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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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48bei e<strong>in</strong>em Kirchhofe vorbei, auf dem e<strong>in</strong> Mönch predigte. Als derGraf das hört, spricht er zu se<strong>in</strong>en Begleitern: „Wir wollen hören,was der Tor hier für Neuigkeiten erzählt." Der Mönch aber kommtzu den Worten: „Gott schickte se<strong>in</strong> Wort den Sündern als Heilmittel."Da spricht der Graf: „Wir wollen von den Pferdensteigen <strong>und</strong> hören, <strong>in</strong> welcher Weise dies Heilmittel e<strong>in</strong>genommenwerden muß." Der Prediger aber fährt fort: „Zu der St<strong>und</strong>e, <strong>in</strong>der der Sünder erseufzt, wird er gerettet werden." Bei diesenWorten überkommt den Grafen Reue, <strong>und</strong> nach der Predigt gehter zu dem Priester h<strong>in</strong> <strong>und</strong> spricht: „Ist es denn wahr, daß Gottden Sünder nicht verstoßen will?" Und der Priester antwortet:„Er verstößt ihn sicherlich nicht." Da ruft der Graf: „Heute entsageich me<strong>in</strong>en Sünden, <strong>und</strong> ich will Buße tun nach eurem Rate."Der Priester aber gibt ihm den Rat, zunächst allen, die erschädigte, vollen Schadenersatz zu leisten, von dem Rest se<strong>in</strong>esVermögens aber e<strong>in</strong>e Kirche zu errichten. Das tut der Graf auch,<strong>und</strong> <strong>in</strong> der Kirche lebt er im Gewände e<strong>in</strong>es Mönches als Büßerbis zu se<strong>in</strong>em Tode. Als er aber gestorben war, da bauten Engelüber se<strong>in</strong>em Grabe e<strong>in</strong> herrliches Grabmal, <strong>und</strong> darauf fand mane<strong>in</strong>e kreisförmige Inschrift, die lautete: „Der Herr sandte se<strong>in</strong>Wort <strong>und</strong> heilte ihn <strong>und</strong> entriß ihn se<strong>in</strong>em Verderben."31.Von dem Werte <strong>des</strong> freiwilligenGehorsams.Man liest im Leben der Väter, daß e<strong>in</strong>st e<strong>in</strong> frommer Mannlebte, der se<strong>in</strong> Leben so führen wollte, daß er <strong>in</strong>s himmlischeVaterland käme. Und es kam ihm der Gedanke, daß es wohlnichts Besseres gäbe, als der Welt zu entfliehen <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klausezu leben. Das tat er auch. Die Nachbarn aber, die sahen, daßer e<strong>in</strong> so guter Mensch war, kamen <strong>und</strong> brachten ihm Speise.Und als er dort lange gelebt hatte, rief ihm e<strong>in</strong>e Stimme vomHimmel zu: „Heil dir, gemästetes Schwe<strong>in</strong>!" Der Klausner merkte,daß ihn diese Stimme wegen der Behaglichkeit tadelte, <strong>in</strong> der erdah<strong>in</strong>lebte, <strong>und</strong> verließ se<strong>in</strong>e Klause <strong>und</strong> begab sich auf dieWanderschaft, um von nun an die Ruhe zu fliehen. Und wiederrief die Stimme vom Himmel: „Heil dir, irren<strong>des</strong> Schaf! In der

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