Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

151153.Von einem Magister, der die paulinischen Briefe besserverstand als St. Paulus selbst.Es lebte einst in Paris ein Magister der heiligen Schrift, derdie Briefe des heiligen Paulus ausgezeichnet erklärte. Als diesereinst nach der Vorlesung mit den Studenten in die Stadt ging,um sich mit ihnen zu erholen, sprach einer von ihnen: „Meister,heut habt ihr wunderbar über den heiligen Paulus gesprochen."Der Magister antwortet ihm: „Ich verstehe die paulinischen Briefebesser, als St. Paulus sie selbst verstanden hat." Alsbald abertraf ihn die Strafe Gottes;er vergaß auf der Stelle all seine Gelehrsamkeit,so daß er kaum noch einen Buchstaben erkennen konnte.Schließlich wurde er in ein Kloster gebracht, und ein Mädchenkonnte ihm dort kaum die sieben Bußpsalmen beibringen.154.Die Weiber sind neugieriger als Adam.Einst tadelte ein Weib den Adam, daß er sich durch eineso leichte Versuchung zur Sünde habe verleiten lassen. Ihr Mannaber wollte sie von ihrer Überhebung bekehren und nahm einesTages einen Vogel und steckte ihn zwischen zwei Schüsseln.Seinem Weibe aber gab er den strengsten Befehl, die Schüsselnnicht zu öffnen, bis er heimkäme. Doch da der Befehl so bestimmtwar, konnte sie es nicht über das Herz bringen und öffnetedie Schüsseln, und im Augenblick war der Vogel davongeflogen.Als ihr Mann heimkam und das merkte, schalt er sie und sprach:„Nun hast du selbst mein Gebot übertreten. Mach daher jenenkeine Vorwürfe, die die Gebote ihrer Vorgesetzten oder Elternübertreten."155.Von einem Weibe, das sich schminkte.Einst lebte ein Weib, das immer gegen den Willen ihresMannes ihr Gesicht schminkte. Als sie das wieder einmal aneinem Festtage getan hatte und ganz anders aussah, fragte sieihr Mann, wo denn sein Weib Pontia sei. Sie entgegnet ihm: