Erzählungen des Mittelalters in deutscher Ãbersetzung und ...
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172Barmherzigkeit, du Helferin aller Sünder, hilf mir von meinenSünden! Du Kaiserin der Welt, gib uns deine Gnade, auf daßwir so leben, daß wir uns einst mit dir des Himmelreiches erfreuenmögen! Das verleilie uns der Vater, der Sohn und der heiligeGeist." Als das Weib unsere Herrin, die selige Jungfrau, sosprechen hörte, rief sie: „Wenn du mich nicht rächen willst, dannmuß ich mich mit meiner Klage an deinen Sohn wenden. Unddas Weib verließ das Kloster, um Jesus wegen ihres Anliegensanzurufen. Auf ihrem Heimwege aber begegnete ihr ihre Feindin,die auf dem Wege zur Kirche war. Und das einfältige Weib redetesie in ihrem Zorne mit solchen Worten an: „Du darfst ruhig weitersündigen, denn du hast eine Freundin, die dir sehr gewogen ist,und die nicht zuläßt, daß dir ein Leid geschieht." Da erstauntdie Sünderin und fragt sorgfältig nach, was jene damit meine;und das einfältige W^eib erzählt ihr den Vorgang. Da wirft sichdie Ehebrecherin voll Reue zu ihren Füßen und gelobt ihr, vonnun an ihrem Gatten fern zu bleiben. So söhnten sich die beidenaus. Das kam durch Marias Gnade. Und beide lebten von nunan so, daß sie das ewige Leben verdienten.177.Von einem gerechten Richter.Es wird erzählt, daß einst ein König, der Trojanus hieß, ineinen Krieg ausziehen wollte. Da trat eine Witwe vor ihn undbat ihn inständig um die Aburteilung seines einzigen Sohnes, derihrem einzigen Sohne die Augen ausgerissen hatte. Und obwohlder König in so dringenden Angelegenheiten beschäftigt war,wollteer die Witwe doch nicht entlassen, ohne daß ihr Recht gewordenwäre ;und obschon er ein Heide war, hielt er es für die höherePflicht, den Sohn der Witwe zu rächen, als die Geschäfte seinerRegierung zu erledigen. So ließ er unverzüglich seinen einzigenSohn ergreifen, um ihm erbarmungslos die Augen herausreißen zulassen und diese der Witwe als Sühne für die Augen ihres Sohneszu geben. Als das die Großen des Landes sahen, warfen sie sichdem Könige zu Füßen und flehten ihn unter Tränen um Gnadefür seinen Sohn an. Sie stellten ihm vor, daß es doch nicht an-
173ginge, daß sie nach seinem Tode einen Blinden zum Könige hätten.Der König ließ sich durch die Bitten seiner Kitter umstimmen,und um der klagenden Witwe Kecht zu verschaffen, ließ er sichselbst das eine, seinem Sohne aber das zweite Auge ausreißen undgab sie der Witwe für die Augen, die ihr Sohn verloren hatte.So handelte er, wie Moses vorschreibt: Zahn um Zahn, Auge umAuge. Außerdem gab der König den Befehl, daß die Witwe undihr Sohn, so lange sie lebten, reichlich aus seinem Vermögen versorgtwürden. Als dieser König starb, wurde er, da er ein Heidewar, in die Vorhölle geführt. So vergingen seit seinem Tode vieleJahre, bis der heilige Gregor Papst wurde. Als dieser eines Tagesan dem Palaste jenes Königs vorbeiging und dort von dem Urteilehörte, das jener in der Angelegenheit der Witwe gefällt hatte,blieb er stehen und empfand in tiefstem Herzen Mitleid darüber,daß ein so gerechter Eichter ewige Pein leiden solle. Und erbetete für ihn drei Tage lang unter Tränen und gab Almosen umseinetwillen. Als er so drei Tage lang in innigem Gebete verharrthatte, trat ein Engel von Gott gesandt vor ihn und sprach zu ihmdie Worte: „Dein Gebet ist erhört." Und der König trat ausseinem Grabe gesund hervor. Der glückliche Papst aber taufteihn alsbald und gab ihm den Namen Patricius. ihr Fürsten derChristenheit, wenn ein heidnischer König wegen eines gerechtenUrteils die Gnade erlangte, aus der Hölle erlöst zu werden, umwieviel größer wird das Erbarmen sein ,das ihr finden werdet,wenn ihr auf Erden gerechte Richter seid! Dann werdet ihr fürwürdig befunden werden, von Christus, dem höchsten Richter,ewiglich mit der Himmelskrone geschmückt zu werden.178.Von einem Armen und einem Reichen im Jenseits.Als eines Tages der selige Makarius die Stadt Mainz durchwandelte,sah er auf der Straße einen ganz armen Menschen inden letzten Zügen liegen. Und niemand kümmerte sich um ihn,da es eben ein Armer war. So spricht Seneka: „Was ist dieArmut? Ein Gut, allen verhaßt, die Freude Gottes, der Haß derTeufel, Befreiung von Sorgen, Geschäft ohne Verlust." Der Ein-
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172Barmherzigkeit, du Helfer<strong>in</strong> aller Sünder, hilf mir von me<strong>in</strong>enSünden! Du Kaiser<strong>in</strong> der Welt, gib uns de<strong>in</strong>e Gnade, auf daßwir so leben, daß wir uns e<strong>in</strong>st mit dir <strong>des</strong> Himmelreiches erfreuenmögen! Das verleilie uns der Vater, der Sohn <strong>und</strong> der heiligeGeist." Als das Weib unsere Herr<strong>in</strong>, die selige Jungfrau, sosprechen hörte, rief sie: „Wenn du mich nicht rächen willst, dannmuß ich mich mit me<strong>in</strong>er Klage an de<strong>in</strong>en Sohn wenden. Unddas Weib verließ das Kloster, um Jesus wegen ihres Anliegensanzurufen. Auf ihrem Heimwege aber begegnete ihr ihre Fe<strong>in</strong>d<strong>in</strong>,die auf dem Wege zur Kirche war. Und das e<strong>in</strong>fältige Weib redetesie <strong>in</strong> ihrem Zorne mit solchen Worten an: „Du darfst ruhig weitersündigen, denn du hast e<strong>in</strong>e Fre<strong>und</strong><strong>in</strong>, die dir sehr gewogen ist,<strong>und</strong> die nicht zuläßt, daß dir e<strong>in</strong> Leid geschieht." Da erstauntdie Sünder<strong>in</strong> <strong>und</strong> fragt sorgfältig nach, was jene damit me<strong>in</strong>e;<strong>und</strong> das e<strong>in</strong>fältige W^eib erzählt ihr den Vorgang. Da wirft sichdie Ehebrecher<strong>in</strong> voll Reue zu ihren Füßen <strong>und</strong> gelobt ihr, vonnun an ihrem Gatten fern zu bleiben. So söhnten sich die beidenaus. Das kam durch Marias Gnade. Und beide lebten von nunan so, daß sie das ewige Leben verdienten.177.Von e<strong>in</strong>em gerechten Richter.Es wird erzählt, daß e<strong>in</strong>st e<strong>in</strong> König, der Trojanus hieß, <strong>in</strong>e<strong>in</strong>en Krieg ausziehen wollte. Da trat e<strong>in</strong>e Witwe vor ihn <strong>und</strong>bat ihn <strong>in</strong>ständig um die Aburteilung se<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen Sohnes, derihrem e<strong>in</strong>zigen Sohne die Augen ausgerissen hatte. Und obwohlder König <strong>in</strong> so dr<strong>in</strong>genden Angelegenheiten beschäftigt war,wollteer die Witwe doch nicht entlassen, ohne daß ihr Recht gewordenwäre ;<strong>und</strong> obschon er e<strong>in</strong> Heide war, hielt er es für die höherePflicht, den Sohn der Witwe zu rächen, als die Geschäfte se<strong>in</strong>erRegierung zu erledigen. So ließ er unverzüglich se<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigenSohn ergreifen, um ihm erbarmungslos die Augen herausreißen zulassen <strong>und</strong> diese der Witwe als Sühne für die Augen ihres Sohneszu geben. Als das die Großen <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> sahen, warfen sie sichdem Könige zu Füßen <strong>und</strong> flehten ihn unter Tränen um Gnadefür se<strong>in</strong>en Sohn an. Sie stellten ihm vor, daß es doch nicht an-