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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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14lischt aber auch bereits um das Ende <strong>des</strong> vierzehnten Jahrh<strong>und</strong>erts.E<strong>in</strong> Zeichen, daß der Höhepunkt der Produktion überschrittenist, s<strong>in</strong>d wohl auch auf diesem Gebiete die systematisierendenSammlungen, die im Ausgange <strong>des</strong> vierzehnten Jahrh<strong>und</strong>ertsauch <strong>in</strong> Dom<strong>in</strong>ikanerkreisen entstehen <strong>und</strong> dann ohnewesentlich Neues zu br<strong>in</strong>gen das ganze nächste Jahrh<strong>und</strong>ert h<strong>in</strong>durchgepflegt werden. Vor e<strong>in</strong>er Überschätzung dieser großenSammlungen, obsie nun Gesta Eomanorum oder Discipulus heißen,sollte man sich sorgsam hüten; die Stücke dar<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d oft derartiggeändert, daß sie <strong>in</strong> das System passen, oder sie s<strong>in</strong>d unter derkürzenden Hand <strong>des</strong> Kompilators zu Schablonen zusammengeschrumpft.E<strong>in</strong>e weitere Frage ist die nach der Verbreitung, diedie verschiedenen Motive erfuhren. Die e<strong>in</strong>zelnen deutschenStämme verhalten sich <strong>in</strong> der Aufnahme <strong>und</strong> Pflege dieser Erzählungennicht gleichartig. Auf schlesischem Boden zum Beispielsche<strong>in</strong>en nur verschw<strong>in</strong>dend wenige Neubildungen erfolgt zu se<strong>in</strong> ;<strong>in</strong> der vorliegenden Sammlung f<strong>in</strong>det sich davon gar ke<strong>in</strong>e Spur.Das hängt offensichtlich mit der späten Kolonisation zusammen;die Bevölkerung besitzt die sagenbildende Kraft nicht mehr, sie istnicht mehr naiv genug. Auffallend ger<strong>in</strong>g ist die Zahl der Stücke<strong>in</strong> den Exempeln, denen heutige Märchen entsprechen; doch gibtesauch wieder offenk<strong>und</strong>ige Parallelen zwischen Motivreihen <strong>in</strong> denExempeln <strong>und</strong> den Volksmärchen. Somit erhebt sich die Frage,ob hier kausale Zusammenhänge bestehen <strong>und</strong> ob <strong>in</strong> dem Exempele<strong>in</strong> <strong>in</strong>s Kirchliche umgesetztes Märchen oder im modernen Märchene<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er kirchlichen Term<strong>in</strong>ologie entkleidetes Exempelstück vorliegt.In e<strong>in</strong>igen Fällen wird die letzte Deutung vorzuziehen se<strong>in</strong>.Es ist ja auch die dritte Möglichkeit nicht auszuschalten, daß wiez. B. <strong>in</strong> den Erzählungen von der unschuldig verfolgten König<strong>in</strong>,e<strong>in</strong>e antike profane Märchenerzählung vorliegt, die durch die Umkleidungmit kirchlich-christlichen Apparat vom Untergang bewahrtworden <strong>und</strong> dann wieder unter Abstreifung <strong>des</strong> spezifisch Kirchlichenzum Volksmärchen unserer Zeit geworden ist.Daß bei der re<strong>in</strong> moralisierenden <strong>und</strong> allegorisierenden Tendenzdieser Literatur kaum e<strong>in</strong> Exempel unseren heutigen ästhetischenAnschauungen entspricht, liegt auf der Hand. Anderseits wird sich<strong>in</strong> der vorliegenden Sammlung aber nur das e<strong>in</strong>e oder andere Stückf<strong>in</strong>den, das nur Schlacken <strong>und</strong> gar ke<strong>in</strong>e Körnchen Gold enthält.

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