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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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123begegnest, knie vor ihm niedei' <strong>und</strong> bete e<strong>in</strong> Vaterunser." Damitwar der Räuber gern zufrieden, <strong>und</strong> er g<strong>in</strong>g von dannen.Se<strong>in</strong>e Fe<strong>in</strong>de aber verfolgten ihn. Als er ihnen entfliehen wollte,da erblickte er e<strong>in</strong> Kreuz, <strong>und</strong> alsbald er<strong>in</strong>nerte er sich se<strong>in</strong>erBuße. Da beschloß er, sich lieber erschlagen zu lassen, als dieBuße nicht zu verrichten. Und er fiel vor dem Kreuze auf dieKnie <strong>und</strong> betete se<strong>in</strong> Vaterunser. In<strong>des</strong>sen aber kamen die Fe<strong>in</strong>de<strong>und</strong> schlugen ihn nieder. Und Engel <strong>des</strong> Herrn stiegen hernieder<strong>und</strong> trugen se<strong>in</strong>e Seele empor zur ewigen Seligkeit. Das sahder E<strong>in</strong>siedler im Geiste, <strong>und</strong> er sprach: „Herr, ich diene dirso lange Zeit, <strong>und</strong> diesem Räuber gibst du solchen Lohn für soger<strong>in</strong>ge Buße? So will ich leben, wie der Räuber lebte, <strong>und</strong> mirso das Paradies verdienen." Und als er se<strong>in</strong>es Weges g<strong>in</strong>g, ließihn der Teufel zu Fall kommen <strong>und</strong> brach ihm das Genick ;se<strong>in</strong>eSeele aber schleppte er zur Höllenpe<strong>in</strong>.118.Von e<strong>in</strong>em Hostienw<strong>und</strong>er zu Köln.Zu Köln lebte e<strong>in</strong>st e<strong>in</strong> Jude, der, um die Christen zu verspotten,sich für e<strong>in</strong>en Christen ausgab <strong>und</strong> mit die Kommunionempf<strong>in</strong>g. E<strong>in</strong>mal nun begab er sich abseits <strong>und</strong> nahm den Leib<strong>des</strong> Herrn aus se<strong>in</strong>em M<strong>und</strong>e <strong>in</strong> die Hand, <strong>und</strong> siehe, es erschien<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hand e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>d. Der Anblick br<strong>in</strong>gt den Juden<strong>in</strong> große Verwirrung, <strong>und</strong> er blickt h<strong>in</strong> <strong>und</strong> wartet, doch dasK<strong>in</strong>d verschw<strong>in</strong>det nicht. Und von <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> Scheitel geht e<strong>in</strong>Lichtstrahl aus <strong>und</strong> leuchtet auf zum Himmel zum Zeugnis, daß<strong>in</strong> diesem Sakramente der verborgen ist, der jeden Menschen erleuchtet,der <strong>in</strong> diese Welt kommt. Der Jude weiß nicht, waser tun soll. Und er geht h<strong>in</strong> <strong>und</strong> will das K<strong>in</strong>d verbergen, <strong>in</strong>demer es am Kirchhofe verscharrt. Dann kehrt er zu den Se<strong>in</strong>enheim. Jedoch der Teufel gibt ihm das Geleit <strong>in</strong> sichtbarer Gestalt<strong>und</strong> läßt ihn nirgends ruhn, <strong>und</strong> was er auch beg<strong>in</strong>nt, derTeufel ist dabei. Vor Schreck rennt er zur Stätte, wo das K<strong>in</strong>dbegraben liegt, doch auch dort hat er ke<strong>in</strong>e Ruh, der Teufelfolgt ihm nach. So treibt er es drei Tage lang. Und immernoch steigt jener Strahl zum Himmel von <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> Grabe auf.Da rennt der Jude heim <strong>und</strong> s<strong>in</strong>nt, was er beg<strong>in</strong>nen soll. DieAngst erfüllt se<strong>in</strong> Herz. Und er geht h<strong>in</strong> zum Priester <strong>und</strong> be-

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