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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042675104 Kurt Seilein der die Bindung an die Nation und die Loyalität ihr gegenüber zu den höchstenWerten außerhalb der Religion gehört, die im Gegensatz zu den Bindungen an Stand,Volksstamm oder Dynastie steht. Anders als in der Philosophie der Aufklärung verstehtsich der Bürger nicht als Glied der Menschheit, als Weltbürger. Vielmehr findetder einzelne seinen über die Einzelperson hinausgehenden Zusammenhang in derNation, er identifiziert sich mit ihrer geschichtlichen und kulturellen Überlieferung.Die Nation gibt seinem Leben einen Sinn.Auch schon vor dem 19. Jahrhundert gab es das Empfinden, ein Deutscher zu sein.Aber das war eher ein selbstverständliches Gefühl, das sich ohne Nachdenken einstellte,wenn man sich mit anderen verglich. In der 2.lIälfte des 18. Jahrhunderts kamin der Bildungsschicht das Bewußtsein einer eigenen nationalen Kultur aus der Abwehrgegen die Vorherrschaft des Französischen auf. Kultur wurde als gemeinsamesGut der Deutschen angesehen, das national geprägt war 9 •Johann Gottfried Herder, der Philosoph und Theologe (1744-1803), hat danndem Nationalgefühl einen starken Impuls gegeben. Zum einen machte er deutlich,daß die Sprache ein System der Weltaneignung und -deutung bildet, das den Menschenprägt. Zum anderen findet sich das Volk seiner Ansicht nach nicht in der hohenKultur herausgehobener Schichten wieder, sondern in den elementaren Ausdrucksformender einfachen Menschen. Die Menschheit existiert nur in Völkern, die jeweilsihren eigentümlichen Beitrag zur Entfaltung der Menschheit leisten. Der einzelneMensch formt seine Humanität, indem er seine Nationalität ausprägt. Die Deutschensind durch Sprache, Lebens- und Ausdrucksformen und Geschichte ein Volk. Es istwichtig, das nationale Selbstverständnis nicht nur zu erkennen, sondern zu wollen undweiterzuentwickeln.Der sozialgeschichtliche Hintergrund für dies neue Selbstverständnis der Bildungsschichtist im wirtschaftlichen und sozialen Wandlungsprozeß dieser Zeit zu finden.Wirtschaftliche und rationale Gesichtspunkte bestimmten das Leben lO •Der Verlust an Gemeinsamkeit in der Tradition führte zu einem Defizit an Identität.Deshalb gewann die sich auf die gemeinsame Sprache, Geschichte und Kulturgründende Nation so viel an Bedeutung und gab den sich vereinzelnden, "entwurzelten"Individuen in einer versachlichten Welt die Möglichkeit zur Integration undIdentifikation. Die Hinwendung zur Nation entstand aus einem inneren Bedürfnis ll .Von der Französischen Revolution erhielt der Nationalismus noch einen weiterenImpuls: 1789 hatten sich die Bewohner der französischen Provinzen gegen alle regionalen,ständischen und religiösen Besonderheiten zu einem Staatsvolk zusammenge-Fmnkfurt 1996, S. 127) . • I:;s bedurfte einer Reihe unglücklicher Verkettungen und Verbindungen, -Machtstaat und Nationalstaat, Klassenherrschaft und demokratisches Heer, konkurrierende Ansprücheauf einem und demselben Boden -, um aus der Nationalgesinnung, so wie sie zu Beginn des ]9.Jahrhunderts erschien, den aggressiven unterdrückenden, menschheitsfeindlichen Nationalismus zumachen" (MANN, S. 86).Q NIPPEROH, S. 301.10 Vgl. Hajo HOLBORN, Deutsche Gesch. der Neuzeit, Bd. 11, München 1970, S. 228 ff.; MAN!

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