CL 43 - Cthulhus Ruf
CL 43 - Cthulhus Ruf
CL 43 - Cthulhus Ruf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
»Der Sultan ist verhindert?«, fragt Ignatius ohne Rücksicht auf einen diplomatischen<br />
Fehltritt nach.<br />
»Nein, aber er möchte, dass ich Euch begleite«, sagt sie, dreht sich, ohne eine Antwort<br />
abzuwarten, um und geht. Ignatius steht mit offenem Mund in der Tür, zögert und folgt ihr<br />
dann.<br />
Auf dem Weg mit der Dampfdroschke durch die engen, staubigen Gassen Marrakeschs kann<br />
Ignatius seine tastenden Blicke über das Antlitz Suleikas nicht verhindern. Suleika sitzt still<br />
und erhaben, den Blick aus dem Fenster gewandt, vor ihm. Woher bloß? Es lässt ihm keine<br />
Ruhe, er kann sich nicht einmal, wie von ihm beabsichtigt, den Weg zur Grabstelle merken.<br />
Woher kenne ich sie? Die Droschke hält zischend, Ignatius wird aus seinen Überlegungen<br />
gerissen und steigt, Suleika folgend, aus. Weiß getünchte Wohnhäuser strahlen im Schein<br />
der Sonne, Hühner stieben auseinander und Wäsche hängt als bunte Flecken über der Gasse<br />
zum Trocknen aus. Ignatius hat etwas anderes erwartet, er blickt fragend zu Suleika, die<br />
zielstrebig auf ein Haus zugeht und im offen stehenden Eingang verschwindet. Ignatius folgt<br />
ihr. Ein einfacher Raum mit einem niedrigen Tisch. Zwei Männer sehen über ihren<br />
Teetassen auf und nicken Suleika zu, ohne sich zu erheben.<br />
»Folgt mir!«, fordert sie ihn auf, ihr hinter einem Vorhang eine nach unten führende Treppe<br />
ins Dunkel nachzugehen. Es ist deutlich kühler hier, Ignatius hört ein kurzes Zischen und<br />
augenblicklich flackert das Licht einer Öllaterne auf. Er blinzelt, um sich an das Licht zu<br />
gewöhnen, eine zweite Lichtquelle erwacht, seine Augen erfassen einen Raum. Ein<br />
schlichtes Bett steht vor ihm, daneben eine Anrichte. In dem Bett liegen die Gebeine eines<br />
Menschen, die Gebeine der Göttin, die Gebeine von …<br />
Ignatius stöhnt auf, fasst sich an die Brust und starrt auf einen Ring an dem Fingerknochen<br />
der Verstorbenen. Er starrt auf einen gewundenen Stab auf der Anrichte, auf ein<br />
zusammengelegtes Gewand und rezipiert die Worte im Brief Lukas:<br />
Und Lucardus ging, mit nichts weiter als seinem Stab und seinem Gewand, um die Botschaft<br />
zu verkünden. Und er wandte sich um und sagte: Wohin ich auch gehe, mein Geist wird<br />
zurückkehren.<br />
Ignatius atmet laut aus, sein Blick erfasst ein weiteres Mal das liegende Skelett, den<br />
Schädel, den Brustkorb, die Beckenknochen.<br />
»Das ist Eure Göttin?«, fragt er, seine Stimme klingt rau.<br />
»Das ist unsere Göttin, sie starb hier in diesem Haus. Kurz nach ihrer Niederkunft«,<br />
antwortet Suleika hinter ihm stehend.<br />
Ignatius nickt, den Zusatz nicht sofort registrierend, überlegt, und ein Schauer durchfährt<br />
ihn.<br />
»Niederkunft?«, haucht er die Frage.<br />
»Sie gebar einen Sohn und eine Tochter, die Gründer des heutigen Sultanats.«<br />
Ignatius schluckt trocken, dreht sich um und geht.