<strong>Cultural</strong> <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> h<strong>in</strong>kt h<strong>in</strong>terher | Seite 41 E<strong>in</strong>leitung<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> als ursprünglich amerikanisches Konzept aus der Bürgerrechtsbewegungfasst allmählich Fuß <strong>in</strong> Europa. Ursprünglich gedacht als Maßnahme für die Umsetzung vonGleichberechtigung, hat es sich weiterentwickelt zu e<strong>in</strong>em betriebswirtschaftlichen Instrument zurverbesserten Nutzung der Humanressource. Wie <strong>in</strong> den USA als auch <strong>in</strong> Europa spürenUnternehmen den globalen E<strong>in</strong>fluss, der e<strong>in</strong>erseits erhöhte Konkurrenz im heimischen Marktaufbaut, jedoch auch Chancen zum E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> neue Märkte und Nutzung von Standortvoreilen imProduktions- und Entwicklungsprozess bietet. E<strong>in</strong> Unternehmen, das nun global agiert, muss sichauf verschiedenen Märkten mit verschiedenen Kulturen behaupten. Zudem muss sich die Strukturdes Unternehmens auf e<strong>in</strong>e sehr dynamische und heterogene Umwelt e<strong>in</strong>stellen: StarreHierarchien und lange Entscheidungswege s<strong>in</strong>d zugunsten flexibler Systeme aufzulösen, die sichrasch an veränderte Bed<strong>in</strong>gungen anpassen und, besser noch, zukünftige Entwicklungenvorwegnehmen. Um im Wettbewerb bestehen zu können, s<strong>in</strong>d Ressourcen nicht nur effizient,sondern auch flexibel e<strong>in</strong>zusetzen, und so auch die Mitarbeiter. Deren Wissen und Kompetenzwird <strong>in</strong> hochtechnologischen Bereichen hochbrisant, die Komb<strong>in</strong>ation und der gezielte E<strong>in</strong>satz s<strong>in</strong>dErfolgskriterien <strong>in</strong> der Erstellung von <strong>in</strong>novativen Produkten und Dienstleistungen. Dies s<strong>in</strong>d dieBedürfnisse der Unternehmen; auf der anderen Seite erfolgt e<strong>in</strong>e Pluralisierung der Gesellschaft,<strong>in</strong> der immer stärker Individuen und Subgruppen aus der großen homogenen Masse hervortreten.Unter anderem s<strong>in</strong>d folgende Tendenzen zu erwähnen.Immer mehr Frauen verlagern ihre Aktivitäten von Familie auf den Beruf.Menschen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen wünschen die Respektierung ihrerBedürfnisse.Muslime und Angehörige anderer Religionen zeigen aufgrund ihrer Religion eigene Werteund Verhaltensweisen.Die europäische Integration schreitet fort, und durch die Immigration aus dem europäischenund nicht-europäischen Ausland steigt die kulturelle Vielfalt <strong>in</strong> der Bevölkerung.Das neue Bachelor- und Mastersystem an den Universitäten br<strong>in</strong>gt Absolventen mit unterschiedlichemAusbildungsgrad und e<strong>in</strong>er bisher unbekannten Varietät an <strong>Studie</strong>nfächernhervor.Bed<strong>in</strong>gt durch den demografischen Wandel steigt der Anteil älterer Personen <strong>in</strong> derGesellschaft.Traditionell überlieferte Familienformen brechen auf; Frauen, Männer und K<strong>in</strong>der leben <strong>in</strong>neuen Konstellationen zusammen.In der Folge tauchen andere Qualifikationen, Lebensformen, Bedürfnisse, Werte und Erfahrungenauf. Diese heterogene Palette schlägt auf den Arbeitsmarkt durch und ist <strong>in</strong> der Rekrutierung undim E<strong>in</strong>satz von Arbeitskräften zu beachten. Nun kommt es jedoch bei der Zusammenführung desBedarfs der Unternehmen und des Angebots am Markt zu e<strong>in</strong>er gewissen Passung, die es jedochaufe<strong>in</strong>ander abzustimmen gilt. Hierzu bietet sich <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> an, das im Folgenden alse<strong>in</strong> Instrument zur Nutzung der Ressource Diversität vorgestellt wird.
<strong>Cultural</strong> <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> h<strong>in</strong>kt h<strong>in</strong>terher | Seite 52 <strong>Cultural</strong> <strong>Diversity</strong> und <strong>Cultural</strong> <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>Diversität beschreibt „die Verschiedenartigkeit bzw. alles wor<strong>in</strong> sich Menschen unterscheiden oderähneln“ (Sepehri 2002, S. 77). Die Verschiedenartigkeit oder Vielfalt bezieht sich dabei aufMerkmale von Menschen, z. B. Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Herkunft, Religion, sozialeSchicht etc. Kulturelle Diversität greift die Verschiedenheit bei Kultur auf, sei es h<strong>in</strong>sichtlich Nation,Region, ethnischer Gruppe oder auch Religion. Auch Unternehmens-, Branchen- undBerufskulturen fallen unter diese Rubrik.<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> leitet sich als e<strong>in</strong> handlungsorientiertes Konzept zum Umgang mit Diversität<strong>in</strong> all ihren Facetten ab. Ziel von <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> ist es, Motivation und Kreativität derMitarbeiter durch die Nutzung verschiedener H<strong>in</strong>tergründe zu steigern sowie die Strategie desUnternehmens zu unterstützen. <strong>Cultural</strong> <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> fokussiert dabei die Handhabungvon kultureller Heterogenität, die <strong>in</strong>sbesondere im Globalisierungsprozess von Unternehmen e<strong>in</strong>eRolle spielt.Vielfalt ist gekennzeichnet durch e<strong>in</strong>en enormen Spannungsbogen: E<strong>in</strong>erseits br<strong>in</strong>gt sie umfangreichewertvolle Fähigkeiten und Kenntnisse mit sich, etwa Kreativität und Innovation sowiepassgenaue Kundenorientierung. Andererseits können Unterschiede <strong>in</strong>sbesondere der kulturellenArt zu Missverständnissen und Reibungsverlusten führen. Daher ist beim <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>e<strong>in</strong>erseits auf die Vermeidung bzw. die konstruktive Lösung von Konflikten zu achten; dort dürfendie Bemühungen jedoch nicht stehen bleiben, da sonst e<strong>in</strong> breites Potenzial ungenutzt bleibt –Vielfalt ist als Ressource zu verstehen, die es strategisch <strong>in</strong> den Unternehmensaktivitätene<strong>in</strong>zusetzen gilt.In der <strong>in</strong>ternationalen Unternehmenslandschaft gibt es e<strong>in</strong>e Vielzahl divergierender E<strong>in</strong>stellungenzu <strong>Cultural</strong> <strong>Diversity</strong> und <strong>Cultural</strong> <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>, die durchaus von der gerade ebenpropagierten Auffassung abweichen können, je nach Standort, Branche, Größe, Historie oder<strong>in</strong>ternationaler Aufstellung des Unternehmens. Vor allem ist häufig e<strong>in</strong>e Konfliktbetonung zubeobachten, die <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> eher <strong>in</strong> e<strong>in</strong> unangenehmes Licht stellt, das nurUnternehmen und Länder nötig haben, welche durch ethnische oder andere Konflikte gebeuteltwerden. Die vorliegende Untersuchung strebt daher an, durch e<strong>in</strong>en Ländervergleich diebesonderen Umstände aufzuzeigen. Darüber h<strong>in</strong>aus ist e<strong>in</strong> Augenmerk darauf zu richten, welchenStandpunkt <strong>in</strong>sbesondere deutsche Unternehmen e<strong>in</strong>nehmen. Die <strong>Studie</strong> soll auch Widersprücheaufzeigen zwischen Wunsch und Wirklichkeit, durch die die Realität des <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>geprägt ist.3 Methoden der UntersuchungUm die Relevanz von (kultureller) Diversität, den aktuellen Status, den strategischen Bezug sowielaufende Maßnahmen entsprechend den Untersuchungszielen zu erfassen, wurde e<strong>in</strong>standardisierter Fragebogen entwickelt, der an die Geschäftsleitung deutscher und <strong>in</strong>ternationalerGroßunternehmen versendet wurde. Die Stichprobe setzte sich aus den Top 600 <strong>Deutschland</strong> undTop 600 International zusammen. Die Befragung fand von März bis Juni 2006 statt und ergabe<strong>in</strong>en Rücklauf von 78 Fragebögen. 1Als statistisch besonders aussagefähige Gruppen wurden die Kategorien <strong>Deutschland</strong>, USA undGroßbritannien, restliches Europa und übrige Länder gebildet, die deutliche Unterschiede1 Dies ist vergleichbar mit anderen Diversitätsstudien wie z. B. von Süß/Scherm (2005), die mit e<strong>in</strong>em Rücklauf von 79Fragebogen agierten, und von Stuber (2005), der von 46 Unternehmen Antwort bekam.