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Der Altenburger Prinzenraub 1455 - Kai Homilius Verlag

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39. Deutschlands spektakulärstes Kidnapping<br />

– <strong>Der</strong> <strong>Altenburger</strong> <strong>Prinzenraub</strong> <strong>1455</strong><br />

Es war ein furchtbarer Anblick, der sich Margarethe von Sachsen in der<br />

Nacht vom 7. zum 8. Juli <strong>1455</strong> bot. Drei schwarz vermummte Gestalten<br />

waren über eine Strickleiter ins Schloß zu Altenburg (Thüringen)<br />

eingedrungen und hatten sich ihrer Söhne Ernst und Albrecht bemächtigt.<br />

Hilfeschreiend beugte sich die Mutter über die Schloßmauer, doch<br />

vergeblich, denn ihr Gemahl, Kurfürst Friedrich II. von Sachsen, weilte<br />

mit seinem Gefolge im 30 Kilometer entfernten Leipzig. Die drei<br />

Entführer verschwanden mit den jammernden Knaben ungehindert im<br />

nächtlichen Dunkel Richtung Süden.<br />

Das Schloss zu Altenburg<br />

Urheber dieser Untat war der Ritter Kunz von Kaufungen. Dieser adlige<br />

Haudegen hatte bis 1451 auf der Seite des Kurfürsten gegen dessen<br />

rebellischen Bruder gekämpft. Dabei war Kunz in Gefangenschaft<br />

geraten und musste sich, wie damals üblich, durch ein hohes Lösegeld<br />

freikaufen. Die Rede war von 3 000 Goldgulden, was bei aller gebotenen<br />

Vorsicht einer heutigen Summe von etwa 1,3 Millionen Euro entspricht.<br />

Nach Kriegsende forderte er eine Entschädigung in Gestalt von Land<br />

oder Geld. Als Friedrich das verweigerte, beschloss Kaufungen, sich sein<br />

Recht auf Ritterart zu verschaffen und drohte dem Kurfürsten persönliche<br />

Fehde an.<br />

Er verbündete sich mit zwei anderen unzufriedenen Adligen, den Herren<br />

Wilhelm von Mosen und Wilhelm von Schönfeld. Die drei beobachteten<br />

das Hoflager in Schloß Altenburg. Als sich eines Nachts die günstige<br />

Gelegenheit bot, schlugen sie zu. Mit den geraubten Söhnen sollte


Friedrich erpresst werden, die Forderungen Kunzens zu erfüllen. Auf<br />

getrennten Wegen wurden die zwei Prinzen nach Süden entführt, wo 70<br />

Kilometer entfernt an der böhmischen Grenze eine Burg von Kaufungen<br />

stand.<br />

Während einer Rast im Wald bei Elterlein gelang es dem erst 11-jährigen<br />

Albrecht, einem Köhler namens Georg Schmidt seine Identität<br />

mitzuteilen. <strong>Der</strong> schwarze Mann überwältigte kurzentschlossen Kunz<br />

von Kaufungen, nahm ihn mit seinen Gesellen gefangen und übergab<br />

ihn im Kloster Grünhain den Behörden. Albrecht erhielt später für sein<br />

Verhalten den Beinamen „der Beherzte“.<br />

Kaufungens Spießgesellen Mosen und Schönfeld versteckten den 14-jährigen<br />

Prinzen Ernst zunächst drei Tage in einem verlassenen Bergwerksstollen.<br />

Als sie von den Geschehnissen im Wald von Elterlein erfuhren,<br />

beschlossen sie, ihren Gefangenen freizulassen. Allerdings verlangten sie<br />

zuvor, man solle ihnen Straffreiheit gewähren. Tatsächlich blieben die<br />

beiden adligen Ganoven ungeschoren. Mit Kunz von Kaufungen aber<br />

machte der Kurfürst kurzen Prozess. Er wurde am 14. Juli <strong>1455</strong> auf dem<br />

Marktplatz in Freiberg enthauptet.<br />

Die Befreiungsaktion hatte noch ein anekdotisches Nachspiel. <strong>Der</strong> Köhler<br />

Georg Schmidt, so heißt es in einer alten Chronik, „habe dem Kurfürsten<br />

und dem ganzen Hofgesinde immer und immer wieder erzählen<br />

müssen, wie bei der Befreiung der Prinzen sich alles zugetragen. Und da<br />

er dabei stets die Äußerung gethan, dass er Kunz von Kaufungen mit seinem<br />

Schürbaume weidlich ‚getrillt’ (verhauen) habe, so wäre ihm vom<br />

Kurfürsten der Name Triller beigelegt worden, und dieser hätte mit der<br />

Zeit den eigentlichen Familiennamen Schmidt ganz verdrängt.“<br />

Eine hübsche Legende. Tatsächlich erhielt Schmidt vom Kurfürsten als<br />

Belohnung ein kleines Landgut bei Zwickau nebst lebenslanger Steuerfreiheit.<br />

Das dürfte den wackeren Köhler gewiss mehr erfreut haben als<br />

jeder Ehrenname.<br />

Die beiden Prinzen gingen nicht nur durch ihre spektakuläre Entführung<br />

in die Geschichte ein. Im Vertrag zu Leipzig teilten sie 1485 ihr<br />

Land. Ernst behielt die Kurfürstenwürde sowie die Gebiete bei Weimar,<br />

Erfurt und Wittenberg. Albrecht bekam das Territorium rund um Leipzig,<br />

Dresden und Meißen. Die bis heute bestehende Trennung zwischen<br />

Sachsen und Thüringen nahm damals ihren Anfang.<br />

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