Erzählungen des Mittelalters in deutscher Ãbersetzung und ...
Erzählungen des Mittelalters in deutscher Ãbersetzung und ... Erzählungen des Mittelalters in deutscher Ãbersetzung und ...
derartigen DurchforschuDg unserer Bibliotheken müßte ein ungeahntersein; neue Quellen würden erschlossen und die Verbreitungder Motive über das Land und die Zeit der Verbreitung, sowiedie ganz verschiedenartige Anteilnahme der Orden an dieser Weitergabeder Motive, das Aufkommen neuer Motivverbindungen unddas Absterben anderer Geschichten, die sich in neuen Variantenäußernde Phantasietätigkeit mancher Zeiten und Stämme, der Weg,auf dem wir zur Übertragung gewisser Gruppen von Erzählungenauf Einzelpersonen, die Helden unserer ernsten und heiteren Volksbücherder Frühzeit der neuhochdeutschen Literatur, gelangt sind,alle diese Fragen würden so ihrer Lösung bedeutend nähergebrachtwerden können. Sehen wir uns nur die eine vorliegende Sammlungunter den angedeuteten Gesichtspunkten an. Da zeigt uns dieeine Geschichte, auf welche Quelle Hartmann von Aues ArmerHeinrich zurückgeführt werden muß (Nr. 6), eine andere, vonwelcher Erzählung Konrad von Würzburg ausgegangen sein mag,um die anmutige Verserzählung von der werlde Ion zu schaffen,(Nr. 193); da begegnen wir der bisher ältesten Fassung der Sagevom toten Gaste, die als Don-Juan-Sage eine so große Kollespielt, (Nr. 164), und die Geschichte von (iregorius auf dem Stein(Nr. 79), vom Könige im Bade, (Nr. 34) und dem Königssohneim Paradiese (Nr. 150), von der Königin, die den Marschall tötete,(Nr. 125) und der unschuldigen Hildegardis (Nr. 28), vom Einsiedlerund Engel (Nr. 211), alles in bedeutenden Varianten zu denbisher bekannten Texten; da finden wir Stoffe, die dann das Volksliedverwertet, wie die Legende vom Meister der Blumen (Nr. 111),Visionen von den Freuden und Qualen des Jenseits, Marienmirakel,weitverbreitete wie seltenere und nirgends nachweisbare ,Geschichtenvon Teufelsbündnissen, die unserem Faustbuche viel näherstehen als der Theophilus, der ja wohl das erste abendländischeBeispiel für den vom Teufelsvertrag durch Maria Geretteten ist,aber nie und nimmer den letzten Anstoß zur Schöpfung desFaustbuches gegeben haben kann, und wir finden mit demVolksbuche nahe verwandte Berichte gerade in Mitteldeutschlandlokalisiert; dazu kommen die zahlreichen Parallelen zu den Erzählungender Gesta Komanorum, teilweise geradezu in Predigtformgekleidet, die uns eine Vorstellung von der Entstehung jenesim Ursprung und Älter immer noch so dunklen Exempelwerkes
zu geben vermögen. Und der Sammler unserer Volkssagen wirdfast auf Schritt und Tritt verwandte Motive, gleiche Denkweiseantreffen; manche Geschichte ist in einer deutschen Stadt lokalisiert.Die vorliegenden Erzählungen sind fast ausschließlich ausschlesischen Handschriften und überwiegend (Nr. 1—164) aus einereinzigen genommen, die zu dem ältesten Bestände an Exempelliteraturder] Königlichen und Universitätsbibliothek zuBreslau gehört. Sie trägt die SignaturI. F. 115Die Handschrift stammt aus dem Breslauer Dominikanerkloster,wo sie bereits im Jahre 1485 war, wie ein Vermerk auf Bl. 1 ^ angibt.Der Papierkodex umfaßt 206 BIL, die zweispaltig beschriebensind; auf die Spalte kommen etwa 31 Zeilen. Die Ausstattungist sehr bescheiden. Nur in dem von der ersten Hand geschriebenenTeile, der von Bl. l^* bis 159''^ reicht, sind die Stücküberschriftenund die zwei Zeilen hohen Stückinitialen rot und dieMajuskeln im Text und die stärkeren Sinneseinschnitte durch roteStrichelung gekennzeichnet, aber nicht regelmäßig. Der von derzweiten Hand stammende, ehemals selbständige Teil, der unsereExempelsammlung enthält, umfaßt Bl. 160^"^ bis 206 ^^^ Er hatgar keine Eubrizierung, doch ist der Eaum für die Hineinmalungroter Initialen an jedem Stückanfange frei geblieben. Seine Blättersind von der Hand des Schreibers oben rechts mit 1 bis 46 selbständiggezählt. Die zweite Hand ist etwas älter als die erste;sie weist etwa in die Mitte des 14. Jahrhunderts; einige deutscheGlossen (Cluyse; du gemestes swyn Nr. 31; zo gest du bakwerkNr. 35; hulsterecht Nr. 98) stehen mit dieser Datierung im Einklangund machen zugleich den mitteldeutschen Ursprung derHandschrift wahrscheinlich.Diese Annahme findet durch den Inhaltihre Bestätigung. Die Handschrift ist in Holzdeckel gebunden,diemit grauem Wildleder überzogen sind und Spuren zweier Lederschließentragen. DieÜberschriftendereinzelnenExempel, die ganz obenam Blattrande standen, sind beim Binden teilweise abgeschnittenworden, doch decken sie sich fast durchweg mit dem vom Schreiberauf Bl. 205^^ bis 206 ^^ beigefügten Register. Zur Charakteristikder Gesamthandschrift diene das folgende Verzeichnis der Stücke der1*
- Seite 1: «**>ir,:..^^t>^^'>^eS;'*'*
- Seite 6 und 7: Wort und BrauchVolkskundliche Arbei
- Seite 8 und 9: ^yuT^ CflAeaiQ uet/OCT 2 7 J98I /#H
- Seite 10 und 11: VIAufrichtiger Dank gebührt Herrn
- Seite 13: EinleitungZu einer Zeit, in der die
- Seite 17 und 18: mine in celum ascendit; Nr. 15: cum
- Seite 19 und 20: erzählt. Gehen wir von der Tatsach
- Seite 21 und 22: 9Exempelwerke in den Nummern 165 bi
- Seite 23 und 24: 11tritt eines Priesters, in Nr. 185
- Seite 25 und 26: 13Christusbilde, vom Judenknaben, v
- Seite 27: ErzählungenDeutschedes Mittelalter
- Seite 30 und 31: 182.Von Udo, dem Bischöfe von Magd
- Seite 32 und 33: 20Gnade, daß sie in einem solchen
- Seite 34 und 35: 22selbst auf die Weide trieb. Der E
- Seite 36 und 37: 247.Von der göttlichen Rache an ei
- Seite 38 und 39: 26Strafe Gottes verließen sie alle
- Seite 40 und 41: 28begaben sich in einen Hain, den m
- Seite 42 und 43: 30fliehen die Freunde, das sind die
- Seite 44 und 45: 32Von der Höllenpein eines Grafen,
- Seite 46 und 47: 3416.Geduldüberwindet den Teufel.M
- Seite 48 und 49: 3617.Wohltun bringt hundertfachen L
- Seite 50 und 51: 3819.Von dem Leben und dem Tode des
- Seite 52 und 53: 40Herr, die Augen, die du liebst; t
- Seite 54 und 55: 42Freunde und andere, oft verwerfli
- Seite 56 und 57: 44Am folgenden Morgen sprach der Ei
- Seite 58 und 59: 46er ihr seinen Sohn zur Pflege. De
- Seite 60 und 61: 48bei einem Kirchhofe vorbei, auf d
- Seite 62 und 63: 50wortet ihm : „Ich sah einen fü
derartigen DurchforschuDg unserer Bibliotheken müßte e<strong>in</strong> ungeahnterse<strong>in</strong>; neue Quellen würden erschlossen <strong>und</strong> die Verbreitungder Motive über das Land <strong>und</strong> die Zeit der Verbreitung, sowiedie ganz verschiedenartige Anteilnahme der Orden an dieser Weitergabeder Motive, das Aufkommen neuer Motivverb<strong>in</strong>dungen <strong>und</strong>das Absterben anderer Geschichten, die sich <strong>in</strong> neuen Variantenäußernde Phantasietätigkeit mancher Zeiten <strong>und</strong> Stämme, der Weg,auf dem wir zur Übertragung gewisser Gruppen von Erzählungenauf E<strong>in</strong>zelpersonen, die Helden unserer ernsten <strong>und</strong> heiteren Volksbücherder Frühzeit der neuhochdeutschen Literatur, gelangt s<strong>in</strong>d,alle diese Fragen würden so ihrer Lösung bedeutend nähergebrachtwerden können. Sehen wir uns nur die e<strong>in</strong>e vorliegende Sammlungunter den angedeuteten Gesichtspunkten an. Da zeigt uns diee<strong>in</strong>e Geschichte, auf welche Quelle Hartmann von Aues ArmerHe<strong>in</strong>rich zurückgeführt werden muß (Nr. 6), e<strong>in</strong>e andere, vonwelcher Erzählung Konrad von Würzburg ausgegangen se<strong>in</strong> mag,um die anmutige Verserzählung von der werlde Ion zu schaffen,(Nr. 193); da begegnen wir der bisher ältesten Fassung der Sagevom toten Gaste, die als Don-Juan-Sage e<strong>in</strong>e so große Kollespielt, (Nr. 164), <strong>und</strong> die Geschichte von (iregorius auf dem Ste<strong>in</strong>(Nr. 79), vom Könige im Bade, (Nr. 34) <strong>und</strong> dem Königssohneim Paradiese (Nr. 150), von der König<strong>in</strong>, die den Marschall tötete,(Nr. 125) <strong>und</strong> der unschuldigen Hildegardis (Nr. 28), vom E<strong>in</strong>siedler<strong>und</strong> Engel (Nr. 211), alles <strong>in</strong> bedeutenden Varianten zu denbisher bekannten Texten; da f<strong>in</strong>den wir Stoffe, die dann das Volksliedverwertet, wie die Legende vom Meister der Blumen (Nr. 111),Visionen von den Freuden <strong>und</strong> Qualen <strong>des</strong> Jenseits, Marienmirakel,weitverbreitete wie seltenere <strong>und</strong> nirgends nachweisbare ,Geschichtenvon Teufelsbündnissen, die unserem Faustbuche viel näherstehen als der Theophilus, der ja wohl das erste abendländischeBeispiel für den vom Teufelsvertrag durch Maria Geretteten ist,aber nie <strong>und</strong> nimmer den letzten Anstoß zur Schöpfung <strong>des</strong>Faustbuches gegeben haben kann, <strong>und</strong> wir f<strong>in</strong>den mit demVolksbuche nahe verwandte Berichte gerade <strong>in</strong> Mitteldeutschlandlokalisiert; dazu kommen die zahlreichen Parallelen zu den Erzählungender Gesta Komanorum, teilweise geradezu <strong>in</strong> Predigtformgekleidet, die uns e<strong>in</strong>e Vorstellung von der Entstehung jenesim Ursprung <strong>und</strong> Älter immer noch so dunklen Exempelwerkes