehrgang<br />

mit den Akzenten «Internationale Zusammenarbeit<br />

und Nachhaltigkeit» geben wir den<br />

Schüler/innen Möglichkeiten, neben der theoretischen<br />

Bildung Erfahrungen zu sammeln<br />

und Verantwortung für die Zukunft unserer<br />

Gesellschaft zu übernehmen. Zum genannten<br />

Lehrgang gehören u.a. ein Umwelteinsatz, ein<br />

Sprach- und Kulturaufenthalt, interdisziplinäre<br />

Module zu Umwelttechnologien und ein Projekt<br />

der Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Koordination Gymnasium – Hochschule: Das<br />

Schnittstellenprojekt «Hochschule – Gymnasium»<br />

des Kantons Zürich wurde massgeblich<br />

von unserer Schule geprägt. Die Reflexion über<br />

Ansprüche an die Maturität im Hinblick auf die<br />

Hochschulvorbereitung ist bei uns weit fortgeschritten.<br />

Zurzeit ist die Schule daran, ein<br />

Konzept für den Erwerb von «Überfachlichen<br />

Kompetenzen» zu entwickeln und gleichzeitig<br />

zu klären, wo Akzente zur Hochschulvorbereitung<br />

gesetzt werden können.<br />

Festigung des politischen Wissens: Mit der<br />

Einführung einer Staatskundewoche in der<br />

dritten Klasse des Gymnasiums und eines wöchentlichen<br />

Diskussionsforums mit dem Titel<br />

«Politik am Mittag» wurden Anstrengungen<br />

unternommen, das gesellschaftspolitische und<br />

staatskundliche Wissen unserer Schüler/innen<br />

zu erweitern.<br />

«<strong>KEN</strong>-Code» – Formulierung der Grundsätze<br />

der Schule: Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> führte<br />

in den letzten zwei Jahren eine intensive Diskussion<br />

über Werte und Disziplin, die von gesellschaftliche<br />

Diskursen und den Ansprüchen<br />

an den Unterricht geprägt war und an der sich<br />

auch die Schülerschaft beteiligte. Daraus resultierte<br />

der «<strong>KEN</strong>-Code», ein Kodex, der die<br />

wichtigsten Grundsätze für das Zusammenleben<br />

und Arbeiten an der Schule festhält und in<br />

allen Klassen eingeführt wird.<br />

Selbständiges Lernen: Alle Mittelschulen<br />

sind in den nächsten Jahren aufgefordert, das<br />

selbständige und selbst organisierte Lernen zu<br />

stärken (Projekt «SOL» der Bildungsdirektion).<br />

Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> kann auf guten Grundlagen<br />

aufbauen: Wir haben im Projektunterricht,<br />

in den Projekt- und Tutoratswochen und<br />

in den «Miniunternehmungen» der Handelsmittelschule<br />

bereits vielfältige Erfahrungen<br />

gesammelt und einzelne Lehrer/innen unserer<br />

Schule sind als Pioniere am Projekt «SELF!» beteiligt,<br />

mit dem neue Formen des selbständigen<br />

Arbeitens eingeführt und von der ETH und Universität<br />

wissenschaftlich begleitet werden.<br />

Zwischen Reformen und<br />

Konsolidierung<br />

Es ist uns ein grosses Anliegen, den Charakter<br />

einer offenen und innovativen Bildungsinstitution<br />

weiterhin pflegen zu können und die Schule<br />

gut auf ihre zukünftigen Aufgaben vorzubereiten.<br />

Wir sind uns aber auch bewusst, dass<br />

ein Gymnasium heute in «Stress» geraten kann,<br />

weil es viele Aufträge gleichzeitig zu erfüllen<br />

hat und im Brennpunkt vieler gesellschaftlicher<br />

Entwicklungen steht.<br />

Deshalb ist es für uns vordringlich, nun das<br />

Erreichte zu konsolidieren und zu verstetigen.<br />

Zu unseren Zielen der Zukunft gehören denn<br />

ebenso sehr Stabilisierung und Fokussierung<br />

auf das Gelingen des «Kerngeschäftes Unterricht»<br />

wie weitere Schritte in die Zukunft des<br />

Lernens. Wir müssen dabei die Ressourcen im<br />

Auge behalten und lieber in kleinen stabilen<br />

Massnahmen die Schule verbessern als zu viel<br />

wollen; dies bedeutet auch, dass wir die richtigen<br />

Prioritäten setzen.<br />

69


70<br />

Der Blick in die nahe Zukunft zeigt aber<br />

auch, dass wir weitere Reformschritte der Bildungsplanung<br />

des Kantons, die z.T. Verlust von<br />

Unterrichtszeit zur Folge haben, integrieren<br />

müssen. Neben der Förderung des selbst organisierten<br />

Lernens gehören dazu die Einführung<br />

des «Europäischen Sprachenportfolios» («ESP»),<br />

die Wiedereinführung der Hauswirtschaftskurse,<br />

die Umsetzung der Empfehlungen der Evaluation<br />

des Maturitätsanerkennungsreglements<br />

(«EVAMAR II») und die Vorverlegung der Maturität<br />

im Jahre 2012 vor die Sommerferien.<br />

Hohe Priorität hat für uns zurzeit die Frage,<br />

wie die Schule gut organisiert werden kann, damit<br />

es uns gelingt, beste Rahmenbedingungen<br />

für den Unterricht zu schaffen. Insbesondere<br />

ist es für uns wichtig, in Zukunft in der Schulleitung<br />

mehr Raum für die pädagogischen,<br />

personellen und strategischen Führungsfragen<br />

zu gewinnen und die administrativen Abläufe<br />

effizienter zu organisieren. Die Bildungsdirektion<br />

hat die Dringlichkeit der Erweiterung der<br />

Schulleitungsressourcen aufgrund des Wachstums<br />

unserer Schule erkannt und uns zusätzliche<br />

Stellen in Aussicht gestellt: ein Prorektorat<br />

und eine Adjunktin / einen Adjunkten des<br />

Rektors ab August 2010. Ausserdem wurden<br />

wir als erste Schule in einen Entwicklungsprozess<br />

der Führungs- und Organisationsstruktur<br />

aufgenommen, der in den nächsten Jahren für<br />

alle Mittelschulen des Kantons ansteht. Es ist<br />

für uns eine Chance, diese Reorganisation der<br />

Mittelschulen des Kantons von Beginn an mitgestalten<br />

zu können.<br />

<strong>Enge</strong> der Zukunft<br />

In einer zweitägigen Retraite, an der neben der<br />

Lehrerschaft auch Vertreter/innen der Schülerschaft<br />

und der Schulkommission beteiligt waren,<br />

formulierten wir im Jahre 2007 Zukunftsbilder<br />

für die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>. Aus dem breiten<br />

Spektrum an Wünschen und Ideen lassen sich<br />

die folgenden gemeinsame Ziele ableiten:<br />

Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> soll ein unverkennbares<br />

Profil als Zürcher Haus der Bildung besitzen,<br />

indem sie ihre Lehrgänge stärkt und gut<br />

positioniert.<br />

Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> zeichnet sich durch<br />

eine hervorragende Schulkultur aus. Die Identifikation<br />

und Partizipation der Schulangehörigen<br />

sind hoch und es herrscht eine grosse<br />

Bereitschaft, Verantwortung für die Schule zu<br />

übernehmen. Die Schule zeichnet sich ausserdem<br />

durch Offenheit, Toleranz, Verbindlichkeit<br />

und Transparenz aus.<br />

Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> schafft beste Bedingungen<br />

für Lehren und Lernen. Die Balance zwischen<br />

hohen Ansprüchen und unterstützendem<br />

Geist glückt; die Freude am Lehren und Lernen<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

prägt den Unterricht. Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />

fördert Projekte der Unterrichtsentwicklung sowie<br />

den intensiven Austausch in den Fachschaften<br />

und über die Fachschaftgrenzen hinaus.<br />

Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> erreicht hohe Bildungsziele.<br />

Neben der breiten und gut verankerten<br />

Allgemeinbildung streben wir die<br />

Stärkung der Naturwissenschaften und hohe<br />

Ziele der Persönlichkeitsentwicklung, des gesellschaftlichen<br />

Orientierungswissens und der<br />

ästhetischen Bildung an. Die Schüler/innen<br />

sollen vertiefte fachliche Neugier und kritischforschendes<br />

Denken entwickeln können.<br />

«<strong>Enge</strong> 2015»: Bausteine für eine<br />

Modellschulklasse<br />

Im Nachgang zur erwähnten Weiterbildungstagung<br />

entwarf eine Arbeitsgruppe im Auftrag<br />

des Konventes erste «Bausteine» für eine<br />

«Modellschule». Sie bewegte sich dabei in einem<br />

«freien Denkraum» ohne Einschränkungen<br />

durch gegebene Verhältnisse, besuchte<br />

Schulen mit speziellen Lehrangeboten in der<br />

Schweiz, profitierte von den Erfahrungen der<br />

kalifornischen Partnerschulen und suchte – auf<br />

der Grundlage der vom Kollegium formulierten<br />

Zukunftsbilder – nach «idealen Lehr- und Lernsituationen».<br />

Die Arbeitsgruppe formulierte in<br />

der Folge die Idee einer «Modellklasse», in der<br />

ab 2015 neue Formen des Lehrens und Lernens


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

erprobt und zu einem späteren Zeitpunkt auf<br />

die ganze Schule übertragen werden können.<br />

Die zentralen Themen dieser Klasse sind im<br />

Folgenden festgehalten:<br />

Lehr- und Lernformen: Die Modellklasse soll<br />

die zeitliche, fachliche und räumliche Fragmentierung<br />

heutigen Mittelschulunterrichts überwinden<br />

und ideale Grundlagen für Lehren und<br />

Lernen mit dem Grundprinzip der Förderung<br />

einer ganzheitlichen Entwicklung und Orientierung<br />

durch Lernziele in grossen und kleinen<br />

Lerneinheiten schaffen. Die Schüler/innen arbeiten<br />

vermehrt über längere Zeiträume in interdisziplinären<br />

Projekten und Werkstätten an<br />

komplexen Aufgabenstellungen. Im Zentrum<br />

steht die kritisch-forschende Tätigkeit. Selbständigkeit<br />

und Zusammenarbeit beim Lernen,<br />

eventuell auch in altersgemischten Gruppen,<br />

sollen den lehrerzentrierten Unterricht ergänzen<br />

und zu stärkerer Eigenverantwortung beim<br />

Lernen führen. Alle Schüler/innen und Lehrer/<br />

innen sind mit einem persönlichen Notebook<br />

ausgerüstet, was eine stärker in den Fachunterricht<br />

integrierte Anwendung von IT ermöglicht.<br />

Lern-Raum: Das Raumkonzept soll der Tatsache<br />

Rechnung tragen, dass vermehrtes selbständiges<br />

Lernen und Arbeiten in Gruppen und<br />

an Projekten andere räumliche Bedürfnisse ver-<br />

ursacht als der Unterricht im Klassenzimmer<br />

(der nicht abgeschafft wird). Neu geschaffen<br />

werden müssen deshalb insbesondere persönliche<br />

Arbeits- und Laborplätze, Gruppenarbeits-<br />

und Erholungsräume.<br />

Lernzeit: Ein nachhaltiger und sinnvoller<br />

Umgang mit Zeit bedeutet, dass die Schüler/<br />

innen vermehrt die Fähigkeit entwickeln können,<br />

die alltägliche schulische Tätigkeit im<br />

Unterricht und den unterschiedlichen Arbeits-<br />

und Lernformen in einem inhaltlichen und<br />

zeitlichen Ganzen, und damit als sinnvollen<br />

Teil einer Allgemeinbildung zu erfahren. Die<br />

Zeiteinheiten sollen stärker den Erfordernissen<br />

des Lernprozesses entsprechen; sie können z.<br />

T. individuell bestimmt werden. Lektionsdauer,<br />

Stunden-, Quartals- und Semesterplanung<br />

müssen diesen Ansprüchen genügen und mehr<br />

Raum für selbständiges, projektorientiertes und<br />

fachübergreifendes Arbeiten ermöglichen.<br />

Praxisbezug und Vernetzung: Die Modellklasse<br />

zeichnet sich durch hohen Praxisbezug<br />

und eine starke Vernetzung mit dem Umfeld der<br />

Schule, der Berufs- und Studienwelt und der Gesellschaft<br />

im weiteren Sinne aus. Unter anderem<br />

sind Problemstellungen mit Praxisbezug, Praktika<br />

in Arbeits- und Forschungsbereichen und die<br />

Zusammenarbeit mit Externen geplant.<br />

Selbständigkeit und Verantwortung: In der<br />

Modellklasse übernehmen die Schüler/innen<br />

eine grosse Mitverantwortung für den Lernprozess<br />

und das Erreichen der Ziele. Der Fokus<br />

wird vermehrt vom Lernen für Prüfungen auf<br />

das Lernen für den Erwerb von Schlüsselkompetenzen<br />

und grundlegenden Inhalten verschoben.<br />

Die Schüler/innen müssen ihrer Rolle als<br />

«Ko-Produzent/innen» des Unterrichts gewahr<br />

werden. In der Modellklasse ist auch geklärt,<br />

welche Kriterien der Selbständigkeit erwartet<br />

werden; Selbständigkeit gilt als Leistung und<br />

wird auch als solche bewertet.<br />

Ob mit einer Modellklasse oder in kleinen<br />

Schritten: Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> wird sich<br />

weiterhin entwickeln, aber auch zu bewahren<br />

wissen, was sie stark und unverwechselbar<br />

macht. Eine grosse Herausforderung wird<br />

darin bestehen, die Veränderungsprozesse zu<br />

meistern, dabei die Qualität des Königsweges<br />

zur universitären Hochschule zu erhalten und<br />

eine gute Balance zwischen Neuerung und Bewahrung<br />

zu finden. Die Grundlagen für diesen<br />

Weg sind gegeben.<br />

71


72<br />

Der <strong>KEN</strong>-Code<br />

Silvio Stucki<br />

Ende März 2007 trafen sich Vertreter der Schüler-<br />

sowie die Lehrerschaft im ehrwürdigen<br />

Kurhaus von Bergün (GR) zu einer zweitägigen<br />

Weiterbildung mit einer intensiven Diskussion<br />

über die zukünftige Entwicklung der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong>. Als Grundlage für diese Tagung<br />

erarbeitete der Leitbildrat bereits 2006 Brennpunkte,<br />

die nun vertieft diskutiert werden sollten.<br />

Das Thema «Werte und Disziplin» stellte<br />

sich dabei als eine der dringlichsten Herausforderungen<br />

der zukünftigen Schulentwicklung<br />

heraus. Fragen, wie der Arbeitswille und<br />

die kognitive Neugierde der Schüler gefördert<br />

oder wie eine hohe Leistungsmotivation und<br />

Präsenz aller Schulangehörigen an unserer<br />

Schule erreicht werden können, standen dabei<br />

im Fokus. Ein Ziel der Diskussion in Bergün war<br />

entsprechend, sich mit jenen Werten auseinanderzusetzen,<br />

die an unserer Schule zukünftig<br />

im Zentrum stehen sollen.<br />

Nach dieser engagierten Diskussion beschloss<br />

der Konvent im Juni 2007, dass dem<br />

Thema «Werte und Disziplin» weiterhin hohe<br />

Priorität beigemessen werden soll, und wählte<br />

eine dafür zuständige Arbeitsgruppe. Diese<br />

analysierte in der Folge die Situation und unterbreitete<br />

dem Kollegium bereits Anfang 2008<br />

einen ersten Vorschlag für einen zukünftigen<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

Werte-Kodex für unsere Schule. Die formulierten<br />

sechs Grundsätze zu Verantwortung,<br />

Offenheit, Respekt, Leistung, Ordnung und<br />

Konfliktlösung wurden anschliessend an einer<br />

weiteren Weiterbildungstagung an der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> in Arbeitsgruppen vertieft<br />

diskutiert. Die Rückmeldungen wurden wiederum<br />

verarbeitet, der am Entstehen begriffene<br />

<strong>KEN</strong>-Code entwickelte sich damit immer mehr<br />

zu einem greifbaren Produkt.<br />

In einer letzten Vernehmlassungsrunde<br />

konnten sich nochmals sämtliche Lehrkräfte<br />

zum <strong>KEN</strong>-Code äussern, was im Sommer<br />

2008 zu einigen Verbesserungsvorschlägen<br />

führte. Nach diesem intensiven, demokratisch<br />

geprägten Prozess verabschiedete der Konvent<br />

im September 2008 mit grossem Mehr den nun<br />

vorliegenden <strong>KEN</strong>-Code, der eine ausgewogene<br />

Antwort auf den Brennpunkt «Werte und Disziplin»<br />

liefert. Das tägliche Leben an unserer<br />

Schule wird damit auf eine gemeinsame Basis<br />

des Respekts, der Verantwortung und der<br />

konstruktiven Zusammenarbeit gelegt. Über<br />

Leistung, Toleranz, Kooperation oder Wertschätzung<br />

soll auch in Zukunft diskutiert und<br />

damit unsere lebendige Schulkultur weiter entwickelt<br />

werden.<br />

Um den <strong>KEN</strong>-Code schrittweise bekannt<br />

zu machen und damit für alle Schulangehörigen<br />

zu implementieren, werden angemessene,<br />

konkrete Massnahmen folgen. Im Schuljahr<br />

2009/2010 tritt der <strong>KEN</strong>-Code für alle Schulangehörigen<br />

in Kraft. Es gilt also abzuwarten,<br />

ob sich der neue Kodex im Alltag bewährt und<br />

welche Wirkung er haben wird – gilt er doch<br />

nicht nur für unsere Schülerinnen und Schüler,<br />

sondern auch für sämtliche Lehrkräfte und<br />

unsere Schulleitung. Eines ist aber schon jetzt<br />

gewiss: Alleine die Erarbeitung des <strong>KEN</strong>-Code<br />

hat zu zahlreichen intensiven Diskussionen geführt<br />

und damit einen Reflexionsprozess ausgelöst,<br />

der Ansporn genug ist, diesen Dialog<br />

weiter zu führen, um damit hoffentlich schon<br />

bald die Früchte des neuen <strong>KEN</strong>-Code ernten<br />

zu können.<br />

73


74<br />

Der Projektunterricht<br />

Andreas Haag<br />

Im Herbstsemester der dritten Gymnasialklasse<br />

stehen für die Schüler/innen der <strong>KEN</strong> jeden<br />

Mittwochnachmittag während drei Lektionen<br />

Projektkurse auf dem Programm. Aus einem<br />

breiten Angebot kann jeweils ein Kurs ausgewählt<br />

werden, der von zwei, manchmal drei<br />

Lehrkräften unterschiedlicher Fächer angeboten<br />

und betreut wird. Hier eine Auswahl der<br />

letzten Jahre:<br />

■ Abenteuer Kunst – Schauen – Forschen<br />

– Beurteilen, R. Bonifazi,<br />

V. Soriani<br />

■ Argentinien, Ch. Spillmann, O. Toler<br />

■ Ausdauersport in Theorie und Praxis<br />

M. Lüscher, P. Deller<br />

■ Die Firma, Ch. Spillmann, M. Simon<br />

■ English meets Geography<br />

Ch. Bernet-Durrer, J. Merz<br />

■ Engagement in der 3. Welt<br />

O. Burri, R. Caspar<br />

■ Filmprojekt, H. Leimgruber, J. Dreifuss<br />

■ From Film to Literature<br />

Th. Schmidt, R. Eberhard, A. Scheiner<br />

■ Molekulare Küche, R. Bucher, A. Haag<br />

■ Musical-Projekt Berlin‚ 68<br />

M. Aeschbach, A. Ehrlich, B. Dähler<br />

■ Schweiz – Slowakei, K. Burri, G. Jost<br />

■ Sozialeinsatz, P. Pfister, Th. Stähli<br />

■ Strafen: Sinn und Zweck – gestern<br />

und heute, P. Meyer, M. Zanoli<br />

■ Theater-Projekt Hamlet<br />

M. Aeschbach, A. Ehrlich, A. Paproth<br />

■ Wirtschaftskrisen – Strukturwandel<br />

Th. Lenzhofer, N. Golder<br />

■ Zürich – Global City<br />

D. Hajdu, H. Spuhler<br />

In neuer Klassenzusammensetzung, ohne<br />

Notendruck und viel selbständiger als im normalen<br />

Unterricht zu arbeiten, eine bequeme<br />

Konsumhaltung zu überwinden, um manchmal<br />

nur unter Zusatzaufwand umzusetzende<br />

Ratschläge zu beherzigen, Eigeninitiative zu<br />

zeigen, zu Produkten zu gelangen, die das Mittelmass<br />

überragen – dies ist für alle Beteiligten<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

immer wieder eine Herausforderung und ergibt<br />

oft auch Konflikte .<br />

Für die Projektkurse 2007 / 08 wurden deshalb<br />

erstmals alle Schüler/innen an einer obligatorischen<br />

Informationsveranstaltung über<br />

Ziele und Inhalte der Projektkurse orientiert<br />

und in den Kursen anhand vorgegebener Kriterien<br />

in Bezug auf ihre überfachlichen Kompetenzen<br />

– Planungsverhalten, Durchhaltevermögen,<br />

Zusammenarbeit – beurteilt. Die Schüler/innen<br />

hatten zudem eine unabhängige Selbstbeurteilung<br />

zu ihrer Arbeitsweise und dem erreichten<br />

Produkt zu verfassen, die mit der Beurteilung<br />

durch die Lehrkräfte verglichen wurde. Ob damit<br />

eine bessere Reflexion und Einschätzung<br />

der eigenen, von der Hochschule vermehrt geforderten<br />

überfachlichen Kompetenzen erreicht<br />

werden kann, wird die Zukunft weisen.


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

75


76<br />

<strong>Enge</strong> global – Akzent «Internationale<br />

Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit»<br />

Olivier Burri<br />

Engagement, internationale Zusammenarbeit<br />

und Nachhaltigkeit stellen zentrale thematische<br />

Bestandteile eines neuen Akzent-Lehrganges<br />

an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> dar. Dieser<br />

Lehrgang erfüllt einerseits die herkömmlichen<br />

Vorgaben des Lehrplans, indem er in den Profilen<br />

«Wirtschaft und Recht» und «Neue Sprachen»<br />

zur Maturität führt; er setzt andererseits<br />

zusätzliche Akzente in den genannten Bereichen<br />

und gibt den Schüler/innen die Möglichkeit,<br />

sich neben der theoretischen Bildung auch<br />

praktisch zu engagieren und Verantwortung zu<br />

übernehmen.<br />

Die enge inhaltliche Beziehung der Akzent-<br />

Themen zum Profil «Wirtschaft und Recht» und<br />

zur «Weltsprache Spanisch» stellt die Basis für<br />

einen gewinnbringenden Transfer in die Praxis<br />

dar. Die Schüler/innen beteiligen sich an Projekten<br />

im schweizerischen und internationalen<br />

Rahmen. Sie werden ihrem Alter entsprechend<br />

stufenweise in die Thematik und praktische<br />

Umsetzung eingeführt. Zuerst werden lokale,<br />

später globale Problemstellungen bearbeitet.<br />

In Kooperation mit der «Stiftung Umwelteinsatz<br />

Schweiz» findet im ersten Jahr eine nachhaltig<br />

auf die Klassengemeinschaft und die<br />

Landschaften kleiner Gemeinden wirkende<br />

Arbeitswoche statt. Im letzten Jahr planen und<br />

Umwelteinsatz Schweiz<br />

begleiten die Schüler/innen in Kooperation mit<br />

der Organisation IPA (International Project Aid)<br />

ein eigenes Projekt der Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Ein definierter Anteil dieser Arbeit<br />

wird ausserhalb der Schulzeit stattfinden. Die<br />

Schüler/innen nehmen an einem Austauschprogramm<br />

mit einer unserer Partnerschulen<br />

im Ausland teil und absolvieren zusätzlich einen<br />

Sprachaufenthalt von sechs Wochen Dauer<br />

im englischen, spanischen oder französischen<br />

Sprachraum.<br />

Mit dem inhaltlichen Fokus des Akzentlehrganges,<br />

den praktischen Erfahrungen und den<br />

Aufenthalten im Ausland sollen die Schüler/<br />

innen für zentrale Fragestellungen der Zukunft<br />

sensibilisiert, auf ein Studium oder eine Tätigkeit<br />

mit internationaler Ausrichtung vorbereitet<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

und im Bereich der «überfachlichen Kompetenzen»<br />

gezielt gefördert werden. Dazu gehören:<br />

Dialogfähigkeit, Teamarbeit, Selbstorganisation,<br />

Projektmanagement, Übernahme von Verantwortung<br />

für die Gesellschaft und das eigene<br />

Handeln.<br />

Inhaltliche Schwerpunkte des Akzent-<br />

Lehrganges sind die folgenden: Die Sozialwissenschaften<br />

(Geschichte, Geografie und<br />

Wirtschaft und Recht) behandeln die Themenbereiche<br />

«Internationale Beziehungen» und<br />

«Entwicklungszusammenarbeit» im Sinne von<br />

Akzenten (Themenschwerpunkten als Beilagen<br />

zum Lehrplan). In den Naturwissenschaften<br />

(Biologie, Physik und Chemie) werden die Themenkreise<br />

«Umweltbewusstsein» und «Nachhaltigkeit»<br />

speziell fokussiert. Die Disziplinen<br />

stimmen die inhaltlichen Schwerpunkte ab;<br />

die Themenbereiche werden in interdisziplinären<br />

Akzentmodulen unterrichtet (Migration,<br />

Strukturwandel und Stadtentwicklung, Fairtrade,<br />

Internationale Beziehungen und Organisationen,<br />

Biodiversität in der Landwirtschaft,<br />

Ökoblianzierung eines Alltagsgegenstandes,<br />

Gewässerökologie, Energie).


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

77


78<br />

Projekt Schweiz-Slowakei:<br />

Partnerschaft zwischen Zürich und Sered’ seit 1998<br />

Thomas Schmidt und Klaus Burri<br />

Seit 1998 besteht zwischen der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> und der Handelsakademie von Sered’<br />

in der Slowakei eine Partnerschaft, die ein<br />

Jahr zuvor, im Herbst 1997, von PhDr. Klára<br />

Dobroviová, Deutschlehrerin an der Obchodná<br />

akadémia in Sered’, angeregt worden war.<br />

Während an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> ca. 9<strong>50</strong><br />

Schüler/innen beheimatet sind, werden an der<br />

Wirtschaftsmittelschule in der westslowakischen<br />

Kleinstadt über <strong>50</strong>0 Schülerinnen und<br />

Schüler (zum grössten Teil Mädchen) unterrichtet.<br />

Das seit dem Herbstsemester 2000/01 ununterbrochen<br />

laufende PROJEKT Schweiz-<br />

Slowakei unter der Leitung von Klaus Burri,<br />

Geografie, und Gisela Jost, Sport (in früheren<br />

Jahren auch Andreas Baggenstoss, Wirtschaft<br />

und Recht, Stephan Giess, Geschichte und Englisch,<br />

und Thomas Schmidt, Russisch und Englisch),<br />

richtet sich an Schüler/innen, die bereit<br />

sind, den Blick nach Osten zu wenden, die an<br />

Raum, Kultur und Geschichte Ostmitteleuropas<br />

interessiert sind. Es geht bei diesem Projekt<br />

um eine «Osterweiterung» ihres Horizontes im<br />

eigentlichen Sinne. Den Schüler/innen soll die<br />

Gelegenheit gegeben werden, ihr Europabild<br />

aus einer zentristischen und auf den ehemaligen<br />

Westen beschränkten Perspektive zu lösen<br />

und ein erweitertes und substanzielles Bild des<br />

«Ostens» von Europa, insbesondere des slawischen<br />

Raums, zu erwerben. Die differenzierte<br />

Wahrnehmung des östlichen Europas ist nicht<br />

nur für ein Studium der Gesellschaftswissenschaften<br />

von Bedeutung, sondern auch wesent-<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Besuch bei der Gemeindeverwaltung in Galanta<br />

im Herbst 2001


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

Im Dezember 2002 auf der Suche nach Andy<br />

Warhols Herkunft haben wir das Museum in<br />

Medzilaborce besucht<br />

Ein Blick auf das winterkalte Sered‘ im<br />

Dezember 2002<br />

liche Grundlage für die Kommunikation und<br />

den Kontakt mit den Bürgern dieser Länder.<br />

So setzt sich das Projekt konkret zum Ziel, die<br />

Partnerschaft mit dieser unserer Handelsmittelschule<br />

ähnlichen Schule durch verschiedene<br />

Formen der Zusammenarbeit zu erhalten<br />

und uns dabei vertieft mit dem relativ jungen<br />

EU-Mitglied Slowakei auseinanderzusetzen.<br />

Im Laufe der verschiedenen Projekte haben<br />

unsere Schüler/innen verschiedenste Aspekte<br />

der Slowakei hier und dort untersucht.<br />

Meist beschäftigen sich unsere Schüler/innen<br />

mit Themen zu kulturellen und wirtschaftlichen<br />

Unterschieden oder suchen den Kontakt<br />

zu slowakischen Immigrantinnen und Immigranten<br />

in der Schweiz. Ausserdem muss auch<br />

der ungefähr zehntägige Besuch in Sered’, der<br />

jeweils im Herbst stattfindet, sorgfältig vorbereitet<br />

sein; und schliesslich erarbeiten sie ihre<br />

Präsentationen der jeweiligen Projektergebnisse<br />

an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> im Februar<br />

für die <strong>KEN</strong>-Expo.<br />

Während des gesamten Herbstsemesters<br />

beschäftigt sich eine Gruppe von jeweils gegen<br />

20 Drittklässlern an Mittwochnachmittagen<br />

während drei Lektionen mit Themen<br />

wie beispielsweise «EU-Mitglied Slowakei vs.<br />

Nicht-Mitglied Schweiz», «Bedeutung der Autoindustrie<br />

in der Slowakei» oder «Bedeutung<br />

und Stellung der Roma in der Slowakei».<br />

Vor allem geht es für die bei slowakischen<br />

Gastfamilien wohnenden Schweizer Schüler/<br />

innen aber darum, während ihres Aufenthaltes<br />

die Augen offen zu halten und neugierig zu<br />

sein, ihre Selbst- und Fremdwahrnehmung zu<br />

überprüfen und sich auf den «andern» Blick<br />

einzulassen.<br />

Der Gegenbesuch aus der Slowakei in Zürich<br />

findet im Frühjahr statt. Die slowakischen<br />

Schüler/innen wohnen ebenfalls bei Gastfamilien<br />

und verlassen Zürich jeweils mit einem<br />

von der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> offerierten<br />

Sprachzertifikat (in einer der Fremdsprachen<br />

Deutsch oder Englisch) in der Tasche.<br />

79


80<br />

Klaus Burri, Regina Dieterle und<br />

Martine Grosjean<br />

Der Zug verliess den Zürcher Hauptbahnhof<br />

abends kurz vor zehn Uhr. Anderntags in der<br />

Früh entstieg ihm eine kleine Delegation der<br />

<strong>KEN</strong>, allen voran Schulleiter Beat Wüthrich. Wir<br />

waren in Bochum und wurden erwartet. Auf<br />

dem Perron stand Frau Dr. Luise Berg-Ehlers, Direktorin<br />

der Graf-<strong>Enge</strong>lbert-Schule (GES), und<br />

empfing uns herzlich. Das war der Auftakt zu<br />

vier folgenreichen Tagen. Ein halbes Jahr zuvor<br />

hatte sich dieselbe Szene in Zürich abgespielt:<br />

Frau Berg-Ehlers war bei uns gewesen und hatte<br />

dem <strong>KEN</strong>-Lehrerkollegium die Graf-<strong>Enge</strong>lbert-<br />

Schule, kurz GES, in schönster Weise vorgestellt.<br />

Wir wollten nun in Bochum ähnlich verfahren.<br />

Alles glückte – am Abend vor unserer Rückreise<br />

stiessen wir an auf die «Zürcher Verlobung».<br />

Seither hat sich die Schulpartnerschaft der<br />

beiden Gymnasien vielfach bewährt, denn uns<br />

verbindet bei allen Unterschieden sehr vieles<br />

und vor allem die gemeinsame Sprache. Schon<br />

sechs Jahre gibt es jetzt einen regen interdisziplinären<br />

Lehreraustausch, seit drei Jahren zudem<br />

ein Semesterprojekt, das partnerschaftlich<br />

durchgeführt wird.<br />

Die Lehrer/innen, die einen Austausch<br />

mitmachen, sind jeweils willkommene Gäste<br />

der Partnerschule. Sie nehmen teil am Schul-<br />

leben, besuchen Unterricht oder unterrichten<br />

auch selbst. Ausserdem tauchen sie ein in die<br />

(Sprach-)Kultur der jeweiligen Partnerstadt.<br />

Aus diesen Besuchen haben sich unterdessen<br />

kleinere und grössere Unterrichts- oder Schulprojekte<br />

ergeben. So entstand zum Beispiel auf<br />

Anregung aus Zürich der GES-Erdkunde-Kurs<br />

Alpenraum oder lud die GES ihre Schweizer<br />

Kolleginnen und Kollegen zu Referaten vor<br />

grösserem Schülerpublikum ein. An der <strong>KEN</strong>,<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Austausch mit Deutschland: Unsere Schulpartnerschaft<br />

mit der Graf-<strong>Enge</strong>lbert-Schule in Bochum<br />

Projekt Alpenraum im Fach Erdkunde, Februar<br />

2009: Klaus Burri (<strong>KEN</strong>, Geografie) unterrichtet<br />

eine 10. Klasse an der GES


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

um auch hier Beispiele zu nennen, unterrichteten<br />

GES-Kolleginnen schon ihr eigenes<br />

Fach oder spielte zu festlichem Anlass<br />

die GES-Lehrerband auf, verstärkt durch<br />

Lehrer/innen unserer Schule.<br />

Beide Partnerschulen haben seit Beginn<br />

des Austausches eine offene Tür füreinander,<br />

nicht nur für die Lehrer-, sondern auch<br />

für die Schülerschaft. Beispielhaft dafür ist<br />

das Projekt «Chumm uf Bochum!». Das Semesterprojekt<br />

der <strong>KEN</strong> befasst sich thematisch<br />

mit dem Ruhrgebiet und macht es den<br />

Teilnehmenden möglich, eine Woche lang in<br />

Bochum zu leben, und zwar in Familien von<br />

Schüler/innen der GES.<br />

Ohne die Gastfreundschaft wäre ein Austausch,<br />

wie ihn die GES und die <strong>KEN</strong> pflegen,<br />

nicht möglich. So ist die Schulpartnerschaft<br />

nicht nur ein Projekt, das die beiden Gymnasien<br />

miteinander verbindet, sondern auch<br />

eines, das Freundschaften stiftet über die<br />

Grenzen hinweg.<br />

Und natürlich sind die gegenseitigen Besuche<br />

auch kulturell und kulinarisch nicht<br />

uninteressant. Wer in Bochum war, weiss, wo<br />

es die beste Currywurst gibt, und wer nach<br />

Zürich kommt, den führen wir entsprechend<br />

zum besten Bratwurststand in der Stadt.<br />

81


82<br />

Schüleraustausch <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> –<br />

Bay Area High Schools<br />

Thomas Stähli<br />

Seit 2004 findet jedes Jahr im Rahmen der<br />

Zürcher Städtepartnerschaft ein Schüleraustausch<br />

zwischen der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> und<br />

ihren vier privaten Partnerschulen in San Francisco<br />

statt. Es handelt sich dabei um folgende<br />

Schulen: University High School, Saint Ignatius<br />

High School, The Urban School und Menlo<br />

High School.<br />

Die Schülerinnen und Schüler der jeweiligen<br />

dritten Immersionsklasse (zweisprachige<br />

Maturität) sind berechtigt, an diesem dreiwöchigen<br />

Austausch teilzunehmen. Dieses<br />

Austauschprogramm hat sich mittlerweile als<br />

fester Bestandteil des Immersionslehrgangs<br />

etabliert und ist im Lehrplan verankert.<br />

Der Aufenthalt unserer Schüler/innen in<br />

der kalifornischen Metropole findet jeweils im<br />

November statt und endet mit dem Erlebnis<br />

Thanksgiving, das wichtigste amerikanische<br />

Familienfest mit der Gastfamilie erleben und<br />

feiern zu können. Die Schüler/innen wohnen in<br />

San Francisco bei einer Gastfamilie und besu-<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Klassenfoto der Klasse W3i in<br />

San Francisco 2008 mit Thomas Stähli<br />

und Marco Zanoli<br />

chen an einer der vier Schulen den Unterricht.<br />

Damit bietet sich ihnen die Chance, Einblick<br />

in eine private amerikanische High School zu<br />

erhalten, am amerikanischen Familienleben<br />

teilzuhaben, die Sprachkenntnisse zu vertiefen<br />

und gleichzeitig in die Lebens- und Denkkultur<br />

Kaliforniens einzutauchen.<br />

Zum Rahmenprogramm gehören unter anderem<br />

eine Stadtbesichtigung, der Besuch der<br />

Universität Berkeley (inkl. einer Vorlesung),<br />

ein Begrüssungs- und Abschiedsapéro, sowie<br />

der Besuch eines Sportevents. Darüber hinaus<br />

organisieren die einzelnen Gastfamilien weitere<br />

Aktivitäten und Ausflüge für ihre Gäste.<br />

Die Schüler/innen bezahlen jeweils die<br />

Flugkosten. In San Francisco entstehen für sie<br />

keine weiteren Kosten, da sie bei Gastfamilien<br />

wohnen und an den Schulen über Mittag kostenlos<br />

verpflegt werden.<br />

Zwei Lehrer der KS <strong>Enge</strong> begleiten die Klasse<br />

nach San Francisco. Neben ihrer Begleitfunktion<br />

nehmen sie im Auftrag der Schule<br />

auch die Aufgabe war, an den verschiedenen<br />

Schule durch Gespräche mit Schulleitung und<br />

Lehrern mögliche Gefässe, Programme oder<br />

andere curriculare Features zu suchen, die wir


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

dann an unserer Schule im Rahmen der Schulentwicklung<br />

einfliessen lassen können. Im<br />

Schuljahr 2008/09 startete bei uns beispielsweise<br />

der Wahlpflichtprojektkurs «Community<br />

Service» für die dritten Klassen. Eine Idee,<br />

die wir von den High Schools übernahmen und<br />

erstmals in einer adaptierten Form umsetzten.<br />

Jeweils im darauf folgenden Juni begrüsst<br />

die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> dann im Gegenzug die<br />

Schüler/innen aus San Francisco in Zürich. Sie<br />

wohnen hier bei den Familien derselben Gastgeschwister,<br />

die sie im November zuvor als<br />

Gastgeber beherbergt haben. Die Schüler kennen<br />

sich also bereits. Dies wirkt sich natürlich<br />

sehr positiv auf den ganzen Gegenbesuch aus<br />

und es sind in der Vergangenheit auch schon<br />

richtige Freundschaften zwischen ganzen Familien<br />

entstanden.<br />

Die US-Schüler erhalten ebenfalls einen<br />

Einblick in unser Schulsystem indem sie ausgewählte<br />

immersiv erteilte Lektionen besuchen.<br />

Weiter bieten wir ihnen daneben ein reichhaltiges<br />

Rahmenprogramm (Stadtführung, Ausflug<br />

nach Bern/inkl. Empfang beim US-Botschafter,<br />

Reise nach Mürren/Schilthorn, Besuch von<br />

Lindt und Sprüngli, IWC in Schaffhausen inkl.<br />

Rheinfall, Führung an der Universität/ETH Zürich,<br />

Empfang bei der Stadtpräsidentin etc.)<br />

Die KS <strong>Enge</strong> übernimmt einen Teil der Kosten<br />

für das Ausflugsprogramm der US-Schüler<br />

während des Gegenbesuchs in der Schweiz und<br />

kommt für deren Mittagsverpflegung an der<br />

Schule auf.<br />

Die US-Schüler werden ebenfalls von zwei<br />

Lehrern begleitet, mit denen wir jeweils an unserer<br />

Schule einen regen Austausch pflegen.<br />

Sie werden in der Regel von Lehrern unserer<br />

Schule untergebracht.<br />

Im Rahmen der bereits erwähnten Städtepartnerschaft<br />

unterstützt uns die Stadt<br />

Zürich seit 2009 finanziell mit einem jährlichen<br />

Beitrag von 10 00 Fr. und trägt somit<br />

Gegenbesuch der<br />

amerikanischen<br />

Schüler/innen aus<br />

der San Francisco<br />

Bay Area im Juni<br />

2009<br />

dazu bei, dass dieser in seiner Art wahrscheinlich<br />

einzigartige Austausch im bisherigen Rahmen<br />

weiterhin stattfinden kann und auf diese<br />

Weise ein wertvoller Beitrag zur Entwicklung<br />

der «grass-roots diplomacy» geleistet werden<br />

kann, um Richard Fredericks, den ehemaligen<br />

amerikanischen Botschafter in der Schweiz zu<br />

zitieren.<br />

83


84<br />

Die Schülerorganisation – eine Spurensuche<br />

Fabian Ottiger, SO-Berater<br />

Als Berater der Schülerorganisation (SO) kaum<br />

im Amt wage ich einen kleinen Rückblick auf<br />

die Tätigkeiten der SO.<br />

Im Jahresbericht von 1942/43 der Kantonalen<br />

Handelsschule Zürich wird das Gründungsjahr<br />

der SO genannt. Es ist das Jahr 1919. Das<br />

wäre im traditionellen Jubiläumscode unserer<br />

Schule dann also etwa folgendermassen zu<br />

würdigen: <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong> plus 90. Ganz interessant<br />

ist auch, wie in diesem Jahresbericht die<br />

Tätigkeitsfelder der SO beschrieben werden.<br />

Die Schülerorganisation bemühte sich nämlich<br />

mit Erfolg um die «Förderung der Zusammenarbeit<br />

zwischen den Schülern und der Schulleitung».<br />

Ihre Beauftragten halfen bei der Pausenaufsicht<br />

und betrieben eine Vermittlungsstelle<br />

für gebrauchte Schulbücher. Bis zum Schuljahr<br />

1951/52 finden sich kaum nennenswerte Beiträge<br />

zu Tätigkeiten der SO in den Jahresberichten,<br />

aber der Schluss liegt nahe, dass sich die Schülerorganisation<br />

mit Hingabe der Pausenaufsicht<br />

und der Büchervermittlung widmete.<br />

Im Jahr 1951 erfahren die Tätigkeitsgebiete<br />

der SO eine grosse Ausweitung und Ergänzung.<br />

Als neues Hauptziel der SO werden «die Weckung<br />

und Förderung der kulturellen und sportlichen<br />

Interessen des Einzelnen im Rahmen der<br />

Schülergemeinschaft» genannt. So werden im<br />

Jahresbericht fortan die erfolgreich organisierten<br />

und durchgeführten Sportwettbewerbe<br />

erwähnt. Es gab Handball-, Skirenn-, Fussball-,<br />

Tischtennis- und Tennismeisterschaften. Skilager,<br />

Schachturniere, Schwimmmeisterschaften<br />

und viele andere Anlässe ergänzten den<br />

sportlichen Reigen. Auch kulturell wurde viel<br />

geboten. Führungen durch das Kunsthaus Zürich<br />

und durch einige andere Museen wurden<br />

mitsamt sachkundiger Führung organisiert.<br />

Vergünstigte Eintritte und eigens reservierte<br />

Schülervorstellungen animierten zum Besuch<br />

von Theateraufführungen und Konzerten.<br />

Dieses harmonische Bild wird erst im Jahr<br />

1964 getrübt, als der Delegiertenversammlung<br />

die Erhebung eines jährlichen Schülerbeitrages<br />

von zwei Franken per Vorschlag zur Revision<br />

der Statuten vorgestellt wird. Heute sind es<br />

20 Franken. Manchmal wird neu auch von der<br />

Trägheit der Schülerschaft gesprochen. Daraus<br />

kann man eigentlich nur zwei Schlüsse ziehen<br />

– entweder wurden die Tätigkeitsberichte der<br />

SO authentischer oder aber die Schüler wurden<br />

träger. Ein Eintrag im Jahresbericht zum Schuljahr<br />

1968/69 scheint aber dagegen zu halten.<br />

Nach der militärischen Besetzung der Tschechoslowakei<br />

durch die Truppen des Warschauer<br />

Pakts im August 1968 organisierten Mittelschüler<br />

einen Abzeichenverkauf mit einem Erlös von<br />

60 000 Franken für jugendliche Flüchtlinge. Die<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

SO konnte zudem in Privathaushalten 37 Betten<br />

für Flüchtlinge organisieren.<br />

Auf der dünnen Grundlage von vergilbten<br />

Jahresberichten längst vergangener Schuljahre<br />

ist es schwierig, ein der SO ganz gerecht werdendes<br />

Bild zu zeichnen. Um beim anfänglich<br />

anklingenden formelhaften Vereinfachen zu<br />

bleiben, scheint es mir, als ob die SO der letzten<br />

Jahrzehnte vor allem einer Konstanten unterworfen<br />

gewesen sei – einem ständigen «Auf<br />

und Ab» und einem «Kommen und Gehen». Mal<br />

bleiben die Tätigkeitsberichte der SO für Jahre<br />

aus, mal berichten sie von kleinen Misserfolgen<br />

oder von hoffnungsvollen Neuanfängen und<br />

manchmal einfach nur von relativ schlichten<br />

aber dennoch gelungenen SO-Jahren.<br />

Es scheint mir jedoch, dass die SO die kleinen,<br />

episodischen Flauten der 80er und 90er<br />

Jahre des letzten Jahrhunderts überwunden<br />

hat und in diesem Jahrtausend wieder auffrischt.<br />

Ich treffe im Vorstand der Schülerorganisation<br />

immer intelligente, meist motivierte<br />

sowie engagierte junge Menschen an. Allen<br />

diesen SO-Vorstandsmitgliedern, von 1919 bis<br />

2009, gebührt mein Dank.<br />

Frage und Antwort mit ehemaligen SO-<br />

Präsidenten und SO-Präsidentinnen der letzten<br />

Jahre:


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

Frage: «Wenn Sie ein besonders positives oder denkwürdiges Ereignis<br />

während Ihrer aktiven Zeit in der SO beschreiben müssten,<br />

welches Ereignis wäre das? »<br />

«Wir haben einige grosse Partys gefeiert im Schulhaus.<br />

In Erinnerung geblieben ist mir vor allem das Aufräumen<br />

danach. Ich glaube damals war ich das<br />

erste Mal in meinem Leben länger als<br />

48h wach.»<br />

Severin Keller, Student der Politikwissenschaften<br />

und Wirtschaftsgeschichte an<br />

der Universität Zürich, SO-Präsident 2002<br />

«Besonders positiv und denkwürdig war sicher die, von<br />

Stefan Brader initiierte, totale Renovation des SO Zimmers.<br />

Wir beide verbrachten damals unsere gesamten Herbstferien<br />

in der <strong>KEN</strong> um das Zimmer, welches vorher in einem<br />

menschenunwürdigen Zustand gewesen<br />

war, komplett zu renovieren. Eigenhändig<br />

räumten wir alle Möbel und eine gefühlte<br />

Tonne Müll aus dem Zimmer.»<br />

Michael Kern, Maturität 2009,<br />

SO-Präsident 2007<br />

«Ganz klar, der Winterball! Es war ein grosses und auch<br />

grossartiges Ereignis, das an der <strong>KEN</strong> lange nicht mehr<br />

stattgefunden hatte und das ich zusammen<br />

mit Melanie Stump als Präsidentin des<br />

Organisationskomitees leiten durfte.»<br />

Sonja Weilenmann, Maturität 2009,<br />

SO-Präsidentin 2008<br />

«Da ich noch nicht lange im Amt bin, kann ich nicht von<br />

besonders gelungenen oder positiven Ereignissen sprechen,<br />

jedoch denke ich, dass mit dem<br />

aktuellen SO-TEAM jeder Event positiv<br />

ankommen wird.»<br />

Serena Anania, Maturandin an der <strong>KEN</strong>,<br />

SO-Präsidentin 2009<br />

Frage: «Wenn Sie einen Ratschlag an die Adresse der momentan<br />

gewählten SO-Präsidentin geben könnten, wie würde er lauten?»<br />

«Voller Einsatz ist voller Erfolg.»<br />

Daniel Widrig, Jura- und Wirtschaftsstudium,<br />

SO-Präsident 2004<br />

Frage: «Welche Gründe haben Sie damals bewogen in der SO<br />

aktiv zu werden? »<br />

«Mir hat es mehr Spass gemacht Sportanlässe<br />

und andere Events zu organisieren<br />

als daran teilzunehmen.»<br />

Katharina Villa, Bauingenieurstudium an<br />

der ETH Zürich, SO-Präsidentin 2006<br />

85


86<br />

Chor der KS <strong>Enge</strong> –<br />

Ein Rückblick von der Entstehung bis zur Gegenwart<br />

Martin Jäger<br />

Im April 1985 übernahm ich als erster Hauptlehrer<br />

für Musik an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />

die Aufgabe, eine eigenständige Musikabteilung<br />

und einen Schulchor aufzubauen. Bis zu<br />

diesem Zeitpunkt war der Musikunterricht der<br />

<strong>KEN</strong> gänzlich an die <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg<br />

delegiert.<br />

Aller Anfang ist schwer<br />

Im Sommersemester 1985 hatten sich allerdings<br />

nur 8 Schülerinnen für den Chor angemeldet.<br />

Glücklicherweise gab es zusätzlich zwei singfreudige<br />

Musikklassen, welche die kleine Chorgruppe<br />

unterstützten. Von Semester zu Semester<br />

stieg die Zahl kontinuierlich, bis schliesslich<br />

1990 ein Rekord von 96 Schüler/innen im Chor<br />

der KS <strong>Enge</strong> zu verzeichnen war. Zudem bildete<br />

sich 1988 mit der legendären Aufführung der<br />

«Creation» ein Ehemaligen-Chor aus Maturanden<br />

und Lehrpersonen, welcher sich ab 1989<br />

mit dem Namen «Rainbow, ein junger Chor aus<br />

Zürich <strong>Enge</strong>» fest formierte.<br />

Die Zeit der grossen Aufführungen<br />

Die grosse Anzahl von motivierten Sängerinnen<br />

und Sängern (Schulchor <strong>Enge</strong> und Rainbow<br />

Chor mit zusammen 1<strong>50</strong> Mitgliedern) ermöglichte<br />

eine neue Dimension von eigenständi-<br />

gem Chorgesang an der KS <strong>Enge</strong>. Innerhalb der<br />

Jahre 1989/1990 erfolgten vier abendfüllende<br />

Konzerte in den drei Stadtkirchen Grossmünster,<br />

Fraumünster und St. Peter mit unterschiedlichen<br />

Programmen sowie eine Tournee mit<br />

Abstechern nach Rüti und Basel. Ein weiterer<br />

Höhepunkt war die Zusammenarbeit mit dem<br />

berühmten Bassbariton Simon Estes, welcher<br />

an zwei Konzerten als Solist auftrat. Schliesslich<br />

vertrat der Rainbow Chor 1991 die Schweiz<br />

an der 700 Jahr – Feier der Eidgenossenschaft<br />

bei einem Openair in Luzern.<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Jubiläumskonzert<br />

«<strong>50</strong> Jahre Schulanlage<br />

Freudenberg-<strong>Enge</strong>» in<br />

der Tonhalle Zürich<br />

am 21.6.2009<br />

Die Beruhigung<br />

Das intensive Musikprogramm ging nicht ganz<br />

spurlos am Schulbetrieb vorbei. So wurden<br />

wieder kleinere Auftritte durchgeführt. Man<br />

pflegte vermehrt den a-cappella-Gesang mit<br />

Aufführungen in den Klöstern Fahr, Fischingen<br />

und Cazis.<br />

Vom Rainbow Chor zum Contrapunto<br />

Der Rainbow Chor wurde 1993 selbständig<br />

und zum Contrapunto Chor umbenannt. Die<br />

Leitung übernahm Beat Dähler, welcher den<br />

Foto: Andreas Haag


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

Contrapunto mit grossem Erfolg weiter entwickelte.<br />

Heute gilt der Contrapunto als einer<br />

der führenden Erwachsenenchöre in Zürich.<br />

Die ersten Musicals<br />

Nach 1993 wirkte der verbliebene Schülerchor<br />

neben kleineren Konzertauftritten in<br />

verschiedenen Musicals mit. Die Aufführungen<br />

fanden vorwiegend in der Aula statt.<br />

Gospelkonzerte Freddy Washington<br />

1999 erfuhren der Schulchor und einzelne<br />

Singklassen einen neuen Höhepunkt. Der Gospel<br />

Sänger und Leiter der Philadelphia Singers<br />

Freddy Washington brachte mit seinem Temperament<br />

und modernen Gospelsongs Schüler<br />

und Publikum auf Hochtouren. Zum ersten Mal<br />

nach 10 Jahren war auch der Schulchor der KS<br />

Freudenberg mit dabei, so dass wieder einmal<br />

1<strong>50</strong> Schüler/innen auf der Bühne standen. Die<br />

folgenden Jahre waren geprägt von weiteren<br />

Gospelkonzerten in Zusammenarbeit mit den<br />

<strong>Kantonsschule</strong>n Rämibühl, Stadelhofen und<br />

Urdorf.<br />

Musicalkonzerte und klassische<br />

Konzerte<br />

Nicht nur ganze Musicals, sondern auch Konzerte<br />

mit Musicalmelodien waren Thema des<br />

ersten Jahrzehntes der 2000er Jahre. «Flying<br />

Free», «Sing&Swing», «Pop & Rock Gospel»<br />

hiessen die klingenden Titel der Konzertveranstaltungen.<br />

Zudem wurden wieder klassische<br />

Chorwerke zusammen mit dem Chor der<br />

KS Freudenberg aufgeführt.<br />

Der Übergang und der Stabwechsel<br />

Ende 2007 dirigierte der junge Schulmusiker<br />

Marco Castellini ein stimmungsvolles Adventskonzert<br />

in der Kirche Dreikönigen. Ich<br />

assistierte und war für die Arrangements zuständig.<br />

2008 fand das Jubiläumskonzert «20 Jahre<br />

Creation» in der Aula statt. Verschiedene<br />

ehemalige Schüler/innen und Lehrpersonen,<br />

welche schon 1988 mit dabei waren, sangen<br />

bei diesem Konzert zusammen mit der neuen<br />

Schülergeneration. An der darauf folgenden<br />

Serenade übergab ich nach 23 Jahren Chorarbeit<br />

den Schulchor der KS <strong>Enge</strong> an den neuen<br />

Chorleiter Marco Castellini.<br />

Barock und Tanz<br />

Anfangs 2009 erklang ein wunderschönes<br />

Neujahrskonzert mit Barockmusik in der Kirche<br />

Peter & Paul unter der Leitung von Marco<br />

Castellini. Eine Tanzgruppe und barocke Instrumente<br />

sorgten zusätzlich für eine eindrückliche<br />

visuelle Komponente.<br />

<strong>50</strong> Jahre Schulanlage Freudenberg<br />

und Tonhalle<br />

Für das grosse Jubiläumskonzert in der Tonhalle<br />

wurden die beiden Schulchöre <strong>Enge</strong> und<br />

Freudenberg vereint, zusammen mit einer<br />

stattlichen Beteiligung von Lehrpersonen.<br />

Wiederum wurde ein Barockprogramm dargeboten.<br />

Diesmal war ein «Maître à danser» für<br />

die Barocktänzerinnen zuständig. Der Erfolg<br />

war überwältigend – ein in jedem Sinne würdiges<br />

Jubiläum der beiden <strong>Kantonsschule</strong>n.<br />

The Creation, Chor 1988<br />

Chor <strong>KEN</strong> 1999 Konzert mit Freddy Washington<br />

Marco Castellini dirigiert das Jubiläumskonzert 2009<br />

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88<br />

Bretter, die unsere Welt bedeuten<br />

Christoph Wittmer<br />

Was braucht es, damit Theater gelingt? Die<br />

voreilige Antwort lautet: dreierlei: ein Stück,<br />

Schauspieler, ein Publikum. Wer hinter die<br />

Kulissen zu sehen vermag, weiss aber, dass<br />

diese Dreiheit Gaukelei ist, Schein des Theaterabends,<br />

der Verdichtung auf den Moment,<br />

in dem Text, Interpreten und Zuschauer vereint<br />

werden. Denn beinahe alles, was Theater<br />

für Theaterleute ausmacht, passiert vor dem<br />

entscheidenden Moment: zu nennen sind die<br />

Werkauswahl (das Stöbern in Dutzenden von<br />

Texten) und die Dramaturgie (die Kunst der<br />

Auslegung des gewählten Stoffes), die Proben<br />

(Wiederholen und Verändern und Wiederholen),<br />

das Licht (Einleuchten, Lichtabläufe),<br />

die Regie (Dirigieren und Herausfordern), die<br />

Musik (der Klangteppich, der das Geschehen<br />

trägt), das Bühnenbild (die Materialisierung<br />

der Motive und Atmosphären), das Begleitheft<br />

(Schreiben für das bessere Verständnis, aber<br />

ohne Vorwegnahme der Kernkonflikte)…<br />

Das Theater unserer Schule war in Vergangenheit<br />

aufs engste mit drei Namen verbunden:<br />

mit Michael Aeschbach, dem findigen und<br />

geistreichen Autor und Regisseur, mit Annette<br />

Ehrlich, dem «visuellen Gewissen der Inszenierungen»,<br />

und mit Sandro Paproth, dem «Universalgelehrten<br />

der Musik». Viele Kolleg/in-<br />

nen sind ihnen jeweils zur Hand gegangen. Sie<br />

haben zusammen ein kleines und feines Stück<br />

Theatergeschichte geschrieben. Geglückt ist<br />

ihnen dabei die schwierigste aller Gratwanderungen:<br />

zwei verschiedene Publikums gleichzeitig<br />

zu bedienen: die Schüler/innen und<br />

deren Eltern; und sie haben erfolgreich Theaterkunst<br />

angestrebt, ohne über die Köpfe hinweg<br />

zu spielen.<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Die zehn Stücke<br />

■ 2001: Mäck Bett<br />

(auf der Grundlage von<br />

Shakespeares Macbeth)<br />

■ 2002: Räuber<br />

(Friedrich Schiller, Die Räuber)<br />

■ 2003: Volksfeinde<br />

(Henrik Ibsen, Der Volksfeind)<br />

■ 2004: Hexenjagd<br />

(Arthur Miller, Die Hexenjagd)<br />

■ 2005: WEF Ltd.<br />

(Ödön von Horváth, Jugend ohne Gott)<br />

■ 2006: La Merica<br />

(Musical, von Michael Aeschbach,<br />

Martin Jäger und Andreas Richard)<br />

■ 2007: Anatevka<br />

(Musical, von Urs Albrecht, Martin<br />

Jäger und Andreas Richard)<br />

■ 2008: Eine fliegt übers Kuckucksnest<br />

(alte Besetzung) nach Ken Kesey:<br />

One flew over the cuckoo`s nest<br />

■ 2009: Hamlet<br />

(alte Besetzung) nach Shakespeares<br />

Hamlet<br />

■ 2010: Berlin 68<br />

(Arbeitstitel, Musical, von Michael<br />

Aeschbach, Beat Dähler, Annette<br />

Ehrlich und Teresa Laino)


Fotos: Andreas Haag<br />

Die <strong>KEN</strong> heute<br />

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90<br />

Tempora mutantur et nos mutamur in illis –<br />

oder vom Werdegang der Kontaktgruppe<br />

Ruth Caspar<br />

Lehrer – Abstand – Klasse. Lehrerin –<br />

Abstand kleiner – Klasse. Heute.<br />

Es war einmal. Ich erinnere mich. Vorne<br />

stand der Lehrer, meistens ein Mann, und<br />

brachte uns sein Fachgebiet näher. Nach der<br />

Stunde verschwand er. Wie es uns ging, was wir<br />

mitbekommen hatten, wo es Schwierigkeiten<br />

gab, interessierte ihn nicht wirklich, das war<br />

ja nicht sein Gebiet. Wenn jemand über längere<br />

Zeit ungenügende Noten schrieb, musste er<br />

oder sie die Schule verlassen. Keine Diskussion.<br />

So war es und so war es einfach. Dies ist keine<br />

Kritik, sondern eine Beschreibung. Die Zeiten<br />

begannen sich zu wandeln, Lehrpersonen und<br />

Schülerschaft haben sich angenähert. Neben<br />

der schulischen Leistung wurde zunehmend die<br />

Wichtigkeit der Entwicklung der Jugendlichen<br />

und deren Umfeld anerkannt und einbezogen.<br />

Fragen wurden gestellt. Welche Erklärungen<br />

gibt es für schlechte Noten, Müdigkeit, Überdruss?<br />

Aufgrund einer Weisung des Kantons<br />

von 1996, ein Kriseninterventionskonzept zu<br />

erstellen, gründeten ein paar Lehrer und Lehrerinnen<br />

der <strong>KEN</strong> die Kontaktgruppe, wie sie<br />

später heissen sollte. Sie hatte sich verschiedene<br />

Ziele gesteckt. Federführend war sie in der<br />

Entwicklung des oben erwähnten und bis heute<br />

gültigen Kriseninterventionskonzepts. Später<br />

gesellte sich eines zu Drogenfragen hinzu.<br />

Von Anfang an verstand sie sich auch als<br />

Triage-Stelle, eine Anlaufstelle für Schüler/<br />

innen und Lehrer/innen, die mit einer Frage,<br />

einem Problem, vielleicht sogar einem Hilfeschrei<br />

an sie gelangten. Unsere Aufgabe war<br />

und ist es zuzuhören, das Problem zu beurteilen<br />

und die Schülerin/den Schüler wenn<br />

nötig an eine entsprechende Fachstelle weiterzuleiten.<br />

Ausserdem begann die Kontaktgruppe,<br />

Projekttage zu organisieren, z.B. zur<br />

Prävention von Alkohol, Drogen, Gewalt etc.<br />

Diese Zielsetzungen wurden immer mehr ausgebaut,<br />

so dass die Kontaktgruppe heute nicht<br />

mehr von der Schule wegzudenken ist, weder<br />

als Triage-Stelle, noch was ihre Aktivitäten anbelangt,<br />

denn zwei Projekttage pro Jahr sind<br />

inzwischen fest verankert. Ich selber absolvier-<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

te die vom Kanton angebotene Ausbildung zur<br />

Kontaktlehrperson (KLP), die im Erlangen von<br />

fundierten Kenntnissen der Drogenprävention,<br />

Konfliktlösung und Gestaltung von Projekttagen<br />

besteht. Die Informations-Broschüre, die<br />

alle Schüler/innen erhalten und deren Titelbild<br />

klar auf den Inhalt verweist, nämlich Licht ins<br />

Dunkel zu bringen (siehe Bild), rundet die Arbeit<br />

der Kontaktgruppe ab. Die Broschüre dient<br />

zur Orientierung bei Schwierigkeiten und beinhaltet<br />

auch wichtige Adressen, z.B. diejenigen<br />

der externen Beratungsstellen der Psychologin<br />

und des Psychologen, an die sich unsere Schüler/innen<br />

jederzeit wenden können oder an die<br />

wir sie weiter verweisen im Sinne der genannten<br />

Triage. Das Psychologenteam stellt sich<br />

auch bei allen ersten Klassen vor, um so aus der<br />

Anonymität herauszutreten und eine mögliche<br />

Schwellenangst gar nicht erst aufkommen zu<br />

lassen. Es existiert ein Leitfaden für Schüler/<br />

innen bei Schwierigkeiten mit Lehrpersonen,<br />

ausserdem ein Info-Blatt für Mobbing. Das Angebot<br />

der Kontaktgruppe wird immer häufiger<br />

genutzt, ein Zeichen dafür, dass sie immer bekannter<br />

wird und auch dafür, dass unsere Arbeit<br />

geschätzt wird.


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

Der Kinderhütedienst<br />

Christin Bernet-Durrer<br />

Der Verein Kinderhütedienst der <strong>Kantonsschule</strong>n<br />

<strong>Enge</strong> (<strong>KEN</strong>), Freudenberg (KFR) und Liceo<br />

Artistico wurde 1999 gegründet. Ziel war es,<br />

eine flexible Betreuungslösung für berufstätige<br />

Eltern von Kindern im Vorschulalter anzubieten.<br />

Dieses Angebot ist für die Lehrer/innen der drei<br />

<strong>Kantonsschule</strong>n gedacht. Der schulinterne Kinderhütedienst<br />

hat viele Vorteile: Einerseits können<br />

die Eltern auf ein flexibles Angebot zählen,<br />

was für Lehrpersonen mit semesterweise wechselnden<br />

Stundenplänen absolut unabdingbar<br />

ist. Im Gegensatz zu öffentlichen Kindertagesstätten<br />

erstellen wir jedes Semester einen neuen<br />

Belegungsplan, der den aktuellen Bedürfnissen<br />

der Eltern entspricht. Andererseits ist die örtliche<br />

Nähe des Kindes zum Arbeitsplatz ein Pluspunkt.<br />

Des Weiteren werden pro Halbtag nur<br />

fünf Plätze besetzt, das heisst, dass die Kindergruppe<br />

immer sehr klein und familiär bleibt.<br />

Der Kinderhütedienst bietet auch für die<br />

beteiligten <strong>Kantonsschule</strong>n Vorteile. Lehrpersonen,<br />

die ihre Kinder in die schulinterne<br />

Betreuung bringen können, bleiben eher als<br />

Mitarbeiter erhalten. Zudem können auch stellvertretende<br />

Lehrpersonen angestellt werden,<br />

die auf eine Kinderbetreuung angewiesen sind.<br />

In der Regel ist in so einem Fall eine unkomplizierte<br />

Lösung möglich.<br />

Aufgrund dieser Überlegungen haben die<br />

Schulleitungen aller drei Schulen den Verein<br />

von Anfang an tatkräftig unterstützt haben.<br />

Dank dieser Hilfe und der Unterstützung vieler<br />

Freiwilliger kann der Kinderhütedienst dieses<br />

Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feiern.<br />

Erfahrene Betreuerinnen kümmern sich<br />

zum Teil seit der Gründung (!) um die Kinder.<br />

Die ehemalige Hauswartwohnung der<br />

<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg, wo seit 1999<br />

der Kinderhütedienst untergebracht ist.<br />

Foto: Andreas Haag<br />

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92<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

Das sogenannte Freispiel ist Hauptteil des Tagesablaufes.<br />

Die Hauptziele sind dabei das Kind<br />

als Person ernst zu nehmen, ihm Halt und Geborgenheit<br />

zu vermitteln und es selbständig<br />

handeln zu lassen. Dadurch wird sowohl das<br />

Selbstvertrauen und wie auch das Selbstwertgefühl<br />

des Kindes gestärkt.<br />

Regelmässig wird die Kindergruppe zusammengeführt<br />

um gemeinsam etwas zu erleben,<br />

zum Beispiel Singen, Basteln, Geschichten hören,<br />

Gruppenspiele oder Ähnliches.<br />

Der Kinderhütedienst ist in der ehemaligen<br />

Hauswartwohnung der KFR untergebracht.<br />

Sie liegt inmitten des Parks der <strong>Kantonsschule</strong>n.<br />

Hier stehen weite Flächen zur Verfügung<br />

wo die frische Luft genossen und die Natur erforscht<br />

werden kann. In der warmen Jahreszeit<br />

Innenszene aus dem<br />

Kinderhütedienst<br />

wird natürlich auch der Sandkasten auf dem<br />

gedeckten Sitzplatz rege genutzt.<br />

Mitarbeiterinnen der Mensa bringen täglich<br />

kindergerechte Menüs in den Kinderhütedienst.<br />

Dies entlastet die Betreuerinnen enorm<br />

bei ihrer Arbeit und garantiert die Qualität der<br />

Verpflegung.<br />

Der Kinderhütedienst ist eine wertvolle Ergänzung<br />

der schulinternen Angebote und wir<br />

sind sehr zufrieden mit dem laufenden Betrieb.<br />

Natürlich geben wir mit der freundlichen Unterstützung<br />

von vielen Helferinnern und Helfer<br />

alles, dass dies auch für die nächsten Generationen<br />

von Kindern so bleibt.<br />

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94<br />

Der Verein Ehemaliger der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />

Thierry Pohl<br />

Der Ehemaligenverein der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />

blickt auf eine lange Geschichte zurück: Schon<br />

am 1. November 1905 wurde der damals noch<br />

«Verband ehemaliger Schüler der Kantonalen<br />

Handelsschule Zürich» genannte Verein aus<br />

der Taufe gehoben. Lange Bestand hatte er in<br />

dieser Form allerdings nicht – alle Vorstandsmitglieder<br />

verreisten ins Ausland und so verwaiste<br />

der Verein vorerst. Am 24. Juni 1909<br />

trafen sich schliesslich engagierte Mitglieder<br />

zu einer ausserordentlichen Generalversammlung<br />

und belebten den Verein wieder. Am 15.<br />

Dezember 1909 erschien dann die «No. 1» der<br />

«Mitteilungen» des Vereins. Diese Publikation<br />

erscheint noch heute quartalsweise – letztes<br />

Jahr im 100. Jahrgang, was mit der Jubiläumsausgabe<br />

3/08 und einer Faksimile-Beilage der<br />

allerersten Ausgabe gefeiert wurde.<br />

Die Ziele des Vereins waren damals wie<br />

heute dieselben: Der Zusammenhalt der Schulabsolventen<br />

soll gefördert und eine Plattform<br />

zur Verfügung gestellt werden, um bestehende<br />

Netzwerke zu pflegen oder neue aufzubauen.<br />

Verändert haben sich aber die Ausprägungen<br />

dieser Ziele. Waren gemeinsamen Freizeitaktivitäten<br />

früher kaum Grenzen gesetzt – regelmässig<br />

fanden Fussball- und Handballturniere<br />

statt, wird von Kochkursen und Fabrikbesich-<br />

Kontakt-Apéro am Donnerstag, 11. Juni 2009 mit Prof. Dr. Susanna<br />

Bliggenstorfer (M74), neue Direktorin der Zentralbibliothek Zürich.<br />

tigungen berichtet und hatte sogar eine eigene<br />

Briefmarkenbörse ihre Daseinsberechtigung<br />

– stehen im jüngsten Jahrhundert die so genannten<br />

«Kontaktapéros» im Zentrum des Vereinsleben.<br />

An diesen Abenden erzählt jeweils<br />

eine Absolventin oder ein Absolvent der <strong>KEN</strong><br />

von seiner eigenen Karriere nach der Schule.<br />

Die moderierten Gespräche finden regelmässig<br />

am «Ort des Geschehens» statt, so begaben sich<br />

die Mitglieder erst kürzlich in die Zentralbibliothek,<br />

die von einer Absolventin geführt wird,<br />

und lauschten 2007 im Fraumünster der Musik<br />

des mittlerweile pensionierten Organisten, der<br />

ebenfalls ein Absolvent der <strong>KEN</strong> ist.<br />

Mit der Veranstaltung «Ehemalige meet<br />

maturae et maturi» beteiligt sich der Verein<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />

Foto: David Shilling.<br />

aktiv am Schulleben der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>.<br />

Am Berufs- und Studientag stehen jeweils Ehemalige<br />

den Maturandinnen und Maturanden in<br />

einer Podiumsdiskussion für Fragen zu Berufsleben,<br />

Studium und Karriere zur Verfügung.<br />

Zudem ist die Förderung der kulturellen und<br />

sportlichen Belange an der Schule dem Verein<br />

ein wichtiges Anliegen, so dass er 2008 anstelle<br />

der alten (vermögenslosen) Stiftung, die<br />

aufgrund zunehmender Revisionsvorschriften<br />

ein schwerfälliges Konstrukt geworden war,<br />

einen Fonds äufnete. Er fördert besondere<br />

Schulprojekte im kulturellen und sportlichen<br />

Bereich und gibt der heutigen Schülerschaft so<br />

ein Stück vom Erfolg ihrer Vorgängerinnen und<br />

Vorgänger zurück.


Die <strong>KEN</strong> heute<br />

Daneben steht das Internet ebenso im<br />

Fokus – es erleichtert speziell die Pflege von<br />

Beziehungsnetzwerken, und so ist der Verein<br />

nicht nur auf seiner eigenen Homepage<br />

www.ken-ve.ch aktiv, sondern auch mit eigenen<br />

Gruppen auf Facebook und bei XING<br />

vertreten. Dass die modernen Kommunikationswege<br />

so aktiv genutzt werden, hängt<br />

nicht zuletzt damit zusammen, dass der derzeit<br />

15-köpfige Vorstand vor einigen Jahren<br />

einer starken Verjüngung unterzogen wurde.<br />

Rund die Hälfte der Vorstandsmitglieder<br />

hat die Schule erst in den letzten zehn Jahren<br />

verlassen!<br />

Der Verein zählt heute knapp 2000 Mitglieder<br />

– ausnahmslos Absolventinnen und<br />

Absolventen der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> bzw. der<br />

ehemaligen Kantonalen Handelsschule. Mit<br />

bestandener Abschlussprüfung an der <strong>KEN</strong><br />

wird man Gast-Mitglied des Vereins, erst ab<br />

dem zweiten Jahr wird für die Mitgliedschaft<br />

ein bescheidener Jahresbeitrag erhoben.<br />

Mit der erwähnten Verjüngung des Vorstands<br />

und der erfolgreichen Äufnung des<br />

Fonds für kulturelle und sportliche Belange<br />

hat der Verein Ehemaliger der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> in den letzten Jahren einiges unternommen,<br />

um die <strong>KEN</strong> auch in den nächsten<br />

Jahrzehnten zu begleiten. Er freut sich, dies<br />

tun zu dürfen.<br />

Der Elternverein der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />

Inge Thees<br />

Als Bindeglied zwischen Schule, Schülern und<br />

Eltern hat der Elternverein der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> (EV<strong>KEN</strong>) eine komplexe Aufgabe, die<br />

trotz sorgfältig erarbeiteter Standortbestimmung<br />

immer wieder neu reflektiert wird. Seit<br />

nunmehr elf Jahren engagieren sich dabei Eltern<br />

im Rahmen der gesteckten Möglichkeiten<br />

und Kompetenzen, um an einer positiven Schulkultur<br />

mitzuwirken, in wichtigen und richtigen<br />

Momenten die Elternsicht einbringen zu können<br />

oder einfach, um mit kleinen Gesten der<br />

Anerkennung zurückhaltend und doch spürbar<br />

zu einem freundlichen Schulklima beizutragen.<br />

Das kleine Begrüssungspräsent für die jeweiligen<br />

Erstklässler, der Blumenstrauss für die engagierten<br />

Damen des Schulsekretariates oder<br />

das Präsent für das Hauspersonal sind beispielsweise<br />

schon lieb gewordene Tradition.<br />

Bei allen Aktivitäten ist es dem EV<strong>KEN</strong> ein<br />

wichtiges Anliegen, ein verlässlicher, im Hintergrund<br />

wirkender Part im Schulgefüge zu sein<br />

und einen konstruktiven Gedankenaustausch<br />

mit Schulleitung und Lehrerschaft zu pflegen.<br />

So wird der EV<strong>KEN</strong> nun auch vermehrt als beratendes<br />

Organ bei diversen Projekten involviert,<br />

wie das Beispiel des «Purpur Projektes» zeigt,<br />

dessen Ziel die Schaffung einer zusätzlichen<br />

Verpflegungsmöglichkeit für die Schülerschaft<br />

Vorstand des Elternvereins 2008<br />

über die Mittagszeit ist. Gefragt war die Elternsicht<br />

in verschiedenen Bereichen auch bei der<br />

externen Evaluation der <strong>KEN</strong>, die Anfang des<br />

Jahres von der «Interkantonalen Fachstelle für<br />

Schulevaluation» (ifes) durchgeführt worden<br />

ist. Die Gelegenheit zur Mitwirkung an der<br />

Evaluation ist auch ein Ergebnis der intensiver<br />

gewordenen Zusammenarbeit mit der Schulleitung.<br />

Dafür spricht ebenso deren Bereitschaft,<br />

aktuelle schulbezogene Themen- und Problemkreise<br />

mit dem EV<strong>KEN</strong> vertieft zu diskutieren,<br />

wie zuletzt die viel zitierte ETH-Studie, die als<br />

Rangliste der <strong>Kantonsschule</strong>n missverstanden<br />

unbeabsichtigt hohe Wellen schlug.<br />

Bewährt hat sich mittlerweile auch der Einsitz<br />

zweier Vertreter des EV<strong>KEN</strong>s in der sogenannten<br />

Kontaktgruppe, einer niederschwelligen<br />

Anlaufstelle für Schüler und Lehrer, die<br />

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96<br />

aus psychologischen Fachleuten, Lehrer/innen,<br />

und Schüler/innen besteht. Neben einem vielfältigen<br />

und gut genutzten Beratungsangebot<br />

wird hier über aktuelle Fragestellungen und<br />

Tätigkeiten informiert und es werden vermehrt<br />

Gespräche geführt über Sucht, Prävention, Gesundheitsförderung,<br />

geeignete Massnahmen<br />

sowie optimierte Beratungsangebote. Ergebnisse<br />

davon werden bereits umgesetzt in dem<br />

im Juni für Zweitklässler stattfindenden Workshop<br />

«Gewalt nach innen und aussen» und am<br />

Projekttag mit dem Theater «Livia 13» im August.<br />

In der Projektwoche wird der EV<strong>KEN</strong> wie<br />

gewohnt die Zweitklässler wieder mit einem<br />

Znüni verwöhnen.<br />

Unterstützend beteiligt sich der EV<strong>KEN</strong><br />

auch jedes Jahr nach Möglichkeit am «Yes»-<br />

Projekt in Form des Erwerbs von Partizipationsscheinen<br />

der jeweiligen Miniunternehmen<br />

der Schüler/innen.<br />

Der alljährliche Probezeitapéro im Herbst,<br />

an dem jeweils ein interessanter Vortrag geboten<br />

wird, hat sich ebenfalls schon gut etabliert.<br />

Diesmal setzte sich Dr. Christoph Wittmer, Prorektor<br />

der <strong>KEN</strong>, in einem aufschlussreichen<br />

Referat mit dem Sinn und den Widrigkeiten der<br />

Probezeit auseinander. Interessant war auch<br />

die Sicht der Psychologin, Esther Schoellkopf,<br />

die im Anschluss zu diesem Thema referierte.<br />

Der traditionelle Kontaktapéro bietet jeweils<br />

am Anfang des neuen Jahres Gelegenheit<br />

zum gegenseitigen Kennenlernen von Eltern<br />

und Lehrerschaft.<br />

Um den Blickwinkel zu öffnen und gegenseitig<br />

von sinnvollen Aktivitäten zu profitieren, organisiert<br />

der EV<strong>KEN</strong> zwei Mal im Jahr ein Treffen<br />

mit Elternvereinen anderer <strong>Kantonsschule</strong>n,<br />

was immer inspirierend und motivierend ist.<br />

Auch im Info-Magazin der <strong>KEN</strong> hat sich der<br />

EV<strong>KEN</strong> einen festen Platz erobert und gute Beiträge<br />

liefern können.<br />

Anlässlich seines 10jährigen Jubiläums am<br />

11. Januar 2008 würdigte der EV<strong>KEN</strong> in einer<br />

kleinen Feier den täglichen persönlichen und<br />

engagierten Einsatz der Lehrer einmal besonders.<br />

Der Vorstand lud zu einem Schlemmermenü<br />

ein, das unter der Leitung von Markus<br />

Diethelm und seiner Frau Heidi in der Kantine<br />

selbst gekocht wurde.<br />

Im Bestreben, aus Sicht der Eltern wichtige<br />

Themen und Probleme aufzugreifen und Lösungen<br />

zuzuführen, ist der EV<strong>KEN</strong> Sprachrohr für<br />

die Elternschaft und vertritt deren Interessen.<br />

Der/die Präsident/in ist dabei erste Kontaktperson.<br />

Nur ein Elternverein, der von möglichst<br />

vielen Eltern unterstützt und getragen wird, ist<br />

schlagkräftig und kann Positives bewirken. In<br />

diesem Sinne darf man allen Eltern ans Herz<br />

legen, dem EV<strong>KEN</strong> beizutreten!<br />

<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>


www.ken.ch

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