Klimaanpassung als Herausforderung für die Regional- und - Klimzug

Klimaanpassung als Herausforderung für die Regional- und - Klimzug Klimaanpassung als Herausforderung für die Regional- und - Klimzug

01.12.2012 Aufrufe

KLIMZUG-Workingpaper del überhaupt in den gesellschaftlichen Handlungsfeldern („Sektoren“) berücksichtigt wird. Im Handlungsfeld der Landwirtschaft wird beispielsweise bereits seit mehreren Jahren nach neuen Strategien für die Anpassung an klimawandel-induziert veränderte Anbaubedingungen gesucht. Neu sind vielmehr der integrierte (bzw. integrative) – also mehrere Handlungsfelder übergreifende – und der regionale Anspruch einer Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Und neu ist auch, dass sich die räumliche Planung dem Thema immer stärker und als einer der Hauptakteure im Handlungsfeld Klimaanpassung zu profilieren beginnt. Seit einigen Jahren erlebt die Diskussion um die Anpassung an den Klimawandel eine ausgeprägte Dynamik. Ressorts auf Bundes- und Landesebene beschäftigen sich mit möglichen Anpassungsstrategien und legen entsprechende Programme bzw. Vorhaben auf. Viele Bundesländer verfügen mittlerweile über Klimaschutzkonzepte, Anpassungsstrategien oder zumindest Grundlagenarbeiten hierzu. Nachdem die Raumplanung zu Beginn der Diskussion noch relativ zurückhaltend schien, hat sie inzwischen doch vielerorts begonnen, sich aktiv in die Entwicklung von Anpassungsstrategien einzuschalten und ihre regionalen Koordinationsaufgaben auch in diesem Themenfeld wahrzunehmen. Hilfreich waren dabei bundesweite „Modellvorhaben der Raumordnung“ (KlimaMORO), so in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen. Auch die Wissenschaft meldet sich verstärkt zu Wort. So sind mehrere Publikationen der Akademie für Raumforschung und Landesplanung dem Thema Klimaanpassung gewidmet. Eine Arbeitsgruppe beschäftigte sich in den letzten Jahren unter anderem mit Planungs- und Steuerungsinstrumenten zum Umgang mit dem Klimawandel. Andere neuere Arbeiten behandeln Instrumente der regionalen Raumordnung und Raumentwicklung zur Anpassung an den Klimawandel (Fröhlich et al., 2011). Andere Akademien, so die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften und die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech), greifen das Thema aus einer interdisziplinären Perspektive auf. Im Hinblick auf die räumliche Planung und Entwicklung – verstanden als Akteur und Handlungsfeld – gilt es, vor allem drei Herausforderungen zu beachten: das heterogene Akteursspektrum, die Veränderung von Zeithorizonten und die Passfähigkeit von Instrumenten. Akteure Bei der Klimaanpassung ist von einem breiten Akteursspektrum auszugehen. Mindestens sechs „Akteursgruppen“ lassen sich unterscheiden: Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Medien, Zivilgesellschaft sowie Wissenschaft und Bildung. Diese haben eigene Interessen und Handlungslogiken. Ihre Einbindung in Prozesse der Klimaanpassung ist unterschiedlich, ebenso divergiert ihre Bereitschaft, sich zu engagieren. Und auch in sich sind die Akteursgruppen bei weitem nicht homogen. Dies zeigt sich unter anderem in den unterschiedlichen Zielsetzungen der einzelnen Fachverwaltungen oder es wird augenscheinlich in der Politik. Die Raumplanung als ein Akteur der Verwaltung ist also bei weitem nicht der einzige Akteur im Feld der Klimaanpassung. Neben den sektoralen Planungs- und Fachbehörden, denen jeweils eigene Steuerungsinstrumente zur Verfügung stehen, spielen weitere Akteure aus Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, von der Versicherungswirtschaft über den ehrenamtlichen Naturschutz bis hin zum Katastrophenschutz, eine große Rolle. Somit kann die Raumplanung auch nicht alleine „steuern“, sondern bestenfalls die Rolle eines Förderers von Kooperation und koordiniertem Handeln sowie eines Netzwerksbildners übernehmen. Sie kann eine Plattform bieten zur Diskussion, zum Interessenausgleich und zur Entwicklung von Strategien und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Dies steht im Kontrast zu ihrer traditionellen Aufgabe der Steuerung der Raumentwicklung durch Pläne und Programme und kommt ihrer Funktion als Auslöser und Gestalter von regionalen Entwicklungsprozessen entgegen. 5

KLIMZUG-Workingpaper Zeit Die integrierende räumliche Planung auf den unterschiedlichen Planungsebenen (Land, Region, Kommune) ist in unserer Gesellschaft mit ihren teilweise äußerst dynamischen Entwicklungen bereits heute ein Garant für die Berücksichtigung von Langfristperspektiven. Pläne sind auf eine Dekade hin angelegt, manche Planungshorizonte reichen weit darüber hinaus. Vergleicht man dies jedoch mit den zeitlichen Dimensionen von Szenarios des Klimawandels und der Klimaanpassung, die häufig Zeiträume von 50 bis 100 Jahren berücksichtigen, so wird die Herausforderung für die räumliche Planung deutlich: Eine an den Erfordernissen der Klimaanpassung ausgerichtete Raumplanung muss Handlungsfelder mit völlig unterschiedlichen Zeithorizonten integrieren. Das Spektrum reicht dabei von den eher auf wenige Jahre hin angelegten Zyklen der Landwirtschaft bis hin zu den extrem langen Planungshorizonten der Forstwirtschaft, von den eher kurzfristigen Perspektiven der gewerblichen Wirtschaft, insbesondere im produzierenden Bereich bis hin zu den Entscheidungen von Firmen, lokalen Ver- und Entsorgern und privaten Eigentümern bei Investitionen in Gebäude, Technologien und Infrastrukturnetze, die eine hohe Lebensdauer haben (vgl. Frommer, 2010, 71). Zudem wird deutlich, dass selbst die Langfristorientierung der räumlichen Planung im Vergleich zu den Auswirkungen des Klimawandels und den notwendigen Anpassungsstrategien noch relativ kurz greift. Instrumente Klimaanpassung kann mit Blick auf die räumliche Planung sowohl ein Thema der formalen als auch der informellen Planung sein. Bei der formalen Planung, unter anderem auf regionaler Ebene, geht es dabei einerseits um Festlegungen zur Freiraum-, Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung. Andererseits geht es aber auch um verfahrensbezogene Instrumente, etwa die Strategische Umweltprüfung, Raumordnungsverfahren oder das sogenannte Climate Proofing. Ebenso können raumordnerische Verträge oder Zielvereinbarungen zur Verwirklichung von regionalplanerischen Grundsätzen und Zielen für die Klimaanpassung nutzbar gemacht werden. Bei der informellen Planung geht es zum einen um die Erarbeitung von Szenarien, Leitbildern und Entwicklungskonzepten, die Schaffung von Akteursnetzwerken und die Förderung von regionaler Kooperation, zum anderen aber auch um informatorische Steuerungsinstrumente wie Gefahren-, Risiko- oder Vulnerabilitätskarten (vgl. auch Fröhlich et al., 2011). Die räumliche Planung steht angesichts dieser Situation vor der Herausforderung, die vorhandenen Instrumente situationsgerecht und flexibel anzuwenden (Instrumentenmix). Fasst man die genannten Herausforderungen zusammen, so ergibt sich ein komplexes Spannungsfeld: Versucht Raumplanung Steuerungsmacht zu erlangen, so läuft sie Gefahr, von den anderen Akteuren, und zwar nicht nur von den Fachverwaltungen, sondern auch von Wirtschaft und Zivilgesellschaft, „ausgebremst“ zu werden. Bietet sie sich lediglich als Plattform an, könnte es hingegen dazu kommen, dass sie nur mehr bedingt wahrgenommen wird, während andere Akteure die Klimaanpassung inhaltlich einseitig bestimmen. Raumplanung hat unter den beteiligten Akteuren die größte Expertise im Hinblick auf die Entwicklung von Langfristperspektiven. Spielt sie diese Expertise aus, so läuft sie Gefahr, sich von den Erfahrungs- und Planungshorizonten einer Vielzahl von Akteuren so weit zu entfernen, dass sie von diesen als irrelevant angesehen wird. Beschäftigt sie sich zu sehr mit kurzfristigen Handlungsansätzen, so wird sie den Anforderungen an eine Anpassung an den Klimawandel nur bedingt gerecht. Im Hinblick auf die Steuerung von Entwicklungsprozessen steht der Raumplanung zwar ein großes Arsenal an Instrumenten zur Verfügung. Sie kann formal steuern wie informell ermöglichen. Stellt sie dabei formale Aspekte zu stark in den Vordergrund, droht die notwendige Flexibilität bei der Klimaanpassung unterlaufen zu werden. Fokussiert sie hingegen zu stark auf informelle Steuerung, so läuft 6

KLIMZUG-Workingpaper<br />

del überhaupt in den gesellschaftlichen Handlungsfeldern („Sektoren“) berücksichtigt wird. Im Handlungsfeld<br />

der Landwirtschaft wird beispielsweise bereits seit mehreren Jahren nach neuen Strategien<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Anpassung an klimawandel-induziert veränderte Anbaubedingungen gesucht. Neu sind vielmehr<br />

der integrierte (bzw. integrative) – <strong>als</strong>o mehrere Handlungsfelder übergreifende – <strong>und</strong> der regionale<br />

Anspruch einer Anpassung an <strong>die</strong> Folgen des Klimawandels. Und neu ist auch, dass sich <strong>die</strong><br />

räumliche Planung dem Thema immer stärker <strong>und</strong> <strong>als</strong> einer der Hauptakteure im Handlungsfeld<br />

<strong>Klimaanpassung</strong> zu profilieren beginnt.<br />

Seit einigen Jahren erlebt <strong>die</strong> Diskussion um <strong>die</strong> Anpassung an den Klimawandel eine ausgeprägte<br />

Dynamik. Ressorts auf B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Landesebene beschäftigen sich mit möglichen Anpassungsstrategien<br />

<strong>und</strong> legen entsprechende Programme bzw. Vorhaben auf. Viele B<strong>und</strong>esländer verfügen mittlerweile<br />

über Klimaschutzkonzepte, Anpassungsstrategien oder zumindest Gr<strong>und</strong>lagenarbeiten hierzu.<br />

Nachdem <strong>die</strong> Raumplanung zu Beginn der Diskussion noch relativ zurückhaltend schien, hat sie<br />

inzwischen doch vielerorts begonnen, sich aktiv in <strong>die</strong> Entwicklung von Anpassungsstrategien einzuschalten<br />

<strong>und</strong> ihre regionalen Koordinationsaufgaben auch in <strong>die</strong>sem Themenfeld wahrzunehmen.<br />

Hilfreich waren dabei b<strong>und</strong>esweite „Modellvorhaben der Raumordnung“ (KlimaMORO), so in Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Brandenburg, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern <strong>und</strong> Sachsen.<br />

Auch <strong>die</strong> Wissenschaft meldet sich verstärkt zu Wort. So sind mehrere Publikationen der Akademie<br />

<strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung dem Thema <strong>Klimaanpassung</strong> gewidmet. Eine Arbeitsgruppe<br />

beschäftigte sich in den letzten Jahren unter anderem mit Planungs- <strong>und</strong> Steuerungsinstrumenten<br />

zum Umgang mit dem Klimawandel. Andere neuere Arbeiten behandeln Instrumente der regionalen<br />

Raumordnung <strong>und</strong> Raumentwicklung zur Anpassung an den Klimawandel (Fröhlich et al., 2011). Andere<br />

Akademien, so <strong>die</strong> Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften <strong>und</strong> <strong>die</strong> Deutsche<br />

Akademie der Technikwissenschaften (acatech), greifen das Thema aus einer interdisziplinären Perspektive<br />

auf.<br />

Im Hinblick auf <strong>die</strong> räumliche Planung <strong>und</strong> Entwicklung – verstanden <strong>als</strong> Akteur <strong>und</strong> Handlungsfeld –<br />

gilt es, vor allem drei <strong>Herausforderung</strong>en zu beachten: das heterogene Akteursspektrum, <strong>die</strong> Veränderung<br />

von Zeithorizonten <strong>und</strong> <strong>die</strong> Passfähigkeit von Instrumenten.<br />

Akteure<br />

Bei der <strong>Klimaanpassung</strong> ist von einem breiten Akteursspektrum auszugehen. Mindestens sechs „Akteursgruppen“<br />

lassen sich unterscheiden: Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Me<strong>die</strong>n, Zivilgesellschaft<br />

sowie Wissenschaft <strong>und</strong> Bildung. Diese haben eigene Interessen <strong>und</strong> Handlungslogiken. Ihre Einbindung<br />

in Prozesse der <strong>Klimaanpassung</strong> ist unterschiedlich, ebenso divergiert ihre Bereitschaft, sich zu<br />

engagieren. Und auch in sich sind <strong>die</strong> Akteursgruppen bei weitem nicht homogen. Dies zeigt sich unter<br />

anderem in den unterschiedlichen Zielsetzungen der einzelnen Fachverwaltungen oder es wird<br />

augenscheinlich in der Politik. Die Raumplanung <strong>als</strong> ein Akteur der Verwaltung ist <strong>als</strong>o bei weitem<br />

nicht der einzige Akteur im Feld der <strong>Klimaanpassung</strong>. Neben den sektoralen Planungs- <strong>und</strong> Fachbehörden,<br />

denen jeweils eigene Steuerungsinstrumente zur Verfügung stehen, spielen weitere Akteure<br />

aus Verwaltung, Wirtschaft <strong>und</strong> Zivilgesellschaft, von der Versicherungswirtschaft über den ehrenamtlichen<br />

Naturschutz bis hin zum Katastrophenschutz, eine große Rolle. Somit kann <strong>die</strong> Raumplanung<br />

auch nicht alleine „steuern“, sondern bestenfalls <strong>die</strong> Rolle eines Förderers von Kooperation <strong>und</strong> koordiniertem<br />

Handeln sowie eines Netzwerksbildners übernehmen. Sie kann eine Plattform bieten zur<br />

Diskussion, zum Interessenausgleich <strong>und</strong> zur Entwicklung von Strategien <strong>und</strong> Maßnahmen zur Anpassung<br />

an den Klimawandel. Dies steht im Kontrast zu ihrer traditionellen Aufgabe der Steuerung der<br />

Raumentwicklung durch Pläne <strong>und</strong> Programme <strong>und</strong> kommt ihrer Funktion <strong>als</strong> Auslöser <strong>und</strong> Gestalter<br />

von regionalen Entwicklungsprozessen entgegen.<br />

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