Ermüdung und Risikoverhalten - Deutsche Sporthochschule Köln

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Theoretischer Bezugsrahmen: Risiko und Ermüdung 16 ausgegangen werden, dass objektive und rationale Entscheidungen am ehesten dann möglich sind, wenn man selbst nicht direkt von der Risikoentscheidung und einem möglichen Gewinn oder Verlust betroffen ist. Im weiteren Verlauf der Theorieentwicklung wurden daher als zusätzliche Variablen der subjektiv erwartete Nutzen und die subjektiv geschätzte Eintretenswahrscheinlichkeit einer der Alternativen in diese Modelle integriert (vgl. Beckmann & Heckhausen, 2006; Huber, 2004). Dennoch darf nicht davon ausgegangen, dass der Entscheidungsprozess subjektiv immer ähnlich ausfällt. Kahneman und Tversky (1984) führen beispielsweise an, dass derselbe monetäre Betrag, wenn man ihn verliert einen höheren negativen Wert hat, als einen positiven Wert, wenn man ihn gewonnen hat. Demnach kann man im Bereich der Verluste von einer Risikomeidung sprechen, während im Bereich der Gewinne eine Risikosuche vorhanden ist (Kahneman & Tversky, 1984, 2000). Bereits an dieser Stelle wird deutlich, dass die Vorhersage von Verhaltensentscheidungen sehr komplex ist und viele Unklarheiten beinhaltet. So führen Beckmann und Heckhausen (2006) an, dass Wahrscheinlichkeit und Nutzen möglicherweise nicht multiplikativ miteinander verknüpft sind oder dass Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeit unter Umständen nicht einfach komplementär miteinander verknüpft sind, sondern gewichtet werden müssten. Diese Komplexität findet sich auch im Bereich der Anspruchsniveausetzung. Nach Hoppe (1930, S. 10) handelt es sich beim Anspruchsniveau um die „Gesamtheit dieser mit jeder Leistung sich verschiebenden, bald unbestimmteren, bald präziseren Erwartungen, Zielsetzungen und Ansprüche an die zukünftige eigene Leistung.“ Durch das Anspruchsniveau wird ein bestimmtes Ziel festgelegt, weshalb die Anspruchsniveausetzung als Wahl zwischen verschiedenen Alternativen verstanden werden kann. Dabei kann es sich beispielsweise um die Auswahl einer zu bearbeitenden Aufgabe aus unterschiedlichen komplizierten Aufgaben handeln. Eine Veränderung der Leistung geht mit einer Veränderung

Theoretischer Bezugsrahmen: Risiko und Ermüdung 17 des Anspruchsniveaus einher. Umgekehrt ist das Anspruchsniveau wiederum relevant für die Beurteilung einer Leistung. Im Falle einer gegebenen Risikosituation bedeutet das, dass die bisherigen Erfahrungen eines Individuums in einer entsprechenden Situation an der Anspruchsniveausetzung beziehungsweise an der Definition eines zu erreichenden Zieles beteiligt sind. Hat eine Person in einer vorher erlebten vergleichbaren Risikosituation aufgrund einer bestimmten Art des Handelns bereits positive Erfahrungen gesammelt, wird dies ihre Erwartung beeinflussen, auch in der aktuellen Situation durch ihr Handeln ein angestrebtes erwünschtes Ergebnis zu erzielen oder aufgrund ihrer Erfahrung sogar zu überbieten. Im Gegensatz dazu wird jemand, der noch keinerlei vergleichbare Risikosituation erlebt und demnach keinerlei Hinweise für adäquates Verhalten hat, möglicherweise vorsichtiger an die Einschätzung eines vermeintlich erreichbaren Ergebnisses herangehen und sich aufgrund der Unsicherheit ein geringeres Ziel setzen. Die Festsetzung eines Anspruchniveaus wird in der Theorie der resultierenden Valenz von Lewin, Dembo, Festinger und Sears (1944) aufgegriffen. Eine wesentliche Annahme der Theorie ist, dass jeder Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe eine positive Valenz für den Fall des Erfolgs und eine negative Valenz für den Fall des Misserfolgs hat. Die positive Valenz des Erfolgs steigt mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad an, die negative Valenz des Misserfolgs steigt mit abnehmendem Schwierigkeitsgrad. Neben der Valenz spielt auch die subjektive Wahrscheinlichkeit von Erfolg und Misserfolg eine Rolle. Es gilt, je unwahrscheinlicher ein Erfolg ist, desto höher wird er bewertet. Übertragen auf den Bereich des Risikos bedeutet das konkret, je unwahrscheinlicher es in einer gegebenen Risikosituation ist, ein gewünschtes Handlungsziel zu erreichen, desto höher wird die Zielerreichung bewertet. Laut der Theorie der resultierenden Valenz wird jene Aufgabe gewählt, bei der die Summe der gewichteten Erfolgs- und Missverfolgsvalenzen maximal ist.

Theoretischer Bezugsrahmen: Risiko <strong>und</strong> <strong>Ermüdung</strong> 17<br />

des Anspruchsniveaus einher. Umgekehrt ist das Anspruchsniveau wiederum<br />

relevant für die Beurteilung einer Leistung. Im Falle einer gegebenen<br />

Risikosituation bedeutet das, dass die bisherigen Erfahrungen eines Individuums<br />

in einer entsprechenden Situation an der Anspruchsniveausetzung<br />

beziehungsweise an der Definition eines zu erreichenden Zieles beteiligt sind. Hat<br />

eine Person in einer vorher erlebten vergleichbaren Risikosituation aufgr<strong>und</strong> einer<br />

bestimmten Art des Handelns bereits positive Erfahrungen gesammelt, wird dies<br />

ihre Erwartung beeinflussen, auch in der aktuellen Situation durch ihr Handeln ein<br />

angestrebtes erwünschtes Ergebnis zu erzielen oder aufgr<strong>und</strong> ihrer Erfahrung<br />

sogar zu überbieten. Im Gegensatz dazu wird jemand, der noch keinerlei<br />

vergleichbare Risikosituation erlebt <strong>und</strong> demnach keinerlei Hinweise für adäquates<br />

Verhalten hat, möglicherweise vorsichtiger an die Einschätzung eines vermeintlich<br />

erreichbaren Ergebnisses herangehen <strong>und</strong> sich aufgr<strong>und</strong> der Unsicherheit ein<br />

geringeres Ziel setzen.<br />

Die Festsetzung eines Anspruchniveaus wird in der Theorie der<br />

resultierenden Valenz von Lewin, Dembo, Festinger <strong>und</strong> Sears (1944)<br />

aufgegriffen. Eine wesentliche Annahme der Theorie ist, dass jeder<br />

Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe eine positive Valenz für den Fall des Erfolgs <strong>und</strong><br />

eine negative Valenz für den Fall des Misserfolgs hat. Die positive Valenz des<br />

Erfolgs steigt mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad an, die negative Valenz des<br />

Misserfolgs steigt mit abnehmendem Schwierigkeitsgrad. Neben der Valenz spielt<br />

auch die subjektive Wahrscheinlichkeit von Erfolg <strong>und</strong> Misserfolg eine Rolle. Es<br />

gilt, je unwahrscheinlicher ein Erfolg ist, desto höher wird er bewertet. Übertragen<br />

auf den Bereich des Risikos bedeutet das konkret, je unwahrscheinlicher es in<br />

einer gegebenen Risikosituation ist, ein gewünschtes Handlungsziel zu erreichen,<br />

desto höher wird die Zielerreichung bewertet. Laut der Theorie der resultierenden<br />

Valenz wird jene Aufgabe gewählt, bei der die Summe der gewichteten Erfolgs-<br />

<strong>und</strong> Missverfolgsvalenzen maximal ist.

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