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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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168Dann übergab er den Knecht <strong>und</strong> die Tochter der Obhut <strong>des</strong> Verwalters,<strong>in</strong>dem er zu ihm sprach: „Wenn du me<strong>in</strong>e Gunst behaltenwillst, dann sorge für me<strong>in</strong>e Tochter so treu, daß sie wederMangel <strong>in</strong> ihrer Kleidung noch Schaden <strong>in</strong> ihrem blühenden Aussehenerleidet. F<strong>in</strong>de ich sie <strong>in</strong> ihrer Schönheit wieder, dann willich dich mit den höchsten Ehren auszeichnen, hat sie aber anKleidung oder Aussehen Schaden gelitten, dann laß ich dich fürewig <strong>in</strong>s Gefängnis werfen <strong>und</strong> grausam pe<strong>in</strong>igen. Den Knechtaber beaufsichtige streng, damit er niemandem Übles tut. Sollteer jemandem Unannehmlichkeiten bereiten, dann wird das de<strong>in</strong>eigener Schaden se<strong>in</strong>."Was wir unter dem Könige, der Tochter <strong>und</strong> dem Knechtezu verstehen haben, will ich euch nun e<strong>in</strong>gehend deuten. DerKönig ist der König aller Könige <strong>und</strong> der Herr der Heerscharenim Himmel <strong>und</strong> auf Erden. Als er aus dem Keiche dieser Weltauffahren wollte <strong>in</strong> das Himmelreich, sprach er: „Es ist Zeit, daßich zu dem zurückkehre, der mich gesandt hat." Se<strong>in</strong> Verwalteraber ist der menschliche Verstand, wie Boetius bezeugt, wenn erspricht: „Der Verstand lenkt <strong>und</strong> leitet den Leib <strong>und</strong> die Seele<strong>des</strong> Menschen." Und August<strong>in</strong>us sagt: „Der Mensch besitzt e<strong>in</strong>enguten Verstand, der die Sünde meidet, weil durch e<strong>in</strong>en re<strong>in</strong>en <strong>und</strong>lauteren Verstand die Seele erleuchtet wird." Deswegen ruft Davidden Herrn mit den Worten an: „De<strong>in</strong>e Hände, o Herr, habenmich geschaffen; gib mir Verstand, daß ich de<strong>in</strong>e Gebote lerne."Und so sollte jeder Mensch Gott anflehen, daß er ihm e<strong>in</strong>en lauterenVerstand <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e vollkommene Erkenntnis gebe. Diesem Verwalterübergab der König se<strong>in</strong>e Tochter <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Knecht. Unterder Tochter <strong>des</strong> Königs ist die Seele zu verstehen, die der höchsteGott schuf <strong>und</strong> nach se<strong>in</strong>em Angesichte bildete, die er <strong>in</strong> derTaufeheiligte <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>em unbefleckten weißen Kleide bekleidete,damit sie dem Könige ähnlich würde <strong>und</strong> ewiglich mit Christusdie Erbschaft der Ewigkeit besäße. Daher wird der, der auf denRat <strong>des</strong> Leibes se<strong>in</strong>e Seele durch die Sünde befleckt, am Tage <strong>des</strong>Gerichtes von se<strong>in</strong>em Richter das harte Urteil hören: „Geht, ihrVerfluchten, <strong>in</strong> das ewige Feuer." Doch wer sie unbefleckt bewahrt,der wird ohne allen Zweifel die Seligkeit erlangen. Darum flehezu Gott, Mensch, daß du verdienst, am Tage <strong>des</strong> Gerichtes zuse<strong>in</strong>er Rechten zu stehen ! Unter dem Knechte <strong>des</strong> Königs ist <strong>des</strong>

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