Erzählungen des Mittelalters in deutscher Ãbersetzung und ...
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128und dringender als vorher. Da antwortete ihr der Prediger, erwolle schnell seine Rede beendigen; das Weib aber erhebt sichund ruft vom göttlichen Geiste getrieben mit lauter Stimme:„Herr, wenn ihr meine Beicht nicht hört, so sterbe ich vorher."Und wirklich starb das Weib, während er seine Predigt fortsetzte.Die Menschen sehen es und beginnen laut zu rufen, und derPriester und alle Anwesenden sind in großer Bestürzung. Dochendlich befiehlt der Priester zu schweigen und läßt zu Gott beten,er möge ihnen offenbaren, was aus dieser Sünderin geworden sei.Und alsbald erwacht die Tote und offenbart, sie werde, ohne diePein des Fegefeuers zu erdulden, ins ewige Leben eingehen, weilsie so große Reue empfunden habe. Und sie beichtet, und nachdemsie die Lossprechung erhalten hat, geht sie ins ewige Lebenein.125.Von einer Königin, die einen Marschall tötete.Einst lebte ein junger König, der Vater und Mutter verlorenhatte. Dieser hielt Umschau nach einer geeigneten Gemahlin,wobei er nicht auf Reichtum und Besitz, sondern mehr auf Tugendund Zucht Wert legte. Es traf sich aber, daß zur selben Zeitein edles, reiches und ausnehmend schönes Mädchen, das auchseine Eltern verloren hatte, heiraten wollte und ihren Beraterndavon Mitteilung machte. Ihre Weisheit und Schönheit gewannenihr die Liebe jenes Königs, und er sandte Boten und warb umsie, und sie nahm die Werbung an. So wird der Hochzeitstagvereinbart. Der König entsendet seinen Marschall, um die Brautmit gebührendem Prunk einzuholen. Doch dieser Marschall wirddurch ihre Schönheit zu bösem Begehren verleitet, und in ehrloserWeise entehrt er sie des Nachts frevelhaft und gewaltsam. Inmaßlosem Schmerz ermordet sie ihn eines Nachts im Schlafe undruft dann eine ihr treu ergebene Magd, der sie ihre unglücklicheLage anvertraut. Diese holt einen Küchenburschen, der im Hauseder jungen Königstochter aufgewachsen war, und bittet ihn, denLeichnam fortzuschaffen und über die Tat Stillschweigen zu bewahren.Was brauchts vieler Worte! Der Elende will es nurtun, wenn ihm die Magd das Versprechen gibt, ihm zu Willenzu sein. An dem Schlosse oder Palaste aber, wo sich dies er-
k129eignete, strömte ein reißendes Wasser vorbei, zu dem vom Schlosseaus eine steile Böschung hinabführte. Der Bursche steigt zumFenster empor, durch das er den Toten hinabwerfen will. Indiesem Augenblicke stößt ihn die Magd mit dem Leichnam hinab.Darauf entfliehen sie, und die Sache bleibt verborgen. Die Hochzeitfindet statt. Nach mehreren Jahren will die Königin endlichbeichten. Sie hatte aus ihrer Heimat einen Kaplan an den Hofgebracht, den der König aus Liebe zu seiner Gemahlin zumBischöfe erhoben hatte. Auf ihn vertraut die Königin und bekenntihm ihre Tat. Doch nachdem sie ihr Bekenntnis abgelegthat, spricht der unselige Bischof: „Jetzt soll mir zuteil werden,was ich wünschte alle Tage meines Lebens. Wenn du mir nichtzu Willen bist, werde ich dich vor dem Könige und dem ganzenLande in Schande bringen und verderben." Sie weist ihn zurück,und er offenbart ihre Tat. Der König und das ganze Volk glaubenihm und sind von ihrer Schuld überzeugt. Und der König, dersie trotzdem lieb behält, ist tief unglücklich. Aber gegen denWillen seines Volkes kann er nicht handeln, und so wird sie vorein Gericht gestellt, der königlichen Würde verlustig erklärt undmit ihren Kindern in die Heimat zurückgeschickt. Wie sie sohinwandert, kommt sie zu einer Kapelle. Sie tritt ein und hörtdie Messe, die ein heiliger Einsiedler liest. Seine Andacht flößtihr Zutrauen ein, und sie offenbart ihm ihre Lage. Da weint ersehr, und als Buße für alle ihre Sünden trägt er ihr auf, sofortAvieder zurückzukehren und sich einem Zweikampfe zu unterziehen.Und zwar soll sie vor dem ganzen Volke, nur mit einem einzigenGewände bekleidet, ohne jeden Schutz in solcher Weise mit dembewaffneten Bischöfe kämpfen, daß sie die Eisenspitze ihrer Lanzegegen ihre Brust und den Holzschaft gegen den Panzer desBischofs kehrt. Das befiehlt ihr der heilige Einsiedler, damit siefür ihre Sünden hinreichende Buße leiste für den Fall, daß siein diesem Kampfe den Tod finden sollte. Und sie kehrt unverzüglichzurück und verpflichtet sich vor dem Könige und demganzen Volke zu diesem Kampfe. Erstaunen ergreift alle, unddurch Richterspruch wird dieser Zweikampf angeordnet. Er beginnt.Aber mit Gottes Hilfe siegt die Gerechtigkeit. Dem verbrecherischenBischöfe wird vor aller Augen die Brust von derLanze durchbohrt. Und alles Volk preist Jesus, Marias Sohn,den Helfer in der Not.Klapper, Erzählungen des Mittelalters 9
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- Seite 92 und 93: 8068.Wie Christus aus dem Sakrament
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- Seite 96 und 97: 84sehen. Kehre nun zurück, liebe T
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- Seite 118 und 119: 106Schluchzen kaum ein Wort hervorb
- Seite 120 und 121: 108dich an einen Ort führen, an de
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- Seite 150 und 151: 138und der heilige Geist kam über
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- Seite 158 und 159: 146Gott hat es gefügt, daß ihm di
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k129eignete, strömte e<strong>in</strong> reißen<strong>des</strong> Wasser vorbei, zu dem vom Schlosseaus e<strong>in</strong>e steile Böschung h<strong>in</strong>abführte. Der Bursche steigt zumFenster empor, durch das er den Toten h<strong>in</strong>abwerfen will. Indiesem Augenblicke stößt ihn die Magd mit dem Leichnam h<strong>in</strong>ab.Darauf entfliehen sie, <strong>und</strong> die Sache bleibt verborgen. Die Hochzeitf<strong>in</strong>det statt. Nach mehreren Jahren will die König<strong>in</strong> endlichbeichten. Sie hatte aus ihrer Heimat e<strong>in</strong>en Kaplan an den Hofgebracht, den der König aus Liebe zu se<strong>in</strong>er Gemahl<strong>in</strong> zumBischöfe erhoben hatte. Auf ihn vertraut die König<strong>in</strong> <strong>und</strong> bekenntihm ihre Tat. Doch nachdem sie ihr Bekenntnis abgelegthat, spricht der unselige Bischof: „Jetzt soll mir zuteil werden,was ich wünschte alle Tage me<strong>in</strong>es Lebens. Wenn du mir nichtzu Willen bist, werde ich dich vor dem Könige <strong>und</strong> dem ganzenLande <strong>in</strong> Schande br<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> verderben." Sie weist ihn zurück,<strong>und</strong> er offenbart ihre Tat. Der König <strong>und</strong> das ganze Volk glaubenihm <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d von ihrer Schuld überzeugt. Und der König, dersie trotzdem lieb behält, ist tief unglücklich. Aber gegen denWillen se<strong>in</strong>es Volkes kann er nicht handeln, <strong>und</strong> so wird sie vore<strong>in</strong> Gericht gestellt, der königlichen Würde verlustig erklärt <strong>und</strong>mit ihren K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> die Heimat zurückgeschickt. Wie sie soh<strong>in</strong>wandert, kommt sie zu e<strong>in</strong>er Kapelle. Sie tritt e<strong>in</strong> <strong>und</strong> hörtdie Messe, die e<strong>in</strong> heiliger E<strong>in</strong>siedler liest. Se<strong>in</strong>e Andacht flößtihr Zutrauen e<strong>in</strong>, <strong>und</strong> sie offenbart ihm ihre Lage. Da we<strong>in</strong>t ersehr, <strong>und</strong> als Buße für alle ihre Sünden trägt er ihr auf, sofortAvieder zurückzukehren <strong>und</strong> sich e<strong>in</strong>em Zweikampfe zu unterziehen.Und zwar soll sie vor dem ganzen Volke, nur mit e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigenGewände bekleidet, ohne jeden Schutz <strong>in</strong> solcher Weise mit dembewaffneten Bischöfe kämpfen, daß sie die Eisenspitze ihrer Lanzegegen ihre Brust <strong>und</strong> den Holzschaft gegen den Panzer <strong>des</strong>Bischofs kehrt. Das befiehlt ihr der heilige E<strong>in</strong>siedler, damit siefür ihre Sünden h<strong>in</strong>reichende Buße leiste für den Fall, daß sie<strong>in</strong> diesem Kampfe den Tod f<strong>in</strong>den sollte. Und sie kehrt unverzüglichzurück <strong>und</strong> verpflichtet sich vor dem Könige <strong>und</strong> demganzen Volke zu diesem Kampfe. Erstaunen ergreift alle, <strong>und</strong>durch Richterspruch wird dieser Zweikampf angeordnet. Er beg<strong>in</strong>nt.Aber mit Gottes Hilfe siegt die Gerechtigkeit. Dem verbrecherischenBischöfe wird vor aller Augen die Brust von derLanze durchbohrt. Und alles Volk preist Jesus, Marias Sohn,den Helfer <strong>in</strong> der Not.Klapper, Erzählungen <strong>des</strong> <strong>Mittelalters</strong> 9