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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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50wortet ihm : „Ich sah e<strong>in</strong>en fürchterlichen Teufel auf e<strong>in</strong>er Stangesitzen, der e<strong>in</strong>e mächtige Kuhhaut trug; <strong>und</strong> darauf schrieb eralle Worte, die die Menschen zue<strong>in</strong>ander im Verlaufe der Messeredeten. Aber die Leute schwätzten soviel mite<strong>in</strong>ander, daß esnicht auf der gewaltigen Kuhhaut Platz hatte. Da wollte derTeufel die Haut dehnen <strong>und</strong> zerrte an ihr mit den Zähnen; <strong>und</strong>als er allzu stark daran zog, da zerriß sie, <strong>und</strong> der Teufel fielvon der Stange. Darüber mußte ich lachen." Hütet euch also<strong>und</strong> habt Ehrfurcht vor der Stätte <strong>des</strong> Herrn; denn dort weiltGott mit all se<strong>in</strong>en Engeln <strong>und</strong> Heiligen.34.Der König im Bade.Man liest, daß e<strong>in</strong>st <strong>in</strong> Hibernia e<strong>in</strong> König lebte, der jenenVers im Lobgesange der heiligen Jungfrau mißachtete: „DieMächtigen hat er von ihren Sitzen gestürzt." Und er lehnte sichstolzen S<strong>in</strong>nes dagegen auf <strong>und</strong> sprach, er sei so geschützt, so vonMauern <strong>und</strong> Rittern umgeben <strong>und</strong> verteidigt, daß ihn Gott nichtvon se<strong>in</strong>em Throne stürzen könne. Mit solcher gotteslästerlicher<strong>und</strong> hochfahrender Ges<strong>in</strong>nung verband sich bei ihm noch Unlauterkeit<strong>des</strong> Herzens, <strong>und</strong> das Recht fand vor se<strong>in</strong>em Richterstuhle ke<strong>in</strong>enSchutz. Als nun dieser hoffärtige König e<strong>in</strong>mal im Bade saß, trate<strong>in</strong> Jüngl<strong>in</strong>g an ihn heran, erhob se<strong>in</strong>e Hand gegen se<strong>in</strong> Angesicht<strong>und</strong> wandelte es derart, daß er fortan nicht mehr wie derKönig aussah, sondern e<strong>in</strong> ganz anderer Mensch zu se<strong>in</strong> schien.Und der Jüngl<strong>in</strong>g g<strong>in</strong>g davon, <strong>und</strong> das Gefolge hielt ihn für denKaiser <strong>und</strong> diente ihm. Der wirkliche König aber blieb nochlänger im Bade, aber niemand bediente ihn. Da erhob er sich<strong>und</strong> verlangte se<strong>in</strong>e Kleider. Der Badediener aber sprach zuihm, wenn er Kleider habe, so solle er sie sich selbst nehmen.Da er jedoch weder se<strong>in</strong>e Kleider noch se<strong>in</strong> Gefolge erblickte,begann er über die verächtliche Behandlung, die er erfuhr,zornig zu werden <strong>und</strong> stieß Drohungen aus. Doch nun hieltenihn alle, die im Bade waren, für e<strong>in</strong>en Menschen, der den Verstandverloren habe, <strong>und</strong> bewarfen ihn mit Schmutz <strong>und</strong> gabenihm Ohrfeigen <strong>und</strong> jagten ihn aus dem Badehause h<strong>in</strong>aus. Dalief er nun nackt durch die Straßen, <strong>und</strong> h<strong>in</strong>ter ihm liefen die

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