Ermüdung und Risikoverhalten - Deutsche Sporthochschule Köln

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Theoretischer Bezugsrahmen: Risiko und Ermüdung 38 darauf zu achten, für welchen Bereich der jeweilige Test gilt. Der Versuch, aus bereichsspezifischen Verfahren allgemeine Schlussfolgerungen zur Risikobereitschaft einer Person zu ziehen oder die Ergebnisse aus einem Bereich auf einen anderen zu übertragen, ist daher problematisch. Bei vielen der üblicherweise eingesetzten Paper-Pencil-Tests ist die mangelnde Realitätsnähe kritisch zu betrachten. Der Testteilnehmer erlebt die in den Fragebögen vorgegebenen Risikosituationen nicht real und seine Antworten haben in der Regel keine nachhaltigen Konsequenzen. Aus diesem Grund werden Entscheidungen bei der Beantwortung eines Fragebogens möglicherweise nicht so gewissenhaft getroffen, wie Entscheidungen in einer realen Risikosituation. Ein Rückschluss von Fragebogendaten auf tatsächliches Verhalten ist somit nur bedingt möglich. Die Notwendigkeit, situationsbezogene Messmethoden zu entwickeln, ist nahe liegend und wird von unterschiedlichen Wissenschaftlern gefordert (Häcker, 1993; Wilde, 1986). Neben der mangelnden Realitätsnähe vieler Fragebögen muss beim Einsatz dieser Instrumente zudem die Tendenz berücksichtigt werden, sozial erwünscht zu antworten. Speziell im Bereich der Erfassung von Risikobereitschaft kann es je nach Testsituation und Zielsetzung der Testung günstig erscheinen, sich entweder wenig risikobereit oder hoch risikobereit zu präsentieren. Zur Kontrolle dieser Tendenzen werden üblicherweise „Lügenskalen“ eingesetzt (vgl. Fisseni, 1997), wobei es nicht eindeutig geklärt ist, inwieweit diese die tatsächlich vorhandene Tendenz sozial erwünscht zu antworten, kontrollieren können. Bei der Beobachtung von Verhalten in Risikosituationen soll das Verhalten Rückschlüsse auf Risikobereitschaft zulassen. Dabei ist anzunehmen, dass insbesondere ein Rückschluss auf die situative Risikobereitschaft möglich ist, sich damit zusammenhängend aber auch Hinweise auf die stabile Risikobereitschaft einer Person ergeben. Die Unterscheidung von stabiler und situativer Risikobereitschaft wird in diesem Zusammenhang häufig nicht so deutlich

Theoretischer Bezugsrahmen: Risiko und Ermüdung 39 getroffen. Es wird vielfach allgemein von Risikobereitschaft gesprochen, mit der häufig die eher stabile Form direkt in Verbindung gebracht wird. Zur Beobachtung von Verhalten in Risikosituationen wurden entsprechende Verhaltenstests entwickelt und eingesetzt, von denen man sich objektivere Ergebnisse verspricht. So beschreibt Häcker (1993), dass in der Untersuchungssituation beispielsweise experimentelle Glücksspiele konzipiert oder Miniatur-Situationen simuliert werden, in denen sich die Versuchperson mit risikoreichen Situationen auseinandersetzen muss. In der Forschung finden sich neben den erwähnten Spielsituationen unter anderem finanzielle, betriebswirtschaftliche Planspiele oder Simulationen von Verkehrssituationen (vgl. z.B. Günther & Limbourg, 1976; Tränkle, 1988). Hier lassen sich auch Computersimulationstests anführen, wie sie beispielsweise Hergovich und Schuster (Wiener Risikobereitschaftstest, WRBT, 2003) oder Guttmann und Bauer (Risikowahlverhalten, RISIKO, 2004) entwickelt haben, in denen die Risikobereitschaft durch objektiv erfasstes Entscheidungsverhalten am Computer abgebildet werden soll. Solche Simulationstests bilden die Realität eher ab als Fragebögen, die lediglich die Vorstellung des Verhaltens erfassen. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass das tatsächlich gezeigte Verhalten neben persönlichkeitsbezogenen Faktoren auch situative Einflüsse stärker berücksichtigt. Entsprechend werden in der Laborforschung häufig Glücksspielsituationen mit tatsächlichen Gewinnen und Verlusten für die Probanden nachgestellt (vgl. z.B. Lamm, Burger, Füchsle & Trommsdorff, 1979). So ist das Risiko in der Testsituation real gegeben. Die Beobachtung von Verhalten kann nach Fisseni (1997) nicht nur in künstlichen, sondern auch in natürlichen Situationen stattfinden. Dies findet man auch in verschiedenen Untersuchungen, in denen keine speziellen Simulationstests eingesetzt werden, sondern bestimmtes gezeigtes Verhalten erfasst (z.B. Fahrverhalten im Straßenverkehr) und mit unterschiedlichen

Theoretischer Bezugsrahmen: Risiko <strong>und</strong> <strong>Ermüdung</strong> 38<br />

darauf zu achten, für welchen Bereich der jeweilige Test gilt. Der Versuch, aus<br />

bereichsspezifischen Verfahren allgemeine Schlussfolgerungen zur<br />

Risikobereitschaft einer Person zu ziehen oder die Ergebnisse aus einem Bereich<br />

auf einen anderen zu übertragen, ist daher problematisch.<br />

Bei vielen der üblicherweise eingesetzten Paper-Pencil-Tests ist die<br />

mangelnde Realitätsnähe kritisch zu betrachten. Der Testteilnehmer erlebt die in<br />

den Fragebögen vorgegebenen Risikosituationen nicht real <strong>und</strong> seine Antworten<br />

haben in der Regel keine nachhaltigen Konsequenzen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> werden<br />

Entscheidungen bei der Beantwortung eines Fragebogens möglicherweise nicht<br />

so gewissenhaft getroffen, wie Entscheidungen in einer realen Risikosituation. Ein<br />

Rückschluss von Fragebogendaten auf tatsächliches Verhalten ist somit nur<br />

bedingt möglich. Die Notwendigkeit, situationsbezogene Messmethoden zu<br />

entwickeln, ist nahe liegend <strong>und</strong> wird von unterschiedlichen Wissenschaftlern<br />

gefordert (Häcker, 1993; Wilde, 1986).<br />

Neben der mangelnden Realitätsnähe vieler Fragebögen muss beim Einsatz<br />

dieser Instrumente zudem die Tendenz berücksichtigt werden, sozial erwünscht zu<br />

antworten. Speziell im Bereich der Erfassung von Risikobereitschaft kann es je<br />

nach Testsituation <strong>und</strong> Zielsetzung der Testung günstig erscheinen, sich entweder<br />

wenig risikobereit oder hoch risikobereit zu präsentieren. Zur Kontrolle dieser<br />

Tendenzen werden üblicherweise „Lügenskalen“ eingesetzt (vgl. Fisseni, 1997),<br />

wobei es nicht eindeutig geklärt ist, inwieweit diese die tatsächlich vorhandene<br />

Tendenz sozial erwünscht zu antworten, kontrollieren können.<br />

Bei der Beobachtung von Verhalten in Risikosituationen soll das Verhalten<br />

Rückschlüsse auf Risikobereitschaft zulassen. Dabei ist anzunehmen, dass<br />

insbesondere ein Rückschluss auf die situative Risikobereitschaft möglich ist, sich<br />

damit zusammenhängend aber auch Hinweise auf die stabile Risikobereitschaft<br />

einer Person ergeben. Die Unterscheidung von stabiler <strong>und</strong> situativer<br />

Risikobereitschaft wird in diesem Zusammenhang häufig nicht so deutlich

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