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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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138<strong>und</strong> der heilige Geist kam über sie. Und so verbrachten sie voll<strong>des</strong> heiligen Geistes <strong>und</strong> vertieft <strong>in</strong> die Schönheiten ihrer heiligenUnterhaltung die ganze vierzigtägige Faste <strong>und</strong> versäumten, amGründonnerstage zum Empfang der Kommunion mit den anderen<strong>in</strong> der E<strong>in</strong>öde zerstreut lebenden E<strong>in</strong>siedlern <strong>in</strong> das Kloster zugehen, <strong>in</strong> dem sich die En Siedler gewöhnlich zum Empfange <strong>des</strong>Sakraments zusammenfanden. Der Abt <strong>des</strong> Klosters aber <strong>und</strong> dieanderen, die dort waren, vermißten sie <strong>und</strong> g<strong>in</strong>gen, um sie zusuchen. Endlich fand man sie <strong>in</strong> der Zelle sitzen <strong>in</strong> lauter Unterhaltung,<strong>und</strong> auf ihrem Tische sah man Eier als Speise stehen.Da tadelte sie der Abt, daß sie so gegen die Vorschriften lebten,<strong>und</strong> anstatt wie die anderen zur Kommunion zu kommen <strong>und</strong> sichzu kasteien, hier wie die Ungläubigen <strong>und</strong> Heiden Gelage hielten.Die beiden E<strong>in</strong>siedler aber entgegneten ihm verw<strong>und</strong>ert: „HeiligerVater, dürfen wir dies nicht essen, da doch die Fastenzeit nochnicht begonnen hat?" Da erkannten alle, daß der Herr diesesW<strong>und</strong>er gewirkt hatte, <strong>und</strong> priesen ihn, daß er ihnen solche Gnadegewährt hatte.137.Warum es e<strong>in</strong>em Schuster gut <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em andern schlecht erg<strong>in</strong>g.E<strong>in</strong>st lebten zwei Schuster, die gute Fre<strong>und</strong>e waren <strong>und</strong> sichihren Unterhalt mit ihrer Hände Arbeit verdienten. Der e<strong>in</strong>e hatteWeib <strong>und</strong> K<strong>in</strong>der, der andere aber lebte alle<strong>in</strong>. Der Verheiratetenun g<strong>in</strong>g fleißig <strong>in</strong> die Kirche <strong>und</strong> betete eifrig, <strong>und</strong> Gott segnetese<strong>in</strong>e Arbeit, daß er nie Mangel litt. Der andere aber, der alle<strong>in</strong>lebte, kümmerte sich nicht um die Kirche, <strong>und</strong> so konnte er auchnicht das Notwendigste zum Leben verdienen. Darüber w<strong>und</strong>erteer sich, <strong>und</strong> unwillig sprach er zu se<strong>in</strong>em Fre<strong>und</strong>e: „Betreibenwir nicht das gleiche Handwerk, s<strong>in</strong>d wir nicht beide Schuster?Und doch lebst du <strong>und</strong> de<strong>in</strong> Weib <strong>und</strong> die K<strong>in</strong>der ohne Sorgen,<strong>und</strong> ich kann für mich alle<strong>in</strong> nicht genug verdienen." Da antworteteder Verheiratete: „Ich hab e<strong>in</strong>en Schatz im Verborgenen,<strong>und</strong> wenn du alle Tage mitkommen willst, werde ich dir e<strong>in</strong>enTeil davon geben." Der andere war damit e<strong>in</strong>verstanden. Und sobegann er, mit ihm zur Kirche zu gehen <strong>und</strong> andere Werke derFrömmigkeit zu verrichten. Und Gott segnete ihn, so daß er anWohlstand zunahm. Als der Verheiratete sah, daß es jenem nun

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