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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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114zurück. Besänftigt hebt er den am Boden Liegenden empor <strong>und</strong>spricht: „Kehre <strong>in</strong> de<strong>in</strong> Haus zurück <strong>und</strong> fürchte nichts; de<strong>in</strong>eAlmosen s<strong>in</strong>d dem Herrn wohlgefällig." Damit verschwanden dieFremden. Der Mildtätige aber kehrt <strong>in</strong> die Stadt zurück <strong>und</strong>f<strong>in</strong>det sie zur Hälfte zerstört; doch se<strong>in</strong> Besitztum war unversehrtgeblieben.104.Von e<strong>in</strong>em Grafen, der, um Maria zu ehren, e<strong>in</strong> Mädchenschonte.E<strong>in</strong> Graf war e<strong>in</strong>st auf dem Wege zum Turnier. Da kamer durch e<strong>in</strong>e Stadt, die ihm gehörte, <strong>und</strong> dar<strong>in</strong> lebte e<strong>in</strong>e Jungfrau,die wegen ihrer überaus großen Schönheit <strong>und</strong> Anmut <strong>in</strong>der ganzen Grafschaft berühmt war. Von Leidenschaft zu ihrergriffen, macht er ihren Eltern große Versprechungen. Dochdie Jungfrau zeigt ihm ihre ganze Verachtung, denn sie hat ihreKe<strong>in</strong>heit über alles lieb <strong>und</strong> sich der seligen Jungfrau Mariageweiht. Aber der Graf läßt sie mit Gewalt aus dem väterlichenHause entführen <strong>und</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Quartier br<strong>in</strong>gen. Das Pferd, auf demsie fortgeführt wird, muß durch e<strong>in</strong>e Stelle, die mit tiefem Schmutzbedeckt ist. Dort läßt sie sich freiwillig herunterfallen; man hebtsie wieder aufs Pferd <strong>und</strong> br<strong>in</strong>gt sie <strong>in</strong> den Palast <strong>und</strong> läßt sieandere Kleider anlegen. Sie aber denkt an ihr Gelübde <strong>und</strong> befiehltihre Ee<strong>in</strong>heit der König<strong>in</strong> der Jungfrauen, <strong>und</strong> unter heißenTränen betet sie auf den Knien liegend das Ave Maria. So f<strong>in</strong>detsie der Graf bei se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>tritte. Er fragt nach dem Gr<strong>und</strong>eihrer Tränen,<strong>und</strong> betroffen durch die Standhaftigkeit <strong>des</strong> Mädchensempf<strong>in</strong>det er Keue über se<strong>in</strong>e Absicht <strong>und</strong> schickt sie unberührtzu Ehren der seligen Jungfrau wieder ihrem Vater zurück. Zugleichverspricht er <strong>in</strong> aufrichtiger Ges<strong>in</strong>nung, nach se<strong>in</strong>er Eückkehre<strong>in</strong> Kloster zu erbauen, <strong>in</strong> dem das Mädchen Aufnahme f<strong>in</strong>densoll. Doch im Turnier wird er tödlich verw<strong>und</strong>et <strong>und</strong> stirbt,<strong>und</strong> nach den Vorschriften <strong>des</strong> Kirchenrechts muß er außerhalb<strong>des</strong> Kirchhofes begraben werden. Da ersche<strong>in</strong>t die selige JungfrauMaria dreimal h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander dem Bischöfe <strong>und</strong> befiehlt ihmunter Vorwürfen, ihren Bitter neben den anderen Christen zubestatten. Der Bischof ruft die Verwandten <strong>des</strong> Grafen herbei<strong>und</strong> erzählt ihnen se<strong>in</strong> Gesicht. Und voll Freude erfüllen sie

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