Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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12Die leitzte Nummer 211 (= Anh. 47) ist aus der Handschriftnouv. fonds lat. 14958der Bibliotheque nationale zu Paris entnommen. Die Pergamenthandschriftwurde noch im 13. Jahrhundert gesclnieben undgehörte früher ins Kloster St. Victor zu Paris.Die Anmerkungen, dieden einzelnen Stücken beigegeben sind,haben nur den Zweck, die Stücke in die Erzählungsliteratur desMittelalters einzuordnen; auf Vollständigkeit erheben sie keinenAnspruch. Für die Marienmirakel beschränken sie sich im allgemeinenauf den Hinweis auf Poncelets Sammlung der Mirakelanfängein den Analecta BoUandiana, Tom. XXI, wo unter den angegebenenNummern alle weitere Literatur zu finden ist. In allenanderen Exempeln ist Bezug genommen auf die Hauptvertreterdieser Gattung in Frankreich, England und Deutschland. FürFrankreich sind im allgemeinen die Nachweise aus Jacques deVitry und Etienne de Bourbon beigebracht, dazu Parallelen ausmehreren Handschriften der Biblioth. nat. zu Paris, die bishernoch nicht benutzt worden sind, nämlich aus den Nummern nouveaufonds latin 9377; 10770; 13468; 13472; 14463; 14703;14958; 17656, die sämtlich ins 13. und 14. Jahrhundert gehören.Für England genügt der Hinweis auf die Parallelen in dem vonH. L. D. Ward begründeten Catalogue of Romances in the Departmentof Manuscripts in the British Museum, hauptsächlich in demausgezeichneten dritten Bande, der von J. A. Herbert herausgegebenist.Diesem Werke verdanke ich manchen Literaturnachweis,der mir sonst entgangen wäre. Für Deutschland kommen außerCaesarius von Heisterbach und Johann Herolts Discipulus hauptsächlichdie Gesta Eomanorum in Betracht.Schon heut läßt sich unter Berücksichtigung der bisher zugänglichenExempelliteratur in großen Zügen der Ursprung, dieEntwicklung und Verbreitung dieses mittelalterlichen Erzählungszweigesandeuten. Eine älteste Gruppe stellt sich dar als Verkürzungenausführlicher Bekehrungs- und Mönchsromane; in dieseälteste Gruppe, in die sicher auch Erzählungsstoffe nicht christlichenUrsprungs unter entsprechenden Umwandlungen Aufnahmefanden, gehören auch die novellistischen Stücke der Historiaecclesiastica, die Vitas patrum und die zum Teil heute noch inausführlichen Versionen erhaltenen Erzählungen vom blutenden

13Christusbilde, vom Judenknaben, von Theophilus, viele Heiligenleben,die früheste Schicht der Marienmirakel. Der größte Teildieser Stoffe weist auf die orientalische Kirche hin und hat zumZweck die Darstellung von Bekehrungen von Juden und Heiden.Nachdem sie durch die lateinische Übersetzung Eingang gefundenhaben in die Klöster des Abendlandes, erfahren sie zugleich Erweiterungendurch die ältesten Jenseitsvisionen, die wohl hauptsächlichin Italien entstehen, und die Hostienwunder, die sich zahlreicherin Gallien finden.Zu dieser ältesten Schicht treten dann die in unserer Sammlungsich scharf davon abhebenden Exempel, die in engster Beziehungzur Geschichte der älteren Orden stehen, die in Frankreich,oder noch lieber in Deutschland lokalisiert sind und meistens alstypisches Merkmal die Empfehlung eines dieser Orden, den Eintrittin ihn oder eine Klostergründung enthalten. Neben derartigenBenediktiner- und Prämonstratensergeschichten finden sich hier besondershäufig solche, die auf den Zisterzienserorden hinweisen.Nach der Eezeption dieses Bestandes durch die Dominikanerund in selteneren Fällen durch die Franziskaner erfolgt seine Vermehrungdurch Geschichten aus den Bettelorden, die teilweise densichtlichen Zweck haben, diese Orden auf Kosten der älteren zuempfehlen. Aus diesen Kreisen stammen wahrscheinlich auchgroßenteils jene Erzählungen, die die Bekehrung oder Verdammungvon Übeltätern schildern, ferner die jüngeren Marienmirakel.Wohl zu gleicher Zeit finden in die Sammlungen die schwankartigenStoffe Aufnahme, die besonders in der Predigt vor demVolke wirksam sein mußten, die sich gegen die Habsucht, diePutzsucht und andere Schwächen richten und wohl meist volkstümlichenUrsprungssind.Für die Exempelforschung erstehen somit eine ganze Keihevon Problemen. Es zeigt sich auf den ersten Blick, daß dieälteren und jüngeren Orden sich in der Tendenz der Erzählungenunterscheiden; die jüngeren suchen viel stärker den Zusammenhangmit dem Volke, was ja aus dem Zweck dieser Orden von selbstfolgt. Aber auch eine Wahrnehmung hinsichtlich der Blütezeitder Exempelschreibung läßt sich machen; die Zisterzienser sindnicht mehr produktiv, als die Dominikaner diesen Zweig der Erzählungnoch mit Eifer pflegen; dieser Eifer der Dominikaner er-

12Die leitzte Nummer 211 (= Anh. 47) ist aus der Handschriftnouv. fonds lat. 14958der Bibliotheque nationale zu Paris entnommen. Die Pergamenthandschriftwurde noch im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert gesclnieben <strong>und</strong>gehörte früher <strong>in</strong>s Kloster St. Victor zu Paris.Die Anmerkungen, dieden e<strong>in</strong>zelnen Stücken beigegeben s<strong>in</strong>d,haben nur den Zweck, die Stücke <strong>in</strong> die Erzählungsliteratur <strong>des</strong><strong>Mittelalters</strong> e<strong>in</strong>zuordnen; auf Vollständigkeit erheben sie ke<strong>in</strong>enAnspruch. Für die Marienmirakel beschränken sie sich im allgeme<strong>in</strong>enauf den H<strong>in</strong>weis auf Poncelets Sammlung der Mirakelanfänge<strong>in</strong> den Analecta BoUandiana, Tom. XXI, wo unter den angegebenenNummern alle weitere Literatur zu f<strong>in</strong>den ist. In allenanderen Exempeln ist Bezug genommen auf die Hauptvertreterdieser Gattung <strong>in</strong> Frankreich, England <strong>und</strong> Deutschland. FürFrankreich s<strong>in</strong>d im allgeme<strong>in</strong>en die Nachweise aus Jacques deVitry <strong>und</strong> Etienne de Bourbon beigebracht, dazu Parallelen ausmehreren Handschriften der Biblioth. nat. zu Paris, die bishernoch nicht benutzt worden s<strong>in</strong>d, nämlich aus den Nummern nouveaufonds lat<strong>in</strong> 9377; 10770; 13468; 13472; 14463; 14703;14958; 17656, die sämtlich <strong>in</strong>s 13. <strong>und</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert gehören.Für England genügt der H<strong>in</strong>weis auf die Parallelen <strong>in</strong> dem vonH. L. D. Ward begründeten Catalogue of Romances <strong>in</strong> the Departmentof Manuscripts <strong>in</strong> the British Museum, hauptsächlich <strong>in</strong> demausgezeichneten dritten Bande, der von J. A. Herbert herausgegebenist.Diesem Werke verdanke ich manchen Literaturnachweis,der mir sonst entgangen wäre. Für Deutschland kommen außerCaesarius von Heisterbach <strong>und</strong> Johann Herolts Discipulus hauptsächlichdie Gesta Eomanorum <strong>in</strong> Betracht.Schon heut läßt sich unter Berücksichtigung der bisher zugänglichenExempelliteratur <strong>in</strong> großen Zügen der Ursprung, dieEntwicklung <strong>und</strong> Verbreitung dieses mittelalterlichen Erzählungszweigesandeuten. E<strong>in</strong>e älteste Gruppe stellt sich dar als Verkürzungenausführlicher Bekehrungs- <strong>und</strong> Mönchsromane; <strong>in</strong> dieseälteste Gruppe, <strong>in</strong> die sicher auch Erzählungsstoffe nicht christlichenUrsprungs unter entsprechenden Umwandlungen Aufnahmefanden, gehören auch die novellistischen Stücke der Historiaecclesiastica, die Vitas patrum <strong>und</strong> die zum Teil heute noch <strong>in</strong>ausführlichen Versionen erhaltenen Erzählungen vom blutenden

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