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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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164kommen, wo sich die Mönche zum Morgengebet erheben sollten,<strong>und</strong> sie w<strong>und</strong>ern sich, warum der Sakristan nicht läute. Siesuchen ihn <strong>und</strong> f<strong>in</strong>den den Ertrunkenen im Flusse. Dort ziehensie ihn heraus. Doch wissen sie nicht, was sie mit ihm tun sollen.Der Herr aber gibt dem Toten auf die Bitten se<strong>in</strong>er Mutter, derseligen Jungfrau, das Leben wieder. Er richtet sich auf <strong>und</strong> erzähltihnen allen, wie es ihm ergangen ist. Von nun an aberbessert er se<strong>in</strong> Leben, <strong>und</strong> so ist er später im Herrn entschlafen<strong>und</strong> gerettet worden.171.Von e<strong>in</strong>em Esel <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Wucherer.E<strong>in</strong> Wucherer wollte trotz aller Ermahnungen se<strong>in</strong>es Pfarrersnicht von se<strong>in</strong>en Geschäften lassen. So starb er, als der Pfarrere<strong>in</strong>st abwesend war, ohne vorher zu beichten. Und se<strong>in</strong>e Fre<strong>und</strong>ewollten ihn auf dem Kirchhofe begraben. Der Pfarrer jedochverbot es ihnen, da e<strong>in</strong> Wucherer nach dem Kirchenrechte nicht<strong>in</strong> geweihter Erde ruhen dürfe. In jener Gegend aber wohntee<strong>in</strong> Müller, der e<strong>in</strong>en Esel hatte. Das Tier weidete täglich aufder Kirchhofwiese. Dorth<strong>in</strong> <strong>und</strong> zu der Mühle fand der Eselalle<strong>in</strong>; e<strong>in</strong>en anderen Weg aber kannte er nicht. Als nun dieVerwandten <strong>des</strong> Wucherers sich mit dem Pfarrer wegen <strong>des</strong> Begräbnisplatzesstritten, sprach der Priester: „Wollt ihr den Vorschlagannehmen, den ich euch machen werde?" Und sie erwiderten:„Wir s<strong>in</strong>d damit e<strong>in</strong>verstanden." — „Legt den Leichnamdieses Wucherers auf den Rücken <strong>des</strong> Esels, der auf demKirchhofe zu weiden pflegt. Trägt er jedoch den Leichnam zuder Mühle, so wollen wir ihn dort begraben." Das tat man auch.Der Esel aber trug ihn nicht zum Kirchhof h<strong>in</strong>, auch nicht zurMühle, sondern er g<strong>in</strong>g mit ihm zum Galgen h<strong>in</strong>, wo die Gehängtenwaren, <strong>und</strong> warf ihn dort zur Erde. So wurde der Tote an denGalgen geknüpft <strong>und</strong> erhielt, was er verdiente.172.Von e<strong>in</strong>em Könige, der nie lachte.E<strong>in</strong>st lebte e<strong>in</strong> überaus mächtiger König, der war so ernst<strong>und</strong> so verbittert, daß -alle Fürsten, mit denen er zusammenkam,

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