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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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31der Knabe fort: „Bete also." Und als sie es hergesagt hatte <strong>und</strong>zuden Schlußworten kam: Gebenedeit ist die Frucht de<strong>in</strong>es Leibes,da sprach der Knabe : „Das b<strong>in</strong> ich." Darauf verschwand er. DasWeib aber rief im Übermaß ihrer Freude: „Kehre zurück, süßerKnabe; komm zurück, du liebster Knabe!" Das rief sie dreißig Tageh<strong>in</strong>durch. Dann kam Jesus mit e<strong>in</strong>er Engelschar <strong>und</strong> sprach: „Duhast mich zurückgerufen; siehe, hier b<strong>in</strong> ich. Du aber sollst mirfolgen <strong>und</strong> bei mir bleiben <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Reiche." Und die Engelschartrug ihre begnadete Seele zum Himmel.13.Von dem unseligen Tode e<strong>in</strong>es Ma<strong>in</strong>zer Bischofs.Gott warnt die Menschen, damit sie nicht <strong>in</strong> ihren Sündensterben. Man liest, daß <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z e<strong>in</strong>st e<strong>in</strong> Bischof lebte, der vorden Eichterstuhl Gottes entrückt wurde. Und siehe, es kamen dieheiligen Engel herbei <strong>und</strong> klagten ihn wegen mannigfacher Verbrechenan. Zum Schluß kam auch die s'elige Jungfrau, die vorGott schwere Klagen darüber vorbrachte, daß der Bischof zur Gewohnheithatte, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Unterhaltungen gotteslästerliche <strong>und</strong> unehrerbietigeReden zu führen. Und alsbald erhielt er se<strong>in</strong> Urteil:wenn er sich nicht besserte, dann würde er <strong>in</strong> drei Tagen se<strong>in</strong>Haupt verlieren <strong>und</strong> bis zum Tage <strong>des</strong> jüngsten Gerichtes <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em Brunnen voll Feuer <strong>und</strong> Gestank gepe<strong>in</strong>igt werden. DiesesGesicht erzählte der Bischof se<strong>in</strong>en Kaplänen; doch sie verspottetenihn <strong>und</strong> sprachen, nur alte Weiber kümmerten sich umihre Träume, <strong>und</strong> es hieße <strong>in</strong> der Schrift: Lege auf Träumeke<strong>in</strong>en Wert. Der Unglückliche ließ sich wirklich beschwichtigen.Als er aber drei Tage später auf dem Söller <strong>in</strong> Gedanken auf <strong>und</strong>ab g<strong>in</strong>g, setzte er se<strong>in</strong>en Fuß auf e<strong>in</strong>e Latte, die nicht festgenageltwar, <strong>und</strong> stürzte h<strong>in</strong>ab, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e andere Latte, die herunterfiel,schlug ihm das Haupt ab. So endete er, <strong>und</strong> es erfüllte sich anihm das Wort <strong>des</strong> Anseimus : „So, o Herr, beflecken wir uns amSchmutze der Sünden <strong>und</strong> merken nicht, wie sich uns das Antlitzde<strong>in</strong>erBamherzigkeit verbirgt."

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