Festschrift 50-KEN-30 - Kantonsschule Enge
Festschrift 50-KEN-30 - Kantonsschule Enge
Festschrift 50-KEN-30 - Kantonsschule Enge
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<strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
<strong>50</strong> Jahre Schulanlage Freudenberg<br />
<strong>30</strong> Jahre <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum
<strong>50</strong> Jahre Schulanlage Freudenberg<br />
<strong>30</strong> Jahre <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum<br />
<strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
2<br />
Bild Umschlag: Peter Hunkeler<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort<br />
■ Vorwort des Rektors<br />
6<br />
Architektur<br />
■ Ein Sehnsuchtsort<br />
14<br />
Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong><br />
■ Schulleitung<br />
22<br />
■<br />
Grossaufnahme der <strong>KEN</strong>-Schulgemeinschaft<br />
vom 23 Juni 2009<br />
■ Wirtschaft und Recht<br />
23<br />
■ Alte und neue Romanische Sprachen<br />
24<br />
■ Deutsch<br />
25<br />
■ Englisch und Russisch<br />
26<br />
■ Mathematik und Informatik<br />
27<br />
■ Biologie, Chemie und Physik<br />
28<br />
■ Geschichte und Geografie<br />
29<br />
■ Sport<br />
<strong>30</strong><br />
■ Bildnerisches Gestalten und Musik<br />
31<br />
Schulgeschichte(n)<br />
■ Die Villa Freudenberg<br />
34<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Die alte <strong>Kantonsschule</strong> Zürich:<br />
eine Mittelschule «ohne Raum» 37<br />
Eine «erlösende Geste»:<br />
Das Schulhaus Freudenberg 40<br />
Oh du lieber Freudenberg –<br />
<strong>50</strong> Jahre in der <strong>Enge</strong> 45<br />
■ Literaturverzeichnis<br />
51<br />
Chronik und Statistik<br />
■ Schulchronik<br />
55<br />
■ Auswahl der Jahresberichte<br />
59<br />
■ Schulstatistik<br />
60<br />
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
■ Handels- und Informatikmittelschule<br />
64<br />
■ <strong>Enge</strong> der Zukunft<br />
67<br />
■ Der <strong>KEN</strong>-Code<br />
72<br />
■ Der Projektunterricht<br />
74<br />
■<br />
■<br />
<strong>Enge</strong> global – Akzent «Internationale<br />
Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit» 76<br />
Projekt Schweiz-Slowakei: Partnerschaft<br />
zwischen Zürich und Sered’ seit 1998 78<br />
■ Austausch mit Deutschland: Unsere Schulpartnerschaft<br />
mit der Graf-<strong>Enge</strong>lbert-Schule<br />
in Bochum 80<br />
■ Schüleraustausch <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> –<br />
Bay Area High Schools 82<br />
■ Die Schülerorganisation – eine Spurensuche 84<br />
■ Chor der KS <strong>Enge</strong> – Ein Rückblick von der<br />
Entstehung bis zur Gegenwart 86<br />
■ Bretter, die unsere Welt bedeuten 88<br />
■ Tempora mutantur et nos mutamur in illis –<br />
oder vom Werdegang der Kontaktgruppe 90<br />
■ Der Kinderhütedienst<br />
91<br />
■ Der Verein Ehemaliger der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> 94<br />
■ Der Elternverein der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> 95<br />
3
4<br />
Impressum<br />
<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> Zürich<br />
Steinentischstrasse 10<br />
8002 Zürich<br />
www ken ch<br />
Tel 044 286 76 11<br />
Fax 044 286 76 19<br />
Redaktion<br />
Marco Zanoli<br />
Hans Spuhler (Mitarbeit)<br />
Fotos<br />
Andreas Haag, Ulrich Anderegg, Peter Hunkeler, Thomas Burla, Iren Stehli, Gian Vaitl<br />
Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />
gta Archiv der ETH Zürich, Nachlass Jacques Schader<br />
Gestaltung<br />
Markus Kachel, Armin Frischknecht<br />
Druck<br />
Bader & Niederöst AG, Kloten
Vorwort<br />
Vorwort<br />
5
6<br />
Vorwort des Rektors<br />
Die letzten 15 Jahre<br />
Beat Wüthrich, Rektor 1996–2010<br />
In den letzten <strong>50</strong> Jahren hat sich die <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> in allen Bereichen enorm verändert,<br />
auch wenn der Besucher, von aussen kommend,<br />
die Schulanlage wohl nicht wesentlich<br />
anders wahrnimmt als damals. Und wie sie bei<br />
Planung, Bau und Einweihung unserer beiden<br />
Schulen ausgesehen hat, ist an anderer Stelle<br />
dieser <strong>Festschrift</strong> eingehend beschrieben und<br />
illustriert.<br />
Meine Betrachtungen beschränken sich auf<br />
die letzten 15 Jahre von 1994 bis heute. Diese<br />
Zeitspanne reicht völlig aus, um die Beschleunigung<br />
der Entwicklungen und Änderungen, welche<br />
die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> jung und modern<br />
gehalten haben, in Streiflichtern aufzuzeigen.<br />
Saniert und gründlich modernisiert<br />
Dass unsere Gebäulichkeiten und Schulräume<br />
trotz ihres respektablen Alters fast wie neu aussehen,<br />
ist auf die Totalsanierung zurück zu führen,<br />
die, Planung und Vorarbeiten inbegriffen,<br />
fast ein Jahrzehnt gedauert hat (von 1993 bis<br />
2001).<br />
Mit einem Budget, für das andernorts neue<br />
Schulanlagen errichtet werden, nämlich für<br />
gute 64 Millionen Franken, wurden alle (zahlreichen)<br />
Baumängel, -schäden und -sünden behoben<br />
und alles gründlich durchsaniert.<br />
Dass der neue Glanz heute dem alten Glanz<br />
bei der Einweihung entspricht und die Räumlichkeiten<br />
an etlichen Stellen an die Erfordernisse<br />
eines modernen gymnasialen Schulbetriebes<br />
angepasst werden konnten, ist einem<br />
kompetenten Baugremium zu verdanken, dem<br />
neben dem Architekten, Prof. Jacques Schader,<br />
und seinem Büro sowie den Fachleuten des<br />
Hochbauamtes auch der Rektor und der Prorektor<br />
angehörten, die eigene Ideen, aber auch die<br />
Meinungen und Wünsche des Lehrerkonventes<br />
wie auch des erfahrenen Hausmeisters mit Erfolg<br />
in die Planung einbringen konnten.<br />
Was alles im Hauptgebäude seit der Sanierung<br />
den Betrieb verbessert hat, sei hier auszugsweise<br />
und stichwortartig festgestellt:<br />
Durch die Entfernung einer Zwischenwand<br />
wurden zwei enge Lehrzimmer zu einem gros-<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
sen schönen Raum zusammengefasst, der dem<br />
stark gewachsenen Kollegium (ca. 160 Lehrpersonen<br />
bei Vollbestand) Rechnung trägt.<br />
Parallel dazu wurde das ganze Untergeschoss<br />
umgebaut, womit neue Räume geschaffen<br />
oder bestehende einer neuen Nutzung<br />
zugeführt werden konnten. Besonders hervorzuheben<br />
ist das Lehrerarbeitszimmer, das trotz<br />
eingebauter Compactusanlage zur Unterbringung<br />
der reichhaltigen Lehrerbibliothek den<br />
Lehrerinnen und Lehrern eine willkommene<br />
Ergänzung zum Lehrerzimmer bietet. Allerdings<br />
ist auch dieser Raum heute schon wieder<br />
zu klein. Und es fehlt auch das gemütlich-literarische<br />
Flair, das ein wenig Rückzug von der<br />
Unterrichtshektik ermöglicht. Deshalb wurde<br />
auf Initiative einiger Deutschlehrer eines der<br />
schönst gelegenen Zimmer, das «114», mit Blick<br />
auf das Zentrum der Schaderschen Anlage in<br />
einen Literatur- und Begegnungsraum umgewandelt.<br />
Hier entspannt man sich, umrahmt<br />
von der neusten deutschen Literatur, im geeigneten,<br />
nicht ganz Schader getreuen Mobiliar<br />
weitab vom Tagesgetriebe...<br />
Von der Sanierung entscheidend profitiert<br />
haben auch die Unterrichtsräume der naturwissenschaftlichen<br />
Fächer, die anzahlmässig<br />
erweitert werden konnten. Ein zusätzliches<br />
Physikzimmer lindert die Raumnot wenigstens<br />
zum Teil und zwei grosse neue Geografiezim-
Vorwort<br />
mer gehen auf die Idee des Rektors zurück, die<br />
grosse Hauptzugangstreppe, die von der Steinentischstrasse<br />
her zum Hauptgebäude führt,<br />
auszuhöhlen und für zusätzlichen Schulraum<br />
zu nutzen. Alle Naturwissenschaften profitieren<br />
zudem vom grosszügigen Ausbau der<br />
Sammlungen und der tollen Ausrüstung mit<br />
modernster Infrastruktur wie Multimediaanlage,<br />
Videobeamer und integriertem PC.<br />
«Warten» ist leider die Devise, wenn man<br />
von der sehnsüchtig erhofften Dreifachturnhalle<br />
spricht, die den eklatanten Raummangel<br />
für den Fachbereich Sport dereinst beheben<br />
soll. Ebenso leben die längst fällige Mensaerweiterung<br />
sowie eine definitive und der Anlage<br />
angemessene Mediothek von der Hoffnung auf<br />
kommende Jahre. Seit dem Architekturwettbewerb<br />
im Jahre 2002 sind die Jahre ins Land<br />
gezogen und der aktuelle Zeithorizont für eine<br />
Realisierung lautet nun frühestens 2013. Unser<br />
Spatz in der Hand ist die unlimitierte Bewilligung<br />
des Bibliotheksprovisoriums durch die<br />
Stadtbehörden. Mit seiner Hilfe konnte Mitte<br />
der neunziger Jahre die Grosssanierung organisatorisch<br />
bewältigt werden. Schon mehrmals<br />
hätte es längst abgerissen werden sollen.<br />
Ein gefragtes Schulprogramm<br />
Auch wenn es unsere Stammschule, die Handelsmittelschule,<br />
noch gibt und die gymnasialen<br />
Lehrgänge immer noch neusprachliche<br />
und wirtschaftlich-rechtliche sind, so ist das<br />
heutige Schulprogramm doch ein klar anderes<br />
als vor 15 Jahren.<br />
Die Gymnasialdauer wurde in der Mitte der<br />
neunziger Jahre um ein halbes Jahr trotz vehementem<br />
Abstimmungskampf verkürzt, die<br />
Anzahl der obligatorischen Semesterstunden<br />
aus Spargründen limitiert und 1998 das neue<br />
Eidgenössische Maturitätsanerkennungsreglement<br />
(MAR) eingeführt. Es ist gekennzeichnet<br />
durch Profile mit Schwerpunktfächern (bei<br />
uns neusprachliches Profil und wirtschaftlichrechtliches<br />
Profil), eine obligatorische Maturaarbeit<br />
und die Reduktion der Bedeutung der<br />
Naturwissenschaften, die nun als Gruppenfach<br />
gewertet werden. Neu ist im Kanton Zürich<br />
ausserdem ein Notensystem, in dem schlechte<br />
Noten doppelt durch gute kompensiert werden<br />
müssen. Schlechte Zeiten für Seiltänzer!<br />
Die Handelsmittelschule wurde auch komplett<br />
modernisiert und erhielt ein «Plus». Drei<br />
Jahre Vollzeit-Mittelschule mit abschliessendem<br />
Diplom plus ein Jahr Praxis durch Berufsanstellung<br />
in einer geeigneten Firma. Die<br />
kaufmännische Berufsmaturität öffnet danach<br />
die Türe zum Studium an der passenden Fach-<br />
7
8<br />
hochschule – eine moderne und gute Alternative<br />
zum konventionellen akademischen Hochschulstudium<br />
an einer Universität oder an der<br />
ETH. Seit 2000 gibt es zudem ein der Handelsmittelschule<br />
sehr ähnliches Bildungsangebot,<br />
nämlich die Informatikmittelschule, die auch<br />
die Struktur «3+1» aufweist. Sie führt ebenfalls<br />
zur kaufmännischen Berufsmaturität, daneben<br />
erwerben die Absolventen als Lehrabschluss<br />
noch ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis<br />
als Informatiker für Applikationsentwicklung,<br />
eine wahrlich topmoderne Ausbildung.<br />
Zurück zum Gymnasium, das an der <strong>KEN</strong><br />
ebenfalls laufend den aktuellen Erfordernissen<br />
und gesellschaftlichen Wandlungen angepasst<br />
wird.<br />
Seit einiger Zeit führen wir eine Immersionsklasse<br />
des wirtschaftlich-rechtlichen Profils. Der<br />
Abschluss ist hier ein konsequent zweisprachlicher<br />
in Deutsch und Englisch. Er entspricht einem<br />
klaren Bedürfnis, findet doch der wissenschaftliche<br />
Betrieb an unseren Universitäten in<br />
zunehmenden Masse auf Englisch statt.<br />
Das neuste Angebot geht noch konsequenter<br />
auf den Zeitgeist ein. Wir bezeichnen die<br />
Ausrichtung der beiden Pilotklassen N und WR<br />
als Akzent und meinen damit die Schwerpunkte<br />
«Internationale Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit»,<br />
die dem normalen Lehrplan bis<br />
zum Abschluss modulartig überlagert sind.<br />
Weitere Stichworte, die den modernen Schulbetrieb<br />
prägen, wären:<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Der Kulturauftrag, dessen Stellenwert in<br />
den letzten 15 Jahren noch gewachsen ist<br />
Austauschprojekte mit Partnerschulen<br />
im Ausland (Sered‘ in der Slowakei,<br />
Bochum und San Francisco)<br />
die Teilautonomie und der damit<br />
verbundene Wettbewerb der Zürcher<br />
<strong>Kantonsschule</strong>n<br />
das Globalbudget der Schule, das uns<br />
die Flexibilität für unsere zahlreichen<br />
Vorhaben schenkt<br />
Von Beamten zu<br />
Mittelschullehrpersonen<br />
Auch das Kollegium hat sich seit den neunziger<br />
Jahren verändert. Nicht nur, weil es verjüngt<br />
scheint und Anzug und Krawatte im täglichen<br />
Unterrichtsbetrieb selten geworden sind, sondern<br />
auch weil der Frauenanteil stark gewachsen<br />
ist und in einzelnen Fachschaften die Kollegen<br />
sogar rar geworden sind. Das hat mit der<br />
Emanzipation zu tun, aber auch mit der steigenden<br />
Anzahl Kolleginnen und Kollegen, die<br />
mit einem Teilpensum an der Schule arbeiten.<br />
Und war früher die Lehrerschaft streng getrennt<br />
in die etablierten in der Schule fest verankerten<br />
beamteten Hauptlehrer (und ein paar<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
vereinzelte Hauptlehrerinnen) einerseits und<br />
in die Schar der im Konvent nicht stimmberechtigten<br />
Lehrbeauftragten andrerseits, so ergibt<br />
sich heute ein ganz anderes Bild: Die Lehrbeauftragten<br />
sind seltener geworden, sind befristet<br />
angestellt, meist in der Ausbildung und unterrichten<br />
kleine Pensen. Je nach Pensengrösse<br />
sind sie heute stimm- und wahlberechtigt. Die<br />
grosse Schar der unbefristet angestellten Pädagogen<br />
wird Mittelschullehrpersonen genannt,<br />
die ganz fest etablierten unter ihnen geniessen<br />
nun den etwas geheimnisvollen Titel «mit besonderen<br />
Aufgaben» (mbA). Alle sind öffentlich-rechtlich<br />
angestellt und damit halbjährlich<br />
kündbar, was aber ihr Engagement für die<br />
Schule keineswegs beeinträchtigt – zum Glück<br />
und im Gegenteil!<br />
Das Engagement der Lehrkräfte zeigt sich<br />
auch in der bereitwilligen Mitarbeit in zahlreichen<br />
Kommissionen, Arbeitsgruppen und Projekten,<br />
die im Rahmen der Schulentwicklung<br />
(auch ein Begriff, der vor 15 Jahren kaum je<br />
verwendet wurde) von Schulleitung und Konvent<br />
ins Leben gerufen werden. Für die Lehrerinnen<br />
und Lehrer ist es mittlerweile selbstverständlich<br />
geworden, sich weiterzubilden, sei es<br />
individuell in Kursen und Urlauben, sei es in<br />
einer der alle zwei Jahre stattfindenden zweitägigen<br />
Weiterbildungstagungen, an denen das<br />
ganze Kollegium jeweils brennende Zukunfts-
Vorwort<br />
9
10<br />
fragen vertieft und unter Beizug von Fachleuten<br />
erörtert und daraus strategisch wichtige<br />
Leitlinien erarbeitet.<br />
Die jungen Erwachsenen werden<br />
ernst genommen<br />
Parallel zum Lehrerkollegium hat sich auch die<br />
Schülerschaft verändert, auch wenn das auf<br />
den ersten Blick nicht leicht ersichtlich ist. Seit<br />
der zweiten Hälfte der neunziger Jahre sind die<br />
jungen Frauen und Männer ab dem vollendeten<br />
18. Altersjahr volljährig, so dass wir es etwa bei<br />
der Hälfte der Schülerschaft mit erwachsenen<br />
Personen zu tun haben.<br />
Schulleitung und Konvent tragen dieser<br />
Entwicklung in mehrfacher Hinsicht Rechnung.<br />
Da werden die erwachsenen Schüler/<br />
innen bei wichtigen persönlichen Schulangelegenheiten<br />
vor ihren Eltern orientiert und man<br />
verlangt von den jungen Menschen mehr Verantwortung<br />
für die Gemeinschaft.<br />
Der Verantwortung für sich selbst trägt<br />
auch ein neues Absenzenkontrollsystem Rechnung,<br />
das den Schüler/innen der oberen Klassen<br />
mehr Freiheiten einräumt und nur dann<br />
mit rigideren Kontrollen einschreitet, wenn<br />
diese Freiheiten nicht verantwortungsbewusst<br />
wahrgenommen werden. Zudem ermöglicht es<br />
dieses neue System den Klassenlehrpersonen,<br />
persönliche Probleme und Schwierigkeiten von<br />
Schüler/innen rascher zu erkennen und entsprechend<br />
zu handeln.<br />
In allen wichtigen Projektgruppen und Kommissionen<br />
werden Vertreter der Schülerschaft<br />
zur Mitarbeit eingeladen – mit klarem Gewinn<br />
für die Lösung vieler aktueller Probleme. Die<br />
Mitarbeit des sehr initiativen und engagierten<br />
Vorstandes der Schülerorganisation ist uns dabei<br />
sehr wertvoll. Er hilft auch mit bei der Auswahl<br />
der Patinnen und Paten, das sind ältere erfahrene<br />
Schüler/innen, die uns bei der Integration unserer<br />
Erstklässler/innen in unseren Schulgrossbetrieb<br />
jedes Jahr sehr positiv behilflich sind.<br />
Leitung durch eine<br />
Konventspräsidentin<br />
Der Konvent hat sich weiterentwickelt. Die<br />
Sachlichkeit in der Diskussion besitzt hohe<br />
Priorität und auch das Recht für alle, ihre Meinung<br />
einzubringen.<br />
Seit kurzem leitet nicht mehr der Rektor dieses<br />
wichtige Organ der Schulführung, sondern<br />
die neue Konventspräsidentin, was der Schulleitung<br />
ermöglicht, ihre Anliegen zwar nach<br />
wie vor mit Engagement aber entlastet von der<br />
Doppelrolle der Sitzungsleitung zu vertreten.<br />
Der Ablauf der Konvente hat sich auch den<br />
Gegebenheiten angepasst. Damit bei der grossen<br />
Anzahl der Lehrpersonen die intensive Diskussion<br />
nicht verschwindet, werden wichtige<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Geschäfte und Fragen zuerst in Gruppen diskutiert.<br />
Die Gruppenresultate werden im Plenum<br />
präsentiert, was die Erarbeitung der Synthese<br />
wesentlich erleichtert.<br />
Nicht zu vergessen die fruchtbare Mitarbeit<br />
der nach MAR stimmberechtigten Schülerdelegation.<br />
Sie gibt uns immer wieder wesentliche<br />
Hinweise über die Befindlichkeit der Schülerschaft<br />
und ihre Meinung zu geplanten Änderungen<br />
und Entwicklungen.<br />
E-Mail-Adresse für alle<br />
Nicht nur bei uns hat die IT-Revolution ihre<br />
Spuren hinterlassen. Schon bei meinem Amtsantritt<br />
gehörte die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> zu den<br />
Pionierschulen auf dem Gebiet der Anwendung<br />
der elektronischen Datenverarbeitung. Das<br />
Computerzeitalter hatte mit eindrücklich ausgebauter<br />
Infrastruktur und den entsprechenden<br />
Lehrplänen schon Eingang ins Schulleben<br />
gefunden. Gleichwohl hätten sich auch die damaligen<br />
Experten kaum alle heute selbstverständlichen<br />
Möglichkeiten träumen lassen:<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Die Schule zeigt sich nach aussen mit einer<br />
professionell gestalteten Homepage<br />
der elektronische Stundenplan informiert<br />
online über den Tagesbetrieb<br />
Laptops gehen in (fast) allen Gebäuden<br />
via Wireless-LAN ans Internet und
Vorwort<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Intranet, Schüler/innen kommunizieren<br />
darüber mit ihren Lehrpersonen und<br />
gestalten den Unterricht<br />
alle Schulangehörigen sind via Schulserver<br />
über eine eigene E-Mail-Adresse<br />
erreichbar<br />
sowohl Lehrpersonen wie auch Schüler/<br />
innen haben Zugang zu modernsten<br />
vernetzten Computerstationen (Desktops<br />
und Laptops)<br />
Und nicht zu vergessen: Je eine moderne<br />
Mediothek/Bibliothek steht den<br />
Schüler/innen und dem Lehrpersonal<br />
zur Verfügung; da gibt es auch Bücher<br />
zum Anfassen...<br />
Hohe Leistung und gegenseitiges<br />
Vertrauen<br />
Der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> wird attestiert, dass<br />
an ihr ein gewaltarmes angstfreies Schulklima<br />
herrsche, dass der tägliche Umgang weitgehend<br />
geprägt sei durch gegenseitiges Vertrauen<br />
und Respekt aller Schulangehöriger (Lehrpersonen,<br />
Schulleitung, Schüler/innen, Personal<br />
und – natürlich – auch die Eltern). Einige Stichworte<br />
und Begriffe, welche diese Auffassung<br />
bestärken, sind:<br />
■<br />
Gute Information von neuen Lehrpersonen<br />
und neuen Schüler/innen<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
eine äusserst engagierte Kontaktgruppe<br />
zur Beratung und Betreuung von Schulangehörigen<br />
Überbrückung von (wahren und<br />
vermeintlichen Gräben zwischen den<br />
Kulturen)<br />
die ausgezeichnete Streitkultur<br />
ein effizienter Dienstleistungsbetrieb<br />
und ein umfassendes Informationskonzept<br />
der aktive und äusserst kooperative<br />
Elternverein<br />
ein neuer Kodex (<strong>KEN</strong>-Code), der in<br />
sechs Grundsätzen das Zusammenleben<br />
von gegen tausend Menschen im<br />
täglichen Betrieb beschreibt und als<br />
Rahmen wahrgenommen wird.<br />
Trotz allen tief greifenden Veränderungen der<br />
letzten 15 Jahre haben wir damit erreicht, dass<br />
sich die Schüler/innen, aber auch die Lehrpersonen<br />
an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> wohl fühlen<br />
und ihren Beruf, den des Lehrens wie auch den<br />
des Lernens, schätzen. Für alle Schulangehörigen<br />
ist selbstverständlich, dass die Schulziele<br />
nur mit konsequenter Leistung, mit Engagement<br />
und Ausdauer erreicht werden können.<br />
Das Schulklima schafft die besten Voraussetzungen<br />
dazu.<br />
11
12<br />
Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader
Architektur<br />
Architektur<br />
13
14<br />
Architektur<br />
Ein Sehnsuchtsort<br />
Benedikt Loderer, Stadtwanderer<br />
Ich war ein Landei. Im Herbst 1963 kam ich<br />
zum ersten Mal in meinem Leben nach Zürich.<br />
Die Hochbauzeichnerklasse der Gewerbeschule<br />
Bern besichtigte den Freudenberg. Der Bus<br />
hielt an der Brandschenkenstrasse. Der architektonische<br />
Empfang war grossartig. Ein Tor<br />
aus Sichtbeton, dahinter eine breite Freitreppe,<br />
die auf einen weiten Platz führte. Ich war elektrisiert,<br />
ergriffen, mich wehte der grosse Atem<br />
an, doch ein Mitschüler maulte: «Typisch Züri,<br />
halb so breit wäre noch das Doppelte zuviel». Da<br />
sprengte die Sehnsucht die Schale des Bauern-,<br />
Gewerbe- und Bürger-Landeis und ich entgegnete:<br />
«Dafür habe sie endlich etwas Grosses.»<br />
Noch bevor ich Jacques Schaders Schulhaus<br />
Freudenberg richtig wahrgenommen hatte,<br />
spürte ich: ein Sehnsuchtsort.<br />
Heute ist mir klar: Es gibt kein anderes Gebäude<br />
in der Schweiz, das mehr Hoffnung darstellt.<br />
Was ist der Freudenberg? Der Ausgang<br />
der Schweiz aus der selbstgefälligen Isolation.<br />
Der Kanton Zürich tritt wieder in die Welt, das<br />
Réduit bleibt leer zurück, bewohnt nur noch<br />
vom zählebigen Selbstbetrug der geistigen Landesverteidigung.<br />
Endlich weht frischer Wind.<br />
Er kommt über den Milchbuck, wo im Klotenerried<br />
der Flughafen, das Anschlussbauwerk<br />
der Schweiz an die Welt entsteht. In den Alpen<br />
türmen sich die Staumauern bis zu 2<strong>50</strong> Metern<br />
Höhe. Der erste Kühlschrank, die erste Waschmaschine<br />
und der erste Fernsehapparat dringen<br />
in Schweizers Wohnung ein, der Volkswagen<br />
wartet vor der Tür. Da bricht der Bildungsnotstand<br />
aus. Eine Hochzeit, denn ich übersetze<br />
das mit: Die neue Zeit braucht mehr Ingenieure<br />
und weniger Erdarbeiter. Also packen wir’s an.<br />
Der Kanton Zürich baut neue Gymnasien. Die<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Die Handelsschule/<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> und der<br />
gemeinsam mit dem Gymnasium/<strong>Kantonsschule</strong><br />
Freudenberg genutzten Trakt der Naturwissenschaften.<br />
Ansicht von der Steinentischstrasse her, ca. 1961.<br />
Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader
Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />
Architektur<br />
Jacques Schader<br />
J acques<br />
Schader kam am 24. März 1917 in Basel zur Welt<br />
und wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Nach<br />
der Matura besuchte er die Fachklasse für Innenausbau an<br />
der Kunstgewerbeschule in Basel und studierte 1939–43<br />
Architektur an der ETH in Zürich. Er eröffnete 1946 sein<br />
eigenes Architekturbüro, war von 1948 bis 1953 Redaktor<br />
der Zeitschrift «Bauen + Wohnen» gemeinsam mit Richard P.<br />
Lohse. Er gewann 1954 den Wettbewerb für die <strong>Kantonsschule</strong><br />
Freudenberg, die er bis 1961 ausführte, sein Meisterwerk.<br />
Ab 1960 war er ordentlicher Professor für Architektur an<br />
der ETH, doch trat er 1970 zurück, um sich auf seine Arbeit<br />
als Architekt zu konzentrieren. Er baute anschliessend das<br />
Kirchgemeindehaus Aussersihl und den Hauptsitz der IBM<br />
am General Guisan-Quai. Mit der Siedlung der Eisenbahner-<br />
Baugenossenschaft in Spreitenbach setzt Schader mit siebzig<br />
nochmals einen Markstein im Wohnungsbau. Jacques<br />
Schader starb am 19. Januar 2007.<br />
fünfziger Jahre sind die letzte gesunde Periode<br />
in diesem Land, der hoffnungsvolle Aufbruch vor<br />
dem Fettwerden. Neue Ufer, nicht Bestandeswahrung,<br />
erarbeitet, nicht herbeispekuliert. Mehr Zukunftsvertrauen<br />
gab es seither nie.<br />
Diese Hoffnung steckt heute noch in diesem<br />
Schulhaus. Am Anfang steht ein Abbruch. Die Villa<br />
Freudenberg, einer der bedeutendsten klassizistischen<br />
Bauten Zürichs, wurde stillschweigend<br />
und selbstverständlich geopfert. Nicht die Villa,<br />
sondern der Baumbestand sollten geschont werden.<br />
Man war gar nicht zimperlich damals. Die<br />
Zukunft wird besser, die Verluste machen Platz<br />
für das Bessere. Fünfzig Jahre Raubbau an der<br />
Bausubstanz später, sind wir klüger geworden.<br />
Wer heute hier ein Schulhaus bauen wollte, müsste<br />
die Villa grundsätzlich stehen lassen. Für den<br />
riesigen Rest des Bauprogramms gälte der Grundsatz:<br />
Wenn wir ein Problem nicht lösen können, so<br />
können wir es immerhin vergraben.<br />
Der Kanton Zürich schrieb einen offenen Projektwettbewerb<br />
aus. Aus 57 Projekten wählte das<br />
Preisgericht im Januar 1954 einstimmig jenes des<br />
15
16<br />
Architekten Jacques Schader aus. Entscheidend waren<br />
der Umgang mit dem Hügel und die gestalterische<br />
Konsequenz.<br />
Drei Hügel, vom Linthgletscher übrig gelassen,<br />
waren in die städtebauliche Rechnung aufzunehmen.<br />
Auf dem ersten steht Alfred Friedrich Bluntschlis<br />
Kirche <strong>Enge</strong> von 1894, auf dem zweiten die<br />
Hürlimann-Villa von Albert Müller (1900), der dritte<br />
ist der Freudenberg. Ein Hochhaus draufsetzen? «Die<br />
Besichtigung des Bauplatzes hat eindeutig ergeben,<br />
dass ein turmartiger Vertikalakzent […] nicht erwünscht<br />
ist», fand das Preisgericht des Wettbewerbs<br />
heraus. Viel besser war das Projekt Schaders. «Die<br />
[…] Gegebenheiten des Hügelplateaus sind durch<br />
die konsequent horizontal gelagerten Baumassen in<br />
glücklicher Weise aufgenommen. Die hohen Bäume<br />
überschneiden die Silhouetten der Baukörper, sodass<br />
der Charakter des Parks gewahrt bleibt.»<br />
Schader hatte das Gelände genau studiert. Er baute<br />
nicht auf den Hügel, sondern verstärkte ihn architektonisch.<br />
Auf das Plateau setze er nur zwei niedrige<br />
Bauten, den quadratischen zweigeschossigen Block<br />
des Realgymnasiums und den dreigeschossigen Riegel<br />
der Handelsschule. Dazwischen wird der flache Hügelrücken<br />
zur Ebene des Pausenplatzes. Die naturwissenschaftlichen<br />
Räume schiebt er im Süden und die<br />
Turnhallen im Norden an den Hügel heran. Er formt<br />
daraus einen grossen Sockel. Die Zugänge sind seitlich<br />
mit Rampen und Treppen inszeniert. Man kommt<br />
nicht einfach an, man schreitet hinauf. Wer bildungsvolle<br />
Vergleiche schätzt, sagt Akropolis. Es ist die Geburt<br />
des Entwurfs aus dem Geiste des Geländes. Das<br />
anspruchsvolle Bauprogramm ist in einem Ganzen<br />
gefasst. Nur die Aula steht abgesetzt als eigenständiger<br />
Quader am Eingang Brandschenkenstrasse.<br />
Schaders Projekt war so überzeugend, dass kaum<br />
Widerstand aufkam und im März 1956 die allein<br />
stimmberechtigten Männer des Kantons Zürich mit<br />
rund 62 Prozent Ja zustimmten.<br />
Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
Architektur<br />
Einblick in ein Schulzimmer mit Originalmobiliar ca. 1960<br />
Innenansicht der Aula<br />
Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />
Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />
17
18<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
Architektur<br />
Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />
Nun kam die gestalterische Konsequenz zum<br />
Zug. Die <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg ist eines<br />
der wenigen Projekte, das im Laufe der Ausführungsplanung<br />
nicht aufgeweicht und verwässert<br />
wurde. Ganz im Gegenteil: Schader und seine<br />
Leute spitzten zu, verdeutlichten und verbesserten.<br />
Zwei Schulzimmer wurden im Massstab<br />
1:1 als Musterpavillon aufgebaut, um daran alle<br />
Details zu überprüfen. Die zweiseitige Belichtung,<br />
die künstliche Beleuchtung, aber auch die<br />
Wandtafeln, die Schulbänke und Wandkästen<br />
wurden von der Baukommission diskutiert. Von<br />
den beiden vorgeschlagenen Fenstermassen (1,2<br />
oder 1,5 m) entscheidet sich die Kommission auf<br />
Antrag Schaders für das grössere. Heute noch<br />
beeindrucken die Fassaden durch ihre Präzision.<br />
Hier sind höchste Leidenschaft und grösste<br />
Genauigkeit zusammen gekommen. Denn die<br />
Intensität, die notwendig war, um zu dieser Klarheit<br />
zu kommen, spürt selbst der architekturferne<br />
Gymnasiast. Faut le faire. Nichts ist zufällig,<br />
nichts ist unkontrolliert, nichts gehorcht dem<br />
Prinzip des geringsten Widerstands. In einem<br />
Nachruf auf Schader steht, sein «Wunsch nach<br />
einem möglichst hohen Ordnungsgrad» sei in<br />
jedem seiner Bauten zu spüren. Schader war ein<br />
unerbittlicher Systematiker. Die Matrix ist sein<br />
wichtigstes Werkzeug, das Darstellungsgitter des<br />
Gedankengebäudes, das er vor dem gebauten errichtet.<br />
Der Architekt ist kein Demiurg, sondern<br />
ein Organisator.<br />
Bleibt noch das Stichwort Transparenz.<br />
Wenn es Offenheit meint, so geht es um das Zusammenfliessen<br />
von Aussen- und Innenraum.<br />
Aus den Erdgeschossen blickt man durch eine<br />
Glaswand auf den Pausenplatz und von aussen<br />
ist zu verfolgen, was im Innern vorgeht. Offen-<br />
heit meint aber auch Öffnung der Schule. Nicht<br />
mehr der geschlossene Schulpalast, der als Festung<br />
im Quartier steht, sondern ein einladende<br />
Räume, die auch ihrer Umgebung dienen. Darüber<br />
hinaus ist Transparenz ein architektonisches<br />
Stichwort der fünfziger Jahre und meint zuerst<br />
einmal, dass das Durchsichtige demokratisch<br />
sei, das Gegenteil der Mauschelei im Hinterzimmer.<br />
Schliesslich ist Transparenz auch ein architekturtheoretisches<br />
Konzept, das die mehrfache<br />
Lesbarkeit der Raumgrenzen als eines der Merkmale<br />
der Modernen beschreibt. Schaders Freudenberg<br />
ist ein Musterbeispiel dafür. Die Räume<br />
sind keine geschlossenen Schachteln, sondern<br />
ineinander greifende, ineinander übergehende<br />
Raumfolgen. Deren Grenzen je nach Standort<br />
verschieden gezogen werden.<br />
Heute, nach der sorgfältigen, von Schader<br />
noch mitgestalteten Renovation, ist die Kantonschule<br />
Freudenberg 46 Jahre später immer noch<br />
einer meiner Sehnsuchtsorte. Sie verkörpert den<br />
Aufbruch (meinen auch), die Zukunftsgewissheit<br />
(meine nicht mehr). Sie ist ein Glücksfall im<br />
Unterrichtsfach Angewandte Intelligenz und ein<br />
Wunderwerk an Präzision. Zusammenfassend:<br />
Mein Zentralbau.<br />
Literatur<br />
Freudenberg. Der Architekt Jacques Schader und<br />
die <strong>Kantonsschule</strong> in Zürich-<strong>Enge</strong>. Eine Baumonographie<br />
mit einem Verzeichnis ausgewählter<br />
Werke von Marianne Burkhalter, Michael Koch,<br />
Claude Lichtenstein und Tomaso Zanoni. Museum<br />
für Gestaltung und Schweizerischer Werkbund,<br />
Zürich 1992. (Publikation zur Ausstellung<br />
gleichen Titels)<br />
19
20<br />
Foto: Gian Vaitl
Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />
Personen und Fächer<br />
an der <strong>KEN</strong><br />
21
22<br />
Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />
Fotos Andreas Haag<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Schulleitung<br />
von links nach rechts:<br />
Prorektor Thomas Limacher,<br />
Rektor Beat Wüthrich,<br />
Prorektor Christoph Wittmer
Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />
Wirtschaft<br />
und Recht<br />
Hinten:<br />
Daniel Hajdu, Ricardo Grisch,<br />
Thomas Lenzhofer, Thomas Wirth<br />
Mitte: Susanne Kenel Guillain,<br />
Karin Hunkeler,<br />
Nicole Brockhaus-Soldenhoff,<br />
Mirjam Haefelin<br />
Vorne: Andrea Classen,<br />
Monika Radvila Lutz<br />
23
24<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Alte und neue<br />
Romanische<br />
Sprachen<br />
Hinten: Annette Ehrlich,<br />
Olivier Burri, Laurent Trouselle,<br />
Martine Grosjean, Irene Wenger,<br />
Jürg Dreifuss, Peter Deller.<br />
Mitte: Daniela Piroddi Haupt,<br />
María Elena Alonso-Negreira,<br />
Antonia Eggimann-Fravi,<br />
Claudia Späh Müller,<br />
Barbara de Capitani<br />
Vorne: Ruth Caspar,<br />
Valérie Schnitter
Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />
Deutsch<br />
Hinten: Urs Albrecht,<br />
Beatrice Schmid-Aerne,<br />
Jürg Dreifuss, Peter Baumann<br />
Mitte: Urs Bigler,<br />
Seraina Lustgarten-Eggenberger<br />
Vorne: Valeria Soriani,<br />
Susanne Zumbühl,<br />
Jasmin Andermatt<br />
25
26<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Englisch und<br />
Russisch<br />
Hinten: Thomas Weber,<br />
Thomas Schmidt,<br />
Alexander Ionov, Nikolay Golder,<br />
Jürg Merz, Stefan Giess<br />
Vorne: Judit Joób Stucki,<br />
Jasmin Andermatt,<br />
Seraina Lustgarten-Eggenberger,<br />
Claudia Späh Müller,<br />
Anne-Marie Aisslinger-Gubler
Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />
Mathematik<br />
und Informatik<br />
Hinten: Stefan Vollenweider,<br />
Martin Buschbeck, Olivier Burri,<br />
Gregor Lüdi, Marco Zanoli,<br />
Mirko Novakovic<br />
Mitte: Ulrich Anderegg,<br />
Renato Gmür, Stefan Rubin,<br />
Wilfried Bossard, Dominique Fluri<br />
Vorne: Beeke Rusch,<br />
Doris Zaugg Xue<br />
27
28<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Biologie,<br />
Chemie und<br />
Physik<br />
Hinten: Wilfried Bossard,<br />
Martin Buschbeck, Samuel Lang,<br />
Fabian Ottiger, Martin Simon,<br />
Silvio Stucki, Andreas Haag<br />
Mitte: Martin Lüscher,<br />
Pascal Pfister, Urs Battaglia,<br />
Dominique Fluri,<br />
Sonja Rüegg Stammbach<br />
Vorne: René Bucher,<br />
Markus Meyer,<br />
Beatrice Hartmann-Misteli,<br />
Regula Huber
Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />
Geschichte<br />
und Geografie<br />
Hinten: Nikolay Golder,<br />
Stefan Giess, Olivier Burri,<br />
Charles Spillmann, Hans Spuhler<br />
Mitte: Ruedi Merian,<br />
Martin Anderhalden, Klaus Burri,<br />
Nikolai Häne<br />
Vorne: Daisy Hartmann-Brenner,<br />
Christa Miloradovic-Weber,<br />
Marco Zanoli<br />
29
<strong>30</strong><br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Sport<br />
Hinten: Mirko Novakovic,<br />
Patrick Bernasconi,<br />
Stephan Vollenweider,<br />
Thomas Stähli<br />
Vorne: Gisela Jost,<br />
Teresa Laino Müller,<br />
Terje Busenhart
Personen und Fächer an der <strong>KEN</strong> 2009<br />
Bildnerisches<br />
Gestalten<br />
und Musik<br />
Hinten: Ueli Angstmann,<br />
Markus Kachel,<br />
Hans-Ulrich Wopmann,<br />
Martin Jäger, Beat Dähler,<br />
André Cardinò<br />
Mitte: Janos Szenogrady,<br />
Samuel Schütz,<br />
Thomas Rutherfoord,<br />
Marco Castellini<br />
Vorne: Livia Relly,<br />
Agnes von Däniken,<br />
Manuel Grütter,<br />
Hans-Christof Maier<br />
Vorne-Mitte:<br />
Annette-Caroline Schär,<br />
Barbara Schröder Goujon<br />
31
Schulgeschichte(n)<br />
Schulgeschichte(n)<br />
33
34<br />
Schulgeschichte(n)<br />
Die Villa Freudenberg<br />
Marco Zanoli<br />
In den Jahren 1806 und 1807 hielt die Zürcher<br />
Künstlergesellschaft ihre Sommersitzungen<br />
in einem Lusthaus der Familie Landolt ab, das<br />
damals umgeben von Weinreben und Obstbäumen<br />
etwas ausserhalb der Stadt Zürich idyllisch<br />
auf einer Hügelspitze lag. Die Künstler<br />
benannten das Haus kurzerhand nach dem für<br />
sie von Martin Johann Usteri verfassten Liedtext<br />
«Freut euch des Lebens» in «Freudenbergli»<br />
um. 1817/18 erwarb der Zürcher Junker<br />
Die Villa<br />
Freudenberg<br />
nach ihrer<br />
Erbauung<br />
1822–25.<br />
Stich von<br />
Heinrich<br />
Siegfried<br />
nach Schmid<br />
um 18<strong>30</strong><br />
Hauptmann Emil Meiss die Liegenschaft und<br />
liess ein neues Haus errichten, dem er den Namen<br />
«Zur Luftburg» bzw. «Zum Luftberg» gab.<br />
Er verkaufte dieses bereits 1820 an Heinrich<br />
Bodmer zur Arch, der das Gebäude von seinem<br />
Schwager Hans Kaspar Escher 1822–25<br />
im Stil des Klassizismus zum feudalen Landhaus<br />
ausbauen liess. Seinem Gut verlieh er in<br />
Anlehnung an das «Freudenbergli» den Namen<br />
«Freudenberg».<br />
Bodmer und seine Erben, sein Sohn Henri<br />
Bodmer-Pestalozzi, der das Gut 1874 erbte,<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
und sein Enkel Hans Conrad Bodmer-Zölly<br />
erweiterten durch Zukauf die Parzelle und<br />
verwandelten sie in eine Parkanlage. 1887–89<br />
erweiterte der Stadtbaumeister Gustav Gull<br />
im Auftrag von Hans Conrad Bodmer die Villa<br />
und veränderte ihre ursprüngliche Gestalt<br />
deutlich. Im Geschmack der damaligen Zeit<br />
erhielt sie ein Mansardendach mit Zinne und<br />
einen turmartigen Aufbau. Der Rebberg musste<br />
zudem einer kunstgärtnerischen Parkanlage<br />
weichen. Martin Bodmer-Naville liess 1931–33<br />
von Johann Albert Freytag das Gebäude erneut<br />
umbauen, so dass es auf grösserem Grundriss<br />
sein wesentliches klassizistisches Äusseres zurückgewann,<br />
besonders die Säulenloggia und<br />
das Zeltdach.<br />
Der letzte Bewohner der Villa war der<br />
Sammler und Mäzen Martin Bodmer. Während<br />
des Zweiten Weltkriegs weilten zahlreiche<br />
berühmte Journalisten und Schriftsteller<br />
im Freudenberg, so Rudolf Borchardt, Selma<br />
Lagerlöf, Rudolf Alexander Schröder und Paul<br />
Valéry. Valéry soll das Bodmersche Anwesen<br />
dabei einmal ein «irdisches Paradies» genannt<br />
haben. Bodmer begründete im Freudenberg<br />
seine bekannte «Bibliothek der Weltliteratur»,<br />
die Bibliotheca Bodmeriana, die er 1928 wegen<br />
Platzmangels in das an die Parkanlage angrenzende<br />
und von ihm erworbene ehemalige<br />
Schulhaus Bederstrasse auslagerte. 1935 baute
Schulgeschichte(n)<br />
Martin Bodmer<br />
M artin<br />
Bodmer (1899–1971) entstammte einer<br />
wohlhabenden Zürcher Familie. Bereits in<br />
jungen Jahren interessierte er sich stark für Bücher<br />
und Literatur. Er gründete 1921 den Gottfried-<br />
Keller Preis und gab ab 19<strong>30</strong> die Literaturzeitschrift<br />
«Corona» heraus. Neben seiner Tätigkeit für das<br />
Rote Kreuz widmete er sich sein ganzes Leben<br />
seiner Büchersammlung, die er mit dem Ziel das<br />
«Mensch-Ganze» zu erfassen mit dem Einsatz<br />
eines beträchtlichen Vermögens zur «Bibliothek<br />
der Weltliteratur» ausbaute. Bodmer trug 1<strong>50</strong> 000<br />
Werke in achtzig Sprachen aus drei Jahrtausenden<br />
zusammen, darunter etwa das älteste vollständig<br />
erhaltene Manuskript (2. Jh.) des Johannes-<br />
Evangeliums, die Urschrift der Märchen der Brüder<br />
Grimm, das einzige Exemplar der Gutenberg-Bibel in<br />
der Schweiz, die Autographen eines Streichquintetts<br />
von Mozart, die Prosafassung von Lessings «Nathan<br />
der Weise», von Flauberts «Madame Bovary», von<br />
Thomas Manns «Lotte in Weimar» oder wertvolle<br />
Papyri aus der Antike – etwa die einzige fast<br />
vollständig erhaltene Abschrift einer Komödie des<br />
athenischen Dichters Menandros, den Dyskolos<br />
– und zahllose Erstausgaben bedeutender Werke.<br />
Kurz vor seinem Tod brachte Bodmer 1971 seine<br />
Sammlung in die «Fondation Martin Bodmer» ein.<br />
Ein Teil der Sammlung kann heute in dem von<br />
Mario Botta neben dem Bodmerschen Anwesen in<br />
Cologny erbauten Museum besichtigt werden.<br />
Foto Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />
Foto Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />
Die Villa Freudenberg um 1900<br />
nach dem Umbau durch Gustav<br />
Gull 1887–89.<br />
Die Villa Freudenberg mit<br />
Orangerie 1956 nach dem Umbau<br />
durch Johann A. Freytag 1931–33.<br />
Im Vordergrund der «Kleine<br />
Freudenberg», ein 1855 erbautes<br />
Sommerhaus für die Kinder der<br />
Familie Bodmer.<br />
35
36<br />
Johann A. Freytag auch dieses Gebäude für die<br />
Zwecke Bodmers um. Nachdem Bodmer als Vizepräsident<br />
des Roten Kreuzes in ein Anwesen<br />
in Cologny bei Genf umgezogen war, verkaufte<br />
er am 24. Juli 1948 das gesamte Areal von<br />
ca. 49 310 m 2 mit sämtlichen Gebäuden für 5,8<br />
Millionen Franken an den Kanton Zürich.<br />
Bereits kurze Zeit später wurde der Beschluss<br />
gefällt, auf dem umfangreichen Gelände<br />
neue Gebäude für die <strong>Kantonsschule</strong><br />
Zürich zu errichten. Die Villa Freudenberg mit<br />
allen Nebengebäuden (Kleiner Freudenberg,<br />
Parkring 33, Wintergartenhaus oder Orangerie,<br />
Gewächshaus, Villa Belvédère, Parkring<br />
37, Gärtnerwohnhaus, Steinentischstrasse 14)<br />
wurde im Sommer 1956 abgebrochen. Lediglich<br />
das frühere Schulhaus Bederstrasse und<br />
ein kleiner Pavillon am Parkring blieben bestehen.<br />
1951 verbrachte Martin Bodmer seine Bibliothek<br />
schliesslich von Zürich nach Cologny,<br />
wo sie in eigens errichteten Gebäuden seit 1971<br />
von der Martin Bodmer-Stiftung verwaltet und<br />
in einem Museum der Öffentlichkeit zugänglich<br />
gemacht wird. 1<br />
1 Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich 1949,<br />
S. 413f.; Chronik der Stadt Zürich 1964, S. 85f.<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Villa Freudenberg und Parkanlage im Quartier <strong>Enge</strong> 1956.<br />
Die Fotomontage aus der Projektphase verdeutlicht, wie<br />
gut sich der Neubau der <strong>Kantonsschule</strong> in die Parkanlage<br />
einpasst.
Schulgeschichte(n)<br />
Die alte <strong>Kantonsschule</strong> Zürich: eine Mittelschule<br />
«ohne Raum» 1<br />
Marco Zanoli<br />
Wie ein roter Faden zieht sich durch die Geschichte<br />
der <strong>Kantonsschule</strong> Zürich das Problem<br />
der Raumnot und damit verbunden von<br />
Bau- und Finanzfragen. Kaum war 1842 das<br />
prunkvolle Hauptgebäude der <strong>Kantonsschule</strong><br />
an der Rämistrasse 59 bezogen, da erwies es<br />
sich als zu klein und der Kanton musste sich in<br />
umliegenden Gebäuden einmieten. 1909 brachte<br />
der Bau der «Neuen <strong>Kantonsschule</strong>» an der<br />
Rämistrasse 76 eine vorläufige Entlastung. Die<br />
veränderten und gestiegenen Raumbedürfnisse<br />
für den Sportunterricht wurden schliesslich<br />
mit einer grosszügigen Sportanlage zwischen<br />
Rämi-, Gloria und Freiestrasse 1942 befriedigt.<br />
Die geburtenstarken Jahrgänge der Kriegs- und<br />
Nachkriegszeit liessen sich aber im Rahmen der<br />
alten baulichen und organisatorischen Struktur<br />
der <strong>Kantonsschule</strong> Zürich nicht mehr länger unterbringen.<br />
Zwischen 1904–1947 bestand die <strong>Kantonsschule</strong><br />
Zürich aus vier Abteilungen: Dem Gymnasium,<br />
der Oberrealschule, der Handelsschule<br />
und der <strong>Kantonsschule</strong> Winterthur. Das Gymnasium<br />
war bei weitem die grösste Abteilung<br />
mit knapp unter 1000 Schülern, gefolgt von der<br />
Handelsschule mit etwas über <strong>50</strong>0, der <strong>Kantonsschule</strong><br />
Winterthur mit etwas über 400 und<br />
der Oberrealschule mit etwas unter 400 Schü-<br />
Das älteste Gebäude der <strong>Kantonsschule</strong> Zürich aus dem Jahr 1843 an der Rämistrasse 59.<br />
Heute Pädagogische Hochschule. Aufnahme um 1910.<br />
lern. Die Zürcherinnen wurden bis 1976 an<br />
den städtischen Töchterschulen in Zürich und<br />
Winterthur unterrichtet (in Zürich zuletzt in<br />
fünf Abteilungen: I Hohe Promenade, II Hottingen,<br />
III Riesbach, IV Stadelhofen, V Wiedikon;<br />
in Winterthur an der heutigen <strong>Kantonsschule</strong><br />
Rychenberg, damals «Kantonales Gymnasium<br />
und Mädchenschule der Stadt Winterthur»).<br />
Angesichts der steigenden Schüler- und Lehrerzahlen<br />
drängte sich nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg eine Reorganisation auf. Der Regie-<br />
rungsrat beschloss deshalb am 4. Juli 1946,<br />
das Gymnasium als grösste Abteilung in zwei<br />
Schulen aufzuteilen, das Literar- und das Realgymnasium.<br />
Während das Literargymnasium<br />
damit eine für damalige Verhältnisse wieder<br />
überschaubare Grösse erhielt, blieb das Realgymnasium<br />
immer noch eher zu gross, so dass<br />
bereits eine weitere Unterteilung in Aussicht<br />
gestellt wurde. Während das Gymnasium stark<br />
steigende Schülerzahlen aufwies, blieben die<br />
Zahlen der Handelsschule relativ konstant.<br />
Foto Hofer & Co. Zürich<br />
37
38<br />
Die «neue» <strong>Kantonsschule</strong> an der Rämistrasse 76. Heute Rechtswissenschaftliche<br />
Fakultät der Universität Zürich. Aufnahme um 1910.<br />
Weiter blieb die Raumfrage ein drängendes<br />
Problem. 1946 wurde das Haus «Zum<br />
Schanzenberg» für die <strong>Kantonsschule</strong> eingerichtet,<br />
nach 1955 errichtete man Baracken<br />
an der Zürichbergstrasse und wich in<br />
weitere Zürichberg-Villen in der näheren<br />
Umgebung aus. Die Handelsschule blieb aber<br />
mehrheitlich konzentriert in der «Neuen<br />
<strong>Kantonsschule</strong>». In dieser Situation fiel 1953<br />
die Entscheidung, die <strong>Kantonsschule</strong> Zürich<br />
zu dezentralisieren. Neubauten im Quartier<br />
<strong>Enge</strong>, in Oerlikon und am Zürichberg<br />
sollten die <strong>Kantonsschule</strong> räumlich auf eine<br />
neue Basis zu stellen. Weiter sollten auf dem<br />
Land neue Mittelschulen in Wetzikon (eröffnet<br />
1955), Bülach (eröffnet 1972), Urdorf<br />
(eröffnet 1973/77), Meilen, Affoltern a. A.,<br />
Uster und Horgen entstehen. 1959 bezogen<br />
schliesslich zwei Abteilungen der <strong>Kantonsschule</strong>,<br />
die Kantonale Handelsschule sowie<br />
Foto Hofer & Co. Zürich<br />
ein Teil des Realgymnasiums, im Schulhaus<br />
Freudenberg ein neues Quartier.<br />
Diejenigen Abteilungen der <strong>Kantonsschule</strong>,<br />
die im Rämiquartier verblieben, führten auf<br />
Beschluss des Regierungsrates zuerst bis 1976<br />
die Bezeichnung «Zürichberg» im Namen, während<br />
der abgespaltene Teil des Realgymnasiums<br />
und die Kantonale Handelsschule, die in das<br />
neu erbaute Schulhaus Freudenberg umzogen,<br />
neu als 5. Abteilung der <strong>Kantonsschule</strong> Zürich<br />
die Bezeichnung «<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg,<br />
Gymnasium bzw. Handelsschule» führten. Die<br />
Raumnot in den Gymnasien auf dem Zürichberg<br />
blieb noch weitere Jahre bestehen und<br />
konnte erst durch den Bezug des Neubaus des<br />
Schulhauses Rämibühl 1970 bzw. der <strong>Kantonsschule</strong><br />
Oerlikon 1971 behoben werden.<br />
1 Zürcher Woche, 29.4.1955.<br />
2 NZZ, Nr. 18, 23.1.2007.<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Namenssalat – von der<br />
Kantonalen Handelsschule<br />
Freudenberg zur <strong>KEN</strong><br />
D ie<br />
alte <strong>Kantonsschule</strong> Zürich war von ihrer<br />
Gründung bis zu ihrer Auflösung als organisatorische<br />
Einheit des Kantons Zürich 1983 in<br />
Abteilungen organisiert. Geleitet wurde sie vom<br />
Präsident der Rektorenkonferenz. Ursprünglich<br />
wies die <strong>Kantonsschule</strong> zwei Abteilungen auf: Das<br />
Gymnasium und die Industrieschule, wobei letztere<br />
1904 bzw. 1928 in die Abteilungen «Handelsschule»<br />
und «Oberrealschule» unterteilt wurde. Im Zuge<br />
der Dezentralisierung wurden die neuen Standorte<br />
als eigene Abteilungen konstituiert, so 1919<br />
Winterthur, 1955 Wetzikon (<strong>Kantonsschule</strong> Zürcher<br />
Oberland) und schliesslich 1958 Freudenberg-<strong>Enge</strong>.<br />
Der Regierungsrat legte damals fest, dass die<br />
«Kantonale Handelsschule» und das «Kantonale<br />
Gymnasium Freudenberg» zusammen die<br />
«<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg» bilden sollten und<br />
diejenigen Teile des Gymnasiums, welche am alten<br />
Standort an der Rämistrasse zurückblieben, erhielten<br />
die Standortbezeichnung «Zürichberg». 1972<br />
wurde die Bezeichnung für die Handelsschule revidiert,<br />
um die neu angebotene Wirtschaftsmatur<br />
(Typus E) zu integrieren: «Wirtschaftsgymnasium<br />
und Handelsschule Freudenberg» hiess die Lösung.<br />
Da sich Handelsschule und Gymnasium nun dem<br />
Namen nach gefährlich nahe kamen, beschloss der<br />
Regierungsrat 1976 die Vereinheitlichung beider
Schulgeschichte(n)<br />
Bezeichnungen, die nun sämtliche angebotenen<br />
Schultypen beinhalten sollten. Die Schulen der<br />
<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg trugen deshalb per<br />
Schuljahr 1976/77 die Bezeichnungen «<strong>Kantonsschule</strong><br />
Freudenberg, Wirtschaftsgymnasium und<br />
Handelsschule» bzw. «<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg,<br />
Literar- und Realgymasium». Nach dem Start des<br />
Neusprachlichen Gymnasiums (Typus D) 1978<br />
drängte sich eine erneute Umbenennung auf. Da<br />
die Erweiterung der bisherigen Bezeichnungen<br />
zu umständlich erschien und beide Schulen<br />
in der Schulanlage Freudenberg selbst von der<br />
Verwaltung zuweilen verwechselt wurden, entschied<br />
sich der Erziehungsrat 1979, die ehemalige<br />
Handelsschule in «<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>» (<strong>KEN</strong>)<br />
und das ehemalige Gymnasium in «<strong>Kantonsschule</strong><br />
Freudenberg» (KFR) umzubenennen. Letztere führt<br />
seither die Bezeichnung «Freudenberg» exklusiv.<br />
Trotzdem führt die Existenz zweier selbständiger<br />
Schulen in der gleichen Anlage noch weiter<br />
zu Verwechslungen, gibt doch selbst das neue<br />
Historische Lexikon der Schweiz etwa den ehemaligen<br />
Rektor der Handelsschule Ernst Kilgus als<br />
Rektor des «Gymnasiums Freudenberg» aus und<br />
auch Zeitungen verwechseln die <strong>KEN</strong> und die KFR<br />
regelmässig – nicht zuletzt weil für Generationen<br />
von Zürcher Schüler/innen die ganze Schulanlage<br />
schlicht als «der Freudenberg» in Erinnerung geblieben<br />
ist.<br />
> «Der Schulkomplex im <strong>Enge</strong>quartier fand<br />
sogleich internationale Beachtung. Er ist<br />
ein Meisterwerk des Nachkriegsbauens, in seiner<br />
exponierten und doch diskret in die Topographie<br />
eingefügten Lage gleichsam das virtuelle Gegenstück<br />
zu der ein gutes Jahrhundert zuvor entstandenen, an<br />
Schinkels Bauakademie orientierten <strong>Kantonsschule</strong> von<br />
Gustav Albert Wegmann auf dem Rämibollwerk.» 2<br />
39
40<br />
Eine «erlösende Geste»:<br />
Das Schulhaus Freudenberg<br />
Marco Zanoli<br />
Das Projekt für das Schulhaus Freudenberg<br />
entstand in einer Phase des Aufbruchs für die<br />
Schweiz und für Zürich. Die geburtenstarken<br />
Jahrgänge der Nachkriegszeit und die Tatsache,<br />
dass der Kanton Zürich ausser dem Bau<br />
von Turnhallen seit 1909 keine neue Gebäude<br />
mehr für die Mittelschule realisiert hatte, erhöhten<br />
den Druck auf eine rasche Realisierung.<br />
Die anstehende Dezentralisierung der Zürcher<br />
Mittelschule sollte durch die Gründung der<br />
<strong>Kantonsschule</strong> Wetzikon, die Verlegung eines<br />
Teils des Realgymnasiums sowie der ganzen<br />
Kantonalen Handelsschule in das neue Schulhaus<br />
Freudenberg angegangen werden. Wegen<br />
der offensichtlichen Problematik standen alle<br />
politischen Parteien hinter dem Projekt. Bereits<br />
die Zeitgenossen beklagten jedoch, dass<br />
damit «die Idee der Dezentralisation nicht<br />
konsequent» verfolgt worden sei. «Obwohl die<br />
Grösse der Anlage den Bau einer Mittelschule<br />
mit sämtlichen Maturitätstypen gerechtfertigt<br />
hätte, umfassen die heutigen Neubauten le-<br />
Foto Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
diglich ein Gymnasium und eine dem ganzen<br />
Stadtgebiet und Umgebung dienende Handelsschule,<br />
so dass trotz erfolgter Aufgliederung die<br />
Schüler der Oberrealschule (C-Matur) und der<br />
Handelsschule (Matur- und Diplomklassen) je<br />
nach Wohnort doch wieder die verkehrsintensivsten<br />
Stadtgebiete während der Stosszeiten<br />
durchqueren müssen.» 1<br />
Aus heutiger Sicht ist der Neubau des Schulhauses<br />
Freudenberg aus mehreren Gründen<br />
bemerkenswert. Einerseits wegen der Geschwindigkeit,<br />
in der Wettbewerb, Planung und<br />
Realisierung durchgezogen wurden – zwischen<br />
der Ausschreibung des Wettbewerbes 1953 und<br />
der offiziellen Einweihung 1961 liegen nur acht<br />
Jahre – und andererseits wegen der für das damalige<br />
Zürich visionären Entscheidung für das<br />
Projekt Schader. Auch dass der für damalige<br />
Verhältnisse ungewohnt hohe Kredit von 26<br />
Millionen Franken für Landerwerb und Bau im<br />
Zürcher Kantonsrat am 9. Januar 1956 mit 151:0<br />
Stimmen angenommen wurde, wäre in der gegenwärtigen<br />
politischen Situation undenkbar. 2<br />
Ein wesentlicher Grund für das schnelle Vorankommen<br />
des Projektes war das völlige Fehlen<br />
jeglicher denkmalpflegerischer Bedenken<br />
und Einsprachen hinsichtlich der Zerstörung<br />
der Villa Freudenberg. Der damalige Baudirektor<br />
Paul Meierhans, der das Projekt Schader mit<br />
grossem Einsatz förderte, gab die Einschätzung
Foto Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />
Schulgeschichte(n)<br />
Blick von der Villa Freudenberg über den Park in<br />
Richtung Uetliberg 1956.<br />
Ungefähr am Ende des Parks befindet sich heute<br />
die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>.<br />
Situationsplan des projektierten Schulhauses Freudenberg-<strong>Enge</strong> 1955.<br />
Foto Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich<br />
Blick vom Park in Richtung Villa Freudenberg 1956.<br />
Ungefähr am gleichen Standort befindet sich heute<br />
die <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg.<br />
ab, von der ursprünglichen Architektur sei wegen<br />
der vielen Umbauten «im Grunde nur noch<br />
das Treppenhaus und einige dekorative Wand-<br />
und Deckenmalereien erhalten.» 3 Die Rahmenbedingungen<br />
für den Wettbewerb verlangten<br />
deshalb lediglich, dass der Park mit dem Baumbestand<br />
möglichst erhalten werden sollte. Immerhin<br />
präsentierten zehn eingereichte Projekte<br />
eine Lösung, welche die Erhaltung der Villa<br />
möglich gemacht hätten. Das Preisgericht sah<br />
sich jedoch gerade durch diese Projekte darin<br />
bestätigt, «dass mit dem Erhalt der Villa mehr<br />
Probleme – und zwar auf Kosten der architektonischen<br />
Klarheit – geschaffen würden». 4 Auch<br />
in der Öffentlichkeit gab es kaum kritische<br />
Stimmen, was aus heutiger Sicht erstaunt, handelte<br />
es sich bei der Villa Freudenberg doch um<br />
eines der «schönsten klassizistischen Baudenkmäler<br />
von Zürich».<br />
Der einzige Punkt an Schaders Projekt, den<br />
die Zeitgenossen kritisierten, betraf das Verhältnis<br />
zwischen Projektkosten und Ausnutzung<br />
des zur Verfügung stehenden Areals, auch<br />
weil keine Aufstockung oder spätere bauliche<br />
Ergänzung möglich schien. Baudirektor Paul<br />
Meierhans entgegnete, dass der Neubau der<br />
<strong>Kantonsschule</strong> nicht teurer sei «als ein Düsenflugzeug».<br />
Der Rektor der Handelsschule, Walter<br />
Corrodi, hielt ein einem offenen Brief den<br />
Kritikern der mangelnden Erweiterbarkeit entgegen,<br />
dass «just aus pädagogischen und schulorganisatorischen<br />
Gründen, aber auch wegen<br />
des besonderen Charakters der Mittelschule<br />
eine spätere Erweiterung der Anlage Freudenberg<br />
gar nicht in Frage kommen kann oder darf.<br />
Eine Mittelschule muss ein geschlossener, lebendiger<br />
Organismus sein, der sein Eigenleben<br />
41
42<br />
hat. Dadurch erhält die Schule ihre Wesensart und<br />
ihr Gepräge. Auch das Gemeinschaftsgefühl unter<br />
den Schülern muss gefördert und vertieft werden.<br />
Wegen diesen für eine gesunde Mittelschule lebenswichtigen<br />
Gründen darf eine Mittelschule<br />
niemals zu gross werden. Mit etwa 700 (Handelsschule)<br />
und <strong>50</strong>0 (Realgymnasium) Schülern ist<br />
eine optimale Belegung erreicht, die nicht ohne<br />
Not überschritten werden sollte.» 5<br />
Dem Raumprogramm lag denn auch zugrunde,<br />
dass maximal 720 Schüler mit sieben bis neun<br />
Parallelklassen pro Jahrgang, d. h. max. 45 Klassen,<br />
das Schulhaus benutzen würden. Ab 1968 erforderte<br />
die gestiegene Schülerzahl erstmals das<br />
Führen von «Wanderklassen», d. h. Klassen ohne<br />
festes Klassenzimmer. So gelingt es der <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> heute über 900 Schülerinnen und<br />
Schüler in 48 Klassen in dem nur geringfügig veränderten<br />
Gebäude unterzubringen. Das Gymnasium<br />
Freudenberg war demgegenüber ab 1968 nicht<br />
mehr in der Lage, alle Klassen in seinem Gebäude<br />
unterzubringen und musste in ein Provisorium<br />
am Parkring ausweichen und schliesslich 1973<br />
eine Filiale in Urdorf eröffnen. Trotzdem bleibt die<br />
Raumfrage ein ständiges Problem und stellt hohe<br />
organisatorische Ansprüche an die Schulleitung.<br />
Die Pavillions, die anlässlich der Gesamtrenovation<br />
errichtet wurden, werden als «Dauerprovisorien»<br />
für die Mediothek beider Schulen und auch<br />
für den Unterricht derjenigen Klassen genutzt, die<br />
in den Schulhäusern keinen Platz finden. Unbefriedigend<br />
bleibt auch die Situation für den Sportunterricht<br />
sowie die Arbeitsplatzsituation für die<br />
Lehrerschaft.<br />
Ein Spezialfall stellt die aus heutiger Sicht<br />
viel zu klein konzeptionierte Mensa für die bei-<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
>«Jacques Schaders Entwurf der Freudenbergschule<br />
war im intellektuellen Vakuum der Nachkriegszeit<br />
eine erlösende Geste […] Schader formuliert diese<br />
Mittelschule zu nicht weniger als einem voruniversitären<br />
Schulbautypus aus, wo z.B. einer Bibliothek oder den<br />
Aufenthaltszonen die Vorstellung selbständiger Bildung<br />
und eigenverantwortlicher Wissensaneignung zugrunde<br />
liegt. Es ist vielleicht das antike Vorbild der Stoa – im Sinne<br />
von kommunikativer Wandelhalle –, das die zentralen<br />
Bewegungsräume wesentlich über die Funktion gedeckter<br />
Pausenhallen hinausgehen lässt.» 6
Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />
43
44<br />
Projekt für das Erdgeschoss der Handelsschule 1955. Projekt für das erste Obergeschoss der Handelsschule 1955.<br />
den <strong>Kantonsschule</strong>n dar. In einem Interview<br />
rechtfertigte sich Schader damit, das lokale<br />
Gewerbe des Quartiers <strong>Enge</strong> habe damals politisch<br />
Einfluss genommen und verlangt, dass<br />
innerhalb der Schulhausanlage nur eine «Kaffeteria»<br />
eingerichtet werden solle, da man sich<br />
in den lokalen Lebensmittelgeschäften und Restaurants<br />
durch die Schülerschaft zusätzlichen<br />
Umsatz erhoffte. Trotz einer kleineren Erweiterung<br />
der Mensa in den 1980er Jahren bleibt<br />
die Verpflegungssituation in der Schulanlage<br />
Freudenberg ungenügend und die Mehrheit<br />
der Schülerschaft verpflegt sich im Quartier, zu<br />
Hause oder trifft sich zum Picknick im Schulareal<br />
bzw. im Sommer am See.<br />
Zeitgenössische Architekturkritiker waren<br />
voll des Lobes für die von Schader geschaffene<br />
Anlage. In mehrseitigen Artikeln besprachen<br />
z.B. die Zeitschriften Bauen+Wohnen, Du sowie<br />
Werk die Bauten. Die Lehrer- und Schülerschaft<br />
äusserte aber auch Kritik, etwa am<br />
ungenügenden Schutz vor intensiver Sonnenbestrahlung,<br />
grosser Hitze im Sommer oder<br />
mangelhafter Belüftung gefangener Räume.<br />
Weiter wurde die neuartige Deckenheizung<br />
als unangenehm empfunden und die Dreiteilung<br />
des obersten Geschosses als unpraktisch<br />
angesehen. Für weitere Bauten des Kantons<br />
wurde der Einbau von Klimaanlagen sowie<br />
die Verbesserung der «Wohnlichkeit» durch<br />
Farbgebung und Ausschmückung empfohlen.<br />
1 Bauen+Wohnen. Internationale Zeitschrift,<br />
14. Jg., September 1960, Heft 9, S. 326.<br />
2 Tages-Anzeiger Nr. 8, 2. Blatt, 10.1.1956.<br />
3 <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg 1962, S. 10.<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
4 Burkhalter 1992, S. 11.<br />
5 Ebd., S. 19.<br />
6 Ebd., S. 7f.
Schulgeschichte(n)<br />
Oh du lieber Freudenberg – <strong>50</strong> Jahre in der <strong>Enge</strong><br />
Hans Spuhler, Prorektor 1987–2004<br />
Wen die Bildungswelle – damals in der «Hochkonjunktur»<br />
der Nachkriegszeit, in den Fünfziger<br />
und Sechziger Jahren – erfasst hat, den hat<br />
sie unweigerlich auf den Freudenberg geworfen,<br />
wenn er männlichen Geschlechts und links<br />
von See und Limmat wohnhaft war. Eine neue<br />
Schule für neue Schüler, nicht mehr am Zürichberg,<br />
sondern in einer Welt der Kleinbürger,<br />
Angestellten, Arbeiter, der Minderheiten und<br />
Ausländer. Als Fünfzehnjähriger war ich einer<br />
dieser neuen, und 1961 trat ich in die «Kantonale<br />
Handelsschule Freudenberg» ein, nicht<br />
ahnend, dass mich dieser Hügel in seinen Bann<br />
schlagen würde.<br />
Die Bildungsoffensive zeigte Wirkung. Sie<br />
brachte nicht nur immer zahlreichere Schüler<br />
aus den als bildungsfern bezeichneten Schichten<br />
hervor, sondern schuf auch eine grosse<br />
Nachfrage nach neuen Lehrern. Noch während<br />
des Studiums fragte mich der damalige<br />
Rektor, Walter P. Schmid, an, ob ich nicht ein<br />
paar Stunden übernehmen könnte, es herrsche<br />
Bedarf. Vom Schüler wurde ich unverhofft zum<br />
Lehrer und bin es auch nach dem Studienabschluss<br />
geblieben. Das Jubiläum der Schule ist<br />
fast deckungsgleich auch mein persönliches Jubiläum.<br />
Wie hat sich der Freudenberg in diesen<br />
<strong>50</strong> Jahren verändert?<br />
Der Raum<br />
Wohl am wenigsten verändert hat sich das Haus.<br />
Die ganze Anlage sieht noch so aus, wie ich sie<br />
im Januar 1961, an einem kalten Regentag, zur<br />
Ablegung der Aufnahmeprüfung zum ersten<br />
Mal betreten habe, streng, grau, kühl, anonym.<br />
Man fühlte sich schon halbwegs abgewiesen.<br />
Der aufsichtführende Lehrer hantierte auf der<br />
Suche nach einem Ausrüstungsgegenstand in<br />
etwas unbeholfener Entdeckerfreude an einem<br />
Wandkasten herum, offenbar erfolglos,<br />
und brachte eine ironisch verpackte leise Kritik<br />
an der Zimmereinrichtung zum Ausdruck.<br />
Nicht nur für uns Prüflinge, sondern auch für<br />
die Lehrer war diese Umgebung offensichtlich<br />
neu und noch gewöhnungsbedürftig. Dass der<br />
Bau bei der Lehrerschaft nur auf mässige Sym-<br />
pathie stiess und weitherum eine schlechte<br />
schulinterne Presse genoss, wurde auch später<br />
immer wieder deutlich. Die Kritik liess sich auf<br />
die Formel bringen: Bei Schader steht die Ästhetik<br />
über der Funktionalität, wir aber wollen<br />
es umgekehrt. Das war zwar ein gründliches<br />
Missverständnis, doch hätte die Denkmalpflege<br />
nicht rettend eingegriffen, wäre das<br />
Haus wohl vielen kurzfristigen Bedürfnissen<br />
angepasst und unter dem Gesichtspunkt der<br />
Zweckmässigkeit gänzlich verunstaltet worden.<br />
Die Benutzer, Lehrer wie Schüler, vermissten<br />
insbesondere «Wärme», und in guter<br />
Schweizer Tradition hätten sie das Haus, sich<br />
selbst überlassen, wohl über kurz oder lang in<br />
ein chaletartiges Mehrzweckgebäude mit viel<br />
Holz, Schnörkel und Extras umgebaut. Andere<br />
Bestrebungen gingen dahin, die ganze Schulanlage<br />
durch einen grossen Erweiterungsbau<br />
im Schoeller-Areal aufzublähen und damit den<br />
Campus-Charakter des Zentralbaus definitiv<br />
aufzugeben, nachdem schon die Kunstfächer<br />
Musik und Bildnerisches Gestalten sowie ein<br />
Teil des Sports in die bestehende Villa mit Nebengebäuden<br />
ausgelagert worden waren. Diesem<br />
Unterfangen erwuchs eine starke interne<br />
Opposition, und der Kantonsrat setzte ihm<br />
schliesslich nach einigen Geplänkeln, nicht<br />
zuletzt auch aus finanziellen Erwägungen, ein<br />
Ende.<br />
45
46<br />
In der Kunst gilt die eiserne Regel: Man<br />
sieht nur, was man weiss. Das Sehen-Können<br />
setzt indessen das Wissen-Wollen voraus. Obschon<br />
sich die Fachwelt schon längst der Bedeutung<br />
des Baus bewusst war, dauerte es Jahre<br />
oder gar Jahrzehnte, bis diese Erkenntnis<br />
auch grössere Teile der Lehrerschaft, darunter<br />
auch mich, erreichte. Die allgemeine Wende<br />
kam mit dem 40-jährigen Jubiläum, das 1999<br />
unter der Bezeichnung «40 – <strong>KEN</strong> – 20» gefeiert<br />
wurde, in einem Zeitpunkt, als die behutsame<br />
Gesamterneuerung der Anlage ihre Hauptphasen<br />
schon durchlaufen hatte. Architekturkritiker<br />
Benedikt Loderer gab dem Kollegium im<br />
Rahmen einer von der Schulleitung angeregten<br />
Weiterbildung genaueren Aufschluss über<br />
die hohe Qualität von dessen Arbeitsort und<br />
Architekt Jacques Schader, 82 Jahre alt, konnte<br />
frohgemut an den Festlichkeiten zu Ehren seines<br />
Hauptwerks teilnehmen und war am Galaabend<br />
in der als Arena eingerichteten Aula<br />
bis weit über Mitternacht hinaus auf der Tanzfläche<br />
anzutreffen.<br />
Dieses Happy End dauert an. Ich betrete<br />
den Freudenberg mittlerweile kaum je ohne<br />
das tief empfundene Gefühl, etwas Erhabenes<br />
zu erleben, die Übertragung der Transparenz<br />
des Raumes auf den Geist der Schule.<br />
Die Lehrenden und die Lernenden<br />
Eine ganze Reihe von tiefgreifenden Veränderungen<br />
überrollten die Benutzer des Freudenbergs.<br />
Sie griffen so tief, dass sie die namentliche<br />
Identität der Institution ins Wanken<br />
brachten. Der Umbau der «Handelsschule Freudenberg»,<br />
einer praxisorientierten höheren Berufsschule<br />
mit kleiner Maturitätsabteilung, zur<br />
Die ersten Lehrerinnen<br />
D ie<br />
erste Hauptlehrerin an der Kantonalen<br />
Handelsschule war «Fräulein» Yvonne<br />
Schlosser (später Lehnherr, Rücktritt 2000),<br />
lic. oec. publ., die auf den 16. April 1971 als<br />
Handelslehrerin gewählt wurde. Sie war zuvor<br />
schon 5½ Jahre als Hilfslehrerin an der Schule<br />
beschäftigt. Für 1972 folgten Anna Katharina<br />
Diederichs (Rücktritt 2006) und Heidi Uster<br />
(†1995) für Französisch und Deutsch bzw.<br />
Französisch und Italienisch. Vereinzelt waren<br />
zuvor schon Frauen oder «Fräulein» während<br />
längerer Zeit als Hilfslehrerinnen und Vikarinnen<br />
beschäftigt worden, so z.B. Ada Bachmann (bis<br />
1968) für Italienisch.<br />
«<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>», einer breit gefächerten<br />
Mittelschule mit hochschulorientiertem Gymnasium<br />
im Mittelpunkt, wurde in verschiedenen<br />
Stufen vollzogen und hinterliess eine stark<br />
verkleinerte Handelsabteilung, die seit Jahren<br />
eine sichere Zukunft sucht. Noch 1961 war man<br />
dagegen im ersten Schuljahr zunächst einfach<br />
«Handelsschüler», die Entscheidung für die<br />
Maturitätsabteilung fiel erst danach und wurde<br />
nur von einer Minderheit, etwa einem Drittel,<br />
getroffen. Die «Handelsmatur» war eine Maturität<br />
zweiter Ordnung, nur kantonal und für<br />
die meisten Fakultäten auch nur mit Zusatzprüfungen<br />
anerkannt. Für mein Phil. I.-Studium<br />
waren z.B. noch ein Lateinnachweis und eine<br />
Biologieprüfung erforderlich. Heute erkämpft<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Yvonne Schlosser<br />
im JB 1971/72
Schulgeschichte(n)<br />
Vom MAV zum MAR<br />
I m<br />
Schuljahr 1988/89 befasste sich der Konvent erstmalig mit der Reform der<br />
Mittelschule, weil der Erziehungsrat eine Vernehmlassung zur künftigen Dauer<br />
der Mittelschule durchführte. Das Kollegium war damals klar der Meinung, dass von<br />
der 4½-jährigen Ausbildungsdauer nicht abgerückt werden dürfe und empfahl für den<br />
Fall der Einführung der Fünftagewoche sogar die Ausweitung auf fünf Jahre. 1992<br />
lehnte der Konvent auch den ersten radikalen Entwurf für die Revision der Maturitäts-<br />
Anerkennungs-Verordnung (MAV) mit der Kernidee einer «Einheitsmatur» ab mit der<br />
Begründung, dass er «in krassem Widerspruch steht zum Ziel einer breitgefächerten<br />
Allgemeinbildung ohne Niveauverlust und dass er den Naturwissenschaften und<br />
dem Fach ‹Wirtschaft und Recht› nicht das ihnen in der heutigen Gesellschaft angemessene<br />
Gewicht zukommen lässt» 1 . Weiter wurde die Einführung einer benoteten<br />
Maturarbeit verworfen. Danach herrschte jahrelange Unsicherheit über die neue Form<br />
der Mittelschulen. Schliesslich fanden die Maturtypen 1994 neben der Einheitsmatur<br />
als «Schwerpunktfächer» doch wieder einen Platz im neuen Gymnasium. Am 16.<br />
Januar 1995 erliess die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) die<br />
neue Regelung der Maturitätsanerkennung. Das sog. Maturitäts-Anerkennungs-<br />
Reglement (MAR) sah eine typenlose Matur vor mit sieben Grundlagenfächern<br />
(Deutsch, Französisch oder Italienisch, Englisch oder eine dritte Landessprache bzw.<br />
eine alte Sprache, Mathematik, Naturwissenschaften, Sozialwissenschaften sowie<br />
Bildnerischem Gestalten bzw. Musik). Aus dieser Reform schuf der Kanton Zürich dann<br />
seinerseits wieder fünf Maturitätsprofile, da die angestrebte Wahlfreiheit bei den<br />
Grundlagenfächern für den Kanton aus organisatorischen und finanziellen Gründen<br />
nicht an allen 21 Kantonschulen verwirklicht werden konnte. Für die <strong>KEN</strong> erarbeitete<br />
ab 1996 die «Projektgruppe MAR-<strong>KEN</strong>» (P. Tobler, M. Aeschbacher, R. Caspar, A. Hess,<br />
M. Jud, S. Rubin, S. Vetter) eine Umsetzung in die Praxis. 1997 fand der Konvent auf<br />
dieser Basis den Konsens für eine neue Stundentafel.<br />
sich jeder Gymnasiast nach vierjährigem Aufenthalt<br />
auf dem Freudenberg den uneingeschränkten Hochschulzugang,<br />
und auch der Handelsschüler wird für<br />
sein Streben mit einem Maturitätszeugnis, der Berufsmaturität<br />
mit allgemeinem Fachhochschulzugang,<br />
belohnt.<br />
Für den schulischen Alltag weitaus wichtiger war<br />
der Totalumbau der Geschlechterstruktur. Der Übergang<br />
zur Koedukation 1976 griff in vielerlei Hinsicht<br />
massiv in die Schulkultur ein. Die Frauen versetzten<br />
uns in den Normalzustand. Die alte Handelsschule<br />
war eine nahezu reine Männergesellschaft mit den<br />
entsprechenden Sitten. Frauen bildeten im Erscheinungsbild<br />
der Schule seltene Ausnahmen. Zuerst traf<br />
man sie nur im Sekretariat an, später vereinzelt als<br />
Hilfslehrerinnen, dann in kleiner Zahl als von der<br />
Töchterschule Hottingen an unsere Schule übergetretene<br />
Schülerinnen der Übergangsklasse. Auf das<br />
Schulklima hatten sie keinen Einfluss. Lange Zeit,<br />
Sinnbild für ihre Bedeutung, stand den wenigen<br />
Frauen eine zunächst vergessene und nachträglich<br />
in einen Putzraum eingefügte winzige Damentoilette<br />
zur Verfügung.<br />
Die Lehrer und Schüler dieser Männerschule<br />
hielten sich, was die äusseren Formen anging, auf<br />
militärische Distanz. Die Lehrer kleideten sich uniformartig<br />
in Anzug mit Krawatte, die modernen allenfalls<br />
in eine «Kombination» von Veston und Hose,<br />
liessen sich mit «Herr Professor» ansprechen, ob sie<br />
diesen Titel nach zwölfjähriger Ausübung ihres Amtes<br />
als Hauptlehrer schon ususgemäss zugesprochen<br />
erhalten hatten oder nicht, und pflegten die Schüler<br />
mit Nachnamen anzusprechen und zu duzen. «Meier,<br />
setz dich.» Wir Schüler unterschieden nicht zwischen<br />
dem auf sechsjährige Amtszeit gewählten «Hauptlehrer»<br />
und dem nur semesterweise angestellten «Hilfslehrer»,<br />
kleideten uns ziemlich unauffällig, zuweilen<br />
47
48<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
Schulgeschichte(n)<br />
>«Mit dem Neubau der <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg<br />
baute Jacques Schader (1917–2007) ein international<br />
beachtetes Monument der Nachkriegsmoderne, fast schon einen<br />
Klassiker. Die Komposition der strahlend weissen Baukörper<br />
strahlt Ruhe, Eleganz und Grosszügigkeit aus.» 2<br />
auch mit Veston, und zur Maturitätsprüfung<br />
erschienen wir feierlich, d.h. mit «Kombination».<br />
Einer meiner Mitschüler war sogar während<br />
der ganzen Schulzeit in diesem Kostüm<br />
aufgetreten. Heute werden Schuluniformen<br />
heiss diskutiert, aber nicht als ungeschriebenes<br />
Gesetz für Lehrer, sondern als bindende<br />
Vorschrift für Schüler/innen. Damit soll dem<br />
Verlust jeglicher Etikette, der vor allem in der<br />
warmen Jahreszeit in die Augen springt, aber<br />
auch dem übersteigerten Modebewusstsein mit<br />
dem Hang zu teuren Labels entgegengewirkt<br />
werden. Während wir Schüler vor bald fünfzig<br />
Jahren also gut, aber meistens billig angezogen<br />
waren, erscheinen die heutigen Schüler/innen<br />
leicht, aber häufig teuer bekleidet zum Unterricht.<br />
Sie werden ausschliesslich mit ihren Vornamen<br />
angesprochen und in der Regel gesiezt.<br />
«Carmen, nehmen sie bitte ihr Buch zur Hand.»<br />
Denn während Meier noch in Reih und Glied<br />
sass, sich beim Eintreten des Lehrers ins Klassenzimmer<br />
erhob und seine Antworten in der<br />
Regel stehend anbrachte, sitzt Carmen in offener<br />
Sitzordnung da, die ausserdem von Zimmer<br />
zu Zimmer stark variiert, bemerkt den Auftritt<br />
des Lehrers nur beiläufig und muss sehr darauf<br />
achten, ihre vielfältigen Materialien beisam-<br />
men zu halten. Wenn sie sich erhebt, dann nur,<br />
um sich zu einer «Gruppenarbeit» mit anderen<br />
zusammen zu setzen. Diese Arbeitsform war<br />
mir als Schüler und auch am Anfang meiner<br />
Lehrtätigkeit nicht einmal dem Namen nach<br />
bekannt. Sie drückt, pars pro toto, den grundlegenden<br />
Wandel im Unterrichtsstil aus. Der<br />
«Herr Professor» hat die Szene verlassen, die<br />
geschlechtsneutrale «Lehrperson» hat als Moderator/in<br />
seinen Platz eingenommen. Als junger<br />
Hauptlehrer wurde ich Zeuge des letzten<br />
Rückzugsgefechts des Professorenstandes. Bis<br />
tief in die Siebziger Jahre ignorierte einer meinen<br />
Kollegen jeden Schüler, der ihn nicht mit<br />
seinem Titel ansprach. Doch die alten Formen<br />
stürzten unaufhaltsam ein. Die Lehrergarderobe,<br />
das «Outfit», bekam mit der Zeit eine starke<br />
individuelle Note, der Professorentitel wurde<br />
von der Regierung gestrichen, die Distanz zum<br />
Schüler schwand dahin, und es konnte schon<br />
vorkommen, dass man einem jungen Hilfslehrer<br />
den Zutritt zum Lehrerzimmer verweigern<br />
wollte, weil man ihn für einen Schüler hielt.<br />
Die neue Geschlechterordnung mit ihren<br />
vielfältigen Auswirkungen auf das Schulleben<br />
war im weiteren Sinn eine Frucht von 1968.<br />
Rund zwanzig Jahre später begann der Compu-<br />
ter den Schulalltag zu verändern und schliesslich<br />
weitgehend zu bestimmen. Zentrale<br />
Fächer der Handelsmittelschule wie Stenographie<br />
und Maschinenschreiben hatten ausgedient,<br />
auch das Freifach Religion verschwand,<br />
aber die Informatik hielt triumphalen Einzug.<br />
Vorboten dieser Umgestaltung waren die seit<br />
den Siebziger Jahren in verschiedenen Stufen<br />
verbesserten Kopiergeräte. Es war nun für die<br />
Lehrerschaft plötzlich bedeutend einfacher,<br />
eigene Unterrichtsmaterialien herzustellen.<br />
Frühe Versuche der Schulleitung, die sofort<br />
einsetzende Papierflut einzudämmen, scheiterten<br />
kläglich. Computer und Internetzugang<br />
erschlossen eine neue Welt. Seit der Einführung<br />
des Buchdrucks hatte die Informationstechnologie<br />
nie mehr eine derart revolutionäre<br />
Wandlung erfahren. Ähnlich wie an den frühen<br />
mittelalterlichen Universitäten arbeiten im aus<br />
der Not geborenen «Informatikteam» Schüler<br />
und Lehrer faktisch gleichgestellt zusammen,<br />
um das Netz technisch auf Kurs zu halten, und<br />
viele Lehrpersonen sind von der Unterstützung<br />
durch die Schüler abhängig. Die Informatik ist<br />
auch Keim einer neuen Männergesellschaft.<br />
In der an die Handelsmittelschule angebauten<br />
«Informatikmittelschule» blieben die Frauen<br />
49
<strong>50</strong><br />
trotz starkem Gegensteuer nahezu marginalisiert,<br />
wie einst an der ganzen Schule vor Einführung<br />
der Koedukation.<br />
Lehrende und Lernende stehen zueinander<br />
in einem Verhältnis, das in vielen Teilen bedeutend<br />
ausgeglichener erscheint als früher. Für<br />
beide bildet die Schule aber auch nicht mehr<br />
so stark den Lebensmittelpunkt. Lehrpersonen<br />
sind häufig teilzeitbeschäftigt, Schüler/innen<br />
üben vielfach einen Nebenjob aus. Das hängt<br />
mit einem allgemeinen Rhythmuswechsel an<br />
den Schulen zusammen. Der Unterricht begann<br />
vor fünfzig Jahren im Sommerhalbjahr<br />
häufig morgens um 07.10 Uhr. Mein Banknachbar,<br />
wohnhaft in Kappel am Albis, musste zwei<br />
Stunden vorher aufstehen. Es gab lange Mittagszeiten,<br />
man sollte sich nach Möglichkeit<br />
zu Hause verpflegen können. Die Fünftagewoche<br />
war eine angelsächsische Erscheinung,<br />
vor der man noch nicht viel hielt. Schulreisen<br />
hatten vormilitärischen Charakter und wurden<br />
von einer Kommission auf ausreichende<br />
Marschleistung hin überwacht. Der Übergang<br />
zur Sommerzeit, zum Spätsommerschulbeginn,<br />
zur Fünftagewoche und die besonders<br />
einschneidende Verkürzung der Mittelschuldauer<br />
bewirkten jedes Mal eine Erschütterung<br />
des als natürlich empfundenen Rhythmus. Der<br />
Tages- und Jahresablauf wurde starr, Sommer-<br />
und Wintersemester wurden etwas unscharf<br />
und ausserdem in unnatürlicher Abfolge zu<br />
kaum mehr unterscheidbaren «Herbst»- und<br />
«Frühlings»-Semestern. Mehrtägige Schulreisen<br />
entwickelten sich zu lockeren Events, förderten<br />
die körperliche Tüchtigkeit in keiner<br />
Weise mehr, dienten auch einer verbesserten<br />
Landeskunde nicht und wurden folgerichtig<br />
jüngst vom Konvent abgeschafft. Meine letzte<br />
viertägige Schulreise nach traditionellem Muster<br />
als Bergwanderung liegt dreissig Jahre zurück,<br />
am vierten Tag wanderten mein Kollege<br />
und ich, von einem einzigen Schüler begleitet,<br />
allein über den letzten Pass. Die Schüler/innen<br />
hatten nach drei Marschtagen alle Kräfte<br />
verausgabt. Hingegen gelangten «Arbeitswochen»,<br />
ein Begriff, der mir ursprünglich ebenfalls<br />
nicht bekannt war, seit Beginn der Siebziger<br />
Jahre zu grosser Beliebtheit, auch bei<br />
Lehrerpersonen, und zwar so sehr, dass einige<br />
Kollegen, die diese Form dem eigentlichen Unterricht<br />
vorzuziehen schienen, von anderen in<br />
neidvoller Entrüstung als «Arbeitswöchner»<br />
apostrophiert wurden. Da sich aber auch diese<br />
Arbeitswochen von ihrem ursprünglichen<br />
Charakter entfernen, scheinen sie ihren Zenit<br />
ebenfalls überschritten zu haben.<br />
Der unbeweglichere äussere Rahmen wurde<br />
also durch mehr Bewegung im Innern ausgeglichen.<br />
Das gilt insbesondere auch für den<br />
Stundenplan. Kaum eine Woche, in der nicht<br />
grössere Veränderungen gegenüber dem Normalstundenplan<br />
auftreten. Das «Kerngeschäft»<br />
wird nur noch partiell betrieben. Die strenge<br />
Devise «Die Schule findet statt» scheint aus der<br />
Mode gekommen. Die Verdichtung des Stundenplans<br />
und die Verkürzung der Schulzeit<br />
haben zu höher Belastung, mehr «Stress», aber<br />
im Gegenzug auch zu mehr Befreiungs- und<br />
Fluchtreaktionen geführt. Die höhere Verfügbarkeit<br />
über die Freizeit, die den heutigen Schülern<br />
zugefallen ist, hat aber die Verbindung zur<br />
Institution gelockert und das innerschulische<br />
Engagement reduziert. Dem überbordenden<br />
Absentismus versuchten wir mit einem aufwän-<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
digen Absenzenkontrollsystem beizukommen.<br />
Als Schüler habe ich abgesehen von den recht<br />
anspruchsvollen zwei Schulreisen zu zwei und<br />
zu vier Tagen und gelegentlichen fachspezifischen<br />
Exkursionen keine Unterrichtsunterbrüche<br />
erlebt. Fiktionalität und Virtualität gehören<br />
zu den neuen Erscheinungsformen des Computerzeitalters.<br />
Der Geist<br />
Der Freudenberg war architekturgeschichtlich<br />
ein Aufbruch in die Moderne. Die <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> hat diesen Aufbruch schulgeschichtlich<br />
verinnerlicht. Es scheint, als habe sich der Geist<br />
der Architektur dem Geist der Schule vermittelt.<br />
So wenig wie das Gebäude, so wenig hat<br />
die Schule Staub angesetzt. Sie war und ist<br />
dem Fortschritt verpflichtet. Das Kollegium<br />
habe ich in seiner Mehrheit immer als sehr aufgeschlossen<br />
erlebt. Ein Meilenstein in dieser<br />
Entwicklung war die Oberstufenreform der<br />
Siebziger Jahre. Sie war eine Vorwegnahme<br />
von wichtigen Elementen der schweizweiten<br />
Maturitätsrefom ein Vierteljahrhundert später.<br />
Das Bild von der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> als dem<br />
Flaggschiff der Zürcher <strong>Kantonsschule</strong> trifft sicherlich<br />
auf die Architektur zu, darf aber auch<br />
auf die schulpolitische Bedeutung übertragen<br />
werden. Ich stand in meiner Zeit auf dem Freudenberg<br />
im Bewusstsein, zu einer Avantgarde<br />
zu gehören. Meine Schule war schon in ihrer<br />
Tradition eine klassische Aufsteigerschule. Aufsteiger<br />
sind zur Tüchtigkeit verdammt. Sie können<br />
sich nicht auf Lorbeeren ausruhen, sondern<br />
müssen diese zuerst erwerben. Die Konstruktion<br />
des neuen Wirtschaftsgymnasiums auf der<br />
Basis der alten Handelsschule und der Kampf
Schulgeschichte(n)<br />
um dessen eidgenössische Anerkennung haben<br />
schon in der Anfangszeit eine Fitness geschaffen,<br />
die in der Folge erhalten blieb. Der komplexe Umbau<br />
zur <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> hat eine einzigartige<br />
Offenheit und Breite hervorgebracht. Nicht nur<br />
die Schülerschaft ist kulturell äusserst vielschichtig<br />
zusammengesetzt, auch das Schulprogramm<br />
umfasst ein staunenswertes Spektrum. Über das<br />
klassische gymnasiale Programm hinaus mit den<br />
Sprachen, den Geistes- und Sozialwissenschaften,<br />
den Naturwissenschaften und der Mathematik,<br />
den Kunst- und Sportfächern sind die Wirtschaftswissenschaften<br />
und die Informatik dazu getreten.<br />
Die besondere Aufgeschlossenheit zeigt sich auch<br />
in den besonderen Sprachangeboten: Zum schon<br />
traditionellen Russisch sind Japanisch, Chinesisch<br />
und Arabisch getreten. Wenn ich auf die<br />
Schülerschaft blicke, erkenne ich viele der rund<br />
160 Nationen, die in Zürich leben, im Lehrerzimmer<br />
finde ich Kontakt zu Fachgelehrten aus nahezu<br />
allen an Mittelschulen überhaupt möglichen<br />
Fächern. Dieses Ergebnis ist das Produkt eines<br />
ganz besonderen «<strong>Enge</strong>-Geistes». Er bildete sich<br />
in den letzten fünfzig Jahren heraus und manifestierte<br />
sich in der Bereitschaft, programmatisch<br />
und methodisch neue Wege zu suchen. Dieser Prozess<br />
war gelegentlich auch schmerzhaft, führte zu<br />
Spannungen zwischen den progressiven und den<br />
konservativen Kräften. Dass am Ende stets die<br />
ersteren obsiegten, gehört wohl zum Wesen des<br />
Freudenbergs. Es war für mich ein hoher Genuss,<br />
die ganze Zeit dabei gewesen sein und die Fackel<br />
des Fortschritts gelegentlich mitgetragen haben<br />
zu können.<br />
1 Jahresbericht <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> 1992/93, S. 10.<br />
2 SonntagsZeitung Nr. 36, 7.9.2008.<br />
Literaturverzeichnis<br />
Marianne Burkhalter, Michael Koch, Claude Lichtenstein, Tomaso<br />
Zanoni: Freudenberg. Der Architekt Jacques Schader und die <strong>Kantonsschule</strong><br />
in Zürich-<strong>Enge</strong>. Eine Baumonographie mit einem Verzeichnis<br />
ausgewählter Werke. Museum für Gestaltung Zürich,<br />
Schweizerischer Werkbund (Hg.). Zürich 1992.<br />
Chronik der Stadt und des Bezirkes Zürich. Geschichtlicher Teil von Paul<br />
Nussberger & Eugen Schneiter. (Bezirkschroniken des Kantons Zürich,<br />
Bd. 7). Zürich 1964.<br />
«Das Aulagebäude der <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg in Zürich». In:<br />
Werk. Schweizer Monatszeitschrift für Architektur, Kunst, Künstlerisches<br />
Gewerbe. Januar 1962, 49. Jg., Heft 1, S. 5–10<br />
Hans Hoffmann und Paul Klaeui (Vorarbeiten von Konrad Escher):<br />
Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich. Band V. Die Stadt Zürich:<br />
Zweiter Teil. Birkhäuser: Basel 1949.<br />
Fritz Hunziker / Walter Corrodi: «Die Kantonale Handelsschule Zürich.<br />
Geschichtlicher Rückblick». In: André Winkler / Walter P.<br />
Schmid: Kantonale Handelsschule Zürich 1904–1954. Bildung –<br />
Schulung. Beiträge zum Problem der allgemeinen Bildung an einer<br />
Handelsmittelschule. Zürich 1954, S. 73–85.<br />
<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg in Zürich. Cicero: Zürich 1962.<br />
Walter Kronbichler: Die zürcherischen <strong>Kantonsschule</strong>n 1833–1983.<br />
<strong>Festschrift</strong> zu 1<strong>50</strong>-Jahr-Feier der staatlichen Mittelschulen des Kantons<br />
Zürich. Zürich 1983.<br />
Irma Noseda: «<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg». In: Irma Noseda / arge<br />
baukunst, Zürich: Bauen an Zürich. Bauamt II der Stadt Zürich<br />
(Hg.). Zürich 1992, S. 121–23.<br />
Zürcher Denkmalpflege, 5. Bericht 1966 / 1967, S. 194.<br />
100 Jahre «Handeli». Jahresbericht 2003 / 2004. <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>.<br />
Zürich 2004.<br />
51
52<br />
Die Schulleitung 1955. Rektor Walter Corrodi (rechts), Prorektor Franz Wetterwald.
Statistik und Chronik<br />
Chronik und Statistik<br />
53
54<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
Statistik und Chronik<br />
Chronik und Statistik<br />
Schulchronik<br />
Marco Zanoli<br />
Rektoren<br />
Dr. Walter Corrodi 1947–1962<br />
Dr. Ernst Kilgus 1962–1968<br />
Dr. Walter P. Schmid 1968–1982<br />
Dr. Walter Büsch 1982–1996<br />
Beat Wüthrich 1996–2010<br />
Dr. Christoph Wittmer ab 2010<br />
Prorektoren<br />
Dr. Henri Wild 1958–1961<br />
Dr. Walter P. Schmid 1961–1968<br />
Dr. Hansruedi Gassmann 1968–1987<br />
Wilfried Bauert 1970–1989<br />
Paul Wyss 1989–1998<br />
Dr. Hans Spuhler 1987–2004<br />
Thomas Limacher 1998–2010<br />
Dr. Christoph Wittmer 2004–2010<br />
55
56<br />
Schulchronik<br />
10.6.1953<br />
Ausschreibung des Architekturwettbewerbs<br />
für ein neues<br />
Schulhaus Freudenberg. 1954<br />
fällt der Entscheid für das<br />
Projekt von Jacques Schader.<br />
4.3.1956<br />
Volksabstimmung über<br />
den Bau des Schulhauses<br />
Freudenberg. Ein Baukredit<br />
von 26 Mio. Franken wird<br />
mit 85 048 Ja gegen 53 824<br />
Nein vom Zürcher Stimmvolk<br />
angenommen.<br />
29.6.1956<br />
Spatenstich. Der Bezug der<br />
Schulanlage wird für das Frühjahr<br />
1959 in Aussicht gestellt.<br />
15.4.1958<br />
Aufrichtefest. Beginn des<br />
Aufbaus der Sammlungen und<br />
Bibliotheken.<br />
1958<br />
Der Zürcher Regierungsrat<br />
legt für die neue Abteilung<br />
der <strong>Kantonsschule</strong> Zürich die<br />
Bezeichnung «Gymnasium<br />
Freudenberg» für die heutige<br />
<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg<br />
und «Kantonale Handelsschule<br />
Zürich, Freudenberg» für die<br />
heutige <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />
fest. Beide Schulen bilden<br />
zusammen als «<strong>Kantonsschule</strong><br />
Freudenberg» administrativ<br />
die 5. Abteilung der <strong>Kantonsschule</strong><br />
Zürich.<br />
19.10.1959<br />
Bezug der Handelsschule in<br />
der Schulanlage Freudenberg.<br />
Das «erste Telefon klingelte<br />
am 8. Oktober 1959».<br />
1961<br />
Inbetriebnahme der Aula.<br />
Erster Jahresbericht im neuen<br />
Layout.<br />
26.5.1961<br />
Offizielle Einweihung der<br />
<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg.<br />
1962<br />
Rücktritt von Rektor Walter<br />
Corrodi; Amtsantritt von<br />
Rektor Ernst Kilgus<br />
11.6.1963<br />
Revision des Lehrplanes<br />
und Reorganisation der<br />
Handelsschule. Ab Schuljahr<br />
1964 / 65 trennt die Kantonale<br />
Handelsschule erstmals die<br />
eintretenden Schüler schon<br />
in der ersten Klasse in eine<br />
Diplom- und eine Maturitätsabteilung.<br />
1964<br />
Die Wirtschafts- bzw. Handelsmaturität<br />
berechtigt neu<br />
zur prüfungsfreien Immatrikulation<br />
an der Rechts- und<br />
Staatswissenschaftlichen, an<br />
der Theologischen und an den<br />
beiden Philosophischen Fakultäten<br />
der Universität Zürich.<br />
2.3.1964<br />
Gründung der Kaderschule<br />
Zürich durch die Mitglieder<br />
der Aufsichtskommission und<br />
das vereinigte Kollegium der<br />
Hauptlehrer. Sie nimmt ihren<br />
Betrieb am 28.4.1965 auf.<br />
13.6.1967<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Der Konvent beschliesst ein<br />
neues Diplom- und Maturitätsreglement,<br />
das am 15.12.1967<br />
bzw. am 23.1.1968 vom Erziehungsrat<br />
bewilligt wird.<br />
11.6.1968<br />
Der Konvent beschliesst auf<br />
das Schuljahr 1969 / 70 einen<br />
neuen Lehrplan.<br />
1969<br />
Rücktritt von Rektor Ernst<br />
Kilgus; Amtsantritt von<br />
Rektor Walter P. Schmid.<br />
16.4.1971<br />
Yvonne Schlosser tritt ihr Amt<br />
als erste Hauptlehrerin an der<br />
Kantonalen Handelsschule an.<br />
1971<br />
Mit der Inbetriebnahme eines<br />
Terminals kann von der Handelsschule<br />
aus der IBM 370 / 155<br />
Computer der Universität Zürich<br />
benutzt werden. Weitere<br />
technische Neuerungen sind<br />
zwei «Tischcomputer» und ein<br />
Xerox 3600 Kopiergerät.<br />
1972<br />
Eidgenössische Anerkennung<br />
des Wirtschaftsgymnasiums<br />
als Maturitätstyp E und des<br />
Neusprachlichen Gymnasiums<br />
als Maturitätstyp D.<br />
1974<br />
Eidgenössische Anerkennung<br />
des Zürcher Wirtschaftsgymnasiums.<br />
Endgültige Trennung<br />
der Handelsschule und des<br />
Wirtschaftsgymnasiums. Für<br />
Handelsschüler besteht weiter<br />
die Möglichkeit bei ausreichendem<br />
Durchschnitt durch<br />
die Absolvierung einer eineinhalbjährigen<br />
Übergangsklasse<br />
mit der Wirtschaftsmaturität<br />
abzuschliessen.<br />
6.1.1976<br />
Der Kantonsrat legt auf das<br />
Schuljahr 1976 / 77 neue Bezeichnungen<br />
für die <strong>Kantonsschule</strong>n<br />
fest. Für die heutige<br />
<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> wird<br />
«<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg,<br />
Wirtschaftsgymnasium und<br />
Handelsschule» als Bezeichnung<br />
gewählt.
Statistik und Chronik<br />
Schulchronik<br />
1976<br />
Einführung der Koedukation<br />
per Schuljahr 1976/77 parallel<br />
zur Übernahme der Töchternschulen<br />
der Stadt Zürich durch<br />
den Kanton (Volksabstimmung<br />
vom 2.3.1975).<br />
1976<br />
Ein neuer Lehrplan für die<br />
Handelsschule wird in Kraft<br />
gesetzt.<br />
1978<br />
Start der ersten Klassen des<br />
Neusprachlichen Gymnasiums<br />
(Typus D).<br />
1979<br />
Der Erziehungsrat legt für die<br />
<strong>Kantonsschule</strong>n Freudenberg<br />
neue Bezeichnungen fest:<br />
Die Typen D, E und Handelsschule<br />
heissen neu «<strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong>».<br />
1979<br />
Nach der Oberstufenreform<br />
können zum ersten Mal<br />
Schüler/innen des 8. und 9.<br />
Semesters Ergänzungs- und<br />
Wahlkurse belegen.<br />
14.12.1981<br />
Einweihung der neuen Turnhalle<br />
in der alten Reithalle im<br />
Schoellergut.<br />
1981<br />
Mit 1036 Schülerinnen und<br />
Schülern in 51 Klassen erreicht<br />
die Belegung des Schulhauses<br />
einen Rekordstand.<br />
1982<br />
Erweiterung des Gebäudes<br />
der heutigen <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> um vier Klassenzimmer<br />
und zwei EDV-Räumen im<br />
Kellergeschoss. Errichtung<br />
eines provisorischen Pavillons<br />
vor dem naturwissenschaftlichen<br />
Trakt zur Lösung der<br />
Raumprobleme.<br />
1982<br />
Rücktritt von Rektor Walter<br />
P. Schmid; Amtsantritt von<br />
Rektor Walter Büsch.<br />
1983<br />
Auflösung der <strong>Kantonsschule</strong><br />
Zürich als organisatorische<br />
Einheit des Kantons.<br />
1983<br />
Inbetriebnahme der neuen<br />
Mensa mit 200 Plätzen in<br />
zwei Räumen, getrennt nach<br />
Raucher und Nichtraucher.<br />
1987<br />
Die Schulanlage Freudenberg-<br />
<strong>Enge</strong> wird vom Kanton Zürich<br />
unter Schutz gestellt.<br />
1988<br />
Der Kanton Zürich vollzieht<br />
den Übergang zum Spätsommerschulbeginn.<br />
Das Schuljahr<br />
1988/89 dauert als «Langschuljahr»<br />
16 Monate.<br />
1990<br />
Der alte Hauptlehrerkonvent<br />
erteilt den Lehrbeauftragten<br />
neu das Mitspracherecht in<br />
allen Belangen ausser bei der<br />
Wahl der Schulleitung.<br />
1991<br />
Der Kantonsrat beschliesst die<br />
Gesamtsanierung der Schulanlage<br />
Freudenberg für 65 Mio.<br />
Franken.<br />
1992<br />
Massive Sparmassnahmen<br />
des Kantons treffen Lehrer-<br />
und Schülerschaft. Zusammenlegung<br />
von Schulklassen,<br />
Abbau besonderer Unterrichtsformen,<br />
Aussetzung des<br />
Teuerungsausgleichs und der<br />
automatischen Lohnstufenanstiege<br />
werden auf Jahre<br />
hinaus zum Normalfall.<br />
1993<br />
An der Bederstrasse werden<br />
Pavillonbauten mit 20 Schulzimmern<br />
errichtet, um den<br />
Schulbetrieb während der anstehenden<br />
Gesamtsanierung<br />
des Schulhauses unter der<br />
Leitung von Jacques Schader<br />
aufrecht zu erhalten.<br />
1993<br />
Der Konvent lehnt einen<br />
Erweiterungsbau für die KFR<br />
und die <strong>KEN</strong> im Schoellergut,<br />
die sog. «Schoeller-Banane»,<br />
ab. Das Projekt für 15 Mio. Fr.<br />
scheitert 1996 im Kantonsrat<br />
endgültig.<br />
1994<br />
Start der Gesamtsanierung.<br />
1995<br />
Einführung des neuen<br />
Maturitäts-Anerkennungs-<br />
Reglements (MAR): Einführung<br />
der Berufsmaturität,<br />
Abschaffung der alten Maturitätstypen<br />
A bis E, Übergang<br />
zum sechs- bzw. vierjährigen<br />
Gymnasium.<br />
1995<br />
Der erste Jahrgang der<br />
Handelsmittelschule beginnt<br />
im Herbst 1995 nach dem<br />
neuen Modus: Drei Jahre<br />
Schule, ein Jahr Praxis, Abschluss<br />
mit Berufsmaturität<br />
(HMS+), die den Zugang zur<br />
Fachhochschule ermöglicht.<br />
Die Übergangsklasse<br />
zwischen Handelsdiplom und<br />
Wirtschaftsmaturität wird<br />
aufgehoben.<br />
1996<br />
Rücktritt von Rektor Walter<br />
Büsch, Amtsantritt von<br />
Rektor Beat Wüthrich<br />
57
58<br />
Schulchronik<br />
1996<br />
Der Regierungsrat weist<br />
der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> im<br />
Rahmen der Einführung des<br />
MAR die Maturitätsprofile<br />
«Wirtschaft und Recht» sowie<br />
«Neusprachlich» zu. Eine<br />
siebenköpfige Projektgruppe<br />
erarbeitet anhand der Vorgaben<br />
neue Stundentafeln und<br />
Lehrpläne. Zum ersten Mal<br />
erhält die <strong>KEN</strong> ein Leitbild.<br />
1996<br />
Übergabe des neuen Schulprogramms<br />
gemäss MAR<br />
an die Erziehungsdirektion<br />
(bewilligt 1997).<br />
1997<br />
Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> führt<br />
als Pilotschule ihre Buchhaltung<br />
neu mit einem Globalbudget<br />
und erhält damit die<br />
Teilautonomie.<br />
1998<br />
Die Sanierung des Schulgebäudes<br />
der <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> wird abgeschlossen. Im<br />
Sommer verlassen die Schulklassen<br />
die Pavillons.<br />
1998<br />
Erste Aufnahmeprüfungen<br />
nach MAR für das Neusprachliche<br />
und das Wirtschaftlichrechtliche<br />
Profil mit vierjähriger<br />
Dauer.<br />
1998<br />
Der Kanton Zürich setzt für<br />
die Mittelschullehrkräfte<br />
ein Lehrerqualifikations- und<br />
Beurteilungssystem in Kraft.<br />
1999<br />
Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> feiert<br />
ihr 40-jähriges Jubiläum im<br />
Schulhaus Freudenberg und<br />
20 Jahre Führen ihrer jetzigen<br />
Bezeichnung unter dem Motto<br />
«40 – <strong>KEN</strong> – 20».<br />
13.6.1999<br />
Das neue Mittelschulgesetz<br />
wird vom Volk angenommen.<br />
Damit endet die 100-jährige<br />
Tradition der Verbeamtung der<br />
Hauptlehrerkräfte. Neu wird<br />
nur noch zwischen Lehrkräften<br />
mit und ohne «besonderen<br />
Aufgaben» (mbA und obA)<br />
unterschieden.<br />
3.5.2000<br />
Das Bundesamt für Bildung<br />
und Technologie anerkennt<br />
die kaufmännische Berufsmaturität<br />
der <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong>.<br />
2000<br />
Die Aufsichtskommission<br />
wird im Frühlingssemester<br />
zur «Schulkommission» Der<br />
Bildungsrat des Kantons<br />
Zürich ersetzt den bisherigen<br />
Erziehungsrat.<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
2000<br />
Im Herbst 2000 startet die<br />
erste Klasse der Informatikmittelschule<br />
(IMS). Der neue<br />
Ausbildungsgang führt in drei<br />
Jahren Vollzeitschule und<br />
einem nachfolgenden Jahr<br />
Praxis in einem informatikorientierten<br />
Unternehmen zu<br />
einer kaufmännischen Berufsmaturität<br />
mit dem eidgenössischen<br />
Fähigkeitsausweis für<br />
Informatik.<br />
2002<br />
Start des ersten zweisprachigen<br />
Ausbildungsganges<br />
(Deutsch/Englisch) im Profil<br />
Wirtschaft und Recht.<br />
2003<br />
Abschluss der Sanierungsarbeiten<br />
im Areal Freudenberg-<br />
<strong>Enge</strong>.<br />
2004<br />
Die Handelsschule feiert ihr<br />
100-jähriges Bestehen.<br />
2009<br />
Wahl von Christoph Wittmer<br />
als neuer Rektor ab 2010.
Statistik und Chronik<br />
Auswahl der Jahresberichte<br />
59
60<br />
Schulstatistik<br />
Marco Zanoli<br />
Bei der Betrachtung der statistischen Entwicklung<br />
der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> fällt als erstes der<br />
starke Anstieg der Schülerzahlen ins Auge. Die<br />
folgenden Bemerkungen sollen das Verständnis<br />
für die Entwicklungen erleichtern und sie<br />
in den Kontext der schulpolitischen und gesellschaftlichen<br />
Entwicklungen stellen.<br />
In einer ersten Phase des Wachstums<br />
zwischen dem Bezug der neuen Gebäude im<br />
Schulhaus Freudenberg-<strong>Enge</strong> 1959 und der<br />
Einführung der Koedukation 1976 überschritt<br />
die Schülerzahl bereits die im Projekt als Maximum<br />
festgelegte Richtgrösse von 720 Schülern.<br />
Es fällt auf, dass seit der Trennung von Handelsschule<br />
und Wirtschaftsmaturitätsschule<br />
(Typus E) 1963/64 die Schülerzahlen ein erstes<br />
Mal stark stiegen, um sich nach 1970 auf einem<br />
Niveau knapp unter 800 Schülern zu stabilisieren.<br />
Dieses Wachstum lag an den geburtenstarken<br />
Jahrgängen der Kriegs- und Nachkriegsjahre,<br />
entsprach aber auch einer steigenden<br />
Nachfrage nach akademisch geschultem Personal<br />
in der Industrie und Wirtschaft.<br />
Ein neuerlicher Wachstumsschub zeichnete<br />
sich nach dem Einzug der Schülerinnen 1976<br />
bzw. mit der Einführung des neusprachlichen<br />
Gymnasiums (Typus D) 1978 ab. Dieser Wachstumsschub<br />
hatte vor allem organisatorische<br />
Gründe, wenn auch die schlechtere wirtschaftliche<br />
Lage Ende der 1970er Jahre ebenfalls<br />
eine gewisse Rolle gespielt haben dürfte. Die<br />
Belegung des Schulhauses erreichte schliesslich<br />
anfangs der 1980er Jahre mit um die 1000<br />
Schülerinnen und Schülern einen absoluten<br />
Rekordwert.<br />
Die bessere Wirtschaftslage liess die Zahlen,<br />
besonders im Typus D, im weiteren Verlauf der<br />
1980er Jahre wieder zurückgehen. Der starke<br />
Einbruch nach 1988 hatte zwar vor allem statis-<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Diagramm: Marco Zanoli
Statistik und Chronik<br />
Entwicklung der Schüler/innenzahlen 1998/99 bis 2008/09<br />
Schuljahr Typus D / Profil N Typus E / Profil W+R HMS+ / IMS Total<br />
S K S K S K S K<br />
1998 / 99 318 14 523 26 114 6 955 47<br />
1999 / 2000 316 14 498 26 105 5 919 45<br />
2000 / 01 <strong>30</strong>7 15 488 25 131 6 926 45<br />
2001 / 02 315 15 493 24 131 6 939 45<br />
2002 / 03 260 12 402 19 172 8 834 39<br />
2003 / 04 260 12 394 19 188 9 842 40<br />
2004 / 05 275 13 396 19 184 9 855 41<br />
2005 / 06 265 13 414 21 170 9 849 43<br />
2006 / 07 278 14 426 22 178 9 882 45<br />
2007 / 08 275 14 457 24 177 9 909 47<br />
2008 / 09 262 13 <strong>50</strong>8 26 173 9 943 48 Legende: S – Schüler/innen, K – Klassen<br />
tische Gründe – durch den Übergang zum Spätsommerschulbeginn<br />
fielen die Maturanden aus<br />
der Statistik – bestätigte aber den Trend. Besonders<br />
stark spürte dies die Handelsschule, die bis<br />
Mitte der 1990er Jahre auf zwei Klassenzüge<br />
pro Jahrgang zusammenschrumpfte und nur<br />
durch starke Fördermassnahmen überhaupt am<br />
Leben erhalten werden konnte.<br />
Der Rückgang der Belegungszahlen auf um<br />
die 800 Schülerinnen und Schülern war jedoch<br />
von kurzer Dauer und die wirtschaftliche Rezession<br />
und Stagnation der 1990er Jahre liess<br />
die Anmeldungen insbesondere für die beiden<br />
gymnasialen Ausbildungsgänge wieder em-<br />
porschnellen. Ein kurzzeitiger Bruch in diesem<br />
Trend war lediglich zwischen 1996 und 2002<br />
zu verzeichnen, als die Reform des Maturitätsanerkennungsreglements<br />
die Mittelschul-<br />
dauer von viereinhalb auf vier Jahre bzw. die<br />
Reform der Handelsschule diese von vier auf<br />
drei Jahre verkürzte und auch die traditionsreiche<br />
Übergangsklasse vom Handelsdiplom<br />
zur Wirtschaftsmatur eingestellt wurde. Durch<br />
diese Massnahmen ging die Belegung im<br />
Herbstsemester um elf, im Frühlingssemester<br />
um drei Klassen zurück.<br />
Dieser Rückgang wurde seitdem durch<br />
den anhaltenden gesellschaftlichen Trend ins<br />
Gymnasium – an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> besonders<br />
ins Profil Wirtschaft und Recht – wieder<br />
ausgeglichen, so dass die <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> im Herbst 2008/09 wieder mit 48 Klassen<br />
und über 900 Schülerinnen und Schülern<br />
ins neue Schuljahr gestartet ist. Auch ist durch<br />
die Einführung der Informatikmittelschule im<br />
Jahr 2000 und die Reform der Handelsmittelschule<br />
eine Stabilisierung dieses traditionsreichen<br />
Bildungszweiges auf drei Klassenzüge<br />
pro Jahrgang gelungen, nachdem im Schuljahr<br />
2000/01 nur noch eine Klasse HMS+ geführt<br />
werden konnte.<br />
61
Statistik und Chronik<br />
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
63
64<br />
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
Handels- und Informatikmittelschule<br />
Thomas Limacher, Prorektor<br />
Von der Handeli zur HMSPlus<br />
Ehemalige, die heute an die Kantonschule<br />
<strong>Enge</strong> zurückkehren und ihre «Handeli» im<br />
vielfältigen Angebot der <strong>KEN</strong> suchen, werden<br />
auf den ersten Blick nicht fündig. Die alte<br />
Handelsmittelschule (HMS), die vier Jahre<br />
dauerte und mit dem kaufmännischen Diplom<br />
endete, ermöglichte einst dank ihres Curriculums<br />
einen idealen Einstieg in die Welt der<br />
Wirtschaft. Tastaturschreiben auf der guten<br />
alten mechanischen Schreibmaschine sowie<br />
Steno gehörten zum Tagesprogramm genauso<br />
wie die Buchhaltung mit dem Industrie-Kontenrahmen<br />
und Taschenrechner. Wer studie-<br />
ren wollte, konnte nach eineinhalb Jahren in<br />
der Übergangklasse die Matura erlangen oder<br />
nach einem Praxisjahr ein Studium an der<br />
HWV aufnehmen. Diese alte Handeli wird man<br />
in unserem Schulprogramm heute nicht mehr<br />
finden. Was ist geschehen?<br />
Im Laufe der Jahre haben sich die Ansprüche<br />
der modernen Arbeitswelt an einen<br />
praxisorientierten Mittelschulbildungsgang<br />
stark verändert. Neben dem Beherrschen von<br />
Fremdsprachen und dem Verständnis der immer<br />
komplexeren wirtschaftlichen Zusammenhänge<br />
werden zusätzliche Fähigkeiten und<br />
Kenntnisse im Bereich der Informations- und<br />
Kommunikationstechnologien verlangt. Auch<br />
in Bezug auf überfachliche Kompetenzen, die<br />
benötigt werden, um neue Arbeitsformen wie<br />
Projekt- und Teamarbeiten zu erledigen, wurden<br />
neue Massstäbe gesetzt.<br />
Diese Herausforderungen hat die Schule<br />
angenommen und sie hat durch eine neue<br />
Konzeption im Jahre 1996 der alten Handeli<br />
ein neues Gesicht und einen neuen Namen<br />
verliehen. Die heutige «Handelsmittelschule<br />
Plus» oder abgekürzt: HMSPlus. Sie schliesst<br />
an die 2. oder 3. Sekundarschule an und endet<br />
mit der kaufmännischen Berufsmaturität.<br />
Die HMSPlus umfasst drei Schuljahre sowie<br />
mindestens ein Jahr betriebliche Praxis (dafür<br />
steht das Plus).<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
In der dreijährigen Schulzeit wird eine breite<br />
allgemeine Bildung vermittelt mit Schwerpunkt<br />
in den Wirtschafts- und Sprachfächern.<br />
In den Fremdsprachen und der Informatik werden<br />
nationale und internationale Diplome und<br />
Zertifikate angestrebt. Eine vertiefte Bildung<br />
in den mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />
Fächern sowie Geschichte und Staatskunde<br />
runden das Angebot ab. Charakteristisch ist die<br />
die Ausrichtung auf computergestützte Projektarbeit<br />
in verschiedenen Unterrichtsbereichen.<br />
Besonders erwähnenswert ist dabei u.a. die<br />
Wirtschaftsprojektkette, bei der die Schüler/<br />
innen in Miniunternehmen ein Jahr lang eine<br />
Unternehmung betreiben und reale Produkte<br />
verkaufen.<br />
Nach dem schulischen Diplomabschluss erfolgt<br />
der Schritt in die Praxis. Die Freiheit bei der<br />
Wahl von Arbeitgeber, Ort und Branche ist gross.<br />
Praktikumsstellen werden vom kleinen Werbebüro<br />
über alle möglichen KMUs bis hin zu den<br />
grossen Finanzinstituten angeboten. Das Praxisjahr<br />
wird von der Schule begleitet und nach<br />
dem Verfassen einer Maturitätsarbeit und dem<br />
Ablegen einer mündlichen Prüfung über die in<br />
der Praxis erworbenen Kenntnisse erlangen die<br />
Absolvent/innen die kaufmännische Berufsmaturität<br />
als eidgenössischen Berufsausweis.<br />
Die Rückmeldungen der Praktikumsbetriebe<br />
fallen durchaus positiv aus. Besonders gelobt
Foto: gta Archiv, ETH Zürich: Nachlass Jacques Schader<br />
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
Aufnahme aus einem Schreibmaschinenzimmer der Handelsschule 1961.<br />
werden neben den schulischen Kenntnissen<br />
unserer HMS-Absolvent/innen auch ihre Selbständigkeit<br />
sowie die Möglichkeit, den jungen<br />
Praktikanten schon früh Verantwortung übergeben<br />
und sie nach kurzer Zeit in produktive<br />
Arbeitsprozesse mit einbeziehen zu können.<br />
Das Angebot an Praktikumsstellen übertrifft<br />
die Nachfrage jeweils bei weitem, so dass es seit<br />
über zehn Jahren noch nie ernsthafte Probleme<br />
mit der Organisation von genügend Praktikumsstellen<br />
gab.<br />
Mit der Berufsmaturität im Sack ist der<br />
prüfungsfreie Eintritt an alle eidgenössischen<br />
Fachhochschulen möglich. Besonders beliebt<br />
bei unseren Absolventen ist die heutige ZHAW<br />
(Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften),<br />
die mit ihren wirtschaftsorientierten<br />
Fachrichtungen die Studierenden auf die Übernahme<br />
von Führungsaufgaben in der Privatwirtschaft<br />
und in der öffentlichen Verwaltung<br />
vorbereitet.<br />
Die HMSPlus, die sich als ein Nischenprodukt<br />
zwischen gymnasialer Bildung und dualer<br />
beruflicher Bildung versteht, hat sich sofort<br />
an der <strong>KEN</strong> etabliert und führt jeweils zwei<br />
Klassen pro Jahrgang. Nach ihrer Einführung<br />
im Jahre 1996 musste sie bereits zwei Mini-<br />
Reformen, die einmal durch den Sparwind und<br />
das andere Mal durch die KV-Reform ausgelöst<br />
wurden, über sich ergehen lassen. Beide Male<br />
65
66<br />
ist es aber gelungen, den ursprünglichen Charakter<br />
dieses Bildungsganges beizubehalten.<br />
Auch bei einer nächsten Reform, die sich am<br />
Horizont bereits schon abzeichnet, gilt es die<br />
Stärken und die attraktive Positionierung sowie<br />
die Impulse aus dem Innern der Schule nie<br />
aus den Augen zu verlieren…<br />
«Fünfer und Weggli»:<br />
Die Informatikmittelschule<br />
Als ganz neuen Bildungsgang führt die<br />
<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> seit sieben Jahren die Informatikmittelschule<br />
(IMS). Die IMS schliesst<br />
frühestens an die 3. Klasse der Sekundarschule<br />
an und richtet sich in erster Linie an leistungsfähige<br />
Mittelschüler/innen mit grossem Interesse<br />
im Bereich der Informatik.<br />
Der Aufbau gleicht jenem der HMSPlus:<br />
Während drei Jahren bietet sie eine breite<br />
kulturelle, sprachliche und mathematisch-naturwissenschaftliche<br />
Allgemeinbildung sowie<br />
eine vertiefte Bildung in den Wirtschaftsfächern.<br />
Darüber hinaus werden an einem Tag<br />
pro Woche informatikbezogene Fächer am Berufsbildungszentrum<br />
Zürichsee in Horgen von<br />
externen Lehrkräften unterrichtet.<br />
Nach drei Jahren endet der schulische Teil<br />
mit einer Abschlussprüfung. Daran schliesst<br />
das Praxisjahr in einem Informatikunternehmen<br />
oder in der Informatikabteilung eines Be-<br />
triebes an. Am Ende der Ausbildung steht ein<br />
Doppelabschluss: Die Berufsmaturität kaufmännischer<br />
Richtung und das eidgenössische<br />
Fähigkeitszeugnis für Informatik.<br />
Den Absolvent/innen der IMS stehen vielfältige<br />
Möglichkeiten offen: der Beruf als Wirtschaftsinformatiker/in,<br />
höhere eidgenössische<br />
Fachprüfungen in Informatik, höhere kaufmännische<br />
Berufslaufbahnen sowie der prüfungsfreie<br />
Zugang zu den Fachhochschulen.<br />
Seit der Einführung im Jahre 2000 haben<br />
bereits über sechzig Schüler/innen die beiden<br />
Abschlüsse entgegen nehmen können. Auch<br />
bei der IMS sind die Rückmeldungen der Praktikumsfirmen<br />
über die Leistungen der Absolvent/innen<br />
vorwiegend positiv.<br />
Der neue Bildungsgang, der immer noch<br />
den Status eines Pilotprojektes hat, ist attraktiv<br />
ausgestaltet und die Berufsaussichten in der<br />
Informatikbranche sind für gute Absolventen<br />
auch in der heutigen Wirtschaftslage positiv. In<br />
der Vergangenheit hat sich aber gezeigt, dass<br />
die Aufnahmebedingung, erst nach Abschluss<br />
der obligatorischen neun Jahre Schulzeit eintreten<br />
zu können, Probleme bereitet. Die grosse<br />
Herausforderung in nächster Zeit wird also<br />
darin bestehen, die richtigen Schüler/innen<br />
anzusprechen. So wird es auch gelingen, am<br />
Anfang der Schulzeit genügend grosse Klassen<br />
mit den geeigneten Schüler/innen zu bilden.<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
<strong>Enge</strong> der Zukunft<br />
Christoph Wittmer, Prorektor<br />
Die lebendige, vielfältige Welt der <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> hat sich in den letzten Jahren zu einem<br />
«Haus des Lernens» entwickelt, in dem hohe<br />
Ansprüche gelten und grosser Wert auf die gute<br />
Arbeitsatmosphäre gelegt wird. Mit den Profilen<br />
Wirtschaft und Recht und Neue Sprachen,<br />
der Handelsmittelschule und Informatikmittelschule<br />
führen wir ein breites, aber überschaubares<br />
Bildungsangebot. Wir sind stolz auf die<br />
Offenheit und die multikulturelle Prägung der<br />
Schule, pflegen gute Kontakte zu unserem engeren<br />
und weiteren Umfeld, zur <strong>Kantonsschule</strong><br />
Freudenberg und dem Liceo artistico, der<br />
Universität und ETH Zürich und zu unseren<br />
Partnerschulen in Deutschland, der Slowakei<br />
und in San Francisco. Wir sind erfahren darin,<br />
junge Menschen aus allen Regionen der Welt<br />
zu integrieren – an unserer Schule sind zurzeit<br />
über 20 Muttersprachen vertreten – und in unserem<br />
Lernangebot finden sich neben Englisch,<br />
Spanisch, Italienisch und Latein auch Russisch,<br />
Japanisch, Chinesisch und Arabisch. Diese Vielfalt<br />
der Sprachen ist Ausdruck eines globalen<br />
«Lerndorfes» des 21. Jahrhunderts.<br />
Das Arbeits- und Lernklima an der <strong>Enge</strong><br />
wird, dies hat eine aktuelle Standortbestimmung<br />
aufgezeigt, als sehr gut wahrgenommen.<br />
Der Umgang von Lehrer- und Schülerschaft ist<br />
geprägt von Respekt für die Gemeinschaft und<br />
vom Interesse für die Lernerfolge. Die Lehrer/<br />
innen äussern sich ausgesprochen positiv über<br />
den offenen Geist der Schule und die Zusammenarbeit<br />
im Kollegium. Die Schüler/innen<br />
geben an, den Unterricht an der <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> gerne zu besuchen und das hohe pädagogische<br />
Engagement der Lehrerinnen und Lehrer<br />
sehr zu schätzen.<br />
Schule in Bewegung<br />
Unsere Schule blickt auf eine Reihe von Innovationen<br />
zurück, die den Unterricht oder seine<br />
Rahmenbedingungen betreffen. Den Anstoss<br />
gaben jeweils Analysen und Diskussionen<br />
über Entwicklungspotenziale im Kollegium<br />
und im «Leitbildrat», einem Gremium, das die<br />
Umsetzung des Leitbildes an unserer Schule<br />
überprüft. Da in solche Prozesse auch Eltern,<br />
Schüler/innen, ehemalige Schüler/innen und<br />
Schulkommissionsmitglieder einbezogen waren,<br />
konnten blinde Flecken vermieden werden.<br />
Indem wir die Entwicklungsschritte evaluieren,<br />
stellen wir sicher, dass wir nicht auf<br />
halbem Weg des Prozesses stehen bleiben.<br />
Die Richtung der Schulentwicklung wurde<br />
vom Kollegium vorgegeben; sie umfasste in<br />
den letzten Jahren vier Schwerpunkte, nämlich<br />
«Persönlichkeitsentwicklung und Engagement»,<br />
«Werte und Disziplin», «Freude am<br />
Lehren und Lernen» und «Hochschulvorbereitung».<br />
Die nachfolgenden Schritte wurden daraus<br />
abgeleitet:<br />
Maturitätsarbeit als Vorbereitung auf wissenschaftliche<br />
Arbeitsweisen: Mit einem umfassenden<br />
Leitfaden hat die Schule die Ansprüche<br />
an Maturitätsarbeiten neu formuliert. In<br />
Kolloquien werden die Schüler/innen in wissenschaftliche<br />
Arbeitsweisen eingeführt – in<br />
Experimentieren, Recherchieren, korrektes<br />
Zitieren –, und sie erwerben zusätzliche Kenntnisse<br />
in Bezug auf Layout und Präsentation einer<br />
Arbeit. Dank unserem System mit externen<br />
Experten für die Beurteilung der Arbeiten, das<br />
im Hinblick auf die Anrechnung im Maturitäts-<br />
67
68<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
zeugnis ab 2012 an allen Zürcher Mittelschulen<br />
eingeführt werden muss, sind wir gut für die<br />
Zukunft gerüstet.<br />
Projektunterricht mit Fokussierung auf die<br />
Arbeitsweise: Neuland beschritten wir bei der<br />
Bewertung des Projektunterrichts, die nicht<br />
auf Produkte und Prüfungen ausgerichtet ist,<br />
sondern das Engagement, die Arbeit im Team,<br />
das Durchhaltevermögen und Problemlöseverhalten,<br />
die Planungsarbeit und das Zeitmanagement<br />
berücksichtigt.<br />
Stärkung des Immersionslehrganges: Die<br />
zweisprachige Maturität hat sich dank eines<br />
ausgeprägten Evaluations- und Entwicklungsprozesses<br />
an unserer Schule sehr gut etabliert.<br />
In den Fächern Mathematik, Wirtschaft und<br />
Recht, Geschichte, Physik, Geografie und Biologie<br />
wird in den höheren Klassen in englischer<br />
Sprache unterrichtet und damit in die internationalen<br />
Fach- und Forschungssprachen eingeführt.<br />
Die Nachfrage nach diesem Lehrgang ist<br />
gross – wohl auch, weil ein dreiwöchiger Aufenthalt<br />
an einer unserer Partnerschulen in San<br />
Francisco zum Curriculum gehört.<br />
Engagement und Nachhaltigkeit: Mit der<br />
Einführung von Projekten wie «Community<br />
Service» und «Humanitäre Hilfe» in der dritten<br />
Klasse des Gymnasiums und einem neuen Lehrgang<br />
mit den Akzenten «Internationale Zusammenarbeit<br />
und Nachhaltigkeit» geben wir den<br />
Schüler/innen Möglichkeiten, neben der theoretischen<br />
Bildung Erfahrungen zu sammeln<br />
und Verantwortung für die Zukunft unserer<br />
Gesellschaft zu übernehmen. Zum genannten<br />
Lehrgang gehören u.a. ein Umwelteinsatz, ein<br />
Sprach- und Kulturaufenthalt, interdisziplinäre<br />
Module zu Umwelttechnologien und ein Projekt<br />
der Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Koordination Gymnasium – Hochschule: Das<br />
Schnittstellenprojekt «Hochschule – Gymnasium»<br />
des Kantons Zürich wurde massgeblich<br />
von unserer Schule geprägt. Die Reflexion über<br />
Ansprüche an die Maturität im Hinblick auf die<br />
Hochschulvorbereitung ist bei uns weit fortgeschritten.<br />
Zurzeit ist die Schule daran, ein<br />
Konzept für den Erwerb von «Überfachlichen<br />
Kompetenzen» zu entwickeln und gleichzeitig<br />
zu klären, wo Akzente zur Hochschulvorbereitung<br />
gesetzt werden können.<br />
Festigung des politischen Wissens: Mit der<br />
Einführung einer Staatskundewoche in der<br />
dritten Klasse des Gymnasiums und eines wöchentlichen<br />
Diskussionsforums mit dem Titel<br />
«Politik am Mittag» wurden Anstrengungen<br />
unternommen, das gesellschaftspolitische und<br />
staatskundliche Wissen unserer Schüler/innen<br />
zu erweitern.<br />
«<strong>KEN</strong>-Code» – Formulierung der Grundsätze<br />
der Schule: Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> führte<br />
in den letzten zwei Jahren eine intensive Diskussion<br />
über Werte und Disziplin, die von gesellschaftliche<br />
Diskursen und den Ansprüchen<br />
an den Unterricht geprägt war und an der sich<br />
auch die Schülerschaft beteiligte. Daraus resultierte<br />
der «<strong>KEN</strong>-Code», ein Kodex, der die<br />
wichtigsten Grundsätze für das Zusammenleben<br />
und Arbeiten an der Schule festhält und in<br />
allen Klassen eingeführt wird.<br />
Selbständiges Lernen: Alle Mittelschulen<br />
sind in den nächsten Jahren aufgefordert, das<br />
selbständige und selbst organisierte Lernen zu<br />
stärken (Projekt «SOL» der Bildungsdirektion).<br />
Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> kann auf guten Grundlagen<br />
aufbauen: Wir haben im Projektunterricht,<br />
in den Projekt- und Tutoratswochen und<br />
in den «Miniunternehmungen» der Handelsmittelschule<br />
bereits vielfältige Erfahrungen<br />
gesammelt und einzelne Lehrer/innen unserer<br />
Schule sind als Pioniere am Projekt «SELF!» beteiligt,<br />
mit dem neue Formen des selbständigen<br />
Arbeitens eingeführt und von der ETH und Universität<br />
wissenschaftlich begleitet werden.<br />
Zwischen Reformen und<br />
Konsolidierung<br />
Es ist uns ein grosses Anliegen, den Charakter<br />
einer offenen und innovativen Bildungsinstitution<br />
weiterhin pflegen zu können und die Schule<br />
gut auf ihre zukünftigen Aufgaben vorzubereiten.<br />
Wir sind uns aber auch bewusst, dass<br />
ein Gymnasium heute in «Stress» geraten kann,<br />
weil es viele Aufträge gleichzeitig zu erfüllen<br />
hat und im Brennpunkt vieler gesellschaftlicher<br />
Entwicklungen steht.<br />
Deshalb ist es für uns vordringlich, nun das<br />
Erreichte zu konsolidieren und zu verstetigen.<br />
Zu unseren Zielen der Zukunft gehören denn<br />
ebenso sehr Stabilisierung und Fokussierung<br />
auf das Gelingen des «Kerngeschäftes Unterricht»<br />
wie weitere Schritte in die Zukunft des<br />
Lernens. Wir müssen dabei die Ressourcen im<br />
Auge behalten und lieber in kleinen stabilen<br />
Massnahmen die Schule verbessern als zu viel<br />
wollen; dies bedeutet auch, dass wir die richtigen<br />
Prioritäten setzen.<br />
69
70<br />
Der Blick in die nahe Zukunft zeigt aber<br />
auch, dass wir weitere Reformschritte der Bildungsplanung<br />
des Kantons, die z.T. Verlust von<br />
Unterrichtszeit zur Folge haben, integrieren<br />
müssen. Neben der Förderung des selbst organisierten<br />
Lernens gehören dazu die Einführung<br />
des «Europäischen Sprachenportfolios» («ESP»),<br />
die Wiedereinführung der Hauswirtschaftskurse,<br />
die Umsetzung der Empfehlungen der Evaluation<br />
des Maturitätsanerkennungsreglements<br />
(«EVAMAR II») und die Vorverlegung der Maturität<br />
im Jahre 2012 vor die Sommerferien.<br />
Hohe Priorität hat für uns zurzeit die Frage,<br />
wie die Schule gut organisiert werden kann, damit<br />
es uns gelingt, beste Rahmenbedingungen<br />
für den Unterricht zu schaffen. Insbesondere<br />
ist es für uns wichtig, in Zukunft in der Schulleitung<br />
mehr Raum für die pädagogischen,<br />
personellen und strategischen Führungsfragen<br />
zu gewinnen und die administrativen Abläufe<br />
effizienter zu organisieren. Die Bildungsdirektion<br />
hat die Dringlichkeit der Erweiterung der<br />
Schulleitungsressourcen aufgrund des Wachstums<br />
unserer Schule erkannt und uns zusätzliche<br />
Stellen in Aussicht gestellt: ein Prorektorat<br />
und eine Adjunktin / einen Adjunkten des<br />
Rektors ab August 2010. Ausserdem wurden<br />
wir als erste Schule in einen Entwicklungsprozess<br />
der Führungs- und Organisationsstruktur<br />
aufgenommen, der in den nächsten Jahren für<br />
alle Mittelschulen des Kantons ansteht. Es ist<br />
für uns eine Chance, diese Reorganisation der<br />
Mittelschulen des Kantons von Beginn an mitgestalten<br />
zu können.<br />
<strong>Enge</strong> der Zukunft<br />
In einer zweitägigen Retraite, an der neben der<br />
Lehrerschaft auch Vertreter/innen der Schülerschaft<br />
und der Schulkommission beteiligt waren,<br />
formulierten wir im Jahre 2007 Zukunftsbilder<br />
für die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>. Aus dem breiten<br />
Spektrum an Wünschen und Ideen lassen sich<br />
die folgenden gemeinsame Ziele ableiten:<br />
Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> soll ein unverkennbares<br />
Profil als Zürcher Haus der Bildung besitzen,<br />
indem sie ihre Lehrgänge stärkt und gut<br />
positioniert.<br />
Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> zeichnet sich durch<br />
eine hervorragende Schulkultur aus. Die Identifikation<br />
und Partizipation der Schulangehörigen<br />
sind hoch und es herrscht eine grosse<br />
Bereitschaft, Verantwortung für die Schule zu<br />
übernehmen. Die Schule zeichnet sich ausserdem<br />
durch Offenheit, Toleranz, Verbindlichkeit<br />
und Transparenz aus.<br />
Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> schafft beste Bedingungen<br />
für Lehren und Lernen. Die Balance zwischen<br />
hohen Ansprüchen und unterstützendem<br />
Geist glückt; die Freude am Lehren und Lernen<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
prägt den Unterricht. Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />
fördert Projekte der Unterrichtsentwicklung sowie<br />
den intensiven Austausch in den Fachschaften<br />
und über die Fachschaftgrenzen hinaus.<br />
Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> erreicht hohe Bildungsziele.<br />
Neben der breiten und gut verankerten<br />
Allgemeinbildung streben wir die<br />
Stärkung der Naturwissenschaften und hohe<br />
Ziele der Persönlichkeitsentwicklung, des gesellschaftlichen<br />
Orientierungswissens und der<br />
ästhetischen Bildung an. Die Schüler/innen<br />
sollen vertiefte fachliche Neugier und kritischforschendes<br />
Denken entwickeln können.<br />
«<strong>Enge</strong> 2015»: Bausteine für eine<br />
Modellschulklasse<br />
Im Nachgang zur erwähnten Weiterbildungstagung<br />
entwarf eine Arbeitsgruppe im Auftrag<br />
des Konventes erste «Bausteine» für eine<br />
«Modellschule». Sie bewegte sich dabei in einem<br />
«freien Denkraum» ohne Einschränkungen<br />
durch gegebene Verhältnisse, besuchte<br />
Schulen mit speziellen Lehrangeboten in der<br />
Schweiz, profitierte von den Erfahrungen der<br />
kalifornischen Partnerschulen und suchte – auf<br />
der Grundlage der vom Kollegium formulierten<br />
Zukunftsbilder – nach «idealen Lehr- und Lernsituationen».<br />
Die Arbeitsgruppe formulierte in<br />
der Folge die Idee einer «Modellklasse», in der<br />
ab 2015 neue Formen des Lehrens und Lernens
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
erprobt und zu einem späteren Zeitpunkt auf<br />
die ganze Schule übertragen werden können.<br />
Die zentralen Themen dieser Klasse sind im<br />
Folgenden festgehalten:<br />
Lehr- und Lernformen: Die Modellklasse soll<br />
die zeitliche, fachliche und räumliche Fragmentierung<br />
heutigen Mittelschulunterrichts überwinden<br />
und ideale Grundlagen für Lehren und<br />
Lernen mit dem Grundprinzip der Förderung<br />
einer ganzheitlichen Entwicklung und Orientierung<br />
durch Lernziele in grossen und kleinen<br />
Lerneinheiten schaffen. Die Schüler/innen arbeiten<br />
vermehrt über längere Zeiträume in interdisziplinären<br />
Projekten und Werkstätten an<br />
komplexen Aufgabenstellungen. Im Zentrum<br />
steht die kritisch-forschende Tätigkeit. Selbständigkeit<br />
und Zusammenarbeit beim Lernen,<br />
eventuell auch in altersgemischten Gruppen,<br />
sollen den lehrerzentrierten Unterricht ergänzen<br />
und zu stärkerer Eigenverantwortung beim<br />
Lernen führen. Alle Schüler/innen und Lehrer/<br />
innen sind mit einem persönlichen Notebook<br />
ausgerüstet, was eine stärker in den Fachunterricht<br />
integrierte Anwendung von IT ermöglicht.<br />
Lern-Raum: Das Raumkonzept soll der Tatsache<br />
Rechnung tragen, dass vermehrtes selbständiges<br />
Lernen und Arbeiten in Gruppen und<br />
an Projekten andere räumliche Bedürfnisse ver-<br />
ursacht als der Unterricht im Klassenzimmer<br />
(der nicht abgeschafft wird). Neu geschaffen<br />
werden müssen deshalb insbesondere persönliche<br />
Arbeits- und Laborplätze, Gruppenarbeits-<br />
und Erholungsräume.<br />
Lernzeit: Ein nachhaltiger und sinnvoller<br />
Umgang mit Zeit bedeutet, dass die Schüler/<br />
innen vermehrt die Fähigkeit entwickeln können,<br />
die alltägliche schulische Tätigkeit im<br />
Unterricht und den unterschiedlichen Arbeits-<br />
und Lernformen in einem inhaltlichen und<br />
zeitlichen Ganzen, und damit als sinnvollen<br />
Teil einer Allgemeinbildung zu erfahren. Die<br />
Zeiteinheiten sollen stärker den Erfordernissen<br />
des Lernprozesses entsprechen; sie können z.<br />
T. individuell bestimmt werden. Lektionsdauer,<br />
Stunden-, Quartals- und Semesterplanung<br />
müssen diesen Ansprüchen genügen und mehr<br />
Raum für selbständiges, projektorientiertes und<br />
fachübergreifendes Arbeiten ermöglichen.<br />
Praxisbezug und Vernetzung: Die Modellklasse<br />
zeichnet sich durch hohen Praxisbezug<br />
und eine starke Vernetzung mit dem Umfeld der<br />
Schule, der Berufs- und Studienwelt und der Gesellschaft<br />
im weiteren Sinne aus. Unter anderem<br />
sind Problemstellungen mit Praxisbezug, Praktika<br />
in Arbeits- und Forschungsbereichen und die<br />
Zusammenarbeit mit Externen geplant.<br />
Selbständigkeit und Verantwortung: In der<br />
Modellklasse übernehmen die Schüler/innen<br />
eine grosse Mitverantwortung für den Lernprozess<br />
und das Erreichen der Ziele. Der Fokus<br />
wird vermehrt vom Lernen für Prüfungen auf<br />
das Lernen für den Erwerb von Schlüsselkompetenzen<br />
und grundlegenden Inhalten verschoben.<br />
Die Schüler/innen müssen ihrer Rolle als<br />
«Ko-Produzent/innen» des Unterrichts gewahr<br />
werden. In der Modellklasse ist auch geklärt,<br />
welche Kriterien der Selbständigkeit erwartet<br />
werden; Selbständigkeit gilt als Leistung und<br />
wird auch als solche bewertet.<br />
Ob mit einer Modellklasse oder in kleinen<br />
Schritten: Die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> wird sich<br />
weiterhin entwickeln, aber auch zu bewahren<br />
wissen, was sie stark und unverwechselbar<br />
macht. Eine grosse Herausforderung wird<br />
darin bestehen, die Veränderungsprozesse zu<br />
meistern, dabei die Qualität des Königsweges<br />
zur universitären Hochschule zu erhalten und<br />
eine gute Balance zwischen Neuerung und Bewahrung<br />
zu finden. Die Grundlagen für diesen<br />
Weg sind gegeben.<br />
71
72<br />
Der <strong>KEN</strong>-Code<br />
Silvio Stucki<br />
Ende März 2007 trafen sich Vertreter der Schüler-<br />
sowie die Lehrerschaft im ehrwürdigen<br />
Kurhaus von Bergün (GR) zu einer zweitägigen<br />
Weiterbildung mit einer intensiven Diskussion<br />
über die zukünftige Entwicklung der <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong>. Als Grundlage für diese Tagung<br />
erarbeitete der Leitbildrat bereits 2006 Brennpunkte,<br />
die nun vertieft diskutiert werden sollten.<br />
Das Thema «Werte und Disziplin» stellte<br />
sich dabei als eine der dringlichsten Herausforderungen<br />
der zukünftigen Schulentwicklung<br />
heraus. Fragen, wie der Arbeitswille und<br />
die kognitive Neugierde der Schüler gefördert<br />
oder wie eine hohe Leistungsmotivation und<br />
Präsenz aller Schulangehörigen an unserer<br />
Schule erreicht werden können, standen dabei<br />
im Fokus. Ein Ziel der Diskussion in Bergün war<br />
entsprechend, sich mit jenen Werten auseinanderzusetzen,<br />
die an unserer Schule zukünftig<br />
im Zentrum stehen sollen.<br />
Nach dieser engagierten Diskussion beschloss<br />
der Konvent im Juni 2007, dass dem<br />
Thema «Werte und Disziplin» weiterhin hohe<br />
Priorität beigemessen werden soll, und wählte<br />
eine dafür zuständige Arbeitsgruppe. Diese<br />
analysierte in der Folge die Situation und unterbreitete<br />
dem Kollegium bereits Anfang 2008<br />
einen ersten Vorschlag für einen zukünftigen<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
Werte-Kodex für unsere Schule. Die formulierten<br />
sechs Grundsätze zu Verantwortung,<br />
Offenheit, Respekt, Leistung, Ordnung und<br />
Konfliktlösung wurden anschliessend an einer<br />
weiteren Weiterbildungstagung an der <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> in Arbeitsgruppen vertieft<br />
diskutiert. Die Rückmeldungen wurden wiederum<br />
verarbeitet, der am Entstehen begriffene<br />
<strong>KEN</strong>-Code entwickelte sich damit immer mehr<br />
zu einem greifbaren Produkt.<br />
In einer letzten Vernehmlassungsrunde<br />
konnten sich nochmals sämtliche Lehrkräfte<br />
zum <strong>KEN</strong>-Code äussern, was im Sommer<br />
2008 zu einigen Verbesserungsvorschlägen<br />
führte. Nach diesem intensiven, demokratisch<br />
geprägten Prozess verabschiedete der Konvent<br />
im September 2008 mit grossem Mehr den nun<br />
vorliegenden <strong>KEN</strong>-Code, der eine ausgewogene<br />
Antwort auf den Brennpunkt «Werte und Disziplin»<br />
liefert. Das tägliche Leben an unserer<br />
Schule wird damit auf eine gemeinsame Basis<br />
des Respekts, der Verantwortung und der<br />
konstruktiven Zusammenarbeit gelegt. Über<br />
Leistung, Toleranz, Kooperation oder Wertschätzung<br />
soll auch in Zukunft diskutiert und<br />
damit unsere lebendige Schulkultur weiter entwickelt<br />
werden.<br />
Um den <strong>KEN</strong>-Code schrittweise bekannt<br />
zu machen und damit für alle Schulangehörigen<br />
zu implementieren, werden angemessene,<br />
konkrete Massnahmen folgen. Im Schuljahr<br />
2009/2010 tritt der <strong>KEN</strong>-Code für alle Schulangehörigen<br />
in Kraft. Es gilt also abzuwarten,<br />
ob sich der neue Kodex im Alltag bewährt und<br />
welche Wirkung er haben wird – gilt er doch<br />
nicht nur für unsere Schülerinnen und Schüler,<br />
sondern auch für sämtliche Lehrkräfte und<br />
unsere Schulleitung. Eines ist aber schon jetzt<br />
gewiss: Alleine die Erarbeitung des <strong>KEN</strong>-Code<br />
hat zu zahlreichen intensiven Diskussionen geführt<br />
und damit einen Reflexionsprozess ausgelöst,<br />
der Ansporn genug ist, diesen Dialog<br />
weiter zu führen, um damit hoffentlich schon<br />
bald die Früchte des neuen <strong>KEN</strong>-Code ernten<br />
zu können.<br />
73
74<br />
Der Projektunterricht<br />
Andreas Haag<br />
Im Herbstsemester der dritten Gymnasialklasse<br />
stehen für die Schüler/innen der <strong>KEN</strong> jeden<br />
Mittwochnachmittag während drei Lektionen<br />
Projektkurse auf dem Programm. Aus einem<br />
breiten Angebot kann jeweils ein Kurs ausgewählt<br />
werden, der von zwei, manchmal drei<br />
Lehrkräften unterschiedlicher Fächer angeboten<br />
und betreut wird. Hier eine Auswahl der<br />
letzten Jahre:<br />
■ Abenteuer Kunst – Schauen – Forschen<br />
– Beurteilen, R. Bonifazi,<br />
V. Soriani<br />
■ Argentinien, Ch. Spillmann, O. Toler<br />
■ Ausdauersport in Theorie und Praxis<br />
M. Lüscher, P. Deller<br />
■ Die Firma, Ch. Spillmann, M. Simon<br />
■ English meets Geography<br />
Ch. Bernet-Durrer, J. Merz<br />
■ Engagement in der 3. Welt<br />
O. Burri, R. Caspar<br />
■ Filmprojekt, H. Leimgruber, J. Dreifuss<br />
■ From Film to Literature<br />
Th. Schmidt, R. Eberhard, A. Scheiner<br />
■ Molekulare Küche, R. Bucher, A. Haag<br />
■ Musical-Projekt Berlin‚ 68<br />
M. Aeschbach, A. Ehrlich, B. Dähler<br />
■ Schweiz – Slowakei, K. Burri, G. Jost<br />
■ Sozialeinsatz, P. Pfister, Th. Stähli<br />
■ Strafen: Sinn und Zweck – gestern<br />
und heute, P. Meyer, M. Zanoli<br />
■ Theater-Projekt Hamlet<br />
M. Aeschbach, A. Ehrlich, A. Paproth<br />
■ Wirtschaftskrisen – Strukturwandel<br />
Th. Lenzhofer, N. Golder<br />
■ Zürich – Global City<br />
D. Hajdu, H. Spuhler<br />
In neuer Klassenzusammensetzung, ohne<br />
Notendruck und viel selbständiger als im normalen<br />
Unterricht zu arbeiten, eine bequeme<br />
Konsumhaltung zu überwinden, um manchmal<br />
nur unter Zusatzaufwand umzusetzende<br />
Ratschläge zu beherzigen, Eigeninitiative zu<br />
zeigen, zu Produkten zu gelangen, die das Mittelmass<br />
überragen – dies ist für alle Beteiligten<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
immer wieder eine Herausforderung und ergibt<br />
oft auch Konflikte .<br />
Für die Projektkurse 2007 / 08 wurden deshalb<br />
erstmals alle Schüler/innen an einer obligatorischen<br />
Informationsveranstaltung über<br />
Ziele und Inhalte der Projektkurse orientiert<br />
und in den Kursen anhand vorgegebener Kriterien<br />
in Bezug auf ihre überfachlichen Kompetenzen<br />
– Planungsverhalten, Durchhaltevermögen,<br />
Zusammenarbeit – beurteilt. Die Schüler/innen<br />
hatten zudem eine unabhängige Selbstbeurteilung<br />
zu ihrer Arbeitsweise und dem erreichten<br />
Produkt zu verfassen, die mit der Beurteilung<br />
durch die Lehrkräfte verglichen wurde. Ob damit<br />
eine bessere Reflexion und Einschätzung<br />
der eigenen, von der Hochschule vermehrt geforderten<br />
überfachlichen Kompetenzen erreicht<br />
werden kann, wird die Zukunft weisen.
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
75
76<br />
<strong>Enge</strong> global – Akzent «Internationale<br />
Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit»<br />
Olivier Burri<br />
Engagement, internationale Zusammenarbeit<br />
und Nachhaltigkeit stellen zentrale thematische<br />
Bestandteile eines neuen Akzent-Lehrganges<br />
an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> dar. Dieser<br />
Lehrgang erfüllt einerseits die herkömmlichen<br />
Vorgaben des Lehrplans, indem er in den Profilen<br />
«Wirtschaft und Recht» und «Neue Sprachen»<br />
zur Maturität führt; er setzt andererseits<br />
zusätzliche Akzente in den genannten Bereichen<br />
und gibt den Schüler/innen die Möglichkeit,<br />
sich neben der theoretischen Bildung auch<br />
praktisch zu engagieren und Verantwortung zu<br />
übernehmen.<br />
Die enge inhaltliche Beziehung der Akzent-<br />
Themen zum Profil «Wirtschaft und Recht» und<br />
zur «Weltsprache Spanisch» stellt die Basis für<br />
einen gewinnbringenden Transfer in die Praxis<br />
dar. Die Schüler/innen beteiligen sich an Projekten<br />
im schweizerischen und internationalen<br />
Rahmen. Sie werden ihrem Alter entsprechend<br />
stufenweise in die Thematik und praktische<br />
Umsetzung eingeführt. Zuerst werden lokale,<br />
später globale Problemstellungen bearbeitet.<br />
In Kooperation mit der «Stiftung Umwelteinsatz<br />
Schweiz» findet im ersten Jahr eine nachhaltig<br />
auf die Klassengemeinschaft und die<br />
Landschaften kleiner Gemeinden wirkende<br />
Arbeitswoche statt. Im letzten Jahr planen und<br />
Umwelteinsatz Schweiz<br />
begleiten die Schüler/innen in Kooperation mit<br />
der Organisation IPA (International Project Aid)<br />
ein eigenes Projekt der Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Ein definierter Anteil dieser Arbeit<br />
wird ausserhalb der Schulzeit stattfinden. Die<br />
Schüler/innen nehmen an einem Austauschprogramm<br />
mit einer unserer Partnerschulen<br />
im Ausland teil und absolvieren zusätzlich einen<br />
Sprachaufenthalt von sechs Wochen Dauer<br />
im englischen, spanischen oder französischen<br />
Sprachraum.<br />
Mit dem inhaltlichen Fokus des Akzentlehrganges,<br />
den praktischen Erfahrungen und den<br />
Aufenthalten im Ausland sollen die Schüler/<br />
innen für zentrale Fragestellungen der Zukunft<br />
sensibilisiert, auf ein Studium oder eine Tätigkeit<br />
mit internationaler Ausrichtung vorbereitet<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
und im Bereich der «überfachlichen Kompetenzen»<br />
gezielt gefördert werden. Dazu gehören:<br />
Dialogfähigkeit, Teamarbeit, Selbstorganisation,<br />
Projektmanagement, Übernahme von Verantwortung<br />
für die Gesellschaft und das eigene<br />
Handeln.<br />
Inhaltliche Schwerpunkte des Akzent-<br />
Lehrganges sind die folgenden: Die Sozialwissenschaften<br />
(Geschichte, Geografie und<br />
Wirtschaft und Recht) behandeln die Themenbereiche<br />
«Internationale Beziehungen» und<br />
«Entwicklungszusammenarbeit» im Sinne von<br />
Akzenten (Themenschwerpunkten als Beilagen<br />
zum Lehrplan). In den Naturwissenschaften<br />
(Biologie, Physik und Chemie) werden die Themenkreise<br />
«Umweltbewusstsein» und «Nachhaltigkeit»<br />
speziell fokussiert. Die Disziplinen<br />
stimmen die inhaltlichen Schwerpunkte ab;<br />
die Themenbereiche werden in interdisziplinären<br />
Akzentmodulen unterrichtet (Migration,<br />
Strukturwandel und Stadtentwicklung, Fairtrade,<br />
Internationale Beziehungen und Organisationen,<br />
Biodiversität in der Landwirtschaft,<br />
Ökoblianzierung eines Alltagsgegenstandes,<br />
Gewässerökologie, Energie).
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
77
78<br />
Projekt Schweiz-Slowakei:<br />
Partnerschaft zwischen Zürich und Sered’ seit 1998<br />
Thomas Schmidt und Klaus Burri<br />
Seit 1998 besteht zwischen der <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> und der Handelsakademie von Sered’<br />
in der Slowakei eine Partnerschaft, die ein<br />
Jahr zuvor, im Herbst 1997, von PhDr. Klára<br />
Dobroviová, Deutschlehrerin an der Obchodná<br />
akadémia in Sered’, angeregt worden war.<br />
Während an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> ca. 9<strong>50</strong><br />
Schüler/innen beheimatet sind, werden an der<br />
Wirtschaftsmittelschule in der westslowakischen<br />
Kleinstadt über <strong>50</strong>0 Schülerinnen und<br />
Schüler (zum grössten Teil Mädchen) unterrichtet.<br />
Das seit dem Herbstsemester 2000/01 ununterbrochen<br />
laufende PROJEKT Schweiz-<br />
Slowakei unter der Leitung von Klaus Burri,<br />
Geografie, und Gisela Jost, Sport (in früheren<br />
Jahren auch Andreas Baggenstoss, Wirtschaft<br />
und Recht, Stephan Giess, Geschichte und Englisch,<br />
und Thomas Schmidt, Russisch und Englisch),<br />
richtet sich an Schüler/innen, die bereit<br />
sind, den Blick nach Osten zu wenden, die an<br />
Raum, Kultur und Geschichte Ostmitteleuropas<br />
interessiert sind. Es geht bei diesem Projekt<br />
um eine «Osterweiterung» ihres Horizontes im<br />
eigentlichen Sinne. Den Schüler/innen soll die<br />
Gelegenheit gegeben werden, ihr Europabild<br />
aus einer zentristischen und auf den ehemaligen<br />
Westen beschränkten Perspektive zu lösen<br />
und ein erweitertes und substanzielles Bild des<br />
«Ostens» von Europa, insbesondere des slawischen<br />
Raums, zu erwerben. Die differenzierte<br />
Wahrnehmung des östlichen Europas ist nicht<br />
nur für ein Studium der Gesellschaftswissenschaften<br />
von Bedeutung, sondern auch wesent-<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Besuch bei der Gemeindeverwaltung in Galanta<br />
im Herbst 2001
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
Im Dezember 2002 auf der Suche nach Andy<br />
Warhols Herkunft haben wir das Museum in<br />
Medzilaborce besucht<br />
Ein Blick auf das winterkalte Sered‘ im<br />
Dezember 2002<br />
liche Grundlage für die Kommunikation und<br />
den Kontakt mit den Bürgern dieser Länder.<br />
So setzt sich das Projekt konkret zum Ziel, die<br />
Partnerschaft mit dieser unserer Handelsmittelschule<br />
ähnlichen Schule durch verschiedene<br />
Formen der Zusammenarbeit zu erhalten<br />
und uns dabei vertieft mit dem relativ jungen<br />
EU-Mitglied Slowakei auseinanderzusetzen.<br />
Im Laufe der verschiedenen Projekte haben<br />
unsere Schüler/innen verschiedenste Aspekte<br />
der Slowakei hier und dort untersucht.<br />
Meist beschäftigen sich unsere Schüler/innen<br />
mit Themen zu kulturellen und wirtschaftlichen<br />
Unterschieden oder suchen den Kontakt<br />
zu slowakischen Immigrantinnen und Immigranten<br />
in der Schweiz. Ausserdem muss auch<br />
der ungefähr zehntägige Besuch in Sered’, der<br />
jeweils im Herbst stattfindet, sorgfältig vorbereitet<br />
sein; und schliesslich erarbeiten sie ihre<br />
Präsentationen der jeweiligen Projektergebnisse<br />
an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> im Februar<br />
für die <strong>KEN</strong>-Expo.<br />
Während des gesamten Herbstsemesters<br />
beschäftigt sich eine Gruppe von jeweils gegen<br />
20 Drittklässlern an Mittwochnachmittagen<br />
während drei Lektionen mit Themen<br />
wie beispielsweise «EU-Mitglied Slowakei vs.<br />
Nicht-Mitglied Schweiz», «Bedeutung der Autoindustrie<br />
in der Slowakei» oder «Bedeutung<br />
und Stellung der Roma in der Slowakei».<br />
Vor allem geht es für die bei slowakischen<br />
Gastfamilien wohnenden Schweizer Schüler/<br />
innen aber darum, während ihres Aufenthaltes<br />
die Augen offen zu halten und neugierig zu<br />
sein, ihre Selbst- und Fremdwahrnehmung zu<br />
überprüfen und sich auf den «andern» Blick<br />
einzulassen.<br />
Der Gegenbesuch aus der Slowakei in Zürich<br />
findet im Frühjahr statt. Die slowakischen<br />
Schüler/innen wohnen ebenfalls bei Gastfamilien<br />
und verlassen Zürich jeweils mit einem<br />
von der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> offerierten<br />
Sprachzertifikat (in einer der Fremdsprachen<br />
Deutsch oder Englisch) in der Tasche.<br />
79
80<br />
Klaus Burri, Regina Dieterle und<br />
Martine Grosjean<br />
Der Zug verliess den Zürcher Hauptbahnhof<br />
abends kurz vor zehn Uhr. Anderntags in der<br />
Früh entstieg ihm eine kleine Delegation der<br />
<strong>KEN</strong>, allen voran Schulleiter Beat Wüthrich. Wir<br />
waren in Bochum und wurden erwartet. Auf<br />
dem Perron stand Frau Dr. Luise Berg-Ehlers, Direktorin<br />
der Graf-<strong>Enge</strong>lbert-Schule (GES), und<br />
empfing uns herzlich. Das war der Auftakt zu<br />
vier folgenreichen Tagen. Ein halbes Jahr zuvor<br />
hatte sich dieselbe Szene in Zürich abgespielt:<br />
Frau Berg-Ehlers war bei uns gewesen und hatte<br />
dem <strong>KEN</strong>-Lehrerkollegium die Graf-<strong>Enge</strong>lbert-<br />
Schule, kurz GES, in schönster Weise vorgestellt.<br />
Wir wollten nun in Bochum ähnlich verfahren.<br />
Alles glückte – am Abend vor unserer Rückreise<br />
stiessen wir an auf die «Zürcher Verlobung».<br />
Seither hat sich die Schulpartnerschaft der<br />
beiden Gymnasien vielfach bewährt, denn uns<br />
verbindet bei allen Unterschieden sehr vieles<br />
und vor allem die gemeinsame Sprache. Schon<br />
sechs Jahre gibt es jetzt einen regen interdisziplinären<br />
Lehreraustausch, seit drei Jahren zudem<br />
ein Semesterprojekt, das partnerschaftlich<br />
durchgeführt wird.<br />
Die Lehrer/innen, die einen Austausch<br />
mitmachen, sind jeweils willkommene Gäste<br />
der Partnerschule. Sie nehmen teil am Schul-<br />
leben, besuchen Unterricht oder unterrichten<br />
auch selbst. Ausserdem tauchen sie ein in die<br />
(Sprach-)Kultur der jeweiligen Partnerstadt.<br />
Aus diesen Besuchen haben sich unterdessen<br />
kleinere und grössere Unterrichts- oder Schulprojekte<br />
ergeben. So entstand zum Beispiel auf<br />
Anregung aus Zürich der GES-Erdkunde-Kurs<br />
Alpenraum oder lud die GES ihre Schweizer<br />
Kolleginnen und Kollegen zu Referaten vor<br />
grösserem Schülerpublikum ein. An der <strong>KEN</strong>,<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Austausch mit Deutschland: Unsere Schulpartnerschaft<br />
mit der Graf-<strong>Enge</strong>lbert-Schule in Bochum<br />
Projekt Alpenraum im Fach Erdkunde, Februar<br />
2009: Klaus Burri (<strong>KEN</strong>, Geografie) unterrichtet<br />
eine 10. Klasse an der GES
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
um auch hier Beispiele zu nennen, unterrichteten<br />
GES-Kolleginnen schon ihr eigenes<br />
Fach oder spielte zu festlichem Anlass<br />
die GES-Lehrerband auf, verstärkt durch<br />
Lehrer/innen unserer Schule.<br />
Beide Partnerschulen haben seit Beginn<br />
des Austausches eine offene Tür füreinander,<br />
nicht nur für die Lehrer-, sondern auch<br />
für die Schülerschaft. Beispielhaft dafür ist<br />
das Projekt «Chumm uf Bochum!». Das Semesterprojekt<br />
der <strong>KEN</strong> befasst sich thematisch<br />
mit dem Ruhrgebiet und macht es den<br />
Teilnehmenden möglich, eine Woche lang in<br />
Bochum zu leben, und zwar in Familien von<br />
Schüler/innen der GES.<br />
Ohne die Gastfreundschaft wäre ein Austausch,<br />
wie ihn die GES und die <strong>KEN</strong> pflegen,<br />
nicht möglich. So ist die Schulpartnerschaft<br />
nicht nur ein Projekt, das die beiden Gymnasien<br />
miteinander verbindet, sondern auch<br />
eines, das Freundschaften stiftet über die<br />
Grenzen hinweg.<br />
Und natürlich sind die gegenseitigen Besuche<br />
auch kulturell und kulinarisch nicht<br />
uninteressant. Wer in Bochum war, weiss, wo<br />
es die beste Currywurst gibt, und wer nach<br />
Zürich kommt, den führen wir entsprechend<br />
zum besten Bratwurststand in der Stadt.<br />
81
82<br />
Schüleraustausch <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> –<br />
Bay Area High Schools<br />
Thomas Stähli<br />
Seit 2004 findet jedes Jahr im Rahmen der<br />
Zürcher Städtepartnerschaft ein Schüleraustausch<br />
zwischen der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> und<br />
ihren vier privaten Partnerschulen in San Francisco<br />
statt. Es handelt sich dabei um folgende<br />
Schulen: University High School, Saint Ignatius<br />
High School, The Urban School und Menlo<br />
High School.<br />
Die Schülerinnen und Schüler der jeweiligen<br />
dritten Immersionsklasse (zweisprachige<br />
Maturität) sind berechtigt, an diesem dreiwöchigen<br />
Austausch teilzunehmen. Dieses<br />
Austauschprogramm hat sich mittlerweile als<br />
fester Bestandteil des Immersionslehrgangs<br />
etabliert und ist im Lehrplan verankert.<br />
Der Aufenthalt unserer Schüler/innen in<br />
der kalifornischen Metropole findet jeweils im<br />
November statt und endet mit dem Erlebnis<br />
Thanksgiving, das wichtigste amerikanische<br />
Familienfest mit der Gastfamilie erleben und<br />
feiern zu können. Die Schüler/innen wohnen in<br />
San Francisco bei einer Gastfamilie und besu-<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Klassenfoto der Klasse W3i in<br />
San Francisco 2008 mit Thomas Stähli<br />
und Marco Zanoli<br />
chen an einer der vier Schulen den Unterricht.<br />
Damit bietet sich ihnen die Chance, Einblick<br />
in eine private amerikanische High School zu<br />
erhalten, am amerikanischen Familienleben<br />
teilzuhaben, die Sprachkenntnisse zu vertiefen<br />
und gleichzeitig in die Lebens- und Denkkultur<br />
Kaliforniens einzutauchen.<br />
Zum Rahmenprogramm gehören unter anderem<br />
eine Stadtbesichtigung, der Besuch der<br />
Universität Berkeley (inkl. einer Vorlesung),<br />
ein Begrüssungs- und Abschiedsapéro, sowie<br />
der Besuch eines Sportevents. Darüber hinaus<br />
organisieren die einzelnen Gastfamilien weitere<br />
Aktivitäten und Ausflüge für ihre Gäste.<br />
Die Schüler/innen bezahlen jeweils die<br />
Flugkosten. In San Francisco entstehen für sie<br />
keine weiteren Kosten, da sie bei Gastfamilien<br />
wohnen und an den Schulen über Mittag kostenlos<br />
verpflegt werden.<br />
Zwei Lehrer der KS <strong>Enge</strong> begleiten die Klasse<br />
nach San Francisco. Neben ihrer Begleitfunktion<br />
nehmen sie im Auftrag der Schule<br />
auch die Aufgabe war, an den verschiedenen<br />
Schule durch Gespräche mit Schulleitung und<br />
Lehrern mögliche Gefässe, Programme oder<br />
andere curriculare Features zu suchen, die wir
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
dann an unserer Schule im Rahmen der Schulentwicklung<br />
einfliessen lassen können. Im<br />
Schuljahr 2008/09 startete bei uns beispielsweise<br />
der Wahlpflichtprojektkurs «Community<br />
Service» für die dritten Klassen. Eine Idee,<br />
die wir von den High Schools übernahmen und<br />
erstmals in einer adaptierten Form umsetzten.<br />
Jeweils im darauf folgenden Juni begrüsst<br />
die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> dann im Gegenzug die<br />
Schüler/innen aus San Francisco in Zürich. Sie<br />
wohnen hier bei den Familien derselben Gastgeschwister,<br />
die sie im November zuvor als<br />
Gastgeber beherbergt haben. Die Schüler kennen<br />
sich also bereits. Dies wirkt sich natürlich<br />
sehr positiv auf den ganzen Gegenbesuch aus<br />
und es sind in der Vergangenheit auch schon<br />
richtige Freundschaften zwischen ganzen Familien<br />
entstanden.<br />
Die US-Schüler erhalten ebenfalls einen<br />
Einblick in unser Schulsystem indem sie ausgewählte<br />
immersiv erteilte Lektionen besuchen.<br />
Weiter bieten wir ihnen daneben ein reichhaltiges<br />
Rahmenprogramm (Stadtführung, Ausflug<br />
nach Bern/inkl. Empfang beim US-Botschafter,<br />
Reise nach Mürren/Schilthorn, Besuch von<br />
Lindt und Sprüngli, IWC in Schaffhausen inkl.<br />
Rheinfall, Führung an der Universität/ETH Zürich,<br />
Empfang bei der Stadtpräsidentin etc.)<br />
Die KS <strong>Enge</strong> übernimmt einen Teil der Kosten<br />
für das Ausflugsprogramm der US-Schüler<br />
während des Gegenbesuchs in der Schweiz und<br />
kommt für deren Mittagsverpflegung an der<br />
Schule auf.<br />
Die US-Schüler werden ebenfalls von zwei<br />
Lehrern begleitet, mit denen wir jeweils an unserer<br />
Schule einen regen Austausch pflegen.<br />
Sie werden in der Regel von Lehrern unserer<br />
Schule untergebracht.<br />
Im Rahmen der bereits erwähnten Städtepartnerschaft<br />
unterstützt uns die Stadt<br />
Zürich seit 2009 finanziell mit einem jährlichen<br />
Beitrag von 10 00 Fr. und trägt somit<br />
Gegenbesuch der<br />
amerikanischen<br />
Schüler/innen aus<br />
der San Francisco<br />
Bay Area im Juni<br />
2009<br />
dazu bei, dass dieser in seiner Art wahrscheinlich<br />
einzigartige Austausch im bisherigen Rahmen<br />
weiterhin stattfinden kann und auf diese<br />
Weise ein wertvoller Beitrag zur Entwicklung<br />
der «grass-roots diplomacy» geleistet werden<br />
kann, um Richard Fredericks, den ehemaligen<br />
amerikanischen Botschafter in der Schweiz zu<br />
zitieren.<br />
83
84<br />
Die Schülerorganisation – eine Spurensuche<br />
Fabian Ottiger, SO-Berater<br />
Als Berater der Schülerorganisation (SO) kaum<br />
im Amt wage ich einen kleinen Rückblick auf<br />
die Tätigkeiten der SO.<br />
Im Jahresbericht von 1942/43 der Kantonalen<br />
Handelsschule Zürich wird das Gründungsjahr<br />
der SO genannt. Es ist das Jahr 1919. Das<br />
wäre im traditionellen Jubiläumscode unserer<br />
Schule dann also etwa folgendermassen zu<br />
würdigen: <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong> plus 90. Ganz interessant<br />
ist auch, wie in diesem Jahresbericht die<br />
Tätigkeitsfelder der SO beschrieben werden.<br />
Die Schülerorganisation bemühte sich nämlich<br />
mit Erfolg um die «Förderung der Zusammenarbeit<br />
zwischen den Schülern und der Schulleitung».<br />
Ihre Beauftragten halfen bei der Pausenaufsicht<br />
und betrieben eine Vermittlungsstelle<br />
für gebrauchte Schulbücher. Bis zum Schuljahr<br />
1951/52 finden sich kaum nennenswerte Beiträge<br />
zu Tätigkeiten der SO in den Jahresberichten,<br />
aber der Schluss liegt nahe, dass sich die Schülerorganisation<br />
mit Hingabe der Pausenaufsicht<br />
und der Büchervermittlung widmete.<br />
Im Jahr 1951 erfahren die Tätigkeitsgebiete<br />
der SO eine grosse Ausweitung und Ergänzung.<br />
Als neues Hauptziel der SO werden «die Weckung<br />
und Förderung der kulturellen und sportlichen<br />
Interessen des Einzelnen im Rahmen der<br />
Schülergemeinschaft» genannt. So werden im<br />
Jahresbericht fortan die erfolgreich organisierten<br />
und durchgeführten Sportwettbewerbe<br />
erwähnt. Es gab Handball-, Skirenn-, Fussball-,<br />
Tischtennis- und Tennismeisterschaften. Skilager,<br />
Schachturniere, Schwimmmeisterschaften<br />
und viele andere Anlässe ergänzten den<br />
sportlichen Reigen. Auch kulturell wurde viel<br />
geboten. Führungen durch das Kunsthaus Zürich<br />
und durch einige andere Museen wurden<br />
mitsamt sachkundiger Führung organisiert.<br />
Vergünstigte Eintritte und eigens reservierte<br />
Schülervorstellungen animierten zum Besuch<br />
von Theateraufführungen und Konzerten.<br />
Dieses harmonische Bild wird erst im Jahr<br />
1964 getrübt, als der Delegiertenversammlung<br />
die Erhebung eines jährlichen Schülerbeitrages<br />
von zwei Franken per Vorschlag zur Revision<br />
der Statuten vorgestellt wird. Heute sind es<br />
20 Franken. Manchmal wird neu auch von der<br />
Trägheit der Schülerschaft gesprochen. Daraus<br />
kann man eigentlich nur zwei Schlüsse ziehen<br />
– entweder wurden die Tätigkeitsberichte der<br />
SO authentischer oder aber die Schüler wurden<br />
träger. Ein Eintrag im Jahresbericht zum Schuljahr<br />
1968/69 scheint aber dagegen zu halten.<br />
Nach der militärischen Besetzung der Tschechoslowakei<br />
durch die Truppen des Warschauer<br />
Pakts im August 1968 organisierten Mittelschüler<br />
einen Abzeichenverkauf mit einem Erlös von<br />
60 000 Franken für jugendliche Flüchtlinge. Die<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
SO konnte zudem in Privathaushalten 37 Betten<br />
für Flüchtlinge organisieren.<br />
Auf der dünnen Grundlage von vergilbten<br />
Jahresberichten längst vergangener Schuljahre<br />
ist es schwierig, ein der SO ganz gerecht werdendes<br />
Bild zu zeichnen. Um beim anfänglich<br />
anklingenden formelhaften Vereinfachen zu<br />
bleiben, scheint es mir, als ob die SO der letzten<br />
Jahrzehnte vor allem einer Konstanten unterworfen<br />
gewesen sei – einem ständigen «Auf<br />
und Ab» und einem «Kommen und Gehen». Mal<br />
bleiben die Tätigkeitsberichte der SO für Jahre<br />
aus, mal berichten sie von kleinen Misserfolgen<br />
oder von hoffnungsvollen Neuanfängen und<br />
manchmal einfach nur von relativ schlichten<br />
aber dennoch gelungenen SO-Jahren.<br />
Es scheint mir jedoch, dass die SO die kleinen,<br />
episodischen Flauten der 80er und 90er<br />
Jahre des letzten Jahrhunderts überwunden<br />
hat und in diesem Jahrtausend wieder auffrischt.<br />
Ich treffe im Vorstand der Schülerorganisation<br />
immer intelligente, meist motivierte<br />
sowie engagierte junge Menschen an. Allen<br />
diesen SO-Vorstandsmitgliedern, von 1919 bis<br />
2009, gebührt mein Dank.<br />
Frage und Antwort mit ehemaligen SO-<br />
Präsidenten und SO-Präsidentinnen der letzten<br />
Jahre:
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
Frage: «Wenn Sie ein besonders positives oder denkwürdiges Ereignis<br />
während Ihrer aktiven Zeit in der SO beschreiben müssten,<br />
welches Ereignis wäre das? »<br />
«Wir haben einige grosse Partys gefeiert im Schulhaus.<br />
In Erinnerung geblieben ist mir vor allem das Aufräumen<br />
danach. Ich glaube damals war ich das<br />
erste Mal in meinem Leben länger als<br />
48h wach.»<br />
Severin Keller, Student der Politikwissenschaften<br />
und Wirtschaftsgeschichte an<br />
der Universität Zürich, SO-Präsident 2002<br />
«Besonders positiv und denkwürdig war sicher die, von<br />
Stefan Brader initiierte, totale Renovation des SO Zimmers.<br />
Wir beide verbrachten damals unsere gesamten Herbstferien<br />
in der <strong>KEN</strong> um das Zimmer, welches vorher in einem<br />
menschenunwürdigen Zustand gewesen<br />
war, komplett zu renovieren. Eigenhändig<br />
räumten wir alle Möbel und eine gefühlte<br />
Tonne Müll aus dem Zimmer.»<br />
Michael Kern, Maturität 2009,<br />
SO-Präsident 2007<br />
«Ganz klar, der Winterball! Es war ein grosses und auch<br />
grossartiges Ereignis, das an der <strong>KEN</strong> lange nicht mehr<br />
stattgefunden hatte und das ich zusammen<br />
mit Melanie Stump als Präsidentin des<br />
Organisationskomitees leiten durfte.»<br />
Sonja Weilenmann, Maturität 2009,<br />
SO-Präsidentin 2008<br />
«Da ich noch nicht lange im Amt bin, kann ich nicht von<br />
besonders gelungenen oder positiven Ereignissen sprechen,<br />
jedoch denke ich, dass mit dem<br />
aktuellen SO-TEAM jeder Event positiv<br />
ankommen wird.»<br />
Serena Anania, Maturandin an der <strong>KEN</strong>,<br />
SO-Präsidentin 2009<br />
Frage: «Wenn Sie einen Ratschlag an die Adresse der momentan<br />
gewählten SO-Präsidentin geben könnten, wie würde er lauten?»<br />
«Voller Einsatz ist voller Erfolg.»<br />
Daniel Widrig, Jura- und Wirtschaftsstudium,<br />
SO-Präsident 2004<br />
Frage: «Welche Gründe haben Sie damals bewogen in der SO<br />
aktiv zu werden? »<br />
«Mir hat es mehr Spass gemacht Sportanlässe<br />
und andere Events zu organisieren<br />
als daran teilzunehmen.»<br />
Katharina Villa, Bauingenieurstudium an<br />
der ETH Zürich, SO-Präsidentin 2006<br />
85
86<br />
Chor der KS <strong>Enge</strong> –<br />
Ein Rückblick von der Entstehung bis zur Gegenwart<br />
Martin Jäger<br />
Im April 1985 übernahm ich als erster Hauptlehrer<br />
für Musik an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />
die Aufgabe, eine eigenständige Musikabteilung<br />
und einen Schulchor aufzubauen. Bis zu<br />
diesem Zeitpunkt war der Musikunterricht der<br />
<strong>KEN</strong> gänzlich an die <strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg<br />
delegiert.<br />
Aller Anfang ist schwer<br />
Im Sommersemester 1985 hatten sich allerdings<br />
nur 8 Schülerinnen für den Chor angemeldet.<br />
Glücklicherweise gab es zusätzlich zwei singfreudige<br />
Musikklassen, welche die kleine Chorgruppe<br />
unterstützten. Von Semester zu Semester<br />
stieg die Zahl kontinuierlich, bis schliesslich<br />
1990 ein Rekord von 96 Schüler/innen im Chor<br />
der KS <strong>Enge</strong> zu verzeichnen war. Zudem bildete<br />
sich 1988 mit der legendären Aufführung der<br />
«Creation» ein Ehemaligen-Chor aus Maturanden<br />
und Lehrpersonen, welcher sich ab 1989<br />
mit dem Namen «Rainbow, ein junger Chor aus<br />
Zürich <strong>Enge</strong>» fest formierte.<br />
Die Zeit der grossen Aufführungen<br />
Die grosse Anzahl von motivierten Sängerinnen<br />
und Sängern (Schulchor <strong>Enge</strong> und Rainbow<br />
Chor mit zusammen 1<strong>50</strong> Mitgliedern) ermöglichte<br />
eine neue Dimension von eigenständi-<br />
gem Chorgesang an der KS <strong>Enge</strong>. Innerhalb der<br />
Jahre 1989/1990 erfolgten vier abendfüllende<br />
Konzerte in den drei Stadtkirchen Grossmünster,<br />
Fraumünster und St. Peter mit unterschiedlichen<br />
Programmen sowie eine Tournee mit<br />
Abstechern nach Rüti und Basel. Ein weiterer<br />
Höhepunkt war die Zusammenarbeit mit dem<br />
berühmten Bassbariton Simon Estes, welcher<br />
an zwei Konzerten als Solist auftrat. Schliesslich<br />
vertrat der Rainbow Chor 1991 die Schweiz<br />
an der 700 Jahr – Feier der Eidgenossenschaft<br />
bei einem Openair in Luzern.<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Jubiläumskonzert<br />
«<strong>50</strong> Jahre Schulanlage<br />
Freudenberg-<strong>Enge</strong>» in<br />
der Tonhalle Zürich<br />
am 21.6.2009<br />
Die Beruhigung<br />
Das intensive Musikprogramm ging nicht ganz<br />
spurlos am Schulbetrieb vorbei. So wurden<br />
wieder kleinere Auftritte durchgeführt. Man<br />
pflegte vermehrt den a-cappella-Gesang mit<br />
Aufführungen in den Klöstern Fahr, Fischingen<br />
und Cazis.<br />
Vom Rainbow Chor zum Contrapunto<br />
Der Rainbow Chor wurde 1993 selbständig<br />
und zum Contrapunto Chor umbenannt. Die<br />
Leitung übernahm Beat Dähler, welcher den<br />
Foto: Andreas Haag
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
Contrapunto mit grossem Erfolg weiter entwickelte.<br />
Heute gilt der Contrapunto als einer<br />
der führenden Erwachsenenchöre in Zürich.<br />
Die ersten Musicals<br />
Nach 1993 wirkte der verbliebene Schülerchor<br />
neben kleineren Konzertauftritten in<br />
verschiedenen Musicals mit. Die Aufführungen<br />
fanden vorwiegend in der Aula statt.<br />
Gospelkonzerte Freddy Washington<br />
1999 erfuhren der Schulchor und einzelne<br />
Singklassen einen neuen Höhepunkt. Der Gospel<br />
Sänger und Leiter der Philadelphia Singers<br />
Freddy Washington brachte mit seinem Temperament<br />
und modernen Gospelsongs Schüler<br />
und Publikum auf Hochtouren. Zum ersten Mal<br />
nach 10 Jahren war auch der Schulchor der KS<br />
Freudenberg mit dabei, so dass wieder einmal<br />
1<strong>50</strong> Schüler/innen auf der Bühne standen. Die<br />
folgenden Jahre waren geprägt von weiteren<br />
Gospelkonzerten in Zusammenarbeit mit den<br />
<strong>Kantonsschule</strong>n Rämibühl, Stadelhofen und<br />
Urdorf.<br />
Musicalkonzerte und klassische<br />
Konzerte<br />
Nicht nur ganze Musicals, sondern auch Konzerte<br />
mit Musicalmelodien waren Thema des<br />
ersten Jahrzehntes der 2000er Jahre. «Flying<br />
Free», «Sing&Swing», «Pop & Rock Gospel»<br />
hiessen die klingenden Titel der Konzertveranstaltungen.<br />
Zudem wurden wieder klassische<br />
Chorwerke zusammen mit dem Chor der<br />
KS Freudenberg aufgeführt.<br />
Der Übergang und der Stabwechsel<br />
Ende 2007 dirigierte der junge Schulmusiker<br />
Marco Castellini ein stimmungsvolles Adventskonzert<br />
in der Kirche Dreikönigen. Ich<br />
assistierte und war für die Arrangements zuständig.<br />
2008 fand das Jubiläumskonzert «20 Jahre<br />
Creation» in der Aula statt. Verschiedene<br />
ehemalige Schüler/innen und Lehrpersonen,<br />
welche schon 1988 mit dabei waren, sangen<br />
bei diesem Konzert zusammen mit der neuen<br />
Schülergeneration. An der darauf folgenden<br />
Serenade übergab ich nach 23 Jahren Chorarbeit<br />
den Schulchor der KS <strong>Enge</strong> an den neuen<br />
Chorleiter Marco Castellini.<br />
Barock und Tanz<br />
Anfangs 2009 erklang ein wunderschönes<br />
Neujahrskonzert mit Barockmusik in der Kirche<br />
Peter & Paul unter der Leitung von Marco<br />
Castellini. Eine Tanzgruppe und barocke Instrumente<br />
sorgten zusätzlich für eine eindrückliche<br />
visuelle Komponente.<br />
<strong>50</strong> Jahre Schulanlage Freudenberg<br />
und Tonhalle<br />
Für das grosse Jubiläumskonzert in der Tonhalle<br />
wurden die beiden Schulchöre <strong>Enge</strong> und<br />
Freudenberg vereint, zusammen mit einer<br />
stattlichen Beteiligung von Lehrpersonen.<br />
Wiederum wurde ein Barockprogramm dargeboten.<br />
Diesmal war ein «Maître à danser» für<br />
die Barocktänzerinnen zuständig. Der Erfolg<br />
war überwältigend – ein in jedem Sinne würdiges<br />
Jubiläum der beiden <strong>Kantonsschule</strong>n.<br />
The Creation, Chor 1988<br />
Chor <strong>KEN</strong> 1999 Konzert mit Freddy Washington<br />
Marco Castellini dirigiert das Jubiläumskonzert 2009<br />
87
88<br />
Bretter, die unsere Welt bedeuten<br />
Christoph Wittmer<br />
Was braucht es, damit Theater gelingt? Die<br />
voreilige Antwort lautet: dreierlei: ein Stück,<br />
Schauspieler, ein Publikum. Wer hinter die<br />
Kulissen zu sehen vermag, weiss aber, dass<br />
diese Dreiheit Gaukelei ist, Schein des Theaterabends,<br />
der Verdichtung auf den Moment,<br />
in dem Text, Interpreten und Zuschauer vereint<br />
werden. Denn beinahe alles, was Theater<br />
für Theaterleute ausmacht, passiert vor dem<br />
entscheidenden Moment: zu nennen sind die<br />
Werkauswahl (das Stöbern in Dutzenden von<br />
Texten) und die Dramaturgie (die Kunst der<br />
Auslegung des gewählten Stoffes), die Proben<br />
(Wiederholen und Verändern und Wiederholen),<br />
das Licht (Einleuchten, Lichtabläufe),<br />
die Regie (Dirigieren und Herausfordern), die<br />
Musik (der Klangteppich, der das Geschehen<br />
trägt), das Bühnenbild (die Materialisierung<br />
der Motive und Atmosphären), das Begleitheft<br />
(Schreiben für das bessere Verständnis, aber<br />
ohne Vorwegnahme der Kernkonflikte)…<br />
Das Theater unserer Schule war in Vergangenheit<br />
aufs engste mit drei Namen verbunden:<br />
mit Michael Aeschbach, dem findigen und<br />
geistreichen Autor und Regisseur, mit Annette<br />
Ehrlich, dem «visuellen Gewissen der Inszenierungen»,<br />
und mit Sandro Paproth, dem «Universalgelehrten<br />
der Musik». Viele Kolleg/in-<br />
nen sind ihnen jeweils zur Hand gegangen. Sie<br />
haben zusammen ein kleines und feines Stück<br />
Theatergeschichte geschrieben. Geglückt ist<br />
ihnen dabei die schwierigste aller Gratwanderungen:<br />
zwei verschiedene Publikums gleichzeitig<br />
zu bedienen: die Schüler/innen und<br />
deren Eltern; und sie haben erfolgreich Theaterkunst<br />
angestrebt, ohne über die Köpfe hinweg<br />
zu spielen.<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Die zehn Stücke<br />
■ 2001: Mäck Bett<br />
(auf der Grundlage von<br />
Shakespeares Macbeth)<br />
■ 2002: Räuber<br />
(Friedrich Schiller, Die Räuber)<br />
■ 2003: Volksfeinde<br />
(Henrik Ibsen, Der Volksfeind)<br />
■ 2004: Hexenjagd<br />
(Arthur Miller, Die Hexenjagd)<br />
■ 2005: WEF Ltd.<br />
(Ödön von Horváth, Jugend ohne Gott)<br />
■ 2006: La Merica<br />
(Musical, von Michael Aeschbach,<br />
Martin Jäger und Andreas Richard)<br />
■ 2007: Anatevka<br />
(Musical, von Urs Albrecht, Martin<br />
Jäger und Andreas Richard)<br />
■ 2008: Eine fliegt übers Kuckucksnest<br />
(alte Besetzung) nach Ken Kesey:<br />
One flew over the cuckoo`s nest<br />
■ 2009: Hamlet<br />
(alte Besetzung) nach Shakespeares<br />
Hamlet<br />
■ 2010: Berlin 68<br />
(Arbeitstitel, Musical, von Michael<br />
Aeschbach, Beat Dähler, Annette<br />
Ehrlich und Teresa Laino)
Fotos: Andreas Haag<br />
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
89
90<br />
Tempora mutantur et nos mutamur in illis –<br />
oder vom Werdegang der Kontaktgruppe<br />
Ruth Caspar<br />
Lehrer – Abstand – Klasse. Lehrerin –<br />
Abstand kleiner – Klasse. Heute.<br />
Es war einmal. Ich erinnere mich. Vorne<br />
stand der Lehrer, meistens ein Mann, und<br />
brachte uns sein Fachgebiet näher. Nach der<br />
Stunde verschwand er. Wie es uns ging, was wir<br />
mitbekommen hatten, wo es Schwierigkeiten<br />
gab, interessierte ihn nicht wirklich, das war<br />
ja nicht sein Gebiet. Wenn jemand über längere<br />
Zeit ungenügende Noten schrieb, musste er<br />
oder sie die Schule verlassen. Keine Diskussion.<br />
So war es und so war es einfach. Dies ist keine<br />
Kritik, sondern eine Beschreibung. Die Zeiten<br />
begannen sich zu wandeln, Lehrpersonen und<br />
Schülerschaft haben sich angenähert. Neben<br />
der schulischen Leistung wurde zunehmend die<br />
Wichtigkeit der Entwicklung der Jugendlichen<br />
und deren Umfeld anerkannt und einbezogen.<br />
Fragen wurden gestellt. Welche Erklärungen<br />
gibt es für schlechte Noten, Müdigkeit, Überdruss?<br />
Aufgrund einer Weisung des Kantons<br />
von 1996, ein Kriseninterventionskonzept zu<br />
erstellen, gründeten ein paar Lehrer und Lehrerinnen<br />
der <strong>KEN</strong> die Kontaktgruppe, wie sie<br />
später heissen sollte. Sie hatte sich verschiedene<br />
Ziele gesteckt. Federführend war sie in der<br />
Entwicklung des oben erwähnten und bis heute<br />
gültigen Kriseninterventionskonzepts. Später<br />
gesellte sich eines zu Drogenfragen hinzu.<br />
Von Anfang an verstand sie sich auch als<br />
Triage-Stelle, eine Anlaufstelle für Schüler/<br />
innen und Lehrer/innen, die mit einer Frage,<br />
einem Problem, vielleicht sogar einem Hilfeschrei<br />
an sie gelangten. Unsere Aufgabe war<br />
und ist es zuzuhören, das Problem zu beurteilen<br />
und die Schülerin/den Schüler wenn<br />
nötig an eine entsprechende Fachstelle weiterzuleiten.<br />
Ausserdem begann die Kontaktgruppe,<br />
Projekttage zu organisieren, z.B. zur<br />
Prävention von Alkohol, Drogen, Gewalt etc.<br />
Diese Zielsetzungen wurden immer mehr ausgebaut,<br />
so dass die Kontaktgruppe heute nicht<br />
mehr von der Schule wegzudenken ist, weder<br />
als Triage-Stelle, noch was ihre Aktivitäten anbelangt,<br />
denn zwei Projekttage pro Jahr sind<br />
inzwischen fest verankert. Ich selber absolvier-<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
te die vom Kanton angebotene Ausbildung zur<br />
Kontaktlehrperson (KLP), die im Erlangen von<br />
fundierten Kenntnissen der Drogenprävention,<br />
Konfliktlösung und Gestaltung von Projekttagen<br />
besteht. Die Informations-Broschüre, die<br />
alle Schüler/innen erhalten und deren Titelbild<br />
klar auf den Inhalt verweist, nämlich Licht ins<br />
Dunkel zu bringen (siehe Bild), rundet die Arbeit<br />
der Kontaktgruppe ab. Die Broschüre dient<br />
zur Orientierung bei Schwierigkeiten und beinhaltet<br />
auch wichtige Adressen, z.B. diejenigen<br />
der externen Beratungsstellen der Psychologin<br />
und des Psychologen, an die sich unsere Schüler/innen<br />
jederzeit wenden können oder an die<br />
wir sie weiter verweisen im Sinne der genannten<br />
Triage. Das Psychologenteam stellt sich<br />
auch bei allen ersten Klassen vor, um so aus der<br />
Anonymität herauszutreten und eine mögliche<br />
Schwellenangst gar nicht erst aufkommen zu<br />
lassen. Es existiert ein Leitfaden für Schüler/<br />
innen bei Schwierigkeiten mit Lehrpersonen,<br />
ausserdem ein Info-Blatt für Mobbing. Das Angebot<br />
der Kontaktgruppe wird immer häufiger<br />
genutzt, ein Zeichen dafür, dass sie immer bekannter<br />
wird und auch dafür, dass unsere Arbeit<br />
geschätzt wird.
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
Der Kinderhütedienst<br />
Christin Bernet-Durrer<br />
Der Verein Kinderhütedienst der <strong>Kantonsschule</strong>n<br />
<strong>Enge</strong> (<strong>KEN</strong>), Freudenberg (KFR) und Liceo<br />
Artistico wurde 1999 gegründet. Ziel war es,<br />
eine flexible Betreuungslösung für berufstätige<br />
Eltern von Kindern im Vorschulalter anzubieten.<br />
Dieses Angebot ist für die Lehrer/innen der drei<br />
<strong>Kantonsschule</strong>n gedacht. Der schulinterne Kinderhütedienst<br />
hat viele Vorteile: Einerseits können<br />
die Eltern auf ein flexibles Angebot zählen,<br />
was für Lehrpersonen mit semesterweise wechselnden<br />
Stundenplänen absolut unabdingbar<br />
ist. Im Gegensatz zu öffentlichen Kindertagesstätten<br />
erstellen wir jedes Semester einen neuen<br />
Belegungsplan, der den aktuellen Bedürfnissen<br />
der Eltern entspricht. Andererseits ist die örtliche<br />
Nähe des Kindes zum Arbeitsplatz ein Pluspunkt.<br />
Des Weiteren werden pro Halbtag nur<br />
fünf Plätze besetzt, das heisst, dass die Kindergruppe<br />
immer sehr klein und familiär bleibt.<br />
Der Kinderhütedienst bietet auch für die<br />
beteiligten <strong>Kantonsschule</strong>n Vorteile. Lehrpersonen,<br />
die ihre Kinder in die schulinterne<br />
Betreuung bringen können, bleiben eher als<br />
Mitarbeiter erhalten. Zudem können auch stellvertretende<br />
Lehrpersonen angestellt werden,<br />
die auf eine Kinderbetreuung angewiesen sind.<br />
In der Regel ist in so einem Fall eine unkomplizierte<br />
Lösung möglich.<br />
Aufgrund dieser Überlegungen haben die<br />
Schulleitungen aller drei Schulen den Verein<br />
von Anfang an tatkräftig unterstützt haben.<br />
Dank dieser Hilfe und der Unterstützung vieler<br />
Freiwilliger kann der Kinderhütedienst dieses<br />
Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feiern.<br />
Erfahrene Betreuerinnen kümmern sich<br />
zum Teil seit der Gründung (!) um die Kinder.<br />
Die ehemalige Hauswartwohnung der<br />
<strong>Kantonsschule</strong> Freudenberg, wo seit 1999<br />
der Kinderhütedienst untergebracht ist.<br />
Foto: Andreas Haag<br />
91
92<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
Das sogenannte Freispiel ist Hauptteil des Tagesablaufes.<br />
Die Hauptziele sind dabei das Kind<br />
als Person ernst zu nehmen, ihm Halt und Geborgenheit<br />
zu vermitteln und es selbständig<br />
handeln zu lassen. Dadurch wird sowohl das<br />
Selbstvertrauen und wie auch das Selbstwertgefühl<br />
des Kindes gestärkt.<br />
Regelmässig wird die Kindergruppe zusammengeführt<br />
um gemeinsam etwas zu erleben,<br />
zum Beispiel Singen, Basteln, Geschichten hören,<br />
Gruppenspiele oder Ähnliches.<br />
Der Kinderhütedienst ist in der ehemaligen<br />
Hauswartwohnung der KFR untergebracht.<br />
Sie liegt inmitten des Parks der <strong>Kantonsschule</strong>n.<br />
Hier stehen weite Flächen zur Verfügung<br />
wo die frische Luft genossen und die Natur erforscht<br />
werden kann. In der warmen Jahreszeit<br />
Innenszene aus dem<br />
Kinderhütedienst<br />
wird natürlich auch der Sandkasten auf dem<br />
gedeckten Sitzplatz rege genutzt.<br />
Mitarbeiterinnen der Mensa bringen täglich<br />
kindergerechte Menüs in den Kinderhütedienst.<br />
Dies entlastet die Betreuerinnen enorm<br />
bei ihrer Arbeit und garantiert die Qualität der<br />
Verpflegung.<br />
Der Kinderhütedienst ist eine wertvolle Ergänzung<br />
der schulinternen Angebote und wir<br />
sind sehr zufrieden mit dem laufenden Betrieb.<br />
Natürlich geben wir mit der freundlichen Unterstützung<br />
von vielen Helferinnern und Helfer<br />
alles, dass dies auch für die nächsten Generationen<br />
von Kindern so bleibt.<br />
93
94<br />
Der Verein Ehemaliger der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />
Thierry Pohl<br />
Der Ehemaligenverein der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />
blickt auf eine lange Geschichte zurück: Schon<br />
am 1. November 1905 wurde der damals noch<br />
«Verband ehemaliger Schüler der Kantonalen<br />
Handelsschule Zürich» genannte Verein aus<br />
der Taufe gehoben. Lange Bestand hatte er in<br />
dieser Form allerdings nicht – alle Vorstandsmitglieder<br />
verreisten ins Ausland und so verwaiste<br />
der Verein vorerst. Am 24. Juni 1909<br />
trafen sich schliesslich engagierte Mitglieder<br />
zu einer ausserordentlichen Generalversammlung<br />
und belebten den Verein wieder. Am 15.<br />
Dezember 1909 erschien dann die «No. 1» der<br />
«Mitteilungen» des Vereins. Diese Publikation<br />
erscheint noch heute quartalsweise – letztes<br />
Jahr im 100. Jahrgang, was mit der Jubiläumsausgabe<br />
3/08 und einer Faksimile-Beilage der<br />
allerersten Ausgabe gefeiert wurde.<br />
Die Ziele des Vereins waren damals wie<br />
heute dieselben: Der Zusammenhalt der Schulabsolventen<br />
soll gefördert und eine Plattform<br />
zur Verfügung gestellt werden, um bestehende<br />
Netzwerke zu pflegen oder neue aufzubauen.<br />
Verändert haben sich aber die Ausprägungen<br />
dieser Ziele. Waren gemeinsamen Freizeitaktivitäten<br />
früher kaum Grenzen gesetzt – regelmässig<br />
fanden Fussball- und Handballturniere<br />
statt, wird von Kochkursen und Fabrikbesich-<br />
Kontakt-Apéro am Donnerstag, 11. Juni 2009 mit Prof. Dr. Susanna<br />
Bliggenstorfer (M74), neue Direktorin der Zentralbibliothek Zürich.<br />
tigungen berichtet und hatte sogar eine eigene<br />
Briefmarkenbörse ihre Daseinsberechtigung<br />
– stehen im jüngsten Jahrhundert die so genannten<br />
«Kontaktapéros» im Zentrum des Vereinsleben.<br />
An diesen Abenden erzählt jeweils<br />
eine Absolventin oder ein Absolvent der <strong>KEN</strong><br />
von seiner eigenen Karriere nach der Schule.<br />
Die moderierten Gespräche finden regelmässig<br />
am «Ort des Geschehens» statt, so begaben sich<br />
die Mitglieder erst kürzlich in die Zentralbibliothek,<br />
die von einer Absolventin geführt wird,<br />
und lauschten 2007 im Fraumünster der Musik<br />
des mittlerweile pensionierten Organisten, der<br />
ebenfalls ein Absolvent der <strong>KEN</strong> ist.<br />
Mit der Veranstaltung «Ehemalige meet<br />
maturae et maturi» beteiligt sich der Verein<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong><br />
Foto: David Shilling.<br />
aktiv am Schulleben der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>.<br />
Am Berufs- und Studientag stehen jeweils Ehemalige<br />
den Maturandinnen und Maturanden in<br />
einer Podiumsdiskussion für Fragen zu Berufsleben,<br />
Studium und Karriere zur Verfügung.<br />
Zudem ist die Förderung der kulturellen und<br />
sportlichen Belange an der Schule dem Verein<br />
ein wichtiges Anliegen, so dass er 2008 anstelle<br />
der alten (vermögenslosen) Stiftung, die<br />
aufgrund zunehmender Revisionsvorschriften<br />
ein schwerfälliges Konstrukt geworden war,<br />
einen Fonds äufnete. Er fördert besondere<br />
Schulprojekte im kulturellen und sportlichen<br />
Bereich und gibt der heutigen Schülerschaft so<br />
ein Stück vom Erfolg ihrer Vorgängerinnen und<br />
Vorgänger zurück.
Die <strong>KEN</strong> heute<br />
Daneben steht das Internet ebenso im<br />
Fokus – es erleichtert speziell die Pflege von<br />
Beziehungsnetzwerken, und so ist der Verein<br />
nicht nur auf seiner eigenen Homepage<br />
www.ken-ve.ch aktiv, sondern auch mit eigenen<br />
Gruppen auf Facebook und bei XING<br />
vertreten. Dass die modernen Kommunikationswege<br />
so aktiv genutzt werden, hängt<br />
nicht zuletzt damit zusammen, dass der derzeit<br />
15-köpfige Vorstand vor einigen Jahren<br />
einer starken Verjüngung unterzogen wurde.<br />
Rund die Hälfte der Vorstandsmitglieder<br />
hat die Schule erst in den letzten zehn Jahren<br />
verlassen!<br />
Der Verein zählt heute knapp 2000 Mitglieder<br />
– ausnahmslos Absolventinnen und<br />
Absolventen der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> bzw. der<br />
ehemaligen Kantonalen Handelsschule. Mit<br />
bestandener Abschlussprüfung an der <strong>KEN</strong><br />
wird man Gast-Mitglied des Vereins, erst ab<br />
dem zweiten Jahr wird für die Mitgliedschaft<br />
ein bescheidener Jahresbeitrag erhoben.<br />
Mit der erwähnten Verjüngung des Vorstands<br />
und der erfolgreichen Äufnung des<br />
Fonds für kulturelle und sportliche Belange<br />
hat der Verein Ehemaliger der <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> in den letzten Jahren einiges unternommen,<br />
um die <strong>KEN</strong> auch in den nächsten<br />
Jahrzehnten zu begleiten. Er freut sich, dies<br />
tun zu dürfen.<br />
Der Elternverein der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />
Inge Thees<br />
Als Bindeglied zwischen Schule, Schülern und<br />
Eltern hat der Elternverein der <strong>Kantonsschule</strong><br />
<strong>Enge</strong> (EV<strong>KEN</strong>) eine komplexe Aufgabe, die<br />
trotz sorgfältig erarbeiteter Standortbestimmung<br />
immer wieder neu reflektiert wird. Seit<br />
nunmehr elf Jahren engagieren sich dabei Eltern<br />
im Rahmen der gesteckten Möglichkeiten<br />
und Kompetenzen, um an einer positiven Schulkultur<br />
mitzuwirken, in wichtigen und richtigen<br />
Momenten die Elternsicht einbringen zu können<br />
oder einfach, um mit kleinen Gesten der<br />
Anerkennung zurückhaltend und doch spürbar<br />
zu einem freundlichen Schulklima beizutragen.<br />
Das kleine Begrüssungspräsent für die jeweiligen<br />
Erstklässler, der Blumenstrauss für die engagierten<br />
Damen des Schulsekretariates oder<br />
das Präsent für das Hauspersonal sind beispielsweise<br />
schon lieb gewordene Tradition.<br />
Bei allen Aktivitäten ist es dem EV<strong>KEN</strong> ein<br />
wichtiges Anliegen, ein verlässlicher, im Hintergrund<br />
wirkender Part im Schulgefüge zu sein<br />
und einen konstruktiven Gedankenaustausch<br />
mit Schulleitung und Lehrerschaft zu pflegen.<br />
So wird der EV<strong>KEN</strong> nun auch vermehrt als beratendes<br />
Organ bei diversen Projekten involviert,<br />
wie das Beispiel des «Purpur Projektes» zeigt,<br />
dessen Ziel die Schaffung einer zusätzlichen<br />
Verpflegungsmöglichkeit für die Schülerschaft<br />
Vorstand des Elternvereins 2008<br />
über die Mittagszeit ist. Gefragt war die Elternsicht<br />
in verschiedenen Bereichen auch bei der<br />
externen Evaluation der <strong>KEN</strong>, die Anfang des<br />
Jahres von der «Interkantonalen Fachstelle für<br />
Schulevaluation» (ifes) durchgeführt worden<br />
ist. Die Gelegenheit zur Mitwirkung an der<br />
Evaluation ist auch ein Ergebnis der intensiver<br />
gewordenen Zusammenarbeit mit der Schulleitung.<br />
Dafür spricht ebenso deren Bereitschaft,<br />
aktuelle schulbezogene Themen- und Problemkreise<br />
mit dem EV<strong>KEN</strong> vertieft zu diskutieren,<br />
wie zuletzt die viel zitierte ETH-Studie, die als<br />
Rangliste der <strong>Kantonsschule</strong>n missverstanden<br />
unbeabsichtigt hohe Wellen schlug.<br />
Bewährt hat sich mittlerweile auch der Einsitz<br />
zweier Vertreter des EV<strong>KEN</strong>s in der sogenannten<br />
Kontaktgruppe, einer niederschwelligen<br />
Anlaufstelle für Schüler und Lehrer, die<br />
95
96<br />
aus psychologischen Fachleuten, Lehrer/innen,<br />
und Schüler/innen besteht. Neben einem vielfältigen<br />
und gut genutzten Beratungsangebot<br />
wird hier über aktuelle Fragestellungen und<br />
Tätigkeiten informiert und es werden vermehrt<br />
Gespräche geführt über Sucht, Prävention, Gesundheitsförderung,<br />
geeignete Massnahmen<br />
sowie optimierte Beratungsangebote. Ergebnisse<br />
davon werden bereits umgesetzt in dem<br />
im Juni für Zweitklässler stattfindenden Workshop<br />
«Gewalt nach innen und aussen» und am<br />
Projekttag mit dem Theater «Livia 13» im August.<br />
In der Projektwoche wird der EV<strong>KEN</strong> wie<br />
gewohnt die Zweitklässler wieder mit einem<br />
Znüni verwöhnen.<br />
Unterstützend beteiligt sich der EV<strong>KEN</strong><br />
auch jedes Jahr nach Möglichkeit am «Yes»-<br />
Projekt in Form des Erwerbs von Partizipationsscheinen<br />
der jeweiligen Miniunternehmen<br />
der Schüler/innen.<br />
Der alljährliche Probezeitapéro im Herbst,<br />
an dem jeweils ein interessanter Vortrag geboten<br />
wird, hat sich ebenfalls schon gut etabliert.<br />
Diesmal setzte sich Dr. Christoph Wittmer, Prorektor<br />
der <strong>KEN</strong>, in einem aufschlussreichen<br />
Referat mit dem Sinn und den Widrigkeiten der<br />
Probezeit auseinander. Interessant war auch<br />
die Sicht der Psychologin, Esther Schoellkopf,<br />
die im Anschluss zu diesem Thema referierte.<br />
Der traditionelle Kontaktapéro bietet jeweils<br />
am Anfang des neuen Jahres Gelegenheit<br />
zum gegenseitigen Kennenlernen von Eltern<br />
und Lehrerschaft.<br />
Um den Blickwinkel zu öffnen und gegenseitig<br />
von sinnvollen Aktivitäten zu profitieren, organisiert<br />
der EV<strong>KEN</strong> zwei Mal im Jahr ein Treffen<br />
mit Elternvereinen anderer <strong>Kantonsschule</strong>n,<br />
was immer inspirierend und motivierend ist.<br />
Auch im Info-Magazin der <strong>KEN</strong> hat sich der<br />
EV<strong>KEN</strong> einen festen Platz erobert und gute Beiträge<br />
liefern können.<br />
Anlässlich seines 10jährigen Jubiläums am<br />
11. Januar 2008 würdigte der EV<strong>KEN</strong> in einer<br />
kleinen Feier den täglichen persönlichen und<br />
engagierten Einsatz der Lehrer einmal besonders.<br />
Der Vorstand lud zu einem Schlemmermenü<br />
ein, das unter der Leitung von Markus<br />
Diethelm und seiner Frau Heidi in der Kantine<br />
selbst gekocht wurde.<br />
Im Bestreben, aus Sicht der Eltern wichtige<br />
Themen und Probleme aufzugreifen und Lösungen<br />
zuzuführen, ist der EV<strong>KEN</strong> Sprachrohr für<br />
die Elternschaft und vertritt deren Interessen.<br />
Der/die Präsident/in ist dabei erste Kontaktperson.<br />
Nur ein Elternverein, der von möglichst<br />
vielen Eltern unterstützt und getragen wird, ist<br />
schlagkräftig und kann Positives bewirken. In<br />
diesem Sinne darf man allen Eltern ans Herz<br />
legen, dem EV<strong>KEN</strong> beizutreten!<br />
<strong>Festschrift</strong> zum Jubiläum | <strong>50</strong>–<strong>KEN</strong>–<strong>30</strong>
www.ken.ch