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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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85ihm: „Sag mir doch, Fre<strong>und</strong>, wo du jenes Erz gef<strong>und</strong>en hast."Der Fischer antwortet: „Dort drüben <strong>in</strong> dem Berge hab ich zweiBlöcke gelassen, die waren so groß, daß ich sie alle<strong>in</strong> nicht tragen<strong>und</strong> auch nicht wegwälzen konnte." Darauf spricht der Adlige:„Zeige sie mir, <strong>und</strong> ich will dich gut belohnen." Der Fischerspricht: „Das hab ich mir gewünscht; ich werde mit dir gehen."Und sie g<strong>in</strong>gen zusammen h<strong>in</strong> <strong>und</strong> fanden die Stelle, <strong>und</strong> derAdlige gab dem Fischer se<strong>in</strong>en Lohn, <strong>und</strong> sie trugen geme<strong>in</strong>samdas Gold fort. So wird der Adlige reich <strong>und</strong> kauft sich Güter<strong>und</strong> Besitzungen. Se<strong>in</strong>e Töchter aber br<strong>in</strong>gt er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Klosterder seligen Jungfrau Maria unter. Und er, dem die selige Jungfrauso viel geschenkt hat, baut e<strong>in</strong>e Kirche von Gr<strong>und</strong> auf <strong>und</strong>besetzt das Kloster mit e<strong>in</strong>er großen Anzahl Nonnen, macht reicheStiftungen <strong>und</strong> stattet das Kloster reich aus. In der Hauptkircheaber stiftet er e<strong>in</strong> goldenes Kreuz, <strong>und</strong> den Armen spendet erzahllose Almosen; dann begibt er sich auf die Wallfahrt nachJerusalem, um das Grab <strong>des</strong> Herrn zu besuchen. Als er heimgekehrtist, stirbt er <strong>in</strong> großen Ehren, <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Leib ruht <strong>in</strong> derHauptkirche vor dem goldenen Kruzifixe, das er gestiftet hat.74.Wie e<strong>in</strong>e Nonne durch e<strong>in</strong> Traumgesicht bekehrt wurde.E<strong>in</strong>st lebte e<strong>in</strong>e Nonne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kloster, die e<strong>in</strong> sehr tugendhaftesLeben führte. Seit ihrer K<strong>in</strong>dheit verehrte sie die seligeJungfrau Maria, <strong>und</strong> oft nahm sie Marias Schutz <strong>in</strong> ihren Nöten<strong>und</strong> ihre Förderung im frommen Leben wahr. Der alte Widersacheraber, der mit Neid auf die Werke der Tugend blickt, derTeufel, entzündete bei ihrem Anblick das Herz e<strong>in</strong>es vornehmen<strong>und</strong> mächtigen Mannes zu sündhafter Leidenschaft. Und er tratmit Lockungen <strong>und</strong> Versprechungen an sie heran, um sie zu bestimmen,se<strong>in</strong> Weib zu werden. Der Teufel aber, der Vater allerFreveltaten, entflammt <strong>in</strong> beiden die Leidenschaft immer heftiger.Was braucht's vieler Worte! Von den Lockungen verführt willigtdie Nonne dare<strong>in</strong> e<strong>in</strong>, um irdischer Lust willen dem ewigen Lebenzu entsagen, <strong>und</strong> beschließt ihr Verderben, <strong>und</strong> nichts fehlt mehr,um den Frevel zu vollführen, als e<strong>in</strong>e günstige Gelegenheit. Beide

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