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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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27e<strong>in</strong>en Kreis auf dem Fußboden; dann verschwand sie. An jenerStelle aber blieb e<strong>in</strong> so herrlicher Wohlgeruch zurück, daß vielevon diesem Dufte ges<strong>und</strong>eten.9.Frau Welt.Man liest <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Briefe Alexanders, daß e<strong>in</strong> Kleriker lebte,der ganz <strong>und</strong> gar den Eitelkeiten der Welt ergeben war. Diesersaß e<strong>in</strong>es Tages <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Gemache <strong>und</strong> schrieb über die Liebe.Da erschien ihm e<strong>in</strong>e Frau, die so w<strong>und</strong>erbar schön war, daß ersie lange staunend betrachtete. Endlich redete sie ihn an: „Weißtdu, wer ich b<strong>in</strong>?" Und er verne<strong>in</strong>te es. Da sprach sie: „Ich b<strong>in</strong>die Weltlust." Dann setzte sie h<strong>in</strong>zu: „Von Angesicht b<strong>in</strong> ich,wie du siehst, gar schön. Willst du auch sehen, wie ich an derKückseite b<strong>in</strong>?" Er bejahte es. Da wandte sich die Frau um,<strong>und</strong> sie war voll von Kröten <strong>und</strong> Schlangen. Darüber erschraker gewaltig. Die Frau aber sprach: „Vorn ersche<strong>in</strong>e ich schön,h<strong>in</strong>ten jedoch ekelhaft <strong>und</strong> häßlich. So aber werden auch alle die,die mir ergeben s<strong>in</strong>d." Damit verschwand sie.10.Von zwei edlen Brüdern, die ihre Versuchungen bekämpften.Man liest <strong>in</strong> der Kirchengeschichte, daß e<strong>in</strong>st zwei leiblicheBrüder aus vornehmem Geschlechte lebten, die sich durch ihrenGlauben <strong>und</strong> ihr frommes Leben auszeichneten. Als diese zur Erkenntnisder Fährnisse dieser Welt kamen, sprachen sie zue<strong>in</strong>ander:„Unser Vater war gewaltig an Gold, Reichtum <strong>und</strong> Dienern, <strong>und</strong>doch ist er gestorben. Wir wollen h<strong>in</strong>gehen <strong>und</strong> dem Herrndienen, <strong>und</strong> er wird uns gewähren, was unvergänglich ist." Mitdiesem Vorsatz suchten sie e<strong>in</strong>en Abt auf, der bei den Menschenim Rufe der Heiligkeit stand, <strong>und</strong> baten ihn um Aufnahme <strong>in</strong>se<strong>in</strong> Kloster. Der Abt aber beriet sich, wie es Brauch ist, mitse<strong>in</strong>en Brüdern <strong>und</strong> gab ihnen dann den Bescheid, sie sollten <strong>in</strong>die E<strong>in</strong>samkeit gehen <strong>und</strong> dort zunächst e<strong>in</strong> Jahr zubr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong>sich ihren Unterhalt mit ihrer Hände Arbeit verdienen; denn erwollte sie prüfen, ob sie auch bei ihrem Vorsatze beharren würden.Die beiden Brüder folgten demütig dem Befehle <strong>des</strong> Abtes <strong>und</strong>

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