12.07.2015 Aufrufe

braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042675304 Rezensionen und Anzeigenradikal, da 1947 etwa 21 Prozent der Studierenden aus der SBZ oder den ehemaligen deutschenOstgebieten kamen (S. 90). Breit war aufgrund der Einbindung der meisten Studentenin den Krieg auch das Altersspektrum, das von den Geburtsjahrgängen 1910 bis 1930reichte. Das durchschnittlich höhere Alter war zusammen mit der wirtschaftlichen Lageausschlaggebend dafür, daß die Studenten ihre Hochschulzeit nicht als Phase persönlicherOrientierung auffaßten (S. 99). Der Frauenanteil war in <strong>Braunschweig</strong> als einer TH traditionellgering und ging in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre sogar noch von 10 auf 5Prozent zurück, da der gesellschaftliche Rückgriff auf das konservative Familienbild einFrauenstudium nicht vorsah (S. 111). Der Ausländeranteil betrug einige Jahre lang durchdas aufgrund einer Auflage der Besatzungsmacht mit einer Quote gesicherte Studium derDisplaced Persons um fünf Prozent (also geringer als in den zwanziger Jahren), sank aberbald auf ein Prozent ab und war stets Anlaß zu Spannungen und tätlichen Übergriffen(S. 128). Bezeichnenderweise wurden ausländische Studenten auch von der Mitarbeit inder Studentenschaft ausgeschlossen (S. 132). Der AStA (S. 129-181) wurde auf Betreibender Hochschulleitung neubegründet. Ziel war dabei allerdings weniger ein "kontrollierterdemokratischer Aufbruch" (so die Kapitelüberschrift) als eine effiziente und begrenzteMitwirkung zur Lösung der sozialen und wirtschaftlichen Probleme der Studenten, wobeidie Studentenvertreter trotz der allgemein geringen Neigung zum Engagement für allgemeineAngelegenheiten auch einige Erfolge erzielten. Die Kompetenzen waren eng begrenzt,indem die Hochschulleitung eine verantwortliche Mitarbeit der Studenten vertreterim Hochschulsenat verweigerte und andererseits dem Senat das Recht vorbehielt, denAStA aufzulösen. Anscheinend war die <strong>Braunschweig</strong>er TH hit:r besonders zurückhaltend,denn anders als an anderen TH mußten sich hier die Studenten selbst ihre Mitwirkung imAkademischen Hilfswerk erst erstreiten (S. 253 f.). Die Vorsicht war allerdings unnötig,denn bis in die 60er Jahre hinein befand sich der AStA in einem "nationalkonservativenGrundkonsens" mit der Hochschulleitung (S. 146). Daher war der AStA auch keineswegsunpolitisch, wie die Einrichtung des "Amts für gesamtdeutsche Studentenfragen" zeigte.Allerdings blieb der AStA der TH anläßlich der Schlüter-Affäre trotz des Rücktritts des<strong>Braunschweig</strong>er Rektors passiv (S. 236). Auf der Suche nach einem "zeitgemäßen" Gemeinschaftslebenorientierten sich die Studenten mangels anderer Vorbilder vielfach anden hergebrachten Verbindungen, übernahmen aber auch nicht alle Traditionen wie Farbentragenund Bestimmungsmensur. Die sozialistische Hochschulgruppe (SDS) blieb dagegenin einer Außenseiterrolle (S. 243). Das letzte Kapitel beschreibt nicht nur die wirtschaftlicheLage der Studenten (Essen, Unterkunft und finanzielle Lage) sondern mehrnoch die Versuche der Universität und der Studentenschaft, hier Besserung zu schaffen.Relativ lange wurden in <strong>Braunschweig</strong> Bemühungen unterlaufen, in Studentenwohnheimenneue Wohnformen zu erproben. Stattdessen förderte man hier lediglich den Wohnheimbauder Korporationen (S. 267 ff.). Interessant ist, auch am Beispiel dieser Dissertationzu sehen, wie sehr bestimmte Werte in der NS-Zeit diskreditiert wurden. So bezeichnetder insgesamt überaus sachliche Autor die Begriffe "anständig", "ehrenhaft", "akademisch"und "gesellschaftlich korrekt" aus den Satzungen studentischer Vereinigungen als"Bestandteile einer Kultur von rechts" (S. 211). Eine Schwierigkeit, die nicht der Autor zuvertreten hat, liegt darin, daß zwar zur Geschichte der deut~chen Studenten in der NS-Zeitviele Arbeiten vorliegen, nicht jedoch für die TH <strong>Braunschweig</strong>, wohl auch aufgrund derschwierigen Quellenlage (S. 17). So kann der Autor die NS-Zeit nur mittelbar in den Blicknehmen, ohwohl er Kontinuitätcn untersucht. Insgesamt eine sehr sorgfältige und gut lesbareStudie zur Geschichte der Technischen Universität <strong>Braunschweig</strong>.Stefan Brüdermann

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!