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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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23g<strong>in</strong>g, blieben auch die Ärzte <strong>und</strong> die letzten Fre<strong>und</strong>e weg. Damochte er nicht mehr länger die Bekannten sehen <strong>und</strong> zog sichan e<strong>in</strong>en Ort zurück, an dem er vierzehn Jahre blieb. E<strong>in</strong>es Tagesaber kam e<strong>in</strong> Arzt <strong>und</strong> sprach: „Wenn der Arme hier Geld hätte,dann würde ich ihn heilen." Der Aussätzige versprach ihm Geld,soviel er wolle; denn er vertraute darauf, daß ihm se<strong>in</strong>e Verwandten<strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige Fre<strong>und</strong>e das Geld geben würden, wenn er sie mit demArzte aufsuchte. Und wirklich versprachen es ihm se<strong>in</strong>e Bekannten.Der Arzt aber untersuchte den armen Albertus <strong>und</strong> sah, daß eram Aussatze litt. Da sprach er, diese Krankheit könne nur durchdas Blut e<strong>in</strong>es re<strong>in</strong>en Menschen geheilt werden, der sich freiwilligzu sterben erböte. Zufällig ist e<strong>in</strong>e arme Jungfrau zugegen, derihr Vater früher manchmal von der Burg <strong>des</strong> armen AlbertusKleider heimgebracht hatte. Diese er<strong>in</strong>nerte sich an jene Zeit<strong>und</strong> fragte, was wohl aus dem Herrn Albertus geworden sei.Da antwortet man ihr, daß das jener Aussätzige sei, den alleMenschen so verabscheuten, <strong>und</strong> daß er nur Heilung f<strong>in</strong>den könnte<strong>in</strong> dem Blute e<strong>in</strong>es Menschen, der freiwillig für ihn stürbe. Daeilt die Jungfrau alsbald zu Albertus <strong>und</strong> ruft: „Herr, ich er<strong>in</strong>neremich wohl an die Kleider, die du mir e<strong>in</strong>st durch me<strong>in</strong>enVater geschickt hast. Aus Dankbarkeit b<strong>in</strong> ich bereit zu sterben,damit du wieder ges<strong>und</strong> wirst." Voll Freude geht der Aussätzigemit ihr zum Arzte. Dieser stellt die Gefäße bereit, <strong>in</strong> denen erdas Blut der Jungfrau auffangen will. Doch als Albertus dassieht, ruft er: „Es sei fern von mir, daß ich durch den grausamenTod e<strong>in</strong>es so treuen Mädchens me<strong>in</strong>e Ges<strong>und</strong>heit wiedererlange.Besser ist es, daß ich selbst sterbe <strong>und</strong> diese tugendhafte Jungfrauam Leben bleibt, als daß sie e<strong>in</strong> so schreckliches Ende f<strong>in</strong>det<strong>und</strong> ich die Ges<strong>und</strong>heit zurückerhalte." Mit diesen Worten entließer den Arzt mit der Erklärung, er wolle nicht ges<strong>und</strong> werdendurch den Tod e<strong>in</strong>es anderen. In der folgenden Nacht aber erschienihm der Herr <strong>und</strong> heilte ihn <strong>und</strong> zeigte ihm e<strong>in</strong>en Ort, andem se<strong>in</strong>e Eltern e<strong>in</strong>st Schätze verborgen hatten. Mit diesenSchätzen kaufte Albertus die verkauften Güter zurück <strong>und</strong> nochandere h<strong>in</strong>zu. Darauf nahm er jene Jungfrau, die für ihn denTod erleiden wollte, zum Weibe, <strong>und</strong> nach e<strong>in</strong>em langen glücklichenLeben verschied er e<strong>in</strong>es seligen To<strong>des</strong>.

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