Erzählungen des Mittelalters in deutscher Ãbersetzung und ...
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224Dann kamen sie in das Haus eines Bürgers,der sie auch freundlichaufnahm und bewirtete. Dieser hatte einen einzigen kleinen Sohn,den er innig liebte. Dieses Kind begann nun in der Nacht zuschreien und zu weinen, so daß niemand im Hause schlafen konnte.Der Engel aber stand schweigend und ohne Wissen des Begleitersauf und brachte das Kind um. Darauf trat er zu seinem Begleiterund sprach: „Jetzt kannst du ruhig schlafen; das Geschrei desKnaben wird dich nicht mehr stören. Ich habe ihn umgebracht."Bei diesen Worten des Engels entbrannte das Herz des Einsiedlersim Zorn gegen ihn, und er hielt ihn eher für einen Boten desTeufels als für einen Engel Gottes. Und sie gingen von dortweiter und kamen an den Saum eines Waldes. Dort sahen sieeinen Mann schlafen, der im Schöße einen großen Beutel mit Geldhielt. Da sprach der Engel zum Einsiedler: „Ich will hingehenund ihm jenes Geld heimlich entwenden." Nun beginnt der Einsiedlerendlich seinem Begleiter all die Frevel vorzuwerfen, die erbegangen hat, und will sich von ihm trennen. Doch der Engelspricht : „Du regst dich über das auf, was ich auf unserer Wanderunggetan habe, und nicht ohne Grund. Aber alles, was ich tat, hatseinen Zweck, wie Salomon spricht: »Nichts geschieht auf Erdenohne Ursache.« Dieser Mensch, dem ich soeben das Geld entwendete,ist ein verrufenerRäuber. Erst heute hat er einen Wandererermordet und ihn beraubt." Und während er dies sprach, kamendie Leute aus der Nachbarschaft herbeigeeilt, die von dem Mordeerzählten und den Mörder in großer Aufregung suchten. Da riefsie der Engel heran und gab ihnen das Geld und sagte ihnen, erhabe den Räuber getötet und ihm den Raub abgenommen. Under gab ihnen die Weisung, sie sollten das Geld dem Weibe deserschlagenen Fremden und seinen Kindern zurückerstatten. Daraufsprach er zu dem Einsiedler: „Ist es nicht besser, daß demWeibe und den Kindern des Ermordeten das Geld wiedergegebenwird, als daß es der Räuber behält? Dann bist du auch darüberempört gewesen, daß ich in der Nacht das weinende Kind umgebrachthabe. Das geschah deswegen, weil seine Eltern, bevor siedieses Kind hatten, alles Erworbene im Dienste Gottes und zurBewirtung der Armen ausgaben. Seit ihnen aber das Kind geborenwar, sparten sie alles auf, nur um das Erbe des Knaben zu
225vermehren. Von dem Jünglinge aber, den ich von der Brückestürzte, sollst du wissen, daß er die Absicht hatte, seinen Herrnin der nächsten Nacht zu ermorden und all seinen Besitz zu rauben.Jenem Einsiedler ferner nahm ich den Becher deswegen sveg^ weiler ihn so liebte, daß er darüber manches gute Werk vergaß undim Dienste Gottes nachlässig wurde. Der andere Einsiedler endlich,den ich von der Klippe ins Meer stürzte, wollte am folgendenTage eine Sünde der Unzucht begehen. Doch der Herr wolltenicht, daß er den Lohn für seine guten Werke verliere. So beauftragteer mich, ihn vorher im Meere zu ertränken. Wenn dunun noch im Zweifel bist wegen jenem Einsiedler, der in die Weltzurückkehrte und auf dem Wege den Hals brach, so sollst duwissen, daß er zu stolz auf seine guten Werke geworden war undzornig wurde, weil der Herr jenem schlimmen Eäuber Barmherzigkeitwiderfahren ließ. Denn er wollte nicht verstehen, daß der Herrgekommen ist, nicht die Gerechten, sondern die Sünder zur Bußezu rufen. Und so war sein Herz voll Neid und Hochmut, anstattdaß er Gott demütig für die Errettung jenes Käubers dankte,dessen Beichte er gehört und dem er selbst die Buße auferlegthatte. Deswegen spricht Augustinus: »Der Hochmut raubt mirGott, der Neid den Nächsten, der Zorn mich mir selbst.«"Ende.Klapper, Eizählimgen des Mittelalters 15
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224Dann kamen sie <strong>in</strong> das Haus e<strong>in</strong>es Bürgers,der sie auch fre<strong>und</strong>lichaufnahm <strong>und</strong> bewirtete. Dieser hatte e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen kle<strong>in</strong>en Sohn,den er <strong>in</strong>nig liebte. Dieses K<strong>in</strong>d begann nun <strong>in</strong> der Nacht zuschreien <strong>und</strong> zu we<strong>in</strong>en, so daß niemand im Hause schlafen konnte.Der Engel aber stand schweigend <strong>und</strong> ohne Wissen <strong>des</strong> Begleitersauf <strong>und</strong> brachte das K<strong>in</strong>d um. Darauf trat er zu se<strong>in</strong>em Begleiter<strong>und</strong> sprach: „Jetzt kannst du ruhig schlafen; das Geschrei <strong>des</strong>Knaben wird dich nicht mehr stören. Ich habe ihn umgebracht."Bei diesen Worten <strong>des</strong> Engels entbrannte das Herz <strong>des</strong> E<strong>in</strong>siedlersim Zorn gegen ihn, <strong>und</strong> er hielt ihn eher für e<strong>in</strong>en Boten <strong>des</strong>Teufels als für e<strong>in</strong>en Engel Gottes. Und sie g<strong>in</strong>gen von dortweiter <strong>und</strong> kamen an den Saum e<strong>in</strong>es Wal<strong>des</strong>. Dort sahen siee<strong>in</strong>en Mann schlafen, der im Schöße e<strong>in</strong>en großen Beutel mit Geldhielt. Da sprach der Engel zum E<strong>in</strong>siedler: „Ich will h<strong>in</strong>gehen<strong>und</strong> ihm jenes Geld heimlich entwenden." Nun beg<strong>in</strong>nt der E<strong>in</strong>siedlerendlich se<strong>in</strong>em Begleiter all die Frevel vorzuwerfen, die erbegangen hat, <strong>und</strong> will sich von ihm trennen. Doch der Engelspricht : „Du regst dich über das auf, was ich auf unserer Wanderunggetan habe, <strong>und</strong> nicht ohne Gr<strong>und</strong>. Aber alles, was ich tat, hatse<strong>in</strong>en Zweck, wie Salomon spricht: »Nichts geschieht auf Erdenohne Ursache.« Dieser Mensch, dem ich soeben das Geld entwendete,ist e<strong>in</strong> verrufenerRäuber. Erst heute hat er e<strong>in</strong>en Wandererermordet <strong>und</strong> ihn beraubt." Und während er dies sprach, kamendie Leute aus der Nachbarschaft herbeigeeilt, die von dem Mordeerzählten <strong>und</strong> den Mörder <strong>in</strong> großer Aufregung suchten. Da riefsie der Engel heran <strong>und</strong> gab ihnen das Geld <strong>und</strong> sagte ihnen, erhabe den Räuber getötet <strong>und</strong> ihm den Raub abgenommen. Under gab ihnen die Weisung, sie sollten das Geld dem Weibe <strong>des</strong>erschlagenen Fremden <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern zurückerstatten. Daraufsprach er zu dem E<strong>in</strong>siedler: „Ist es nicht besser, daß demWeibe <strong>und</strong> den K<strong>in</strong>dern <strong>des</strong> Ermordeten das Geld wiedergegebenwird, als daß es der Räuber behält? Dann bist du auch darüberempört gewesen, daß ich <strong>in</strong> der Nacht das we<strong>in</strong>ende K<strong>in</strong>d umgebrachthabe. Das geschah <strong>des</strong>wegen, weil se<strong>in</strong>e Eltern, bevor siedieses K<strong>in</strong>d hatten, alles Erworbene im Dienste Gottes <strong>und</strong> zurBewirtung der Armen ausgaben. Seit ihnen aber das K<strong>in</strong>d geborenwar, sparten sie alles auf, nur um das Erbe <strong>des</strong> Knaben zu